Trust in me! von little_bastard (- Vertrau´ mir! -) ================================================================================ Kapitel 12: Der erste Schnee ---------------------------- Mittlerweile hatte Ricu sein Wohnhaus erreicht und schloss die Hauseingangstür auf. Er ging die Treppen hinauf zu ihrer Wohnung. Noch einmal hielt er kurz inne. »Bitte Gott, lass ihn nicht zu Hause sein!«, flehte er in Gedanken, bevor er vorsichtig und so leise wie möglich die Wohnungstür ebenfalls aufschloss. Doch als er die Tür einen Spalt weit geöffnet hatte, wurde sie ihm sofort aus der Hand gerissen und sein Stiefvater, der plötzlich vor ihm stand schaute ihn finster an. Ricu sah ihm entsetzt entgegen. Sein Stiefvater packte ihn am Kragen, knallte die Wohnungstür zu und schleuderte ihn mit einer unbeschreiblichen Härte gegen die Wand. Ricu wurde es leicht schwarz vor Augen und er musste sich zusammen reißen, damit er nicht Bewusstlos wurde. "KANNST DU MIR MAL VERRATEN, WO DU HERKOMMST?", schrie sein Stiefvater ihn an. Langsam sank Ricu an der Wand zu Boden. Er wusste, dass dies erst der Anfang war und er sollte Recht behalten. Wäre er doch nur bei Katzuja geblieben, dann wäre ihm das hier nicht passiert, aber es war zu spät. Immer und immer wieder schlug und trat sein Stiefvater auf ihn ein, bis Ricu auf dem Boden lag und kaum noch bei Bewusstsein war. Noch nie in seinem leben hatte er solche Schmerzen gehabt. Doch das sollte noch nicht alles gewesen sein. Ricus Stiefvater ging in die Küche und kam mit einem Messer in der Hand zurück. "NA WARTE, DU SOHN EINER HURE, DIR WERDE ICH BENEHMEN BEIBRINGEN! DU BIST ES NICHT WERT ZU LEBEN!", schrie er und holte mit dem Messer aus. Mit letzter Kraft versuchte Ricu das unvermeidbare Vorhaben seines Stiefvaters abzuwehren, doch er war zu schwach. Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Körper, dann wurde alles schwarz. Katzuja rannte durch die Straßen. Er war froh, dass Ricu ihm gesagt hatte, wo er wohnte, denn so wusste Katzuja wenigstens, wo er mit der Suche beginnen musste. Inzwischen hatte es dank der Kälte die herrschte heftig zu schneien begonnen und die Straßen wurden in eine weiße Schneedecke gehüllt, doch Katzuja bemerkte dies alles nicht. Für ihn war im Augenblick nur eines wichtig - Er musste Ricu finden, bevor sein Stiefvater ihm wer weis was antat. Er machte sich Vorwürfe. Wie konnte er es nur zulassen, dass der Kleine einfach verschwand und wieder nach Hause ging. Er hatte ihm und sich doch versprochen auf ihn aufzupassen und nun das! Er hätte sich selbst Ohrfeigen können und in Gedanken tat er dies auch. Als Ricu wieder zu sich kam, lag er noch immer auf dem Boden, unfähig sich zu bewegen. Jeder einzelne Knochen schmerzte und er bekam kaum Luft. Sein Stiefvater war endlich gegangen, wohl um sich mal wieder im Rotlicht- Viertel zu amüsieren. Ricu versuchte aufzustehen, aber seine Schmerzen hielten ihn zurück. Mehr als alles andere in der Welt wünschte er sich, dass Katzuja kommen und ihn da weg holen würde, aber nichts geschah. Ricu legte seine Hand auf eine besonders schmerzhafte Stelle direkt unter seinem Brustkorb. Als er sie wieder weg nahm bemerkte er das Blut, das an ihr haftete. Erst jetzt sah er, dass er in einer kleinen Blutlache lag. Panik stieg in ihm auf. Er musste hier weg, sonst würde sein Stiefvater ihn womöglich noch töten, wenn er zurückkommen würde. Allen Schmerzes zum Trotz, stemmte er sich hoch, bis er schließlich zitternd auf allen Vieren auf dem Boden hockte. Sein Brustkorb tat unwahrscheinlich weh und als er hustete, spuckte er Blut. Er zog sich an einer kleinen Kommode hoch und verließ, sich an der Wand stützend die Wohnung. Mit zitternden Beinen schleppte er sich die Treppen hinunter und aus dem Haus, hinaus in die Kälte. Katzuja näherte sich Ricus Wohnhaus. Vor der Haustür bemerkte er die Blutspuren, die sich vom weiß des Schnees abhoben. »Nein, bitte nicht!«, dachte er noch und verfolgte schnellen Schrittes die Spur. Sie führte ihn in einen kleinen Park, auf der anderen Seite der Straße. Schon vom Eingang aus sah er die Gestalt, die zusammengesunken am Fuße einer Engelsstatue kauerte. Seine Schritte wurden schneller und schneller. Als er Ricu erreichte, kniete er sich zu ihm auf den Boden und hob dessen Oberkörper auf seinen Schoß. Er war eiskalt. "Ricu, kannst du mich hören? Sag doch was! Ricu!" Katzuja war den Tränen nahe. Er hatte versagt, hatte ihn nicht beschützen können und nun würde er ihn zur Strafe vielleicht verlieren. "Ka … Katzuja!", kam es plötzlich, flüsternd von Ricu. Katzuja sah ihn erschrocken und gleichzeitig erleichtert an. "Gott sei dank, du lebst. Was machst du denn nur für Sachen?", fragte er und eine Träne rann unbemerkt seine Wange hinab. "Es… tut mir leid! Ich habe… mein Versprechen gebrochen. Dabei… dabei hast du mir vertraut!", flüsterte der Kleine. Das Atmen viel ihm unglaublich schwer und er musste sich beherrschen um nicht gleich wieder das Bewusstsein zu verlieren. "Ich weis, aber das ist jetzt nicht wichtig!", antwortete Katzuja und lächelte gequält. "Ja,… vielleicht hast du Recht." Plötzlich weiteten sich Ricus Augen und für einen Moment schien es als wäre alles in bester Ordnung mit ihm. Als wären alle Schmerzen und alles was geschehen war vergessen. "Katzuja, sieh mal! Es schneit!", flüsterte er lächelnd. Katzuja hob den Blick von Ricu und sah nun auch die Schneeflocken, die leise auf sie herabfielen. "Ja!", sagte er mit tränenerstickter Stimme. Lächelnd schaute er Ricu wieder an und eine weitere Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange. "Nicht weinen!", sagte Ricu leise und wischte mit zitternder Hand die Träne fort. Dann umschloss ihn wieder die Finsternis. Katzuja zog seine Jacke aus und legte sie ihm um. Er hob ihn vorsichtig hoch und verließ mit ihm den Park. Auf der Straße war keine Menschenseele. Niemand, den er hätte um Hilfe bitten können. Er konnte Ricu nicht mal ins Krankenhaus bringen, da es zu weit zum Laufen war und er auch kein Geld für ein Taxi oder zum Telefonieren hatte. Es blieb ihm nur die Möglichkeit, ihn wieder mit zu sich nach Hause zu nehmen und so lief er mit ihm so schnell wie möglich durch die verschneiten Straßen zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)