Weil ich dich brauche von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 20: Ein Ende mit Schrecken oder ein Schrecken ohne Ende? ---------------------------------------------------------------- Kyo saß in seinem Bett, beobachtete Toshiya, der, seine Arme als Kissen verwendend, an seinem Bett eingeschlafen war. Ein sanftes Lächeln zeigte sich auf den Lippe des Sängers. Toshiya hatte sich die Ruhe mehr als nur verdient. Nach dem was er geleistet hatte. Vorsichtig strich er über die Dunkelblonde Mähne des Jüngeren. „Gut gemacht Toshiya“, flüsterte er, tätschelte ein wenig den neben ihm liegenden Kopf. Seufzend lehnte er sich danach zurück, stierte gelangweilt die Decke an. Wenn sein Bein nicht so wehtun würde, würde er aufstehen und ein bisschen durch die Gänge streifen, um die Langeweile zu vertreiben. Essen konnte er auch nicht mehr, dabei war von dem. Was Toshiya vorhin geholt hatte noch reichlich übrig. Aber so lange diese Ungewissheit an ihm nagte konnte er einfach nicht vernünftig essen. Wenn er jedoch nichts tat wurde der schwere, große Klumpen Sorge in seinem Bauch nur noch größer und schwerer. Zum verrückt werden. In dem Moment öffnete sich die Tür und ein, in eine Decke und Krankenhauskluft gewickelter, Shinya betrat das Zimmer. Kyo glaubte im ersten Augenblick. Er würde träumen. Der Schmerz in seinem Oberschenkel war jedoch sehr real. „Shinya.“ „Hallo Kyo“, erwiderte der Drummer, seine Stimme belegt von den aufkommenden Freudentränen. Schwankend ging er aufs Bett zu, stellte sich, Toshiya gegenüber, an dessen Seite. „Wie geht es dir Kyo?“ „Besser. Jetzt, da ich weiß. Dass du und Kaoru es geschafft habt.“ „Ja, haben wir. Kaoru wird auch gleich hergebracht. Ihn wollen sie über Nacht noch hier behalten. Zur Beobachtung. Er ist umgekippt, nachdem wir Dai auch gefunden haben.“ „Ihn auch? Er wurde endlich gefunden?“ Kyos Augen strahlten seit langem mal wieder. „Hai. Er befand sich sozusagen im Raum nebenan Und er lebt, Kyo. Wir haben ihn tatsächlich lebend gefunden“, erzählte Shinya beinahe euphorisch, wusste er doch nicht, dass der Sänger es bereits wusste, „Das weiß ich, Shin. Ich habe es Toshi erzählt und der dann der Polizei, damit sie wussten, dass sich ihre suche nicht nur auf euch beschränken durfte.“ Shinyas Augenbrauen zogen sich zusammen. Verwirrt musterte er das Gesicht des Anderen. „Woher wusstest du…?“ „Eine längere Geschichte, welche ich im Moment nicht erzählen möchte, ja?“ Sanft lächelnd nickte der Jüngere. Er konnte sich vorstellen, dass eine sehr unangenehme Geschichte dazu gehörte. Allerdings war erschon ein wenig neugierig darauf zu erfahren, was dem Älteren widerfahren war. Er kuschelte sich noch ein wenig mehr in die Decke. „Hast du Hunger?“, fragte der Vocal und wies auf das Tablett neben sich auf dem Nachttisch. „Ich habe eben nicht alles auf gekriegt.“ Die Augen des Schlagzeugers wurden groß, beinahe riesig. Etwas zu essen. Richtiges Essen. Sein Magen gab laute Knurrgeräusche von sich. Er wollte Arbeit. Freudig nahm der Drummer das Tablett an sich, sah jedoch noch einmal fragend zu Kyo. „Ich darf wirklich?“ „Hai, sonst hätte ich es dir wohl kaum angeboten.“ „Arigatou.