Riddle's Assassins von stone0902 (Im Auftrag des Dunklen Lords) ================================================================================ Kapitel 17: Doubt ----------------- Gerade als sie ihren Stab ziehen wollte, hörte sie ein Geräusch hinter sich, dass sie zusammenfahren ließ. Als sie sich umdrehte, sah sie jemanden, der das Zimmer betrat und überrascht in der Bewegung innehielt, als er feststellte, dass der Schlafsaal nicht leer war, so wie er eigentlich sein sollte. Versteinert blieb sie stehen und starrte in grüne Augen, die sie zuerst verwirrt ansahen, dann wütend. Beide zückten gleichzeitig ihren Zauberstab... ~ „Impedimenta!“ „Expelliarmus!“ Die beiden Zaubersprüche prallten gegeneinander und ein Meer an roten Funken verstreute sich in alle Richtungen. Ginny hob den Zauberstab, bereit zum nächsten Angriff, doch bevor sie überhaupt den Mund öffnen konnte, um den Spruch aufzusagen, sprach ihr Widersacher seinen Entwaffnungszauber erneut und sie spürte wie ihr der Zauberstab mitten in der Bewegung aus der Hand gerissen wurde. In hohem Bogen flog er davon, ihre einzige Waffe womit sie sich hätte verteidigen können. Starr blickte sie auf Harry und sah nur aus den Augenwinkeln wo ihr Zauberstab landete. Wieso war der Kerl hier? Er durfte zu diesem Zeitpunkt nicht hier sein! Er sollte wie alle anderen Sechstklässler bei dem Apparierkurs sein! Sie hatte sich davon überzeugt, dass er den Gemeinschaftsraum verlassen hatte! Wieso also bei Merlins Bart war er hier? Panisch überlegte sie wie sie sich aus dieser Situation retten konnte. Doch sie sah keinen Ausweg, denn genau dieser wurde von dem Schwarzhaarigen versperrt. Aus dieser Situation sah sie keine Möglichkeit mehr wieder heraus zu kommen. „Ginny?!“ Sein Blick war fragend und auch ein wenig verwirrt. Doch in seinen Augen konnte sie ebenso das Misstrauen sehen. Die Antipathie die sich zwischen den beiden einstigen Freunden aufgebaut hatte war auch ihm bewusst und er wäre ein Narr, anzunehmen dass ihr Auftauchen lediglich ein Versehen war. Seine Bewegungen waren vorsichtig und er hielt den Stab weiterhin auf sie gerichtet. „Was tust du hier?!” Ginny schwieg. Seine Augen wanderten durch das Zimmer. In nur einem einzigen Augenblick verschaffte er sich Übersicht über die Situation, doch in diesem Zimmer sah alles so aus wie es zuvor verlassen wurde. Kurz bevor er es betreten hatte, hatte Ginny es mit einem Zauber wieder geordnet. Wäre er einige Minuten früher gekommen, hätte er einen verwüsteten Schlafsaal aufgefunden und ein in seinem persönlichem Eigentum wühlendem Mädchen. So aber gab es keine Beweise dafür, dass sie hier etwas angestellt hatte. Ihre Augen suchten nach ihrem Zauberstab. Er lag etwa zwei Meter entfernt auf dem Boden und lag halb unter einem der Schlafbetten. Wenn sie nur schnell genug wäre ... Harry ließ sie keinen Moment aus den Augen. Selbst wenn sie versuchen würde wieder an den Zauberstab zu kommen, hätte er sie geschockt, noch bevor sie an ihn ran gekommen wäre. „Was wolltest du hier? Die Karte des Rumtreibers? Meinen Tarnumhang?“ Ginny blieb immer noch stumm. „Oder hast du es wieder auf eines meiner Bücher angelegt?“ Weder noch, dachte sie bei der Anspielung auf Tom Riddles Tagebuch, welches sie ihm vor vier Jahren entwendet hatte. Als Zwölfjährige war sie wenigstens erfolgreich gewesen, dachte sie spöttisch. Doch diese Mal ging es nicht um ein Buch. Das lädierte Schulbuch irgendeines Prinzen, für dass Potter sich so sehr begeisterte, interessierte sie nicht. Das konnte er liebend gern behalten. „Was ist nur los mit dir?