Harry Potter und die Unmöglichkeit von Zeitreisen von J-chan82 ================================================================================ Kapitel 38: Der Fidelius-Zauber ------------------------------- Kapitel 38: Der Fidelius-Zauber Mit allem was vor sich ging, bemerkte Harry kaum wie schnell die Zeit wieder verging, nachdem sie darüber informiert worden waren, dass der Zaubertrank bald fertig zu sein würde. Bevor er es also wusste, waren nur noch ein paar Tage bis zum Beginn des nächsten Halbjahres übrig. Am 27. August lud Dumbledore die Lehrer zu einer Konferenz nach dem Frühstück ein. Dort würde er sie über die neue Organisation im Kollegium informieren. Immerhin würden die vier Zeitreisenden ihre Arbeit zu Beginn des Halbjahres nicht wieder aufnehmen. Aber Harry war sich sicher, dass er schon wusste, wer Verwandlung und Zaubertränke übernehmen würde. Immerhin hatte Hermine nur den Posten als Professor für Verwandlung angeboten bekommen, damit Professor McGonagall mehr im Kampf gegen Voldemort helfen konnte. Nun, da Hermine jedoch nicht zurückkehren konnte, war es ziemlich offensichtlich, dass sie ihre Pflichten als Lehrerin und Hauslehrerin von Gryffindor wieder aufnehmen würde. Die Frage, wer Zaubertränkelehrer sein würde, war genauso leicht zu beantworten. Nachdem er sich erholt hatte, hatte Draco zusammen mit Severus im Zaubertrankunterricht gearbeitet und da Severus schon alle Schüler kannte und er die Arbeit behalten musste, um Voldemort zufriedenzustellen, wäre Dumbledore ein Narr, jemand neues einzustellen. Aber die Frage wer der neue Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste und der neue Fluglehrer sein würde, war noch unbeantwortet, deshalb hoffte Harry, dass Dumbledore es ihnen während dieser Konferenz erzählen würde. Deshalb warteten sie alle gespannt an dem großen Tisch im Lehrerzimmer auf Dumbledore und die neuen Lehrer. Wie Harry bereits angenommen hatte, saßen Minerva und Severus an ihren Plätzen, aber drei Plätze, darunter auch Dumbledores, waren noch frei. In leisem Geflüster fragten die anderen Lehrer sich, wen Dumbledore angestellt hatte, aber keiner von ihnen hatte auch nur die leiseste Ahnung, zu Harrys großem Unmut. Er hasste es wirklich zu warten. Doch er musste nicht viel länger warten, als um genau neun Uhr die Tür zum Lehrerzimmer geöffnet wurde und Dumbledore hineintrat, gefolgt von zwei Personen, die noch im Schatten verborgen waren. Aber sobald sie ins Licht traten, musste Harry stoßartig ausatmen, als seine Augen auf die Person direkt hinter Dumbledore fielen. „Harry…“, murmelte Hermine, genauso überrascht. Harry schüttelte seinen Kopf nur leicht, in der Hoffnung ihr mitzuteilen, dass sie sich keine Sorgen machen musste. Es war eine logische Wahl und Harry musste nur noch zwei weitere Monate damit leben. „Meine Damen und Herren“, sagte Dumbledore, womit er effektiv das Gemurmel im Lehrerzimmer zur Ruhe brachte. „Darf ich euch eure neuen Kollegen vorstellen? Ich bin mir sicher, dass sich viele von euch an unsere neue Fluglehrerin erinnern, da sie in ihren eigenen Hogwartstagen eine herausragende Fliegerin war. Unglücklicherweise wurde ihre vielsprechende Karriere als Quidditch-Jägerin durch einen Unfall zerstört. Ich möchte, dass ihr Rolanda Hooch willkommen heißt.“ Applaus und Willkommensrufe klangen durch den Raum als Begrüßung. Harry erlaubte ein kleines Grinsen auf seinem Gesicht. Er hatte nicht gewusst, dass Madam Hooch schon so lange ein Teil des Kollegiums gewesen war, aber nach Ron war sie wohl die beste Wahl. „Und nun, ein weiteres bekanntes Gesicht für euch. Ich habe für euch als unseren neuen Verteidigung gegen die Dunkle Künste Lehrer niemand anderes als einen unserer erinnerungswürdigsten Schüler der letzten paar Jahre,“ ein leises Schnauben von Professor McGonagall unterbrach Dumbledore, doch er grinste sie bloß an, als er zugab, „in Ordnung, vielleicht erinnerungswürdig auf die Art, die nichts mit einem Vertrauensschüler oder Schulsprecher zu tun hatte. Doch er ist jetzt einer der besten Auroren des Ministeriums und ich bin glücklich, ihn als Professor gewonnen zu haben. Meine lieben Kollegen, hier ist Sirius Black.“ Harry konnte den Applaus nicht hören, als er Sirius nur anstarrte. Zu seiner großen Überraschung starrte Sirius direkt zurück, aber der Ausdruck auf dem Gesicht seines Patens war mörderisch. Harry wich fast zurück, doch erinnerte sich dann wieder daran, dass Sirius nicht wusste und auch nicht wissen sollte, wer er wirklich war. Nur noch zwei Monate, wiederholte Harry für sich. Und in diesen beiden Monaten würde und konnte er Sirius so viel wie möglich aus dem Weg gehen, obwohl es schwer sein würde, wenn Harry Zeit mit seinen Eltern verbringen wollte. Immerhin war Sirius noch immer ihr bester Freund. Verdammt! „Nun“, sagte Dumbledore wieder, nachdem der Applaus verstummt war und die drei sich auf die leeren Plätze gesetzt hatten, „habe ich noch ein paar Ankündigungen zu machen, bezüglich der Neuorganisation des Kollegiums in diesem Jahr. Wie wir alle wissen, werden Professor Potter, Granger, Weasley und Draconis uns Ende Oktober verlassen. Ich möchte ihnen sehr für das letzte Jahr und alles, was sie für die Schule beigetragen haben, danken. Aber nun möchte ich sie noch um eine letzte Sache bitten.