“ Shinya schnappte sich die Stäbchen und fing an zu essen. Glücklich schmunzelnd beobachtete der Sänger, wie sein Freund jeden Bissen geradezu hinunterschlang. Als sein Blick sich zu sehr auf die Blessuren auf dessen Armen und Gesicht konzentrierte, verschwand jedoch das Lächeln wieder. So gut es mit der Tropfnadel im Handrücken und dem schmerzenden Bein ging rückte er näher an den wiedergefundenen Freund heran, schlang seine Arme um selbigen und drückte sich an ihn. Nach einem kurzen Moment der Überraschung entspannte sich der Schlagzeuger wieder, legte eine seiner Hände auf die des Kleineren. „Ich freue mich auch dich wiederzusehen, Kyo“, sagte er leise, lehnte sich ein wenig gegen den anderen Blonden. „Verzeih mir.“ Verwundert wandte der Größere den Kopf in Kyos Richtung, aber dieser zog es vor sein Antlitz in den sich vor ihm befindenden Rücken zu verstecken. „Was hast du denn? Warum entschuldigst du dich?“ „Ich entschuldige mich hierfür“, nuschelte der Ältere und strich mit seinen Fingerkuppen federleicht über die blauen Flecke auf dem Arm des Jüngeren. „Die musste ich dir und Die zufügen“, beichtete Kyo, drückte sich noch ein wenig mehr an den Drummer. „Du musstest?“ „Ja, sonst hätte er Toshiya etwas grausames angetan.“ „Was denn?“ Kyo und Shinya drehten sich erschrocken um, entdeckten einen müde dreinschauenden Bassisten, der sich den Schlaf aus den Augen rieb. „Toshiya“, rief der Schlagzeuger freudig, löste sich von dem Sänger, damit er Toshiya einmal kurz an sich drücken konnte. Dabei fiel das Tablett laut scheppernd zu Boden. Der Bassist erwiderte die Umarmung, war mindestens genauso glücklich den guten Freund wiederzusehen. „Hat man nur dich gefunden?“ Der Jüngste schüttelte sacht den Kopf. „Kaoru wurde eben noch untersucht. Man hat mir aber versprochen, dass er hierher gebracht wird.“ „Das ist gut. Und Die?“, erkundigte sich der Dunkelblonde zaghaft, biss sich auf die Unterlippe, weil er das Angstgefühl nicht anders unterdrücken konnte. „Den haben wir auch wieder. Lebend.“ Das Gesicht des Zweitjüngsten hellte sich auf und er klammerte sich nochmals an Shinya, um seinem Glücksgefühl Herr zu werden. „Das ist…Das ist…“ ‚großartig’ hatte er sagen wollen, jedoch brachte er bei dem Anblick von Kyos traurigem Gesicht kein Wort mehr raus. „Was hast du denn Kyo?“ „Ist es wegen dem, was du mir eben erzählt hast?“ Als Antwort erhielten sie nur ein Nicken. „Was wollte er mir denn antun?“ „Das weiß ich nicht, aber in der Situation habe ich ihm vieles zugetraut. Auch, wenn er dich noch nicht in seiner Gewalt hatte.“ Schweigen herrschte im Zimmer. Im stillen stimmten die Beiden der Aussage des Sängers zu. Nach dem, was ihnen widerfahren war und was sie durchgemacht hatten, konnten sie sich vorstellen, warum der Sänger nach dem Willen des Bruders gehandelt hatte. „Ist schon gut, Kyo. Ich verzeihe dir. Und Die dürfte das auch, wenn er den Hintergrund kennt.“ Wiederum nickte der Sänger, seine Mimik ein wenig heller. „Dann ist ja alles in Ordnung“, lächelte das schmächtige Chibi und fing an zu gähnen. „Soll ich dir ein Bett organisieren?“, fragte Toshiya besorgt. „Nein, brauchst du nicht“, antwortete der Blonde. „Ich darf bereits wieder nach Hause. Obwohl ich viel lieber hier bei euch bleiben würde. Zu Hause wäre es irgendwie…“ „Seltsam?