Raftel (1) von sakemaki (When Spirits Are Calling My Name ...) ================================================================================ 9 - Das Tagebuch des Folkloristen --------------------------------- Unsanft erwachte Tashigi aus ihrem Dösen, als sie aus ihrer verkrampften Hockposition zur Seite kippte und ihr Gesicht eine unliebsame Bekanntschaft mit dem staubigen Holzfußboden machte. Der aufgewirbelte Staub sank auf ihren durchnässten Poncho und verklebte auf dem Stoff zu einer schmierigen Kruste. Es war ein unangenehmes Gefühl, den Dreck auf Kleidung und Haut zu haben. Sie rappelte sich auf, setze den Rucksack mit lautem Poltern ab und kämpfte sich aus dem schweren, nassen Poncho. Dann versuchte sie, sich den Dreck von ihrer Wange zu wischen. Erst jetzt betrachtete sie den Raum um sich herum, dem sie vorher beim Eintreten keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Er war recht klein und ihr gegenüber standen in der einen Zimmerecke einige Tongefäße mit undefinierbarem Inhalt. An der Wand stapelten sich vollgefüllte Jutesäcke. In der anderen Zimmerecke war ein Durchgang zu einer Steintreppe, die nach unten führte. Ein eiskalter Luftzug strömte dort heulend im Treppengang und ließ Tashigi leicht frösteln. Das einzige Fenster des Raumes war in die Eingangstür eingelassen. Jedoch war es so sehr verdreckt, dass die Sicht nach draußen verhindert wurde. Der ganze Raum machte einen verlassenen und verdreckten Eindruck, als wäre bereits seit unzähligen Jahren niemand mehr hier gewesen. Merkwürdig war jedoch die kleine Lampe, die auf einer alten Kommode bei der Kellertreppe stand. In dieser flackerte eine Kerze munter vor sich her und verlieh dem Zimmer eine gespenstische Atmosphäre. Tashigi hatte genug von unheimlichen Dingen und beschloss die Lage vor der Eingangstür in Augenschein zu nehmen. Doch es half kein Zerren und Drücken: Die schwere Holztür bewegte sich keinen Millimeter. Auch Treten, Rütteln oder Schlagen führten nicht zum gewünschten Erfolg. Selbst Kashu blieb nach einem gezielten Schlag im harten Holz der Tür stecken, so dass sie nach einer Weile sämtliche Versuche aufgab, durch diese Tür wieder ins Freie zu gelangen. Sie saß in diesem Haus fest. Seufzend sah sie zur Treppe, die in eine unbekannte Dunkelheit führte. Ihr blieb keine andere Wahl, als durch das Haus hindurch einen anderen Ausgang finden. Sie nahm die kleine Lampe von der Kommode, sammelte ihre Sachen zusammen und tastete sich vorsichtig Stufe für Stufe hinunter. Die Stufen waren schmal und die Wände feuchtkalt. Im Gegensatz zum oberen Teil des Gebäudes war der Keller aus Naturstein gemauert. Die Lampe gab nicht genug Licht, um das Ende der Treppe zu sehen. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, doch dann endlich war sie unten angekommen und stand am Rande eines größeren Kellergewölbes mit einem Brunnen in der Mitte. Auf der anderen Seite des Gewölbes war eine einfache Tür. Leise und unauffällig versuchte sie, das Gewölbe zu durchqueren, doch hier und da waren Wasserpfützen auf dem unebenen Steinboden, so dass sie öfters in solche hinein patschte. Die Helligkeit ihrer Laterne reichte nicht, um den Pfützen rechtzeitig ausweichen zu können. Als sie auf Höhe des Brunnens war, stutzte sie. Frisches Blut und Wasser mischten sich, ließen aber dennoch ein Schleifspur aus Blut erkennen, die inmitten des Brunnens verschwand. Sie wollte nicht neugierig sein und eigentlich schnell diesen schrecklichen Ort verlassen, aber merkwürdigen Geräusche im Brunnen veranlassten sie schließlich, doch einen Blick in den Schacht werfen. Jedoch