Ich bin doch nur der Neue... von Panakeia (Takuya x Kanon (hauptsächlich)) ================================================================================ Kapitel 3: In fremden Betten ---------------------------- Ein paar Minuten später fand sich Takuya neben Kanon wieder, der ihn besorgt ansah. „Was?“, fragte der Jüngere nur. Er verstand nicht, warum ihn der Bassist so musterte. Er hatte doch nur ein wenig Alkohol getrunken und seinen Spaß gehabt. „Ich glaube, nächstes Mal bestellen wir nicht so viel für dich…“ Wieso behandelten die anderen ihn nur wie ein Kind? Er war fast schon volljährig! Naja… zumindest in zwei Jahren! Langsam kam Wut in ihm auf. Kanon hatte sich nicht weniger getrunken als er selbst und da waren auch nur drei Jahre Altersunterschied zwischen ihnen. „Aber du hast doch…“ Bevor Takuya seinen Satz aber beenden konnte, drehte sich alles um ihn herum. „Wart mal kurz… Ich muss nur…“ Er lehnte sich an eine Hauswand und atmete ein paar Mal tief durch. Vielleicht hatte Kanon Recht. Er trank selten. Zu selten, um heute, nachdem er sicher nicht nur ein Glas hinuntergestürzt hatte, so ungeschoren davonzukommen. „Takuya? Alles klar?“ Er spürte eine Hand auf seinem Rücken und als er aufblickte, sah er Kanons Gesicht direkt vor sich. Er sah die Sorge in dessen Augen, aber da war auch noch etwas anderes. Vielleicht ein Anflug von schlechtem Gewissen, weil er ihn mit in diesen Club geschleppt hatte? Vielleicht Mitleid, weil es ihm jetzt so schlecht ging? Aber, wenn Takuya ehrlich war, gefiel ihm dieser Ausdruck sogar. Es gefiel ihm, dass es jemanden gab, den es interessiert, wie es ihm ging. „Jaja… mir war nur kurz…“ Doch in dem Moment entleerte sich das, was in den letzten Stunden in seinen Magen gefunden hatte, nun ebenso schnell wieder auf der Straße. Kanon trat sofort einen Schritt zu Seite – keine Sekunde zu früh. Hustend sank der Jüngere auf dem Boden zusammen als wollten ihn seine Beine nicht mehr tragen. Kanon kniete sich ebenfalls neben ihn und legte ihm die Hände auf die Schultern. Am liebsten hätte Takuya laut losgelacht. Es musste jämmerlich aussehen, wie er dort auf der Straße saß und sich erbrach. Wie ein Teenager, der sich beim Trinken einfach nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Doch war er nicht genau das? Er hatte getrunken ohne darauf zu achten, wie viel er vertrug. Solche Folgen waren also nicht auszuschließen gewesen – und es geschah ihm auch irgendwie recht. Als er sich schließlich nur noch keuchend und seine eigene Galle schmeckend mit geschlossenen Augen gegen die Wand lehnte, wünschte er sich, jetzt einfach nur zu hause zu sein. Irgendwo, wo ihn niemand sah. Es war ihm so unendlich peinlich vor Kanon so schwach zu wirken. Wäre er doch nie mitgegangen! „Takuya?“ Dieser konnte jedoch nur ein Grummeln von sich geben. Am liebsten würde er sich einfach hier hinlegen und schlafen. Er war so müde und erschöpft, dass er alles dafür gegeben hätte, jetzt nicht noch weiter durch die Gegend laufen zu müssen. Ihm war es sogar egal, dass sein Mittagessen mittlerweile so stechend stank, dass er sich allein davon noch einmal übergeben könnte. „Takuya? Kannst du aufstehen?“ Der Angesprochene brachte ein schwaches Nicken zustande, jedoch wusste er nicht, ob er es wirklich schaffte, auch nur noch einen Schritt zu machen. Kalter Schweiß rann ihm den Nacken hinunter, als er einen Arm um seinen Oberkörper spürte, der ihn nach oben hievte. „Wir gehen zu mir, okay? Das ist näher. Oder willst du nach Hause?“ Nach Hause? Ja, er wollte nach Hause. Doch das war, soweit er in seinem Zustand beurteilen konnte, noch ein ganzes Stück entfernt und so kümmerte er sich nicht um eine Reaktion. Er wollte nur weg von der Straße. Irgendwohin, wo es warm und ruhig war. Langsam öffnete er die Augen, als Kanon ihn ein Stück mit sich zog. Es kostete ihn unheimlich große Anstrengung, ein Bein vor das andere zu setzen, doch irgendwie schafften sie es zu Kanons Wohnung, denn Takuya fand sich plötzlich in dem Aufzug wieder, in dem er vor einigen Stunden schon gestanden hatte. Nur stand er diesmal nicht darin, sondern sank kraftlos auf dem Boden zusammen, während Kanon den Knopf für den 3. Stock drückte. „Hey, Takuya! Nicht einschlafen! Wir haben’s gleich geschafft. Nur noch ein kleines Stück.