“, ergänzte Kyo. „Ja, genau. Außerdem… Ich weiß ja, dass er gefasst wurde, aber wenn ich dann alleine dort sitze“, verlegen kratzte er sich am Hinterkopf, „wird mir schon ganz schön mulmig zumute sein.“ „Weil du dann alleine bist, nicht wahr?“ Shinya nickte und Toshiya lächelte ihn an. „Komm doch mit zu mir“, schlug er daraufhin vor. „Wir brauchen dort auch keine Angst haben, weil wir uns haben.“ „Hört sich gut an“, willigte Shinya ein. Die Tür öffnete sich erneut und ein Pfleger kam, ein Bett vor sich herschiebend, in den Raum. In dem Bett lag Kaoru, schien zu schlafen. Er wurde auf den Platz gestellt, an dem Toshiya am Morgen noch geschlafen hatte. „Wie geht es ihm?“, fragte genau dieser auch gleich, sobald das Bett zum Stillstand gekommen war. „Soweit ganz gut. Nach der Ruhe heute Nacht dürfte es ihm körperlich morgen dann auch schon besser gehen“, erklärte der Angesprochene. „Und für Herrn Niimura dürfte es auch von Vorteil sein, wenn er noch Schlaf bekommt.“ Kyo verdrehte die Augen. Er wollte nicht noch mehr Ruhe, sondern die Gesellschaft seiner Freunde noch für eine Weile genießen. In ihrer Nähe fühlte er sich wohler und hatte zudem das Gefühl besser mit dem Geschehenen klar zu kommen. „Ich weiß, dass Sie alle viel durchgemacht haben, aber es ist vorbei und jetzt müssen Sie wieder zu Kräften kommen. Jeder einzelne von Ihnen.“ Der Pfleger kannte im Groben die Geschichte hinter den Verletzungen, doch waren es vorrangig seine Erfahrung und seine Menschenkenntnis, die ihm sagten, dass diese Männer vor ihm am Ende ihrer Kräfte angekommen waren. Körperlich und geistig. „Fahren Sie nach Hause, legen Sie die Füße hoch und trinken Sie eine Tasse Tee“, schlug er deshalb vor und richtete seinen Blick auf der Toshiya, der sich wiederum an Shinya wandte. „Eine gute Idee. Eine Tasse Tee wird unsere Nerven beruhigen“, erklärte sich der Drummer einverstanden und wirkte gleich viel müder, als noch wenige Sekunden zuvor. „Gut, dann lass uns fahren.“ Kyo machte den Mund auf, wollte die beiden Freunde zum Bleiben überreden. Allerdings wurde ihm im gleichen Moment bewusst, dass es besser für sie wäre und er sie deshalb gehen lassen musste. Vielleicht würde Kaoru auch nicht mehr so lange schlafen und er könnte sich mit diesem unterhalten. Durch das Zuhören wusste er ja, wie es ihm ergangen war, da konnte ein wenig Zuspruch wohl nicht schaden. Außerdem wollte er etwas mehr über Die erfahren. Wie und wo er gefunden worden war. Sowas in der Richtung. Nur nicht weiter so eine grausame Stille. Einen Moment darauf verabschiedeten sich Shinya und Toshiya bereits, umarmten ihn nochmals und versprachen so früh wie möglich am nächsten Tag wieder zu kommen. „Erhol dich. Jetzt brauchst du dir schließlich auch keine Sorgen mehr zu machen.“ „Ich werde es versuchen Shinya.