Rückkehr zum Kyffhäuser von abranka ================================================================================ Kapitel 1: Rückkehr zum Kyffhäuser ---------------------------------- Zu Fuß war Heinrich von Kleist von dem Gasthof, in dem er abgestiegen war, zum Kyffhäuser emporgestiegen. Er wusste nicht so genau, was es war, dass ihn hierher trieb, hierher, wo... Ja, wo er einige der glücklichsten Tage seines Lebens verbracht hatte und wo er die Folgen des schändlichsten Verrates, der ihm je angetan worden war, ertragen hatte. Hier... Seine Schritte waren ausgreifend, während er dem schmalen Pfad durch den dichten Wald folgte. Die Blätter verfärbten sich langsam und für den bisher recht feuchten Herbst war dies ein herrlicher, sonniger Tag. Doch für die Idylle der Natur hatte er keinen Blick, waren seine Gedanken doch zu sehr in der Vergangenheit verhaftet, suchten seine Augen doch nach Spuren des letztjährigen Abenteuers, das er hier gemeinsam mit Bettine Brentano, Achim von Arnim, Friedrich von Schiller, Wolfgang von Goethe – und auch Alexander von Humboldt bestanden hatte. Diese waghalsige Mission, aus dem französisch besetzten Mainz den rechtmäßigen französischen Thronfolger zu befreien, damit in einer groß gesponnenen Intrige der Franzosenkaiser Napoleon gestürzt werden konnte. Doch der Dauphin entpuppte sich mitnichten als königlich, die Gefährten Schiller und Goethe als Restauratoren der Monarchie, um ihre Heimat zu schützen und nicht als Verteidiger der Republik und ein guter, geliebter Freund als grausamer Verräter... Kleist schlug mit seinem Wanderstock gegen einen Baum. Noch immer löste die Erinnerung an diesen Verrat grenzenlose Wut in seinem Inneren aus. Er sollte mit allem abschließen, die grausamen Dinge vergessen und sich nur an die guten erinnern. Doch das war unmöglich. Absolut unmöglich, waren sie doch viel zu sehr miteinander verquickt... Er fand den schmalen Pfad wieder, der zu dem Ort führte, an dem sie im letzten Jahr ihr Lager aufgeschlagen hatten. Noch immer gab es hier Spuren von ihnen. Von ihrer kleinen Gruppe sowie von dem Überfall der Franzosen... Er stieß sogar mit dem Fuß gegen eine Patronenhülse, die vor ihm den Pfad entlang kullerte. Die blassen Lippen fest zusammengepresst und die Zähne aufeinander gebissen ging er weiter. Nichts war hier noch mehr geblieben von dieser Atmosphäre der Ruhe und des stillen Triumphes, der Gemeinschaft, die sie hier genossen hatten. Nichts. Die Franzosen hatten alles zerstört. Der Verräter hatte alles zerstört. Kleist straffte die Schultern. Nur kurz würde er noch einen Blick auf den Weiher werfen und dann wieder gehen. Er konnte hier nicht bleiben und es war dumm gewesen, überhaupt hierher zurückzukehren. Das hier war Vergangenheit. Eine begrabene Zeit, so wie Schiller im letzten Jahr begraben worden war. Und dennoch konnte er nicht anders, als am Ufer des Weihers innezuhalten und auf das Wasser zu blicken. Die Oberfläche glitzerte im Sonnenlicht und lud zum Baden ein, so wie sie es im letzten Jahr bereits getan hatte. Und er begriffen hatte... Er wollte sich abwenden, als er einen Ast in seiner Nähe brechen hörte. „Man sagte mir im Gasthof, dass Du hier hinaufgestiegen bist. Und wie mir scheint, hat die Wirtin Recht behalten.“ Die Stimme war allzu vertraut. Viel zu vertraut und doch waren die Erinnerungen, die mit ihr verbunden waren, nicht nur positiv. „Was wollt Ihr?