Eistränen von Kimiko_Grey ================================================================================ Kapitel 34: Eine Mami?!? ------------------------ Eines Nacht wurde ich aus einem Albtraum wach. Ich schreckte hoch, schrie und hielt mir keuchend den Brustkorb. Der Traum war so real. Ich spürte, wie ich versuchte mich selbst zu wecken, damit der Traum aufhörte, aber es gelang mir einfach nicht, weswegen ich wahrscheinlich schweißgebadet aus diesem Albtraum aufwachte. Ich hatte geträumt, dass Haku mich fand, dass er sich an mir rächen wollte, dafür dass ich ihm nun nicht mehr zur Verfügung stand, dafür, dass ich sein Team verließ und nun unter einem anderen Trainer lief, dafür dass ich glücklich war. Für all das wollte er mich bestrafen. Auf seine Art. Auf die Art mit der er mein Leben ruiniert hatte. Ich erlebte im Traum alles noch einmal nur intensiver – schlimmer. Sodass ich klitschnass geschwitzt und schreiend aufwachte. Ich spürte wie etwas meine Speiseröhre hochkam und ich stürzte ins Bad. Ich nahm schnell meine Haare zusammen und beugte mich über die Toilettenschüssel um mich zu übergeben. Ich bekam nur am Rande mit, wie Tohma hinter mir her stolperte und das war mir alles andere als Recht. Mich zu übergeben war eine Sache, die ich gern – wenn man das so sagen konnte, denn wer übergibt sich schon gern? – alleine tat. Aber Tohma folgte mir und machte sich wohl Sorgen. Während ich kotzend und würgend über der Schüssel hing, brachte ich nur ein „Geht schon“ zu stande. Tohma streichelte mir den Rücken und das passte mir eigentlich gar nicht. „Was ist los mit dir?“ Sah man das nicht? Ich richtete mich auf und zog die Toilette ab. Meine Beine zitterten und ich hangelte mich zum Waschbecken um mir den Mund auszuspülen und die Zahne zu putzen. Der Geschmack und Geruch von Erbrochenem ist alles andere als angenehm, das muss ich wohl keinem genauer erklären. „Ich weiß es nicht“ antwortete ich auf Tohmas Frage, die schon einige Minuten her war. „Vielleicht zuviel gegessen. Tohma, der hinter mir stand sah besorgt aus. „Möchtest du einen Tee?“ Ich nickte und trocknete mir den Mund ab. Ein Tee war eine gute Idee. Ich ging Richtung Küche. „Geh wieder schlafen Schatz.“ Ich wollte ihn nicht unnötig wach halten. Ein Blick auf die Küchenuhr verriet mir, dass ich mich ein wenig in der Zeit verschätzt hatte. Es war bereits halb sechs Uhr morgens. Nur war es ja Winter und da ist es ja morgens dunkel, als ob es Nacht wäre. Tohma machte schon Anstalten mir den Tee zu kochen. „Ich mach das schon Liebster, ich muss eh bald zum Training.“ „Sicher, dass du das schaffst?“ Ich sah ihn an, während ich mir meine typischen drei Zöpfe aus dem Pferdeschwanz heraus flocht. „Ja sicher, das bisschen übergeben.“ „Wenn was ist, ruf an, ich hol dich dann ab“ War er nicht einfach zum Knuddeln süß? Ich lächelte, nickte und ging ohne Frühstück zum Training. Zwar auch mit Bauchschmerzen, aber diese Bauchschmerzen kamen nicht von meiner Angst vor dem Trainer, sondern von etwas ganz anderem, etwas an das ich gar nicht gedacht hatte, was ich gar nicht in Betracht gezogen hatte. Gut gelaunt wie ich meistens bin kam ich zum Training, begrüßte Matt und begann sofort mit Aufwärmübungen und meiner eigentlichen Kür, die ich begonnen hatte zu trainieren. Die Umdrehungen allerdings machten mir diesmal – anders wie sonst – etwas aus und mir wurde wieder schlecht. Ich brach mitten in der Kür ab entschuldigte mich bei Matt zur Toilette. Anders als bei Haku war das kein Problem. Ich übergab mich wieder. Nur Magensäure, ich hatte ja nichts gegessen und plötzlich durchfuhr es mich wie ein Blitz. Ich schreckte hoch und schaffte es irgendwie mich aufzurappeln und meine