“, fragte er und der enttäuschte Unterton, der in seiner Stimme mitschwang ließ ihr einen Schauer den Rücken hinunter fahren. „Ich erkenn dich gar nicht mehr wieder.“ „Sei still!“ fuhr sie ihn an. „Du weißt gar nichts über mich!“ Er sprach als würde er sie kennen, als würde er sich um sie sorgen, doch das tat er nicht. Sie war ihm doch völlig egal! Konnte er nicht einfach den Mund halten? Ihr wäre ein Fluch lieber als dieser mitleidige Blick, mit dem er sie bedachte. „Ich verstehe das nicht. Ich habe dir nie etwas getan.“ Ginny lachte höhnisch auf. „Ach nein? Nun, da bin ich wohl anderer Ansicht.“ Überrascht sah er sie an und genau diesen Moment nutzte sie aus. Sie machte einen Satz nach vorne und griff nach ihrem Stab. In dem Moment, als sie erneut auf den Gryffindor zielen wollte, drang eine Stimme an ihre Ohren, die sie daran hinderte, ihm einen Unverzeihlichen entgegen zu schmettern. „Harry, wo bleibst du denn so lange?“ Ginny stockte der Atem als sie die Stimme erkannte und es dauerte nur wenige Sekunden bis das zugehörige Gesicht um die Ecke lugte. Es war über und über mit Sommersprossen bedeckt. „Man ich warte schon seit... Ginny?“ Verdutzt sah Ron sie an. Seine Augenbrauen zogen sich nachdenklich zusammen. „Was hast du in unserem Schlafsaal zu suchen?“ „Das würde ich auch gern wissen“, sagte Harry grimmig an seiner Seite. Rons Blick blieb an ihrem Zauberstab haften und auf seiner Stirn bildeten sich Sorgenfalten. „Duelliert ihr euch etwa?!“ fragte er entsetzt Resignierend schloss Ginny die Augen. Hätte sie doch bloß Felix Felicis gefunden, dann wäre sie nicht in diese Situation geraten, sondern wäre längst wieder in ihrem gemütlichen Bett in ihrem Schlafsaal und könnte Tom von ihrem Erfolg berichten. Die Realität sah leider anders aus. Ertappt und gestellt von Harry, dem es ein leichtes gewesen war sie zu entwaffnen. Niemand konnte es ihr verübeln, schließlich war das Entwaffnen wie jeder wusste Potters Spezialgebiet. Doch das jetzt auch noch Ron auftauchen musste brachte sie so völlig aus dem Konzept. Ihn wollte sie nicht in die Sache mit hineinziehen. Unwillkürlich ließ sie den Zauberstab sinken. „Was soll das alles? Ich verstehe das nicht.“ Besorgt huschten seine Augen zwischen seiner kleinen Schwester und seinem besten Freund hin und her. „Misch dich nicht ein, Ron. Das ist eine Sache zwischen ihm und mir.“ „Aber ihr seid doch Freunde“, empörte sich Ron. Ginny schnaubte verächtlich und Harry zielte erneut mit seinem Zauberstab. Von wegen Freunde. Diese Zeiten waren längst vorbei. „Alter, das ist meine Schwester auf die du deinen Zauberstab richtest!“ Ron zerrte an Harrys rechtem Arm, sodass der Stab nun nicht mehr auf Ginny sondern auf den Boden zielte. „Sie wollte mich angreifen!“, entrüstete sich der Schwarzhaarige und befreite sich aus Rons Griff. „Ich habe mich nur verteidigt.“ Als er erneut auf Ginny zielen wollte stellte Ron sich wütend zwischen die beiden Streitsüchtigen. „Ich warne dich! Ziel’ nicht mit dem Ding auf meine Schwester!“ Anschließend wandte er sich an Ginny, ergriff ihren Oberarm und schob sie aus dem Schlafsaal. „Du verschwindest jetzt am besten.