Lost Memories von zartbitterkeks (you are always by my side) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Kapitel 3: Ein enorm lautes Quietschen von Autoreifen reißt mich aus meinen Träumen und ich sitze kerzengerade im Bett. Ich sehe mich total verpeillt um. Da ich noch halb am schlafen bin, dauert es bei mir etwas, bis das ich begreife, dass ich ja jetzt bei fremden wohne. Mit einem Schlag kommt die Erinnerung wieder. Sie stürmt auf mich ein, wie eine Welle auf rauer See. Sie will mich verschlingen, doch ich wehre mich dagegen. Als der Druck auf meinem Kopf etwas nachgelassen hat, seufze ich erleichtert auf. So ein Aufwachen war echt nicht angenehm. „Soll das jetzt jeden Morgen so gehen?!“, frage ich mich murrend selbst. Plötzlich ertönt ein Rascheln von der Tür her und schlagartig bin ich hellwach. Und was ich dort sehe, verschlägt mir erst mal die Sprache: Dort, mit verschränkten Armen am Türrahmen gelehnt, steht ein… Punk. Anders kann man diese Person nun wirklich nicht beschreiben. Ich reibe mir die Augen, doch als ich erneut hinsehe, steht er immer noch da. Er trägt nur eine schwarze Nietenbestückte Hose. Sein Oberkörper war frei. Die Nasenpartie seines Gesichtes wird durch ein merkwürdiges Nasenband verdeckt und er sieht mich herablassend an. Seine Haare sind das reinste Chaos, denn sie stehen regelrecht von seinem Kopf ab und sind schwarz blond. „Wer bist du?“, frage ich misstrauisch. Der Punk rührt sich nicht, sondern beginnt mich zu mustern. Sein Blick gleitet an mir herauf und wieder herunter, bis das er schließlich eine Augenbraue hochzieht. „Also du bist die Neue? Oder bist du etwa n Mann?“, fragte er. Seine Stimme gefällt mir nicht und das was er sagt, schon mal gar nicht. „Natürlich bin ich ein Mann!“, sage ich mit wütender Stimme. Der Punk nervt mich gehörig, den ich will eigentlich nur meine Ruhe haben und eine Kopfschmerztablette einnehmen, um die Sch merzen in meinen Schädel loszuwerden. „Naja, erkennen kann man das ja nicht gerade!“, sagt der Störenfried und ein hämisches Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Ich versuche mich möglichst weit von ihm weg zu lehnen, was ihm natürlich nicht entging und er nur noch breiter grinste. „Angst, Barbie?“, fragt er hämisch. Ich schüttele den Kopf, doch langsam wird mir der Typ echt unheimlich. Und da fiel mir wieder ein, wo ich ihn schon mal gesehen hatte: er war im Treppenhaus an mir vorbeigestürmt. Das sollte Reita, der andere Mitbewohner sein. „B... Bist du etwa Reita?“, frage ich leise und wundere mich über meine eigene zittrige Stimme. Irgendwie machte mir dieser Punk dermaßen zu schaffen, dass ich regelrecht kleinlaut wurde. Der Punk drückte sich von der Tür ab und kam langsam auf mich zu. Ich kann mich auf einmal nicht mehr rühren und sehe ihn nur vollkommen entgeistert und mit leichter aufkeimender Panik an. Er kommt an meinem Bett an und beugt sich zu mir runter. Ich rutsche weiter weg, doch hinter mir ist nur noch die Wand. Ich sitze in der Falle und mir wird klar, dass der Schwarz- Blonde genau dies geplant hatte, denn sein Grinsen wird breiter. Hämisch blitzen seine Augen. Sein Gesicht ist meinem nun ganz nahe und ich rieche den Geruch von Alkohol. Der Typ war total besoffen, wird mir klar und ich verziehe angewidert das Gesicht. „Ich bin Reita, was dagegen, Barbie?“, fragt der Punk. Ich sehe ihn an. „Du bist besoffen.“, nuschele ich nur undeutlich, doch Reita verstand es trotzdem. Er lachte leise auf. Der Alkoholgeruch wird stärker. „Na und.“ Er kommt noch näher und meine Nase berührt fast sein Tuch. Meine Augen werden groß wie Untertassen. ,Will der mich etwa küssen?!“, frage ich mich panisch und wende das Gesicht ab. Doch Reita packt mein Kinn und zwingt mich wieder, ihn anzusehen. „Ich sage es dir gleich, Barbie, dies hier oben ist mein Revier und du bist hier unerwünscht!