HOLLOW von Creep (A Vampire Story) ================================================================================ Kapitel 2: Contact ------------------ Zeros Villa... Das penetrante Geräusch seiner Türklingel ließ ihn aufschrecken. Murrend erhob er sich, um den Störenfried in Empfang zu nehmen. Zero öffnete die Tür und wurde buchstäblich über den Haufen gerannt. „Zero! Wurde ja auch Zeit, dass du aufmachst! Hast du gepennt, oder was?“ Karyu schob sich an ihm vorbei und schmiss seinen Mantel auf die Garderobe. Mit einem verächtlichen Schnauben schloss der zweite Vampir die Haustür und folgte Karyu ins Wohnzimmer. Der hatte es sich schon auf dem Sofa bequem gemacht und war gerade dabei sich über eine Schüssel mit Süßigkeiten, die auf dem Couchtisch stand, herzumachen. Ohne mit der Wimper zu zucken, ließ Zero sich in einen dunkelroten Sessel ihm gegenüber fallen. Er war es ja gewohnt. Ständig hingen Hizumi oder Karyu, schlimmer noch, alle beide, in SEINEM Haus rum, tranken SEINE Blutkonserven, besetzten SEINE Sitzmöglichkeiten und telefonierten mit SEINEM Handy. Aber mit den Jahrhunderten gewöhnte man sich sogar an das. Karyu meldete sich kauend zu Wort. „Also, was ist jetzt genau los im nördlichen Viertel? Am Telefon klangst du ein wenig gestresst!“ Zero schnaubte. „Gestresst ist gut, wir haben allen Grund gestresst zu sein, du auch! Und jetzt grins nicht so süffisant, du weißt, wie sehr ich das leiden kann!“ „Komm endlich zum Punkt, Zero!“ Der Angesprochene seufzte schwer. „Jaja, ist gut. Wir haben ein verdammtes Problem. Offensichtlich haben wir es mit einem Killer zu tun, der Spaß daran hat, unsereins in Mundgerechte Stückchen zu zerlegen. Und da ist er sehr präzise. Ach! Und bevor ich's vergesse, er ist nach allem was wir wissen ein Mensch.“ Karyus Bernsteinaugen weiteten sich. „Du meinst ein Vampirjäger?“ „So sieht's aus..Ein verdammt guter möchte ich meinen.“ Er lächelte bitter. „Er hat einen der Nachtclubs entdeckt und sämtliche Gäste abgeschlachtet, demnach weißt du was in nächster Zeit an Arbeit auf uns zukommt. Eigentlich dürften wir hier gar nicht sitzen und uns die Mäuler darüber zerreißen.“ Karyu schob sich einen weiteren Schoko-Katzenkopf in den Mund und lehnte sich zurück. Das war allerdings ein Problem, da musste er Zero zur Abwechslung Recht geben. Das war ein verdammt großes Problem. Menschen waren so gesehen kein Problem, allerdings machten sie welche. Der Orden sah es gar nicht gerne wenn „sowas“ passierte. Demnach war höchste Vorsicht geboten, denn diese Russen konnten verdammt stinkig werden, das hatte Karyu am eigenen Leib erfahren müssen. Sobald sie spitz kriegten, dass hier in Tokyo ein irrer Sterblicher Vampire abschlachtete, und das auch noch direkt am Rande eines Wohngebietes, dann würde es unter Umständen sehr unschön für sie werden. Sie. Dieses „sie“ bezog sich eigentlich nur auf Zero und ihn, einer der Nachteile wenn man der führende Teil eines so großen Clans war. Für alles war man verantwortlich. Es war egal, ob der spinnerte Vampirjäger jetzt eine schwere Kindheit oder Probleme in der Liebe hatte, dass er wahllos Unschuldige niedermetzelte und anscheinend Spaß daran hatte, denn im Endeffekt waren es sowieso sie beide Schuld. Rosige Aussichten. Ein weiterer Katzenkopf wurde zum Tode durch Zerkauen verurteilt. „Also, du bist unser aller Boss, was schlägst du vor?“ Zero blickte missbilligend auf die schon halb leere Schüssel. Er reckte den Arm und schnappte sich das Gefäß, was von einem unwilligen Grummeln von Seiten Karyus begleitet wurde. „Noch schlage ich gar nichts vor, aus dem einfachen Grund, dass mir noch nichts eingefallen ist. Liegt vielleicht daran, dass du mir gerade meine höchst wichtige Nervennahrung geklaut hast!“, er angelte nach der Schüssel, die Zero aber energisch an sich drückte. „Nix da! Jetzt hör auf dich wie hundertfünfzig zu benehmen und denk nach. Was bist du überhaupt für ein Vampiroberhaupt, mh?