Warum hört dich keiner... von Giluli (außer mir? »Neues in Gilulis Laberecke *hust*<<) ================================================================================ Kapitel 9: Was ich will ----------------------- Jahuuuuuuuuu! Ich habs endlich geschafft!!! Gott bin ich froh!!!!!! Es tut mir so unendlich mal tausend Leid, dass ihr so lange warten musstet, aber ich steh gerade echt im Stress!!! Wie ich halt alles hasse -.-° tss...Ich hoffe ihr habt mich noch nicht aufgegeben und lest weiterhin fleißig (und macht auch Kommies *hust*) Ist en komisches neues Lesedingens...ey scheiße O.o wie nennt man des...also egal..vielleicht verstehts jemand...ich finds kuhl...irgendwie ^.^ Will euch jetzt auch nicht so lang zulabern (des mach ich erst am Schluss :P) Viel Spaß beim lesen!!! ~~~~~~~♥ ------------------------------------------------------------------------------ Kapitel 9: Was ich will Ich hörte mein Herz laut in meinen Ohren pochen. Mit jedem Schlag wurde es heftiger und ich befürchtete beinahe es müsste aus meiner Brust herausschlagen, so sehr knallte es gegen meinen Brustkorb. Mein Gehirn schrie unaufhörlich ich sollte diese Dummheit auf der Stelle beenden. Die Stimme wurde jedoch mit jedem Moment, den ich weiter auf Fynns Lippen verweilte, weiter und weiter zurückgedrängt, bis sie nur noch ein leises Flüstern war und letztendlich völlig verstummte. Wie gefangen erhielt ich den Kuss aufrecht und bemerkte dann erschrocken, wie sich meine Lippen zaghaft gegen seine bewegten; erst langsam und zurückhaltend, dann immer fordernder und verlangender, getrieben von jedweden Sinneseindrücken, die ich von Fynn wahrnahm. Der kurze Gedanke daran, er würde mich zurückweisen können, ließ mich leicht zusammenzucken, dann stellte ich jedoch fest wie sich auch seine Lippen schwach den Bewegungen meiner anpassten und den Kuss erwiderten. Die Abstände meiner Herzschläge verkürzten sich ein weiteres mal, sodass es sich beinahe nur noch wie das ununterbrochene Rattern eines Motors anhörte, der laut in meinen Ohren dröhnte. Es fiel mir schwer zu verstehen, was genau da gerade geschah. In meinem Kopf herrschte nur noch eine seltsam luftige Leere, die mir alles irgendwie schwammig und verwirrend erscheinen ließ. Er küsste mich? Ja das tat er. Oder bildete ich es mir nur ein? Gingen diese Berührungen nicht auch von ihm aus? Doch! Das taten sie! Er küsste mich. Ich küsste ihn. Mein Gott! Das bedeutete...Wir küssten uns! Eine gewaltige Welle von Glücksgefühlen überschwappte mit einem Mal meinen ganzen Körper. Den Gedanken, Fynn würde den Kuss nur erwidern, weil er über die Maßen betrunken war, schob ich vorerst bei Seite. Viel zu berauschend war dieses kribbelnde Gefühl, das wie kleine Blitzschläge durch meinen ganzen Körper zuckte, immer wieder neu erzeugt von jedem Teil meiner Haut, der in direktem Kontakt mit der von Fynn stand. Unbewusst schlang ich die Arme noch etwas enger um den Schwarzhaarigen, als würde ich sicherstellen wollen, dass er die Verbindung auch ja nicht unterbrechen konnte. Er wehrte sich nicht. Legte, im Gegenteil, sogar seine eigenen Arme um meinen Hals, um sich mir, aufgrund seiner geringeren Körpergröße, ein wenig entgegenzurecken. Zaghaft öffnete ich den Mund und stupste mit meiner Zunge leicht gegen seine Lippen. Ich konnte spüren wie er bei dieser Berührung einen Moment erschrocken zurückwich und die Verbindung zwischen uns für den Bruchteil einer Sekunde unterbrach. Er überbrückte die Distanz jedoch sofort wieder und legte seine Lippen ein weiteres Mal auf meine, ehe er sie leicht öffnete und meiner Zunge Einlass gewährte. Ich stellte fest, dass es nicht großartig anders war einen Jungen zu küssen. Hätte ich nicht gewusst, dass er einer war und die Augen nicht geschlossen gehabt, so hätte ich ihn durchaus sogar für ein Mädchen halten können. Sein schmaler Körper in meinen Armen fühlte sich so zerbrechlich an. Seine Lippen waren weich und warm. Mein Herz raste ununterbrochen. Nein. Es fühlte sich nicht anders an. Selbst dieses erwartete schmutzige Gefühl blieb aus und statt ihm breitete sich eine seltsame wohlige Wärme in mir aus. Noch nie hatte ich einen Kuss erlebt, der so berauschend und aufregend gewesen war. Er machte alles um mich herum unwichtig. Selbst die Leute, die uns nun ganz eindeutig in dieser Situation sehen konnte, interessierten mich nicht. Die Musik hörte ich nur noch ganz weit entfernt, als hätte sie jemand leiser gestellt. Auch den Alkohol konnte ich für einige Sekunden nur noch wage in meinen Beinen spüren und doch war es mir immer noch nicht möglich ganz nüchtern zu denken. Wie egal mir doch alles war. Fynn machte alles vergessen. Er schmeckte so gut. Als wir uns ruckartig von einander lösten war das wie, als würde ich aus einem langen und intensiven Traum erwachen. Fynn drückte mich leicht weg, hielt mich jedoch trotzdem noch an meinem T-Shirt fest, sodass unsere Verbindung nicht vollends abbrach. Neben ihm erkannte ich nach genauerem Hinsehen Alex, der sich mit Müh und Not ein Grinsen zu verkneifen versuchte. Mit einem Mal brachen sämtliche Eindrücke wie ein Schlag auf mich herein. Die plötzliche laute Musik ließ mich für einen Moment wieder klar denken und ich zuckte heftig zusammen. »Fynn kommst du mal kurz?« konnte ich Alex dumpf sagen hören. Der Schwarzhaarige schaute kurz zu mir. Ich wich dem Blick aus. Unfähig irgendwas zu tun, drehte ich mich mit einem unverständlichen »Ich muss mal weg.« um und bahnte mir meinen Weg durch die Menschenmassen. Ich konnte Fynn hinter mir undeutlich meinen Namen rufen hören. Er klang mehr als verwirrt. Ich drehte mich nicht um, wollte nicht sehen, welche Gefühle das Gesicht des Schwarzhaarigen preisgab. Ich wollte raus und klaren Kopf bekommen. Aus irgendeinem komischen Grund erinnerte ich mich plötzlich an die Szene von vor ein paar Wochen, als ich ebenfalls fluchtartig eine Tanzfläche verlassen hatte; kurz nach einem Kuss. Ich stellte fest, dass ich sogar ein ähnliches Gefühl wie an diesem Abend empfand. Angst. Und doch war es anders. Diesmal fürchtete ich mich nicht vor dem Kuss selbst, sondern vor den Reaktionen, die er auslösen könnte. Als ich endlich schwer atmend den Ausgang erreicht hatte, lehnte ich mich erst mal schwankend gegen das rostige Geländer und hielt mich daran fest. Durch den frischen Sauerstoff machte sich der Alkohol viel deutlicher bemerkbar, als in dem stickigen miefigen Club. Ich spürte wie ich heftig zu zittern begann und sog ein paar mal tief die Luft ein. Noch immer spürte ich die weichen warmen Lippen Fynns auf meinen; seine Zunge wie sie zaghaft, aber bestimmt gegen meine stupste. Seine Finger unsicher in dem Stoff meines T-Shirts. Der Gedanke jagte mir wieder diese unverschämte Röte ins Gesicht und ich kniff heftig die Augen zusammen. Herrgott! Was hatte ich mir dabei bloß wieder gedacht? Ich konnte ihn doch nicht küssen! Wie sollte ich ihm denn bitte je wieder in die Augen sehen können. Dem Alkohol konnte man ja für vieles die Schuld zuweisen, aber DAS...! Wütend bemerkte ich wie sich ein leichter feuchter Film auf meine Augen legte und rannte los. Weg von diesem bösen Ort! Weg von ihm! Am besten zur nächsten Brücke, wo ich mich in die Tiefe stürzen würde. Okay. Ich übertrieb mal wieder! Aber warum immer ich? Ich hatte ihn geküsst. IHN! Einen Kerl! Und zu meiner Schande hatte es mir gefallen. Sehr sogar. Lieber Gott war das geil gewesen! Und dabei hatte ich mir doch fest vorgenommen, es nicht toll zu finden. Gut. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen ihn überhaut nie zu küssen, aber mein Körper gehorchte mir ja nicht! Ich hasste ihn! Konnte ich ihn nicht irgendwo eintauschen? Ahhhhh! Und jetzt fing ich wieder an so einen Schwachsinn zu denken. Ich erzitterte leicht und blieb stehen. Meine nasse durchgeschwitzte Kleidung klebte unangenehm an meiner Haut und ich begann zu frieren. Wo war ich denn bitte? Scheiße! Wieder irgendwo hingelaufen, wo ich nicht hinwollte! -.- In meinem Kopf begannen sich wieder diese merkwürdigen Wattebäuschchen zu bilden und ich entschloss, mich erst mal auf eine Bank zu setzen. Nach kurzem Überlegen holte ich dann mein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer von Flo. Der Ärmste würde jetzt wieder mal das Vergnügen haben, sich meine Heulereien anhören zu dürfen. Tuuuut. Tuuuut. Tuuuut. »Ja?« schrie mir eine heisere Stimme ins Ohr. Im Hintergrund konnte ich laute Musik und Stimmengewirr hören. »Flo? Ich bins, Leo!« sagte ich schnell und versuchte dabei möglichst deutlich zu klingen, was angesichts meiner ununterbrochen lallenden Zunge nicht gerade einfach war. »Wuhuuuuu! Na, mein kleiner Casanova?« kam prompt die Antwort und ich konnte mir bildlich vorstellen wie sich sein Mund zu einem amüsierten Grinsen verzog. »Alles fit im Schritt?