Conviction von Tsuya ================================================================================ Kapitel 1: First Case --------------------- First Case Kamen sie jetzt, um mich zu holen? Reichlich spät für so einen wichtigen Besuch. Ich blickte nicht auf, hielt meine Augen weiterhin geschlossen. Warum hätte ich auch etwas anderes tun sollen? Wen interessierte es schon, wer sich hierher verirrte. Es gab sowieso nur zwei Möglichkeiten. Eine davon konnte man grundsätzlich ausschließen, also warum lange überlegen? Die Stille störte dann aber doch mein gefristetes Dasein. Nicht, dass ich mich nicht an sie gewöhnt hätte, sie war der beste Freund den man hier haben konnte. Doch war sie nicht dieselbe, wenn ein ungebetener Gast anwesend war. Langsam, schon fast träge bewegte ich meine Beine Richtung Bettkante, bis sie von der Schwerkraft nach unten gezogen wurden und meine Füße den kalten Steinboden berührten und mir gleichzeitig einen kühlen Schauder über den Rücken jagen ließ. „Was willst du? Mich holen?“ Jeden Tag. Jede Nacht. Jede einzelne Minute. Der Gedanke war allgegenwertig. Immer präsent, ob man es wollte oder nicht. Man konnte der Schlinge nicht entkommen, denn irgendwann würde sie einen einholen, egal wie lange man darauf wartete, egal wie lange man versuchte ihr zu entkommen. Eines Tages. Er würde kommen. Der Tag, an dem alles endet. Die Frage war nur, wann? Nichts, niemand. Nicht nur ein Sterbenswörtchen über Tage, Wochen auch Jahre gezogen. Nichts. Pures blankes Unwissen. Wahnsinn. Irrsinn. Die, die damit umgehen konnten, waren die wahren Meister. Die, die es glaubten zu sein, waren nur Feiglinge die davonliefen. Die es nicht wahrhaben wollten und unter Schreien zusammenbrachen, wenn der Tag sie eingeholt hatte. Horror. „Nein.“ Nein? Es war das erste Mal, dass ich meinen Blick hob und dem Mann in die Augen blickte, auch wenn es nur für einen kurzen Moment war. Es reichte. Es reichte durchaus aus um mir eine Meinung zu bilden. Die Sinne stumpften ab. Der Körper wurde schwach. Ebenso der Geist. Obwohl ich versuchte meinen irritierten Blick zu verbergen, blieb er wohl nicht unbemerkt. Warum dann? Warum ist jemand hier? Jemand, der stört. Der störte, mich damit abzufinden? Abzuschließen… „Mein Vater hat dich adoptiert. Ich soll nach dir sehen. Das ist alles.“ Kühle, kalte, nüchterne Worte. Auswendiggelernt. Aufgesagt. Erledigt. Ich hob eine Augenbraue, blickte ihn ungläubig an und dabei bemerkte ich nicht, wie sich mein Gesicht zu einer schiefen Fratze verzog. Muskeln, die ich lange nicht benutzt hatte. Und ich lachte. Laut. Lange. Und aus Bitterkeit. Er verzog keine Miene. Mr. Cool. Die Luft würde bald zu Eis gefrieren. „Ist es jetzt Mode jemanden wie mich zu adoptieren?“ „Nein. Er will dir später nur einen Dienst erweisen, den du sonst nicht bekommen würdest.“ „Weil es das besser macht.“ Ich erhob mich von meinem Bett. Ging ein paar Schritte um ihn herum. Dabei zuckte er nicht einmal mit der Wimper. Ich musterte ihn, ließ meine Augen über seinen Körper wandern. Auch wenn es nichts brachte mir seine Erscheinung einzuprägen, tat ich es trotzdem. Er würde hier sowieso nicht mehr auftauchen. Hätte er denn einen Grund dazu gehabt? Die Botschaft wurde überbracht. Mehr brauchte man nicht wissen. Ein Wunder, dass ich es überhaupt erfuhr, hielt man hier doch alles geheim und unter Verschluss. „Ich soll dir das geben. 10 Tage, du müsstest die Regeln kennen.“ Er drückte mir einen Umschlag in die Hand. Das erste Mal seit langem, dass ich jemanden berührte. Ich war empfindlich geworden. Mein Blick fiel auf das Kuvert. Auch durch das mehrmalige Drehen, wurde ich daraus nicht sonderlich schlau. Was sollte da schon wichtiges drin stehen? Wahrscheinlich das gleiche wie immer. Wohl kaum ein Gruß oder sonstiges. Also legte ich ihn weg. Mein Interesse war anderen Dingen zugewandt. „Noch was?“ Ungeduld. „Dein Name?“ Ratlosigkeit. Mein Name? Sollte ich den noch kennen? „Der steht doch an der Tür.“ Spott. „09061981-27….das ist kein Name“ Verständnislosigkeit. „Was interessiert es dich.“ Wut. „Kouyou…lautet er nicht so?