“ Zero schien ziemlich genervt und pickte eine der Süßigkeiten aus der Schüssel, um sie nun seinerseits zwischen die Zähne zu schieben. Karyu schien zu schmollen. Nach einer Weile hatte er sich offensichtlich wieder gefangen und dachte nun angestrengt nach. „Gibt es irgendwelche überlebenden Augenzeugen, die wissen wie er aussieht?“ Zero wiegte den Kopf. „Jain. Ein Bild haben wir, allerdings ist noch lange nicht sicher, ob er der Jemand ist, den wir wirklich suchen.“ Der Blonde runzelte die Stirn und sah Zero ernst an. „Einen Versuch ist es wert. Also los! Zeig mir, wie er aussieht!“ Sein Gegenüber nickte, stellte die Schüssel wieder auf ihren eigentlichen Platz und schloss die Augen. Karyu tat es ihm gleich. Wenige Augenblicke später erschien das Bild eines jungen Mannes vor Karyus innerem Auge. Eine praktische Angelegenheit. Einige Menschen hätten für diese Gabe sicherlich ihre Oma verkauft, den Untoten ist sie sozusagen in die Wiege gelegt worden. Gedankenlesen und –übertragen. Er speicherte das Gesicht des vermeintlichen Mörders in seinem Gedächtnis, wo es , für ihn jederzeit abrufbar, gespeichert wurde. Langsam öffnete er die, nun hellgelben, Augen. Zero hielt die seinen noch eine Weile geschlossen. Einer der Nachteile des Vampirdaseins. Sämtliche inneren Regungen, besonders Gefühle, spiegeln sich in den Augen und lassen ihre Farbe, je nach Intensität und Art der Emotion, mal hell, mal dunkler erscheinen. Nun hatte auch der Schwarzhaarige die Augen aufgeschlagen und blickte Karyu aus gelblichen Iriden an. „So, das ist also unser momentaner Verdächtiger. Er wurde von einer der Stripperinnen gesehen, die gerade Schichtwechsel hatte und auf dem Heimweg war. Sie meint er hätte einen ziemlich verstörten Eindruck gemacht und eine Wolke von Menschengeruch hinter sich hergezogen, als er sich vom Club entfernt hat.“ Karyu nickte. „Dann wird ich den kleinen Wichser mal suchen gehen und ihm kräftig den Arsch versohlen, sobald ich ihn gefunden hab!“ Er erhob sich. Zero blieb in seinem Sessel sitzen und lehnte sich gähnend zurück. „Mach du mal, mein Held. Ich bleib hier und warte darauf, dass Hizumi angekrochen kommt. Dem hab ich nämlich auch noch den Arsch zu versohlen.“, grummelte er beleidigt. „Muss ich dich verstehen?“ „Nein, und jetzt verzieh dich und geh Ärsche hauen!“ Zur gleichen Zeit am anderen Ende der Stadt… Das schallende Geräusch einer Ohrfeige hallte von der hohen Decke der Villa wieder und verlor sich in den endlosen Gängen. Der zierliche Junge taumelte ein paar Schritte zurück und presste die Hand gegen seine Wange. „Und du machst, dass du rauskommst, hast du mich verstanden?! Ich kann keine Schlampen gebrauchen, die ständig nur in irgendwelchen Clubs rumhängen und nicht genug Kohle mitbringen!“ Ein zweiter Faustschlag ins Gesicht. Der Neunzehnjährige spürte, wie sich der metallische Geschmack von Blut in seiner Mundhöhle verteilte. Es war zwecklos irgendetwas zur Verteidigung vorzubringen, dieser widerliche Fettsack würde ihn wahrscheinlich für jedes weitere Wort schlagen. Er nickt stumm, wischte sich über den Mund und taumelte in sein Zimmer. Wenig später fand er sich selbst vor der schweren Haustür wieder und der nasskalte Septemberwind fuhr ihm durch die Haare. Langsam setzte er sich in Bewegung, ohne festes Ziel. In der Hoffnung, irgendwo einen Schlafplatz zu finden, schlug er den Weg zum südlichen Teil der Stadt ein. Ganz in der Nähe befand sich ein Industriegebiet, in dem mit ein bisschen Glück, ein paar Hallen leer standen, in denen er sich für eine unbestimmte Zeit einquartieren könnte. Es fing an zu nieseln und Toshiya wickelte die dünne Jacke enger um seinen schmalen Körper. Er wollte nicht wissen, was für ein verdammt erbärmliches Bild er momentan