“ Harry erschreckte sich ein wenig, als er das hörte. Was konnte Dumbledore von ihnen noch während ihrer letzten Monate hier in Hogwarts wollen? Dann verspannte er sich plötzlich. Nein, das konnte nicht sein… Bitte… nein… „Da ihre Ankündigung Ende Oktober zu gehen ziemlich plötzlich kam, werde ich sie nur darum bitten, ihre Kollegen während der ersten acht Schulwochen zu unterstützen bis sie nach Hause zurückkehren. Also, würdet ihr das für mich tun?“ „Natürlich“, sagte Hermine sofort, obwohl sie ein wenig reumütig aussah, als sie kurz zu Harry blickte. Nachdem auch er Harry einen fragenden Blick zugeworfen hatte, auf den er überhaupt nicht reagiert hatte, stimmte Ron zu: „Jaah, ich würde gerne helfen.“ Schulterzuckend sagte Draco bloß mit einem Grinsen zu Severus: „Nun, Severus und ich haben schon die letzten paar Monate des letzten Halbjahres zusammen unterrichtet, deshalb glaube ich, dass wir es noch zwei weitere Monate machen können.“ „Und was ist mit dir, Harry?“, fragte Dumbledore mit einem beschwörenden Blick, ein Blick dem Harry nicht widerstehen konnte. Mit seinem Seufzer und während er dem herausfordernden Blick, den Sirius ihm zuwarf, ignorierte, sagte er: „Einverstanden.“ Doch im gleichen Moment war er sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob er gerade das richtige getan hatte. Das würden zwei lange Monate werden. ~*~ Am nächsten Tag war das erste Treffen mit Sirius über die zukünftigen Stunden die reinste Katastrophe. Eine Sache musste Harry doch zugeben – Sirius war wirklich sorgfältig mit seiner Stundenplanung, aber sogar der kleinste Vorschlag, den Harry machte, sogar darüber wie er etwas zum Unterricht beitragen konnte, anstatt nur herumzugehen und den Schülern beim Üben zu helfen, traf auf taube Ohren. In der Tat hatte Sirius nicht einmal zwei ganze Sätze mit ihm gewechselt. Es gab nur eine Sache, die Sirius gesagt hatte, und das war: „Steh mir nicht im Weg.“ Harry musste schwer schlucken und sich daran erinnern, dass das nicht der Sirius war, den er kannte. Und dass dieser Sirius nicht wusste, wer er wirklich war. Nach einer halben Stunde beschloss Harry aufzugeben. Es gab nichts, das er sagen konnte, um Sirius von ein paar kleinen Änderungen zu überzeugen, trotz seiner eigenen Unterrichtserfahrungen, die er im letzten Jahr gesammelt hatte. Wütend warf er seine Hände in die Luft und rief aus: „Jetzt ist Schluss! Wenn du meine Hilfe nicht willst, geh zu Dumbledore und sag ihm das. Ich werde dich nicht aufhalten.“ „Glaub mir“, grummelte Sirius. „Ich hab es versucht. Aber deine Anwesenheit in meinem Unterricht zu… tolerieren… war die einzige Bedingung von Dumbledore, der ich zustimmen musste, bevor er mich annahm. Und glaub mir, ich wollte diesen Posten. Als Dumbledore mir anbot nach Hogwarts zu kommen, konnte ich einfach nicht nein sagen, sogar wenn ich mit dir zusammen arbeiten müsste.“ Harry schaute den jungen Sirius mit Verwirrung auf seinem Gesicht an. „Warum wolltest du so verzweifelt nach Hogwarts kommen?“ Sirius hob seine Augenbraue, als er antwortete: „Du musst noch Fragen? Du weißt, was ich von dir und deinen Freunden halte. Seit ich gehört habe, dass James und Lily mit Harry nach Hogwarts geflüchtet waren, und unter dem gleichen Dach lebten wie du, habe ich versucht einen Grund zu finden, so oft wie möglich nach Hogwarts zu kommen und so lange wie möglich zu bleiben.“ Harry knirschte mit den Zähnen und ballte seine Fäuste an seiner Seite. Wenn er Sirius doch bloß sagen konnte, wer er war, wäre alles anders. Sie könnten ihre Zeit tausendmal angenehmer zusammen bringen, alleine oder zusammen mit James, Lily und Remus. Und er wollte wirklich, wirklich, dass Sirius herausfand, wer er war. Er wollte keine weitere Sekunde mit Sirius verschwenden, und genau dazu war er in der momentanen Situation gezwungen. Hol dich der Teufel, Dumbledore! Dich und deine verdammten Regeln! „Ich würde ihnen nie etwas antun“, zischte Harry. „Das sagst du immer wieder, aber ich vertraue dir einfach nicht. Etwas… stimmt bei dir und deinen Freunden einfach nicht. Etwas, was ich nicht genau erkennen kann. Diese ganze Situation ist zu suspekt. Als du und deine Freunde in der Nacht des Todesserangriffs urplötzlich auftauchten, hatten wir alle sofort zugestimmt, dass du gefährlich bist, sogar James, aber dann, plötzlich, vierundzwanzig Stunden später, bist du sein Cousin und arbeitest hier in Hogwarts.“ Sirius hielt einen Moment lang inne, in welchem er Harry mit einem hitzigen Blick festhielt, bevor er mit einer barschen Stimme fortfuhr: „Ich habe keine Ahnung, was du mit James und Lily, Dumbledore, und verdammt, sogar Remus angestellt hast, damit sie dir vertrauen und diese Lügengeschichte glauben, aber das wird mir nicht passieren. Was ich tun werde, ist meine Zeit hier in Hogwarts gut zu nutzen um meine Freunde vor dir zu beschützen und herauszufinden, wer genau du bist.“ „Viel Glück damit“, sagte Harry zu ihm in einer kalten Stimme, schon bereit zu gehen. „Aber ich möchte dir einen Rat geben. Um herauszufinden, wer ich bin, öffne einfach deine verdammten Augen!