Somewhere in the Past... von dat_Yoh-Chan (...once there was~~) ================================================================================ Prolog: -------- Ein dunkler Gang. Er schien endlos zu sein und immer weiter unter die Erde zu führen. Immer und immer weiter. „Los beweg dich!“ Doch er wollte nicht weiter, sträubte sich immer wieder gegen die Befehle des großen stämmigen Mannes, der ihn weiter vorantreiben wollte. Fahles Kerzenlicht flackerte und er keuchte schmerzerfüllt, als er einen Schlag in die Rippen bekam, um wieder in die gewünschte Richtung gelenkt zu werden. Immer wieder hörte er Ketten hinter den verschlossenen Türen rasseln und es machte ihm Angst. Er konnte ihre Blicke spüren. Wie Vieh wurde er an ihnen vorbeigetrieben. Immer weiter hinein in die Hölle, bis er plötzlich in einen anderen Gang geschoben wurde. „HE! Hier ist ein Neuer für dich!“, schrie der stinkende Fleischberg neben ihm und er zuckte zusammen, als er das Gesicht verzog. Laut! Der andere erhob sich von seinem Stuhl und trat auf sie zu, das blonde Haar fiel ihm ins Gesicht und er begann zu grinsen, als er eine Hand unter sein Kinn legte, seinen Blick anhob. Er wollte den Blick abwenden, doch wie von einem Schraubstock wurde er gezwungen, den Größeren anzusehen. „Steck ihn in die 37!“, sagte er schließlich und als der Alte nickte, wandte er sich wieder von ihnen ab. Verwirrt zog der Kleine die Augenbrauen zusammen. 37? Was war das denn für eine beschissene Zahl? Doch er konnte nicht lang darüber nachdenken, wurde schon von dem nächsten Schlag in den Rücken weitergeschoben. Er stolperte, fiel beinahe, doch der Stinker hielt ihm am Kragen davon ab, den dreckigen kalten Boden zu knutschen. Stattdessen röchelte er, weil ihm so die Luft zum Atmen genommen wurde. Er bemerkte nicht einmal, wie eine der schweren Holztüren aufgeschoben wurde. „Ab rein mit dir!“, lachte der Mann und warf ihn in den kleinen Raum, in den nur aus dem Flur etwas Kerzenlicht schien. Diesmal strauchelte er, fiel, und trotz dem der Boden mit Stroh ausgelegt war, spürte er, wie er sich die Knie an dem Boden aufschlug. Er kniff die Augen zusammen und sah zurück, sah, wie die Tür ins Schloss fiel und verriegelt wurde. Sofort war er wieder auf den Beinen und rüttelte an den gusseisernen Stäben, die die Tür durchzogen. „Verdammt, lasst mich hier raus!“, schrie er, doch das Lachen seines Treibers hallte laut an den Wänden nieder, bevor der verschwand. Er seufzte tief, ließ sich an der Tür hinabsinken, als sein Blick durch sein neues „zu Hause“ fiel, dabei eine schlafende Person in der Ecke entdeckte. Schlanke Figur, langes Haar, zierlich und gut gebaut. Toll! Sie hatten ihn auch noch mit einer Frau zusammengesperrt! Was hatte er sich da nur wieder eingebrockt! Kapitel 1: ----------- Seit Stunden hatte er sich zusammengekauert und starrte mit leerem Blick in den Raum. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie kalt dieser Winter war und gerade jetzt mussten sie ihn erwischen und hier einsperren. „Verdammt!“, hauchte er soweit es seine zitternden Lippen erlaubten und zog die Beine näher an seinen Körper, spürte seine Zehen schon nicht mehr, als er den Dampf seines eigenen Atems aufsteigen sah. Der Tag war schon angebrochen, doch wahrscheinlich würde es hier unten nie warm werden, umgeben von dem dicken Backsteingemäuer und der einzige Weg zur Außenwelt war ein kleines Loch am oberen Ende einer Wand. Wenn er sich aufstellte konnte er hinaus in die Straßen sehen. Vermutlich hätte er den Schnee funkeln gesehen und die ersten Menschen wären bereits vorbeigelaufen, um ihren Geschäften nachzugehen, doch er war nicht in der Lage, sich zu erheben. Das wenige Licht, das von draußen hineinfiel, tauchte den Raum in diffuses Licht und er konnte beobachten, dass einzelne Staubkörner in dem feinen Lichtstrahl tanzten. Doch es interessierte ihn nicht. Er wollte schlafen, schon die ganze Zeit, doch er schaffte er einfach nicht. Er war müde, doch wahrscheinlich war es einfach zu kalt und das wenige Stroh, dass ihm von dem kalten Boden trennte vermochte nicht, ihm wenigstens etwas Wärme zu schenken. Zum wiederholtem Mal in dieser Zeit schloss er langsam die Augen, schloss mit einem Zittern die Arme noch etwas fester um seinen Körper und bemerkte dann plötzlich, wie eine löchrige, doch trotzdem wärmende Wolldecke über ihn gelegt wurde. Vorsichtig blinzelte er, während er seine kalten Finger in den Stoff krallte, versuchte, etwas zu erkennen und kniff die Augen etwas zusammen, bis sein Blick klarer wurde. Er sah ein Gesicht, erkannte 2 warme braune Tiefen, die ihn ansahen und das junge Gesicht etwas älter wirken ließen, während langes schwarzes Haar sanft über die Schultern fiel. Wer war das? War es ein Engel, der hier war um ihn zu holen, weil er schon erfroren war? Oder würde er genau das erst im nächsten Moment tun? Doch dunkel erinnerte ihn sein Gedächtnis daran, dass er nicht allein in dieser Zelle gewesen war. War das etwa die Person gewesen, die sich die ganze Zeit an der anderen Wand im Stroh zusammengekauert hatte? Im Licht sah sie so anders aus. „Wer bist du?“, fragte er deshalb mit leiser Stimme und ein trauriges Lächeln legte sich auf die fein geschwungenen fremden Lippen. „Ist das etwa von Bedeutung?“ Vorsichtig setzte er sich etwas auf, stützte sich mit einer Hand auf dem Boden ab, war jedoch darauf bedacht, dass die Decke nicht von seinem Körper rutschte. Diese Stimme ließ ihn an etwas zweifeln, doch er wusste nicht, woran. „Was bist du?“, fragte er fast von allein weiter und bemerkte seine Frage erst, als er sie bereits ausgesprochen hatte. Die braunen Augen wandten sich von ihm ab und es schien ihm, als wäre der zierlich Raum, in dem sie waren, wäre in diesem Moment noch etwas dunkler geworden. „Einerseits ein Mensch, andererseits doch wieder keiner.“ Er runzelte die Stirn, verstand nicht, was man ihm damit sagen wollte. „Was soll das heißen?“ Er bemerkte nur kurz einen scheuen Blick auf sich, ehe schlanke Finger die Fäden des schäbigen Baumwollhemdes lösten. Er wurde rot, wollte sich abwenden und doch hielt ihn etwas davon ab, dabei war es doch eine Frau, die vor ihm saß und sich entblößte! Aber als sein Blick auf die glatte helle Haut traf, war dort nichts, was ihn an eine Frau erinnerte. Dafür zog etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich. Eine kleine aber deutliche Tattowierung nahe der rechten Brustwarze markierte den –offensichtlich- Mann vor ihm als einen Sklaven. Er konnte nicht anders, hob die Hand und strich über das Zeichen. Er kannte es. Es war das Familiensymbol einer weit bekannten Familie. Abgesehen und reich. Doch seine kalten Finger ließen den Fremden zusammenzucken und sofort zog er sie zurück, suchte nach dem Blick des Schwarzhaarigen, der selbst bereits zitterte. „Wie heißt du?“ Der Andere sah zu Boden, während er seine Brust wieder mit dem wärmenden Stoff bedeckte, seine Finger tief in ihm vergrub und es schien zunächst, als wolle er nicht antworten. Doch als er selbst die Lippen wieder öffnete, seine Frage wiederholen wollte, drang ein leises Murmeln zu ihm. „Aoi.“ ~oOo~ Er war gerade in einen leichten Schlaf gefallen und seine Glieder entspannten sich zusehends, als ein lauter durchdringender Schrei ihn wieder hochfahren ließ. Verwirrt sah er sich um. Was war passiert? Wo kamen diese Geräusche her? Zum Teil klärte sich seine Frage, als Aoi zur Tür rannte und versuchte, durch die schmalen Zwischenräume der Latten der Tür einen Blick auf den Gang zu werfen, sich dabei an das morsche holz lehnte und in seinen Augen etwas wie Verzweiflung glänzte, obwohl seine Haltung ihn irgendwie panisch wirken ließ. Er biss sich auf die Unterlippe und wollte anscheinend etwas sagen, doch er verkniff es sich. Hatte er es in seiner Zeit als Sklave gelernt, auch dann keinen Ton von sich zu geben, wenn ihm etwas auf seiner Seele brannte? „Aoi, was...?“ fing der kleine Neuzugang an, doch er wurde ignoriert und stattdessen von einer lauten Stimme außerhalb ihrer Zelle unterbrochen, die ihn zusammenfahren ließ. Er wusste, dass er diese Stimme kannte –sie gehörte zu dem Mann, der ihn in diese Zelle verwiesen hatte. „Was soll das?! Nimm deine fettigen Dreckspfoten von dem Jungen!! Wie oft habe ich dir gesagt, dass du hier nichts verloren hast? Das hier ist mein Trakt und wenn ich noch einmal sehe, wie du hier herumschleichst und dich an MEINEN Gefangenen vergreifst, dann sorge ich dafür, dass ich dir persönlich die Finger abhacken kann! Und zwar jeden einzeln!“ Und schon während die Worte immer lauter wurden, hörte er hastige, stolpernde Schritte auf dem Gang, als jemand bei ihnen vorbeieilte. Die Hilferufe waren verstummt und stattdessen konnte er nun ein leises Wimmern vernehmen. Er schluckte hart, wollte Aoi erneut fragen, ob er wusste, was vorgefallen war, als sich ihnen von draußen erneut Schritte näherten und immer lauter von dem Backsteingemäuer widerhallte. Wie gebannt starrte er auf die Tür und seine Finger verkrampften sich angespannt um wenige Strohhalme, als er im Dunkel vor ihrer Tür helle Kleidung zwischen den Brettern hindurchschimmern sah. Er hoffte, dass der, wer auch immer es war, vorbeigehen würde, doch stattdessen glitt ein Schlüssel ins Schloss und ein leises Klicken verriet, dass es geöffnet wurde. Er hatte diesen Moment nicht mehr auf Aoi geachtet, konnte es sich nicht erklären, doch er hatte Angst. Und nun musste er erschrocken feststellen, wie sein Mitgefangener die Tür aufriss, dem Wärter direkt in die Arme lief. Er kniff die Augen zusammen, wartete auf den lauten Knall, der darauf unweigerlich folgen musste, doch er blieb aus und stattdessen hörte er leises Schluchzen und eine vorsichtige und doch verzweifelte Stimme – Aoi. „Reita-san, du musst etwas machen, bitte! Was ist, wenn du ihm irgendwann einmal nicht aufhalten kannst?“ er wagte es, langsam und vorsichtig die Augen zu öffnen. Der Schwarzhaarige hielt jemanden im Arm, der sich schluchzend fest an ihn klammerte und er sprach mit... Er erstarrte und seine Augen weiteten sich ungläubig. Er sprach mit dem Wärter! Der seufzte resignierend und schüttelte den Kopf, ohne den Blick von seinen beiden Insassen abzuwenden. „Du weißt, dass ich nichts tun kann. Ich lass ihn dir heute noch hier, damit er sich beruhigen kann. Aber du weißt genauso gut wie ich, dass i8ch euch nicht zusammenlasen darf.“, erklärte er und Aoi nickte leicht. „Das weiß ich auch, aber das ist doch alles nur Schikane! Wenn uns irgendwann doch jemand kaufen will, dann werden sie uns auseinanderreißen. Das ist alles was er will!“, antwortete er verzweifelt und der Blonde ihm gegenüber ballte die Hände zu Fäusten, sodass seine Fingerknöchel weiß erschienen. „Aber auch wenn er euch in dieses Gefängnis abgeschoben hat, ihr gehört immer noch ihm und deswegen müssen wir mit euch machen, was er verlangt. Ihr gehört nicht der Stadt, nicht dem Bürgermeister und auch nicht dem Gefängnis. Ich kann euch auch nicht hier rausholen, weil ich den Preis zum einen nicht bezahlen kann und zum Anderen hat er es allen in dieser Einrichtung verboten.“, kam es zurück und es schien, als hätte der junge Mann große Mühe, nicht auszurasten. Lag ihm etwa so viel an dem Wohl seiner Gefangenen? Oder nur an den Beiden? Als sein Neuzugang sich zu Wort meldete sah er ernst zu ihm und hob spöttisch eine Augenbraue. „Ich kann sie doch kaufen, wenn ich hier wieder raus bin.“, sagte der Kleine und nach der anfänglichen Skepsis des Wärters –Reita, wenn er sich richtig erinnerte – fing dieser an, laut zu lachen. „Ehe du hier rauskommt, wird einige Zeit vergehen. Und womit willst du Gnom sie dann bezahlen? Mit dem Geld, dass du gestohlen hast?“, fragte er fast belustigt, doch sein Gesprächspartner stand auf und verschränkte die Arme vor der Brust, während die beiden Schwarzhaarigen zweifelnd zwischen den anderen hin und hersahen. „Ich habe kein Geld gestohlen!“, verteidigte er sich trotzig und bemerkte die verwirrten Blicke, die nun auf ihm ruhten, nicht. Genauso wie die blonden Strähnen, die ihm vor die Augen fielen. Auf den Lippen Reitas bildete sich ein höhnisches Grinsen. „Ach neun? Dann willst du also behaupten, dass meine Kollegen Lügner sind?“ Ein Nicken andererseits bestätigte diese Aussage. “Ja das will ich. Es war kein Geld, sondern etwas zu Essen für meine Familie!“ „Oh, für dein Familie, wie heroisch von dir. Und jetzt hat deine kleine Familie ja sehr viel davon! Wenigstens ein freches Maul weniger zu stopfen!“, kam die herausfordernde Antwort und der Blick des Neulings verfinsterte sich. „Wie lustig. Wenigstens bin ich nicht so ein kleines verwöhntest arrogantes Arschloch, das seine Nase in den Wolken trägt und alles in den Arsch geschoben bekommt!“, knurrte er und in dem Moment, in dem das Grinsen von den Lippen des Wärters wich, zog Aoi angespannt scharf die Luft ein, die im diesem Augenblick zu brodeln schien und selbst die Kälte vergessen ließ. Langsam ging der Aufseher zu dem Kleinen herüber. „Pass auf was du sagst. Ob du hier je wieder lebend rauskommst liegt ganz in meinen Händen. Und man soll nicht die Hand beißen, die einen füttert!“, zischte er, doch der Andere ließ sich nicht beeindrucken. „Und deswegen soll ich mich von dir Flachzange rumschubsen lassen?“, fragte er und sah, wie sich die Augen seines Gegenübers gefährlich verengten. Das letzte, woran er sich erinnerte, war der erschrockene Aufschrei Aois und die Faust, die schmerzhaft auf sein Gesicht traf. ~oOo~ „Ruki?! Ru~ki!“ Woher wussten sie seinen Namen? Wo war er überhaupt? Vorsichtig tastete er sein Gesicht ab und zuckte zusammen, als seine Finger seine schmerzende Wange berührten. Er knurrte leise und setzte sich blinzelnd auf. „Ruki? Bist du das?“, hörte er wieder diese Stimme und erst jetzt fiel ihm ein, woher er sie kannte. Sofort sprang er auf und hastete zu dem kleinen Loch, das aus ihrer Zelle auf die Straße führte und durch welches ab und an Schnee hereinrieselte. „Ich bin hier!“, rief er und streckte sich, um möglichst viel mit seinem Blick erhaschen zu können, doch schon war der Andere bei ihm. „Woher weißt du, dass ich hier bin?!“, fragte er schnell, bevor der loslegen konnte. „Also, ich dachte, du wärst bei Kai und als du heute Nacht nicht zu Hause warst, bin ich zu ihm gegangen und habe gefragt. Aber er meinte, du wärst schon lange weg und hättest noch irgendwas gesagt, von wegen »was zu erledigen« oder so. Und da war mir klar, dass du nur wieder was angestellt haben kannst und die dich dieses Mal erwischt haben. Und als ich die oben am Eingang gefragt hab nach sonem kleinen Blonden, wollten die mich nicht reinlassen , meinten aber, dass du wohl irgendwo hier unten wärst. Ich meine, nicht dass die genau gewusste hatten, wen ich gemeint habe, aber so viele helle Köpfe gibt’s hier ja nicht.“, kam die lange Antwort und er war kurz davor die Augen zu verdrehen. Doch noch etwas interessierte ihn. „Weiß Mama, dass ich hier bin?“, fragte er und sah den Anderen hoffnungsvoll an. Sie würde es sicher nicht verkraften, wenn sie wüsste, dass einer ihrer Söhne im Gefängnis war. Doch das Kopfschütteln beruhigte ihn etwas. „Nichts dass ich wüsste. Sie glaubt immer noch, du bist bei Kai.“ Er nickte erleichtert. „Dann sag du ihr bitte auch nichts. Und weih Kai auch mit ein. Bitte, ja?“, fragte er bittend, wohl wissend, dass sein kleiner Bruder ihm helfen würde, so gut es ging, und er sich auf ihn verlassen konnte. Und wieder nickte der. „Geht klar. Hier, ich habe dir auch noch ne Decke mitgebracht. Es ist kalt dieses Jahr.