“ „Bis bald“, meinte Toshiya leise, winkte dem Sänger noch zum Abschied, welcher seine Hand ebenfalls kurz erhob. Der Pfleger schloss die Tür hinter den beiden Männern, ehe er zu Kyo ging und ihn unter die Decke steckte, noch kurz den Tropf kontrollierte. Anschließend kümmerte er sich um das heruntergefallene Tablett, beseitigte alle Scherben und Essensreste. Eine geruhsame Nacht wünschend schaltete es schließlich das Licht aus und ließ Kyo nun endgültig mit Kaoru allein. „Hi ihr zwei“, begrüßte Toshiya die beiden Bandkollegen am nächsten Tag und betrat zusammen mit Shinya das Zimmer. Die beiden Männer grüßten zurück, wirkten noch ein wenig verschlafen, obwohl sie scheinbar gerade bei einem späten Frühstück saßen. „Wie geht es dir, Kaoru?“, fragte Shinya den Leader, während er sich auf dessen Bett setzte. Toshiya machte es sich neben Kyo gemütlich. „Besser, aber eher seelisch. Du verstehst?“ „Natürlich. Ich denke, uns anderen Dreien geht es genauso. Immerhin sind wir sehr erleichtert, weil es vorbei ist.“ Zustimmendes Nicken erfolgte von den beiden Männern auf dem anderen Bett. „Jetzt muss er nur noch verurteilt werden“, ergänzte Toshiya. „Ja, das muss noch geschehen“, stimmte Kyo zu, „ich glaube, ich kann dann erst wieder richtig Ruhe finden.“ Darauf meinte Kaoru nur betrübt, dass er sich noch besser fühlen würde, wüsste er etwas über Die und dessen Befinden. Ein Thema, das allen schwer auf dem Herzen lag, jedoch nicht auszusprechen wagten. „Dem sollten wir bei Gelegenheit nachgehen“, murmelte Shinya, „Immerhin braucht er uns jetzt.“ Zustimmendes Schweigen, bis Kyo seine Stimme wieder erhob: „Habt ihr eigentlich gut geschlafen?“ Er fragte nur, weil Kaoru mitten in der Nacht angefangen hatte, wild um sich zu schlagen und laut zu schreien. Erst durch sanftes zureden des Sängers hatte er sich beruhigt und den Rest der Nacht friedlich weitergeschlafen. Darauf angesprochen hatte er ihn bis jetzt noch nicht, hatte sich nur am Morgen in dessen Armen wiedergefunden, weil der Leader sich so gefreut hatte ihn wieder zu sehen, wodurch er auch wach geworden war. Dabei war er mehr davon überrascht, dass er überhaupt Schlaf gefunden hatte in der Nacht. Vielleicht war es den beiden Jüngsten ähnlich ergangen. „Wie man’s nimmt“, antwortete Shinya und lachte einmal kurz leise auf. „Es tat natürlich gut mal wieder in Ruhe Schlafen zu können, ohne Angst.“ „Andererseits hat man auf Geräusche von draußen viel empfindlicher reagiert als sonst. Auch wenn wir es hätten besser wissen müssen. Vor allem ich. War schließlich meine Wohnung.“ Kurz haderte der Sänger mit sich selbst, als er den traurigen Blick in Toshiyas Gesicht sah, legte jenem aber schließlich doch mitfühlend einen Arm um die Schulter, drückte ihn ein wenig an sich. Das Traurige verschwand etwas und machte einem matten Lächeln Platz. Kurze Zeit später tauchte ein Arzt auf, der sich über den gesundheitlichen Zustand seiner beiden Patienten erkundigen wollte. Eine schlichte Routineuntersuchung. Nichts weiter und schnell erledigt. Dennoch mussten Shinya und Toshiya den Raum kurz verlassen. „Sie erholen sich sehr gut. Kompliment Niikura-san“, meinte der Mediziner, nachdem er sich Kaoru gewidmet hatte. „Ich bin der Meinung, dass Sie heute bereits wieder gehen dürfen. Sie sind soweit wieder fit.“ Das hörte sich doch schon mal gut an. Der Arzt unterschrieb die, vorsorglich mitgebrachten, Entlassungspapiere und reichte sie an Kaoru weiter, bevor er sich Kyo zuwandte und auch ihn genauer unter die Lupe nahm, ihn ein wenig ausfragte. „So weit, so gut. Das Bein sollte noch eine Weile geschont werden. Und ich verordne noch eine letzte Bluttransfusion. Sie wirken nämlich noch leicht anämisch.