“ Ohne ein weiteres Wort verließ Harry Sirius Büro und stürmte direkt in den Raum der Wünsche, um ein paar Aggressionen abzubauen. ~*~ Der erste September kam mit Sturmwolken und einer ungewöhnlich kleinen Gruppe von patschnassen und ängstlich aussehenden Erstklässlern. Da sie noch immer als Assistenzlehrer arbeiteten, brauchten die vier Zeitreisenden ihre Plätze am Lehrertisch nicht räumen und konnten deshalb die ganze Hauswahlzeremonie ohne Probleme beobachten. Das Lied des Sprechenden Huts war überraschend kurz und auf den Punkt – er warnte vor den bestehenden Gefahren und wies alle in Hogwarts an zusammen zu stehen, nachdem er die Werte der vier Häuser erläutert hatte. Das erinnerte Harry daran, dass er sehr bald immer noch ein kurzes Gespräch mit dem Sprechenden Hut führen musste. Als McGonagall den ersten Namen aufrief, stieß Ron Harry in die Seite und zeigte mit seinem Kopf zu einem kleinen Mädchen am Ende der Schlange von Erstklässlern, das genau in diesem Moment über seine eigenen Füße stolperte. Ihr vorheriges blondes Haar nahm schnell die Farbe ihres Gesichts an, als sie wieder aufstand, und Harry musste sich ein Grinsen verkneifen. Willkommen in Hogwarts, Tonks. Harry schaute zu, wie die Schlange mit jedem Kind, das den Sprechenden Hut aufsetzte, stetig kürzer wurde, bis McGonagall den Namen „Tonks, Nymphadora“ aufrief und das kleine Mädchen mit den nun knallroten Haaren noch einmal über seine eigenen Füße stolperte und, erstaunlicherweise, direkt vor dem Stuhl landete. Einige Schüler kicherten, sowohl über ihre Tollpatschigkeit wie auch über ihren Namen, aber Harry konnte Tonks‘ Reaktion nicht erkennen, da der Sprechende Hut ihr halbes Gesicht verdeckte. Harry zählte die Sekunden und er erreichte zweiunddreißig bis der Hut rief: „Hufflepuff!“ „Hufflepuff?“ murmelte Harry überrascht zu Ron, doch der Rotschopf zuckte nur mit seinen Schultern. Tonks hatte ihnen nie erzählt, in welchem Haus sie wahr, und ehrlich gesagt hatte er nie daran gedacht zu fragen. Immerhin mochte er Tonks, daher war es egal, aus welchem Haus sie war, und doch war Harry ein wenig überrascht, dass sie in Hufflepuff war. Obwohl, vielleicht sollte er es wirklich nicht sein, beschloss Harry mit einem Grinsen. Nun als er darüber nachdachte, zeigte die Tonks, die er kannte, alle Zeichen eines wahren Dachses – loyal und schwerarbeitend. Und nachdem er Cedric Diggory während des Trimagischen Turniers kennengelernt hatte, wusste Harry, dass man einen Hufflepuff niemals unterschätzen sollte. „Eine wahre Schande für die Familie Black“, hörte Harry Draco grummeln, doch es war ein Grinsen auf Dracos Gesicht, als er das tat. „Nicht nur ein Blutsverräter, sondern auch noch ein Hufflepuff. Au, verdammt noch mal Weib! Pass auf die Haare auf!“ Harry musste ein Kichern unterdrücken, als Hermine Draco einmal quer über den Hinterkopf schlug. „Also ehrlich, manchmal weiß ich wirklich nicht, warum ich mich auf dich eingelassen habe, du Idiot“, schimpfte Hermine mit ihm. Glücklicherweise hatte niemand anderes am Tisch mitbekommen, um was es in dem Gespräch ging, und gerade bevor die Situation zwischen Draco und Hermine zu einem Streit zwischen Liebenden werden konnte, wurde der letzte Schüler nach Ravenclaw geschickt und Dumbledore stand auf und fing an seine Ankündigungen zu machen. Da er schon alles wusste, was der Schulleiter sagen würde, blendete Harry ihn aus und ließ seinen Blick über die vier Haustische wandern. Mit einem finsteren Blick bemerkte er, dass wieder weniger Schüler als im Jahr zuvor nach Hogwarts zurückgekehrt waren. Es wurde langsam Zeit, dass der Krieg endete. Und Harry hatte nur noch acht Wochen um das hinzukriegen. ~*~ Der Unterricht begann wie gewohnt am zweiten September. Sirius war schon im Klassenzimmer, als Harry hereinkam, aber sie wechselten nicht einmal ein paar begrüßende Worte, als Harry sich auf einen Stuhl an der Wand hinter dem Lehrerpult setzte und darauf wartete, dass die ersten Schüler ankamen. Es war die vierte Klasse Gryffindor und Hufflepuff, das bedeutete es war Charlies Klasse, mit der sie die erste Stunde hatten. Langsam, während die Schüler das Klassenzimmer betraten, dachte Harry, etwas nostalgisch, an seine eigene erste Stunde zurück. Wie nervös er gewesen war, und nun war er tatsächlich ein wenig traurig, dass nicht er der Lehrer war, der vor den Teenagern stand und sie zu ihrer ersten Verteidigen gegen die Dunklen Künste Stunde willkommen hieß. Stattdessen musste er sich zurückhalten und Sirius‘ Anweisungen folgen. Und doch begrüßten ihn viele Schüler mit einem Lächeln, als sie sich an ihre Tische setzten. Charlie ging sogar noch zu ihm hin und gab ihm die Hand, was, so bemerkte es Harry, Sirius aus den Augenwinkeln heraus und einem finsteren Blick beobachtete, bis er schließlich blaffte, dass sie sich alle hinsetzen sollten. Mit einem etwas schuldigen Ausdruck auf seinem Gesicht, ging Charlie zu seinem Platz zurück. Harry sah nun, dass viele Schüler Sirius misstrauisch anschauten, der das scheinbar bemerkte, als der finstere Blick von seinem Gesicht verschwand und durch ein nettes Lächeln ersetzt wurde. Als Harry beobachtete, wie Sirius mit den Schülern umging und ihnen etwas über Flüche beibrachte, musste Harry – wenn auch etwas widerwillig – zugeben, dass Sirius ein guter Lehrer war. Er hatte die gebannte Aufmerksamkeit der Schüler – etwas, was bei ihrem Alter ganz gewiss nicht selbstverständlich war – und erklärte Dinge so, dass alle es verstehen konnten. Endlich, als es Zeit war, die Zauber miteinander zu üben, war Harry dran herumzugehen und den Schülern zu helfen. Doch jedes Mal wenn er bei einem neuen Schülerpaar ankam wurde er gefragt, warum er sie nicht mehr unterrichtete, woraufhin er nur