« »Halt die Klappe und hör mir zu!« befahl ich genervt und ignorierte seine Bemerkung. »Kannst du mich abholen kommen?« Er schwieg kurz und schien diesen Satz erst verarbeiten zu müssen. »Wieso? Du bist doch bei deinem Schatzi-Patzi!« säuselte er zuckersüß, doch ich unterbrach ihn sofort. »Kannst du einfach kommen? BITTE!« »Ist was passiert?« Flos Stimme überschlug sich bei dieser Frage fast. Warum bitte musste der sich ausgerechnet heute betrinken? »Ja! Also holst du mich?« Wieder eine kurze Pause. »Jaja! Ich bin gleich da! Wo bist du?« »In der Nähe vom Shiver Flow,« antwortete ich und sah mich kurz um. Ehrlich gesagt fiel es mir schwer zu beschreiben, wo genau ich mich gerade aufhielt. »An der Bushaltestelle.« »Aha....öhm...hihi....Jaaaa! Okay! Ich bin gleich daaa! Warte!« »Moment mal! Du...« Tuuuuuut. Tuuut. Tuut. Aufgelegt. Eigentlich hatte ich ihn noch zurufen wollen, dass er bitte jemand anderen schicken sollte. In seinem Zustand sollte er vielleicht nicht unbedingt Auto fahren. Zum Glück waren meine anderen Freunde, anders als Flo, vernünftig genug, ihn nicht auf die Straße zu lassen und so fuhr etwa 20 Minuten später Lydia mit ihrem nachtschwarzen BMW vor und holte mich ab. »Hey!« sagte die Blonde lächelnd und ich stieg auf den Beifahrersitz ein. »Hey du! Danke, dass du mich holst! Ich hab schon gedacht, ihr lasst Flo alleine los.« Sie lachte kurz und fuhr dann los. »Xiu musste ihn fast tot prügeln, bis er endlich Ruhe gegeben hat. Was den heute geritten hat, weiß ich auch nicht!« Ich schüttelte seufzend den Kopf. »Dieser Volldepp!« »Und was ist mit dir?« fragte Lydia dann auf einmal. »Ich dachte du bleibst bei deinen neuen Freunden von der Band.« Es lag nichts abwertendes in ihrer Stimme und doch war mir ihre Frage irgendwie unangenehm. Ich zuckte schnell die Achseln. »Ach...Ich...Öhm...Ich wollte nur kurz bei denen bleiben und danach sowieso zu euch.« War jetzt glatt gelogen, aber was sollte ich ihr dazu auch groß sagen? >Hey, weißt du? Ich bin bei denen nur geblieben, weil ich auf den kleinen Schwarzhaarigen steh, mit dem ich gerade übrigens in aller Öffentlichkeit rumgemacht habe...!< Bei dem Gedanken daran zog sich mein Magen erneut aufs heftigste zusammen und ich verzog gequält das Gesicht. Warum? Warum? WARUM? »Ach so,« sagte Lydia ruhig und ich bemerkte wie sich ihre Mundwinkel wieder zu einem Lächeln nach oben zogen. »Ach übrigens, ich fand dich heute richtig gut!« Ich hob die Augenbrauen und starrte sie verwundert an. »Jetzt echt jetzt?« Sie kicherte leise. »Ja schon. Hätte ich nicht von dir erwartet. Sogar Chris musste das zugeben!« Ich lachte laut auf. »Jaha. Hat mir Xiu auch schon gesagt!« »Ist die übelste Genugtuung für dich, was?« Ihr Grinsen wurde breiter und ich lachte erneut. »Das kannst du laut sagen! Der Kerl nervt so dermaßen!« »Naja. Ich fand es am Anfang, als er mir erzählt hat, dass du in der Band bist auch ziemlich komisch, aber jetzt...Also ich finds cool!« Ich wandte verlegen den Blick ab. »Danke.« Komischerweise gelang es mir die ganze Fahrt über mich mit Lydia zu unterhalten, was ich sonst nie tat. Irgendwie war mir die Blonde gerade aber durchaus sympathisch. Lag es am Alkohol? Man weiß es nicht. Zumindest vergaß ich sogar für einen kurzen Moment meine wilde Hektik und den Grund, weshalb ich mich nachts um halb eins an einer Bushaltestelle hatte abholen lassen müssen. Als ich jedoch wieder ausstieg, kehrte mit dem Zuknallen der Autotür auch meine Panik und aufgeregte Art wieder. Hastig marschierte ich in Richtung Eingang des Clubs und zahlte mal schnell 10 Euro für den Eintritt, was angesichts der Tatsache, dass ich sowieso in fünf Minuten wieder gehen würde, eigentlich total schwachsinnig war. Zum Glück hatte ich ja das Geld. ^.^ Drinnen war es dämpfig und die Leute standen dicht an dicht beieinander. Ich bahnte mir mit Lydia an der Hand den Weg durch die Menschenmengen, ohne wirklich zu wissen, wo ich da eigentlich hinging. Nach, wie es mir vorkam, stundenlangem Suchen, erspähte ich dann endlich Cem und Chris in der tanzenden Menge. Wenige Meter neben ihnen Xiu und Flo, eng umschlungen in einem innigen Kuss verstrickt. Oh. Welch aufrichtiges Interesse die beiden nur an meinen Problemen zeigten. -.-° »Flo!« heulte ich laut rum und stupste meinem Freund an die Schulter. Dieser schien erst nicht zu merken, was eigentlich geschah und ignorierte mich vollkommen. Als ich dann allerdings etwas rabiater wurde und ihn grob von seiner Freundin wegriss sah er mich mit großen glasigen Augen an. »KOMM GEFÄLLIGST!« »Woah! Ganz ruhig.« Er überlegte kurz. »Was machst du denn hier?« Ich blickte ihn fassungslos an und rieb mir die Stirn. »Weißt du was? Vergiss es! Xiu komm du mit!« »Volltrottel!« maulte Xiu und gab dem Braunhaarigen einen leichten Klaps gegen den Hinterkopf. Dann schnappte sie sich meine Hand und zog mich hinter sich her. Flo krallte sich etwas unbeholfen an mir fest, damit er nicht verloren ging und folgte uns schwankend durch die Menge hindurch. Draußen angekommen führte uns Xiu zu einer kleinen Bank, einige Meter von dem Club entfernt und setzte sich dort. Flo machte es sich neben ihr bequem und zog mich mit sich nach unten, ohne dabei jedoch meinen Arm loszulassen. »So, mein Schatz,« lallte er dann los. »Was bedrückt dich denn heute wieder?« »Ich hasse ihn!« heulte ich in Richtung Xiu und zeigte auf meinen Freund. Diese schüttelte nur genervt den Kopf. »Beachte ihn einfach nicht! Er ist ein Idiot!« »Ich bin gar kein Idiot!« maulte er rum und zog eine beleidigte Schnute. »Ich interessier mich wenigstens für seine Probleme.« Er nickte überlegen. »Jaja. Halt die Klappe,« murmelte Xiu, die ganz eindeutig von Flos dauerlallendem Geschwafel genervt zu sein schien, und wandte sich mir zu. »Was ist denn jetzt passiert?« Ich verzog bei der Frage wieder gequält das Gesicht, sah sie dabei aber nicht an. »Das Schlimmste.« Die beiden sahen sich kurz an. »Er hat mit einem anderen rumgemacht,« stellte Flo trocken fest. »Flo!« keifte Xiu verärgert und boxte ihm mit dem Ellenbogen in die Rippen. Ich zuckte jedoch nur die Achseln, da seine Aussage ja im Prinzip auch der Wahrheit entsprach, und heulte wieder um. »Hat er etwa?« flüsterte sie ungläubig. »Ja schon irgendwie... Aber das war nicht das Schlimmste.« Wieder sahen sich die beiden fragend an. »Ja und was dann?« Ich atmete einmal tief durch. »Ich hab ihn...« Der Rest des Satzes ging in einem unverständlichen Nuscheln unter und ich vergrub das Gesicht in meinen Händen. »Was?« »Ich hab ihn geküsst!« jammerte ich lauter, als ich eigentlich wollte, und sah mich erschrocken um, ob mich nicht jemand gehört haben könnte. »Wahuhuuu! Leo, ich bin ja so stolz auf dich. Du hast...« kreischte Flo augenblicklich los, wurde jedoch sofort von Xiu unterbrochen. »Und was ist daran bitte so schlimm?« »Ich hab ihn geküsst,« antwortete ich schlicht auf ihre Frage. War ja wohl auch Antwort genug! Ihr Gesichtsaudruck nahm eine mitfühlende Miene an. »Er hat dich zurückgewiesen, oder,« sagte sie leise, ich schüttelte jedoch schnell den Kopf. »Schlimmer! Viel schlimmer!« Ich wartete kurz auf eine Reaktion der beiden, welche jedoch ausblieb und vollendete meine Erklärungen mit einem frustrierten »Er hat den Kuss erwidert.« Die beiden sahen mich eine Weile lang schweigend an. »Ich dachte das war das, was du wolltest.« Flo verengte verwirrt die Augenbrauen und musterte mich fragend. Ich schüttelte jedoch nur den Kopf und begann erneut rumzujammern. »Nein. Wenn ich überhaupt gewollt hätte, dass ich ihn küsse, dann hätte ich ebenfalls gewollt, dass er es NICHT erwidert, aber ich hab es ja nicht gewollt und das bedeutet, dass eigentlich zwei schlimme Sachen passiert sind! Dass ich ihn geküsst habe und dass er es erwidert hat!« Die Gesichter meiner Freunde nahmen einen ungläubigen Zug an. »Du hast eine ziemlich kranke Art zu denken, weißt du das?« stellte Xiu sachlich fest. »Klar weiß ich das! Sonst hätte ich ja wohl kaum einen Kerl geküsst!« Flo gab bei diesem Satz ein grunzendes Lachen von sich und ich warf ihm einen giftigen Blick zu. »Hast du ein Problem?« »Ich nicht,« antwortete der Schwarzhaarige zuckersüß. »Aber du!« »Richtig,« stimmte Xiu ihrem Freund zur Abwechslung mal zu. »Du bist doch total verschossen in den Kerl. Warum siehst du das nicht ein?« »Tu ich doch!« antwortete ich empört. »Ich will ja auch nur, dass es wieder weg ist.« »Und warum bist du dann hier?« »Ich bin weggelaufen.« »Du bist WEGGELAUFEN!?!?!?!« keuchte Xiu entsetzt und ich befürchtete schon sie würde gleich einem hysterischen Anfall unterliegen. »Du küsst ihn und haust einfach AB!« »Schrei´s doch noch lauter rum! Vielleicht hörts dann endlich jemand.