“ „Wie lange muss ich noch hier bleiben?“, fragte Kyo, monoton und ohne Regung. „Finden Sie es so schlimm bei uns?“, entgegnete der Arzt scherzhaft lachend und antwortete dann: „Höchstens zwei Tage. Wir wollen ja schließlich, dass der Heilungsprozess ohne irgendwelche Komplikationen abläuft. Außerdem hat sich ihr Wasser- und Nährstoffhaushalt noch nicht ganz erholt. Das würde ich gerne noch ein wenig verfolgen. Die Fäden ziehen wir dann nächste Woche.“ Kyos Laune verschlechterte sich mit jedem Satz, den der Mediziner sprach. Und wenn Kaoru weg war, dann war er allein. Etwas, wovor er im Moment am Meisten Angst hatte. Wäre er allein würden seine Erinnerungen ihn nur noch mehr quälen. „Wissen Sie, wie es um unseren Freund steht?“, erkundigte sich Kaoru, denn ohne dieses Wissen würde er hier nicht weggehen. „Andôu-san? Hm…“ Der Arzt überlegte, durfte ja wegen seiner Schweigepflicht eigentlich nichts sagen. Allerdings konnte er die jungen Männer auch verstehen. Überlegend warf er einen Blick in Die’s Patientenakte –vorhin hatte er bei diesem nämlich noch vorbeigeschaut und untersucht- und fand den Eintrag, dass diese vier Männer, die gesetzlichen Vormunde für Fälle wie diesen waren. Gleiches galt für ebenfalls für die anderen 4 Bandmitglieder. „Derzeitig ist er bewusstlos und wir führen ihm ununterbrochen Flüssigkeit zu, um seinen Elektrolythaushalt zu stabilisieren. Einige Rippen sind geprellt, vereinzelt auch leicht angeknackst. Des weiteren hat seine Leber einige Schäden davon getragen, sowie einen kleinen Riss, den wir zum Glück nicht operativ behandeln müssen. Hinzu kommt noch eine Schädigung der Nieren, durch den Alkohol und dem Fehlen von Flüssigkeit. Das haben wir allerdings bereits sehr gut wieder im Griff, da wir ihn bereits kurz nach dieser Diagnose an ein Dialysegerät angeschlossen haben, um die meisten Schadstoffe herauszufiltern. Wie lange er bewusstlos sein wird, kann ich ihnen im Augenblick auch leider nicht mitteilen. Er kann in den nächsten Minuten oder Stunden aufwachen, allerdings auch erst in ein paar Tagen. Im schlimmsten Fall erst nächste Woche. Wobei ich sehr stark vermute, dass seine Psyche der Grund für seinen Zustand sein dürfte.“ Die Mimik des Arztes zeigte Besorgnis, angesichts einer solch traurigen Diagnose. „Könnten wir ihn besuchen?“, erfragte Kaoru schüchtern. „Im Moment nicht. Heute Nachmittag, frühestens. Denn, sollte die Dialyse und die anderen Behandlungen eine gute Verbesserung seiner körperlichen Gesundheit zeigen, überlege ich, ihn hier auf die normale Station zu verlegen.“ „Ah, okay.“ Resignierend ließ der Gitarrist den Kopf hängen. Nicht, dass die Verlegung etwas schlechtes wäre, aber es stand ja nicht einmal fest. Der Arzt wünschte trotz allem noch einen schönen Tag und ließ die Musiker wieder alleine. Sobald er aus dem Zimmer war kehrten Shinya und Toshiya wieder, bekamen auch gleich erzählt wie es um Die stand. „Bewusstlos ist doch schon mal nicht schlecht“, stellte Toshiya leicht enthusiastisch fest. „Viel besser als halbtot.