antwortete, dass er Hogwarts Ende Oktober verlassen würde und dass Professor Black ein genauso guter Lehrer war wie er, wenn nicht sogar noch besser. Sie mussten ihm nur eine Chance geben. Während der ganzen Stunde redeten Harry und Sirius nicht viel miteinander, und wenn sie es taten, dann war es mit gezwungener Höflichkeit, nur um der Schüler Willen. Und als die Stunde endlich vorbei war, stieß Harry einen erleichterten Seufzer aus. Falls die Spannung zwischen den beiden so stark blieb wie sie es jetzt war, würden die zwei Monate viel länger werden als erwartet. Zumindest musste er sich jetzt überhaupt nicht mehr auf die Stundenplanung konzentrieren, deshalb konnte er die Zeit nutzen um andere, viel wichtigere Dinge zu machen, wie zum Beispiel im Raum der Wünsche zu trainieren oder Zeit mit seinen Eltern und natürlich mit Ginny zu verbringen. ~*~ Doch trotz seiner Sorgen vergingen die Wochen viel schneller als er es erwartet hatte, und plötzlich kam Hermine in ihren Gemeinschaftsraum gestürmt. Rot im Gesicht und außer Atem kam sie rutschend vor ihnen zum Stehen. Harry und Ron, die in diesem Augenblick die einzigen in dem Raum waren, standen sofort besorgt auf. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Harry, zur gleichen Zeit als Ron wissen wollte: „Ist etwas passiert?“ „Ja“, keuchte Hermine, ein leuchtendes Lächeln sprengte fast ihr Gesicht. „Der Zaubertrank ist fertig!“ Fertig? Schon? Harry warf einen Blick auf den Kalender an der Wand und tatsächlich, ohne dass er es bemerkt hatte, war der September an ihm vorbeigeschlichen und es war schon der vierzehnte Oktober. Seine Zeit sich Voldemort zu stellen lief aus. „Wirklich?“, grinste Ron breit. „Das ist fantastisch! Hast du es gehört, Harry? Der Zaubertrank ist fertig! Nur noch zwei Wochen und wir können nach Hause!” Harry zwang ein Lächeln auf sein Gesicht, als er antwortete: „Jaah, das ist großartig. Gute Arbeit, Mine!“ Hermines Wangen wurden dunkelrot. „Danke, aber das war nicht ich… Ich meine, nicht alles. Ich hab nur geholfen. Sev und Draco haben die meiste Arbeit geleistet. Sie sind auch noch im Labor und füllen den Zaubertrank ab, damit man ihn am einunddreißigsten benutzen kann.“ „Ah, Hermine“, schalt Harry sie und schüttelte seinen Kopf, noch immer mit einem falschen Lächeln auf seinem Gesicht. „Verkauf dich nicht unter wert. Ich bin mir sicher, du hast zu dem Zaubertrank sehr viel beigetragen…“ „Oh ja“, stimme Ron zu. „Und wenn es nur das war, dass du Malfoy von einem unakzeptablen Idioten zu einem akzeptablen Idioten gemacht hast, damit er auch helfen konnte.“ Harry lachte, obwohl es in seinen Ohren hohl klang. „Während ihr zwei euch weiter zankt, gehe ich zu meinen Eltern und werde ihnen die frohe Botschaft übermitteln. Ich bin mir sicher, sie wollen es wissen.“ Mit dem Gefühl, dass das, was er sagte, überwiegend ignoriert wurde, da Hermine ihm nur zuwinkte, als er ging, während sie Ron noch immer für seinen letzten Kommentar finster anfunkelte, ging Harry ohne ein weiteres Wort. Sobald das Portrait hinter ihm wieder ins Schloss fiel, fiel seine Maske. Wie hatte er schon wieder nicht gemerkt, wie viel Zeit vergangen war? Als das Halbjahr angefangen war, hatte er noch ein bisschen mehr als acht Wochen gehabt um Voldemort zu besiegen und nun waren es nur noch zwei Wochen. Wie konnte das passieren? Vielleicht… Harry hielt plötzlich inne, als ihn ein Gedanke traf. Vielleicht war er in dieser Zeit einfach nicht dafür bestimmt. Vielleicht ist es deshalb, warum, obwohl er ständig an Voldemort dachte, er noch nichts unternommen hatte. Vielleicht griff irgendeine höhere Macht in seine Entscheidungen ein, was ihn ständig dazu brachte, an etwas anderes zu denken, wenn er glaubte, dass es Zeit war, etwas zu tun. Nun, nicht mehr. Sobald er seinen Eltern von dem Zaubertrank erzählt hatte, würde ihn nichts mehr davon abhalten Voldemort in dieser Zeit ein für alle Mal umzubringen. Wie gewöhnlich, als er zu seinen Eltern ging, klopfte Harry nicht an sondern öffnete einfach die Tür und trat hinein. Doch was er sah überraschte ihn – obwohl er das wirklich nicht sollte. Dort, um den Kaffeetisch herum auf der Couch und im Sessel saßen seine Eltern mit Sirius, scheinbar in einem sehr ernsten Gespräch vertieft. Aber das Geräusch von dem sich öffnenden und sich schließendem Portrait erlangte ihre Aufmerksamkeit und sofort erschien wieder eine Maske auf seinem Gesicht, als sie sich alle umdrehten. Als Harry seinen Blick von dem düster starrenden Sirius abwandte, war Harry froh zu bemerken, dass zumindest seine Eltern froh waren ihn zu sehen. „Harry“, rief Lily lächelnd aus. „Was für eine Überraschung. Wir hatten dich nicht erwartet!“ „Nun“, Harry versuchte trotz Sirius‘ Anwesenheit so normal wie möglich zu klingen. „Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt so früh am Nachmittag vorbeizukommen, aber ich habe ein paar… gute Nachrichten, die ich euch erzählen wollte. Nun, eigentlich war Hermine diejenige mit den guten Nachrichten vor etwa zehn Minuten, aber ich wollte es euch erzählen.“ In der Hoffnung, dass Hermines Name ihnen schon einen Hinweis geben könnte, worüber er sprach, ließ es Harry erst einmal dabei. Er drückte seine Daumen und wartete ein paar Sekunden bis James ein Licht aufging. „Oh… geht es um… wirklich?“ Grummelnd stand Sirius aus dem Sessel auf. „Da es scheint, dass ich hier nicht mehr willkommen bin, gehe ich lieber.