“, fügte er hinzu und schon stopfte er besagten Gegenstand herein, verdunkelte so für einen Moment den Raum und wieder rieselte etwas Schnee herein, doch das war Beiden egal. Schnell zog der Gefangene den Gegenstand zu sich, ließ ihn auf das Stroh fallen, ehe er sich wieder seinem Bruder zuwandte. „Danke Miku.“, sagte er und lächelte dankbar. „Kein Problem. Aber sag mal, wer ist das?“, kam von dem Jüngeren und erst jetzt bemerkte der Blonde dessen Blick auf den beiden Schwarzhaarigen, dich sich zusammen in eine Ecke gekauert hatten, etwas Stroh über sich verteilt, weil sie ihm die Decke überlassen hatte, und anscheinend versuchte, etwas zu schlafen. Auch er selbst sah nun zu ihnen herüber. „Das sind Aoi und...äh...keine Ahnung.“, sagte er und blinzelte, als er den Blick wieder zu seinem Bruder wandte, der noch immer fasziniert zu den beiden sah. Es ließ ihn lächeln. „Hübsch.“, hauchte der Kleine und sein älterer Bruder streckte seine Hand aus, um ihn leicht in die Seite zu knuffen. “Stimmt schon, aber anstatt zu sabbern, sodass dir Eiszapfen am Mund hängen, solltest du lieber nach Hause gehen, bevor Mama noch Verdacht schöpft.“, sagte er und abwesend nickte der Jüngere. Offensichtlich hatte sein Bruder nicht bemerkt, dass einer der beiden wach war und mit einem undurchdringlichen Blick zu ihnen herübersah. „Passt auf euch auf, ich komme später vielleicht noch mal vorbei.“, flüsterte er noch, ehe er sich mi8t einem Blick in die braunen Tiefen erhob und sich dann doch –wenn auch etwas widerstrebend- auf den Weg nach Haus machte. ~oOo~ „Aoi?“ „Hm?“ „Darf ich dich etwas fragen?“ aufmerksam sah der Schwarzhaarige ihn an, während er noch immer den schlafenden Fremden in seinen Armen hielt. Vorsichtig nickte er. „Wieso bist du hier?“ Aoi seufzte tief. „Weil ich weglaufen wollte. Mein Herr hatte uns oft genug zu verstehen gegeben, dass er uns eigentlich loswerden wollte. Er hat jede Gelegenheit genutzt, um uns zu bestrafen. Ob er uns nun kein Essen gegeben hat oder uns geschlagen oder sogar noch schlimmeres. Und deshalb wollten wir irgendwann mitten in der Nacht weglaufen. Deswegen hat er uns hier einsperren lassen, bis er jemanden findet, an den er uns verkaufen kann.“, erklärte er ruhig, doch seine Augen glänzten traurig und der Schmerz schwang deutlich in seiner Stimme mit. „Wen meinst du mit wir?“ „Mich und ihn.“, war die leise Antwort und er deutete mit einem Nicken auf den Dritten. Auch Ruki sah nun auf ihn hinab. „Wer ist er?“, fragte er ruhig und doch hörte man die Neugierde hinaus. Aoi lächelte leicht. „Er ist mein Bruder.“ „Und wie...?“ „Kanon. Sein Name ist Kanon.“, unterbrach er den Blonden, wusste er doch genau, was der wissen wollte. Der Kleine lächelte leicht. „Bin ich so leicht zu durchschauen?“, fragte er und der Schwarzhaarige nickte leicht, als sich ein verschmitztes Lächeln auf seine Lippen schlich. „Bist du. Aber meinst du nicht, dass du dich auch einmal vorstellen solltest?“, fragte er und der Blonde blinzelte zunächst verwirrt, kratzte sich dann verlegen leicht am Hinterkopf. „Habe ich das noch gar nicht getan?“, fragte er, obwohl er genau wusste, dass er dies bisher umgangen war. Er redete nicht gern über sich. Doch als Aoi nickte, konnte er ihn wohl oder übel doch nicht noch weiter hinhalten. „Ruki.“, antwortete er nur knapp und im selben Moment fiel ihm noch etwas ein, was er wissen wollte. „Was habt ihr eigentlich mit diesem Aufseher –Reita oder wie du ihn genannt hast – zu schaffen?“, fragte er missmutig. Er konnte nicht verstehen, wie die beiden offensichtlich so gut mit diesem Kerl auskamen. Doch Aoi zuckte nur mit den Schultern. „Er ist manchmal etwas eigenartig, aber eigentlich ist er ganz nett.“ „Das Gefühl hatte ich nicht.“, murrte der Blonde nur und zog die Augenbrauen zusammen, als der Schwarzhaarige ihm einen undurchsichtigen Blick zuwarf. „Du hast ihn gereizt.“ „Weil ich mir eben nicht alles gefallen lasse.“, verteidigte sich der Kleinere, doch Aoi fuhr fort. „Uns hat er geholfen. Von Anfang an. Nicht alle Gefangenen bekommen Decken, auch nicht im Winter. Einige erfrieren sogar. Er lässt uns auch ab und an aus unseren Zellen, damit wir auf die Toilette gehen können und uns wenigstens waschen und rasieren. Und er hält andere von uns fern und das nicht nur wegen den Läusen. Ich denke, er würde uns auch ganz hier rausholen, aber das kann er nicht.“, setzte er sich für den großen Blonden ein und Ruki hob verständnislos eine Augenbraue. „Ich hab das Gefühl der Kerl steht auf dich.“, murrte er, doch Aoi wehrte sofort ab. „Unsinn, er kennt uns nur von früher.“, erklärte er und verwirrte den kleinen Blonden so noch mehr. „Wie von früher?“, fragte er verblüfft und kuschelte sich mit neugierigem Blick weiter in seine Decke. Sie roch nach zu Haus. Aoi hingegen schloss für einen Moment die Augen. „Von früher eben. Wir sind zusammen aufgewachsen, bis mein Vater starb und wir fortziehen mussten, weil wir die Ländereien nicht mehr bezahlen konnten. Und irgendwann reichte das Geld auch nicht mehr für die Pacht des neuen Landes, wir konnten auch die Saat nicht bezahlen und das Vorjahr war so schlecht, dass die Ernte ohnehin sehr mager ausgefallen war. Und ehe wir uns versahen saßen wir auf der Straße, bis irgendein Fremder uns aufgelesen hat. Wir hatten gar keine Wahl und schon wurden wir an Händen und Füßen gefesselt als Sklaven auf dem Markt verkauft.“, erklärte er knapp, wandte jedoch den Blick ab. Trotzdem hatte Ruki gesehen, wie eine Träne auf seiner Wange glänzte. Dennoch konnte er nicht anders, sah verblüfft in dieses traurige Gesicht. Dann war er also gar nicht immer ein Sklave gewesen? Wieso musste das Schicksal nur manchmal so grausam sein? Er biss sich leicht auf die Unterlippe und bemerkte nicht einmal, dass sich die Tür an diesem Tag erneut öffnete. Reita trat so leise ein, dass er ihn erst realisierte, als er in sein Blickfeld trat, bevor er sich zu Aoi hockte und ihm 2 Teller entgegenschob. „Hier. Es ist nicht viel, aber die Suppe ist noch warm.“, sagte er leise und ein vorsichtiges Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Danke.“, hauchte Aoi und machte sich dann daran, seinen Bruder zu wecken, der nach einem kurzen Augenblick etwas blinzelte und sich die Augen rieb. Als er den jungen Wärter erblickte lächelte auch er, dann sah er hinab auf die Teller, bevor sein Blick zu Ruki hinüberwanderte. Der hatte erst jetzt bemerkt, wie hungrig er war. Als ihm der würzige Geruch entgegenkam schluckte er schwer, als sich sein Magen krampfhaft zusammenzog. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal gegessen hatte. „Was ist mit ihm.“, fragte Kanon und Reita folgte seinem Blick, musterte den Blonden eingehend von oben bis unten, ehe er etwas aus einer Tasche zog. Als er es hinüberwarf erkannte Ruki, dass es sich um ein Stück Brot handelte, so groß, wie er es von zu Haus nicht gewohnt war. „Sei froh, dass du überhaupt etwas bekommst!“, hörte er Reita knurren und sah ihn ungläubig an. Und wie froh er war! Aber zeigen würde er ihm das sicher nicht. Deswegen schnaubte er nur und verdrehte die Augen. „Ich muss pissen!“, gab er murrend von sich und beachtete das verwirrte Blinzeln der Brüder nicht weiter. Reita gab einen undefinierbaren Kehllaut von sich, bevor er aufstand. „Dann komm mit! Ich will nicht, dass du die Zelle hier noch mehr verkeimst, als du es mit deiner bloßen Anwesenheit schon tust!“, sagte er und verließ die Zelle. Der kleine war zunächst verwirrt –damit hatte er nicht gerechnet- doch dann legte er seine Decke beiseite und stand auf, um dem Größeren zu folgen. Mit einem gemurmelten „guten Appetit.“ verließ er den kleinen Raum und ging dem Anderen durch die Gänge hinterher. Er sah sich genau um. Es war nicht der Weg, den er hier hinein gebracht wurde und doch war er ebenso finster und uneinladend. Und plötzlich blieb Reita vor einer Tür stehen und stieß diese unsanft auf. „Aber beeil dich, klar!“, zischte er und warf einen wachsamen Blick den Gang hinunter. Also betrat Ruki schnell den Raum und zuckte zusammen, als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Aufmerksam sah er sich um. Fliehen konnte er von hier nicht. Andernfalls hätte Reita ihn wohl kaum allein gelassen. Obwohl der Raum klein war, wirkte er mit der Holzwanne, der Toilette und dem kleinen Wasserbecken nicht vollgestopft. Eher im Gegenteil. Vor allem war es hier sauber und obwohl auch hier ein einfaches Loch als Fenster diente, war es hier nicht annähernd so kalt, wie in ihrer Zelle. Ein Umstand, der ihn sicher machte, dass irgendwo hinter den Backsteinwänden ein wärmendes Feuer brodelte. Doch von einem Augenblick zum nächsten wurden seine Gedankengänge unterbrochen, als jemand von draußen gegen die Tür hämmerte. „Was machst du Winzling da drin? Holst du dir einen runter oder was? Wenn du nicht in den nächsten Minuten wieder draußen bist, dann komme ich rein und dann gnade dir Gott, denn ein Knoten im Schwanz wäre das Mindeste mit dem du dann zu tun haben wirst!“ Das ließ er sich nicht zweimal sagen – ein blaues Auge genügte ihm voll und ganz – und wenig später folgte er dem großen Blonden schon wieder zurück in seine Zelle. Jetzt, wo er so darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass ihn sein Bruder gar nicht auf besagtes Auge angesprochen hatte. Vielleicht hatte er Glück gehabt und man sah einfach nichts und wenn ihm das Glück auch weiter hold blieb, würde das auch so bleiben. Immerhin konnte er Aoi fragen, ob sich der unschöne Farbwechsel vollzog. Aber wie lang war er eigentlich weggetreten gewesen? In diesen Gemäuern verlor er einfach jegliches Zeitgefühl. Das einzige, dessen er sich sicher war, war, dass es unglaublich kalt war und er noch immer Hunger hatte. Und so freute er sich auf sein Brot und hoffte, dass er nicht allzu lang bleiben musste, denn auch sein Bruder konnte niemanden ewig überzeugen, dass er nur bei einem Freund war. Schon gar nicht seine Mutter. Bisher war sie es gewohnt, dass hier und da einmal etwas passierte und sie hatte bereits beinahe alles durchschaut, was ihre Söhne verbrochen hatten. Nur bisher war es noch nie zu solchen Folgen gekommen. Und würde erst sein Vater wissen, was vorgefallen war...Wahrscheinlich würde er ihn über den gesamten Hof, wenn nicht sogar durch die ganze Stadt jagen. »Ich habe dich ja gewarnt!« würde er brüllen und seinen Gürtel in der Luft knallen lassen, als kleinen Vorgeschmack darauf, was ihn erwartete, wenn er ihn in die Finger bekam. Und seiner Mutter würde er Vorwürfe machen, wie sich denn ihre nutzlosen Kinder erzogen hatte! Aber ehe es dazu kommen würde, müsste er sich schon etwas mehr für seinen Nachwuchs interessieren, als für die Kühe, Pferde und die Lagerung ihrer Ernte. Ein lauter Knall ließ ihn zusammenzucken und als er sich umdrehte, bemerkte er, dass die trotz allem schwere Holztür ins Schloss gefallen war. Er seufzte tief und setzte sich wieder in seine Ecke, wo er sich sofort fröstelnd seine Decke über die Schultern zog. Aufmerksam sah er sich um, suchte nach dem Brot, das für ihn bestimmt war, doch als er es fand und danach griff, ließ ihn ein leises Räuspern aufsehen. Kanon sah ihn an und als er den Blick des Blonden bemerkte, lächelte er lieb. „Hier.“, sagte er leise und schob seinen Teller, auf dem noch immer etwas von der warmen Mahlzeit erkennbar war, weiter zu ihm herüber und auch Aoi lächelte auffordernd. Also gab er seinem knurrenden Magen mit dem Bedürfnis nach etwas Warmem nach und zog die Schale ganz zu sich. Gierig trank er die wenigen Schlucke, stellte fest, dass die Suppe noch immer nicht kalt war und lächelte den beiden Anderen dankbar zu. „Danke.“, flüsterte, als er zur Gegenleistung sein Brot teilte und den Schwarzhaarigen jeweils ein etwa gleich großes Stück reichte, welches sie mit einem leichten Nicken entgegennahmen. Selbst überlegte er einen Moment. Noch war sein Magen wenigstens zum Teil gefüllt, aber in einigen Stunden würde er sicherlich wieder hungrig sein. Unsicher sah er sich um. Er wusste nicht, wo er inzwischen das wertvolle Nahrungsmittel verstauen sollte, doch es ließ sich einfach nichts finden. Er seufzte leise, als ihm plötzlich sein Taschentuch wieder in den Sinn kam. Es hatte eine kleine Stickerei und er hatte es einmal von seiner Mutter bekommen und trug es seitdem immer bei sich, benutzte es nie. Er hatte immer gewusst, dass es einmal wichtig sein würde und nun zog er es triumphierend aus seiner Tasche und wickelte das Brot ein. Erst als er wieder aufsah, wurde er sich der fragenden Blicke bewusst. „Was ist?“, frage er deshalb und legte den Kopf schieb, während sich Aoi etwas vom Gebäck abbrach und in seinen Mund schob. Kanon antwortete an seiner Stelle. „Wieso isst du nicht gleich? Du weißt nie, ob es nachher die Ratten schon angenagt haben oder ob es dann so hart ist, dass du dir die Zähne daran ausbeißt.“, erklärte er und Ruki blinzelte kurz. Daran hatte er nicht gedacht. Gerade jetzt würden sich diese Viecher dahin verkriechen, wo es warm war und es Nahrung gab und es war nicht sicher, dass nicht sogar das Brot bei diesen Temperaturen gefrieren würde. Doch er zuckte nur die Schultern. „Ich denke, hier ist es selbst für Ratten zu kalt und ich hatte nicht vor, es allzu lang aufzubewahren. Wenn ich nachher etwas zu Essen will, dann habe ich was und muss nicht warten, bis ich das nächste Mal etwas bekomme.“, erwiderte er und Kanon nickte verständnisvoll. „Erscheint logisch.“, sagte er leise und kuschelte sich noch etwas weiter an seinen Bruder, um sich an ihm und unter der Decke mehr wärmen zu können. Auch die Suppe hatte sie nur etwas und für einen kurzen Augenblick der Kälte entziehen können und nun kam sie zurück mit all ihrer Heftigkeit. Einen Moment überlegte er, ob es nicht sinnvoll war, nicht auch zu den beiden zu gehen, doch er entschied sich dagegen. Er konnte nicht einmal genau sagen, weshalb dem so war. Doch nun lehnte er sich zurück und schloss die Augen, zog die Wolldecke enger um seine Schultern und die Beine weiter an seinen Körper, während er die Augen schloss. Vielleicht würde er den Frost vergessen können, wenn er etwas schlief. Was sollte er hier auch anderes tun, als nur zu schlafen und zu hoffen, dass seine Zeit hier drinnen bald vorbei war. Und die Zeit verging schneller, wenn man nicht die Minuten zählen konnte. Ein erneutes Zittern ging durch seinen Körper, doch die Kälte der Mauer in seinem Rücken drang nur wenig durch den dicken Stoff. Und noch immer roch dieser nach seinem zu Haus, nach seiner Familie. Vielleicht konnte er sie schon bald wiedersehen. Und während er sich immer weiter in seine Gedanken zurückzog, merkte er, wie ihm das Vertraute in so fremder Umgebung half, zur Ruhe zu kommen. ~~~~ soweit erstmal...tut mir leid, dass eigfentlich nichts passiert, aber ich stecke (mal wieder) in nem KreaTief... mein Beta-chan hat leider keine zeit und deswegen überseht die fehler bitte... ich gelobe besserung... yo Kapitel 2: ----------- Tage vergingen und nichts veränderte sich. Er hoffte jeden Tag, dass man ihn endlich gehen lassen würde, doch nichts geschah. Aber wenigstens verstand er sich gut mit Aoi und auch mit Reita kam er notgedrungen klar. Dadurch, dass er sich eine Zelle mit dem Schwarzhaarigen teilte, konnte er von ein paar wenigen Vorzügen Gebrauch machen. Er konnte auf die Toilette, wenn er musste und er stank nicht. Kanon war noch am selben Tag wieder in seine Zelle gebracht worden und seitdem gab es bei ihm keine weiteren Vorkommnisse und somit hatte er ihn auch nicht wieder gesehen. Außerdem bekam er regelmäßig etwas zu Essen und zu Trinken. Und da es mehr war, als er selber brauchte, hatte er angefangen, immer etwas für seine Familie aufzuheben, was er in ein kleines Tuch wickelte und dann seinem Bruder mitgab. Miku kam beinahe jeden Tag zu ihm und redete etwas mit ihm, lenkte ihn ab. Doch trotz allem ging es ihm immer schlechter. Nicht nur, weil außer Miku noch andere kamen, sie dann begafften und mindestens bissige Kommentare an sie richteten. Schon nach kurzer Zeit fror er mehr, als noch vorher und zitterte heftig und auch wenn er versuchte, es zu verbergen, war er sich sicher, dass auch Aoi bereits bemerkt hatte, dass ihm alles weh tat und ihm mehr und mehr der Appetit verging. Heute hatte er noch nichts gegessen und er kauerte sich weiter unter seine Decke, schniefte leise, bevor er blinzelte. Aoi legte seine Arme fester um den schmalen Körper und zog ihn noch fester an sich, wollte ihm wahrscheinlich Wärme schenken, doch stattdessen hustete er. Er war sich sicher, dass er Fieber hatte und er erinnerte sich, dass es eine Ewigkeit her sein musste, dass er krank gewesen war. Umso schrecklicher kam es ihm nun vor. Er hatte sich schon öfter gefragt, ob man ihn hier unten sterben und verrotten lassen würde. Er hatte schon einmal gehört, dass von manchen Gefangenen die Leichen schon von Ratten angefressen waren und anfingen zu stinken, weil man so lange nicht bemerkt hatte, dass in den Zellen niemand mehr lebte. Andererseits bezweifelte er, dass man ihn so lang bei Aoi lassen würde, wo Reita doch so sehr um dessen Wohl besorgt war! Wahrscheinlich würde man ihn eher zu irgendeinem Perversen verlegen, damit er dann da sein letztes Leben aushauchen konnte! Tief in Gedanken knurrte er leise und kuschelte sich weiter an den warmen Körper in seinem Rücken, wollte sich nicht eingestehen, dass es genau das war, wovor er Angst hatte. Doch Aoi seufzte nur leise, kannte er das doch schon von den letzten Tagen. Auch wenn er es nicht sagte, doch er hatte Ruki beobachtet, wie er immer blasser wurde, seine Augen immer fiebriger glänzten und er eigentlich nur noch zitterte. Das Feilchen wurde jetzt immer deutlicher und sah beinahe krankhaft aus. Und doch hatte der kleine Blonde sein Essen sonst wenigstens angerührt. „Wie geht es dir?