“ „Nach dem was der Doc aber so aufgelistet hat könnte es aber auch genau das sein, nur wollte er uns das nicht so direkt sagen, um uns zu beruhigen.“ „Lass ihn, Kaoru“, mischte sich Kyo ungewohnt sanft ein. „Warum nicht daran glauben, dass Dai wirklich ‚nur’ bewusstlos ist?“ Krampfhaft vergrub er seine Finger in dem Bettbezug. Das Wissen, schuld an einem Großteil von Dies Verletzungen zu sein, machte ihm zu schaffen. „Ich möchte es gerne. Einfach, weil es Hoffnung macht.“ Ein leichtes, bitteres Lächeln zeigte sich bei Kaoru. „Tu das ruhig. Aber ich habe schon verlernt Hoffnung zu haben.“ „In den wenigen Stunden? ‚Die Hoffnung stirbt zuletzt’. Kennst du das Sprichwort?“ „Ja, Kyo, das kenne ich.“ „Du lebst doch aber, also solltest du fähig sein zu hoffen.“ Ein ehrliches Lächeln zeigte sich diesmal auf dem Gesicht des Leaders. „Wenn du bereits solch tiefgründige Gedanken äußern kannst, geht es dir schon besser.“ Toshiya grinste einfach nur glücklich und umarmte Kyo, meinte dann: „Ich finde das gut. Die ganze Zeit habe ich gehofft euch zu finden und auch daran geglaubt, dass ich es schaffe. Außerdem… Solange nicht gesagt wird, dass Die tot ist, finde ich alles andere gut.“ Shinya nickte zustimmen und legte fürsorglich eine Hand auf die Schulter des Leaders. „Du wirst wieder hoffen können. Da bin ich mir sicher. Spätestens wenn du dich mich eigenen Augen davon überzeugt hast, dass es Die gut geht.“ „Hoffentlich ist das bald.“ Plötzlich sprang Toshiya wie von der Tarantel gestochen auf. „Miyu!“ Panisch riss Shinya die Augen auf, starrte den Bassisten an. „Was. Ist. Mit. Meinem. Hund?“ „Ähm, na ja…wie soll ich das erklären?“, stotterte der etwas Ältere und wurde immer kleiner unter dem Blick des Drummers. „Warum hast du ihm denn noch nichts gesagt?“, wandte er sich an Kaoru und sah in vorwurfsvoll an. „Oh, entschuldige, dass ich daran nicht gedacht habe“, giftete dieser zurück, „Ich war zu abgelenkt von den“, das Wort blieb ihm im Halse stecken, „widerlichen Viechern, die überall auf mir rumgekrabbelt sind, als ihn mit der Nachricht zu beunruhigen, dass sein Hund vergiftet wurde!“ „Miyu wurde WAS?“ Geschockt sah er zwischen Bassist und Gitarrist hin und her, konnte und wollte nicht glauben, was er da gerade erfahren hatte. „Ihr geht es schon besser. Wir sollten sie nur vielleicht endlich mal abholen und das Zimmer abbestellen. Außerdem hab ich, glaube ich, was in unserem Zimmer vergessen.“ Seine Stimme wurde zum Ende hin immer leiser und die Worte immer genuschelter. Schuldbewusst sah er den jüngeren Musiker von unten herauf an. Dieser stand einfach auf, packte Toshiya grob am Oberarm und schleifte ihn regelrecht nach draußen. „Wir sind bald wieder da“, bekam man nur noch geknurrt zu hören, ehe die Tür aufgerissen und wieder zugeknallt. Kaoru und Kyo sahen den Beiden einfach nur mit großen Augen hinterher. Hatten die sich einfach so aus dem Staub gemacht. „Hoffentlich bringen sie meine Klamotten nachher mit. In dem Krankenhauskittel werde ich das Gebäude unter Garantie nicht verlassen.“ Kyo grinste schwach und meinte: „Ja, das wäre peinlich.“ Nach einem Moment der Stille schob Kaoru seine Decke zur Seite und tapste zu Kyo hinüber, setzte sich zu ihm aufs Bett. Auf den fragenden Blick des Anderen hin, legte sich ein schiefes Lächeln auf seine Lippen und er meinte verlegen: „Da drüben ist es irgendwie ein wenig einsam.