For Want of Evidence von Glasschmetterling (A The Dark Knight Fanfiction) ================================================================================ Kapitel 12: The City of Gotham ------------------------------ For Want of Evidence – Chapter 12: The City of Gotham „Du bist spät.“ Élodie Marchant, ihres Zeichens französische Chanson-Sängerin, schürzte die vollen Lippen und betrachtete ihn durch ihre langen Wimpern von unten herauf, er blickte sie entschuldigend an und nahm dann auf dem Stuhl ihr gegenüber Platz. „Verzeih mir.“ Galant griff er nach ihrer Hand und küsste sie sanft, seine Lippen berührten kaum die blasse Haut und sie lächelte geschmeichelt – und ganz offensichtlich besänftigt. „Der Verkehr war... mörderisch.“ Sie lachte auf und zwirbelte eine blonde Locke, die sich wie zufällig aus ihrer Hochsteckfrisur gelöst hatte, um ihren Finger. „Natürlich kein Problem für dich, nicht wahr...?“ „Naturellement.“ Er zwinkerte ihr zu und sie lächelte, er hatte schon an dem Morgen, an dem er sie kennengelernt hatte, herausgefunden, dass es ihr gefiel, wenn er Französisch sprach – allerdings wusste er noch immer nicht, ob sie die Geste zu schätzen wusste oder sich nur über seinen Akzent und seine Fehler amüsierte. „Hast du schon gewählt?“ „Ich wollte auf dich warten.“ Die Kerze auf dem Tisch zwischen ihnen brannte bereits und verbreitete flackerndes Licht, gedämpfte Stimmen drangen aus dem Rest des Etablissements bis in die Nische an der Wand, die sie für sich in Beschlag genommen hatten und Wayne lächelte. „Sehr freundlich von dir.“ Er winkte den Kellner mit einer Handbewegung herbei und sofort eilte der Mann herbei und reichte ihnen die Karten. Das Restaurant war wirklich gut, das bezeugten nicht nur die Preise, sondern auch die Tatsache, dass man normalerweise mindestens zwei Monate im Voraus reservieren musste, um überhaupt einen Platz zu bekommen – für einen der kleinen Nischenplätze mit dem bezaubernden Blick über die Skyline von Gotham City waren es eher vier Monate. Mit einem leisen Grinsen fragte er sich, wie der Manager der Person, die er gestern mit seinem Anruf aus der Warteliste geworfen hat, die Situation erklärt hatte – sicherlich war es nicht besonders angenehm gewesen. „Gefällt es dir?“ Élodies Blick war aus dem Fenster geglitten und fasziniert hatte sie die Lichter der Stadt betrachtet, die durch die Nacht glommen und sich im Wasser der Bucht wiederspiegelten. „C'est parfait“, wisperte sie und er griff nach ihrer Hand, die auf dem Tisch lag, er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Deswegen sind wir hier.“ Der Kellner kam und sie bestellten, danach herrschte für einen Augenblick oder zwei Schweigen, Élodie rückte dezent ihr blaues Kleid zurecht, das ihre Kurven so gezielt in Szene setzte, dann blickte sie auf. „Von hier oben ist die Stadt wunderschön...“ Er nickte, hier, im Penthouse eines der höchsten Türme von Gotham hatte man einen wunderbaren Blick über die Häuser und Lichter, die Straßen zeichneten sich als weiße oder orange Linien zwischen den dunkleren Blocks ab und für einen Augenblick lächelte er. Es war einfach, die Fäulnis und die Korruption zu vergessen, die unter der Oberfläche lauerten und die man entdeckte, wenn man nur ein wenig genauer hinsah. Die glitzernden Gebäude mit ihren Glasfassaden und die eleganten Kleider der Frauen, die teuren Halsketten, die Anzüge... hier oben, in diesem kleinen Restaurant, war die Welt noch in Ordnung und er verbarg ein leichtes Schaudern. Wer von den Gästen wurde schon von der Mafia bezahlt, wer hatte schon die ersten Kontakte geknüpft, wer kannte den Lieutenant bereits? „Bruce...