“ Bedrohlich erreichen diese Worte mich und ich beginne zu zittern. Reita sieht mir lange in die Augen und ich bekomme Angst, dass er mir jetzt was antun würde. Doch er bleibt ganz ruhig. Sein Gesicht meinem noch immer nahe. Ich spüre mein Herz klopfen und versuche meinen Atem zu normalisieren. Mit einem Mal lässt der Schwarz- Blonde mein Gesicht los und verlässt abrupt mein Zimmer. Ich sitze in meinem Bett und kann mein Glück kaum fassen. Ich schlinge mir die Arme um den Oberkörper und versuche mich zu beruhigen. Nach einiger Zeit lässt das unkontrollierbare Zittern nach und von da an bin ich wieder in der Lage, klar zu denken. Ich zieh es kurz in Erwähnung, den anderen dreien von meinem komischen erstem Treffen mit Reita zu erzählen, doch ich verwerfe diesen Gedanken schnell wieder. Immerhin hatten sie mich sofort bei sich aufgenommen, obwohl sie mich nicht kannten, und da will ich mich nicht direkt bei ihnen beschweren. Ich schieb Reitas komischen Zustand einfach dem Alkohol zu und beschließe, ihm im besoffenen Zustand nicht mehr zu begegnen. Auch würde ich ihm hoffentlich auch so etwas aus dem Weg gehen können, so dass wir bald miteinander auskommen würden. Zufrieden steh ich auf und krame ein paar Sachen zusammen. Dann geh ich erst einmal ins Bad und steige unter die Dusche. Danach bin ich zwar wieder etwas müde, aber es hat gut getan und ich fühle mich nun wieder etwas lebendiger als vorher. Vor allem aber bin ich nun nicht mehr so zittrig und habe nicht mehr so starke Kopfschmerzen. Jetzt stehe ich vor dem Spiegel und föhne mir die Haare. Dabei bin ich so tief in Gedanken versunken, dass ich gar nicht richtig darauf achte, was ich mache. Ich versuche mich zu erinnern. Als ich dann einen Blick in den Spiegel werfe, staune ich: Ich hatte meine Haare in eine mir völlig fremde Form gebracht. Ich hatte meine braunen Haare auftoupiert und einzelne Strähnen nach außen gedreht. Auch hatte ich mit einem Kajal, den ich anscheinend dort gefunden hatte, mir die Augen schwarz umrandet und auch noch Wimperntusche aufgetragen, Anscheinend hatte ich mich unbewusst an gewisse Bewegungsabläufe aus meinem Leben vor dem Unfall erinnert. Das freute mich so sehr, dass ich gleich einen kleinen Luftsprung machte. Ich bin nun schlagartig hellwach und habe den Vorfall mit Reita schon beinahe vergessen. Ich musste dies den anderen erzählen, denn das war ein Fortschritt. Ich schnappe mir meinen Schlafanzug und schmeiße es einfach in mein Zimmer hinein. Vor Reitas Tür bleibe ich kurz ängstlich stehen, gehe dann jedoch mit schnellen Schritten weiter und renne beinahe die Wendeltreppe hinunter. Unten angekommen laufe ich in die Küche, fest davon überzeugt, dort die anderen Bewohner der Wohnung vorzufinden. Mit freudiger Erwartung reiße ich die Tür auf und stürme in die Küche. Und bleibe erst einmal wie angewurzelt stehen. Da ist nämlich keiner. Bis auf Kai, der mich vollkommen entsetzt ansieht, da ich ihm anscheinend einen tierischen Schrecken eingejagt hatte und sich mit seinen Kochstäbchen bewaffnet zu mir umgedreht hatte. Als er mich erkennt, stößt er erleichtert die angehaltene Luft aus und lässt die Stäbchen wieder sinken. „Uruha, du hast mich zu Tode erschreckt!“, sagt er leicht tadelnd und wendet sich dann wieder dem Herd zu. Wie schon am Abend zuvor schien er wieder zu kochen. Dieses Mal aber das Frühstück. Ich sehe ihn einfach nur an, mit weit geöffnetem Mund und großen Augen, vollkommen vergessen, was ich eigentlich hier wollte. „Was bist du überhaupt schon auf?“, fragt Kai in die Stille hinein. Ich schüttele den Kopf. „Ich dachte, die anderen wären auch schon auf!“ Ich gehe zum Tisch und lasse mich auf einen Stuhl fallen. Ich sehe, wie Kais Schultern vor Lachen beben und lege den Kopf schief. „Die Anderen? Jetzt schon auf? Nie im Leben. Wenn das der Fall wäre, wüsste ich mit Sicherheit, dass die Welt untergehen wird.“ Er dreht sich halb um und fuchtelte mit den Kochstäbchen. „Die bekommt man nicht so leicht aus dem Bett und freiwillig stehen die schon mal gar nicht auf.