“, fragte er deshalb leise und konnte nur etwas sehen, wie der Andere die Augen schloss. „Ging mir nie besser!“, knurrte der sarkastisch und der Schwarzhaarige strich ihm statt einer Antwort vorsichtig über die Stirn des Blonden. „Dein Fieber ist schlimmer geworden.“, stellte er leise fest und sah besorgt auf den kleinen Körper hinunter, doch Ruki zuckte nur mit den Schultern. „Was soll ich machen?“, flüsterte er und seufzte resignierend. „Ich habe es Reita gesagt.“, flüsterte der Größere jedoch leise, beinahe schuldbewusst und sofort fuhr der Blonde in seinen Armen hoch und sah ihn vorwurfsvoll an. „Du hast was gemacht?“, fragte er entsetzt. „Gerade dem geht das doch eh am Arsch vorbei. Der setzt mich einfach wo anders hin und lässt mich dann einfach verrotten! Dem ist es doch egal, was mit den Leuten hier drin passiert!“, fauchte er und verdrehte die Augen, als Aoi etwas erwidern wollte. „Außer dir und deinem Bruder natürlich!“, fügte er hinzu, doch der Schwarzhaarige ließ sich nicht einschüchtern. „Er wird dich nicht ‚verrotten’ lassen. So ist er nicht.“ Ruki schnaubte nur und ließ sich wieder gegen den schlanken Körper sinken und schloss die Augen. Es hatte echt keinen Sinn mit ihm zu diskutieren, das hatte er bereits bemerkt. Der Schwarzhaarige WOLLTE es gar nicht einsehen! Statt dessen schüttelte er sich leicht. „Mir ist schlecht.“, stellte er nach einer Zeit fest und bemerkte den besorgten Blick Aois. „Du hast doch gar nichts gegessen.“, sagte er leise und strich leicht über die glühend heiße blasse Wange des Kleineren. „Hm...Aoi?“, flüsterte der leise. „Hm?“ „Ich will noch nicht sterben! Ich bin doch erst 17.“, flüsterte er und schluckte schwer, als Aoi ihn fester an sich drückte und feststellte, dass das kleine blonde zitternde Etwas in seinen Armen noch jünger war als er selbst. „Du wirst nicht sterben.“, versuchte er, den Anderen aufzumuntern, doch der sagte nichts weiter, atmete nur ruhig weiter, während seiner Lunge ab und an ein Husten entrang. Nicht einmal das Klicken des Schlosses ließ ihn aufsehen. „Also ich weiß noch immer nicht, warum ich herkommen sollte. Das hier ist ein Gefängnis! Das ist mir auch in meiner ganzen Laufbahn noch nicht passiert.“, vernahm der Schwarzhaarige eine aufgebrachte Stimme vom Gang her, ehe sich ein Mann mit Mantel und Ledertasche in seinen Raum schob und den folgenden Reita mahnend ansah. „Ich denke sie helfen den Leuten. Und er ist krank, also machen sie ihre Arbeit. Sie werden nicht fürs rumstehen bezahlt!“, knurrte der und deutete mit einer Handbewegung zu den beiden Gefangenen. Auch Ruki hatte nun die Augen geöffnet und sah zu dem Fremden herüber, maß ihn von oben bis unten. Er kannte diesen Mann. Er war er Arzt in diesem kleinen Dorf und war hoch angesehen. Selbst war er nie bei ihm gewesen, dafür hatten sie einfach nicht das nötige Kleingeld, doch seine Mutter hatte sich immer ausreichend um ihm gekümmert. Doch er wusste, dass dieser Mann einen Sohn hatte. Er hatte ihn schön des öfteren mit Kai zusammen gesehen. Wenn er sich recht erinnerte hieß er Teruki oder so ähnlich. Jedenfalls hatte Kai ihn so genannt. Ein flüchtiges Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Wenn der Typ wüsste, mit wem sich sein Sohn abgab... Doch jetzt seufzte der Mann nur und schloss für einen Moment die Augen. „Also schön, ich untersuche ihn. Den Raum haben sie mir ja gezeigt.“, resignierte er und wandte sich dann an Ruki. „Folgen Sie mir!“, knurrte er und ging dann voraus. Verwirrt blinzelte der Kleine. War etwa wirklich er gemeint? „Los beweg dich!“, knurrte Reita und es fuhr wie ein Blitz durch seine Glieder. Das war wirklich an ihn gerichtet gewesen! Also sprang er auf und lief dem Arzt hinterher. Aoi legte den Kopf schief und sah ihm nach. „Wer bezahlt das, Reita?“, fragte er leise und sah zu dem Wärter herüber. „Das ist doch egal.“, sagte der leise und wandte den Blick zum Boden, doch Aoi schüttelte den Kopf und stand auf, um zu ihm herüberzugehen. „Nein ist es nicht. Die Leute hier würden sicher nicht für so was ihr Geld hergeben.“, sagte er und Reita sah ihn an, schwieg jedoch weiter. „Also ist es dein Geld?“, fragte er deshalb weiter und Angesprochener nickte leicht. Doch der Schwarzhaarige lächelte, legte vorsichtig seine Arme um den Anderen. „Das ist wirklich lieb von dir.“ ~oOo~ „Das ist ein Ausnahmefall. Normalerweise lassen wir niemanden zu den Gefangen und wieder heraus, wenn sie nicht das nötige Kleingeld haben.“, kam das Murren vom Flur und wenig später öffnete sich die Tür, ebenso seine Augen. „Also beeilt euch, klar!“ Verschlafen blinzelte er, ehe er mit fröhlich leuchtenden Augen aufsprang. „Kai! Verdammt, was machst du denn hier?“, krächzte er und fiel seinem besten Freund um den Hals. Seine Stimme war noch etwas belegt, weil er erst vor wenigen Sekunden aufgewacht war und nun musste er sich unter einem Hustenanfall von dem Größeren abwenden, der ihm fürsorglich etwas auf den Rücken klopfte. „Hey hey, nicht so hastig.“ Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie sich Aoi weiter in die Decken kuschelte und auch weiter versuchte zu schlafen. In der letzten Zeit hatten sie sich immer zu Zweit unter die Decken gelegt. Das war einfach wärmer gewesen und er hoffte, den Schwarzhaarigen noch nicht angesteckt zu haben. Erst, als der Husten nachließ, sah er wieder zu seinem Freund, der ihn noch immer anlächelte. „Ich wollte dich nur mal besuchen. Miku meinte, es geht dir nicht so gut, ne. Und außerdem ist Uru zu Besuch und er wollte dich unbedingt wiedersehen. Erinnerst du dich an meinen Cousin?“, fragte er und trat einen Schritt beiseite und gab so den Blick auf eine weitere Person frei. Ruki blinzelte. Es musste ewig her sein, dass er den Anderen das letzte mal gesehen hatte. Und doch nickte er mit einem Lächeln. „Wie sollte ich das vergessen?? Er hat mich doch immer mit Schlamm beworfen!“, lachte er. Damals waren sie noch kleine Kinder gewesen, für die das einfach nur zum Spielen gehört hatte. Auch Uruha lachte und kratzte sich am Hinterkopf. „Ja genau. Aber was kann ich dafür? Du warst so langsam, dass sich das eben immer angeboten hatte!“, sagte er und streckte dem kleinen Blonden die Zunge raus, als der ihn in die Seite knuffte. „Gemeinheit! Aber sagt mal, wie kommt es, dass ihr hier runter kommt?“, fragte der weiter und legte den Kopf schief. Er selbst wäre niemals freiwillig in diesen Keller gegangen. Man wusste immerhin nie, ob man wieder herauskam. Doch Kai zuckte mit den Schultern. „Draußen ist der Weihnachtsmarkt im vollen Gange und da wollte ich nicht von dem Ding da aus mit dir reden. Das war mir zu blöd.“, erklärte er und deutete auf das „Fenster“. Auch Ruki sah zu diesem Loch auf und seufzte resignierend. „Weihnachten.“, sagte er leise, ehe er wieder zu den beiden anderen sah. „Meint ihr, dass ich bis dahin wieder hier raus bin?“, fragte er leise, doch er selbst bezweifelte dies. Uruha zuckte mit den Schultern und Kai antwortete an seiner Stelle. „Das kommt darauf an, ob der Gemüsehändler dir wirklich einen Prozess machen will oder ob du nur zur Mahnung hier eingesperrt wurdest.“ Und wieder verließ ein Seufzen die Kehle des Blonden. „Oh man, ich hab das Gefühl, dass ich hier noch 3 Jahre drin hocken muss.“, murrte er und Kais Cousin klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Unsinn, das wird schon. Aber was hast du eigentlich?“, fragte er neugierig und legte den Kopf schief. Ruki zuckte die Schultern. „Nur Fieber und eine schlimme Erkältung. Der Arzt meinte, ich müsse aufpassen, dass es keine Grippe wird, aber was soll ich schon groß machen.“, erklärte er. „Aber der hat mir auch ein paar Kräuter dagelassen. Heißt, ich bekomme jetzt jeden Tag heißes Wasser, damit ich mir daraus nen Tee machen kann. Aber das Gebräu schmeckt so furchtbar!“, jammerte er und verzog das Gesicht, sodass Uruha leise lachte. Kai jedoch sah ihn aufmerksam an. „Der Arzt war hier?“, fragte er überrascht und Ruki sah ihn an. „Ja, erstaunlich oder. Dieser Vater von Teruki oder wie er heißt, weißt du.“, erklärte er und bemerkte einen eigenartigen Glanz in den Augen seines besten Freundes, den er nicht deuten konnte. Doch so schnell, wie er gekommen war, war er auch wieder verschwunden. „Der ist freiwillig hier runter gekommen?“, fragte er misstrauisch und hob eine Augenbraue. Er kannte diesen Mann nicht persönlich, doch von Erzählungen wusste er, dass der nicht umsonst war und die „untere Schicht“, wie er sie nannte, ihn nicht interessierte. Im Gegenteil: Ihn sogar anwiderte. „Naja, irgendwer hat ihn wohl bezahlt.“, erklärte er weiter und zuckte erneut mit den Schultern. Im nächsten Moment öffnete sich die Tür wieder. „So, jetzt werdet langsam fertig. Ich habe gesagt, ihr sollt euch beeilen!“, mahnte Reite und sah sie auffordernd an. Uruha drehte sich zu ihm und nickte schnell. Er schloss Ruki noch einmal in die Arme und ging dann vor, während Kai noch einen Moment blieb. „Hier, ich habe dir noch ein paar warme Sachen mitgebracht. Deine Mutter hat sie uns gegeben, damit es dir bald besser geht. Sie macht sich große Sorgen und wir konnten ihr nicht länger verheimlichen, wo du wirklich bist. Aber sie hat versprochen, deinem Vater nichts zu sagen.“, sagte er hastig und drückte Ruki einen Leinensack in die Hand. Dann umarmte auch er ihn noch einmal und sobald er den Raum verlassen hatte, schloss Reita die Tür hinter ihm. Er sah in den Beutel und begann zu lächeln. Zwar gefiel es ihm nicht, dass seine Mutter wusste, was passiert war, doch umso mehr freute er sich über die warme Kleidung. Schnell zog er einen Pullover heraus uns streifte ihn sich über. Er war aus Wolle und seine Mutter hatte ihn erst den letzten Winter für ihn gestrickt. Er drehte sich um und sah wieder zu der Stelle, wo Aoi lag. Der sah ihn aufmerksam an. „Es war nicht irgendwer, der den Arzt bezahlt hat. Das war Reita.“, sagte er leise und Rukis Augen wuchsen auf Suppentellergröße. „Wie bitte?“ ~oOo~ Er saß noch immer zusammengekauert an der Wand und kuschelte sich in seinen Pullover. Wenige Zeit, nachdem Kai gegangen war, hatte er sich dort hingesetzt und Aoi die Decken überlassen. Er wusste nicht, was der Schwarzhaarige tat und es interessierte ihn momentan nicht. Ein Zittern ging durch seinen Körper, aber er beachtete nicht, starrte einfach nur gerade aus. Reita hatte einen Arzt für ihn bezahlt? Aber wieso? Wie kam er dazu? Er hatte die ganze Zeit gedacht, dass es dem Blonden egal war, was mit ihm geschah. Und dann hatte er auch seine Freunde zu ihm gelassen. Er verstand es einfach nicht. Außerdem bezweifelte er, dass der Größere es auch bei anderen Gefangenen, ausgenommen der beiden Geschwister, auf diese Art und Weise handhabte. Konnte er es denn wirklich wagen, ihn zu mögen. Ihm vielleicht sogar ein Stück weit zu vertrauen? Er wusste es nicht, doch er glaubte, es würde ihm seine Zeit hier unten angenehmer machen. Wenigstens etwas. Immerhin wusste er nicht, wie lang er noch hier bleiben müsste. „Ruki?“, hörte er plötzlich eine leise verschlafene Stimme. Er wusste, dass sie zu seinem schwarzhaarigen Zellengenossen gehörte. „Hm?“, machte er deshalb etwas abwesend, blinzelte aber einmal kurz und sah dann zu der Stelle, wo er Aoi vermutete. Es war zwar noch nicht sehr spät, aber die Sonne war bereits untergegangen und hüllte ihre vier Wände in Schwärze. Er hörte das Stroh rascheln und bald erkannte er die Silhouette des Anderen, der zu ihm kam und ihm vorsichtig einen Teil der Decke überlegte, ehe er sich an ihn lehnte. „Du bist immer noch wach? Wie lang willst du noch hier sitzen? Dadurch wirst du sicher nicht wieder gesund.“, mahnte Aoi müde und doch brachte es Ruki zum lächeln. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“, versicherte er, doch der Schwarzhaarige seufzte nur tief. Er erwiderte nichts, ließ aber seinen Kopf auf der Schulter des Blonden ruhen. Wenig später vernahm der nur noch die regelmäßigen ruhigen Atemzüge und wusste, dass der Ältere eingeschlafen war. Auch er lehnte sich etwas an ihn und hakte vorerst die Gedanken an Reita ab, als ein anderes Gesicht vor seinen Augen erschien. Es war so lang hergewesen, seit er den Anderen gesehen hatte. Und wenn er ehrlich war, hatte er immer gehofft, dass er bald wiederkommen würde. Und jetzt war er da und er selbst saß im Gefängnis fest, konnte nicht einmal viel Zeit mit ihm verbringen. Er hatte ihn schon damals sehr gemocht. Derzeit als Spielkameraden und Freund, doch erst, als er ihn heute wiedergesehen hatte, war ihm bewusst geworden, wie sehr er ihn eigentlich vermisst hatte. Er lächelte. Der Andere hatte sich zu einem wirklich hübschen Mann entwickelt. Und vielleicht würde er auch dann noch da sein, wenn er seine Füße wieder als freier Mann auf diesen Boden setzen konnte. ~oOo~ „Liebling, gibst du mir noch etwas Fleisch?“ „Natürlich Mum!“, antwortete der Kleine sofort und sprang auf, um der Bitte nachzukommen. Er freute sich immer, wenn er helfen konnte, vor allem, weil alle seinen Bruder ohnehin mehr beachteten als ihn. So hatte er wenigstens auch einmal – wenn auch nur für einen Moment – seinen großen Auftritt. Aber er konnte es verstehen, immerhin war sein Bruder nicht irgendwer. Er selbst beachtete ihn, auch wenn er selten einmal zu Haus war, wie es heut der Fall war. Immer wieder sagte er ab mit den Worten, es wäre viel zu tun. Das war nun einmal der Preis, den er für den Erfolg zahlte. Jetzt bemerkte er nur, wie der neben ihm den Kopf schüttelte, als er sich setzte. „Danke.“, hörte er seine Mutter, doch er sah seinen Bruder schon längst aufmerksam an, achtete gar nicht mehr auf sie. „Was ist denn?