“ “Nein, Sirius...” James stand ebenfalls sofort auf. “Du bist hier immer willkommen... es ist nur…“ „Ich verstehe schon.“ Sirius‘ Gesicht war hart und undurchdringlich. „Ihr verbringt lieber Zeit mit ihm als mit einem eurer besten Freunde. Er hat euch verzaubert, seht ihr es nicht? Und ich habe euch von Anfang an gewarnt. Ich hab euch gesagt, dass ihr euch von ihm fernhalten solltet, aber seht, was es euch gebracht hat. Ihr habt Geheimnisse… vor mir! Manchmal habe ich das Gefühl, ich kenne dich gar nicht mehr, Kumpel. Und es ist alles seine Schuld!“ Er zeigte mit dem Finger auf Harry, was Harry ein wenig zusammenzucken ließ. Denn Sirius hatte ein wenig Recht. Lily und James hatten sich wegen ihm verändert. Wer würde sich nicht verändern, wenn man ihnen sagen würde, dass sie in einer anderen Zeit sterben würden und ihr Sohn alleine aufwachsen musste? Klatsch! Sirius berührte seine rechte Wange, die schon rot wurde. Lily stand vor ihm, schwer keuchend. Harry hatte nicht einmal gesehen, wie sie von der Couch aufgestanden war, aber da war sie, beugte sich fast über Sirius, obwohl sie viel kleiner war als er, und fauchte mit einer beschützenden Stimme: „Sprich nicht so über Harry!“ Sirius trat bei dem Ton ihrer Stimme einen Schritt zurück, doch schüttelte dann bloß seinen Kopf. „Du sprichst nicht über deinen Sohn, Lily. Dein Sohn macht gerade nebenan ein Nickerchen. Dieser Mann, obwohl er den gleichen Namen wie dein Sohn trägt, ist nicht dein Sohn.“ „Vielleicht“, zischte Lily, „wenn du nur deine verdammten Augen öffnen würdest und sehen könntest, was direkt vor dir ist, würdest du sehen, dass er mein Sohn ist.“ Nervös lachend und noch immer seinen Kopf schüttelnd, trat Sirius einen weiteren Schritt zurück. „Seht ihr nicht, was er macht? Ihr werdet langsam verrückt. Und ich hoffe wirklich, dass ihr wieder normal werdet, sobald ihr in einer Woche von seinem Einfluss weg seid…“ Ohne ein weiteres Wort drehte Sirius sich auf seinem Absatz und verließ das Zimmer. Harry stieß einen tiefen Atem aus, von dem er nicht bemerkt hatte, dass er ihn angehalten hatte, als Sirius gegangen war. In diesem Moment wusste er nicht, was er fühlen sollte. Seine Mutter hatte Sirius praktisch geradeaus gesagt, dass er ihr Sohn war und trotzdem glaube Sirius ihnen nicht. „Es tut mir Leid, mein Sohn“, sagte James, als er eine Hand auf Harrys zitternde Schulter legte. Harry hatte noch nicht einmal bemerkt, dass er zitterte. Er atmete noch einmal tief ein und zwang sich, sich zu beruhigen. „Es ist okay… aber danke“, sagte er zu den beiden. „Dass ihr für mich eingetreten seid. Aber ihr hättet das wirklich nicht tun sollen.“ „Mach dir keine Sorgen, Harry“, sagte Lily leise, als sie Harry sanft zu dem Sessel führte, den Sirius gerade verlassen hatte. „Er wird schon zu sich kommen, irgendwann… Er braucht einfach nur etwas Zeit, um sich zu beruhigen. Und vielleicht wird er dann endlich sehen, wer du wirklich bist.“ „Ich bezweifle es“, murmelte Harry leise, zu leise dass sie es hören konnten. Mit einem Räuspern lenkte James dann das Gespräch von Sirius weg. „Du hattest gesagt, du hättest gute Nachrichten…“ Harry warf seinem Vater ein dankbares Lächeln zu und nickte. „Jaah… Hermine ist grad in unseren Gemeinschaftsraum gestürmt gekommen um uns zu erzählten, dass der Zaubertrank fertig ist. Das heißt, in zwei Wochen, an Halloween, werden wir nach Hause gehen.“ „Das sind wirklich gute Neuigkeiten, Harry“, sagte Lily mit Tränen in ihren Augen zu ihm. Sie ging auf ihn zu und umarmte ihn. „Ich meine, ich werde dich wirklich vermissen, aber wir wissen alle, dass ihr nicht hergehört. Ihr müsst in eure eigene Zeit zurückkehren.“ „Ich weiß… Es ist nur… Ich werde euch zwei auch so sehr vermissen…“ Seine Stimme versagte, als er das sagte und er hoffte, dass seine Eltern es nicht bemerkt hatten. „Ich meine, ich weiß, dass ich zurück muss, wenn auch nur um Voldemort zu besiegen… aber es ist so früh. Es ist nicht mehr genug Zeit hier für mich, für uns…“ „Oh, Harry“, seufzte Lily, als sie einen Blick mit ihrem Ehemann austauschte. „Harry… es gibt auch etwas, was wir dir erzählen müssen.“ „Was ist es?“ Harrys Sorgen wuchsen sofort wieder. „Es ist…“, begann James zögerlich. „Es geht um den Grund, warum Sirius überhaupt hier war… Lily und ich, wir haben lange und gut darüber nachgedacht…“ „Worüber?“ „Nächste Woche werden wir nach Godrics Hollow zurückkehren.“ „Was?“, explodierte Harry fast und sprang von seinem Sessel auf. „Aber es ist nicht sicher! Ihr müsst hier in Hogwarts bleiben!“ Lily legte ihre Hand auf seinen Arm, in der Hoffnung ihn zu beruhigen. „Wir können uns nicht ewig hier in Hogwarts verstecken. Das ist nicht unser Zuhause. Unser Zuhause ist in Godrics Hollow.“ „Aber Voldemort…“ „Wird uns nicht finden“, versprach James ihm. „Wir werden uns verstecken, mit dem Fidelius-Zauber.“ „Nein!“ Harry schüttelte vehement seinen Kopf. Es schien so, als ob die Geschichte sich wiederholen würde. „Ihr könnt euch nicht mit dem Fidelius-Zauber verstecken. Das könnt ihr nicht!“ Wieder schlangen sich Lilys Arme fest um Harrys Hals, als sie seinen Kopf herunterzog. Beruhigend flüsternd sagte sie: „Es wird alles gut, wenn Sirius unser Geheimniswahrer wird. Wir haben ihn grad darum gebeten und er hat zugestimmt. Nächste Woche werden wir das Ritual in Godrics Hollow durchführen.