“, fragte Kleist zwischen den zusammengepressten Zähnen hindurch und drehte sich nicht um. Alles in ihm schrie danach, es zu tun, und ihn anzusehen, aber er zwang sich dazu, nicht nachzugeben. „Warum bist Du so distanziert? Grollst Du mir noch immer?“ Zornig wirbelte Kleist herum und fixierte Alexander von Humboldt aus funkelnden Augen. „Bewahrt Abstand! Und Ihr solltet mir dankbar sein. Nur meiner Schwäche habt Ihr es zu verdanken, dass ich Euch nicht erschossen habe!“ Die dunklen Augen Humboldts musterten ihn so unverhohlen, dass es Kleist heiß und kalt zugleich wurde. Er hasste es, sich so schwach zu fühlen – und doch liebte er diese Augen noch immer, liebte er diesen Mann noch immer. „Ich bin Dir dankbar, denn ansonsten...“ „Spart Euch Eure Worte! Spart sie Euch! Wir haben einander nichts mehr zu sagen. Ihr habt uns verraten, Eure Freunde, Eure Gefährten. Ihr habt mich verraten! Das ist alles, was zählt und woran ich bei Eurem Namen und Eurem Gesicht noch zu denken vermag!“ Kleist stürmte an Humboldt vorbei und touchierte ihn dabei mit der Schulter, weigerte sich dieser doch schlichtweg, ihm aus dem Weg zu gehen. Sein ganzer Arm schien in Flammen zu stehen, während er den Pfad hinaufeilte. Er wollte fort von hier. Fort von diesem Mann! Fort von den Gefühlen, die dieser noch immer in ihm auslöste und die ihn schier zur Verzweiflung trieben. Wie sollte er diesem Mann denn jemals wieder vertrauen können? Er war ehrlos! Er war ein Verräter! Vielleicht hätte er ihn doch damals erschießen sollen und sich selbst gleich hinterher, dann würde er sich damit jetzt nicht abplagen müssen. Dann wäre es vorbei. Endgültig vorbei... Und gerade das erschien ihm gerade äußerst wünschenswert. Kleist sah sich nicht um, sondern folgte mit schnellen Schritten dem Pfad durch den dichten Wald. Er wollte einfach nur fort von hier. Es war dumm gewesen, hierher zurückzukommen. Äußerst dumm. Er war eben doch nur ein romantischer Schwärmer, ein dummer Melancholiker, nichts anderes! Zornig schlug er mit seinem Wanderstab durch einige hochgewachsenen Brennnesseln, als er auf einmal einen Schrei hörte. Einen überraschten, gellenden Aufschrei, der ihm nahezu das Blut in den Adern gefrieren ließ. Natürlich war es hier nicht ungefährlich, auch wenn man eigentlich davon ausgehen konnte, dass hier, fernab der üblichen Reisewege, wenig Straßenräuber unterwegs waren. Jedoch konnte man in diesen Zeiten natürlich nie sicher sein. Und dort hatte jemand offenbar Pech gehabt... Kleist dachte nicht nach, als er auf dem Absatz herumwirbelte und zurückrannte. Verdammt, er wollte die deutschen Lande frei sehen! Wo kam er denn dann hin, wenn er nicht jemand Unschuldiges half? Noch im Laufen suchte er sein Schießeisen aus der Tasche. Er trug es immer bei sich und hatte es sich nicht abgewöhnen können. ‚Man kann nie wissen, wann es einem das Leben rettet’ pflegte er zu sagen, auch wenn er dafür häufiger Gelächter erntete. Und er war ein ausgezeichneter Schütze. „Verschwindet!“, gellte seine Stimme durch den Wald, als er die Stelle erreichte, wo sich die Räuber über ihr Opfer hermachten. Vier waren es, der Überfallene lag am Boden, im Matsch, die Hände in Abwehr erhoben. Er schoss zur Warnung dicht über ihre Köpfe hinweg. Doch die vier Verbrecher hatten nicht die Absicht, noch länger zu verweilen. Die Reisetasche des Fremden packend verschwanden sie im Dickicht. „Herr, seid Ihr in Ordnung?“, fragte Kleist keuchend und rannte näher. Und dann verhielt er mitten im Schritt. Denn der Mann dort am Boden, der sich über die aufgeplatzte Lippe fuhr und dessen dunkle Augen ihn nun überrascht anblickten, dieser Mann war niemand anderes als Humboldt. „Ihr seid wirklich ein Fluch...