« »Du kannst doch nicht einfach abhauen,« wiederholte Xiu und ignorierte meinen Satz gänzlich. »Find ich gut wie dus machst, Alter!« Flo klopfte mir anerkennend auf die Schulter. »Man muss sie erst zappeln lassen.« Bam! Autsch. Der hatte gesessen. Xiu hatte ihm wütend in den Magen geschlagen, damit er endlich Ruhe gab. »Halt endlich die Klappe! Du bist absolut keine Hilfe!« »Der checkts doch eh nich!« heulte Flo untergeben und rieb sich den Bauch. »Nein. Ich check nichts!« stimmte ich in seine Heulerei mit ein. »Wieso könnt ihr nicht einfach sagen, dass es falsch ist und mir nicht noch zusätzlich Hoffnungen machen?« »Ja! Wieso tun wir das?« »Das ist fies!« »Genau!« »Schnauze, Flo!« »Ich hab Angst vor ihr!« »Ich hab Angst vor MIR!« »Ich brauch jetzt Nikotin!« »Sagt mal, bin ich jetzt im Kindergarten gelandet?« stöhnte Xiu fassungslos, nachdem sie Flos und mein Rumgejammer eine Weile lang beobachtet hatte. »Du-« sie zeigte auf Flo. »-hast einen Schaden! Und du-« jetzt zeigte sie auf mich. »- bist nicht mal in der Lage dir deine eigenen Gefühle einzugestehen! Und zusammen seid ihre beide absolut hackevoll!« »Boah! Das verbitte ich mir! Ich hab gar nichts getrunken!« empörte sich Flo. »Und ich auch nicht...zumindest fast nichts.« Die Vietnamesin schüttelte genervt den Kopf. »Wahh! Macht doch euren Scheiß allein! Kommt wieder, wenn ihr ausgenüchtert seid.« Dann stand sie auf und ging mürrisch vor sich hingrummelnd zurück zum Eingang. Flo seufzte. »Hach. Weiber.......Zum Glück hast du mit denen keinen Stress mehr...Autsch!« Das war jetzt bestimmt schon der dritte Schlag den sein Körper heute einstecken musste und gottverdammt es fühlte sich so gut an ihm Schmerzen zuzufügen. »Halt endlich deine Klappe!« Wir saßen eine Weile lang schweigend nebeneinander. Ich beruhigte mich endlich ein wenig, auch wenn ich nach wie vor nicht aufhören konnte ununterbrochen an Fynn zu denken. Nach einigen Minuten holte sich Flo eine Kippe aus der Tasche und zündete sie an. »Gib mir auch eine!« murmelte ich. Er hob verblüfft die Augenbrauen. »Du rauchst nicht.« »Bis heute hab ich auch Kerle NICHT geküsst und jetzt...« Ich ließ den Satz unvollendet und schnaubte nur. Er reichte mir grinsend die Zigarettenschachtel und ich nahm mir einen der Stängel. Als ich den ersten Zug nahm musste ich heftig husten. »Woah...wie kannst du dir dieses Zeugs nur immer reinziehn? Ist ja abartig!« Er lachte laut. »Keine Ahnung! Bin halt ein alter Suchti!« »Du bist ein Trottel! Nichts weiter.« Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Ich lauf wenigstens nicht weg.« Ich schwieg und dachte eine Weile nach. Dann ließ ich ein weiteres Mal frustriert meinen Kopf hängen und lehnte mich jammernd an die Schulter meines Freundes. »Was soll ich denn jetzt machen? Ich bin so ein Idiot!« »Stimmt.« »Danke!« murrte ich verärgert. »Aber du hast schon mal einen Schritt in die richtige Richtung gemacht.« Ich wusste nicht, ob er sich gerade sonderlich anstrengen musste diese geraden und klaren Sätze rauszubringen, aber er lallte nur noch halb so stark wie noch vor ein paar Minuten. Ich kaufte ihm das, was er sagte sogar fast ab. Ich seufzte und richtete mich wieder auf. »Ich hab keine Ahnung wie ich ihm morgen gegenüber treten soll.« »Ganz normal. Als wäre nichts gewesen,« antwortete er ruhig. »Er wird schon nicht sauer sein und wenn dann hätte er dafür gar keinen Grund. Ich mein, es war ja nicht so, dass das ganze nur von dir ausging.« Ich überlegte kurz. »Alex hat uns gesehen.« »Vergiss den! Hier geht’s nur um dich und den Emo. Und wenn er was sagt, dann schiebst dus einfach auf den Alkohol,« antwortete er überzeugt und lächelte wieder. Ich sagte nichts, starrte eine Weile lang einfach nur in Richtung Eingang. Eine Handvoll Männer versuchten gerade unter Einsatz ihrer ganzen Kraft einen sturzbetrunkenen jungen Mann aus dem Club zu ziehen. Er wehrte sich stark, gab aber nach einer Weile den aussichtslosen Kampf auf und zog von dannen. Ab und zu nahm ich unbewusst einen Zug der Zigarette, die ich immer noch zwischen meinen Fingern hielt. »Wie wars eigentlich?« sagte Flo plötzlich. Ich musterte ihn verwirrt. Seine Stimme klang fast schon etwas schüchtern. »Wie war was?« »Naja...Ihn zu küssen...« Er musterte mich interessiert und ich überlegte kurz. »Keine Ahnung.« »Gut?« hakte er nach. Ich zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf. »Nein.« Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich spürte wie sich ein zarter Rotschimmer auf meine Wangen legte. »Besser.« Flo begann wieder leise zu kichern und ich sah ihn wütend an. Er hatte jedoch zu meiner Überraschung ausnahmsweise mal nicht diesen amüsierten schelmischen Gesichtsausdruck, sondern wirkte im Gegenteil irgendwie zufrieden. »Was geht denn mit dir ab?« Er zuckte nur die Achseln. »Keine Ahnung. Irgendwie find ich das eben cool!« »Du spinnst,« seufzte ich und schüttelte den Kopf. »Nein. Nein,« sagte er und winkte ab. »So war das nicht gemeint. Ich finde es nicht cool, dass er ein Typ ist. Das ist mir eigentlich egal.« Er machte eine kurze Pause. »Ich bin froh, dass du endlich jemanden hast.« Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Hä?« »Weiß nicht, irgendwie hab ich immer noch ein schlechtes Gewissen.« »Warum das denn?« »Wegen Xiu,« antwortete er ruhig. Er presste kurz die Lippen aufeinander. »Naja. Als wir damals zusammengekommen sind, hab ich sie dir ja einfach ausgespannt.« Ich schwieg und er lächelte leicht. »Ich wusste, dass das scheiße war, aber irgendwie konnte ich eben nicht anders. Da warst mir sogar du für einen kleinen Moment egal. Aber irgendwie hab ich jetzt ein total schlechtes Gewissen, weil ihr so lange zusammen wart und du, seit ihr, eigentlich nicht mehr eine richtige Freundin gehabt hast. Das tut mir Leid.« Wir schwiegen lange und ich sah ihn einfach nur an. Dann musste ich plötzlich loslachen. »Wer bist du und was hast du mit Flo gemacht?« »Ich find das scheiße von dir!« maulte er und ich bemerkte wie sich eine gewisse rote Farbe auf sein Gesicht schlich. »Jetzt versuch ich einmal etwas ernst zu nehmen und dir fällt nichts besseres dazu ein, als dich drüber lustig zu machen!« Er verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. »Du laberst das doch eh nur, weil du betrunken bist!« lachte ich weiter. »Kann sein, aber wie sagt man? >Betrunkene und Kinder lügen nichtGibt mir doch bitte jemand einen neuen Körper!< Gegen Abend dann brachte mich Flo wieder in die Stadtmitte, wo der zweite Auftritt der Band stattfinden würde. Als hätte ich nicht genug andere Probleme gehabt war ich schon wieder aufgeregt und ich befürchtete, dass es, wenn Fynn erst mal bei mir war, nicht gerade besser werden würde. Ganz davon abgesehen, dass ich es den Tag über nicht geschafft hatte Flo davon zu überzeugen, dass ich seine Hilfe in Sachen Fynn nicht brauchte; natürlich mit dem Hintergedanken, dass es hierfür für mich bestimmt sowieso keine Hilfe gab. Dieser Kerl nervte so maßlos! -.- »Halt bitte einfach die Klappe, okay? Bi-tte!« »Jetzt heul hier mal nicht rum! Ich vermassele dir schon nicht die Show!« winkte der Schwarzhaarige sofort ab, wie er es bereits den ganzen Tag schon getan hatte. Wir standen wieder auf der Mitte des Festplatzes vor der Bühne und warteten auf die anderen. Es war etwa 17 Uhr und der Platz bereits gerammelt voll. »Kapiers doch endlich! Es gibt keine Show! Ich will das Ganze einfach nur vergessen.« Er sah mich mit großen Augen an. »Aber wo bleibt denn da der Spaß?« »Ich geb dir gleich Spaß, du Vollspast! Wenn du irgendwas sagst, dann werd ich dich eigenhändig umbringen! Hast du gehört?!« maulte ich Flo wütend an und erntete dafür wie üblich sein typisches schräges Grinsen. »Jaja, wie immer halt, ne?« »Ich hasse dich!« »Ich hab dich auch lieb!« »Hallöchen, ihr zwei Süßen!« Wir drehten uns um und erkannten Alex direkt hinter uns stehen. Er trug ein rotes Hemd und eine wie immer alte geflickte Jeans. Und...er war zur Abwechslung mal pünktlich zu einem Treffpunkt erschienen. Was war denn jetzt los? »Hi,« sagte ich knapp und versuchte so gut es ging seinem Blick auszuweichen, da mir sofort dieser vielsagende Gesichtsausdruck auffiel. Der Blonde zögerte jedoch nicht, augenblicklich meine Befürchtungen zu bestätigen und einen dummen Spruch zu dem gestrigen Abend abzugeben. »Na? Gestern noch gut heimgekommen? Du bist so plötzlich verschwunden.« Ein liebreizendes Lächeln umspielte seine Lippen. Der Kerl war ja fast noch schlimmer, als Flo. Leider jedoch nur fast, da dieser sofort auf Alex´ Bemerkung ansprang und noch eine weitere beisteuerte. »Ja ich hab mich auch gewundert, als er mich angerufen hat. Es wird doch wohl nichts Schlimmes passiert sein!« Er tat so, als wäre er besorgt. Alex begann heftig zu lachen. »Ach. Nicht der Rede wert, nicht wahr, Kleiner?