“ Nur am Rande nahm dieser war, wie es dem Bassisten gelang, ihn wieder hochzuhieven und in sein Bett zu bringen. Als Takuya die Augen öffnete und den Kopf zur Seite wandte, erblickte er ihm unbekannte Schränke und Möbel. Er musste also wirklich bei Kanon sein. Zwar drehte sich mittlerweile nicht mehr alles um ihn herum, doch das Gefühl der Übelkeit war nicht verschwunden. „Gehts wieder?“ Kanon hatte das Zimmer betreten und stand nun neben dem Bett. Takuya sah nur zu ihm hinauf. Hatte er ihn den ganzen Weg bis zu sich nach hause gebracht? Er musste in Kanons Armen wie ein Sack gehangen haben. Na super. Aber sein Gedächtnis wollte nicht ganz so, wie er wollte. Er erinnerte sich noch an den Gestank von Erbrochenem und an den kalten Boden. Ach ja… und an Kanon. Der Weg bis sie endlich im Haus waren, war ihm unendlich lang vorgekommen. „Seit… seit wann sind wir denn hier?“, wollte der Jüngere wissen. Sein Zeitgefühl konnte er ja wohl auch abschreiben. Auf die Antwort achtete er jedoch nicht richtig, denn ein eiskaltes Gefühl auf seiner Stirn ließ ihn die Zähne zusammenbeißen, sodass er stark die Luft einsog und ein gequältes Stöhnen von sich gab. „Seit fünf Minuten“, hörte er dann aber, sodass er wieder die Augen öffnete, die er unbewusst geschlossen hatte. Kanons besorgter Gesichtsausdruck war nicht gewichen. „Geht es dir nicht schlecht?“, fragte ihn Takuya schließlich. Der andere hatte zwar ein wenig gerötete Wangen, aber sonst war nichts Auffälliges zu erkennen. „Ach, nicht so tragisch.“ Der Angesprochene schüttelte leicht den Kopf und blickte weiter auf den Gitarristen herab, der mit einem Mal grinsen musste. „Ich glaube, ich bin Alkohol nicht gewöhnt.“ Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf die Lippen des Bassisten, während er sich neben das Bett kniete. „Ich hätte aufpassen sollen.“ Takuya schüttelte aber sofort den Kopf und ein Anflug von Ärger machte sich erneut in ihm breit. Er brauchte keinen Aufpasser! „Ich bin doch selber Schuld, wenn ich zu viel trinke. Ich müsste wissen, was ich vertrage und was nicht. Ich hab’s halt einfach übertrieben…“ Die Frage war, warum. Er gelang ihm nur schwer, die Augen offen zu halten, aber irgendwie wollte er jetzt nicht schlafen. Er wollte hier sein. Bei vollem Bewusstsein – wenn man das überhaupt so nennen konnte. „Kanon?“ „Hm?“ „Tut mir Leid… für die Umstände…“ Takuya fühlte sich mit einem Mal schlecht. Es war nicht das Gefühl der Übelkeit, sondern ein Schuldgefühl. „Ich hab euch den Abend verdorben…“ Wäre er nicht so betrunken gewesen, hätte Kanon ihn nicht heimbringen müssen. Aber hätte Bou ihn nicht auf die Tanzfläche gezerrt, wäre… Moment. Das Bild von Bou und Miku, die heftig miteinander stritten, tauchte vor seinem inneren Auge auf. Miku hatte wütend ausgesehen und immer wieder auf den Gitarristen gedeutet, aber Takuya hatte nicht ein einziges Wort verstehen können. „Bou und Miku… sie haben gestritten…“ „Ja.. ich weiß.“ „Wieso denn?“ Kanon antwortete nicht. Er sah Takuya einfach nur an, bis dieser den Kopf abwandte und gegen die Decke blickte. Ja richtig. Das ging ihn nichts an. Bou war vor seiner Zeit gewesen. Es war seine und Mikus Sache, wenn sie Probleme hatten. „Ach, was solls. Yuuki weiß es auch, warum du also nicht? Das mit den beiden… das kommt im Moment öfters vor. Weißt du…“, begann Kanon dann plötzlich doch. „Die beiden sind zusammen… aber in den letzten Tagen läuft irgendwas schief.“ Was? Die beiden waren zusammen? Takuyas Kopf schnellte herum, sodass ihm erneut übel wurde. „Kanon!