Schlittschuhe auszuziehen. Ich schlüpfte in meine Turnschuhe und verließ mit meinem Portemonnaie unter dem Arm unbemerkt die Eishalle um in den Drogeriemarkt gleich um die Ecke zu gehen. Ohne nach links oder rechts zu schauen, überquerte ich die Straße und betrat den Drogeriemarkt. Außer mir war um diese Zeit nur die Verkäuferin im Laden und das war mir sehr recht, denn ich verschwand sofort in die Damenkosmetikabteilung und suchte zwischen Damenbinden und Tampons nach einem Schwangerschaftstest. Ich hatte ziemliches Glück, denn es war nur noch ein einziger Test da. Mechanisch nahm ich die dunkelblaue Packung vom Haken und ging damit zur Kasse. Knappe 750Yen kostete dieses Ding aber das spielte keine Rolle, alles was mir wichtig war, war das Ergebnis und während ich zur Kasse ging und den Test auf das Band legte, überlegte ich wann ich meine letzte Periode hatte und wann die nächste kommen sollte. Die Kassierern musste mich wohl schon einmal angesprochen haben. Sie klang etwas genervt. „742,51¥ bitte!“ „Oh Entschuldigung.“ Ich zahlte und steckte den Test unter meine Trainingsjacke. Dann ging ich schnellen Schrittes zurück zur Halle und zog mich rasch wieder aus. Ich war barfuß und schloss mich auf der Toilette ein um den Test zu machen. Ich las nur oberflächlich die Anleitung des Testes und befolgte die Anweisungen um den Test machen zu können. Nachdem ich auf das komische Stäbchen gepullert hatte, setzte ich mich auf den geschlossenen Toilettendeckel und wartete auf das Ergebnis. Die wenigen Minuten kamen mir vor wie Stunden und als der zweite Streifen auf dem Test erschien, der mir ein positives Ergebnis bescheinigte schaute ich verwirrt und ungläubig auf das abgebildete Symbol auf dem Beipackzettel. Mein Blick wechselte vom Beipackzettel und dem positiven Schwangerschaftstest hin und her und dann kam mir alles vor wie ein schlechter Film. Tausend Gedanken kamen mir in den Sinn. Hatte ich die Pille vergessen einzunehmen, Alkohol getrunken, Antibiotika eingenommen?? All diese Fragen konnte ich mit „Nein“ beantworten. Ich hatte oft gehört, dass es vorkam, dass man trotz Pille schwanger werden konnte aber warum wieder ausgerechnet ich??? Ich setzte mich auf den Boden und brach in Tränen aus. Was sollte ich denn jetzt machen?? Diese Schwangerschaft war nicht geplant, aber was war, wenn Tohma das dachte? Was war, wenn er meinte, dass es mein Ziel war schwanger zu werden um eine satte Unterhaltszahlung zu kassieren? Ein Kind von Tohma Seguchi – welche Frau wollte das denn bitte nicht? Ich! Jedenfalls jetzt noch nicht. Ich war erst 25. Was war mit meiner Karriere? Wollte ich das Kind überhaupt behalten? Konnte ich es wegmachen lassen? Es töten und diese Schuld dann mein Leben lang mit mir herumtragen? Wäre ich eine gute Mutter?? Würde Tohma mich jetzt immer noch lieben? Oder würde er mich verlassen, weil ein uneheliches Kind seinem Image schadete? All diese Fragen und noch viele mehr rasten durch meinen Kopf und so merkte ich nicht, dass ich schon über eine Stunde weg war. Logischerweise bemerkte Matt meine Abwesenheit und so hörte ich seine Stimme. „Kimiko? Hey mach auf Kleines“ Seine Stimme klang besorgt und so sprang ich auf, wusch mein Gesicht und kam aus der Toilette. Ich muss weiß wie die Wand gewesen sein, oder grün ich weiß es nicht. Jedenfalls lächelte ich und ließ mir nichts anmerken. Dachte ich. Aber Matt war nicht blöd. Er nahm mich in den Arm. Aber er tat es auf eine freundschaftliche Art. Nichts was meine Alarmglocken klingeln lassen müsste, oder was mir unangenehm war. „Du hast geweint, was ist los?