war dort nichts als Schwärze und ein leises entferntes plätschern des Wasser. Sie wandte sich ab zum Weitergehen, als sie einen Sog von eisiger Kälte spürte, der aus dem Schacht langsam empor stieg und sie umschlingen wollte. Mit Sack und Pack in den Händen, rannte sie durch die Tür und eine weitere Treppe hinauf. Dort fühlte sie sich erst einmal sicher und rang keuchend nach Atem. Sie vermutete, dass sie sich nun im Inneren des Nebengebäudes aufhalten musste, denn die Außenwände waren aus Holz, wie sie es bereits kannte. Vor ihr erstreckte sich ein Gang, der zum Ende hin nach rechts wegknickte. Links entlang des Ganges vermutete sie Räume hinter der Holzwand, die durch fest verschlossene Türen vom Gang aus zu erreichen waren. Rechts war ein großer Tatamiraum, der durch Schiebetüren aus Holz und Papier in seiner Größe variabel verändert werden konnte. Sie verließ den Flur und schlenderte neugierig durch den Tatamiraum. Einige Schiebetüren waren aus ihrer Schiebevorrichtung herausgebrochen und hingen nur noch schräg und verkeilt in ihren Führungsschienen. Das Papier in den Türen war zerrissen und hing in Fetzen herunter. Vereinzelt lagen Tatamimatten aus dem Boden herausgerissen übereinander. Edle Kommoden und Truhen wurden von dicken Staubschichten bedeckt, ließen aber dennoch ihre wertvolle Herstellung erkennen. In einer halboffenen Truhe lagen hochwertige Seidenkimonos. Tashigi berührte vorsichtig den kostbar gewebten Stoff. Das herrliche Muster war handgemalt und zeigte traditionelle Szenen aus einer längst vergangenen Zeit. Auch wenn dieses Nebengebäude vielleicht nur dem Personal als Unterkunft gedient haben sollte, so sah man trotz des Verfalls, dass hier wahrer Reichtum geherrscht haben musst. Wie mag es wohl dann erst drüben in der Villa aussehen? Sie hatte den Tatamiraum durchquert und stand nun am anderen Ende des Flures, wo er nach rechts wegging. Erst wollte sie noch einen Blick in die anderen Räume hinter den Holztüren werfen, zwang sich dann aber doch zum Gehen. Durch eine weitere Tür am Ende des Flurs gelangte sie in ein großes Treppenhaus, welches wie ein Atrium nach oben hin geöffnet war. Die überdachte Holztreppe führte an der Hauswand hinauf und knarrte bei jedem Schritt fürchterlich. In der Mitte des Atrium wuchs Bambus wild bis in den sternenklaren Nachthimmel hinauf. Oben angelangt, betrat sie nun die Villa. Auch hier herrschte das gleiche Bild: Zerrissene Papierwände, kostbare Möbel und Kunstgegenstände, zugige Räume, unheimliche Geräusche, Staub, Dreck und brennende Kerzen. Tashigi überlegte, was hier in der Vergangenheit vorgefallen sein mochte. Die Villa gehörte nicht zu der Art von Gebäuden, die einfach von den Bewohner verlassen wurden. Das Haus war viel zu prächtig und prunkvoll. Vieles deutete auf eine spontane Flucht hin, denn Alltagsgegenstände waren nicht weggeräumt und Habseligkeiten nicht mitgenommen worden. Ziellos ging sie von Raum zu Raum und sah die merkwürdigsten Sachen: Ein Puppenzimmer, Ritualräume, Schlafsräume, Arbeitsräume und viele Räume, dessen Bedeutung sie sich nicht sicher war. Manches jagte ihr Schauer über den Rücken und sie hatte das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, doch sie konnte niemanden entdecken. Nur das ständige Knarren des Holzbodens durch ihre Schritte begleitete sie. Die Villa schien endlos viele Zimmer und Treppen zu haben. Tashigi vermutete, das dieses Haus ständig erweitert und umgebaut worden war. Es war fast nicht möglich, die Orientierung zu behalten. Sie selbst konnte nur noch schätzen, wo sie sich gerade befand. In einem