“, knurrte Kleist ungehalten und streckte dann die Hand aus, um dem anderen auf die Beine zu helfen. Er konnte ihn ja schwerlich hier liegen lassen, denn vielleicht war er ja doch ernsthaft verletzt. Und so sehr er diesen Mann für seine Taten auch verabscheute, würde er sicherlich nicht die Schuld auf sich laden, ihn hier in Dreck und Einsamkeit verrecken zu lassen. Humboldt ergriff seine Hand und ließ sich auf die Beine ziehen. Dabei gab er ein leises Aufstöhnen von sich und berührte vorsichtig sein linkes Knie. Möglicherweise hatte er sich beim Sturz verletzt. „Danke...“, sagte Humboldt leise und stützte sich auf Kleist. Allein wäre er kaum in der Lage zu gehen, geschweige denn vor Anbruch der Nacht den Gasthof zu erreichen. „Dankt mir nicht. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, einem in Not geratenen Menschen zu helfen“, gab Kleist kühl zurück. Doch es fiel ihm schwer, sich von jemandem zu distanzieren, dessen klamme, dreckige Kleidung er an seinem Körper spüren konnte, dessen Gewicht auf seine Schultern drückte und dessen Geruch unwillkommen in seine Nase kroch. Er hatte diesen Kerl nicht wiedersehen wollen und nun schleppte er ihn nahezu mit sich durch die Gegend. Welch eine Ironie. Die Sonne war bereits vor einer Weile untergegangen, als sie endlich den Gasthof erreichten. Humboldt kam kaum vorwärts und brauchte Kleists Stütze mit jedem Schritt mehr. Sie schwiegen, hatte Kleist doch jegliche Gesprächsversuche mit Schweigen zum Scheitern verurteilt. Es reichte ihm schon allein, dass er Humboldt so nahe bei sich spüren musste. Dass dessen Schweiß sich mit seinem vermischte und seine Haut benetzte. Er wollte das nicht. Nicht wieder. Niemals wieder... Doch zugleich sehnte er sich danach. Mit gesenktem Blick führte er den Verletzten durch den Gastraum und die Treppe empor in dessen Zimmer. Humboldt wollte sich schon mit seinen verdreckten Kleidern auf das Bett fallen lassen, doch Kleist hielt ihn davon ab. „Wartet, ich helfe Euch.“ Behutsam half er Humboldt, sich auf dem klapperigen Holzstuhl in dem Zimmer niederzulassen. Jeglichen Augenkontakt vermeidend ließ er sich auf die Knie sinken und löste die schweren Stiefel von den Füßen des einstigen Freundes. „Heinrich...“ „Nein, sagt nichts. Ansonsten müsst Ihr Euch allein um Euch kümmern. Sagt nichts“, gab Kleist zwischen zusammengebissenen Zähnen zurück. „Ihr wisst nicht, welche Überwindung mich das hier kostet.“ „Heinrich...“ „Sprecht meinen Namen nicht aus!“ Kleist sprang auf die Beine und funkelte Humboldt zornig an. „Ihr habt jegliches Recht dazu verloren!“ „Ich wollte euch alle retten! Begreifst Du das denn nicht? Der vermeintliche Dauphin war ein angemessener Preis für euer Leben! Für Dein Leben!“ Humboldt wollte ebenfalls aufstehen, sank jedoch beinahe sofort stöhnend auf den Stuhl zurück. „Du bist mir teuer, Heinrich. Teurer als alles andere... Nur für Dich...“ „Ich will es nicht hören!“, fauchte Kleist zurück und löste unwirsch den durchnässten Mantel von Humboldts Schultern. „Ich will es nicht hören...“ „Warum? Weil es Dich berühren könnte? Weil Du entdecken könntest, dass Du mich nicht nur hasst?“ Fassungslos starrte Kleist den älteren Mann an. Verbarg er seine Gefühle so schlecht? War er so unfähig, so dumm und so kindisch, sie hervorscheinen zu lassen, sodass ausgerechnet er sie erkennen konnte? „Heinrich...“ Humboldts Hand berührte ihn sanft an der Wange und Kleist zuckte zurück. „Lasst das!