“ Ginny wollte protestieren, doch seine Mimik zerschlug jeden Wiederstand. Noch nie hatte sie ihn so ernst gesehen. „Wir unterhalten uns später“, knirschte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und das letzte was sie sah, bevor er die Tür zu schlug, waren die misstrauischen grünen Augen von Harry Potter. ~ Tom! Tom, ich habe es vermasselt! Er weiß es! Beruhige dich, Liebes. Deine Schrift ist so unordentlich das ich sie kaum lesen kann. Er weiß es! Wer? Harry! Er hat mich erwischt! Erzähl von Anfang an. Harry ist im Besitz von Felix Felicis. Ich habe einen günstigen Moment abgewartet um es zu stehlen. Die Sechstklässler gingen zum Apparierkurs. Ich versicherte mich das er fort ging. Danach habe ich mich in seinen Schlafsaal geschlichen und habe den Trank gesucht. Ich konnte ihn aber nicht finden! Er muss ihn bei sich tragen. Und dann – gerade als ich mich davon schleichen wollte – kam er zurück und hat mich erwischt! Oh, wäre ich nur eine Minute früher gegangen! Was ist dann geschehen? Ich wollte ihn lähmen, aber er hat mich entwaffnet. Und dann? Was hast du getan? Nichts. Ohne meinen Zauberstab konnte ich nichts tun. Wie bist du dann aus dieser Situation entkommen? Ron kam dazu. Er hat sich zwischen uns gestellt und ich konnte entkommen. Du bist geflohen? Ich hätte dich nie so feige eingeschätzt. Einfach wegzurennen, wie ein verscheuchtes Reh, das sieht dir gar nicht ähnlich. Ich bin nicht feige! Ich empfand es nur der Situation angemessen. Aha. Verrate mir eines, Ginevra. Was ist unser Ziel? ... Harry Potter beseitigen. Richtig. Seit Monaten versuchst du es nun schon und dann ergibt sich die Gelegenheit, in der du ihm begegnest, völlig allein wie du sagtest, und wenn nicht dann, wann sonst würde es eine geeignetere Möglichkeit geben um ihn gnadenlos umzubringen? Niemand wäre dort gewesen. Niemand hätte dich gesehen, wenn du schnell gewesen wärst. Also sag mir, aus welchem Grund bist du gescheitert? Ich hatte keine Chance gegen ihn. Lüge. Er hat mich entwaffnet! Es ging alles viel zu schnell! Er hat mich überrascht. Er sollte doch auch gar nicht da sein. Ausreden... Weißt du was ich in dir sehe, Ginevra? Etwas, das du bislang noch nicht erkennst? Was, Tom? Ich sehe Zweifel. ... Wieso sonst solltest du nicht gegen ihn gekämpft haben? ... Du irrst. Das möchte ich für dich hoffen. Du solltest mich lieber nicht enttäuschen. ... Gute Nacht, Ginevra. ~ In den folgenden Tagen versuchte Ginny sich so gut wie möglich zurückzuziehen. Leider befand sie sich nun einmal in einer Schule. In Hogwarts gab es selten Gelegenheiten für sich allein zu sein. In den Gemeinschaftsräumen waren Schüler anwesend, sowie auf den Fluren, den Klassenräumen, der großen Halle oder der Bibliothek. Es gab kein freies Plätzchen, denn die jungen Hexen und Zauberer mussten sich nicht nur die Schlafräume teilen, sondern auch die Toiletten und Duschen. Draußen auf den Ländereien konnte man ebenfalls nicht ungestört sein. Die jüngeren Schüler kamen an die frische Luft um zu spielen und sich vom Schulstress abzulenken, während diejenigen in den höheren Jahrgangsstufen einen angenehmeren Platz als den überfüllten Gemeinschaftsraum zum Lernen aufsuchten. Noch dazu kam dass die junge Weasley im Quidditchteam ihres Hauses war und dieses pflegte ein regelmäßiges Training wahrzunehmen. Das nächste war bereits in der nächsten Woche angesetzt. Ron hatte seit dem Vorfall versucht mit ihr zu reden, doch bisher war es ihr geglückt ihm aus dem Weg zu gehen. Zum gemeinschaftlichen Essen ging sie erst wenn die meisten Schüler fort waren oder sie ließ es ganz ausfallen. Und jedes mal wenn sie einen roten Haarschopf auf dem Flur sah, der dem ihrigen so sehr ähnelte, schlug sie einen Umweg ein. Ich verstecke mich vor meinem eigenen Bruder. Ginny