“, fragte er ruhig und sein Bruder verzog das Gesicht. „Du bist ein kleiner Schleimscheißer, Bou. Das ist los!“, knurrte der Ältere und der Blonde unterdrückte ein Seufzen. Ihre Mutter warf ihnen einen warnenden Blick zu. „Bitte, wir essen gerade, könnt ihr euch nicht später streiten und jetzt lieber froh sein, dass wir endlich alle zusammen sind! Es reicht doch, dass Reita Weihnachten nicht da sein wird, Bou!“, sagte sie streng und der Jüngste ließ die Schultern sinken. Wieder einmal bekam er die Schuld, wie immer. Aber was bedeutete er auch neben seinen Bruder, der mit seinen 19 Jahren schon für die Stadt arbeitete und so einiges an Geld für die familiäre Kasse erarbeitete. Normalerweise waren die Wächter des Gefängnisses mindestens 30 und wurden vorher etwa 10 Jahre auf diesen Job vorbereitet. Hätte er die Wahl, würde er genauso sein wollen, doch er hatte sie nicht. Er würde in 3 Jahren, wenn auch er 19 war, keinesfalls genauso weit sein, wie er. Das machten ihm auch seine Eltern immer wieder klar. Doch die respektierte er nicht so, wie er es bei seinem Bruder tat. Und auch, wenn er sich so von seinem Ideal immer weiter entfernte, widersetzte er sich ihren Anweisungen gern. Es war also kein Wunder, dass sie ihren jüngsten Sohn als Fehltritt ansahen. Und er wusste es. Doch trotzdem fühlte er sich wohl, irgendwie, und das war für ihn die Hauptsache. Er stocherte etwas in seinem Essen. Irgendwie war ihm der Appetit vergangen. Aber was sollte es. Er war ohnehin der Meinung, dass er endlich etwas abnehmen sollte. Doch plötzlich knuffte ihn jemand in die Seite und er zuckte zusammen. Er sah zu seiner Linken und sein Bruder sah ihn an. „Hast du denn die Wäsche schon fertig?“, fragte er aufmerksam. Er hatte ihn damit vor einigen Tagen beauftragt, um sicher zu gehen, dass heute alles fertig wäre, denn er wusste, dass Bou tun würde, was er ihm sagte. Das war schon immer so gewesen und er machte sich nicht die Mühe, über das ‚Warum’ nachzudenken. Es war eben selbstverständlich. Nun nickte der Blonde schnell. „Ich habe dir alles oben in dein Zimmer gelegt.“, sagte er und lächelte, zufrieden mit sich selbst. Reita nickte und sah dann auf den Teller seines kleinen Bruders. „Willst du etwa nicht mehr?“, fragte er und nickte kurz in Richtung des Essens. Der Tonfall hätte Bou nicht einmal widersprechen lassen, wenn er noch Hunger gehabt hätte. „Nein, ich will nicht mehr, willst du?“, sagte er deshalb und schon das Porzellan zu dem Anderen hinüber, der es gern annahm. Sein Bruder war jämmerlich und manchmal zweifelte Reita ernsthaft davon, dass er wirklich zu ihrer Familie gehörte, doch seine unterwürfige Art kam ihm gerade Recht. Es war ihm egal, ob er sich bei diesem Wetter draußen beim Waschen die Finger abfror oder sich die Füße wund lief oder sich immer wieder in die Finger stach, wenn er etwas nähen sollte, denn solang wie Bou alles für ihn tat –und das machte er – konnte es doch immerhin gar nicht so schlimm sein. Er wollte gerade essen, als er die Stimme seiner Mutter vernahm. „Ich werde zu Weihnachten etwas backen. Bou bringt es dir sicher gern vorbei, nicht wahr?!“, sagte sie ernst und er wusste, dass sie dem Kleinen einen durchdringlichen Blick zuwarf, er musste nicht einmal aufsehen. Und genauso wusste er, dass der nicken würde. ~oOo~ Es war eine ganze Weile her, seit die Schlösser an jeder einzelnen Tür untersucht worden waren. Es wurde überall nachgesehen, ob sie auch halten und nicht zu öffnen waren, wenn man keinen Schlüssel hatte. Der Tag war reichlich ruhig verlaufen und schließlich wurde auch Kanon wieder zu ihnen gebracht. Erst verstand er es nicht, doch Aoi erklärte ihm alles. Er sagte etwas davon, dass beinahe kein einziger Wärter mehr hier unten war, weil sie ihren freien Nachmittag hatten. Reita auch. Er war also den ganzen Tag nicht mehr da, wahrscheinlich auch nicht über Nacht. Und er wollte sicher gehen, dass den Geschwistern nichts zustoßen würde, denn er kannte seine Kollegen hier unten in den Kellern. Sie hatten oft genug versucht, sich an einem der beiden – meist aber Kanon – zu vergehen. Und er wusste, dass sie keine Gelegenheit auslassen würden. Ruki hatte sich auch vorgenommen, selbst ein Auge auf die Zwei zu werfen. Auch wenn ihm klar war, dass er nicht viel ausrichten können würde. Aber wenigstens half der Tee, egal wie scheußlich er schmeckte, und es ging ihm schon wesentlich besser. Das Fieber war weg, er fror nicht mehr ganz so schrecklich und seine Nase war kaum noch verstopft, genauso wie auch Husten ihn so gut wie gar nicht mehr plagte. Es war noch nicht lang her, da war auch Miku wieder am „Fenster“ erschienen und während die beiden Schwarzhaarigen sich auf dem Boden mit einer Decke zusammenkuschelten und leise redeten, unterhielt er sich mit der anderen Wolldecke um den Schultern mit seinem Bruder. Viele Leute waren nicht mehr unterwegs, die Sonne war schon fast untergegangen, doch ihm war nicht entgangen, dass sein Blick immer wieder zu den anderen beiden Geschwistern wanderte. „Was erzählt ihr Papa eigentlich, wo ich bin? Kai hat mir erzählt, dass Mama davon weiß.“, bemühte er sich ruhig um seine Aufmerksamkeit. Miku blinzelte kurz und sah ihn wieder an. „Er hat noch gar nicht danach gefragt, er ist viel unterwegs in letzter Zeit und du weißt doch wie er ist.“, erklärte sein Bruder schnell. Ruki verdrehte die Augen. „Er ist ein Arschloch!“, knurrte er und Miku seufzte leise. Er wusste, der Ältere hatte Recht, aber ihre Mutter hörte es trotzdem nicht gern, dass sie so über ihren Vater redeten. „Aber er hat uns gern.“, versuchte er seinen Bruder zu beschwichtigen, doch der hob nur die Augenbraue. „Hör auf ihn zu verteidigen. Mum ist nicht hier, sie kann uns nicht hören, auch wenn ich nicht weiß, was ihr an diesem Typen so wichtig ist. Aber du weißt genau, dass es stimmt was ich sage. Er liebt uns nicht, wir sind nur Ballast für ihn und er wäre glücklicher, wenn er uns nicht hätte. Nicht noch zwei Mäuler, die der arme Kerl durchzufüttern hat!“, knurrte er voller Sarkasmus und Miku schloss einen Moment resignierend die Augen. Immerhin wusste er, wovon Ruki da redete. Ihr Vater machte ihnen oft genug klar, dass sie eine Verfehlung waren und noch dazu überflüssig. „Du hast ja Recht.“, seufzte er, doch Ruki wollte nicht weiter darauf eingehen. „Reicht das Brot für euch beide?“, fragte er deshalb, als ihm noch etwas einfiel. Miku nickt, doch er drehte sich um und beugte sich zu einem neuen kleinen Stoffbündel hinab, in das er sein überflüssiges Brot gewickelt hatte, um es wenig später seinem Bruder zu geben. Der nahm es dankbar an. „Dann hat es wenigstens etwas Gutes, dass ich hier unten festsitze.“, erklärte er. Der Jüngere schüttelte den Kopf. „Bist du dir sicher, dass du nicht mehr brauchst? Du bist dünn geworden, habe ich das Gefühl.“ Doch dieses Mal war es an Ruki, den Kopf zu schütteln. „Ich habe hier genug. Das ist nur wegen der Grippe, mach dir nicht solche Sorgen Kleiner.“, beruhigte er den Anderen. Der zig gespielt beleidigt eine Schnute und sein Blick wanderte wieder zu den Beiden unter der anderen Decke. „Ich mache mir doch keine Sorgen! Nicht um dich!“, sagte er, doch Ruki verstand den Spaß und lachte leise. Sein Blick folgte dem seines kleinen Bruder und er lächelte. „Er heißt übrigens Kanon.“, fiel es ihm wieder ein. Er hatte leise genug gesprochen, dass nur sein Bruder ihn hatte hören können, als ihm auffiel, dass er den Anderen noch nicht vorgestellt hatte. Immerhin wusste er bei der letzten Gelegenheit noch nicht dessen Namen. Miku nickte zunächst nur leicht. „Er ist wirklich hübsch.“, sagte er leise und auf dem Gesicht des anderen Blonden erschien ein Grinsen. „Du magst ihn wohl, was?“, neckte er ihn und bemerkte den verwirrten Blick seines Bruders und die leichte Röte, die ihm in die Wangen stieg, mit Zufriedenheit. Es war einfach zu herrlich seinen Bruder zu ärgern. Also drehte auch er sich wieder zu den beiden Schwarzhaarigen um. „Hey Kanon, komm doch mal her, ich möchte dir meinen Bruder vorstellen.“, sagte er freundlich und wunk den Anderen zu sich und Miku heran. Auch wenn er ihn nicht ansah, er wusste genau, mit was für einem Blick ihn sein Bruder nun ansah. Er beobachtete, wie Kanon sich mit zunächst etwas verwirrtem Blick erhob, dann aber zu ihnen beiden kam. Er sah auch Aois leichtes Lächeln und fragte sich im nächsten Moment, worüber die beiden wohl gesprochen hatten. Kanon stand nun neben ihm und sah lächelnd zu Miku hinaus. „Hallo.“, sagte er leise und reichte dem Anderen seine Hand. Auch Miku lächelte vorsichtig und Ruki fiel auf, dass er ein solches Lächeln noch nie bei seinem Bruder gesehen hatte und er entschloss sich, die beiden etwas allein reden zu lassen, legte Kanon vorsichtig seine Decke über die Schultern und setzte sich zu Aoi, während sein Bruder beinahe zaghaft nach der angebotenen Hand griff und einen leichten Kuss auf den Handrücken hauchte. „Hallo.“, sagte er leise und verlor sich für einen Moment in den Augen des Schwarzhaarigen, der ihn nur überrascht und verlegen ansah. Also beeilte er sich zu erklären. „Meine Mutter hat mir beigebracht, dass man das bei Damen so macht. Ich meine, du bist zwar keine Dame im eigentlichen Sinne, aber mindestens genauso hübsch.“, sagte er schnell und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, während der Andere langsam seine Hand zurückzog und leise lachte. „Danke.“, sagte er ruhig. „Ich bin übrigens Kanon und wie du richtig mitbekommen hast bin ich nicht annähernd eine Dame.“, erklärte er beinahe belustigt. Miku blinzelte etwas. „Weiß ich doch.“, verteidigte er sich und wieder lachte Kanon. „Du bist irgendwie anders als dein Bruder.“, sagte er leise und Miku legte den Kopf schief. Er verstand nicht. „Wieso?“, fragte er deshalb und der Schwarzhaarige überlegte einen Moment, wie er es erklären sollte. „Du kommst mir etwas verwirrt vor. Oder ist das gar nicht immer so und es liegt an mir?“, sagte er deshalb. Er mochte den Kleinen irgendwie. Er konnte ihn zum Lachen bringen. Nun sah der Blonde ihn nur mit großen Augen an. „Eto...das kann ich dir gar nicht so genau sagen, aber ich denke, das liegt an dir.“, sagte er ruhig und ein Grinsen schlich sich auf seine Züge. „Ich bin übrigens Miku, ne.“, sagte er schnell. Wie peinlich! Er hatte glatt vergessen sich vorzustellen, doch schon im nächsten Moment zuckten beide zusammen, als plötzlich die Tür aufflog. Hektisch sahen sie zu ihr und Kanons Augen weiteten sich vor Angst und er wich weiter an die Wand zurück. Der Eindringling war riesig und dreckig. Er trug eine Uniform und stank nach Schweiß und Alkohol. Er kaute auf etwas und Ruki vermutete, dass es Kautabak war. Wachsam sah sich der Fremde um und als sein Blick auf Kanon fiel, verzogen sich seine Lippen zu einem dreckigen Grinsen. Ruki bemerkte, wie Aoi neben ihm zu Zittern anfing und als sein Blick auf dessen Bruder fiel, der sich an die Wand drückte und in die Decke krallte, wurde ihm klar, was hier vorging. Dieser Mann war keinesfalls Reitas Vertretung. Schnell stand er auf und zog auch Kanon zu sich herüber, der bei seiner Berührung leicht zusammenzuckte und sich umsah wie ein verschrecktes Reh. Der Fremde hatte noch kein Wort gesprochen, doch ein gehässiges Lachen entrang seiner Kehle, als er Ruki beobachtete und sah, wie sich Kanon ängstlich an seinen Bruder kuschelte. Ruki baute sich vor den Beiden auf. Ihm war klar, er hatte keine Chance, aber so konnte er vielleicht wenigstens etwas Zeit schinden. „Lass die beiden in Ruhe!“, sagte er ernst und sah zu dem Riesen auf, doch der lächelte amüsiert, trat einen Schritt auf ihn zu. „Und was willst du dagegen tun, dass ich mir endlich nehme, was mir seit Jahren zusteht?“, sagte er ruhig und der kleine Blonde bemühte sich, nicht zurückzuweichen. „Alles was in meiner Macht steht. Außerdem werde ich Reita informieren!“, antwortete er streng, doch der Größere lachte und er selbst wusste auch warum. Es war lächerlich, dass er sich mit diesem Mann anlegte. “Und wie willst du das anstellen? Er kommt frühestens morgen früh wieder und bis dahin kannst du Wurm nichts gegen mich tun.“, sprach der die Wahrheit aus und Ruki schluckte schwer, als er einen weiteren Schritt auf ihn zukam. Dieses Mal konnte er nicht verhindern, dass er zurückwich. „Er wird dich umbringen!“, zischte er und seine Augen verengten sich. Er fühlte sich wie ein kleines Tier, das von seinem Jäger in die Ecke gedrängt wurde. „Er wird dich hier unten einsperren und dich jämmerlich verrecken lassen in deiner eigenen Scheiße!“, knurrte er weiter, doch noch immer hatte der Andere nichts als Spott für ihn übrig und er hörte das leise Wimmern der Brüder hinter sich. „Du hast ein ganz schön großes Maul, Kleiner. Was meinst du, wie viel er ausrichten kann, wenn ihr Herr erfährt, dass sie zusammen in einer Zelle sind?“, lachte er und deutete auf die Schwarzhaarigen. Und Ruki spürte, dass er Recht hatte. Er hatte gehört, dass es eigentlich verboten war. Und obwohl er wahrscheinlich keinen Sinn hatte, mobilisierte er seine Kräfte und holte zum Schlag aus. Und er traf. Er beobachtete mit Genugtuung, wie der viel Größere etwas zurücktaumelte und etwas Blut aus seinem Mundwinkel wischte. Er konnte ihm ansehen, dass er nicht glaubte, war gerade geschehen war und Ruki ließ sich nicht anmerken, dass der Fremde einen verdammt harten Kiefer hatte und seine Hand von dem Schlag schmerzte. „Na warte!“, knurrte der Riese und nahm ihm den kurzen Augenblick des Triumphes. Denn er kam mit wenigen Schritten auf ihn zu und holte aus. Sein Schlag war härter als der von Reita und er hatte keine Gelegenheit ihm auszuweichen. Wenigstens wurde ihm schwarz vor Augen, noch ehe er bemerkte, wie er von der Wucht zur Seite geschleudert wurde und hart gegen die Wand traf. Erschrocken schrieen Aoi und Kanon auf, folgten dem leblosen Körp0er mit dem Blick und drängten sich weiter in die Ecke, als die Aufmerksamkeit des Fremden sich wieder auf sie richtete. Er kam unaufhaltsam auf sie zu und zerrte den Jüngeren der beiden in die Höhe, hielt in fest, während der wimmernd versuchte, seinem Blick auszuweichen. Es hatte keinen Sinn, sich zu wehren. Oft genug hatte er es versucht. Vergeblich. Tränen stiegen ihm in die Augen und er hörte nicht, wie auch Miku scharf Luft in seine Lungen sog. „Jetzt bekomme ich endlich, was mir zusteht!“, grinste der Fremde gehässig und bemerkte, wie sich der schlanke Körper verspannte. „Nicht!“, jammerte nun auch Aoi, doch er beachtete ihn nicht, warf Kanon nur in das Stroh. Sofort setzte der sich auf und zog sich weiter in die Ecke zurück, warf einen hilfesuchenden, ängstlichen Blick zu seinem Bruder am anderen Ende des Raumes. Der sprang auf, stürzte sich von hinten auf den Riesen, doch der wimmelte ihn einfach nur ab, schleuderte ihn mit einer einzigen kräftigen Handbewegung dahin zurück, woher er gekommen war und kniete sich zu Kanon auf den Boden, der ängstlich wimmerte. Er versuchte nicht, die Tränen der Verzweiflung zu verbergen. Er hatte gesehen, wie Aoi vor Schmerz das Gesicht verzogen hatte. Wahrscheinlich konnte er sich nicht mehr bewegen. Und er lag richtig. Aoi kannte nur eine Lösung, doch wie sollte er es schaffen, dass Reita ihnen half, wenn er doch bei seiner Familie war. Er wusste zwar, so er wohnte, aber das allein half nicht. „Lass ihn in Ruhe!“, hörte er plötzlich einen Schrei und sah, wie ein Schneeball durch die kleine Öffnung ihrer Zelle flog, doch der Fremde ließ sich nicht stören. Zum Einen hatte der Ball sein Ziel verfehlt und war neben ihm auf dem Boden gelandet, zum Anderen konnte ihm das bisschen Schnee nichts anhaben. Doch Aoi brachte es auf eine Idee. „Miku, du musst Reita holen!