“ Der Jüngere presste die Hand vor den Mund. Er konnte sich doch jetzt nicht hier in Kanons Bett übergeben! Doch der Schwarzhaarige richtete Takuyas Oberkörper schnell auf und half ihm, sich über den Bettrand zu lehnen, wo eine Schüssel das Erbrochene daran hinderte, sich auf dem Fußboden zu verteilen. Ein Wunder, das überhaupt noch etwas in seinem Magen war, was nach draußen wollte. Und während er dort über der Schüssel hing und ihm der Schweiß von der Stirn tropfte, spürte er eine Hand beruhigend über seinen Rücken streichen. Wärme machte sich in seinem Körper breit. Allerdings war sich Takuya nicht sicher, ob sie von der Hitze in diesem Zimmer oder von der Berührung des anderen kam. Innerlich verfluchte er sich für diese ganze bescheuerte Aktion im Club, doch wäre er nicht mitgegangen, wäre er jetzt nicht hier und er konnte nicht abstreiten, dass es ihm nichts ausmachte, den restlichen Abend bei Kanon zu verbringen. Keuchend ließ er sich zurück in die Kissen fallen und sah Kanon nach, der mit der Schüssel aus dem Zimmer verschwand. Jetzt erst wurde dem Jüngeren bewusst, was für einen Freund er in seinem Bandmitglied gefunden hatte. Nicht jeder, den er erst seit ein paar Wochen kannte, würde sich so um ihn kümmern, wenn er völlig am Ende war… so wie jetzt. Eigentlich hatte er überhaupt noch keinen solchen Freund gehabt, wenn er mal an die ganzen vergangenen Jahre dachte. In der Schule war er nicht sonderlich beliebt gewesen, da er sich immer nur für die Musik interessiert hatte und wenig mit anderen weggegangen war. Ein Glück, dass er nach Tokyo gekommen und in der Band aufgenommen worden war. Zum ersten Mal hatte er richtige Freunde. Erneut wanderten seine Gedanken zu dem vergangenen Abend. War die Beziehung zwischen Bou und Miku vielleicht der Grund für den Ausstieg des Blonden gewesen? Aber warum hatte er die Band verlassen, wenn bis zu diesem Zeitpunkt zwischen ihnen alles in Ordnung gewesen war? Und überhaupt – hieß es nicht, Bou und Teruki wären zusammen gewesen? Alles war wirr im Kopf des Gitarristen. Am besten verschob er diese Gedanken auf später, wenn er bei besserem Verstand war. Erneut ließ ihn ein kaltes Gefühl auf seiner Stirn zusammenfahren, doch er hielt die Augen geschlossen. Irgendwie war es ein angenehmer Gedanke, zu wissen, dass jemand hier war und – wie konnte man es auch anders ausdrücken – auf ihn aufpasste. Im selben Moment ärgerte ihn dieser Gedanke. Hatte er nicht eben noch behauptet, er würde keinen Aufpasser brauchen? Ein leises Rascheln und der kalte Gegenstand auf seiner Stirn ließ ihn wissen, dass Kanon zurückgekommen war und so öffnete er ein paar Minuten später die Augen und erblickte den Schwarzhaarigen neben seinem Bett kniend und den Kopf auf den verschränkten Armen und diese auf dem Bettrand liegend. Die Augen hatte er geschlossen und sein Atem ging ruhig. Er war eingeschlafen. Schließlich hatte er den Gitarrist den ganzen Weg bis zu sich nach hause geschleppt und außerdem hatte er ja auch einiges getrunken. Kein Wunder also, wenn er müde war. Der Jüngere drehte sich auf die Seite und beobachtete seinen Gegenüber ein paar Minuten. Er sah so vollkommen friedlich aus… und so unbesorgt. Was wohl passieren würde, wenn… Vom Alkohol noch immer eingenommen kroch er ein Stück vor, stützte sich leicht auf dem Bett auf und näherte sich damit dem Bassisten. Er spürte dessen warmen Atem auf seinem eigenen Gesicht, was ihm einen leichten Schauer über den Rücken laufen ließ. So nah war er schon lange niemandem gewesen. Vielleicht sollte er einfach einmal aus dem Bauch heraus handeln? Auf keinen Fall hatte er vor, den anderen zu wecken und so waren seine Worte nur ein leises Flüstern. „Danke…“ Bevor er überhaupt verstand, was er gerade tat, lagen seine Lippen schon auf denen seines Gegenübers. Tausend Gefühle explodierten in seinem Körper. Es fühlte sich warm und richtig an und so schloss er die Augen, einen Moment in dieser Situation verharrend, ehe er sich wieder von ihm löste. Alle Gedanken waren aus seinem Kopf gewichen, bis er realisierte, dass es alles andere als richtig gewesen war. Er konnte nicht einfach einen Freund küssen! Und auch wenn Kanon es nicht mitbekommen hatte, er würde ihm nicht mehr in die Augen sehe können, ohne daran denken zu müssen, was eben passiert war. Erschrocken und hilflos öffnete er die Augen und hätte er nicht im Bett gelegen, wären seine Beine wohl unter ihm weggesackt. Die dunklen Augen des Bassisten sahen ihn mit einem so durchdringenden Blick an, dass er am liebsten davongelaufen wäre. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)