“ „Willst Du auf ewig leugnen, dass Du mich zumindest einst geliebt hast? Dass ich Dir noch immer etwas bedeute und Du mich nicht vergessen kannst?“ „Wollt Ihr auf ewig leugnen, dass Ihr uns verraten habt? Dass Ihr mich verraten habt?“, gab Kleist heftig zurück und brachte einige Schritte Abstand zwischen sie. „Heinrich, es tut mir aufrichtig Leid. Ich bereue, was ich getan habe, weil es Dich von mir entfernt hat. Aber ich bereue es nicht, versucht zu haben, Dich vor den Franzosen zu retten. Das werde ich niemals bereuen. Denn Du lebst. Und das war jeglichen Preis wert.“ Humboldt hatte den Kopf ein wenig schräg gelegt und blickte Kleist von unten her an. Die dunklen Augen verrieten eine solche Aufrichtigkeit, dass sie Kleist schmerzte. „Wie kann ich Euch denn noch trauen?“, flüsterte er leise und kam Humboldt wieder entgegen. „Wie denn?“ Seine Fingerspitzen berührten ganz eben die Haut der Wange des anderen Mannes, strichen hinauf zu dem bereits leicht ergrauten Haar der Schläfen. Humboldt lächelte schwach. „Du könntest es einfach versuchen...“ „Nur, um dann von Euch erneut enttäuscht zu werden?“ Kleist rang sich etwas ab, das wohl ein Lächeln sein sollte, aber vollkommen misslang. „Ich will Dich nicht enttäuschen...“ Humboldts Stimme war leise und rau und sorgte dafür, dass Kleist ein Schauder über den Rücken ran. „Das werdet Ihr aber.“ Kleist ließ die Hand sinken und löste den Gürtel, der Humboldts Beinkleider hielt. „Streckt die Beine.“ Humboldt kam der Aufforderung nach und sah zu, wie der andere die schlammige Hose beiseite legte. Nur mit den klammen Unterkleidern an den Beinen fror er noch mehr als zuvor. „Hilf mir zum Bett hinüber. Den Rest schaffe ich allein“, sagte er mit fester Stimme und suchte sich aufzurichten. Er wäre wieder gescheitert, hätte Kleist ihn nicht unter dem Arm gefasst. „Das ist unvernünftig!“ „Na und? Du bist auch nicht vernünftig.“ Kopfschüttelnd half Kleist Humboldt bis zum Bett und nahm das verdreckte Hemd entgegen. Er konnte nicht verhindern, dass sein Blick einen Augenblick lang auf der bloßen Haut des Naturforschers ruhte. Er vermisste ihn. Und doch war es unmöglich... Abrupt wandte er sich ab. „Sag mir nur eins, Heinrich“, sprach Humboldt leise, als Kleist schon beinahe aus der Tür raus war, „Hast Du das mit uns jemals bereut?“ Mit dem Rücken zu ihm verharrte Kleist und schüttelte den Kopf. „Nein. Aber ich habe es bereut, uns beide in diesem Wald nicht erschossen zu haben. Es hätte die Dinge einfacher gemacht.“ Es war weit nach Mitternacht und Kleist konnte noch immer nicht schlafen. Es gelang ihm nicht, Humboldts Gesicht aus seinen Gedanken vertreiben, diesen Mann endgültig aus seinem Herzen zu verbannen. Trotz allem, trotz aller harschen Worte, trotz aller Taten sehnte er sich nach ihm, vermisste ihn. Und irgendwo tief in seinem Herzen entdeckte er den Wunsch zu verzeihen. Es entsprach nicht seinem Wesen. Er war eher unversöhnlich, um nicht zu sagen stur. Aber Humboldt... Diese Gefühle brannten so sehr in ihm und er war nicht mehr in dem Alter, sich wie Goethes Werther selbst zu quälen. Er wollte sich nicht quälen und eigentlich wollte er sich auch nicht umbringen. Also blieb nur eins: eine andere Lösung zu finden. Leise stand er auf und in sein weißes Nachthemd gekleidet verließ er sein Zimmer. Er musste nur wenige Meter über den Flur gehen, ehe er das Quartier Humboldts erreichte. Dieser hatte nicht abgeschlossen. Natürlich nicht, denn dafür hätte er sich erheben müssen. Kleist öffnete leise die Tür und trat ein. Er wusste