“ Tief durchatmend erlaubte Harry sich ein wenig zu entspannen. Vielleicht, wenn Sirius wirklich ihr Geheimniswahrer sein würde, würde alles gutgehen. „Kann ich euch besuchen?“ Er spürte, wie Lily ihren Kopf gegen ihn schüttelte, als James antwortete: „Es tut mir Leid, mein Sohn. Nur Sirius und Dumbledore werden wissen, wo wir sein werden. Wir wollen das Risiko so gering wie möglich halten.“ „Eine Woche“, murmelte Harry bloß. „Ja, eine Woche… Aber du weißt, dass du so viel Zeit in dieser Woche mit uns verbringen kannst, wie du willst“, versprach Lily. In diesem Moment schwor Harry, dass er ihr Versprechen annehmen würde. Sobald er heute Abend hier wieder wegging, würde er zu Dumbledore gehen und verlangen, dass er Sirius nicht länger im Unterricht unterstützen würde – nach dieser Begegnung wäre das ohnehin nicht mehr besonders klug. Und dann würde er so viel Zeit mit seinen Eltern wie möglich verbringen. ~*~ Als er zu Dumbledore gegangen war, war Harry überrascht, dass der Schulleiter seinen Wunsch sofort mit einem verständnisvollen Blick in seinen Augen erfüllt hatte. Dieser neugewonnene Freiheit vom Unterricht – obwohl viele seiner alten Schüler ihn in den Korridoren aufhielten und fragten, warum er nicht mehr bei ihnen mit im Unterricht war (seine Antwort war normalerweise, dass es unlösbare Differenzen zwischen ihm und Professor Black gab) – gab ihm die Möglichkeit mehr Zeit als vorher mit seinen Eltern zu verbringen, genauso wie es in den Sommerferien gewesen war. Nur trainierte Harry jetzt nicht mehr. Er wollte wirklich die letzten paar Tage voll mit seinen Eltern verbringen bevor sie gingen und er sie nie mehr wiedersehen würde. Seine Freunde zeigten Verständnis und volle Unterstützung, als Harry ihnen von seinen Eltern erzählt hatte und was sie ganz bestimmt machen würden, obwohl sie sie nicht wirklich verstanden. Ihrer Meinung nach war Hogwarts wirklich der sicherste Ort, aber letztendlich war es Hermines Stimme der Vernunft, die aufzeigte, dass sie das Recht hatten, das zu tun, was sie tun wollten. Und dass, wenn sie das Gefühl hatten unter dem Fidelius-Zauber in Sicherheit zu sein, es nichts gab, was sie tun könnten um sie aufzuhalten. Harry musste schweren Herzens zustimmen. Irgendwie hatte er sich immer darauf gefreut, wieder in die eigene Zeit zurückkehren zu können, aber nun da dieses Ereignis immer näher rückte, wollte er nichts mehr, als hierzubleiben, mit der Familie, die er nie gehabt hatte. Er erzählte natürlich niemandem von seinen Gefühlen. So wie es eigentlich immer war, wenn etwas Unangenehmes vor einem lag, war der Tag, ein Samstag, an dem er sich von seinen Eltern verabschieden musste, plötzlich gekommen. Sie hatten gemeinsam gefrühstückt und waren dann in das Nebenzimmer der Großen Halle gegangen, wo Lily und James zu Sirius gesagt hatten, dass er schon vorgehen sollte zum Büro des Schulleiters, von wo aus sie nach Godrics Hollow zurückkehren sollten. Zuerst waren Hermine, Ron und Draco auch dabei, und obwohl der Abschied zwischen ihnen aus Worten und Umarmungen bestand – wovon Harry eigentlich nichts mitbekam – schien es sehr kurz zu sein, bis sie plötzlich ihn und seine Eltern alleine ließen. Da Harry nicht wusste, was er sagen sollte, schaute Harry sie bloß an, bis er plötzlich nicht mehr atmen konnte. Schlanke Arme hatten sich fest um seinen Oberkörper gewickelt und drückten ihn fest. Leise seufzend hielt er seine Mutter genauso fest, wie sie ihn hielt, und er begrub sein Gesicht in ihrem Nacken, als er fühlte, wie die Tränen in seinen Augen aufstiegen. „Schh… Harry“, murmelte seine Mutter beruhigend. „Alles wird gut.“ „Mum… Dad… Bitte tut das nicht… Bleibt hier“, war sein letzter von vielen Versuchen, seine Eltern davon zu überzeugen, noch einmal darüber nachzudenken, doch genauso wie all die anderen Male hielten sie an ihrer Entscheidung fest. „Wir müssen das Richtige tun, mein Sohn.“ James Hand lag wieder auf seine Schulter, als seine Mutter ihren Griff um ihn herum löste und ihn mit wässrigen Augen anschaute. Sobald sie ihn losgelassen hatte, nahm sein Vater ihren Platz ein. „Du hast keine Ahnung, wie stolz wir auf dich sind. Trotz alledem, was dir zugestoßen ist, bist du zu einem starken und guten Mann geworden.“ „Ich liebe euch…“ Worte, die Harry noch niemals zuvor geäußert, kamen nun über seine Lippen, als sein Vater ihn auch losließ. „Das wissen wir“, sagte Lily, der Tränen an den Wangen herunterliefen. „Und wir lieben dich. Bitte, erinnere dich daran, wo immer du auch bist. Wir lieben dich.“ „Was deine Mutter gesagt hat“, stimmte James mit belegter Stimme zu. „Versprich uns, dass du nichts dummes oder leichtsinniges machen wirst. Ich weiß“, räumte er mit einem kleinen Grinsen ein, „dass es für einen Gryffindor leichter gesagt als getan ist, aber bitte, pass auf dich auf.“ „Das werde ich“, log Harry, obwohl er sehr gut wusste, dass er sein Versprechen nicht halten konnte, nicht mit dem Plan, den er im Kopf hatte, um Voldemort ein für alle Mal zu besiegen. Stille fiel über sie, als Lily Harry noch einmal umarmte, bevor sie ihn sanft wieder losließ und flüsterte: „Es ist soweit. Wir müssen jetzt los.“ Harry nickte. Er fühlte einen dicken Klumpen in seiner Kehle und spürte wieder neue Tränen in seinen Augen. „Ich liebe euch“, wiederholte er nur wieder, da er nicht wusste, was er sonst sagen sollte und da er diese schicksalhaften Worte ‚Lebt wohl‘ nicht sagen konnte. „Wir lieben dich auch.