“, rief er und bemerkte, wie ihn der Fremde ansah. „Halt die Klappe!“, knurrte er, doch Aoi ließ sich nicht beirren. Es war egal, was mit ihm passieren würde, dachte er, als er bemerkte, wie der Fremde aufstand und Kanon sich wieder weiter in die Ecke drängte. Sein Hemd war zerrissen. „Wie soll ich ihn denn holen?“, fragte der Blonde und Aoi war klar, was er meinte. Er wusste nicht, wo er zu suchen hatte. Der Schwarzhaarige warf einen ängstlichen Blick zu dem Riesen, der ihn wütend ansah und erbarmungslos auf ihn zukam. Er musste schnell antworten und er wusste, wie Miku zu gehen hatte, er selbst hatte einmal ganz in der Nähe gelebt. „Du musst von hier aus am Haus des Bürgermeisters vorbei und noch 4 Straßen weiter, dann nach links und eines der ersten Häuser hat eine Efeuranke neben der Haustür. Da wohnt Reita, beeil d...“, mehr konnte er nicht sagen, denn der Fremde hatte ihn heftig in die Rippen getreten und er krümmte sich vor Schmerz. Miku derweil war sofort aufgesprungen und rannte durch die Straßen, beachtete die Leute gar nicht. Ihm war alles egal. Er wollte nur eines: Rechtzeitig mit Hilfe zurückkommen. Kapitel 3: ----------- ES TUT MIR LEID!! Es tut mir wirklich wirklich ganz ganz dolle leid, dass es so lang gedauert hat und es dann nichtmal so besonders geworden ist. Ich hatte einfach auf einmal keine Ideen und wegen Schule auch so viel zu tun, dass ich weder zum Schreiben noch zum Abtippen gekommen bin. Ich will mich jetzt aber auch nicht ewig in Entschuldigungen wiegen, weil die eh nichts mehr ändern und ich gebe mir ganz doll sehr viel Mühe, dass es das nächste Mal schneller geht. Und ich wünsche euch jetzt trotzdem viel Spaß beim Lesen ~Yo~ ~*~ „Und du meinst wirklich, dass das gut geht?“ Er sah an sich hinab und drehte sich etwas, um möglichst viel erkennen zu können. Er hatte von seinem Freund einen Anzug bekommen und wollte wissen, ob der auch wirklich passte. Immerhin sollte nicht auffallen, dass er aus ärmeren Verhältnissen stammte, wenn er zum ersten Mal die Familie des Anderen besuchte. Er hatte nicht einmal einen Spiegel, der groß genug war, um sich von oben bis unten ansehen zu können, also musste er sich voll und ganz auf das Urteil des Älteren verlassen. Der nickte zuversichtlich. „Der passt perfekt. Du hast ja zum Glück beinahe die gleiche Größe.“, erklärte er und lächelte. Auch sein Gegenüber sah nun auf und traf auf den Blick seines Freundes und seine verunsicherte Miene wich einem Lächeln. „Wie schaffst du das nur immer?“, fragte er ruhig und ging, ohne den Blick abzuwenden, zum Fenster seines Zimmers und lehnte sich an die Fensterbank zurück. Draußen war Markt und es herrschte trotz der frostigen Temperaturen reges Treiben. Doch er beachtete es gar nicht, bemerkte nur den beinahe verwirrten Blick des Älteren. „Was meinst du?“, fragte der und folgte dem Anderen erst jetzt, stellte sich vor ihn und schloss vorsichtig die Arme um seine Taille. „du gibst mir immer wieder Mut, egal wie aussichtslos die Situation auch ist.“, hauchte der Jüngere und streckte sich ein wenig, wollte den geliebten Lippen einen Kuss rauben, doch ein plötzlicher Tumult ließ ihn zusammenzucken. Obwohl das Fenster geschlossen war, hörte er deutlich die Stimmen. Er drehte sich um, sah hinaus und sein Verdacht wurde bestätigt. Die Polizei war ein Mal mehr hinter jemandem her. Doch als er erkannte, wen sie verfolgten, stockte er. „Das ist Miku!“, stellte er erstaunt fest. „Platz da! Zur Seite! Lasst mich durch!“, rief er immer wieder panisch und Mal um Mal stieß er mit irgendwelchen Fremden zusammen. Doch er störte sich nicht daran, entschuldigte sich nicht ein Mal, denn in Gedanken war er vollkommen wo anders und er hatte es eilig. Er dachte nicht einmal darüber nach, woher Aoi gewusst hatte, wohin er musste, denn für ihn zählte nur, dass er rechtzeitig mit Hilfe zum Gefängnis zurückkommen würde. Ihm war viel zu klar, dass er dieses Person, die mit diesem Ekel dort unten gefangen war, unbedingt besser kennen lernen wollte, egal wie viel es ihn kosten würde. „He bleib stehen!“, rief plötzlich jemand hinter ihm. Er drehte sich jedoch nur kurz um und erkannte einen Polizisten, der auf ihn zukam, doch es war ihm egal. Wahrscheinlich hielt dieser Typ ihn einfach nur für einen Unruhestifter, so wie der sich durch die Massen kämpfte. Doch das konnte er auch später noch klären. Deswegen schenkte er dem fremden Mann keine weitere Beachtung, denn es war nicht mehr weit. Nach wenigen weiteren Schritten ließ dann auch das Gedränge nach und er kam endlich schneller voran, auch wenn er genau spürte, dass er och immer verfolgt wurde. Es kümmerte ihn nicht, es wäre auch nicht das erste Mal, dass er einem Erwachsenen entkam, auch wenn es sich dieses Mal um einen Gesetzeshüter handelte, der nun vermutlich auch noch dachte, er hätte etwas gestohlen oder ähnliches, da er immerhin vor ihm „flüchtete“. Er bog in die nächste Gasse ein. Wenn er richtig gezählt hatte, musste sein Ziel hier irgendwo sein. Also sah er sich die Häuser an dem schmalen Weg genauer an und auch, wenn sie in seinen Augen vornehm aussahen, nahm er sich nicht die Zeit, sie genauer zu betrachten. „Ah!“, gab er leise von sich, als er eine Efeuranke an einer der Haustüren entdeckte und jagte durch das Gartentor darauf zu, begann sofort, heftig gegen die Tür zu hämmern, bemerkte erst jetzt, wie sehr er außer Atem war. Die Tür wurde geöffnet und ein kleiner Blonder musterte ihn kritisch. Doch als der den Mund öffnete, um etwas zu sagen, unterbrach Miku ihn, als er das Gartentor erneut klappern hörte. „Ich muss zu Reita! Sofort!“, schrie er hektisch und verwirrt blinzelte der Kleinere, der offensichtlich auch die Polizisten im Rücken des Anderen entdeckt hatte. „Woher...?“, begann er, als schon sein Bruder hinter ihm erschien und kritisch auf Miku hinabsah, der mittlerweile von den Polizisten gepackt wurde, die Arme auf den Rückengedreht, doch es war ihm egal, denn immerhin war sein Auftrag noch nicht erfüllt und so sah er panisch zu dem Wärter. „Schnell, du musst zurück! Wenn du nicht sofort gehst, passiert Kanon etwas Schreckliches! Bitte!“, flehte er, während er von dem Grundstück auf die Straße gezerrt wurde. Doch Reita war aufmerksam geworden, Erkenntnis legte sich in seinen Blick, als er Kanons Namen vernahm. Er ahnte, was der Blonde meinte. „Dieser Verdammte...!“, grummelte er, drehte sich noch einmal um und griff nach seiner Jacke. „Bou, sag Mum und Dad bescheid. Ich komme später vielleicht wieder!“, erklärte er nur knapp und machte sich dann schnellstmöglich auf den Weg. Miku war ihm schon aus dem Weg geschafft, aber ihm war das egal, er kannte diesen Jungen nicht einmal. Und er würde ihn wahrscheinlich ohnehin im Gefängnis wiedersehen. Und auch wenn nicht, was interessierte er ihn schon?! ~*~ Langsam kam er wieder zu sich und verzog das Gesicht. Er hatte schreckliche Kopfschmerzen und wenn er ehrlich war, würde er lieber gleich wieder ohnmächtig werden bei den Geräuschen, die an sein Ohr drangen. Er vernahm ein leises Wimmern zu seiner Rechten und er war sich reichlich sicher, dass es von Aoi stammte. Doch um Einiges schlimmer war das schmerz- und angsterfüllte Wimmern und das unterdrückte dreckige Stöhnen zu seiner Linken. Er wollte die Augen nicht öffnen, kniff sie stattdessen noch etwas weiter zusammen, denn er ahnte, was ihn erwarten würden und sofort begann er darüber nachzudenken, was er tun konnte – aber er konnte sich nicht bewegen! Er hörte das Rascheln des Strohs und betete, dass der Fremde sein Vorhaben nicht zu Ende führen konnte, doch schon im nächsten Augenblick drang ein schmerzerfüllter Schrei durch die Gemäuer und er wusste, dass sie verloren hatten – es war zu spät... ~*~ „Lasst mich los, ich habe doch gar nichts getan!“, wehrte er sich und zerrte an seinen Armen. Mittlerweile waren dem Polizisten noch zwei weitere Männer zur Hilfe gekommen und ringten sich um ihn. Wenigstens konnte er sich nun vollkommen um sich selbst kommen, denn er hatte getan, weshalb er gekommen war und konnte nun nur noch hoffen, dass Reita rechtzeitig kommen würde. Die Männer hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihn von dem Haus fortzubringen. Sie hatten ihn lediglich auf die Straße davor und ein klein wenig von dem Gartentor weggezogen. Während nun die zwei Männer ihn festhielten, baute sich sein ursprünglicher Verfolger vor ihm auf und funkelte ihn selbstgefällig an. „Und was gibt dir Rotzbengel das Recht, alle Leute umzurennen? Du hast doch sicherlich Etwas geklaut, dass du es nicht einmal für nötig hältst, dann stehen zu bleiben, wenn es dir von einem Hüter des Gesetzes befohlen wird!“, giftete er den Kleinen an. Dieser schluckte hart, auch wenn er es so schon vermutete hatte. Und trotzdem: Er wusste, die Polizei hier war nicht gerade zimperlich und so, wie der Typ ihn ansah! „Ich musste nur schnell jemandem bescheid sagen, um wahrscheinlich ein Leben zu retten!“, protestierte er, wenn auch um einiges leiser als noch zuvor. Doch die Männer lachten nur. „Verarsch uns doch nicht, Kleiner!“, grinste der vor ihm und nickte einem der anderen zu. „Zieh ihn aus und kontrollier seine Sachen!“, bellte er und der Angesprochene nickte ergeben und begann dann, Miku die Sachen vom Leib zu zerren. „Nein!“, wisperte der Blonde, seine Augen hatten sich ängstlich geweitet und er versuchte heftig, dem Griff des Dritten zu entkommen, doch es half nichts. Der Mann drehte ihm die Arme und noch weiter auf den Rücken. Schmerz durchzuckte den Körper des Kleinen, doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Halt still du Miststück!“, schnauzte der Fremde vor ihm wieder und schlug ihm heftig ins Gesicht. Entsetzt sah er den Mann an, doch er hörte resigniert auf, sich weiter zu wehren. Vielleicht wären sie dann auch schneller fertig und er konnte sich wieder anziehen. Als der Zweite Polizist ihn vollkommen entkleidet und seine Sachen in aller Seelenruhe gefilzt hatte, sah dieser den Ersten an. „Er hat nichts.“, sagte er und ließ die Sachen einfach achtlos auf den Boden fallen. Der Erste sah wieder zu Miku, der noch immer fest in den Fängen der Männer hing, vor Scham, vollkommen nackt mitten auf der Straße in der Nähe des Marktes zu stehen, aber am liebsten im Erdboden versunken wäre. „Glück gehabt, Kleiner!“, knurrte der Mann und der Angesprochene hatte das Gefühl, dass er einfach nur Mittel zum Zweck gewesen wäre, dass der Fremde einfach nur jemanden gesucht hatte, an dem er sich wegen was-auch-immer abreagieren konnte. Doch nun nickte er nur dem Dritten zu, der ihn nun doch endlich losließ. Erleichtert atmete er auf. Er bemerkte, wie die vorbeigehenden Leute ihn anstarrten, ihm war kalt, aber er spürte nicht einmal, wie er zitterte. Dafür wusste er, dass seine Wangen gerötet waren. Sofort wollte er sich bücken, seine Sachen aufheben und so bemerkte er nur aus dem Augenwinkel, wie der Polizist ihn noch immer anstarrte. Zu spät sah er, wie er ausholte und schon im nächsten Moment sackte er mit einem schmerzlichen Aufkeuchen zusammen, weil eine Faust in seinen Magen gerammt wurde. Er sah auf, hielt sich den Bauch, doch er konnte den drei Männern nur noch nachsehen. Plötzlich kam ein weiterer Schatten in sein Blickfeld. Jemand hockte sich zu ihm und ah ihn aufmerksam an. „Komm erst mal mit rein, du hast schon blaue Finger.“, sagte der Fremde und Miku sah ihn nur an, blinzelte. Doch schnell fasste er sich, krallte seine Sachen und bedeckte hochrot das Wichtigste. Hektisch begann er zu nicken und der Blonde vor ihm stand auf, hielt ihm die Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen. Dankend nahm er sich an und schnappte sich dann die restlichen Sachen, bevor er dem Fremden in das Haus folgte, in dem er ihn nur wenige Momente vorher schon das erste Mal gesehen hatte. Die Tür wurde hinter ihm geschlossen. „Zieh dich an, ich mache dir einen warmen Tee!“, sagte der Blonde und deutete mit einem Nicken auf einen Raum, ehe er sich in die andere Richtung umdrehte. Doch bevor er ging, schaute er noch einmal zurück. „Ich bin übrigens Bou.“, nuschelte er, doch dann wandte er sich wieder um und wuselte davon. ~*~ Er traute sich nicht, die Augen zu öffnen. Mit jedem Mal wurden die Schreie lauter und niemand schien es zu bemerken, obwohl draußen in unmittelbarer Nähe ein Markt war und immer wieder Menschen vorübergingen. Er konnte die Stimmen der Leute hören und er hasste sich dafür, selbst nichts tun zu können. Er konnte sich nicht bewegen. Doch wieso tat auch sonst niemand etwas? Im nächsten Augenblick jedoch wurde sein Flehen erhört und mit einem lauten Knall flog die Tür auf. Sofort herrschte Stille in dem kleinen Raum, bis auf das leise Wimmern Kanons. Auch er selbst war zusammengezuckt. Ein heftiger Schmerz durchzog seinen Körper und seinen Lippen entkam ein leises Keuchen, doch er traute sich nun, die Augen zu öffnen, um zu wissen, ob jetzt nicht vielleicht alles sogar noch schlimmer werden würde. Doch es war Reita, der gekommen war und langsam wich auch der Schmerz aus seinen Gliedern. Dieser Stand nur einen Moment wutschnaubend in der Tür, ehe er auf den Fremden zuging. Der bewegte sich nicht, schien wie in einer Starre gefangen zu sein und nicht mehr zu wissen, was er nun tun sollte. Und das, obwohl Reita ein ganzes Stück kleiner war und nicht annähernd so kräftig wirkte. „Du verdammter Drecksack! Ich reiß dir die Eier raus und stopf sie dir roh ins Maul!“, presste der junge Wärter in einem drohenden Ton zwischen den Zähnen hervor und zerrte den Größeren in die Höhe, der erst nur zusammengezuckt war und nun lediglich verwirrt blinzelte, ehe seine Augen einen beinahe ängstlichen Ausdruck annahmen. Kanon krallte sich sofort etwas Stoff seiner zerrissenen Kleidung, drückte ihn an sich und kauerte sich in der Ecke zusammen, während Rukis Augenbrauen überrascht in die Höhe wanderten. Wie konnte es sein, dass sich dieser riesige Typ sich solche Umgangsformen gefallen ließ und zudem auch noch Angst vor Reita zu haben schien? Zwar hatte er dagegen keine Einwände, doch er verstand es einfach nicht. Er versuchte sich etwas zu bewegen und als er bemerkte, dass es ging, wenn auch es kompliziert war, setzte er sich vorsichtig weiter auf. Der größere Blonde packte indessen den Fremden grob am Kragen und schob diesen zur Tür, doch der stolperte nur hilflos rückwärts. Er ruderte mit den Armen, als er sich in seinen Hosen verfing, die noch immer in seinen Kniekehlen hing und ihn so entblößte. Von seinem Standpunkt konnte Ruki das Blut an ihm erkennen, das wahrscheinlich von Kanon stammte. Doch der Versuch des Großen, sich aufrecht zu halten, schlug fehl. Er fiel. Doch Reita lachte nur hohl, als er den verwirrten Gesichtsausdruck bemerkte. Er verpasste dem Riesen einen Tritt und sah ihn auffordernd an. „Glotz nicht wie ein Schwein! Beweg lieber deinen Arsch und verschwinde! Dieses Mal endgültig, haben wir uns verstanden?“, zischte er und ließ eine Hand in seine Hosentasche gleiten. Erschrocken wich der Fremde zurück, wirkte auf einmal viel kleiner als noch zuvor und wenig drohend, als seine Augen sich weiteten, als Reita ein Messer zu Tage förderte. Es schien nur alt und stumpf, doch umso schmerzhafter würde es sein, wenn man es mit etwas Kraftaufwand durch das Fleisch trieb. Als der junge Wärter einen Schritt näher an den Fremden trat, schüttelte der hektisch den Kopf und schien sich wenig darum zu kümmern, dass seine Hose noch immer in den Kniekehlen hing. „Reita, das darfst du nicht!