“ Ihr Akzent gab seinem Namen einen merkwürdigen, fremdartigen Klang und er blickte auf, ihre großen, blauen Augen ruhten auf ihm und er vermeinte, Besorgnis unter der Oberfläche zu sehen. „Was ist?“ Er schüttelte den Kopf und lächelte sie an. „Nichts...“ Kurz betrachtete sie ihn, dann schnaubte sie leise. „Bruce... ich kann nicht nur singen, ich kann auch denken. Ich sehe, dass dich etwas beschäftigt.“ Sie hatte die Finger verschränkt und das Kinn darauf gelegt, es war nicht zu bestreiten, dass sie neugierig war und er wusste, er würde sie nicht mit irgendeiner Platitüde abspeisen können. „Nun... es ist wohl das, was so gut wie jeden Bürger von Gotham City im Moment beschäftigt.“ „Der Prozess?“ Sie blickte ihn überrascht an. „Ich wusste nicht, dass du dich für Politik interessierst.“ Er zuckte mit den Schultern und lächelte verbindlich – natürlich interessierte er sich für Politik, seine zweite Identität konnte es gar nicht vermeiden, über die aktuellen Entwicklungen informiert zu halten. „Nun, man entkommt dem Thema ja kaum, meinst du nicht auch?“ Élodie nickte nachdenklich. „Natürlich... der Prozess ist überall in den Medien... es klingt wirklich schrecklich, was in dieser Stadt passiert. Ich verstehe nicht, wieso du nicht von hier wegziehst. Paris ist viel schöner.“ Er schüttelte den Kopf, wenn er ehrlich war, hatte er noch nie darüber nachgedacht, Gotham wirklich auf Dauer zu verlassen – zwar war er viel herumgereist, aber immer mit dem Vorsatz, irgendwann zurückzukehren. Immerhin hatte Rachel dort auf ihn gewartet, er hatte sie überzeugen wollen, dass er nicht dem Bild entsprach, das sie von ihm hatte... und schlussendlich war es ihm doch nicht gelungen. „Und ich verstehe nicht, wie man jemals von hier weggehen können wollte.“ Für einen Augenblick zögerte er und spielte mit seinem Manschettenknopf, er suchte nach den richtigen Worten, um Élodie zu erklären, was er für diese Stadt empfand und was ihn mit ihr verband, ohne sein Geheimnis preiszugeben. Sein Blick wanderte kurz nach draußen, dann nickte er langsam. „Diese Stadt ist... besonders. Ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll, aber sie fühlt sich anders an als die anderen Orte, die ich besucht habe. In gewisser Weise führt sie fast ein Eigenleben, könnte man meinen, mit all den Kontrasten und Unterschieden, mit dem Pomp und Glitzer, aber auch mit dem Leid und dem Elend. Und sie bringt die Menschen dazu, an ihre Grenzen zu gehen, holt das Beste aus ihnen heraus... aber auch das Schlimmste.“ Élodie blickte ihn nachdenklich an, seine Worte schienen sie dazu zu bringen, ihre Einstellung zu überdenken, und sie seufzte leise auf. „So wie Batman?“ Wayne zuckte mit den Schultern. „Nun, Batman würde ich nicht gerade als das beste Beispiel nehmen... aber Menschen wie Harvey Dent... denkst du, er wäre der Mann gewesen, der er war, wenn er nicht hier gearbeitet hätte, sondern in irgendeiner Bezirksstadt? Denkst du, er hätte die Bevölkerung so inspiriert, wie er es getan hat?“ Überrascht zog sie die Augenbrauen hoch. „Er wäre allerdings noch am Leben“, wandte sie ruhig ein und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, ihre Beine berührten wie zufällig die seinen und sie lächelte ein wenig. „Und diese Frau... wie hieß sie? Seine Verlobte...“ „Rachel. Rachel Dawes.“ Er wusste, seine Stimme klang ein wenig belegt, hoffte aber, dass Élodie es nicht bemerkte – und wie es schien, erfüllte sie ihm seinen Wunsch. „Nun... sie wäre auch noch am Leben...