“ Dieses Mal war es James, der die Worte sprach. “Leb wohl, Harry.” Er klopfte Harry auf die Schulter und Lily strich ihm noch einmal über die Wange, bevor die zwei den Raum nach einem langen und letzten Blick zurück verließen. Die Tür fiel ins Schloss und sie waren fort. Harry ließ sich auf einen der Stühle sinken und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Er hoffte, dass seine Eltern Halloween dieses Mal überleben würden, denn er würde nicht da sein, um sie zu retten. Harry wusste nicht, wie lange er in dem Nebenzimmer saß und versuchte an nichts zu denken und doch gleichzeitig an alles dachte. Aber Zeit war vergangen, bemerkte er, als er auch endlich den Raum verließ und an der Decke der Großen Halle sah, dass die Sonne bereits hoch am Himmel stand. Und irgendwann, in den letzten Stunden, war der Fidelius-Zauber durchgeführt worden, denn egal wie hart er daran dachte, konnte Harry sich nicht daran erinnern, wo seine Eltern waren. Als er die Große Halle verließ, zögerte er einen Moment in der Eingangshalle. Seine Freunde warteten wahrscheinlich schon besorgt auf ihn, aber er konnte noch nicht zu ihnen gehen. Er konnte nicht zu ihnen gehen und sich ihrem Mitleid stellen. Er mochte vielleicht ein Feigling sein, aber seine Freunde zu sehen und ihre tröstenden Worte zu hören war das letzte, was er jetzt tun wollte. Deshalb begannen seine Füße ihn über das Gelände zu tragen, entlang dem Weg der nach Hogsmeade führte. Doch sobald er das Gelände verlassen hatte und damit auch die Anti-Apparition-Zauber, drehte Harry sich auf der Stelle und eine magenumdrehende Sekunde später fand er sich auf einer gutbekannten und gleichzeitig unbekannten Muggelstraße wieder. Glücklicherweise waren keine Muggel unterwegs, und wenn dort welche gewesen wären, wäre es Harry egal gewesen. Doch da seine Roben noch immer sehr auffällig waren, verwandelte er sie in eine schwarze Jacke, die gut zu seinem dunklen Hemd und schwarzer Hose passten. Mit einem Seufzer schaute Harry zu dem Straßenschild auf, auf dem Magnolienring stand. Er wusste nicht, warum sein Unterbewusstsein ihn zurück zu diesem Ort gebracht hatte, aber er fühlte im Moment nicht die Energie, woanders hinzugehen. Seine Hände in seine Jackentasche stopfend, begann Harry die Straßen entlangzulaufen, die er während seiner langen Sommer im Ligusterweg oft besucht hatte. Er kam an Mrs. Figgs Haus vorbei, dem Spielplatz und die Gasse, in dem die Dementoren ihn und Dudley angegriffen hatten. Erinnerungen an diesen Ort, von denen die meisten überhaupt nicht angenehm waren, schossen ihm durch den Kopf, und deshalb fand Harry plötzlich etwas, was er tun musste, als er endlich die Straße erreichte, wo seine miserable Kindheit begonnen hatte. Harry streckte seinen Rücken und setzte einen freundlichen Gesichtsausdruck auf, bevor er direkt zum Haus Nummer vier ging. Er war nicht überrascht zu sehen, dass der Rasen, wie gewöhnlich, millimetergenau geschnitten war und das nicht eine Blume im Beet aus der Reihe tanzte. Mit einem ironischen Grinsen fragte Harry sich, wer den Garten machte, da er noch nicht da war, um es für sie zu machen. Das Auto von Vernon Dursley stand in der Auffahrt, deshalb könnte Harry Glück haben, dass sie auch wirklich zu Hause waren. Ansonsten würde sein Plan in die Hose gehen bevor er ihn überhaupt in Gang setzen konnte. Er ging schnell über den Vorderhof und drückte den Knopf der Türklingel. Ein nerviges Ding-Dong rang durch das Haus und nur ein paar Sekunden später konnte Harry die tiefe Stimme seines Onkels durch den Flur dröhnen hören. Wahrscheinlich beschwerte er sich darüber, an einem Samstagnachmittag gestört zu werden. Zwei weitere Sekunden vergingen bis die Tür aufgerissen wurde und Harry Vernon Dursley gegenüberstand, der, da er so breit wie immer war, den gesamten Eingang versperrte. Er schaute einmal prüfend an Harry hoch und runter und sagte dann schnell: „Wir kaufen nichts.“, und wollte gerade die Tür vor Harrys Nase zuschlagen, als Harry Hand hervorschoss und ihn aufhielt. „Ich werde Ihnen nichts verkaufen… Mr. Vernon Dursley, nehme ich an?“, sagte Harry schnell, obwohl er genau wusste, wer vor ihm stand. Jahrelange Antipathie stieg in ihm auf, doch er hielt seinen Gesichtsausdruck neutral, offen und freundlich. „Ja, das bin ich. Und wer sind Sie?“ Höflich wie immer, dachte Harry, der innerlich grinste. „Mein Name ist… Harold Malfoy. Ich möchte gerne mit Ihnen und Ihrer Frau sprechen, wenn sie zu Hause ist. Es geht um Leben und Tod und ihre Familie.“ Vernon Dursley äugte ihn misstrauisch, doch er trat schließlich beiseite. „Meine Frau ist im Wohnzimmer. Folgen Sie mir.“ Harry nickte dankbar und folgte Vernon Dursley hinein und in das Wohnzimmer, wo Petunia Dursley eine Zeitschrift las. Auf dem Boden vor dem Fernseher saß ein blondes Kleinkind, das etwa so groß war wie ein Babywal – Dudley. „Petunia, Liebes… wir haben einen Gast“, sagte Vernon um Petunias Aufmerksamkeit zu erlangen. „Das ist Mr. Malfoy und er sagt, er muss etwas Wichtiges, was unsere Familie angeht, mit uns besprechen.“ Harry wusste, dass er die Familienkarte richtig ausgespielt hatte, da es nichts gab wovor Petunia und Vernon Dursley mehr Angst hatten – außer vielleicht ihr Ansehen in der Nachbarschaft zu verlieren – als dass ihrer Familie und besonders Dudley etwas zustoßen könnte. „Bitte, setzen Sie sich, Mr. Malfoy“, geleitete Petunia ihn zur Couch. „Was ist so wichtig, dass sie vorbeikommen mussten, ohne sich vorher zu melden?