« Er boxte mir mit dem Ellenbogen leicht in die Seiten. Ich fand das im Gegensatz zu den beiden alles andere, als komisch und sah sie böse an. »Ja. Alles ganz toll,« murrte ich übellaunig. »Puh, da bin ich aber froh,« antwortete Flo gespielt erleichtert. »Ich dachte schon du hättest dich zulaufen lassen und dann, ausversehen mit irgendeinem Kerl rumgemacht.« »Aber nicht doch,« lachte Alex. »Das wäre mir aufgefallen.« Ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht stieg; nicht nur aus Scham, sondern auch aus einer ganz gewaltigen Portion Wut. Ich hasste sie! Alle beide! »Aaaaaach! Leckt mich doch alle am Arsch!« knirschte ich mit zusammengebissenen Zähnen und die beiden begannen erneut lauthals zu lachen. Genervt drehte ich mich weg und wäre beinahe umgekippt, als ich von der Seite von einer kleinen Person angesprungen wurde. »Leooooooooooo!« »Wahhhh!« Wer hätte gedacht, dass ein Mädchen im zarten Alter von acht Jahren die zerstörerische Wucht eines Rammbocks aufbringen konnte? NIEMAND! Meine armen Knochen...und Organe...und Atemwege...und überhaupt. Melli sah mich mit großen Augen an und hielt meinen Arm fest mit ihren Händen umklammert. »Hey, Kleine! Was machst du denn hier?« Ich grinste sie freundlich an und wuschelte ihr durch die Haare. »Fynni hat mich mitgenommen!« Sie strahlte. Ich dagegen kämpfte fast mit einem Herzinfarkt, als ich seinen Namen hörte. »Ach hat er das?« antwortete ich gequält lächelnd. Hinter ihr konnte ich in der Menge bereits ihren über die Maßen gut aussehenden Bruder (ich hasste diese lüsternen Gedanken meines Hirns) erkennen, der heute irgendwie überhaupt gar nicht so arg gut aussah wie sonst, sondern eher...fertig?! »Hallöchen Fynniiii!« konnte ich Alex hinter mir rufen hören. Mir entging nicht, dass er den leicht ironisch angehauchten Tonfall anschlug, den er mir gegenüber zuvor schon genutzt hatte. Mein Gott war das alles wieder peinlich! Könnte mich bitte jemand erschießen? »Hmmpf...Hi,« grummelte Fynn unverständlich. »Oh...Geht’s nicht so gut?« Welch unglaubliche Kombinationsgabe Alex´ Verstand heute doch wieder an den Tag legte. War es mir anzumerken, dass ich ihn hasste? Neiiiiiiiin. »Hmmpf...Kopfweh,« nuschelte der Schwarzhaarige nur und schien nicht wirklich Lust zu haben großartig Konversation mit Alex zu betreiben. Das schreckte den jedoch nicht davon ab genau dies zu tun. »Tjahahaha...War schon ne harte Nacht gestern.« Er ging zu ihm und klopfte ihm lachend auf den Rücken. »Wohl einen über den Durst getrunken, mein Lieber, hä?« Der Kleinere zuckte kaum merklich die Achseln. »Kann sein...Keine Ahnung...« Alex zog überrascht die Augenbrauen zusammen. »Wie jetzt? Filmriss, oder was?« Wieder Schulterzucken. Ich spürte wie in mir ganz leicht die Saat der Hoffung keimte. Endlich sah auch Alex ein, dass er von Fynn keine großartigen verbalen Ergüsse zu erwarten hatte und beendete das Gespräch, indem er den Jüngeren am Arm packte und ihn in Richtung Bühne zog. Trotz allem hörte er nicht auf Fynn ununterbrochen zuzuquatschen. Flo und ich sahen ihnen kurz hinterher. Dann konnte ich meine Mundwinkel nicht mehr daran hindern sich allmählich nach oben zu ziehen und sich in ein breites Grinsen zu verwandeln. »Er hat eine Filmriss,« hauchte ich entzückt. Ich würde mich doch noch nicht umbringen müssen. »So eine Scheiße!« maulte Flo enttäuscht. »Schnauze!« »Was ist ein Filmriss?« drang die glockenhelle Stimme Mellis an mein Ohr. »Ach das ist, wenn man sich nicht daran erinnern kann, dass man irgendwelche Leute geküsst hat,« antwortete Flo amüsiert, noch bevor ich überhaupt den Mund öffnen konnte. »Und das hat Fynni getan?« Melli verzog empört das Gesicht. »Na Frag mal Leo! Der war hautnah dabei!« Der Schwarzhaarige grinste, dass es schon nahe an Unverschämtheit grenzte. Eigentlich ging es schon weit darüber hinaus! Bam! »Du sollst endlich deine verdammte Klappe halten!« Oh, hatte das gut getan. Wir folgten Alex und Fynn hinter die Bühne, wo bereits Seiji auf uns wartete. Als ich ihn sah musste ich sofort wieder breit grinsen. Fynn sah ja schon scheiße aus (auch wenn das der Vollkommenheit seiner überaus perfekten Erscheinung, meiner Meinung nach, keinen wirklichen Abbruch tat), aber der Japaner war echt die Krönung des Beschissen-Aussehens. Schwarze Ringe zierten seine verquollenen Augen. Seine Haare sahen heute zur Abwechslung mal nicht aus, als hätte er frisch in die Steckdose gefasst und lagen ihm einfach nur lang und zerzaust ins Gesicht. Irgendwie hatte er was von einer Wasserleiche. »Halli hallo, meine Lieben.« Er kratzte sich gähnend am Kopf, als wir zu ihm stießen. »Seiji, du bist echt der Brüller,« lachte Alex kopfschüttend. Der Japaner verzog angestrengt das Gesicht. »Lass mich in Ruhe! Ich bin gerade vor einer Stunde aufgewacht.« »Wann bist denn du nach Hause gekommen?« »Öhm...Gar nicht...glaub ich...« Er überlegte kurz. »Ich hab bei irgend so einer Ische geschlafen. War ganz nett.« Ein seliges Lächeln zierte seine Lippen. Alex seufzte nur. »Du bist unglaublich.« »Ja, ich weiß,« antwortete Seiji und machte ein selbstzufriedenes Gesicht. »Unglaublich bescheuert!« »Ach, lass mich doch!« Er brummte noch irgendwas in seinen nicht vorhandenen Bart und warf einen kurzen Blick in die Runde. »Wo warst DU gestern eigentlich plötzlich? « fragte er dann auf einmal mich und mein Magen verkrampfte sich wieder aufs Heftigste. »Kann mich gar nicht erinnern, dass du gegangen bist. Hast eine abgecheckt, hä?« Er boxte mir leicht in die Seiten und beäugte mich neugierig. Der Kerl hatte doch wirklich keine Ahnung! Jetzt bloß nicht zu Fynn schauen. Nicht hinschauen! Scheiße! Hingeschaut! -.- »Jaha!« lachte Alex und beantwortete Seijis Frage für mich. »So in etwa wars!« Er klopfte mir grinsend auf den Rücken und ich schenkte ihm einen schier tot bringenden Blick. Soeben war er mit Flo gemeinsam auf Platz 2 der nervigsten Personen der Welt gerutscht. Ganz knapp in Führung lag immer noch der alte und neue Spitzenreiter Herr Richter, dessen lang erarbeitete Führung durch die beiden nun aber doch ganz schön ins Wackeln geriet. Seiji grinste breit und klopfte mir anerkennend auf die Schulter, ehe er sich auf den Weg machte und etwas zu trinken kaufte (alkoholfrei!). Unbewusst schaute ich wieder zu Fynn, der meinen Blick jedoch nicht erwiderte und stattdessen aufs Ausführlichste den Dreck am Boden begutachtete. Melli textete ihn gerade wieder mit irgendwelchem Mädchenzeugs zu und er antwortete immer wieder einsilbig. »Keine Sorge! Der weiß gar nichts,« hörte ich Alex leise sagen. Er stand nah neben mir und schien meinem Blick gefolgt zu sein. »Er meinte er weiß nichts mehr, ab dem Zeitpunkt, wo Seiji verschwunden ist.« Ich sah ihn mit großen Augen an. »Hast du ihn etwa gefragt?« »Klar! Ich muss doch wissen wie es mit eurer kleinen Romanze weitergeht,« scherzte er. »Ich find das nicht witzig!« maulte ich gereizt. »Ich schon!« »Ha. Ha.« Ich verschränkte genervt die Arme vor der Brust und er machte einen unschuldigen Gesichtsausdruck. »Ach komm schon!« sagte er aufmunternd. »Kann ja jedem mal passieren.« »Ja...Klar,« antwortete ich trocken. »Wann is es dir MAL passiert?« »Man kann sich auch in was reinsteigern. So schlimm ist es auch wieder nicht. Ich werd auch keinen dummen Spruch mehr darüber ablassen, okay?« Er lächelte entschuldigend. Ich zuckte nur die Achseln. »Mach doch, was du willst!« Ohhhhhh! Ja! Ich hatte es immer noch drauf! Schön die kalte Schulter zeigen. Gott war ich gut! Wo war bitte Flo? Das musste ich ihm unbedingt zeigen! Um etwa sieben Uhr hatten wir dann unseren zweiten Auftritt in dieser Woche. Ich musste zugeben, dass meine Aufregung mit Fynns Erscheinen so ziemlich verflogen war. Als wir nach etwa einer halben Stunde die Bühne verließen, fiel mir erschreckenderweise auf, dass ich ihn wohl ununterbrochen angestarrt hatte. Dass ich dabei von dem Auftritt selbst nicht gerade viel mitbekommen hatte war auch nicht wirklich verwunderlich, aber mir wurde gesagt, dass ich meine Sache, wie am Vorabend schon, gut gemacht hätte. Wenigstens etwas! Dennoch befürchtete ich so langsam, dass meine ständige Gafferei nicht nur Alex auffallen würde, sondern unter Umständen auch Seiji oder, noch schlimmer, Fynn selbst! Der Schwarzhaarige verhielt sich mir gegenüber sehr ruhig. Gut, das tat er sonst auch, aber mir kam es fast schon so vor, als wäre er gar nicht richtig anwesend. Sein Gesichtsausdruck wirkte sehr hart, als würde er ununterbrochen angestrengt über etwas nachdenken. Mir kam bereits der Gedanke, dass, wenn er sich schon nicht selbst an den Kuss erinnern konnte, womöglich irgendjemand anderes etwas zu ihm gesagt haben könnte. Wäre ja möglich. Obwohl ich mir kaum vorstellen