Riddle's Assassins von stone0902 (Im Auftrag des Dunklen Lords) ================================================================================ Kapitel 19: Failure ------------------- „Wie geht es dir?“ „Eigentlich schon wieder ganz gut. Ich würde liebend gern hier raus, aber Madam Pomfrey lässt mich nicht.“ Ron saß in einem Bett im Krankenflügel. Zwei Tage waren seit dem Unfall vergangen und die Heilerin bestand darauf ihn noch zur Beobachtung im Krankenflügel zu behalten. „Dabei würde ich so gerne am Spiel gegen Hufflepuff teilnehmen“, sagte Ron mit bedrückter Miene zu seiner Schwester. „Ich habe schon versucht mich davon zu stehlen, aber ihre Augen sind überall.“ Wie aufs Stichwort rauschte Madam Pomfrey an ihnen vorbei, die einem Jungen, der einige Betten weiter lag, einen Becher gab. „Nun trinken Sie schon ihre Medizin, Mister Jeffery, ihre Pusteln verschwinden nicht von alleine.“ „Armer Kerl, dieser Jeffery.“ Ron und Ginny beobachteten die beiden. „Hat einen Fluch im Verteidigung gegen die dunklen Künste Unterricht abbekommen.“ Sie sahen zu, wie der Junge mit den blonden Haaren mit misstrauischem Gesicht das Heilmittel trank und daraufhin das Gesicht verzog. „Ihhh, das schmeckt widerlich.“ „Stellen Sie sich nicht so an“, schimpfte Madam Pomfrey. Ron wandte sich wieder seiner Schwester zu. „Vermutlich kann er heute Abend schon wieder gehen. Siehst du, die Pusteln werden schon kleiner. Alle die hier rein kommen bleiben ein paar Stunden und dann gehen sie wieder. Jeder verlässt den Krankenflügel schon vor mir. Ich sitze hier fest.“ Ron starrte zum Teil deprimiert, aber auch wütend auf seine Hände, die er zu Fäusten ballte. „Es ist nur zu deinem Besten. Du sprichst, als würdest du im Gefängnis sitzen.“ „So fühle ich mich auch.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Bald ist schließlich das Spiel gegen Hufflepuff. Madam Pomfrey scheint überhaupt nicht zu verstehen wie wichtig dieses Spiel ist. Jetzt spielt McLaggen für mich!“ Ron schnaubte. Beschämt senkte Ginny den Kopf. Nach dem Frühstück hatte sie eine Freistunde und diese Zeit nutzte sie um ihren Bruder zu besuchen. Sie wollte einen Moment abpassen, in dem sie mit ihm allein sein konnte, denn sonst hatte er meist Besuch von seinen Freunden. Jetzt saß sie auf einem kleinen weißen Hocker neben seinem Bett, hatte die Arme auf die weiche Matratze gelegt und nahm seine Hand, die sie leicht drückte. Die Gewissensbisse waren nicht verschwunden. Zuerst hatte sie sich Vorwürfe gemacht, sich die Schuld gegeben, die sie gewiss an seinem Unfall trug und verzweifelte beinahe daran, dass ihre dummen Taten das Leben ihres Bruders hätten kosten können. Nach der Begegnung mit Draco, der sie getröstet hatte, milderten seine Worte ihre Wut gegen sich selbst und ihre Angst. Sie versuchte nun alles zu verdrängen, sie wollte Ron gegenübertreten ohne im Hinterkopf die Wahrheit zu kennen. Seit diesem Ereignis hatte sie nicht einmal mehr ins Tagebuch geschrieben. Momentan wollte sie Tom einfach nicht schildern was vor sich ging. Vermutlich aus Angst vor seiner Antwort. Wie würde er wohl auf die gescheiterte Mission reagieren? Ganz zu schweigen von dem ungewollten Angriff auf den jüngsten Sohn der Weasleys. Hätte er Verständnis für ihren Kummer gehabt? Würde er sie trösten, so wie Draco es getan hatte? Ginny schien die Antwort zu erahnen und das Tagebuch blieb am Boden ihres Koffers vorerst ungeöffnet. Ihren Bruder gesund und munter vor sich zu sehen war im Augenblick das Einzige was sie wollte. „Es tut mir so leid“, hauchte sie leise und die Tränen stiegen ihr in die Augen. Ron hob seine Augenbrauen. „Du brauchst doch nicht weinen. Du kannst ja nichts dafür.“ Er lächelte aufmunternd. „Ich werde ja wieder gesund.“ Das brachte das Fass zum Überlaufen. Ginny sank auf dem Bett zusammen und vergrub ihr Gesicht in der Bettdecke. Welch ein Glück das es ihm gut ging. Ginny hätte es sich nie verziehen, wenn Ron größeren Schaden genommen hätte. Ron tätschelte ihren Rücken als sie anfing zu weinen. Seine Nettigkeiten hatte sie gar nicht verdient! Wenn er nur wüsste! Dann würde er sie nicht mehr anfassen und sie nicht mehr in seiner Nähe haben wollen. „Na ja, etwas Gutes hat es ja, dass ich hier fest sitze. Ich kann mich vor Lavender verstecken.