“ Genauso verlegen lenkte er seinen Blick auf seine Hände, betrachtete die Schürfwunde der Fessel und die kleinen Bisswunden von den Viechern, deren Namen er nicht einmal denken wollte. Augenblicklich verdüsterte sich seine Laune noch weiter und er wirkte noch geknickter. „Schon gut, Kaoru. Du bist wieder frei. Er kann dir das nicht noch mal antun.“ Beruhigend strich der Sänger dem Leader über den Rücken. „Du hast ja keine Ahnung, was er getan hat. Der hat uns zermürbt mit seinen…seinen…“ „Psychospielchen. Ich weiß. Mich auch. Indem ich mir anhören musste, was er euch antat. Und nur deswegen wusste ich, dass Die noch lebt. Weil ich auch ihn gehört habe. Und ich bin unheimlich froh darüber, dass ihr da endlich raus seit. Auch wenn ihr ruhig schon vor mir hättet gefunden werden sollen.“ „Was redest du denn da. Wegen dir wurde noch mal verstärkt nach Die gesucht, wenn ich das gerade richtig verstanden habe. Weil er eben noch lebte. Wäre dem nicht so gewesen, hätten die von der Polizei doch nicht noch fieberhafter nach ihm gesucht. Ohne diesen Hinweis wäre er vielleicht tot!“ „Sie hätten so oder so nach ihm gesucht, aber das erzähle ich dir lieber ein andermal. Es tut mir nur so Leid. Wäre ich nicht gewesen, dann wärt ihr gar nicht in diese Situation gekommen.“ Aufgebracht packte Kaoru den Sänger an den Schultern, rüttelte ihn ein wenig durch. „Bist du übergeschnappt? Kami! Wie kommst du nur auf den Mist? Warum solltest du Schuld daran sein, dass dieser Verrückte uns das alles angetan hat?“ „Weil ich seine Schwester über Umwege auf dem Gewissen habe“, sagte Kyo ernst und sah seinem Freund direkt und emotionslos in die Augen. Dieser zog die Augenbrauen zusammen, betrachtete den Jüngeren skeptisch, da er einfach nicht verstand. „Die Mappe“, hauchte er plötzlich, schien es doch, als hätte sich ein Schalter in seinem Kopf umgelegt. „Das Mädchen, das sich in dem Hotel umgebracht hat? Ein paar Tage nachdem wir dort abgestiegen waren?“ Kyo schloss langsam die Augen und nickte zaghaft. „Sie war es, die diese seltsamen SMSe geschrieben hatte. Sie hat sich aufgehängt, weil ich nicht geantwortet habe.“ Verzweifelt sah er wieder auf. „Verstehst du jetzt, warum es meine Schuld ist?“ „Woher weißt du das alles?“ „Nachdem…er mich von Die weggeholt hatte, brachte er mich in seine Wohnung. In seinen Büroraum. Den halben Tag saß er vor dem Computer und hat euch über die Kameras, die er installiert hatte, beobachtet und zugehört. Er hat die Lautstärke hin und wieder extra aufgedreht, damit ich mir alles mit anhören konnte. Besonders als du und Shinya… du weißt schon.“ Schwach nickte der Schwarzhaarige. Er konnte sich vorstellen, dass es nicht besonders angenehm war dabei zuzuhören, wie seine besten Freunde so gepeinigt wurden. „Es tut mir so Leid, Kao. So schrecklich Leid.“ Beschützend nahm Kaoru den Kleineren in die Arme. „Schon gut. Es ist doch vorbei.“ Nachdem sie sich noch eine Weile stillen Trost gespendet hatten, wurde plötzlich die Tür aufgerissen, was die beiden Musiker zusammenzucken ließ und Inspektor Hashimoto betrat hastig den Raum. Etwas gereizt sah er sich um. „Was ist los?