konnte, dass jemand, außer Alex, mit ihm überhaupt darüber reden würde, und der hatte mir ja versprochen nichts zu sagen. Ach! Wahrscheinlich litt ich nur mal wieder unter Verfolgungswahn. Ich sollte mich freuen! Fynn wusste nichts. Gar nichts! Die Entscheidung, welche Band in der nächsten Runde war, fand um halb neun statt. Wir staunten alle nicht schlecht, als verlautet wurde, dass wir tatsächlich schon wieder weiter waren. Das Publikum auf dem Platz zumindest schien jedoch sehr zufrieden mit dieser Entscheidung zu sein, da bei seiner Verkündung augenblicklich lauter Applaus und Gekreische einsetzte. Ey ich stand auf diesen ganzen Bandquatsch! Viele kannten sogar schon unsere Namen. Übergeil! Als wir die Bühne wieder verlassen und Alex erst mal jeden ordentlich durchgeknuddelt hatte (ich hatte das Gefühl dieser Kerl würde mich vor lauter Liebe gar nicht mehr loslassen wollen O.o), sah ich von Weitem schon wie Flo und Xiu um die Ecke kamen und mich freudig anstrahlten. Ich sah mich schnell um, um sicherzugehen, dass Fynn gerade nicht in meiner direkten Nähe stand, stellte dann aber fest, dass Flo zur Abwechslung mal gar nicht vor hatte mich vor ihm und versammelter Mannschaft lächerlich zu machen. »Hey Rockstar! Wie siehts aus? Willst noch zu mir kommen? Meine Mutter ist heute und morgen verreist!« Er grinste böse. »Lydia kommt auch und Cem bringt, glaub ich noch ein paar Leute vom Fußball mit...Und Alkohol...hoff ich!« Ich überlegte kurz und zuckte dann die Achseln. »Jap, warum nicht!« So hatte ich wenigstens eine Ausrede nicht bei Alex, Seiji und Fynn bleiben zu müssen. Ja ich versuchte ihm aus dem Weg zu gehen. Seine bloße Nähe machte mir schon Angst. »Kai ist die Woche über übrigens da!« sprach Flo weiter. »Dann kannst den auch mal wieder sehen. Er hat schon nach dir gefragt.« Ich sah ihn mit großen Augen an. »Kai ist hier?« Er nickte eifrig. Kai war Flos Cousin. Ich kannte ihn noch von früher. Als wir noch kleiner waren, war er oft zu Besuch bei Flos Familie gewesen und hatte viel mit Flo und mir unternommen. Er war etwa fünf Jahre älter, als wir und studierte, so viel ich wusste, irgendwo im Ausland. Ich grinste breit. »Ja klar! Hört sich cool an. Wie lang ist das her, dass ich den zum letzten Mal gesehen hab? Bestimmt drei Jahre oder so.« »Vier,« lachte Flo. »Dann hol schnell deine Sachen. Wir warten im Auto.« Er schnappte sich Xius Hand und die beiden verschwanden wieder. »Schade,« sagte Alex. »Ich dachte du würdest wieder mit uns irgendwo hingehen und „Spaß“ haben.« Ich sah ihn wütend an. Ich wusste ganz genau, worauf dieser Idiot schon wieder anspielte. Wie die mich doch alle nervten. »Ja tut mir Leid,« antwortete ich zuckersüß. »Heute ausnahmsweise nicht.« Ich verabschiedete mich schnell von allen (Fynn bekam von mir lediglich ein beiläufiges »Tschüss« zugerufen) und folgte dann Flo und Xiu. Kai hatte sich in all den Jahren fast nicht verändert. Er sah Flo immer noch sehr, sehr ähnlich, auch wenn er von der Statur her etwas größer gebaut zu sein schien als sein Cousin. Er hatte kurzes schwarzes Haar, mit einigen helleren Strähnen, und recht markante Gesichtszüge, die das jugendlich kindliche von früher endgültig abgelegt hatten. Sein Kinn war von einem leichten Dreitagebart bedeckt. In seinen dunkelbraunen Augen blitzte jedoch immer noch der kleine verrückte Junge, der er früher gewesen war und als er mich sah erkannte ich sofort das Flo so ähnliche schräge Grinsen. »Hey, Kleiner!« rief er begeistert. »Mann bist du groß! Bist ja gar nicht mehr so ein Zwerg!« »Ha. Ha, « machte ich zynisch und umarmte ihn kurzerhand. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich ihn ja doch irgendwie vermisst hatte. »So klein war ich auch wieder nicht!« »Ich hab ihm einige Fruchtzwerge verabreicht,« lachte Flo und wir gingen alle in die Wohnung, wo bereits Cem und einige seiner Freunde saßen und Playstation zockten. Auf dem Tisch befanden sich schon einige leere Flaschen Bier und Chips. Die fünf Jungs schienen im Allgemeinen schon recht angeheitert zu sein. Bis auf ein freudiges »Hallo!« des Türken erhielten wir auch keine große Aufmerksamkeit und wir machten es uns auf der Couch bequem, während die Jungen laut vor sich hinquasselnd ihr Spiel weiterspielten. Kai grinste mich breit an. »Und wie geht’s dir so? Was hast so getrieben in den letzten Jahren?« Ich zuckte die Achseln. »Nicht großartig viel! Schule. Schule. Schule! Und mich natürlich mit deinem lieben Cousin rumgeschlagen!« Flo zog eine Grimasse und ich streckte ihm die Zunge raus. Kai lachte. »Jahaha! Der hat sich wirklich kein bisschen verändert! Will einfach nicht erwachsen werden, der kleine Flo.« »Habt ihr keine anderen Themen, als über mich abzulästern?« brummte Flo eingeschnappt. »Wieso? Normalerweise redest du ja auch immer über mich!« antwortete ich altklug. »Pff. Du bist ja auch vieeeeeel interessanter.« »Ja. Ja. Klar!« winkte ich ab und wandte mich wieder dem Älteren zu. »Und du studierst jetzt?« Er nickte stolz. »Jup. Wirtschaft. In England. Deswegen bin ich zurzeit ja auch fast nie zu Hause.« Ich schluckte. »Oha. Bist du ein Genie oder was?« »Tja. Musste hart dafür arbeiten.« »Gott,« keuchte ich. »Wie ich halt einfach neidisch bin! So was schaff ich nie!« Er lächelte und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. »Dafür schaffst du anderes.« »Ja. Mich von einem Problem ins nächste zu bringen zum Beispiel. Ich bin echt talentiert.« »Ach komm! So schlimm wird’s doch wohl nicht sein.« »Es ist in der Tat schlimmer!« seufzte ich wehmütig. »Oh Mann! Jetzt fängt er auch noch an dich voll zuheulen,« sagte Flo kopfschüttelnd. »Lass DU mich doch einfach mal in Ruhe! Du bist auch keine wirklich große Hilfe.« Ich verschränkte genervt die Arme vor der Brust. Irgendwann schaffte es der Kerl wirklich noch mich in den Wahnsinn zu treiben. Wir saßen eine Weile lang einfach nur nebeneinander und unterhielten uns. Kai erzählte ausführlich von seiner Schule und was er in England alles machte. Als er fertig war, eröffnete Flo dann auch gleich sein Lieblingsthema; mich! Und dabei ließ er bis auf die Sache mit Fynn eigentlich so ziemlich keine Kleinigkeit aus und so stand zum Schluss mal wieder ich wie der größte Trottel da. Naja. Man wars ja mittlerweile gewöhnt. -.- Irgendwann kamen auch Lydia und Xiu rein, nachdem sie sich vorher in der Küche wieder einem ihrer unendlich vielen Weibergesprächen hingegeben hatten, und führten ihren Plausch dann in irgendeiner Ecke fort. Ich verstand Frauen echt nicht. Nach ungefähr einer Stunde klingelte dann plötzlich ein Handy und Kai holte ein kleines vibrierendes Mobiltelefon aus seiner Hosentasche. Er sah kurz auf das Display und grinste breit. »Das ist Jo,« erklärte er knapp und nickte Flo zu, der daraufhin kurz kicherte. »Dauert nicht lang. Ich hab ihm nur versprochen anzurufen.« Ich zog misstrauisch meine Augenbrauen zusammen und musterte Kai irritiert. Dieser ignorierte es jedoch und nahm ab. »Hi,« murmelte er leise in das Telefon. »Ja ich wollte dich ja noch anrufen.......Das nächste mal mach ichs früher....« Pause. Ich bemerkte wie sich auf seinen Wangen ein leichter Rotschimmer abbildete und er noch breiter grinste. »Ich sitze gerade mit meinem Cousin und einem alten Freund im Wohnzimmer rum.« Pause. »Heiß, würd ich sagen.« Pause. »Ja klar. Aber so arg auch nicht!« Pause. »Keine Sorge!« Pause. »Was machst du heute noch?« Lange Pause. »Cool. Sagst ihr einen Gruß!« Pause. »Hoff ich doch. Hey...Du, ich ruf dich heut nacht noch mal an, okay? Ist gerade irgendwie schlecht.« Was er daraufhin sprach konnte ich fast nicht mehr verstehen, da er nur noch sehr leise flüsterte. »So um eins dann, okay?....Ja....Viel Spaß noch!...Ja....Ich dich auch...Tschüss.« Er legte auf und verstaute das Handy wieder in seiner Hosentasche. Dann drehte er sich wieder zu uns und lächelte. »Naaaaaaa?« fragte Flo neben mir und hob ein paar mal vielsagend die Augenbrauen. Kai zuckte kurz die Achseln und sah mittlerweile aus wie so eine Tomate. »Er wollte nur wissen wies mir geht.« »Ihr habt doch gestern erst telefoniert.« »Na und. Ich telefonier gerne mit ihm!« Ich sah verständnislos vom einen zum anderen. »Kann mir mal bitte jemand sagen worum es geht? Wer war das?« »Ach, nur sein Freund,« antwortete Flo gelassen. »Sein Freund,« wiederholte ich stockend. »Jep.« Er schmunzelte und blickte mir eindringlich in die Augen. »Sein fester Freund.« Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, als würde mir jemand mit der Faust kräftig in den Magen schlagen. Das war jetzt ein Witz, oder? Kai war schwul? So ein Schwachsinn! Ich kannte ihn doch von früher! Der Kerl war immer der absolute Weiberheld gewesen. Soweit ich es mitbekommen hatte, hatte er immer eine Freundin gehabt, wenn er bei uns gewesen war. Und jetzt soll er schwul sein? Das war unvorstellbar! War die Welt jetzt völlig auf den Kopf gestellt? Nichts passte mehr. Gar nichts! Mann, wie das nervte! Ich nickte kurz. Irgendwie fühlte sich meine Nacken steif an. »Verstehe,« murmelte ich knapp. Jetzt fiel mir noch etwas anderes auf, das mich fast noch mehr nervte. Warum war Kai dann ausgerechnet jetzt hier? Jetzt, kurz nachdem Flo erfahren hatte, dass ich auch...naja...so komisch war. Also wenn das ein Zufall war, dann würde ich mir jetzt entgültig die Kugel geben. »Jep!« antwortete Flo gefasst. »Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht!« Er strahlte bei dieser Aussage, ich hingegen verzog gequält das Gesicht. »In der Tat.« »Dich stört das doch nicht, oder?« fragte Kai an mich gewandt und ich konnte eine gewisse Besorgnis in seiner Stimme erkennen. Ich schüttelte schnell den Kopf und hob etwas die Schultern. »A-ach was! Ist über...überhaupt kein Problem für mich.« »Warum sollte es auch?« machte Flo verwundert. »Du bist doch auch andersrum.« Dieser Satz kam mir gerade so vor wie in Zeitlupe ausgesprochen. Die einzelnen Worte hatten irgendwie etwas kraftraubendes. Ich konnte nicht mal einschätzen, ob Flo das nun laut in die Runde gesagt hatte oder ob es wirklich nur Kai und ich hatten hören können. Ich hoffte inständig zweiteres. Als ich jedoch feststellte, dass sich weder Cem, noch seine Freunde zu uns umdrehten und mich mit abwertenden Blicken bedachten, brodelte auch ein gewisses Maß an Wut in mir hoch. »Kannst du mich vielleicht endlich mal in Ruhe lassen?« zischte ich meinen Freund wütend an. Dieser hob nur überrascht die Augenbrauen. »Ich wollte nur helfen. Ihr könntet euch doch ein bisschen unterhalten...Erfahrungen austauschen und so.« Er zwinkerte. »Ich will mich nicht darüber unterhalten, weil es nämlich überhaupt kein darüber gibt!« maulte ich stinksauer und ich hatte zum ersten mal das Gefühl, dass er ganz gewaltig an der Richtigkeit von dem zweifelte, was er getan hatte. »Und jetzt lass mich endlich in Ruhe!« »Ohhhh...Entschuldigung wenn ich helfen wollte. Dann hau ich eben ab.« Wie die letzte Zicke erhob er sich, warf mit einer ruckartigen Bewegung seines Kopfes einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und verließ den Raum in Richtung Haustür. »Ich geh und hol uns eine Pizza. So viel Undankbarkeit macht mich hungrig!« Ich sah ihm fassungslos hinterher und seufzte leise. »Das ist doch so ein Idiot!« murmelte ich und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Ich spürte eine Weile lang Kais Blicke auf mir ruhen, ignorierte diese aber strikt. >Erfahrungen austauschen.< Pah! Selten so einen Schwachsinn gehört. Von welchen Erfahrungen redete dieser Vollidiot denn überhaupt? Von diesem 10-Sekunden-Kuss in dem Klub, der anscheinend so schlecht gewesen war, dass Fynn sich nicht einmal daran erinnerte? Oder nein! Noch besser! Von meinen ungewollten, dermaßen erbärmlichen Annäherungsversuchen, als ich bei ihm übernachtet hatte. Au ja! Darüber konnte ich viel erzählen und >Erfahrungen austauschenBetrunkene und Kinder...« »...lügen nicht...ja. ja....Hat Flo dir den Spruch ins Ohr gesetzt?« unterbrach ich ihn genervt. Er schmunzelte. »Ja. Schon. Aber er hat ja auch irgendwie Recht!« »Wenn du meinst.« Ich zuckte die Achseln. »Naja. War nur ein Rat. Du brauchst ihn ja nicht befolgen,« sagte er ruhig und beendete damit das Thema. Vielleicht wusste er einfach, dass es mir unangenehm war darüber zu reden, oder es fiel ihm schlichtweg einfach nichts mehr ein, womit er mich überzeugen konnte. Naja. Mir sollte es Recht sein. Hatte die Schnauze voll davon. Die nächste halbe Stunde sahen wir Cem und seinen Freunden dabei zu wie sie in dem Fernseher Runde um Runde mit ihren Autos in einer riesigen virtuellen Arena fuhren und es irgendwie doch nicht schafften ihre Gegner zu besiegen. Xiu hatte sich mittlerweile zu Kai und mir gesellt und unterhielt sich mit dem Cousin ihres Freundes angeregt über irgendwelchen schulischen Kram. Wenn man halt sonst nichts besseres zu tun hatte...tzz. Streberpack! Als ich gerade aus der Küche zurückkehrte, wo ich mir eine neue Flasche Bier geholt hatte, konnte ich das laute Lachen von Flo aus dem Eingangsbereich vernehmen. Stimmt ja! Der war Pizza holen gegangen. Komisch. Hatte aber verdammt lang gedauert. Es war schon fast halb 12. Als er jedoch den Raum betrat erkannte ich mit einem entsetzten Quietschen den Grund für sein langes Wegbleiben, der nun zusätzlich auch zu meinem sofortigen Herzstillstand führte. Ununterbrochen vor sich hinbabbelnd, balancierte Flo zwei große Pizzaschachteln auf seinen Händen und bahnte sich seinen Weg in die Küche, um sie dort abzustellen. An seiner Seite, mit einer weiteren Schachtel Pizza beladen, Fynn, mit einem unsicheren, aber über die Maßen niedlichen Gesichtsaudruck. Sterben. Ich wollte sterben. Jetzt, sofort, augenblicklich. »Ist er das?« hörte ich Kai, nahe an meinem Ohr, sagen. Ihm musste wohl mein überaus konsternierter Blick aufgefallen sein, den ich, seit die beiden dort verschwunden waren, nicht mehr von der Küchentür abwenden konnte. Ich nickte ansatzweise und er lächelte. »Hübsches Kerlchen.« Ich sah ihn entgeistert an, brachte aber nichts weiter, als ein leise gehauchtes »Spinnt der?« über die Lippen. Ich konnte spüren, dass sich Xiu neben mich setzte und versuchte mich zu beruhigen. »Bitte raste nicht aus! Ich wollte Flo aufhalten, aber er...« »Hat es zufällig eine Pistole im Haus?« erkundigte ich mich mit monotoner Stimme. Die beiden schüttelten den Kopf. »Gift?« Wieder Kopfschütteln. »Irgendetwas anderes, mit dem ich Flo ermorden kann?« »Wir hätten Messer in der Küche,« schlug die Vietnamesin vor. »Bring sie mir alle! Ich will ihn leiden sehen.« Die Küchentür ging wieder auf und Flo kam breit grinsend herausgeschwebt, dicht gefolgt von Fynn, der seine Hände tief in seinen Hosentaschen vergraben hatte. Als sich unsere Blicke trafen, hob er seine Hand ansatzweise zum Gruß und presste die Lippen aufeinander. »Guck mal, Leo, wen ich in der Pizzeria getroffen hab!« rief Flo begeistert. Ich schenkte ihm ein unechtes Lachen. »Mann, was für ein Zufall!« antwortete ich zynisch. »Die Welt ist echt klein!« »Ja, da hast du Recht. Ich dachte mir, ich könnte ihn doch auch noch mitbringen. Er passt so schön in unsere gemütliche Runde!« »Und Denken war ja sowieso schon immer deine Stärke!« Ich bemerkte wie Fynn verwirrt immer wieder von Flo zu mir schaute, aber anscheinend nicht wirklich hinter den Sinn unseres gegenseitigen Zugesäusels kam. Flo wandte sich daraufhin wieder dem mehr als verwirrten Schwarzhaarigen zu und strahlte ihn heiter an. »Also, meine Lieben, das ist Fynn.« Er hob präsentativ die Arme. »Und das ist Kai,« er zeigte auf seinen Cousin. »Das da Lydia,« seine Hand wanderte zu dem blonden Mädchen, das ein leises »Hallo« von sich gab. »Xiu...die kennst du ja aber schon....und das da Leo...aber den kennst du ja selbstverständlich auch...und die Idioten,« er zeigte auf Cem und seine dauergackernden Kumpanen. »...kannst du eigentlich vergessen. Die interessieren sich nicht mal für uns.« Fynn nickte verstehend und lächelte unsicher. »Hallo.« »Willst du was zu trinken? Ich hol mir nämlich was,« bot Flo lächelnd an und machte sich bereits auf den Weg zurück in die Küche. »Du kannst es dir ja schon mal neben Leo und so gemütlich machen.« Können Köpfe platzen, wenn sich zu viel Blut in ihnen ansammelt? Wenn ja, dann war meiner gerade kurz davor. Fynn sah dem Braunhaarigen kurz hinterher. Dann nahm Xiu seine Hand und zog ihn hinunter auf die Couch auf den Platz zwischen sich selbst und mich. Es fiel mir zugegebenermaßen verdammt schwer den Ereignissen richtig folgen zu können. Mein Gehirn arbeitete gerade irgendwie in Zeitlupe und hatte so seine Schwierigkeiten alles in seiner normalen Form zu verarbeiten. Ich bekam gerade noch so mit wie ich Fynn kleinlaut begrüßte und die Vietnamesin dann eine Weile mit ihm sprach. Er schien nicht wirklich zu wissen wie er sich verhalten sollte. Kein Wunder! Bis auf mich kannte er hier ja auch niemanden richtig. Der musste sich doch vorkommen wie Alice im Wunderland. Okay. Seit Neuestem fühlte ich mich in Flos Gegenwart auch immer so. Dieser Kerl hatte doch wirklich einen Totalschaden! Was dachte der sich bitte dabei Fynn hierher zu holen? Und vor allem, wie hatte er den bitte gefunden? Der wusste doch nie und nimmer, wo der wohnte, oder? Oh Gott! Wie sollte ich diesen Abend denn bitte überstehen. Ich bekam ja allein davon schon Herzrasen, wenn ich nur daran dachte, dass Fynn neben mir saß. Eine Körperseite von mir stand also in direktem Kontakt mit ihm. Er war ganz nah. Ich konnte durch den Stoff meiner Jacke bereits deutlich die Wärme spüren, die von ihm ausging. Oh war das schön ihn wieder zu berühren. Jetzt machte es gleich Peng und Leo war nur noch körperlich anwesend. Mit seinen Gedanken flog er dann durch eine kleine rosarote Welt, in der es nichts weiter gab, als ihn selbst und ganz viele wunderschöne kleine Fynns, die ihn alle ganz doll lieb hatten. Scheiße! Mein Gehirn! Es verselbstständigte sich schon wieder! Oh. Ein Wattebausch. »Leo?