nicht genau, was er hier tat, nur, dass er hier sein wollte. Einfach so. Ohne großartig darüber nachzudenken, ohne sich Fragen zu stellen. Er handelte einfach. Behutsam ließ er sich auf den wackeligen Holzstuhl sinken und betrachtete den Schlafenden in dem schwachen Licht des Sichelmondes, das durch die halbgeschlossenen Vorhänge ins Zimmer drang. Das milchige Licht zeichnete die weichen Züge Humboldts noch weicher, ließ ihn jünger wirken, als er es tatsächlich war. Seine Augen bewegten sich hinter den Lidern, sein Mund war ein wenig geöffnet und sein Atem ging ruhig. Er murmelte einige Worte im Schlaf, doch sie waren zu leise, als dass Kleist sie hätte verstehen können. Der junge Mann zog die Beine an und stützte das Kinn auf seine Knie. Was sollte er tun? Gab es überhaupt irgendetwas, was sinnvoll war zu tun? Doch hier und jetzt in diesem Moment war es das sinnvollste, Humboldt beim Schlafen zuzusehen... Kleist erwachte davon, dass er unsanft mit dem Boden kollidierte. Schmerzgepeinigt verzog er das Gesicht und richtete sich langsam auf. Wo war er? Genau... Humboldts Zimmer. Er sollte gehen, ehe dieser erwachte. Nicht, dass er ihn hier noch... „Heinrich?“ Kleist seufzte leise, während er sich aufrichtete und sich bemühte, in seinem Nachthemd so würdevoll und distanziert wie nur möglich auszusehen. „Mir scheint, ich wandle im Schlaf.“ „Und Du schläfst auf Stühlen.“ Humboldt zog eine Augenbraue hoch. „Ich bin bereits seit geraumer Zeit wach und habe dich beobachtet.“ Erneut entwich Kleist ein Seufzer. Mit einer Lüge kam man offenbar nicht weit, wenn die Wahrheit bereits einmal vorbeigeschritten war. „Bildet Euch nichts darauf ein. Ich wollte nur nach Euch sehen“, fuhr er Humboldt an. „Wie freundlich von Dir“, gab dieser zur Antwort. Kleist ließ sich auf den Stuhl sinken. „Warum seid Ihr hier? Warum habt Ihr mich gestern gesucht? – Und Ihr habt mich gesucht! Warum redet Ihr noch mit mir? Ich wollte Euch erschießen, ich hätte Euch erschießen sollen! Und Ihr... Ihr...“ Er brach ab und schüttelte den Kopf. „Weil ich Dich nie vergessen habe, Heinrich. Weil ich Dich schlichtweg nie vergessen habe, Heinrich. Dich nicht und das, was zwischen uns war. Und weil ich mir wünschen würde, dass es noch immer dort wäre.“ „Aber...“ „Du hast mich nicht erschossen. Und genau das hat mir gesagt, dass Du mich trotz allem noch liebst. Ich habe einen Zeitpunkt gesucht, um mich Dir wieder anzunähern und nachdem ich von Deiner Haushälterin erfahren habe – verzeih, die gute Dame gibt mir beizeiten Informationen über Dich –, dass Du hierher reist, hielt ich das für einen guten Zeitpunkt. Welchen besseren Ort hätte es geben können?“ Kleist öffnete den Mund, um etwas zu sagen und klappte ihn dann doch wieder zu. Es gab nichts, was er dazu sagen könnte. Stumm starrte er auf die hölzernen Dielen unter seinen Füßen. Er wollte denken, aber irgendwie... war da nichts in seinem Kopf. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen und das einzige, was ihn Worte zu einem Satz zusammenfügen ließ, war die Tatsache, dass er fror. „Mir ist kalt...“, murmelte er so schließlich. „Du kannst dich bei mir aufwärmen.“ Kleist hob den Kopf und lächelte Humboldt verlegen an. Vielleicht war das ein Anfang. Sich etwas Wärme borgen, sich anlehnen und ganz langsam herausfinden, ob das mit dem Vergeben nicht doch irgendwie funktionierte. Zögernd stand er auf. Und vielleicht musste manchmal etwas mit einigen kleinen Schritten begonnen werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)