“ Ich zuckte zusammen. Langsam drehte ich den Kopf zu ihm, blickte ihn über meine Schulter hinweg an. Zumindest sah es so aus. Meine Haare verdeckten mir die Sicht, aber das war egal. Es war alles egal. Wen interessierte schon mein Name, war er doch hier sowieso unbedeutend. „Wenn du es weißt, warum fragst du mich dann?“ Zorn. Er schwieg, blickte mich nur aus seinen dunklen Augen an. Sollte ich darauf reagieren hatte ich verloren. Das wusste ich, das wusste er. Wissen, was hier selten war. Eine Gabe, die man verlor, ebenso wie seine Persönlichkeit, Geduld, Ruhe. Man verlor den Schlaf, den Appetit und vor allem verlor man sich selbst. Man verlor alles. Stück für Stück. Je länger man hier war, je weiter man in den Strudel des Vergessens hineingezogen wurde. Da halfen keine Brotkrümel oder Kieselsteine. Hier herrschte ein unerbittliches System, welches nach Regeln ablief. Regeln, die nicht gebrochen aber auch nicht hinterfragt wurden. Ein Gesetz, dass allmächtig über allen Köpfen schwebte und dich auslöschte, solltest du dich nicht daran halten solltest. Fehler waren tabu. Alles was man hatte, war der Gedanke, dass das Ende bald an deine Tür klopfen würde. Alles was man hatte, war die Zeit sich damit abzufinden. Alles was man hatte, wurde einem genommen. Es war irrsinnig. Ich wandte meinen Blick ab, widmete meine Aufmerksamkeit dem Kuvert, dessen Inhalt ich bereits vermutete. Nachdem ich mich überzeugt hatte, dass ich recht behalten hatte, legte ich das Kuvert zurück auf den Tisch. All die Zeit über, spürte ich seinen brennenden Blick, der sich durch meinen Rücken bohrte. Langsam. So, dass ich es auch bemerkte. „Er will die Wahrheit wissen.“ Wer? „Die steht in den Akten.“ Was sollte das? Sollte das ein Verhör werden. Am besten ich reagierte nicht weiter. Stattdessen spielte ich mit der kleinen Karte, ließ sie durch die Finger gleiten. Strich dabei über die leicht raue Oberfläche, über die leichten Rillen, die der Kugelschreiber ins Papier gedrückt hatte. „Ich will es von dir hören.“ Skepsis. „Wer bist du.“ Meine Augen waren auf ihn gerichtet. Mit dieser Frage hatte er nicht gerechnet, das sah man ihm an. Ein leichtes Grinsen zierte meine Lippen. Ein Gefühl des Triumpfes erfüllte meinen ganzen Körper. Wenn auch nur für kurze Zeit. Aber das war es wert. „Der Sohn des Direktors.“ Er. Warum gerade er? Für einen Moment schwieg ich tatsächlich, bevor ich abermals zu lachen begann. Das war absurd. Wollte dieser Typ mich verarschen? Meinen tristen Alltag etwas auflockern? Dann hätte er sich vielleicht etwas anderes einfallen lassen sollen, obwohl diese Antwort ja doch ganz amüsant war. „Ahh… ich verstehe. Der Sohn des Direktors also.“ Ich deutete mit der Karte, die ich immer noch zwischen den Fingern hielt in seine Richtung. „Der Furchtlose…keine Angst, dass ich dir etwas tun könnte.?“ Hochmut. Belustigung. Hohn. „Nein.“ Er wandte sich ab. Verringerte aber trotzdem noch einmal den Abstand zwischen uns, bis jener nur mehr wenige Meter betrug. Die Luft wurde trocken. Man fühlte die Spannung, sah das Blitzen in den Augen. „Warum sollte ich mich vor jemanden, der aussieht wie eine Frau fürchten?“ Ein harter Schlag ins Gesicht. Simpel und nüchtern ausgedrückt. Zusammengezogene Augenbrauen. Schnauben und eine Karte, die langsam, nach einer kurzen Zusammenkunft mit seinem Gesicht, zu Boden segelte. „‘Sorry‘?“ „Verpiss dich!“ Herzrasen. Schnelles Atmen. Alles Anzeichen dafür, dass die Situation nicht so war, wie sie hätte sein sollen. Gefahr, Angespanntheit, Zorn, verletzter Stolz. Dinge, die nicht dazu beitrugen, sich angemessen zu unterhalten. Doch dann… Er ging. Drehte sich noch einmal um, sodass sie unsere Blicke trafen. Für einen kurzen Moment, wie zu Beginn. Ein Déjà-vu. Und die Tür schloss sich hinter ihm. Laut. Hallend. Jedoch nicht für immer. Er kam wieder. Zuerst ab und an, dann bereits in regelmäßigen Abständen, immer wieder zu ähnlichen Zeiten. Dabei wusste er nicht, wie mir zumute war, als jedes Mal der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Mir blieb immer das Herz für