“, brachte der Riese leise hervor und Ruki legte den Kopf schief. Er wusste nicht, wovon der Fremde redete, doch er war sich sicher, er würde jeden Moment zu Besinnung kommen und ihm würde klar werden, dass er sich mit Leichtigkeit zur Wehr setzten konnte. Doch noch tat er es nicht und wenn Ruki ehrlich war, schien der Große es noch nicht einmal in Erwägung zu ziehen. Auf Reitas Gesicht bildete sich hingegen ein breites hinterhältiges Grinsen. „Du weiß, wie egal mir in deinem Fall ist, was ich darf und was nicht. Einen Finger habe ich dir schon genommen und ich erinnere mich nur zu gerne an das kleine Blutbad. Dir sollte klar sein, dass ich keine Hemmungen habe, das ganze noch einmal zu machen, also würde ich dir raten, zu verschwinden, so lang du noch unbeschadet kannst!“ Er beugte sich zu dem Anderen und setzte das Messer an, doch panisch zog der Fremde die Hand zurück und seinen Lippen entkam ein beinahe kindliches Japsen, als er sie wie einen Schatz an seine Brust drückte. Doch das Grinsen fiel nicht von den Zügen des Wärters ab. Er zog die fremde Hand wieder zu sich heran. „Ein Finger? Oder doch lieber der Daumen?“, fragte er hinterlistig und ganz offensichtlich vergnügt und setzte das Messer an jedem Finger probehalber an, ehe er sich entschloss und es in das fette Fleisch drückte. „Nein!“, wisperte der Fremde schnell und versuchte sich schnellstmöglich wieder aufzurappeln, nachdem er Reita seine Hand wieder entzogen hatte. Doch wieder fiel er und erst nach einem weiteren Versuch stand er und zog sich seine Hose wieder an, während er unbeholfen Rückwärts stolperte und seinen Blick nicht von dem Wärter abließ. „Du bist der Teufel persönlich! Lebendig sollte man dich verbrennen!“, sagte er verschwörerisch, doch es gelang ihm nicht, die Angst aus der Stimme zu verbannen, während er noch weiter zurückwich und an der Wand hinter sich nach der Tür tastete, die nur ein wenig links von ihm war. Doch Reita lachte nur. „Ein Teufel beherrscht die Flammen. So kannst du ihn nicht töten, du machst ihn nur stärker!“, war seine triumphierende Antwort und nach einem letzten panischen Blick rannte der Fremde davon, als er sich endlich wagte, dem „Leibhaftigen“ den Rücken zuzukehren. Perplex blinzelte Ruki. Ihm war nicht klar, wie Reita das geschafft hatte. Doch der drehte sich mit einem Mal um, sah Kanon einen Moment an, der unter seinem plötzlichen Blick erschrocken zusammenzuckte. Wie vermutet blutete er, doch Reita wusste, dass es nicht in seiner Macht lag, seine Gefangenen zu verarzten. Er seufzte gedehnt, griff nach einer Decke und legte sie um den zitternden Schwarzhaarigen. Doch dann wandte er sich zu dessen Bruder. Der hatte sich noch immer nicht bewegt, doch er lächelte. „Danke...“, hauchte Aoi und der größere Blonde stand auf, ging zu ihm herüber und legte vorsichtig die Arme um den schmalen Körper. Dieser erwiderte die Umarmung zögernd, ehe er sich in den Stoff von Reitas Hemd krallte, den Kopf an dessen Schulter presste und leise begann zu schluchzen. „Er war plötzlich da. Ruki wollte uns helfen, aber er konnte es nicht und ich habe es auch nicht geschafft...Er war zu groß!“, brachte er stockend hervor, während der Wärter ihm unerwartet liebevoll über den Rücken strich und versuchte, ihn zu beruhigen. „Es ist gut. Jetzt bin ich da, keine Angst. Es tut mir leid, dass ich euch allein gelassen habe.“, hauchte er in das Ohr des Schwarzhaarigen. Er kannte Aoi schon so lang und es tat ihm noch immer weh, ihn weinen zu sehen. Wenn er es genau nahm, so schmerzte es mit jedem Mal mehr, auch wenn es nie jemandem erzählt hätte. Doch plötzlich mischte sich der andere Blonde ein. „Wo ist Miku?“, fragte er kraftlos. Sein Bruder war nie ein Feigling gewesen, er konnte sich also nicht vorstellen, dass er einfach weggelaufen wäre. Deshalb wusste er nun nicht, wohin er gegangen sein könnte. Und nun wurde auch Kanon aufmerksam. „Er wollte dich doch holen, Reita!“, warf er leise ein und der Angesprochene sah erst ihn an, dann wandte sich sein Blick kurz zu Ruki, ehe er mit den Schultern zuckte. „Hat er auch gemacht. Und er hatte einige Polizisten auf dem Hals. Was passiert ist, als ich weg bin, habe ich nicht mitbekommen. Und wenn ich ehrlich sein soll, ist mir das auch reichlich egal.“, erwiderte er kühl. Verärgert zogen sich Rukis Augenbrauen zusammen und er versuchte aufzustehen. „Du mieses dreckiges Arschloch!“, zischte er , stand schließlich wacklig auf den Beinen und funkelte den anderen Blonden gefährlich an. Doch der hob nur unbeeindruckt eine Augenbraue. „Er ist mein Bruder verdammt!“, schrie Ruki aufgebracht, doch Reita grinste nur und ließ Aoi langsam los. „So einen riesigen Typen kannst du vielleicht beeindrucken und verjagen, aber mich nicht!“, knurrt der Kleine weiter, doch er bemerkte, dass Reita nicht einmal versuchte, ein Lachen zu unterdrücken, ehe auch er aufstand. „Du Knirps kannst noch nicht einmal wieder stehen aber die Klappe aufreißen, darin bist du wohl ganz groß was?! Mir ist schon klar, dass du mehr Hirn hast als dieser Affe, aber das ist ja auch nicht schwer. Du solltest es noch einmal einsetzten, wenn es nötig ist. Ich bräuchte nur zu Pusten und du fällst gleich wieder um, also pass auf, wann und mit wem du dich anlegst.“, grinste er und tippte dem Kleineren ein Mal auf die Brust. Dieser taumelte etwas, doch er schaffte es, sich an der kühlen Wand hinter sich zu halten. Mit einem selbstgefälligen Grinsen schüttelte Reita den Kopf, ehe er sich wieder den anderen beiden zuwandte. „Ich bringe euch erst einmal etwas zu essen, dann reden wir vielleicht weiter.“, sagte er nur ruhig und verließ dann die Zelle, ehe er die Tür hinter sich schloss. ~*~ Er konnte nicht sagen, dass er sich wirklich wohl fühlte. Irgendwie war das hier alles noch viel vornehmer, als er sich vorgestellte hatte und er fürchtete, dass er durchschaut werden würde. Doch fürchtete er nicht nur um seinetwillen, sondern vor allem um seinen Freund. Er wusste, dass Menschen aus der „unteren Bevölkerungsschicht“, wie der Herr des Hauses sie betitelte, hier nicht gern gesehen waren. Doch während er selbst wahrscheinlich nur vor die Tür gesetzt werden würde, wollte er sich gar nicht erst ausmalen, was für Folgen dieser Besuch für den Anderen haben könnte. Sicherlich würden sie sich lange Zeit nicht mehr sehen, Und das, wo Weihnachten so kurz bevorstand und sie schon vor einiger Zeit beschlossen hatten, diesen Tag zusammen zu verbringen. Ihr erstes gemeinsames Weihnachtsfest. Noch einmal ließ er seinen Blick durch die helle Halle schweifen, zog erneut den geliehenen Anzug zurecht, als er eine Hand an seiner spürte. Er sah auf und erblickte das sanfte Lächeln des Älteren. Vorsichtig erwiderte er es. „Alles in Ordnung?“, drang die leise Frage an sein Ohr und er nickte, doch als sich am oberen Treppenabsatz etwas regte, wurde die Berührung, die er als so angenehm empfunden hatte und die ihm Mut gab, augenblicklich gelöst. Sein Blick wandte sich hinauf und er erkannte eine Frau mittleren Alters, die die Treppe hinab kam. Ihr helles Kleid war ihm selbst etwas zu prunkvoll, doch es gefiel ihm, wie die langen schwarzen Haare mit vielen Spangen zu einer komplizierten Frisur hochgesteckt waren Nur vereinzelt fielen Strähnen hinab, welche zu verspielten Löckchen gedreht waren. Als sie die beiden Jungen entdeckte, lächelte sie und augenblicklich war ihm selbst klar, von wem sein Freund dieses Lächeln hatte, das ihn so sehr bezauberte. „Teruki, ihr seid schon da? Ist es denn schon so spät? Und wo ist dein Vater?“, fragte sie ihren Sohn sanft und blieb ihnen gegenüber stehen, ehe sie auch dem zweiten Beachtung schenkte. „Du musst Kai sein. Guten Abend!“, begrüßte sie ihn höflich und hielt ihm eine Hand entgegen. Der Jüngste ergriff sie vorsichtig und hauchte einen zarten Kuss auf den Handrücken, wie es ihm nur kurz zuvor noch einmal gesagt worden war und es in feinren Kreisen wohl Sitte war. „Einen wunderschönen guten Abend, Miss!“, erwiderte er den Gruß und ließ die Dame die hand zurückziehen. Sie nickte ihm lächelnd zu und obwohl ihre Fragen unbeantwortet blieben, wandte sie sich um und nachdem sie ihnen bedeutet hatte, zu folgen, ging sie in das angrenzende Esszimmer. Er nutzte die Gelegenheit und warf dem Anderen einen hilflosen Blick zu. Er war froh, nur zum Essen zu bleiben und die Anspannung war enorm. „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee war.“, flüsterte er schnell, doch Teruki lächelte nur. „Wird schon gut gehen.“, antwortete er ruhig, sah sich einmal kurz um und hauchte dem Jüngeren einen Kuss auf die Lippen. Der schloss einen Moment die Augen, atmete dann einmal tief durch. Er wollte ihn doch nur nicht verlieren. Und das nicht des Geldes Wegen. Doch dann öffnete er die Augen wieder, ließ seine Ängste unausgesprochen und sah zu dem Anderen herüber. Der strich ihm noch einmal vorsichtig über die Wange. „Komm, sonst bekommt sich noch einen Verdacht. Und Paps kommt sicher auch bald und dann wollen wir doch nicht immer noch hier stehen, während Mum am Tisch wartet.“, sagte er sanft und gab ihm einen sanften Anstoß. Zögernd ging auch Kai ins Esszimmer. Wenn das mal nur gut ging! ~*~ Irgendwie nervös hielt er die Tasse warmen Tees in den Händen. Seine Kleidung war nass von dem Schnee und er fröstelte etwas. Doch er sagte nichts und er sah nicht auf. Zum Einen war ihm die Situation noch immer peinlich, zum Anderen wollte er nicht unnötig Umstände machen und der Kleinere hatte bereits vor wenigen Minuten weiteres Holz auf das wärmende Kaminfeuer gelegt. Doch diese Minuten kamen ihm vor wie Stunden und noch immer saßen sie zusammen in dem Zimmer und schwiegen sich an. Nervös wippte Miku mit dem Fuß. Ihm gefiel diese Stille nicht, doch er wusste nicht, was er sagen sollte. Er kannte den Jungen doch nicht einmal. Doch dass es sich bei seinem Gegenüber um eine männliche Person handelte, dessen war er sich sicher. Immerhin trug er Jungenkleider und seine Stimme deutete darauf hin. Er nahm vorsichtig einen Schluck des Tees, der mittlerweile etwas angekühlt war, sodass er sich wenigstens nicht noch den Mund verbrennen konnte. Seinen Lippen entkam ein leises Seufzen, ehe er sich doch wagte, den Blick zu heben und sich einmal kurz in dem Raum umzusehen. Das Zimmer war zwar hoch, doch es war nicht besonders groß, wodurch sich die Wärme, die der Kamin ausstrahlte, gut in ihm verteilen konnte. Ein leises Räuspern ließ sich seinen herumirrenden Blick jedoch auf den Blonden legen. Er legte den Kopf etwas schief und wartete darauf, dass er etwas sagte. Doch noch hielt der Kleinere selbst den Blick gesenkt und fuhr sich einmal kurz durch das Haar, bevor er Miku nun doch ansah. „Hast du eigentlich wirklich was geklaut oder warum waren sie sonst hinter dir her?“, fragte er leise und sah den Anderen aufmerksam an. Doch der schüttelte sofort heftig den Kopf. „Nein ich habe nichts geklaut!“, wehrte er resolut ab, doch als er das misstrauische Funkeln in den dunklen Augen sah, fuhr er ruhiger fort. „Ich musste nur schnell zu Reita, weil seine Hilfe dringend benötigt wurde. Und ich habe nicht so genau darauf geachtet, wen ich unterwegs umgerannt habe und wahrscheinlich bin ich ihnen auch ein wenig zu schnell über den Markt gelaufen.“, versuchte er zu erklären, wollte auf den genauen Grund, weshalb Reitas Hilfe benötigt wurde, nicht weiter eingehen. Er war der Meinung, dass es den Anderen einfach nicht wirklich etwas anging. Doch der hob nur zweifelnd eine Augenbraue. „Wer brauchte denn seine Hilfe, dass er nicht selbst kommen konnte? Versteh mich nicht falsch, normalerweise mische ich mich nicht in eine Gelegenheiten ein, aber er hat im Gefängnis viel zu tun, kennt hier draußen nicht so viele Leute und ich weiß nicht, wer so dringend nach ihm verlangt haben könnte. Und ich will schon gern wissen, wen ich zu uns ins Haus hole.“, versuchte Bou ihm klar zu machen. Allerdings wusste er eigentlich nicht wirklich, wen Reita kannte und wen nicht. Sein Bruder erzählte ihm nichts, kümmerte sich eigentlich gar nicht um ihn und wenn sie einmal in Familie fortgingen, ignorierte der Ältere ihn, es sei denn, er benötigte etwas. Reita schien ihn einfach nicht als einen Bruder zu sehen, eher wie ein lästiges Anhängsel, doch auch wenn ihn das verletzte, vermisste er seinen Bruder, wenn er so lang immer nicht zu Haus war und er war ihm gern zur Hand. Noch hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es irgendwann besser werden würde, auch wenn es schon seit Jahren keine Anzeichen derart gab. Doch davon wollte er sich von Fremden nichts anmerken lassen. Zwar hatte er Miku ins Haus gelassen, doch nur, weil der ihm leid getan hatte und sympathisch wirkte. Er wollte ihn nicht einfach dort draußen vor ihrem Gartentor auf dem nassen Boden sitzen lassen, vollkommen entblößt und den Blicken aller Leute ausgesetzt. Und trotzdem hatte der sich noch nicht einmal vorgestellt. Nun schien er zu überlegen, was er sagen sollte, biss sich etwas auf die Unterlippe, ehe er tief Luft holte und seinen Blick auf die Wand hinter Bou richtete. „Unsere Familie hat nicht viel Geld.“, begann er stockend und der Kleinere zog verständnislos die Augenbrauen zusammen. Er verstand nicht, wie sein Gegenüber darauf kam und was das mit ihrer bisherigen Unterhaltung zu tun hatte. Doch er wollte weiter zuhören, vielleicht würde er den Zusammenhang dann verstehen. „Mein Bruder wollte uns etwas zu Essen besorgen. Er hat einen der Händler auf dem Markt um etwas Brot erleichtert und wurde leider erwischt. Seitdem liegt sein Wohl in den Händen deines Bruders und ich besuche ihn öfters. Auch heute. Allerdings kam es heute, wo Reita nicht da war, zu einem unschönen Zwischenfall, den nur er bereinigen konnte. Deswegen habe ich ihn geholt. Aber ich bitte dich, zwing mich nicht dazu, dir Einzelheiten davon zu erzählen.“, bat er leise und sah bittend zu dem Kleineren. Der erwiderte seinen Blick aufmerksam, schien abzuwägen, wie er reagieren sollte und sagte einige Zeit gar nichts, doch dann nickte er. „In Ordnung. Dafür sagst du mir aber noch deinen Namen.“, verlangte er und beobachtete, wie der Größere etwas blinzelte. Er war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen in der Zeit, seitdem er eingelassen worden war, als dass er bemerkt hatte, dass er sich noch gar nicht vorgestellt hatte. Eine erneute Röte kroch ihm in die Wagen und er senkte den Blick etwas. Er hatte nicht vorgehabt, unhöflich zu sein, doch es passierte ihm immer wieder, dass er solch wichtige Kleinigkeiten nicht bemerkte. Und er wusste, dass dies nicht nur bei ihm so war, denn es lag in der Familie. Während er die Tasse noch immer in einer Hand festhielt, kratzte er sich verlegen am Hinterkopf, doch als er die Lippen öffnete, um zu antworten, wurde Bou zu ungeduldig. „Nun?“, fragte er und legte den Kopf schief. „Oder hast du gar keinen Namen?“, scherzte er und ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Eh?“, erwiderte der Größere und blickte überrascht auf. Doch dann erwiderte er das vorsichtige Lächeln. „Natürlich habe ich einen.“, fing er an, ehe er die Tasse abstellte und aufstand. „Miku.“, stellte er sich vor und verbeugte sich übertrieben vor dem Blonden und mit einem Grinsen auf dem Gesicht. Doch der verstand den Spaß und lachte leise, ehe er ihm durch das Haar wuschelte. Doch dann drang aus einem der Nebenzimmer eine Stimme zu ihnen herüber. „Bou, hilfst du mir bitte dabei, den Tisch abzuräumen?“, rief eine Frauenstimme und wie aus Reflex sprang der Junge sofort auf, hatte für die Sekunde Miku vollkommen vergessen und lief so direkt in ihn ein. Erst sah er ihn verlegen an, dann blinzelte er etwas. „Ich komme gleich, einen Moment noch!