Tage der Erinnerungen von Stiffy ================================================================================ Epilog: Am andren Ende des Regenbogens -------------------------------------- Ich weiß nicht, womit wir gerechnet haben, als wir uns an jenem Abend unsere Liebe gestanden... als wir an jenem Abend zum ersten Mal miteinander schliefen... als ich zum ersten Mal spürte, wie schön Sex sein kann, wie schön es ist, einer anderen Person auf diese Weise nahe zu sein. Ich habe keine Ahnung, wie wir uns damals die Zukunft vorstellten... Denn... selbst wenn wir uns liebten, so waren wir noch immer hier, so saß ich noch immer in dieser Anstalt fest, so war er noch immer ein Mitarbeiter dieser. ... So durften wir uns nicht lieben. Das Ganze ging lange gut, und doch viel zu kurz. Drei Monate hatten wir zusammen, danach war alles vorbei. Drei Monate, in denen wir uns nicht besonders oft sahen, da ich wieder auf Station kam und mir nur noch zwei Termine pro Woche zugeteilt wurden... und dennoch waren es drei wunderschöne Monate, an die ich gerne, viel zu gerne zurückdenke. Drei Monate... die viel zu schnell zuende waren. Ich weiß bis heute nicht, wie es aufgeflogen ist, wie die Leitung davon erfuhr... wie es dazu kam, dass es plötzlich alle wussten. Und als ich erfuhr, dass es kein Geheimnis mehr war, war er schon weg. Verschwunden aus meinem Leben. Und ich habe mich noch nicht mal verabschieden können. Ehe ich mich versah, saß ich bei einem anderen Therapeuten auf dem Stuhl, einem alten Mann, der mich grimmig empfing und mich sogleich versuchte auszuquetschen... Ehe ich mich versah, schwieg ich wieder die meiste Zeit... Ehe ich mich versah, war ich wieder der, der ich noch ein paar Monate zuvor gewesen war... Und ehe ich mich versah, hielt ich wieder eine Spritze in der Hand, drückte sie gegen meine Haut. Doch ich stach nicht zu. Ich wollte es, ich wollte es wirklich, doch ich tat es nicht. Ich sah ihn vor mir, wie er zärtlich lächelnd sagte, er sei so froh, dass ich weg von dem Zeug war... Ja... ich war doch weg von dem Zeug... Ich feuerte die Spritze weg und sie zersprang, verspritze das abhängigmachende Gift an der Wand. Dann brach ich in Tränen aus. Zum ersten Mal seit zwei Wochen... Zum ersten Mal seit ich wieder alleine war. Zum ersten Mal seit er... weg war. Ich weinte stundenlang, weinte mich in den Schlaf, tauchte tränenüberströmt wieder aus diesem hervor. Ich konnte einfach nicht aufhören, weinte noch am Morgen, als die Zelle aufgeschlossen wurde... und als sie die Splitter der Spritze bemerkten. Daraufhin wurde meine ganzer Körper nach Einstichspuren abgesucht und Blut entnahmen sie mir... Ich ließ es alles über mich ergehen. Es war mir egal, so wie mir seit zwei Wochen alles egal war. Alles außer er... Nur er... Die folgenden Nächte schlief ich kaum und ich weinte viel. Ich zerriss das einzige Foto, das ich von ihm habe, und klebte es sofort wieder zusammen... verlagerte es von meinem Versteck an meine Wand... an die Stelle, wo es noch immer hängt. Vier Jahre später. Ich habe nichts von ihm gehört, in diesen vier Jahren. Man könnte sagen, ich weiß noch nicht einmal, ob er noch lebt. Und ich weiß nicht, ob er mich noch liebt. Ich tue es noch, auch nach all dieser Zeit. Ich kann einfach nicht damit aufhören, egal wie sehr ich ihn dafür hasse, dass er sich nicht meldet. Ich sehne mich nach ihm, nach seinen Berührungen, seinen Augen, seinem Lächeln, seiner Stimme, seiner Haut... nach allem von ihm. Ich kann einfach nicht damit aufhören, mich nach ihm zu verzehren. Aber vielleicht ist es gut so... Denn er ist der einzige Grund, weshalb ich noch lebe... Er ist der einzige Grund, weshalb ich nicht wieder auf Drogen bin... Der einzige Grund, weshalb ich Tag für Tag weiter lebe in diesem Grau... Weshalb ich mich mehr als alles andere nach dem Tag sehne, an dem ich endlich wieder frei bin. Dann, in zwei Jahre, werde ich ihn suchen gehen. Ich werde ihn finden... Ich werde ihn wieder küssen und berühren... Und ich werde darum betteln, dass er sein Versprechen einhält, das er mir damals gab... „Ich lasse dich nie wieder los...“ ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ Er schließt das Buch und schließt die Augen. Tränen rinnen seine Wangen hinab. Sein Herz schmerzt, seine Kehle brennt... alles tut weh, wie immer wieder seit jenem Tag. Seit jenem Tag, als er gehen musste... als er keinen Abschied nehmen durfte. Er öffnet die Augen wieder. Sanft streicht er über den schlichten roten Einband, auf dem nur ein Zellentor abgebildet ist... zusammen mit den Worten in Schwarz: Tage der Erinnerungen ~ Zachery Black Vor mehr als fünf Monaten erschien dieses Buch... jetzt erst hat er es entdeckt, in dieser kleinen Buchhandlung an der Ecke. Schon als er den Namen las, hätte er in Tränen ausbrechen können. Es ist seine Geschichte, und die der Person, die er liebt. Der Person, auf die er seit vier Jahren wartet... Auf die er warten wird, bis zu jenem Tag, wenn die Tore ihm geöffnet werden. Dann wird er davorstehen, wird die Arme ausbreiten, wird ihn anlächeln... Er wird ihm sagen, dass er ihn nicht eine Sekunde vergessen hat... dass er ihn noch immer liebt... Dass sie jetzt nie wieder etwas trennen kann.... Dass er ihn nie wieder loslassen wird. ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ THE END (14. Mai 2006) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)