las die Wörter die sie geschrieben hatte und schüttelte innerlich den Kopf darüber, wie absurd das klang. Dies alles hatte eine Wendung genommen, wie sie es sich nicht erhofft hatte. Sie hatte einen gewaltigen Schritt zurück gemacht und ihr schien alles nur noch komplizierter als zuvor Es kommt mir so vor, als würde ich verfolgt werden. Sie legte die Feder nieder und sah auf. In den Reihen vor ihr saßen die Schüler und folgten aufmerksam den Worten von Professor McGonagall. Bald standen die ZAG’s für die Fünftklässler an und inzwischen herrschte eine Zeit des Lernens. Ginny folgte nur halbherzig dem Unterricht, der eh nur eine Wiederholung der Theorie war. Das könnte sie auch später nachholen, wenn sie gewollt hätte. Sie saß in der letzten Reihe des Klassenzimmers für Verwandlung und unter ihrem Pergament, welches lediglich zur Tarnung diente, lag das Tagebuch. Für mich ist es nur noch schwieriger. Schwierig, aber nicht unmöglich. Diese Worte brachten keinerlei Ermutigung. Ginny musste sich etwas einfallen lassen, aber ihr rannte die Zeit davon! Felix Felicis befand sich immer noch in Harrys Besitz und sie musste einen Weg finden, Harry umzubringen, und das in Hogwarts, dem sichersten Ort den man sich vorstellen konnte. Wie sollte man jagen, wenn der Gejagte bereits mit einem Angriff rechnete und man nicht die Chance auf einen unvorsichtigen Moment ausnutzen konnte? Aber jetzt ahnt er, dass ich etwas plane. Er weiß, dass ich etwas gesucht habe. Aber er weiß nicht das er dein Ziel ist. Nein... Dennoch wird er mich ab jetzt nicht mehr aus den Augen lassen. Er wird vorsichtiger sein und ich werde keine Chance mehr bekommen es zu tun. Nun, die Schuld liegt bei dir. Das hast du dir selbst zuzuschreiben. Diese Worte zu lesen war hart. Aber sie hatte es ja verdient. Tom lag richtig. Es war ihre eigene Unvorsichtigkeit, die ihr das eingebrockt hatte. Beinahe hättest du alles zunichte gemacht. Du kannst von Glück reden, dass Potter nicht augenblicklich zu einem Lehrer rennt und diesen Vorfall meldet. Augenblick legte sich ihr Blick auf Minerva McGonagall, die gerade einige Fragen der Schüler beantwortete. Sei stets vorsichtig und gebe ihnen keinen Anlass diesem Ereignis mehr Beachtung zu schenken als notwendig ist. Vermeide jede Art von Aufmerksamkeit und hüte das Tagebuch. Ich trage es ständig bei mir. Niemand wird es finden. Dafür sorge ich. Für diesen Fall schütze sie das Tagebuch in dem sie es klein hexte und meist in ihrer Umhang- oder Rocktasche verstaute, sodass sie es an ihrem Körper bei sich trug. Zusätzlich wendete sie den Zauberspruch Flagrante an. Wenn jemand außer ihr dieses Buch anfassen würde, finge es an heiß zu glühen und würde somit unberührbar. Bei einem nächsten Fehler wird dich niemand retten können. Es wird keine Fehler mehr geben! Ginny spürte eine enorme Entschlossenheit in sich. Sie würde es tun und sie würde nicht scheitern! Ihre Taten würden ungeheure Folgen mit sich bringen und sich kräftig auf die Zukunft auswirken. Wenn es ihr gelänge, den Helden der Zaubererwelt, auf den die Bevölkerung ihre Hoffnung legte, zu töten, würde sie der dunklen Seite eine Tür öffnen und damit das Schicksal vieler Menschen besiegeln. Als die Lehrerin den Unterricht beendete, klappte Ginny das Buch zu und verstaute es zusammen mit ihren Schreibsachen und dem Schulbuch in ihrer Tasche. Die Schüler verließen das Klassenzimmer, doch als Ginny zur Tür gehen wollte, wurde sie aufgehalten. „Miss Weasley, ich möchte Sie noch für einen Augenblick zu mir bitten.