“ Ich klammerte an meinem Trainer wie ein kleines Kind. „Herr Yoshida…ich…“ Ich brachte die Worte kaum über die Lippen und flüsterte fast unhörbar. „Ich…Ich bin schwanger…Gott…“ Mir kam es vor, als kämen die Worte nicht aus meinem Mund, sondern aus dem einer anderen. Ich kam damit überhaupt nicht zurecht. Ich und Mutter sein? Das war zu dem Zeitpunkt für mich unvorstellbar. Ganz zu Schweigen von der Vorstellung Tohma die „frohe Botschaft“ zu überbringen. Matt reagierte sehr einfühlsam auf mein Megaproblem. Seine Stimme war sanft, aber keineswegs schleimig. Nicht wie bei Haku. „Hey, was ist so schlimm daran?“ Das hatte er doch jetzt nicht echt gefragt oder? Weinend legte ich die Hände vor mein Gesicht und nuschelte Matt meine Sorgen zu. Dass die beiden sich ewig kannten, bedachte ich nicht. Matt versuchte einfühlsam meine Gedanken und meine Angst zu zerstreuen indem er mir Mut zusprach und mich für den Rest des Tages vom Training befreite. Ich hatte ohnehin keinen Kopf dafür mich aufs Training zu konzentrieren. Matt war sogar so lieb und fuhr mich nach Hause und den ganzen Weg über dachte ich darüber nach, wie ich Tohma sagen sollte, dass wir ein Kind erwarteten. Obwohl ich einen Schlüssel hatte, klingelte ich. Ich wusste, ich würde den Schlüssel nicht ins Schloss stecken und umdrehen, Tohma hingegen würde so schnell an der Tür sein, dass ich keine Chance hätte mich zu drücken. Natürlich öffnete er mir und war sichtlich verwundert, dass ich so früh wieder da war. Er dachte sicher, es sei irgendwas passiert, immerhin sah man mir deutlich an, dass ich mir die Augen aus dem Kopf geweint hatte. Mir kam es so vor, als schwang Verwunderung und ein wenig Misstrauen, sowohl in Tohmas Gesicht, als auch in seiner Stimme mit. „So früh daheim?“ Ich nickte, blieb auf Distanz, stellte meine Schlittschuhe in die Ecke und sah ihn an, bereit die Karten gleich auf den Tisch zu legen. „Ich muss mit dir reden.“ Ich klammerte an ihm, warum ich das tat, weiß ich nicht mehr, vielleicht war das so ein Reflex. Ich wollte ihn festhalten, damit er nicht gleich aus der Tür stürzte und mich mit meinem „Problem“ alleine zurückließ. „Bitte Tohma, denk nichts falsches, oder gar schlechtes von mir, ich wollte die nie ausnutzen!“ Seiner Verwunderung wich Verständnislosigkeit. Er war völlig ruhig, jedenfalls machte er nach Außen hin diesen Eindruck. „Warum sollte ich das denn denken? Beruhig dich bitte.“ Seine Stimme beruhigte mich nur unwesentlich. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen und flüsterte ähnlich wie bei Matt dass ich schwanger bin. Seine Reaktion war jenseits von allem, was ich erwartet hatte. Er strahlte wie ein besoffener Mond und trat dann hinter mich um mich zu umarmen. Dabei legte er mir die Arme um den Bauch, ich schätze, dass das ganz bewusst war. „Na und? Dann sind wir eben bald zu dritt.“ Ich hatte mit allem gerechnet. Damit, dass er mich anfuhr, dass er mich links liegen ließ, ja sogar damit, dass er einfach ging, aber nicht DAMIT. Ich fror und sah ihn verweint an. „Du bist nicht sauer und denkst ich wollte dich nur ausnutzen?“ Er lächelte – Nein – es war kein Lächeln. Es war ein Strahlen. Er zog mich an sich und legte den Kopf auf meine Schulter. „Da ich weiß das dies nicht der Fall ist bin ich nicht sauer. Außerdem finde ich kann das Kind nichts dazu es wird ja nicht gefragt gezeugt zu werden. Ich liebe Kinder und dich und das Kind kriege ich auch noch groß.“ So einfach war das für ihn? Und ich blöde Kuh mache mir so einen Kopf. In diesem Moment kam ich mir wirklich mehr als dämlich vor. Alle meine Sorgen waren mit einem Mal weggewischt. Nun freute ich mich auf unser Baby und unsere kleine Familie. Meine Welt war wieder völlig in Ordnung. Ich schwebte auf rosa Wolken. Noch… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)