« Ich sah wie eine Hand vor mir hin und her wedelte. »Bist du da?« Ich wandte meinen Blick nach links und erkannte Xiu und Fynn, die mich besorgt anstarrten. Ich kniff kurz heftig die Augen zusammen und nickte eifrig. »Jaja. Klar bin ich da...öhm...Worum geht’s?« »Hast du schon wieder zu viel getrunken, oder was?« fragte die Schwarzhaarige in vorwurfsvollem Tonfall. Ich schüttelte jedoch schnell den Kopf. »Nein, gar nicht! Ich war gerade nur irgendwie...nicht da...ich mein...ich hab nachgedacht.« >Nachgedacht< ist gut! Ha! Geträumt wohl eher. »Aha.« Xiu hob misstrauisch eine Augenbraue. »Naja. Ich hol mir mal eine Pizza. Wollt ihr auch?« Wir schüttelten den Kopf und sie erhob sich. Dann saßen wir allein auf dem Sofa und ich spürte wie sich bei dem Gedanken ein riesengroßes Loch in meinem Magen auftat. Flo, Lydia und Kai setzten sich zu Cem und seinen Freunden auf den Boden, wo die acht mal schnell zwei Schachteln Pizza verdrückten. Wir beobachteten sie eine Weile schweigend, bis Fynn sich irgendwann leicht zu mir drehte und mich mit einem fragenden Blick musterte. »Wieso wolltest du, dass ich komme?« Ich hob überrascht die Augenbrauen. »Ich wollte was?« »Dein Freund.....Flo hat mich angerufen,« sagte er unsicher. »Er hat WAS?« Ich antwortete auf seine Fragen gerade irgendwie nur mit Gegenfragen, aber das war mir im Moment schlichtweg egal. Flo hatte nun endgültig die Spitze seiner Unverschämtheiten erreicht! »Na...er hat...angerufen,« stammelte Fynn verständnislos. »Er meinte du wolltest, dass ich...wolltest du nicht?« »Natürlich nicht!« stieß ich hervor. Er runzelte verwirrt die Stirn. Fast konnte ich so etwas wie Enttäuschdung in seinen Zügen erkennen. Gott! Das war ja nicht auszuhalten! »Ich meine...Es ist nicht schlimm, dass du...hier bist...Also...ähm...ich...das ist schön!« Ah wie peinlich! Warum schaltete sich bitte mein Sprachzentrum immer aus, wenn ich mit Fynn redete? Er lächelte ansatzweise und überlegte kurz. »Aber warum sollte er dann wollen, dass ich komme?« »Dassss....ist wirklich eine sehr gute Frage.« Die Art wie ich sprach musste gerade irgendwie sehr verkrampft wirken. Angestrengt versuchte ich mich zu einem Lächeln zu zwingen. »Ich...ich weiß es nicht. Keine Ahnung! Er spinnt!« »Ja,« sagte er überzeugt. »Klingt logisch.« »Ich frag mich nur, woher dieser Idiot deine Nummer hat.« Er hob die Augenbrauen. »DU hast doch meine Nummer!« »Ja und die werd ich gerade dem geben!« antwortete ich zynisch. Er lachte. »Vielleicht macht es dir Spaß zuzusehen wie er mich verarscht,« mutmaßte er gelassen. »Ich hab dir schon mal gesagt, dass ich dich nicht verarschen will. Kapiers endlich!« Er wollte wohl noch etwas sagen, als plötzlich sein Handy klingelte. Woah! Ich hasste diese nervtötenden kleinen Dinger! -.- »Ja?« Er klang wütend, als er an das Telefon ging. »Wo warst du?« Mit einem Satz stand er auf und ging zu einem der Fenster, wo er kurz hinaussah. «Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht will, dass du dahin gehst!....Nein!« Einen Moment später verschwand er auf dem Balkon. Ich sah ihm verwundert hinterher. Unbewusst erhob ich mich ebenfalls und folgte ihm schweigend. Draußen war die Luft schon ziemlich kühl. Trotzdem stand Fynn hier nur im T-Shirt und lehnte sich an das Geländer. Er sah mich nicht an, sondern erforschte mit gerunzelter Stirn die Fliesen am Boden. An seinem Ohr hielt er immer noch das Handy. »Ich find das abartig!« zischte er aufgebracht. »Dann lass es doch einfach! Wir finden schon was anderes.« Pause. »Ja klar, aber DAS ist besser.« Pause. »Ach mach doch was du willst! Ist mir doch egal!« Pause. »Hab ich zu einer Freundin gebracht.« Pause. »Bei Leo.« Seine Stimme klang nun ruhiger. »Ja.« Pause. »Ja.« Pause. »Egal.« Pause. »Von mir aus. Ich muss jetzt auflegen.« Pause. »Ja....Ja....Tschüss.« Mit einem Piepen klickte er auf eine Taste und verstaute das Handy wieder in seiner Tasche. Dann hob er langsam den Blick und bedachte mich mit seinem typischen unergründlichen Gesichtsausdruck. »Wer war das?« fragte ich leise. Er hob einmal die Schultern. »Meine Schwester...Lisa.« »Scheinst wütend zu sein.« »Pff,« machte er unwirsch. »Ist doch sowieso egal.« Ich ging langsam zu ihm und lehnte mich ebenfalls an das Geländer. »Ich dachte du hast nur ein Problem mit deinem Vater. Deine Schwestern mochtest du doch.« »Tu ich auch...es ist nur...« Er überlegte einen Augenblick was er sagen sollte und kaute auf seinem Lippenpiercing. Dann sog er tief die Luft ein und sah mich wieder an. »Ich hab dir doch gesagt, dass wir das Geld nicht so flüssig haben.« Er wartete einen Moment auf eine Reaktion von mir und ich nickte. »Naja. Deswegen hab ich ja auch einen Nebenjob gesucht und so...um etwas Geld reinzubringen. Und deshalb hat Lisa auch ihr Studium abgebrochen...um uns hier zu helfen.« »Aber das ist doch gut,« sagte ich anerkennend. Ein flüchtiges Lächeln schlich sich kurz auf seine Lippen. »Ja schon. Das ist auch nicht das Problem.« »Sondern?« »Ach das, was sie macht nervt mich!« brummte er abfällig und verschränkte die Arme vor der Brust. »Die arbeitet in irgendsoeinem Nachtclub...Echt widerlich, wenn du mich fragst.« »Muss doch nichts schlimmes sein,« erwiderte ich stutzend. »Sie tanzt auf Tischen und hofft, dass irgendwelche alten Säcke ihr ein paar Scheine zwischen die Titten stecken! Ist ja wohl berechtigt, wenn ich mich da aufrege!« Er schürzte gereizt die Lippen. »Du machst dir wirklich Sorgen um sie, hm?« Er starrte abwesend auf die unter uns liegende Straße und zuckte leicht die Achseln. »Ich hab doch niemanden außer ihr und Melli. Klar mach ich mir da Sorgen.« »Denkst du wirklich immer noch so?« fragte ich verwundert. Er schien zu überlegen. »Hmm. Jetzt wahrscheinlich nicht mehr.« Wir schwiegen kurz und ich konnte sehen wie ein schwaches Lächeln seine Lippen umspielte. »Aber jetzt bist ja auch du da.« Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Was meinst du damit?« »Ach komm... Glaubst du etwa ich wäre vor ein paar Wochen mit jemandem wie denen da drinnen abends zusammen gewesen? Die hätten mich nicht mal angeschaut.« Er machte eine kurze Pause. »Und...du hättest es wahrscheinlich auch nicht getan.« Ich sah ihn lange an, dann musst auch ich lächeln. »Ja. Wahrscheinlich schon.« »Aber jetzt siehst du mich?« Ich nickte zaghaft. »Ja.« Mein Gesicht begann auf einmal fürchterlich zu brennen. Dieses Gespräch schlug wieder mal eine ganz gefährliche Richtung ein. »Wieso?« »Keine Ahnung,« sagte ich leise. »Irgendwas musst du bei mir wohl richtig gemacht haben.« Er schmunzelte. »Wow. Das wär zur Abwechslung mal was positives.« »Für dich vielleicht,« murmelte ich leise. »Ich für meinen Teil hab seit Wochen nichts weiter, als Probleme.« Fynn verdrehte verwundert den Kopf und musterte mich neugierig. »Was denn für Probleme?« »Zu viele.« »Weil du jetzt in der Band bist?« vermutete er. »Ja. Oder weil ich mich mit Leuten wie Alex und Seiji abgeb.« Ich lachte bitter. Auch er tat es ansatzweise. Dann nahm er wieder diesen unergründlichen Gesichtsausdruck an und überlegte kurz. »Oder weil solche Dinge geschehen wie gestern Nacht.« Mir stockte der Atem, als er das sagte. Mit einem mal verkrampfte sich mein Magen so sehr, dass es schmerzte. Ich sah ihn entgeistert an, doch er wich mir aus und betrachtete eine Weile den Himmel, als wäre nichts gewesen. Mein Mund fühlte sich trocken an und ich schaffte es nicht mehr etwas zu sagen. Dann, nach wie es mir vorkam endlosen Minuten des Schweigens, unterbrach er wieder die Stille, hielt seinen Blick jedoch trotzdem starr in die tiefe Schwärze der Nacht gerichtet. »Ich hab gelogen....heute morgen...als ich Alex gesagt hab, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann...«Seine Stimme klang gedämpft, als er das sagte. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Es fiel mir schwer zu sagen, ob er heiß oder kalt war. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, als wäre ich gar nicht richtig anwesend und würde das Szenario nur von Weitem beobachten. »Verstehe,« sagte ich tonlos und nickte langsam. Wieder eine Ewigkeit Schweigen. Ich konnte aus dem Augenwinkel sehen wie Fynn wieder nachdenklich auf seinem Lippenpiercing rumkaute. Er schien nicht vorzuhaben etwas zu sagen. Langsam wandte ich ihm das Gesicht zu. »Wieso hast du gelogen?