“ Natürlich war Petunia noch ein wenig verärgert darüber, dass er sich vorher nicht angemeldet hatte. Sie dachte wahrscheinlich, dass sie dann vorher noch sauber gemacht oder Tee gekocht hätte, wenn sie es gewusst hätte. „Mrs. Dursley, ich werde Sie nicht lange stören, und deshalb werde ich ganz offen mit Ihnen sein. Ihre Schwester ist in großer Gefahr.“ Beide Dursleys wurden bei der Nennung von Lily ganz blass. Harry hatte das erwartet und auch den aufgebrachten Ausbruch von seinem Onkel. „Sie… Sie… sind einer von denen?“ Seinen Onkel kühl anschauend, sagte er: „Ja, ich bin ein Zauberer.“ Beide zuckten bei diesem Begriff zusammen, aber Harry zögerte nicht weiterzusprechen. „Ich bin mir sicher, Ihre Schwester hat ihnen von dem Zauberer Voldemort erzählt, mit dem sich die Zauberwelt momentan im Krieg befindet. Nun, wir sind uns ziemlich sicher, dass Voldemort Lily Potter und ihre Familie angreifen wird, und das wahrscheinlich sehr bald. Falls das passieren sollte, könnte es sein, dass Sie ihren Sohn, Harry, aufnehmen müssen.“ „Niemals“, zischte Petunia, noch immer blass, obwohl Harry sich nicht sicher war, ob es wegen der Tatsache war, dass er ein Zauberer war, oder weil sich ihre Schwester wirklich in Gefahr befand. Er würde es wohl nie herausfinden. „Ich würde niemals… einen von euch… großziehen.“ „Sie werden wahrscheinlich keine andere Wahl haben“, sagte Harry. „Sie würden seine letzte lebende Verwandte sein und ihn aufzunehmen würde ihm und Ihrer ganzen Familie einen besonderen Schutz vor Voldemort bieten. Ich werde jetzt nicht von Details sprechen…“ „Ich hoffe doch, dass Sie das nicht tun werden!“, grummelte Vernon. „Aber wie Sie sehen, könnte es äußerst wichtig sein, nicht nur für den Jungen, sondern auch für Sie, wenn Sie ihn aufnehmen“, fuhr Harry unbeirrt fort. Er hatte lange genug unter diesem Dach gelebt um zu wissen, wann er seinen Onkel ignorieren musste. Er senkte seinen Blick zu seiner Tante und fügte dann mit gefährlicher Stimme hinzu: „Und wenn Sie es tun, würde ich vorschlagen, dass Sie ihn wie ihren eigenen Sohn behandeln. Sie wissen nie, wer sie beobachtet.“ „Bedrohen… Sie uns etwa?“, stotterte Vernon, dessen Gesicht mit jeder Sekunde roter wurde. Harry erhob sich von seinem Platz, als er geheimnisvoll antwortete: „Vielleicht tue ich das.“ Dann sagte er wieder zu Petunia gerichtet: „Ich vertraue ihrem Urteilsvermögen, Mrs. Dursley. Wenn Sie sich zwischen dem, was richtig, und dem, was leicht ist, entscheiden müssen, hoffe ich, dass Sie die richtige Entscheidung treffen. Auf Wiedersehen.“ Er verließ das Haus der Dursleys ohne sich umzuschauen, während er hoffte, dass sein jüngeres Selbst nie hier aufwachsen musste und dass, falls er es musste, er es hier viel besser haben würde, als er selbst es bei dieser Familie gehabt hatte. ~*~ Als Harry wieder in Hogwarts war, ignorierte er die besorgten Fragen und neugierigen Blicke seiner Freunde und wandte wieder seine volle Aufmerksamkeit der Vorbereitung zu dem finalen Kampf, der stattfinden würde, sobald sie wieder in ihrer eigenen Zeit waren, zu. Geschlagen bemerkte Harry an dem Abend, wo er aus Surrey zurückgekehrt war, dass eine Woche in dieser Zeit nie genug war um den Sprechenden Hut dazu zu bringen, Gryffindors Schwert auszuspucken (erst musste er noch mit dem Hut sprechen, was schwierig sein würde ohne Dumbledore zu alarmieren), dann Voldemort zu finden und ihn zu töten. Das Schicksal hatte ihn wirklich davon abgehalten, was er sich geschworen hatte in dieser Zeit zu tun. Und nur ein Wunder konnte ihm jetzt noch helfen. Deshalb beschloss Harry nach einer langen und schlaflosen Nacht, dass er sich auf die eine Sache vorbereiten musste, die er schaffen konnte – seinen eigenen Voldemort besiegen, wenn sie zurückgingen. Er brauchte dann jemanden, der Gryffindors Schwert für ihn holte – Hermine vielleicht, denn so würde sie eine Weile aus dem Kampf raus sein – und dann musste er das Ritual durchführen. Es klang in seinem Kopf leicht genug, aber es konnten so viele Sachen schiefgehen. Er nutzte nun all seine Energie um sich auf ihre Rückkehr vorzubereiten und ignorierte mehr oder weniger erfolgreich die Gedanken an seine Eltern. So vergingen die Tage wieder wie Minuten und viel zu früh war es der 30. Oktober. Sie hatten den ganzen Abend damit verbracht über das Ritual zu sprechen, das sie mit dem Zaubertrank durchführen würden. Hermine ließ sie immer und immer wieder den Zauber Reverto Tempus wiederholen, bis sogar Draco die Beherrschung verlor und ihr sagte, dass es reichte. Sie beschlossen dann, dass es wahrscheinlich besser wäre, schlafen zu gehen – sie brauchten alle eine Nacht mit gutem Schlaf als Vorbereitung für den sehr wahrscheinlich sehr langen und schweren Kampf, der sie zu Hause erwartete, und deshalb nahmen sie Harry das Versprechen ab, an diesem Abend zu okkludieren. Harry okkludierte, aber Albträume schlüpften trotzdem durch. Deshalb wusste Harry nicht, als er zu einem hohen Hiss in seinem Kopf aufwachte, ob es ein Albtraum war oder ob einige von Voldemorts Gedanken es geschafft hatten, durch sein Okklumentikschild zu dringen. „Heute Abend!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)