“ Entnervt schloss die Gryffindor die Augen. Nicht auch das noch. Langsam drehte sie sich um und sah die Professorin vor ihrem Pult warten. Einige Schüler drehten sich verwundert zu der Weasley um, doch McGonagall begann erst zu sprechen, als alle Schüler den Klassenraum verließen, die Tür sich hinter ihnen schloss und sie ungestört waren. Stille füllte den Raum und Ginny bemühte sich um ein ahnungsloses und gelassenes Gesicht. Was konnte die Professorin wollen? „Der Grund wieso ich Sie sprechen möchte ist folgender.“ Die Verwandlungslehrerin machte eine kurze Pause. „Ich mache mir Sorgen um Sie.“ Die blauen Augen sahen die Schülerin über die Brille hinweg an. Ginny schwieg. Damit hatte sie nun überhaupt nicht gerechnet. „Mir ist aufgefallen, dass Sie sich im Unterricht immer mehr zurückziehen, dabei waren Sie immer eine der aktivsten meiner Schüler. Ebenso ist mir aufgefallen, dass Sie in den letzten Tagen sehr blass sind. Ich sehe Sie nur noch selten beim Essen in der großen Halle.“ Unbehagen erfasste Ginny. Jetzt fiel sie sogar schon den Lehrern auf. Ginny erinnerte sich wieder an das Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen. Jetzt bekam sie den Beweis dafür, dass diese Empfindung keine Einbildung war. McGonagall hatte sie beobachtet und sie war gewiss nicht die Einzige. Ginny setzte ein Lächeln auf. „Das ist nur der Prüfungsstress, Professor. Mir geht es gut.“ Die Hauslehrerin von Gryffindor sah sie abschätzend an, ehe sie nickte. Mit dieser Antwort gab sie sich vorerst zufrieden. Ihr Blick verriet aber, dass sie an Ginnys Aussage zweifelte. „Miss Weasley, Sie sind eine gute Schülerin. Ich zweifle nicht daran, dass Sie die ZAG’s mit Bravur meistern werden.“ Das stolze Lächeln, welches die Schülerin diesem Lob entgegenbrachte, war nur gestellt. Die Prüfungen waren das letzte, worüber sie sich im Augenblick Gedanken machte. „Danke. Ich gebe mir Mühe.“ „Falls Sie doch einmal etwas auf dem Herzen haben sollten ... Meine Tür steht Ihnen jederzeit offen“, sagte die Professorin und ihre Augen strahlten eine Wärme aus, die es Ginny unmöglich machte dem Blick weiter stand zu halten. „Sie sind entlassen, Miss Weasley.“ Ginny verabschiedete sich und verließ den Unterrichtsraum. Derweil kamen ihr bereits die ersten Schüler entgegen, die ihre nächste Stunde in Verwandlung hatten. Bei einem Blick auf die Abzeichen an den Umhängen erkannte sie, dass es Slytherins waren. Als Ginny durch die Tür ging, kam ihr Draco entgegen. Seine Augen erkalteten, als seine grauen auf ihre braunen trafen. Es dauerte nur eine Sekunde, bis er den Blick wieder abwandte und sich wortlos an ihr vorbei in den Klassenraum drängte. Seit dem Tag an dem sie im Raum der Wünsche waren, hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Das war nun etwas mehr als einen Monat her. Es war schwer zu sagen, wer wem aus dem Weg ging. Ginny scherte sich nicht darum. Schon früher war sie gut ohne Malfoy ausgekommen und das konnte sie auch heute noch. ~ Nach einer unruhigen Nacht stand Ginny an diesem Samstagmorgen sehr früh auf. Unruhiger Schlaf und wirre Gedanken hatten sie wach gehalten. Dazu kam, dass ihr Magen rumorte, weil sie das gestrige Abendessen hatte ausfallen lassen. Nun wollte sie in der Frühe ein ausgiebiges Frühstück nehmen, in der Hoffnung, dass es die Leere in ihr ein wenig stopfen würde. In Jeans und Strickjacke gekleidet verließ sie als erste ihren Schlafsaal um in die große Halle zu gehen. Als sie die Treppe zum