abgab. Ein dürrer, braunhaariger Junge, der in einem ärmellosen Shirt, einer viel zu dünnen Jacke und einer zerrissenen Jeans steckte und nebenbei noch eine blutige Lippe hatte. Wirklich kein schöner Anblick, aber er war sich sicher, dass die Leute ihm sowieso wenig Beachtung schenken würden. Er war nur einer von Vielen. In einem kleinen Café mitten in einer Fußgängerzone… Sagas POV Fasziniert beobachtete ich Hizumi bei seinem kleinen Wutausbruch. Irgendwie gefiel mir diese stürmische Art, auch seine leichte Arroganz machte mich, um ehrlich zu sein, ziemlich an. Wäre er eine Frau gewesen, hätte ich es mir nicht zweimal überlegt, ihn mit nach Hause zu nehmen. Doch leider war das genaue Gegenteil der Fall. Obwohl ich tief im Innersten hoffte, dass er sich vielleicht doch als eine ziemlich flachbrüstige Frau entpuppte (sexy war er und zickig genug schien er offensichtlich auch zu sein) machten Hizumis recht tiefe Stimme und die Tatsache, dass er die Beine nicht übereinander schlug und keine dämlichen Plüschtiere an seinem Handy baumelten, meine Hoffnungen langsam aber stetig zu nichte. Innerlich starb ich aufgrund dessen gerade tausend Tode, denn ich selbst war ja nun so hetero wie ein Mann wie ich nur sein konnte. Meistens jedenfalls. Doch Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel, oder? Jedenfalls liefen die Frauen mir buchstäblich nach, ich bekam jede Nummer die ich wollte und von meinen auch momentan laufenden Bettgeschichten wollen wir gar nicht erst reden. Aber genug mit diesem elenden Ego-Pushing. Irgendwie empfand ich diesen Kerl langsam als ernste Bedrohung für meinen, sonst doch sehr geregelten und vor allem ausgelasteten, Hormonhaushalt. Ich hatte nun echt keine große Lust nur wegen einem hübschen Kerl, vielleicht war er ja doch eine Frau, auf einmal dauerhaft das Ufer zu wechseln. So ging das hier aber nicht! Saga der Weiberheld hatte einfach keinen Bock eines morgens mit schmerzendem Hinterteil neben einem alten, perversen Fettsack aufzuwachen, nur weil er sich wegen irgendeinem Hizumi entschlossen hatte schwul zu werden, dann leider aber hatte feststellen müssen, dass besagter Hizumi straighter war als der Papst. Tja, dann wäre es zu spät gewesen und am Ende vom Lied sah ich mich selbst, in einem Latex-Mini, auf der Bühne irgendeiner Schwulenbar stehen und gerade die Wahl zur „Mutti des Monats“ gewinnen. Schnell schüttelte ich den Kopf um diesen abscheulichen Gedanken zu verwerfen. Ich wollte mich wichtigeren Dingen widmen. Hizumi zum Beispiel. Der keifte gerade ein liebenswertes „Dann halt nicht!“ in den Hörer und drückte den roten Knopf. Nachdem er seinen offensichtlichen Unmut mit einem genervten Ausatmen kund getan hatte, fragte ich zaghaft was denn los sei. „Ach. Nicht viel. Zero, ein Kumpel von mir. Er denkt er wäre meine Mutter, Vater, Bruder, Aufpasser, oder sonst wer, der mir was zu sagen hätte!“ Ich nickte. Oh ja, das Aufpassersyndrom kannte ich allerdings. Bei Tsukasa war es allerdings nicht so ausgeprägt wie bei diesem Zero. Hizumi seufzte. „Ich glaub ich muss gehen, ich hab noch was zu erledigen.“ Halt! Moment mal! Auszeit! Der wollte doch jetzt nicht tatsächlich einfach abhauen? Plötzlich zuckte ich merklich zusammen. Hizumi hatte meine Hand genommen und ich lief knallrot an. „Ich geb dir meine Nummer, dann können wir uns mal wieder treffen. War nämlich nett mit dir.“ Er lächelte mich zuckersüß an. Dieses Miststück. Und schon begann er mit einem Kuli eine Handynummer auf meine Hand zu kritzeln. Hoffentlich hatte der jetzt nicht gesehen , dass ich einer Frucht mit dem Namen Tomate glich. „So fertig!“ Er grinste mich stolz an. „Gibst du mir auch deine?