“ Für einen Moment blickte sie nach draußen, hinunter auf die schimmernden Juwelen der Lichter, dann schüttelte sie den Kopf. „Ich denke nicht, dass ich mich hier besonders sicher fühlen würde... denk doch an den Polizeiball und an diese Bezirksrätin... ich wüsste nicht, ob ich mich noch aus dem Haus trauen würde.“ Verschwörerisch beugte er sich vor, dann zwinkerte er ihr zu. „Nun... für heute Abend kann ich dich beschützen...“ Sie hob die Hand vor den Mund, um ihr glucksendes Kichern zu verbergen. „C'est magnifique...“ Er wollte etwas erwidern, doch wurde vom Auftauchen des Kellners unterbrochen, der den ersten Gang servierte, und sie aßen fast schweigend, noch immer spürte er im Schutz des Tischtuches ihr Bein an seinem und lächelte. „Wo findet eigentlich dein nächstes Konzert statt?“, fragte er, als schließlich der Wein aufgetragen wurde, der Hauptgang – Sankt-Jakobs-Muscheln in Weinschaum auf Blattspinat – war wirklich köstlich gewesen und auch Élodie wirkte sehr zufrieden. „In New York, in drei Tagen... eigentlich hätte ich schon früher abreisen wollen, aber irgendwie hat mich die Gesellschaft hier gehalten...“ Sie blinzelte und er lachte leise auf, die Anspielung war nicht besonders subtil gewesen. „Eigentlich wollte ich mir noch den Big Apple ansehen, mein letzter Besuch liegt Jahre zurück... aber Gotham war dann doch interessanter... das muss ich deiner Stadt zugute halten.“ „Nun... was hast du denn noch nicht gesehen? Immerhin musst du dann die Zeit nutzen, meinst du nicht auch?“ Sie blickte überrascht zu ihm hoch, dann lächelte sie und zwirbelte wieder eine ihrer blonden Locken. „Nun, mir würde da etwas einfallen...“ Er zwinkerte wieder. „Was für ein Zufall... mir vielleicht auch.“ Die Frau im Bett neben ihm regte sich im Schlaf, sie kuschelte sich tiefer in ihre Decken und seufzte leise auf, ihr hübsches, rundliches Gesicht wirkte vollkommen friedlich und er lächelte leicht, vorsichtig strich er ihr eine Strähne nach hinten. Ihre nackten Schultern lugten unter der dünnen Decke hervor und er berührte mit den Fingerspitzen die weiche, helle Haut, bevor er ohne einen Laut zu verursachen aus dem Bett glitt und seinen Bademantel überzog. Auf nackten Sohlen schlich er aus seinem Schlafzimmer und blickte noch einmal kurz zurück, Élodie bewegte sich nicht, sondern schlief friedlich, und er seufzte leise auf... sie war hübsch, sie war charmant, sie war berühmt – und doch nicht das, was er suchte. Wenn er überhaupt noch suchte, denn der Schmerz des Verlustes saß zu tief, und dahinter verbarg sich die Angst... er hatte seine Maske gewählt, um jene Menschen, die er liebte, nicht in Gefahr zu bringen, und doch hatte der Joker andere getötet, um ihn dazu zu bringen, sie abzunehmen. Vorsichtig schloss er die Tür hinter sich, das Leben war einfacher, wenn es niemanden gab, um den er sich sorgen musste, niemanden, mit dem man ihn unter Druck setzten konnte, wie Harvey Dent es mit Gordon getan hatte, niemanden, den man töten konnte, um ihn zu schaden... seinem schillernden Image schadete es ebenfalls nicht, Élodie Marchant würde übermorgen abreisen und danach würde eine andere, hübsche, berühmte Frau an ihren Platz treten, für kurze Zeit, und wieder aus seinem Leben verschwinden. „Master Wayne?“ Alfred trat auf ihn zu, mit einem Stich bemerkte er wieder einmal, dass er den alten Mann mit seinem... nun, interessanten Lebenswandel sehr strapazierte, und mit einem Lächeln nahm er die Hose und das Hemd entgegen, das er ihm reichte. „Wie war Ihr Abend, Master Wayne?“ „Interessant“, entgegnete er trocken, „die Details erfährst du natürlich morgen aus den Klatschblättern. Ich war fast blind vom Blitzlichtgewitter.