« Er sah mich verwundert an. »Weil ich...Angst hatte...irgendwie...« Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Angst?...Wovor?« »Davor, dass du vielleicht nichts mehr mit mir zu tun haben willst.« Seine Stimme war jetzt so leise, dass es fast nur noch ein Flüstern war. Im schwachen Licht konnte ich erkennen wie sich ein zarter roter Schein auf seine Wangen schlich. »Deswegen hab ich gesagt, dass ich mich nicht daran erinnern kann...dann könntest...du mir auch keinen Vorwurf machen..« »Warum sollte ich dir einen Vorwurf machen? Es war doch meine Schuld.« Er schwieg und überlegte kurz. »Weil es...dir eben...naja...sicher unangenehm ist.« Er machte eine Pause und versuchte die passenden Worte zu finden. »Ich meine du warst ziemlich betrunken und....ach scheiße! Ich will einfach, dass es so bleibt wie es jetzt ist! Verstehst du? Es ist so lange her, dass ich jemanden hatte, den ich wirklich...naja...,als Freund bezeichnet hätte, aber du...du bist halt...irgendwie...anders, als die...und...« Er verstummte. Während er sprach hatte er seinen Blick wieder abgewandt und spielte nun ausweichend mit einem seiner Armbändchen rum. Ich beobachtete ihn eine Weile und versuchte möglichst ruhig zu atmen. Mein Herz schlug gerade regelmäßig Saltos und ich spürte wie ein heftiges Kribbeln meine Beine erfüllte. Wenn mein Kopf nur noch ein kleines bisschen roter geworden wäre, dann hätte ich durchaus als Leuchtturm durchgehen können. Aiii! Der Kerl war doch wirklich zu süß! Ja das war das böse Wort mit „s“, aber es passte einfach so perfekt zu ihm. »Ist dir kalt?« sagte ich auf einmal, als ich spürte, dass er leicht zitterte. Er hob einmal die Schultern. »Ein bisschen.« Ich zog kurzerhand mein Jacke aus und legte sie ihm über die Schultern. Ein unsicherer Blick seinerseits traf mich. Ich erwiderte ihn eindringlich, schaffte es aber schon wieder nicht auch nur einen Ton von mir zu geben. »Danke,« sagte er leise und zog die Jacke etwas enger um sich. Dann wieder Schweigen. Ich dachte lange darüber nach, was er gesagt hatte. Irgendwie war das ja eine absolut niedliche Art zu denken. >Ich könnte ihm einen Vorwurf machen, weil ich einen Fehler gemacht hatte.< Nein wirklich. Der Kerl dachte doch noch komplizierter, als ich. Armer Junge. »Du brauchst keine Angst haben,« murmelte ich leise und erschrak selbst, als ich mich sprechen hörte. Er sah mich wieder mit diesem unsicheren Blick an. »Was?« »Du brauchst keine Angst haben,« wiederholte ich, diesmal mit festerer Stimme. »Wir sind doch Freunde. Wär doch bescheuert das wegen so etwas einfach kaputt zu machen. Absoluter Schwachsinn!« Er dachte einen Augenblick darüber nach und nickte dann. »Ja. Stimmt...Viel-...Vielleicht sollten wir es einfach v-...vergessen.« Mit einem mal fühlte ich wie sich ein riesiges Loch in mir auftat, das alles in sich einzusaugen versuchte. Was übrig blieb war Leere; nur Leere. Vergessen? Eigentlich wollte ich es nicht vergessen. Oder doch? Doch. Ja ich war mir sicher! Ich wollte es vergessen! Wie so einiges. Aber da gab es ein Problem. Ich konnte es nicht! Weil ich jedes Mal, wenn ich Fynn sah, daran denken musste. Ja. Insgeheim wünschte ich mir ja sogar ihn wieder zu küssen. Immer und immer wieder! Vergessen war da verdammt schwer. Aber es war das Beste. Vergessen war die einzige Möglichkeit. Ich nickte langsam. »Ja...Vergessen ist gut....Vergessen wir es.« Er lächelte leicht und ich wandte schnell wieder meinen Blick ab. Warum hatte ich jetzt bitte das Gefühl etwas Falsches getan zu haben? Das war doch gut so! Freunde sein war okay. Da konnte einem keiner einen Strick draus drehen. Alles in bester Ordnung! Oder...oder...oder? Ich sollte mit ihm darüber reden. Das hatte Kai doch gesagt, oder? Ach Quatsch! Was dachte Fynn denn dann bitte von mir? Es war doch jetzt alles gut. Alles war gut. Perfekt. »N-nein! Lass es...Lass es uns nicht vergessen!« stammelte ich plötzlich und er sah mich verwirrt an. Ich atmete einmal tief durch und versuchte dann in möglichst klaren Sätzen mit ihm zu sprechen. »Hör mal!...Willst...Willst du die Wahrheit wissen?« Ich wartete nicht auf eine Antwort und redete gleich weiter. »Die Wahrheit ist, dass...dass ich gestern wahrscheinlich genauso wenig betrunken war wie du.....Gut. Ich war schon betrunken, aber...ich wusste zumindest noch ganz genau was ich getan habe...« Fynn sagte nichts. Seine Miene war wie so oft ausdruckslos und er musterte mich eindringlich. Ich lachte bitter und suchte einen Augenblick nach den richtigen Worten. »Verstehst du?....Bis vor ein paar Wochen hätte ich mich auch nicht mit jemandem wie dir abgegeben. Da war auch alles irgendwie noch in Ordnung...wie es eben sein sollte....Aber dann ...kam diese Sache mit der Band und....irgendwie stimmt jetzt absolut überhaupt gar nichts nicht mehr!« Ich gab ein kurzen verschlucktes Seufzen von mir. »Ständig muss ich gucken wie ich es allen Recht mache. Alle glauben immer besser zu wissen, was ich will und dabei...weiß ich das doch schon längst selbst...auch wenn ich es mir vielleicht nicht wirklich eingestehen will.« Ich biss kurz auf meine Unterlippe. Ein leichtes Zittern ging durch meinen Körper und ich schloss für einen Moment die Augen, um wieder zur Ruhe zu kommen. Fynn schwieg weiterhin. Er hatte den Blick allerdings abgewandt und schaute wieder auf die Straße. »Die...Die Wahrheit ist....,« begann ich erneut stockend. Meine Stimme war jetzt fast nur noch ein Flüstern. »W-Was ich will......Was ich wirklich will....das....das bist...du.« Stille. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich gerade, wohlwissend, was ich tat, mein eigenes Todesurteil unterzeichnet. Fynn zeigte keine Reaktion. Er war ganz ruhig, doch konnte ich erkennen, dass sein Kopf mindestens genauso rot angelaufen war wie mein eigener. Das helle Laternenlicht schimmerte matt in seinem schwarzen Haar, sodass es fast silbern wirkte. Ich begann nervös an dem Balkongeländer rumzuschrauben und gab ein unsicheres Lachen von mir. »Das...ist jetzt das so ziemlich peinlichste, was ich je gesagt hab und...ich kann verstehen, wenn du jetzt...naja...wenn dir das jetzt unangenehm ist und..., aber...ich...« Er hob wieder den Kopf und sah mich unsicher an. »Naja. Jetzt hab ichs gesagt und eigentlich bin ich auch ganz froh darüber...weil....du weißt jetzt wenigstens...woran du bist...und ich....werd jetzt reingehen, weil ich mir gleich den Arsch abfrier.« Ich nickte einmal, als müsste ich mir selbst zustimmen. »Ja das werd ich tun...« Er zog kurz verwirrt die Augenbrauen zusammen und ich ging in Richtung Balkontür. Ich blieb jedoch auf halbem Weg stehen und machte nochmals kehrt. Als ich direkt vor ihm stand berührte ich mit meiner Hand vorsichtig seine Wange und legte für den Bruchteil einer Sekunde meine Lippen auf seine. Er tat nichts, stand einfach nur regungslos da und ließ geschehen. Als ich mich von ihm löste sah ich ihn nicht an. Ich ging wieder in die Wohnung und ließ ihn allein mit meinem Geständnis zurück. --------------------------------------------------------------------------------- Das war jetzt glaub ich das so ziemlich längste Kapitel, was ich bis jetzt hatte, aber ich hatte mir eben vorgenommen so weit zu schreiben und konnte nicht einfach mittendrin abbrechen, weil...ja weil halt....^.^ Gott bin ich heute wieder schlau O.o Bin eigentlich ganz zufrieden mit dem Chap....Nur der Schluss ist nich so tolli geworden wie ich ihn mir ausgemalt hab O.o`...Naja...verzeiht es mir...des hab ich in Eile gestern Abend geschrieben, während ich nebenher >Das Parfum< angeglotzt hab O.o...Welch Inspiration...... Ach ja...Meine wahre Inspiration stammt natürlich wieder von meim Sonni, die mir diesmal sogar bisschen beim schreiben geholfen hat =D Gutes Sonni ♥♥♥ Ach ja und noch ein ach ja....verzeiht mir auch, dass ich einfach nicht so schreiben kann, dass es in irgendeiner Form romantisch wirkt, weil Romantik ist und bleibt einfach nix für mich U_U° Ich gefühlskaltes Wesen....naja....Genug gebabbelt! Hoffe es hat euch gefallen und ihr lest auch das nächste Kapi, wobei das, wies aussieht wahrscheinlich ziemlich lang auf sich warten lassen wird, weil ich bist zu den Sommerferien ziemlich ausgelastet bin uuuuund die ersten drei Wochen dann im Urlaub bin...vllt schaff ichs vorher...vllt auch nich Q_Q Man weiß es nicht. Soooo und jetzt fleißig ans Kommisschreiben gehen *hust* *hust* (wo ich mich bei Gelegnheit doch gleich noch entschuldige, dass ich auf Kommies so selten zurückschreibe =( Es tut mir soooooo Leid....Ich will immer aber dann wird ich wieder von irgendwas genervt -.- Aber ich freu mich über jeden einzelnen ganz dolli...also DANKIIII!!!!) ^.^ Lg das Gilumonster ~~~♥ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)