“, rief er in die Richtung, aus der die Stimme zu ihnen gedrungen war, dann sah er Miku wieder an. „Deine Sachen sind ja vollkommen nass. Dir muss doch kalt sein.“, murmelte er und zupfte etwas an der Kleidung. Doch der Andere legte den Kopf nur etwas schief. „Naja etwas..:“, fing er stammelnd an, doch Bou schüttelte nur den Kopf. „Wieso sagst du denn nichts, du wirst doch nur krank!“, mahnte er, bevor er nach einer Hand Mikus griff und ihn hinter sich her eine Treppe hinauf führte. Erst wusste der nicht, wie ihm geschah, doch noch bevor er sich versah, betraten sie einen Raum und der Kleinere begann, etwas in einem Schrank zu suchen. Er kam gar nicht dazu, darüber nachzudenken, was er denn nun suchen könnte, als er auch schon einige frische trockene Kleider in der Hand hielt. Bou stand vor ihm und sah ihn ernst an. “Zieh das an, es müsste passen. Jedenfalls denke ich das. Und dann kannst du nach unten kommen. Rechts von der Treppe ist das Esszimmer. Wenn ich mich recht erinnere, dann ist auch noch etwas zu Essen da, falls du Hunger hast.“, sagte er ruhig, doch in einem Tonfall, der keine Widerrede duldete und den Miku niemals von ihm erwartet hatte. Deshalb nickte er nur ergeben und sah dem Kleineren hinterher. Als die Tür wieder geschlossen war, überlegte er noch einen Moment. Er kannte doch diese Familie gar nicht und doch wurde er freundlich aufgenommen. Jedenfalls von dem kleinen Blonden. Wieso also sollte er dann nicht einfach die Situation nutzen und das Beste aus ihr machen? Kapitel 4: ----------- Der Abend, den er bei dieser fremden Familie verbrachte, wurde noch recht lang. Er wunderte sich etwas, wie es kam, dass Reita so unfreundlich geworden war, obwohl der Rest seiner Familie so freundlich war und selbst ihn einfach aufgenommen hatte, auch wenn es ja nicht für lang war. Und doch konnte er sich nicht wirklich wohl fühlen. Zwar wurde er eingeladen, sie noch einmal zu besuchen, doch er hielt es für wahrscheinlicher, dass er dies nicht tun würde. Er fühlte sich trotz allem in diesem Haus nicht wohl, war diesen Standard gar nicht gewohnt. Dass er immerhin durch dies gesamte Stadt musst, um überhaupt in dieses Viertel zu gelangen, das störte ihn weniger. Immerhin besuchte er ja auch seinen Bruder im Gefängnis beinahe täglich und bis dorthin war es beinahe die gleiche Wegstrecke. Und dort wartete nicht einmal ein warmes Haus und eventuell sogar etwas zu Essen auf ihn. Als er sich bei den netten Menschen verabschiedete, war es bereits dunkel und die Sterne standen hoch am Himmel. Und doch war es nicht dunkel. Es war Vollmond und keine Wolke war weit und breit zu sehen. Er wickelte sich noch etwas weiter in seine Jacke, zog sie eng um seinen Körper, denn es war wirklich kalt. Ein wenig nervös sah er sich um. Es sollte eigentlich niemand mehr unterwegs sein, doch er vermutete, dass manch finstere Gestalt noch immer auf den Straßen herumstreunte. Also beeilte er sich, um nach Haus zu kommen. Er kam an einem Wirtshaus vorbei. Durch die Fenster drang noch immer helles Kerzenlicht und ein lautes Stimmenwirrwarr drang ein sein Ohr. Nur kurz blieb er stehen, um einen Blick in das Gebäude zu werfen. Mehrere Männer schienen sich zu streiten, worum auch immer. Er wollte nicht Zeuge von dem werden, was passieren konnte. Er wusste zu gut, was noch passieren könnte, also ging er weiter. In diesem Moment flog auch schon die Tür vor ihm auf und einer der Männer wurde herausgeworfen. Nur knapp konnte er selbst ausweichen und erschrocken versteiften sich seine Glieder, während seine Augen sich weiteten. Dem Mann wurden noch einige Flaschen nachgeworfen und verfehlten den Fremden nur knapp, der mittlerweile wieder aufgestanden war und laut fluchte. Miku schien hier niemand zu bemerken und sobald die Tür wieder geschlossen war, setzte der seinen Weg fort, stieg über die Scherben und machte, dass er dort wegkam, bevor der Fremde auf die Idee kam, seine Wut an ihm auszulassen. Es reichte, dass an diesem Tag schon ein Ekel sich an jemandem vergriffen hatte. Und das war nur das gewesen, was er bemerkt hatte. Er schluckte schwer, als er sich an diesen Typen erinnerte. Er hoffte, dass Reita noch rechtzeitig gekommen war und beschloss, gleich morgen einmal nachzusehen. Doch bis dahin hatte er ein anderes Problem. Er musste zusehen, dass er seinem Vater nicht über den Weg lief. Er hatte ihm verboten, so spät noch unterwegs zu sein. Doch hinter ihm in der Gasse war Stille, nur kurz raschelte Etwas, ehe ein Kätzchen ihm über den Weg lief. Ein trauriges Lächeln legte sich auf seine Lippen. Er hoffte, dass es jemandem gehörte, der sich gut um es kümmerte und dass es einen warmen Unterschlupf hatte, damit es diesen Winter gut überstand. Als er endlich zu Haus war, blieb er noch einen Moment vor der Tür stehen und lauschte angespannt. Nichts war zu hören und so ging er davon aus, dass seine Eltern schon tief und fest schliefen und so schob er die Tür leise auf und spähte angestrengt in den dunkeln Raum dahinter. Nichts war zu sehen, also schlich er sich hinein und zu dem Zimmer, dass er sich sonst mit seinem Bruder teilte. Auch hier war weitesgehend alles düster und nur das Mondlicht schien von der Seite hinein. Auch diese Tür schloss er still hinter sich und lehnte sich dann mit einem erleichterten Seufzen dagegen. Niemand schien bemerkt zu haben, wie spät es wirklich war, als er das Haus erreicht hatte und das bedeutete, dass es keine Strafen geben würde. Und mit diesem Bewusstsein zog er sich schnell um und verkroch sich in seinem Bett, kuschelte sich in seine Decke und schlief ein. ~*~ Insgeheim war er froh über die Sitten der Reichen und Feinen. Denn beim Essen wurde nicht gesprochen und so konnte er auch nicht ausgefragt werden und warf nur ab und an ein wenig nervöse Blicke zu den Anderen. Er wusste immerhin nicht, was danach passieren würde. Als er satt war, legte er sein Besteck auf dem Teller ab, wie Teruki es ihm beigebracht hatte und lehnte sich an den Stuhl zurück. Er lächelte freundlich. „Das hat sehr gut geschmeckt, vielen Dank.“, sagte er höflich, ehe ein Bediensteter den Teller abräumte. Die Dame des Hauses sah auf und lächelte ihr bezauberndes Lächeln. „Nicht wahr. In diesem Haushalt kocht die beste Köchin, die Sie finden können.“, sagte sie und nickte dem Angestellten zu, als er auch ihren Teller in die Küche bringen wollte, dann sah sie wieder zu Kai. „Wie ist denn ihre Köchin so?“, fragte sie und einen Moment stockte er. Er durfte sich jetzt nichts anmerken lassen, war er sich doch auch des aufmerksamen Blickes von Terukis Vater, einem angesehenem Arzt dieser Stadt, bewusst. „Unsere Köchin ist wunderbar, auch wenn sie nicht ganz an die Klasse der Ihren heranreicht.“, erzählte er und versuchte glaubwürdig zu bleiben. Denn seine Köchin war lediglich seine Mutter und bei der gab es nicht annähernd so gutes Essen wie hier. Aber das war ohnehin klar gewesen. Das hätten sie sich niemals leisten können. Doch die junge Frau lachte leise. „Vielleicht ergibt es sich ja einmal, dass wir das irgendwann einmal selbst herausfinden.“, scherzte sie und einen Moment setzte sein Herz aus. Sie durften auf keinen Fall zu ihm nach Haus kommen, sonst wären er und Teruki geliefert gewesen und nun begann auch sein Lächeln zu wanken, als Wogen der Angst und Hilflosigkeit über ihn schwappten. Wie sollte er nun reagieren? Er wusste nicht, dass sich diese Leute niemals selbst einladen würden. „Sicher Mutter. Irgendwann einmal vielleicht.“, schaltete sich nun auch der junge Sohn der Gastgeber ein, als er selbst nicht antwortete. „Wir werden sehen. Und wenn ihr erlaubt werde ich nun Kai das Haus zeigen und ihn dann noch ein Stück nach Haus begleiten.“, fuhr er fort, während Kai sich noch immer nicht bewegte und der Doktor sich weiter aufgesetzt hatte und den Jüngsten mit einem misstrauischen Blick gefesselt hielt. Doch die Dame des Hauses nickte nur freundlich und genau das war es gewesen, worauf ihr Sohn es abgesehen hatte. Er wusste, dass sie nichts lieber tat, als mit ihrem Geld zu protzen. Also erhob er sich und legte Kai mit einem aufmunterndem Lächeln die Hand auf die Schulter. Der zuckte zusammen und sah dann auf, ehe er auch wieder lächelte und mit einem weiteren „Vielen Dank“ aufstand, um dem Ältern aus dem Raum zu folgen. Als sie außer Sicht waren, atmete er erleichtert auf. „Oh mein Gott, das war knapp.“, sagte er nur, doch Teruki lachte nur leise, sodass er verwundert aufsah. Wieso lachte er jetzt? Doch vorsichtig strich der ihm über die Wange. „Keine Angst. Ich passe schon auf dich auf.“, sagte er leise, doch das Gesicht des Jüngeren hellte sich durch die gut gemeinten Worte nicht auf. „Und wer passt dann auf dich auf?“, fragte er leise, doch der Ältere schüttelte den Kopf. „Mach dir nicht solche Sorgen, Darling. Komm.“, war die ruhige Antwort, als Teruki schon nach seiner Hand griff und ihn hinter sich herzog. Es dauerte eine Weile, bis er Kai das ganze Haus gezeigt hatte, doch nur, um den Schein zu waren. Ihm selbst interessierte es nicht so sehr, wie viel Geld seine Eltern hatten und noch weniger begeisterte es ihn, damit anzugeben. Doch hätte er diese Führung unterlassen, das wusste er, hätten seine Eltern es bemerkt und wären neugierig nach dem Grund geworden. Und welche Ausrede hätte er denn erfinden können, ohne unhöflich zu werden? Aber dann reichte er endlich seinem Freund dessen Mantel , ehe er seinen eigenen überzog und mit ihm in die Nacht hinausging. Eine ganze Zeit liefen sie schweigend nebeneinander her, ein jeder in seine Gedanken versunken. Der frisch gefallene Schnee des späten Nachmittags knirschte unter ihren Füßen, das einzige Geräusch, welches die nächtliche Stille durchbrach, doch dann kam der Punkt, an dem sie sich heute trennen mussten. Leise seufzte der Ältere und sah noch einmal in den Himmel hinauf, ehe er zu Kai hinabsah. „Also dann...“, begann er leise und der Andere schenkte ihm ein liebes Lächeln. „Pass auf dich auf, hörst du.“, fuhr Teruki fort und beugte sich zu dem Jüngeren, um ihm zum Abschied einen letzten Kuss für diesen Abend zu rauben, den dieser nur zu gern erwiderte. Doch dann blieb ihm nicht viel mehr, als dem Anderen nachzusehen. Der drehte sich noch einmal um, warf ihm einen Luftkuss zu, den er mit einem sanften Lächeln auffing. „Ich liebe dich!“, waren die ruhigen Worte, die durch die Nacht an das Ohr des Älteren getragen wurde und zur Antwort formte er mit seinen Händen ein kleines Herz für den Anderen. Doch dann drehte der sich um und Teruki musste ihm nachsehen, wie er in seine Welt verschwand, ehe er sich wieder auf den Weg in seine eigene machte, als er ihn nicht mehr sehen konnte. Er seufzte leise. Warum nur konnten nicht einfach alle Menschen gleichgestellt sein? ~*~ Die Tage vergingen und endlich stand Weihnachten vor der Tür. Nur noch ein letzter Tag, die letzte Nacht vor dem Fest. Ein tiefes Seufzen entkam Rukis Lungen und der Dampf waberte durch die Luft. Es war noch kälter geworden und trotzdem stand er an dem „Fenster“ und sah hinaus. Er hörte Aois leisen Atem hinter sich. Er schlief. Wenigstens hatte er sich körperlich von der Attacke des Fremden wieder halbwegs erholt und auch der Blonde selbst hatte keine Schmerzen mehr. Wie es Kanon ging wusste er nicht. Der Junge war gleich am nächsten Tag wieder in seine eigene Zelle gebracht worden, noch ehe Miku wieder zu ihnen kam. Er war unendlich erleichtert gewesen, dass seinem kleinen Bruder nichts weiter passiert war und noch immer war er wütend darauf, dass Reita sich nicht wenigstens etwas um ihn gekümmert hatte. Es hätte alles mögliche geschehen können, aber der Herr machte sich um so etwas ja keine Gedanken. Er war einfach nur ein egoistisches Arschloch – in seinen Augen, auch wenn sein schwarzhaariger Zellengenosse ihn immer wieder vom Gegenteil überzeugen wollte. Bis er das schaffte würde es wohl noch eine ganze Weile dauern. Aber zur Zeit kam es ihm vor, als würde er diese Weile auch Zeit haben. Er fragte sich, ob man ihn hier überhaupt noch einmal herauslassen würde. Aber wenn doch, dann würde er erst einmal nach Haus gehen, sich wieder einmal richtig waschen, sich umziehen und dann seine Freunde besuchen. Allen vorweg Kai, zum Teil auch die Hoffnung hegend, dass dessen Cousin, Uruha, noch immer da sein würde. Er hatte den Braunhaarigen als Kind schon gemocht, dann aber den Kontakt verloren, als er mit seinen Eltern die Stadt verlassen hatte. Aber wenn er sich an den Anblick erinnerte, als er ihn hier unten besucht hatte, war er sich sicher, dass es ihm besser ergangen war als ihm selbst. Es wurmte ihn regelrecht, dass sie sich hier unten hatten wiedertreffen müssen. Wenn er sich recht erinnerte, dann war es ähnlich wie bei Reita und Aoi. Die beiden hatten sich auch gekannt und aus den Augen verloren und sich dann im Gefängnis wieder getroffen. Das waren doch so jämmerliche Umstände. Und bei den schwarzhaarigen Brüdern war es wahrscheinlich noch schlimmer als bei ihm. Er fand es schon traurig, dass ihn hier nur einmal jemand besucht hatte, wenn er einmal von den fast täglichen Besuchen Mikus absah. Aber dass die anderen beiden jemals jemand besucht hatte, daran konnte er sich nicht erinnern. Es war doch also kein Wunder, dass sie den jungen Wächter mochten. Er war doch ihre einzige Bezugsperson. Und erstaunlicherweise war er zu ihnen ja nett. Er schnaubte leise, wusste noch nicht, dass dieser Tag, an dem beinahe kein Mensch mehr unterwegs war, einiges ändern würde. Doch diese Änderung bahnte sich nun an. Erst waren nur Schritte auf dem Gang zu hören und er dachte sich nichts dabei, doch dann flog die Tür mit einem lauten Knall auf. Als er sich umdrehte, entdeckte er nicht nur Reita, sondern auch einen älteren Herren, der trotz dem fortgeschrittenen Alter und dem grauen Haar majestätisch vor ihnen stand. Aoi war aufgeschreckt und nach einem verwirrten Blinzeln sah er erschrocken zu diesem Mann auf, ehe er sich vor dessen Füße kniete und den Blick demütig gesenkt hielt, anscheinend jeden Muskel angespannt. Und auch Ruki hatte diesen Mann schon einmal gesehen und als er Aois Reaktion bemerkte war er sich sicher, dass es dessen Herr war, auf dessen Lippen nun ein gewinnendes Grinsen lag. Was wollte dieser Mann hier?! „Aoi, Aoi! Du bist so ein guter Junge. Zu schade nur, dass du weglaufen wolltest und immer wieder Ärger gemacht hast. Du hättest dir so vieles ersparen können. Nicht nur dir.“, sagte er und sah dann zu Ruki und sein Grinsen wurde noch breiter. „Aber weißt du was? Ich habe ein Weihnachtsgeschenk für dich.“, fuhr er fort und verwirrt hob der Schwarzhaarige den Blick zu seinem ergrauten Herren. Wieso sollte er ihm ein Geschenk machen? Er wusste, es würde nichts Gutes sein, egal wie gut es sich am Ende vielleicht anhörte. Bisher hatte dieser Mann es immer wieder geschafft, die schrecklichsten Dinge in schmückende Worte zu fassen. Doch er war lang genug bei ihm gewesen, um unterscheiden zu können. Doch der Mann sah wieder auf ihn hinab. „Mir ist zu Ohren gekommen, dass du dich sehr gut mit deinem Zellengenossen verstehst und ich dachte, es würde dich freuen, wenn ich dich an ihn verschenke.