“ Hastig schlüpfte er in die Kleidungsstücke, danach ließ er sich in seinem Arbeitszimmer in einen der bequemen Polsterstühle fallen und schaltete den Fernseher ein. Auf die Newssender war verlass, sie berichteten mit absoluter Sicherheit über genau das Thema, das ihn interessierte – den Prozess gegen Lieutenant Donald Hedges, der nun seit mehr als einer Woche lief. Wayne war ziemlich überrascht gewesen, als er erfahren hatte, dass Bezirksstaatsanwalt Doors die Anklage übernommen hatte – eigentlich schätzte er den Mann nicht so risikobereit ein und fand, dass es die Situation beschönigte, wenn man ihn einen prinzipienlosen Speichellecker nannte. Allerdings hatte er während dieses Prozesses echtes Rückgrat gezeigt und schien sich zu bemühen, Hedges wirklich hinter Gitter zu bringen, aber das konnte möglicherweise auch daran liegen, dass Detective Elizabeth Thomas ihm Beweise lieferte, die er einfach nicht ignorieren konnte. Auch sie selbst hatte bereits im Prozess ausgesagt, auch der Verteidiger des ehemaligen Polizisten, der eindeutig im Dunstkreis der Unterwelt operierte – ein letzter Hinweis darauf, wie die Sachlage stand – hatte ihre kühle Ruhe nicht durchbrechen können und es hatte Spaß gemacht, zu sehen, wie der Mann buchstäblich gegen eine Ziegelmauer rannte, denn genauso undurchdringlich war ihr Gesichtsausdruck gewesen. Er lehnte sich zurück und griff nach dem Glas, das sich fast in seiner Hand materialisiert hatte, gerade noch blickte er rechtzeitig zurück, um Alfred zur Tür hinaushuschen zu sehen und er lächelte, er wusste, was er an dem Mann hatte. Vorsichtig nahm er einen Schluck Bloody Mary und knabberte an dem Selleriestängel, während er weiter durch die Kanäle zappte, der aktuelle Prozess hatte den Mord an Bezirksrätin Sheryl McVeigh und den Tod von Officer Winona Jeffries, der ohnehin nur am Rande ein Thema gewesen war, komplett aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt und so gut wie die ganze Stadt wartete gespannt auf den Ausgang. Auch er gehörte zu dieser Fraktion, das musste er zugeben, doch was ihn, wenn er ehrlich war, am meisten überraschte, war die Tatsache, dass die Mafia noch nicht eingegriffen und den Prozess zum Platzen gebracht hatte. Dass der Lieutenant einen so wichtigen Informanten verloren hatte, musste ihn doch eigentlich nachdenklich stimmen und ihn zumindest dazu bewegen, eine Reaktion zu zeigen, doch nichts davon war geschehen, und das konnte zweierlei bedeuten... entweder hatte er nicht die Möglichkeiten, eine adäquate Antwort zu geben, oder keinen Grund, weil er durch Hedges’ Enttarnung nichts verloren hatte. An seine erste Theorie glaubte er nicht wirklich, konnte er nicht glauben, nachdem er gesehen hatte, wie der Mann den Polizeiball überfiel, einen Lieutenant des Gotham City Police Departments korrumpierte und eine Bezirksrätin aus heiterem Himmel ermordete – also musste es die zweite Möglichkeit sein, die ihn bewegte... und diese Tatsache gefiel Wayne ganz und gar nicht. Denn wenn Hedges Verlust die Familie nicht traf, dann musste man sich zwangsläufig fragen, wen sie denn noch gekauft hatten, der ihnen Informationen direkt aus dem Innersten der Polizeibehörden geben konnte... und von den Antwortmöglichkeiten, die ihm in den Sinn kamen, wollte er an die wenigsten auch nur denken. Gordon fiel so gut wie selbstverständlich aus, er vertraute dem Mann seit Jahren und war sich absolut sicher, dass er niemals die Ideale, die er schon so lange vertreten hatte, verraten würde – wirklich niemals. Mit Thomas sah es allerdings anders aus, sie war erst vor Kurzem von Gotham City nach Chicago gekommen und nach allem, was er von ihr gesehen hatte, waren ihre Illusionen – sofern sie denn welche gehabt hatte – zersplittert wie die