eine Sekunde stehen. Es hätte jedes Mal so weit sein können. Jedes Mal, wenn das kratzen des Schlüssels am Schlüsselloch ertönte und daraufhin aufgeschlossen wurde. Jedes Mal, wenn die Tür sich von neuem öffnete, sah ich nicht hin, so als würde niemand hereinkommen, solang ich nicht hinsah. Seinen Namen wusste ich bis heute nicht, er interessierte mich auch nicht. Ich kam auch nicht dazu ihn zu fragen. Er löcherte mich von Anfang bis Ende mit Fragen. Meiner Meinung nach sinnlosen Fragen. Fragen, deren Antworten er nicht zu wissen braucht, gehen sie ihn doch gar nichts an. Man sollte sich nicht in das Leben anderer einmischen. Eine Regel, die man befolgen sollte. Ich wusste, was passierte, tat man dies nicht. Und es war etwa, was man niemanden, nicht einmal seinem größten Feind an den Hals wünschte. „10 Tage.“ Er reichte mir einen weißen Briefumschlag und setzte sich, während ich, wie immer, eine kleine Karte herauszog. Immer das gleiche. Es sollte aufhören. Die ständigen Entschuldigungen…ich war sie leid. „Von wem sind die Briefe?“ „Was geht’s dich an?“ „Neugierde.“ „Selber schuld.“ „Es würde nicht lange dauern es herauszufinden. Trotzdem würde ich es gerne von die hören.“ Zähneknirschen. Ich sah kurz auf, um ihm so mitzuteilen, was ich davon hielt. Einbildung. Menschen bildeten sich viel ein. Den lieben langen Tag. Ob es nun berechtigt war oder nicht. Es war mir egal. Es nervte. Sie spielten sich doch nur selbst etwas vor. Selbst wenn es wahr war. Gut, er hatte die Möglichkeit. Er bildete sich etwas darauf ein das wohlgehütete Bürschchen des Direktors zu sein. Sollte er, wenn es ihn glücklicher machte. „Es geht dich nichts an.“ „Ein Fam…“ Er brach ab. Ich wandte den Blick ab. Schweigen. „Ein Freund?“ Warum sollte ich antworten? Es gab keinen Grund. [Ich kann dir helfen.] [Mir kann niemand helfen] [Du lässt dir nicht helfen.] [Es ist beschlossene Sache, was kannst du daran schon ändern.] Ich steckte die Karte zurück in den Umschlag, sah ihn dabei mit einem selbstgefälligen Grinsen an. Wissen war Macht. Macht war neutral. Erst dann, wenn sie in die falschen Hände gelangt wird sie geformt. „Ein Freund, also.“ Ich schwieg weiterhin. Sollte er raten, wenn er Lust dazu hatte. Selbst wenn er herausfand, wer der Absender war, wer es war, der sich immer wieder bei mir entschuldigte, sich aber nie sehen ließ, was sowieso unmöglich war, was nutzte es ihm? Gar nichts. Er war an jenem Tag nicht dabei gewesen. Eigentlich, war doch alles in Ordnung, oder? „Spricht er nur Englisch?“ Nein, war es nicht. „Kannst du endlich mit dieser Fragerei aufhören? Du gehst mir auf die Nerven. Du belästigst mich seit… keine Ahnung seit wann. Du kommst hier fast jeden Tag angekrochen, bombardierst mich mit Fragen, auf die du von mir sowieso keine Antwort bekommst und besitzt dabei auch noch die Frechheit mir mein letztes bisschen Frieden zu nehmen.“ Aufbrausende Worte. Worte, die sich tief in ihn bohrten, um ihm auch die richtige Bedeutung zu übermitteln. Was sie taten. Er schwieg. Ich hatte gewonnen. Ein Schluck Wasser, um den Triumpf zu feiern. „Takanori.“ Klirren. Scherben. Verschüttetes Wasser. Ich starrte ihn an. Unfähig auch nur etwas zu sagen. Wieso? Wieso reagierte ich so. War es nicht egal? Was war schon ein Name? Meiner bestand aus Zahlen. Dieser Name war nicht einzigartig. Warum? Zittern. Geballte Fäuste. „Wer ist er?“ „Geh.“ Ich drehte mich von ihm weg. Starrte gen Boden, um mich abzulenken. Um meine durchgewühlten Gefühle wieder zu ordnen. „Wer…“ „Ich hab gesagt du sollst gehen!“ Ich schrie oft. Aber nie, wenn jemand mit mir das Zimmer teilte. Und die Tür fiel ins Schloss. - ich meld mich jetzt mal auch zu wort ^^ danke für die kommentare und für die favos~ obwohl ich nicht ganz verstehe, dass die, die diese ff in ihre liste gepappt haben keinen kommentar hinterlassen haben. aber solangs gelesen wird, sollte man sich ja nicht beschweren. also dann bis zum nächsten kap. wer trotzdem will, dass ich ihn benachrichtige, solls bitte sagen. Hosted by Animexx e.V. 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