Raum mit einem offenen Kamin hielt sie inne. Die Asche war kalt, aber der Kessel hing noch über der Feuerstelle und auch noch einige Utensilien einer Teezeremonie stand neben zerschlissenen Sitzkissen auf dem Fußboden umher. Der Raum wurde am anderen Ende durch ein grobes Holzgitter abgetrennt. Das Holzgitter war so grobmaschig, dass zwar ohne Probleme ein Kopf, aber nicht ein ganzer Mensch hindurch passen konnte. Nur ein kleines Holztürchen erlaubte einen Durchlass in den hinteren Bereich, welches weit offen stand. Ein Schnappschloss mit einem kunstvoll gearbeiteten Wappen zierte das Türchen. Sie nährte sich dem Gitter, um das kleine Tor und das Wappen genauer zu erkennen. Es zeigte einen rötlichen Schmetterling. Der Raum dahinter war wie das ganze Haus mit Tatamimatten ausgelegt. Des Weiteren stand dort ein Schreibtisch mit Schreibzeug und Papier, eine große brennende Papierlaterne, wenige Gefäße, eine Truhe und Regale voll an Büchern. An der einen Wand lehnte etwas großes Flaches, was von einem schweren Stofftuch abgehängt war. Plötzlich war sie starr vor Schreck und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Ihre Augen weiteten sich. Sie hielt den Atem an. Der Geist eines Mannes war direkt hinter dem Gitter aufgetaucht. Er trug einen alten Kimono und starrte sie an, als wäre er gestört worden. Er redete unverständliche Sätze, drehte sich dann aber weg und verschwand zwischen den Bücherregalen. Vor Schreck war Tashigi rücklings gefallen und saß nun auf ihrem Hosenboden. Sie konnte einfach nicht glauben, was sie dort noch vor ein paar Sekunden gesehen hatte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich wieder gefasst hatte. Ihr Blick blieb an den Büchern hinter dem Gitter hängen. Gern hätte sie in den Büchern gestöbert, denn sie erkannte sofort, dass einige eine Inventarnummer und das Siegel aus dem Weltregierungsarchiv von Marijoa trugen. Es war praktisch unmöglich, jemals in die Keller dieses Archivs zu gelangen. Selbst Smoker wurde nach seiner Beförderung zum Flottenadmiral der Zugang verweigert. Darüber hatte er sich noch wochenlang geärgert und seine schlechte Laune an der Crew ausgelassen, indem sie übertrieben häufig Manöver auf See üben und das Deck schrubben musste. Und dabei ging es doch nur um die alte Akte eines unbekannten Kleinkriminellen. Sie nahm allen Mut zusammen, kroch durch das kleine Holztor und lugte zwischen die Regale. Der Geist schien tatsächlich verschwunden zu sein. Tief durchatmend legte sie ihren Rucksack samt Regenponcho in eine Ecke und las still die Buchtitel. Viele der Bücher handelten von Sagen und Mythen, während andere Forschungsergebnisse über die Wahrheit dieser Sagen belegten. Sie nahm ein Buch heraus, welches aus dem Regierungsarchiv stammte. Das Siegel im Buchdeckel belegte, das es aus dem Bestand der Cipherpol entnommen wurde. Anscheinend waren es streng geheime Forschungsunterlagen. An der Nummerierung erkannte sie, dass es im Jahre 722 geschrieben wurde, als die Weltregierung gegründet wurde, und nur Stammbäume und Todesdaten von Personen enthielt. Daraus wurde sie nicht schlau und nahm weitere Bücher zur Hand, dessen Titel sie interessierte. Sie vergas die Zeit und las wissbegierig unzählige Artikel. Die Legenden schien einfach zu unglaublich, als dass sie wahr sein könnte. Sie las in einem Buch etwas von einer Todesgöttin namens Kali, die aber auch Leben geben konnte. Sie hätte wohl mindestens 6 Arme gehabt und das deren Nachfahren „Die Kinder Kalis“ genannt wurde. Sie hätten wohl keine Ähnlichkeit mit ihr, wohl aber etwas von ihren tödlichen Kräften. In