“ Ich nicke und erneut breitet sich Schweigen aus. Plötzlich fällt mir wieder ein, wieso ich unter anderem hinunter gekommen war. „Kai, gomen, aber könntest du eventuell meine Hand verbinden?“, frage ich Kai vorsichtig. Dieser dreht sich bloß lächelnd um, ich habe ihn noch nie ohne sein Grinsen gesehen, und legt die Kochstäbchen beiseite. „Klar.“ Er setzt sich zu mir und nimmt mir den sauberen Verband aus der Hand. Ich hatte ihn noch mit aus dem Bad genommen, bevor ich Hals über Kopf hinunter gestürmt war, nur um Kai zu Tode zu erschrecken. Er nimmt vorsichtig meine rechte Hand. Ich hatte sie mir bei dem Unfall schwer verletzt und jeden Tag musste jemand mir einen neuen Verband anlegen. Die Wunde am Kopf war mittlerweile schon fast weg. Jedenfalls war da weder Pflaster noch Verband von Nöten. Ich denke mit einem flauen Gefühl im Magen an das Fäden ziehen. Die Platzwunde musste mit fünf Stichen genäht werden. Ich bin tief in Gedanken versunken und Kai wickelt still den Verband neu. Dann besieht er sich stolz sein Werk und kehrt an den Herd zurück. Ich bedanke mich noch artig bei ihm, dann hänge ich wieder meinen trübseligen Gedanken nach und erneut herrscht Stille. So fahre ich erschrocken hoch, als plötzlich die Küchentür aufgeht und ein tierisch verschlafender Ruki hinein geschlurft kommt. Kai begrüßt ihn freudig, doch keine Antwort. Der Knirps gähnt bloß laut und setzt sich dann an den Tisch. Er trägt noch seine Schlafanzughose und ein weites T-Shirt. Seine Haare sehen zerzaust aus und er hatte ganz kleine Augen. Ich grinse ihn bloß an, doch er bemerkt mich gar nicht. „Kai, gibt es schon Kaffee?“, fragt er mit so verschlafender Stimme, dass es irgendwie niedlich klingt. „Klar, Ruki!“ Kai holt eine schon vorbereitete Tasse, sie war sauber, und gießt großzügig Kaffee ein. Dann stellt er sie direkt vor Ruki, welcher sie dankbar in Empfang nimmt. Langsam trinkt er ihn und mit jedem Schluck wird er ein kleines bisschen wacher. Jedoch nur wenig. Verschlafen sieht er immer noch aus. Es scheint so, als wolle er jeden Moment den Kopf auf den Tisch legen und einfach weiter schlafen. Ich beobachte ihn noch ein wenig, doch dann wende ich mich wieder meinen Gedanken zu. Ich denke daran, warum niemand nach mir gefragt hat, als ich im Krankenhaus gelegen hab. Ob ich keine Freunde hatte, damals, vor dem Unfall? Oder war ich einfach allen egal gewesen? Ich male mir grad grausige Szenarien von meinem früheren Leben aus, als Aoi die Küche betritt. Er wirkt genauso wach, wie Ruki und als er sich an den Tisch setzt, bemerke ich ihn erst gar nicht. Erst als er Lautstarks mit seinem, Kopf auf den Tisch knallt, schrecke ich zusammen und sehe ihn an. „Morgen!“, nuschelt der Schwarzhaarige und gähnt laut. Ich grinse ihn etwas schief an, doch natürlich durchschaut er meine Maskerade. „Was‘n los?“, fragte er leise und kratz sich verschlafen am Kopf. Ich sehe peinlich berührt zur Seite. Ich kenne die drei erst seit ein paar Tagen, aber anscheinend lesen sie in meinem Gemütszustand wie in einem offenem Buch. Seufzend registriere ich, dass Ruki mittlerweile wieder eingeschlafen war. Seit Kopf ruht auf Aois Schulter und er schnarcht leise vor sich hin. . Aoi grummelt nur etwas unverständliches, als er meinem Blick folgt und zuckt einmal kurz mit der Schulter. Das weckt den Kleinen aber nicht und er schläft munter weiter. „Also? Ich warte?“, sagt Aoi nachdrücklich. Ich schlucke. „Ich habe mich gefragt, wieso keiner nach mir gefragt hat? Also… im Krankenhaus!“, sage ich zögernd und traue mich nicht Aoi oder Kai anzusehen. Deswegen bemerke ich auch nicht die Blicke, die sie austauschen. Voller Zweifel und Sorge. Um Mich. Doch ich registriere dies nicht. „Nun ja. Vielleicht kommst du nicht aus der Gegend?!“, versucht Aoi vorsichtig. Ich seufze nur und stehe auf. „Sorry, Kai-kun. Ich habe keinen Hunger.“ Dann gehe ich mit hängenden Schultern aus der Küche ins Wohnzimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)