Glasscheiben im Ballsaal... und eine ernüchterte Frau lief immer Gefahr, ihre Grundsätze zu verraten, denn was waren sie schon wert in einer Welt, die um sie herum zusammenbrach? Er zuckte mit den Schultern, er wusste, es war weitaus wahrscheinlicher, dass einer der vielen namenlosen Polizisten des GCPDs in die Dienste der Familie getreten war, aber trotzdem konnte er ein gewissen Grundmisstrauen Thomas gegenüber nicht ausschalten. Er kannte sie nicht, und nach allem, was er gehört hatte, vertraute auch Gordon ihr nur wegen Ereignissen, die bereits Jahre zurücklagen – niemand konnte sagen, wie sich ihre Persönlichkeit seitdem geändert hatte, oder was für eine Art von Polizistin sie war. Doch was auch immer geschah, welche seiner Theorien sich auch als zutreffend erwies – irgendeine Antwort auf den Prozess musste die Familie geben, und wenn es nur eine Kleinigkeit war, denn sonst hätte sie unwiederbringlich einen Zacken aus ihrer Krone verloren und gab ein Beispiel für all jene, die es zuvor nicht gewagt hatten, sich zu widersetzen. Er erhob sich schwerfällig und ging langsam auf und ab, die Narben auf seinem Rücken und seinen Armen spannten unangenehm und er räkelte sich, um das Gefühl abzuschütteln, doch mittlerweile war es zu einem fast vertrauten Begleiter für ihn geworden, einem, der ihn möglicherweise auch zu mehr Vorsicht in der Zukunft mahnte. Élodie hatte seine alten Verletzungen entweder nicht bemerkt – was er sich kaum vorstellen konnte, denn sie hatte mit Hingabe so gut wie jeden Quadratzentimeter seines Körpers erkundet – oder war taktvoll genug gewesen, um nicht danach zu fragen. Zwar hatte er in den letzten Jahren einige Extremsportarten betrieben, um die Narben zu rechtfertigen, doch in seinem Inneren wusste er, dass seine Ausreden einer wirklich kritischen Nachfrage sicherlich nicht standhalten würden... also traf es sich gut, dass die Frauen, mit denen er schlief, meist nicht weit genug dachten, um das zu tun. Er nahm einen weiteren Schluck von seiner Bloody Mary, die Schärfe und der Alkohol klärten seinen Verstand und entspannten seine Muskeln, merkwürdigerweise fühlte er sich nach einem Abend in Gesellschaft viel... unruhiger und erschöpfter als nach einer Nacht, in der er Verbrecher gejagt hatte. Sein Körper wurde zwar nicht so sehr beansprucht, aber das Gefühl, etwas erreicht zu haben und das Adrenalin, das durch seine Adern rauschte, machten die manchmal sogar quälenden Schmerzen wett – er fühlte sich einfach besser und ihn quälte nicht die Frage, was er an diesem Abend getan hatte. Er musste zugeben, das Leben als reicher Playboy gefiel ihm in nicht unbeträchtlichem Maße, und wenn er auch wusste, dass er sich manchmal schrecklich und ausgesprochen arrogant benahm, so war die Bewunderung, die ihm zu Teil wurde, im Moment doch ein Ausgleich zu dem Hass, der seiner zweiten Existenz immer mehr entgegenschlug. Batman war nicht mehr der Held, der Gotham vor dem Verbrechen beschützte, sondern in den Augen der Bevölkerung zu einem Teil dessen geworden, was er verachtete, und im gleichen Maße war sein Widerwillen gewachsen, in seine Rolle zu schlüpfen – wenn sie denn überhaupt eine war. Langsam schüttelte er den Kopf und warf einen Blick zum Fernseher, die Nachrichtensprecherin erwähnte gerade, dass Hedges noch immer kein Geständnis abgelegt hatte trotz des Angebots der Staatsanwaltschaft, ihm dafür einen Teil seiner Strafe zu erlassen, und Wayne lächelte ironisch. Es wunderte ihn überhaupt nicht, dass er es nicht wagte, die Namen möglicher Komplizen und Mitwisser zu nennen – denn wenn er im Moment nur ein kleiner, aber verschmerzbarer Verlust für die Familie war, so wurde er in dem Moment, in dem er begann, auszupacken, zu einer Gefahr, die so schnell wie möglich beseitigt werden musste. Für einen Augenblick verdüsterte sich sein Gesicht und er erinnerte sich an Joe Chill, der von einer als Reporterin verkleideten Frau im Gerichtsgebäude niedergeschossen wurde, unbewusst biss er sich auf die Lippe. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann musste er ihr für ihre Tat eigentlich dankbar sein, denn sie hatte ihm damit auf eine gewisse Art und Weise das Leben gerettet – wenn sie ihn nicht ermordet hätte, dann hätte er es getan, und damit wäre alles vorbei gewesen... wirklich alles. Er schüttelte den Kopf, sein Plan war dumm und naiv gewesen und er hätte damit nichts bewegt, nichts erreicht, außer, mit seiner Tat das Andenken seiner Eltern in den Schmutz zu ziehen... wobei er sich in manchen Augenblicken nicht sicher war, ob er das nicht mit seinen aktuellen Handlungen ebenfalls tat. Sein einziger Ratgeber in dieser Frage war Alfred, der – ebenso wie er selbst – auch seine Eltern gekannt hatte und seine zweite Identität gutzuheißen schien, doch manchmal war er sich nicht sicher, ob die Zuneigung, die der alte Mann ihm gegenüber zweifelsohne hegte, sein Urteil über seine Taten nicht sicher verfälschen würde. Er seufzte auf, er würde wohl niemals erfahren, was seine Mutter und sein Vater über ihren erwachsenen Sohn und seine Einstellungen gedacht hätten, doch das ungute Gefühl blieb, dass seine Handlungen so gar nicht mit ihrem karitativen Engagement und ihrer Arbeit konform gegangen wären. „Master Wayne?“ Er blickte auf, Alfred stand in der Tür und sah interessiert – neugierig wäre ein Wort, das er sicherlich vehement abgelehnt hätte – zu ihm. „Kann ich etwas für Sie tun?“ Er schüttelte langsam den Kopf und trank seinen Cocktail aus, dann streckte er sich und ging langsam auf die Tür zu. „Nein, danke... ich denke, ich gehe schlafen.“ Alfred nahm ihm vorsichtig das Glas aus der Hand und warf einen tadelnden Blick auf seine nackten Füße, den er so gut er es vermochte ignorierte und sich stattdessen auf den Weg zur Schlafzimmertür machte. Auf dem Weg hielt er allerdings noch einmal inne und wandte sich um, für einen Moment starrte er auf den schwarzen Anzug und bemerkte dann leise... „Alfred?“ Der Butler wandte sich um. „Ja, Master Wayne? Kann ich noch etwas für Sie tun?“ Fast zögerlich schüttelte er den Kopf. „Nein... aber... danke.“ Alfred betrachtete ihn für einen Moment, dann lächelte er leicht, doch trotz seines sarkastischen Tonfalls konnte er nicht verbergen, wie gerührt er war. „Sie müssen mir nicht danken, Master Wayne – immerhin erbe ich im Zweifelsfall Ihr Vermögen, haben Sie das vergessen?“ „Nun... meine Rüstung bekommst du auch, ich wäre fast neugierig, was du damit anfängst.“ Alfred grinste, sein staubtrockener Tonfall brach wieder einmal durch, was Wayne – wie wohl beabsichtigt – zum Grinsen brachte. „Ich versteigere sie – es gibt sicher Leute, die dafür ein Vermögen bezahlen würden, immerhin sind Sie ein... Held? Bösewicht? Egal was, es bringt sicherlich Geld.“ Noch immer mit einem Lächeln auf den Lippen trat er in sein Schlafzimmer, durch die großen Panoramafenster schimmerten noch immer die Lichter von Gotham City herein, zu dieser Nachtstunde waren allerdings schon viele von ihnen verblasst und erlaubten wenigstens einigen Sternen, durch das ewige Leuchten zu dringen. Vorsichtig, um Élodie nicht zu wecken, schlüpfte er wieder unter die Decke und schlang seine Arme um sie, sie regte sich und schmiegte sich an ihn, doch erwachte nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)