einem anderen Buch fand sie etwas über das Verlorene Königreich und deren Wächter. Es war unglaublich mystisch wie eine Geschichte über ungeklärte Phänomene. Ihre Augen wurden müde und sie beschloss, in dem Schreibtisch nach Unterlagen zu wühlen. Ihr fiel ein Tagebuch in die Hände, welches sie sofort neugierig aufschlug. Es war nicht so dick, wie die ganzen alten Wälzer im Regal und sicher würde sie auf diese Weise etwas über die merkwürdige Villa herausfinden. „Tagebuch des Folkloristen Yamamoto Kentaro 13. Januar 1352 Heute bin ich in der Villa angekommen. Cipherpol-Agenten sperrten mich hier in diesen Raum. Meine Arbeit wäre streng geheim und sie wollen verhindern, dass ich etwas an die Außenwelt von meiner Arbeit lasse. Ich kann nur mit einem Begleiter kurz vor die Tür treten, bekomme aber jeder Zeit auf Wunsch alles Materielle, was man zum Alltag braucht. Ich bereue, dass ich das Berufsangebot angenommen habe. Ich will nach hause. 14. Januar 1352 Die Arbeit macht mir Spaß, obwohl es schwer ist, die alten Bücher zu lesen und auszuwerten. Meine Bewacher nerven mich, da sie jeden Handschlag von mir beobachten.“ Die nächsten Seiten waren unleserlich und sie blätterte weiter. „23. Juli 1352 Nun bin ich schon ein halbes Jahr hier in meinem Gefängnis, aber die Cipherpol ist mit mir zufrieden. Ich bin aber nicht zufrieden! Es müsste schon Sommer sein, doch davon bekomme ich in meinem fensterlosen Raum nichts mit. Je mehr ich in den Büchern lese, desto depressiver werde ich. Ich habe schlimme Alpträume, die ich nicht verstehe. Die Wärter vor meiner Tür lachen über mich und machen böse Witze, indem sie mir von Geistern erzählen und Schabernack treiben“ Tashigi blätterte weiter, denn es war weiter nichts interessantes geschrieben. Der Autor berichtete weiterhin von seinen Alpträumen, seiner Platzangst und seinem Heimweh. Erst als sich die einst so schöne Schrift in ein ängstliches Gekritzel änderte, las sie weiter. „29. März 1355 Ich weiß nicht mehr, wie spät es ist und ob wir Tag oder Nacht haben! Ich werde wahnsinnig! Ich habe nur noch Alpträume und böse Dämonen namens Asura terrorisieren mich. Ich kann nicht mehr! Ich habe ein kleines Rätsel gelöst und werde damit das große Rätsel lösen! Die Weltregierung hat ein böses Geheimnis! Mein kleines Rätsel ist die Camera Obscura. Mit ihr sieht man Dinge, die das menschliche Auge nicht sieht. Man kann mit ihr Geister auf einen Film bahnen und auf Zelluloid für immer und ewig festhalten. Der Geist ist gefangen und vernichtet. Ich habe den letzten Film entwickelt und die Fotos in die Fotokiste gelegt. 30. März 1355 In dieser Nacht waren die Alpträume sehr schlimm. Die Kinder Kalis haben mich in den Träumen besucht. Sie sind die Wächter des Verlorenen Königreichs. Sie werden kommen! Sie werden hier alles vernichten! Ich habe solche Angst! Ich will raus aus meinem Gefängnis! Hilfe! 31. März 1355 Sie sind da! Ich höre sie langsam durch die Villa schleichen und alle töten! Kalis Kinder wollen Rache! Die Weltregierung hat sie einst töten lassen! Aber sie sind zurückgekehrt! Sie sind hier! Ich sitze hier fest! ICH KANN NICHT RAUS! SIE SIND DA!