“, sagte er selbstgefällig, doch Aoi biss sich nur auf die Unterlippe. Er hatte es doch geahnt! Sein Herr wusste wahrscheinlich, dass Ruki gestohlen hatte, wusste, dass dessen Familie nicht einmal genug Geld hatte, um sich selbst zu versorgen. Zudem war der Blonde noch immer hier unten gefangen. Doch als er einen hilfesuchenden Blick zu Reita warf, wandte der nur den Blick ab. Er wusste, was Aoi beschäftigte und ihm war auch klar, dass Kanon an einen Anderen gegeben werden würde und so die beiden Brüder auseinandergerissen. Eine der schlimmsten Strafen, die es für die Beiden geben konnte. Viel lieber würde außerdem er selbst die beiden Schwarzhaarigen aufnehmen. Er kannte sie, kannte ihre Bedürfnisse und hätte sie versorgen können. Und er hätte gewusst, dass es ihnen gut gehen würde und dass sie nicht, um an so dringend benötigtes Geld zu kommen, an den Nächstbesten weiterverkauft wurden. Ruki wagte es nicht zu atmen, doch er bemerkte, dass, nachdem Reita ihm nicht helfen konnte, Aois Blick nun auf ihm ruhte. Ihm kam etwas in den Sinn und er holte tief Luft. „Was ist mit Kanon?“, fragte er also und der Blick des Fremden verfinsterte sich. Er wandte sich aufbrausen an Reita. „Woher weiß der kleine von dem?“; fragte er schroff, doch Reita antwortete nicht. Stattdessen fuhr Ruki fort. Immerhin wusste er, dass es eigentlich nicht erlaubt war, zu wissen, dass Aoi nicht allein hier unten war und für dieses eine Mal würde er Reita unterstützen, wenn auch etwas widerwillig. „Aoi hat es mir erzählt. Es ist ihm im Gespräch herausgerutscht.“, sagte er schnell, streckte dann aber die Hand aus und lächelte Aoi an. Der verstand und eilte zu dem Kleinen, als der wütende Mann gerade dazu ausholte und den Schwarzhaarigen treten wollte, von seiner Raserei getrieben, die sich so nur noch weiter steigerte. Seine Augen verengten sich und er sah seinem ehemaligen Sklaven nur nach. Er hatte ihn verschenkt und jetzt durfte er ihm nichts mehr tun, so waren die Regeln, doch auch Aoi hatte die Regeln gebrochen und sein Verbot, von seinem Bruder zusprechen, gebrochen. Und trotzdem schnaubte er nun erzürnt. „Ach nimm ihn dir doch und werd glücklich mit ihm!“, knurrte er, warf noch einen warnenden Blick zu Reita und wandte sich zum Gehen. Doch in der Tür sah er sie noch einmal nacheinander an. “Möget ihr Pack doch verhungern. Alle zusammen!“, knurrte er und verschwand dann mit wehendem Mantel. Ruki sah ihm nach, als wäre alles eine Erscheinung gewesen. Eine Halluzination, weil es so eisig war und erst nach einigen Minuten fiel die Spannung von ihm ab, auch wenn er noch immer auf die geöffnete Tür starrte. „Kneif mich mal“, murmelte er und Aoi sah ihn nur verwirrt an, legte den Kopf schief. „Wieso?“, fragte er. Er verstand nicht. Doch nun wandte Ruki ihm den Blick zu. „Ich will wissen ob das gerade wirklich passiert ist.“, sagte er und Aoi fing leise an zu kichern. „Hai das ist es. Und wenn du mir nicht glaubst...“, begann er und zwickte den Kleineren in den Arm, der darauf das Gesicht verzog, „...dann glaubst du dem sicherlich.“, fuhr der Schwarzhaarige fort und nun sah auch Reita sie wieder an. Auch er schien nicht zu begreifen, was auf einmal los war, auch wenn er nicht leugnen konnte, dass er es besonders schlimm fand. Okay, lang würde Ruki und seine Familie niemanden versorgen können, aber der Kleine war nicht so ein Tyrann und endlich gab es die Gewissheit, dass Aoi und Kanon zusammenbleiben konnten. Erst einmal jedenfalls. Auf Rukis Gesicht schlich sich derweil ein Lächeln und er knuffte Aoi in die Seite. „Dann kann Kanon ja endlich hierher. Da freut sich bestimmt nicht nur Miku, wenn er ihn endlich öfter sieht.“, sagte er und nickte bestätigend und auch Aoi begann zu strahlen, als der Kleine auffordernd zu Reita sah. Der begriff erst nicht, doch dann machte er sich auf den Weg, um Kanon die Nachricht zu überbringen. Als er zurückkam, war nicht nur der Schwarzhaarige bei ihm, der zwar humpelte, doch ein verwirrtes Lächeln lag auf seinen Zügen, sondern auch eine Nachricht hatte ihn erreicht. In der Tür blieb er stehen und sah zu dem anderen Blonden, als er die Arme verschränkte. „Übrigens. Mir wurde gerade gesagt, dass über dich entschieden wurde. Du hast verdammtes Glück Kleiner. Du kannst gehen!“ ~*~ Zusammen liefen sie durch die Straßen. Zwar hatte er seinem Cousin die Stadt schon gezeigt, doch heut schien die Sonne und es versprach, ein schöner Tag zu werden. Und so hatte sie sich schließlich auf den Weg gemacht, um die frische Luft an diesem Vorweihnachtstag noch ein wenig zu genießen. Der Größere schloss die Augen und streckte sich etwas, nachdem sie das Haus verlassen hatten. Dann holte er tief Luft und beeilte sich, um wieder aufschließen zu können. Er lachte leise. „Du hättest ruhig mal warten können.“, scherzte er, denn so schnell lief der Andere nun auch nicht. Der verstand den Spaß und sah mit einem Grinsen auf den Lippen zu dem anderen Braunhaarigen auf. „Wieso hätte ich das tun sollen?“, spielte er das Spiel also mit und Uruha legte darauf den Kopf schief. Er biss sich einen Moment leicht auf die Unterlippe und tat, als müsse er angestrengt überlegen, ehe er eine Antwort geben konnte. „Ich hätte mich zum Beispiel verlaufen können.“, sagte er schließlich und nun war es an Kai, leise zu lachen. „Natürlich, weil du dich hier auch ganz und gar nicht auskennst!“, gluckste er fröhlich. Der Tag war viel zu schön, um schlechte Laune zu haben. Auch wenn Uruha sich vorstellen konnte, dass es mit Ruki noch lustiger geworden wäre. Aber nun zuckte er nur mit den Schultern. „Natürlich nicht. Wie sollte ich denn? Ich habe ja nur bis zu meinem 10. Lebensjahr hier gelebt und es hat sich so gut wie nichts verändert. Und alles, was doch anders ist, das hast du mir gezeigt.“, antwortete er schließlich und lächelte sein liebstes Lächeln. Nun verfiel Kai erst recht in lachen. „Du hast so einen Schaden, weißt du das?“, japste er, doch der Andere lächelte weiterhin nur. „Muss wohl in der Familie liegen.“, sagte er unschuldig und während Kai stehen geblieben war und versuchte, sich irgendwie zusammenzureißen und wieder zu Atem zu kommen, ging er selbst schon ein kleines Stückchen weiter, sah sich ein wenig um. Und so bemerkte er nicht, wie sein Cousin hinter ihm etwas Anlauf nahm. Als er ihm schließlich auf den Rücken sprang, konnte er gar nicht so schnell reagieren und mit einem erschrockenen Laut gingen die beiden Jungen zu Boden. Nun musste auch Uruha lachen und als er sich wieder aufgerichtete hatte und auf Kai hinabsah musste er einfach den Kopf schütteln. „Ich sage doch, das liegt in der Familie!“, brachte er zwischen zwei Lachern hervor, ehe er sich eine Ladung Schnee zur Hand nahm und den Kleineren gehörig einseifte. Es dauerte nicht lang und dieser lag am Boden, hob ergeben die Hände, während er immer wieder leise kicherte. „Ist schon gut, ich ergebe mich!“ „Und du wirst mich nie wieder ohne Vorwarnung bespringen?!“ „Nein, ich schwöre. Ab sofort nur noch mit!“ Und darauf nickte der Größere mit einem zufriedenen Lächeln, ehe er sich wieder erhob. Das kalte Nass am Boden wurde doch allmählich etwas kalt. Dann hielt er seinem Cousin die Hand entgegen, der sie gern annahm und sich aufhelfen ließ. Allerdings wurde der Größere plötzlich ernster und verständnislos legte Kai den Kopf schief und blinzelte verwirrt. Was war denn jetzt los?! „Sag mal, wo warst du gestern eigentlich den ganzen Nachmittag?“, fragte Uruha schließlich und nun verstand auch Kai. Er wandte den Blick ab und begann, seine Kleider abzuklopfen, bemerkte, wie eine gesunde Röte in seine Wangen kroch. “Ich war bei einem Freund.“, murmelte er und der Größere musste sich zu ihm beugen, um ihn verstehen zu können. Dann zog er die Augenbrauen beinahe unmerklich zusammen. „Und warum hast du mich nicht mitgenommen? Du hättest mir wenigstens bescheid sagen können“, mahnte er und Kai biss sich auf die Unterlippe. Er hatte gewusst, dass das irgendwann passieren würde. „Hör zu,“, begann er und sah nun doch auf. „Ich konnte dich nicht mitnehmen. Ich...Ich kann ihn dir vorstellen und dann wirst du es verstehen, aber bitte frage jetzt nicht weiter!“, bat er und Uruha verdrehte die Augen, doch zunächst ließ er es auf sich beruhen. „Und wehe du vergisst das!“, mahnte er jedoch noch einmal, doch dann fiel sein Blick auf jemand anderes, der geradewegs auf sie zukam. Er stupste seinen Cousin an und deutete dann in die Richtung. „Sag mal, ist das nicht dieser Typ aus dem Gefängnis?“ ~*~ Jetzt war er also endlich zu Haus. Und doch konnte er nicht so froh darüber sein, wie er gehofft hatte. Sie hatten sich alle in dem Stall verschanzt und überlegten, wie es weitergehen sollte. Nachdenklich drehte er einen Strohhalm zwischen seinen Fingern, während eine kleine Ziege – sie war erst dieses Jahr geboren worden und er hatte sich die ganze Zeit um sie gekümmert – ihn mit der Nase sachte an der Hand anstupste. Er sah sie an, lächelte etwas und strich ihr über den Kopf. Als sein Bruder hereinkam und ein wenig warmen Tee für jeden brachte, ehe er sich zu ihnen setzte, sah er die Anderen an. „Habt ihr eine Idee, was wir jetzt machen könnten?“, fragte er. Nur wenig früher hatte er allen erklärt, dass die Beiden auf keinen Fall lang bleiben könnten. Und schon gar nicht durfte sein Vater sie erwischen! Doch Aoi und Kanon kuschelten sich nur ein wenig weiter unter die Decke, die man ihnen gegeben hatte und schüttelten den Kopf. Ruki seufzte leise. „Ich würde euch gern gehen lassen, aber ich befürchte, dann seid ihr noch schlimmer dran als so.“, fuhr er fort und stützte seinen Kopf in seine Hand, während er mit der anderen nach der Tasse griff, die sein Bruder vor einigen Jahren selbst getöpfert hatte. Er biss sich etwas auf die Unterlippe. Seine Freude, den beiden endlich helfe zu können war schnell verstrichen. Und auf einen Rat von Miku konnte er nicht hoffen, denn der saß schon die ganze Zeit nur dort und starrte Kanon an, es schien nicht, als würde er einen vernünftigen Gedanken fassen können. Was war nur los mit dem Kleinen, so kannte er ihn gar nicht! Aber darüber konnte er auch noch später nachdenken! Doch ein Rascheln ließ ihn panisch aufsehen. Er warf einen Blick über die Schulter, doch dann wandte er sich an die Schwarzhaarigen. “Versteckt euch!“, forderte er und sofort kletterten die Beiden so leise wie möglich die Leiter zum Heuboden, an deren Fuß sie bis eben gesessen hatten, hinauf. Der Herzschlag des Blonden hatte sich beschleunigt und schnell stellte er auch die Tassen beiseite. Wenn das sein Vater war, dann hätten sie ein Problem. Miku war schleunigst aufgesprungen und hatte angefangen, ihre einzige Kuh zu Bürsten und Ruki griff nach einem Eimer und wollte so tun, als würde er das Tier daneben melken, als er feststellen musste, dass es zwar aussah wie eine Kuh, allerdings der Bulle war. Er biss sich auf die Unterlippe, Schritte näherten sich und er wusste, sein Vater war nicht dumm, viel zu schnell hätte er sie durchschaut und auch sein Bruder warf immer wieder ängstliche Blicke in Richtung der Tür, von der das Licht, das der Schnee reflektierte, viel heller als gewöhnlich hereinschien und man den Staub im Lichtstrahl tanzen sah. Nun konnte der Blonde nichts weiter tun, seine Glieder versteiften sich und er wartete auf das, was kommen möge, starrte ihm regungslos entgegen. Doch als er die Person erkannte, die soeben eingetreten war, atmete er erleichtert auf. „Man erschreck mich nicht so! ich dachte du wärst mein Vater!“, fuhr er den Eindringling an. Erst dann bemerkte er, dass er nicht allein war und legte den Kopf schief. Kai lachte leise. „Seh ich denn so furchteinflößend aus wie dein Alter?“, fragte er scherzhaft. „Und wer hätte gedacht, dass du einmal froh sein würdest, den hier zu sehen!“, sagte er und schon seinen Blonden Begleiter nach vorn, während sich ein Dritter an den tragenden Balken des Stalles lehnte. „Reita!“, erklang sofort Aois Stimmte und der Schwarzhaarige kam hektisch die Leiter hinunter und eilte auf seinen ehemaligen Wärter zu, griff nach dessen Händen und sah zu ihm hinauf. „Was machst du denn hier?“, fragte er verwundert und doch konnte er die Freude in der Stimme nicht verbergen und Kai legte den Kopf schief, während Ruki und Uruha nur die Augenbraue hoben und Miku damit beschäftigt war, auch Kanon herunter zu helfen. Auf das Gesicht Reitas schlich sich plötzlich ein Lächeln, wie Ruki es in der ganzen Zeit nicht einmal gesehen hatte, doch dann wandte er sich mit wieder ernstem Ausdruck auf den Zügen an den neuen Herren des Schwarzhaarigen. „Ich hätte eine Idee, die euch sicher helfen wird.“, sagte er, doch Ruki lag zunächst eine andere Frage auf der Zunge. Damit wandte er sich an Kai. „Wie kommt der eigentlich hierher?“, fragte er misstrauisch und zeigte auf Reita, der nur die Augen verdrehte. Doch der Angesprochene zuckte nur mit den Schultern. „Wir haben ihn unterwegs getroffen und er hat uns gefragt, wie man zu dir kommen würde. Und anders hätte ich auch gar nicht mitbekommen, dass man dich treulose Tomate aus dem Loch endlich rausgelassen hat!“, beschwerte er sich unterschwellig und zog eine leichte Schnute. Doch der Blonde lächelte entschuldigend, ehe er wieder zu Reita sah, wie es die meisten anderen bisher bereits getan hatte. „Und was ist deine ach so tolle Idee?“, fragte er missmutig und konnte nicht verbergen, dass er Reita noch immer nicht leiden konnte und dass er es so nicht gewohnt war, der zu sein, der mehr oder weniger ein Gespräch leitete. „Ach komm ich auch endlich mal zu Wort du Miniaturausgabe einer Quasselstrippe!“, begann der Angesprochene und empört schob Miku die Unterlippe nach vorn. “Hey!“, warnte er, konnte er es doch nicht leiden, wenn man seinen Bruder beleidigte, während Uruha die Szene nur schweigend beobachtete. Doch Reita beachtete niemanden weiter, fixierte nur Ruki und hielt Aoi erstaunlich sanft. „Wie lange willst du es schaffen, die Beiden durchzufüttern?“, fragte er und nun war es an Ruki die Augen zu verdrehen. „Was meinst du, worüber wir die ganze Zeit nachdenken?“, erwiderte er und stemmte die Hände in die Hüften. „Also ich könnte eine ganze Weile für sie Sorgen, was hältst du also davon, wenn sie mit zu mir kommen?“, fragte er direkt und ohne Umschweife. Ruki legte den Kopf schief und hob eine Augenbraue. Er hätte in diesem Moment eine Summe für die Beiden verlagen können, doch soweit reichten seine Gedanken nicht und später würde er sich für sein Handeln in den Allerwertesten beißen. Doch nun schien er nur einen Moment abzuwägen. „Ich denke, das Beste wird sein, die Beiden frei zu lassen, sodass sie selbst entscheiden, wo sie hinwollen. Ich bin nicht so ein Fan von Sklaventum!“, erklärte er und bemerkte nicht, wie sowohl die Augen Aois, wie auch die seines kleinen Bruders aufleuchteten. Aber er bemerkte das Grinsen auf den Lippen Reitas. Dann nickte der. „Dann machen wir es so!“, bestätigte er und Aoi konnte nicht anders, fiel ihm um den Hals, während sich auch Kanon freudestrahlend an die nächststehende Person – Miku – klammerte. Allerdings störte den das nicht. Ein warmes Lächeln schlich sich auf seine Lippen und er warf einen dankbaren Blick an seinen Bruder. Dieser betrachtete die Szene zufrieden. Er freute sich immer wieder, wenn er anderen helfen konnte. Er bemerkte dabei nicht einmal den langen Blick, den der Größte in dem Raum ihm zuwarf. Er war anscheinend der einzige, der bemerkte, dass der kleine Blonde noch immer den Eimer für die vermeintliche Milch in der Hand hielt. Und er wusste, so war es schon immer gewesen. Dieser Kleine Kerl – Ein wenig trottelig vielleicht, aber um jeden Preis liebenswert. ~*~ Sooo...und an dieser Stelle mache ich erst mal Schluss mit dem Chap. ... ^^ Ich hoffe nur, mit dem nächsten geht es genauso schnell und trotzdem wieder etwas besser *nicht so wirklich damit zufrieden ist aber nicht so ganz weiß was noch anders machen kann/soll*, auch wenn ich leider nichts versprechen kann...o.o...und ich hoffe es war hier nicht allzu verwirrend. Für Fragen stehe ich trotzdem jederzeit zur verfügung...^^ Yo Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)