“, fragte Kaoru, hatte bereits ein mulmiges Gefühl. Doch statt einer Antwort kam nur die Gegenfrage: „Wissen Sie wo Hara-san und Terachi-san gegenwärtig sind?“ Sänger und Gitarrist sahen sich mit gerunzelter Stirn an. Irgendetwas musste passiert sein. Etwas schlimmes. „Die sind“, fing Kaoru an zu erklären, „in dem Hotel, welches wir belegt hatten, nachdem Shinya… Sie wollen Shinyas Hund abholen und das Zimmer abmelden.“ „Wieso fragen Sie?“, hakte der Sänger misstrauisch nach. Man sah dem Beamten an, dass ihm eine dicke Laus über die Leber gelaufen war. „Nun…vielleicht ist es besser, wenn ich es Ihnen nicht sage. Aufregung dürfte Ihnen nicht gut bekommen.“ Und schon war er wieder verschwunden. Die Musiker sahen, wie sich 2 Polizeibeamte sich neben der Tür positionierten, ehe das Ding ins Schloss fiel. Das Ganze kam ihnen doch recht Spanisch vor. „Wieso lässt man uns hier eigentlich dumm sterben?“ „Sterben werden wir davon schon nicht, Kyo. Dennoch könnten sie uns wirklich sagen worum es geht, wenn wir schon so offensichtlich davon betroffen sind.“ „Sag ich doch. Die lassen uns doof sterben.“ Kaoru schmunzelte: „Knalltüte.“ „Ist doch wahr.“ Einige Kilometer weiter nahm Shinya seinen kleinen Hund auf den Arm. „Miyu. Meine kleine, süße Miyu.“ Toshiya, der daneben stand, rollte nur genervt mit den Augen. Er wusste ja, dass der Drummer seinen Hund gerne hatte, aber musste er es jetzt so übertreiben? War ja schon fast peinlich. „Schmus du noch mit deinem Hund, ich werde die Rechnung bezahlen gehen. Kannst ja nachkommen, wenn du fertig bist.“ „Sei doch nicht so gemein. Miyu wäre beinahe draufgegangen. Sie braucht mich jetzt.“ Vorsichtig drückte er das kleine Tier noch fester an sich, kraulte ihr das Fell. „Ich weiß doch“, entschuldigte sich der Schwarzhaarige und gab der kleinen Hündin ebenfalls ein paar Streicheleinheiten. „Und jetzt komm. Kaoru braucht auch noch ein paar Klamotten.“ Shinya bedankte sich höflich bei dem Veterinär und seinem Team und ging dann gemeinsam mit dem Bassisten zur Rezeption. „Wir hätten den beiden ihre Sachen vorhin auch schon mitbringen können.“ „Vorhin haben wir nur dummerweise nicht daran gedacht. Aber es ist ja kein Problem eben bei mir vorbeizufahren und das Zeug zu holen. Aber Miyu müssen wir dann da lassen. Schließlich darf sie ja nicht mit ins Krankenhaus.“ Das Bezahlen ging ganz schnell und schon saßen sie wieder im Auto, auf dem Weg zu Toshiyas Wohnung. Gemeinsam stiegen sie die Treppen hinauf – 2. Stockwerk war schließlich nicht weit-, nur um dann mit vor Schreck geweiteten Augen vor der Wohnungstür stehen zu bleiben, die sperrangelweit offen stand… ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Tja, was hat es wohl mit der offenen Tür auf sich? Vielleicht kann ja der ein oder andere verbliebene Leser eine Theorie äußern. Würde mich interessieren, was ihr so denkt. Und entschuldigt bitte, dass ihr so lange auf ein neues Kapitel warten musstet. Freue mich über jeden einzelnen, der noch mitliest. Das nächste Kapitel ist auch schon in Arbeit. Vielleicht schaffe ich es nächsten Monat hochzuladen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)