“ Das war der letzte Eintrag im Tagebuch und die Schrift endete in einer panischen Kritzelei. Tashigi beschloss, die Aufzeichnungen einzustecken. Vielleicht würde hier irgendwo diese Zauberkamera sein. Liebend gern hätte sie gewusst, wie ein fotografierter Geist aussah. Mit etwas Quetschen und Drücken verschwand das Tagebuch in ihrem Rucksack. Sie wandte sich der Truhe zu und wurde fündig: Die Fotokiste und die Camera Obscura lagen in ihr. Selbst ein neuerer Film schien noch in der Kamera zu sein. Sie öffnete die Fotokiste und entnahm eine Handvoll Aufnahmen. Auf den Bildern waren ganz normale Menschen jeden Alters. Manche Gesichter konnte man erkennen und mache waren vollkommen entstellt. Teilweise war es ein schauerlicher Anblick. Auf der Bildrückseite fand sie jeweils ein Datum und kurze Notizen wie „Gefunden und getötet“ oder „ohne Macht“. Das sollten die Kinder Kalis sein? Sie sahen alle nicht gefährlich aus. Sie hatten auch kaum Ähnlichkeiten untereinander. Vermutlich waren hier unzählige Generationen abgebildet und mit jeder Generation wurden es mehr Nachfahren, die nur noch über unzählige Ecken mit der Todesgöttin verwandt sein könnten. Aber war das nicht einfach nur eine alte dumme Legende? Fast alle Bilder waren vergilbt, eingerissen und geknickt, denn sie waren schon mehr als 300 Jahre alt. An den Daten erkannte Tashigi, dass sich die Todestage der Abgebildeten alle in einem bestimmten Jahr ballten. Die Weltregierung hatte also Jagd auf diese Gotteskinder gemacht und sie radikal vernichten wollen. Der Höhepunkt dieser Hetzaktion war um das Jahr 1211 gewesen. Ob jemals jemand entkommen war? Sie betrachtete noch einmal eingehend die Bilder. Nein, man konnte sie nicht von normalen Menschen unterscheiden, oder etwa doch? Ja, da war etwas! Sie blätterte alle Bilder mehrmals durch. Weißgrün, grün, blaugrün, gelbgrün, graugrün, ... Alle waren ausnahmslos grünhaarig in allen erdenklichen Farbschattierungen. In Tashigi stieg Panik auf und sie griff nun auch nach den restlichen Fotos in der Kiste. Sie waren alle ebenso alt, wie die Bilder, die sie bereits gesichtet hatte, doch ganz unten lag eines, was sich von den anderen unterschied: Es war brandneu! Unter Schock nahm sie das Bild und starrte auf eine ihr wohl bekannte Person. Die Aufnahme war aktuell. Daran war kein Zweifel zu erkennen. Wie in Trance drehte sie das Bild um und las: „11.11.1503 - TÖTET IHN!“ Das Foto fiel aus ihrer Hand im Zeitlupentempo und segelte wie ein Laubblatt im Herbst zu Boden. Wer hatte das Bild fotografiert? Woher wusste man schon vor 19 Jahren wie er heute aussah? Wusste er davon, eines von diesen Kindern zu sein? War er überhaupt ein Nachfahre Kalis? Tausend Fragen schossen ihr durch den Kopf. Sie erinnerte sich an seine roten Augen und daran, dass er den Fischer als Geist sehen konnte. Sie hatte das Gefühl wahnsinnig zu werden. Vollkommen fertig mit den Nerven brach sie zusammen. Erst das laute Schlagen einer Tür brachte sie dazu, sich aus ihrem Schockzustand zu befreien. Die kleine Tür im Holzgitter war durch Geisterhand zugefallen und das Schloss eingerastet. Tashigi fühlte sich wie in einem schrecklichen Alptraum. Sie hatte ein böses Rätsel der Weltregierung gelöst, aber nun war sie gefangen. Niemals würde es jemand erfahren. Sie saß definitiv in dieser Villa und diesem Käfig fest wie einst der Folklorist. Ihr Glaube an die Weltregierung und die Marine war zutiefst erschüttert. Sie hatte das Gefühl, jahrelang für ein schreckliches Horrorregime gearbeitet zu haben, welches sich zynisch „Gerechtigkeit“ auf ihre Fahnen schrieb. Welche verdammte Gerechtigkeit? Als sie die Fassung wiedererlangte, räumte sie die Bilder wieder in die Kiste, bis auf das eine Foto. Das ließ sie in ihrem Rucksack zwischen den Seiten des Tagebuchs verschwinden. Mit der Kamera in der Hand legte sie sich auf einen dünnen Futon und deckte sich mit dem dreckigen Poncho zu. Ihr war kalt und die Müdigkeit ergriff langsam Besitz von ihr. Sie sah keinen Ausweg mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)