Gemeinschaftsraum hinabstieg ließ sie den Blick über die Schüler wandern. Nur wenige waren anwesend. Die meisten von ihnen schliefen vermutlich noch. Nachdem sie das Portrait der Fetten Dame durchquerte, nahm sie den Weg zu den Gemeinschaftsbädern um sich frisch zu machen und die Zähne zu putzen. Zwanzig Minuten später saß sie auch schon am Frühstückstisch in der großen Halle. Dort gehörte sie mit zu den ersten, die am Wochenende so früh aufstanden. Ginny nahm sich Cornflakes mit Milch und trank dazu einen Kakao, aber irgendwie schien das flaue Gefühl in ihrer Magengegend nicht zu verschwinden. Ob es gar nicht vom Hunger kam, sondern von etwas anderem herführte? Sie beschlich eine schlimme Vorahnung, doch sie konnte sich den Grund dafür nicht erklären. Während ihrer kleinen Mahlzeit dachte sie daran, dass heute Rons Geburtstag war. Es war der Tag seiner Volljährigkeit und darauf hatte er lange hingefiebert, denn die Volljährigkeit bedeutete, endlich auch außerhalb Hogwarts zaubern zu können, die Apparierprüfung ablegen zu dürfen und noch so viel mehr, was minderjährigen Hexen und Zauberern untersagt war. Ihr Geschenk würde Ron am Fußende seines Bettes vorfinden, zusammen mit all den anderen Geschenken von seiner Familie. Die Hauselfen legten diese gewöhnlich über Nacht immer für das Geburtstagkind bereit. Ginny wollte ihrem Bruder nicht mehr aus dem Weg gehen, schon gar nicht heute an seinem Geburtstag. Doch bei ihm würde sich auch Harry aufhalten und früher oder später müsste sie sich eine Ausrede einfallen lassen, für das Desaster das sie angerichtet hatte. Eine erklärbare Ausrede musste her, eine die man ihr auf jeden Fall abkaufen würde. Ein unmöglicher Fall. Seufzend nahm sie sich einen grünen Apfel vom Tisch und erhob sich. Langsam schritt sie zu ihrem Gemeinschaftsraum zurück, während sie ihren kleinen Nachtisch aß. Sie überlegte, was sie in ihrem Schlafsaal machen würde und sogleich erschien vor ihrem inneren Auge das schwarze Tagebuch. Ginny schüttelte leicht den Kopf. Sie wollte Tom nicht schreiben. Sie konnte ihm nicht das mitteilen was er hören wollte, also ließ sie es lieber gleich. Und gerade, als sie den Entschluss fasste, diesen Tag in der Bibliothek zu verbringen und zu lernen, kam auch schon ein Lockenkopf auf sie zugerannt, völlig außer Atem, mit einem Gesicht, welches Ginny augenblicklich dazu brachte den Gedanken an Schulbücher und ZAG’s zu vergessen. Hermine rief ihren Namen und kam auf dem Gang atemlos vor ihr zum Stehen. Das Gesicht war blass, beinahe weiß wie Schnee, die Augen aufgerissen. Tränen glitzerten in ihnen. Ihr Körper zitterte und Ginny wusste, dass etwas Schlimmes passiert sein musste, denn in Hermine erkannte sie die pure Angst. „Was ist passiert?“, fragte Ginny vorsichtig und versuchte den Kloß in ihrem Hals hinunter zu schlucken. Hermine packte die Jüngere an den Schultern. „Ron!“, schniefte sie und Ginny verkrampfte. „Er... er liegt im Krankenflügel! Ron wurde vergiftet!“ Die Zeit schien still zu stehen. Der Apfel in Ginnys Händen fiel zu Boden und den dumpfen Aufprall nahm niemand zur Kenntnis. Der Moment um diese Information zu verarbeiten fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Ihre Kehle schnürte sich zusammen. Vergiftet. Wie in Trance ließ sie sich von Hermine mit zum Krankenflügel ziehen, dabei die Gedanken verdrängend, die zu unwirklich schienen, als dass sie wahr sein könnten ... Doch das unangenehme Gefühl verging nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)