“ Ich nickte mechanisch und versuchte meine roten Blutkörperchen durch Telepathie zurück in Gefäße meines Körpers zu schicken, die NICHT durch mein Gesicht verliefen. Multitaskingfähig wie ich nun mal bin, betrieb ich nun telepathischen Kontakt mit meinen Blutzellen, während ich Hizumi seelenruhig meine Handynummer aufsagte und der sie in seinem Telefonbuch speicherte. Ich Naturtalent. Wenig Später erhob sich der Grund für meine Gehirnakrobatik und warf mir ein letztes Lächeln zu. „Wir sehen uns dann, ne?!“ Mit diesen Worten ließ er mich sitzen und verließ das Café. Irgendwie wackelte er beim Gehen mit dem Hintern. Vielleicht war er ja doch eine Frau. Wie nannte man denn eine Frau die sich als Mann ausgab? Wäre Hizumi ein Mann der sich als Frau ausgäbe, wäre er ganz klar eine Tunte gewesen, aber wenn er nun doch eine etwas geschlechtsverwirrte Frau war? Wie hieß das denn dann? Etnut? Tetun? Oder ganz anders? … Moment mal? Hatte ich ihm gerade wirklich auf den Arsch geguckt?!! Einige Stunden später, irgendwo mitten in Tokyo… Toshiyas POV Es hatte angefangen zu regnen und ich fror entsetzlich, spürte meine Hände nicht mehr. Suchend sah ich mich um, hoffte irgendwo einen Schutz vor dem Wetter zu finden, doch nirgendwo fand ich eine Überdachung, eine enge Gasse oder etwas Ähnliches. Also blieb mir nichts anderes übrig, als weiter zu laufen, weiter durch diesen Strom von Menschen. Wahrscheinlich waren die meisten auf dem Weg nach Hause zu ihren Familien. Ich überlegte wie schön es wäre, einer von ihnen zu sein, auch auf dem Nachhauseweg, zu jemandem der mich gern hatte und der auf mich wartete. Ich steckte meine bläulichen Finger in die Jeanstaschen. Auf mich wartete niemand. Seit mich meine Eltern im Alter von fünfzehn Jahren vor die Tür gesetzt hatten, wartete niemand mehr auf mich. Wobei meine so genannten Eltern sowieso nie im wirklichen Sinne auf mich gewartet hatten. Für mich bedeutet „auf jemanden warten“, dass man diese Person vermisst und sich wünscht, dass sie wiederkommt, weil man seine Zeit mit ihr verbringen will und sie gern um sich hat. Der einzige der sich regelmäßig gefreut hatte mich zu sehen war mein Hund. Den ließen meine Eltern einschläfern als ich dreizehn war. Ich vertrieb die Gedanken an meine Vergangenheit. Warum sollte ich an meine beschissene Vergangenheit denken, wenn ich doch gerade eine beschissene Gegenwart erlebte und wahrscheinlich auch eine beschissene Zukunft vor mir lag? Langsam aber sicher begannen die Menschenmassen weniger zu werden, die Gegend wurde zunehmend heruntergekommener. Ich ging weiter. Ich wusste nicht, wie lange ich schon gelaufen war, aber es begann zu dämmern. Ein schöner Sonnenuntergang hätte mich gefreut. Ich mochte Sonnenuntergänge, sie hatten etwas Tröstendes an sich. Der Himmel wurde dunkler, genau wie die Fensterscheiben der maroden Häuser, an denen ich vorbei ging. Immer noch sah ich mich suchend um und erblickte eine kleine, ziemlich dunkle Gasse. Sofort nahm ich Kurs auf die zugemüllte Sackgasse und ließ mich erschöpft neben einen Stapel alter Blechtonnen fallen. Ich schloss für einen Moment die Augen und versuchte das Zittern zu unterdrücken, das mich schon vor einer Weile befallen hatte. Es dauerte lange, bis ich meinen Körper einigermaßen im Griff hatte. Ein Knurren ließ mich aufschrecken. Mein Magen. Ich hatte den ganzen Tag nicht zu mir genommen, gut, ich hatte Geld dabei, ein bisschen, aber hier gab es weit und breit kein Geschäft in dem ich mir etwas hätte kaufen können. Und zurücklaufen wollte ich nicht, gekonnt hätte ich es wahrscheinlich auch nicht. Also kramte ich in meiner Tasche nach einer alten Decke und wickelte mich darin ein. Ich lehnte den Kopf gegen eine der Blechtonnen und versuchte mein Hungergefühl und die beißende Kälte zu vergessen. Langsam verfiel ich in einen schlafartigen Dämmerzustand. Vielleicht würde ich die Nacht ja nicht überleben, aber das war mir egal. Es gab niemanden der auf mich warten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)