“ Ginny sah ihn zwischen den tränenverschmierten Wimpern und einigen Haarsträhnen, die ihr ins Gesicht fielen, an. Vergeblich versuchte Ron die Stimmung ein wenig aufzuheitern. „Ich freue mich über deinen Besuch“, sagte er nach einer Weile. „In letzter Zeit sehe ich dich nicht mehr so oft. Eigentlich nur noch beim Quidditch-Training. In den Weihnachtsferien hast du dich auch nur die ganze Zeit in deinem Zimmer versteckt.“ Schuldbewusst senkte Ginny wieder den Blick. Es stimmte, dass sie sich zurückgezogen hatte. Aber wieso sollte sie sich einen Vorwurf machen? Ron hatte sich auch damals zurückgezogen, als er Harry kennen gelernt hatte und nachdem alle ihre Brüder nach Hogwarts gingen oder nicht mehr zu Hause wohnten, war Ginny auch allein gewesen. Ein Teil in ihr wollte widersprechen und es schien ihr lachhaft sich diesbezüglich zu rechtfertigen, doch ein anderer, stärkerer Teil von ihr kannte den Grund für ihre Verschlossenheit. Für diesen Grund konnte man sich nur schämen. „Du hast dich verändert.“ „Ich weiß.“ Eine Weile sah Ron sie abschätzend an. Vermutlich zog er einige Schlüsse, was der Auslöser für diese Veränderung sein könnte. Nie im Leben würde er auf die richtige Antwort kommen. „Mir gefällt das nicht.“ „Mir auch nicht“, antwortete sie und das meinte sie ehrlich. Sie setzte sich wieder aufrecht hin, wischte sich die Tränen weg und bewahrte wieder Fassung. Dieses Gespräch nahm eine Wendung die ihr unangenehm war, doch dem musste sie sich stellen. „Tu mir einen Gefallen, vertrag dich wieder mit Harry. Ihr wart früher doch mal so gut befreundet.“ Ginny erstarrte. Sie traute sich nicht Ron anzusehen und blickte stur aus einem der hohen Fenster des Krankenflügels. Anscheinend hatte ihr Bruder ein Gespür für heikle Themen. „Du hast ihn mal sehr gemocht, weißt du noch?“ Sein Blick war warm, doch Ginny fuhr es eiskalt den Rücken hinunter. Sie biss die Zähne zusammen und bemühte sich um einen gelassenen Gesichtsausdruck. Wenn Ron nur wüsste, dass er gerade dabei war eine bereits verheilte Wunde aufzureißen. Es war nie leicht, über seine erste große Liebe hinwegzukommen, doch Ginny hatte es geschafft. Sie war nicht mehr das kleine Mädchen, das sich in den Helden Harry Potter verliebt hatte. Er hatte ihre Gefühle mit Füßen getreten und ihr das Herz gebrochen. In ihrem Herzen empfand sie keine Liebe mehr, auch keine Freundschaft oder Zuneigung. Sein Name brachte einen bitteren Beigeschmack mit sich. Sie wollte ihn büßen lassen, für das, was er ihr angetan hatte. Sie wollte, dass er so litt, wie sie es getan hatte. „Gibt es nicht einen Weg, wie ihr euch wieder vertragen könnt?“, fragte er, doch der Hoffnungsschimmer in seinen Augen verschwand als Ginny den Kopf schüttelte. „Ich glaube nicht, dass das so einfach geht.“ Schließlich hatte sie bereits versucht ihn umzubringen. „Misch dich bitte nicht ein, Ron. Das ist eine Sache zwischen ihm und mir.“ „Ach ja? Und was war das dann für eine Aktion in unserem Schlafzimmer? Das ging ein bisschen zu weit! Ihr hättet euch beinahe duelliert wenn ich nicht eingegriffen hätte! Du kannst dir gar nicht vorstellen was ich in diesem Moment für eine Panik hatte!“ Aufgebracht schüttelte er den Kopf. „Meine kleine Schwester und mein bester Freund“, murmelte er dann leise zu sich selbst, als könnte er es immer noch nicht glauben. „Was hast du nur in unserem Schlafraum gemacht?“ Da war sie wieder, die Frage auf die sie unmöglich eine Antwort geben konnte. Sie hatte Felix Felicis gesucht und war bei diesem Vorhaben erwischt worden. Das konnte sie unmöglich zugeben, also schwieg sie. „Du brauchst nicht antworten wenn du nicht willst“, seufzte er, aber Ginny hörte die Enttäuschung in seiner Stimme. „Es geht mich ja nix an“, nuschelte er leise und verbittert, sodass Ginny sich jetzt noch schuldiger fühlte. „Ich muss jetzt wieder gehen.“ Mit diesen Worten erhob sie sich und schulterte ihre Schultasche. Sie wusste nicht mehr was sie sagen sollte und bevor es noch zu einem Streit kam wollte sie lieber verschwinden. Noch dazu kam das die nächste Schulstunde bald beginnen würde. „Ich hoffe, dass du bald entlassen wirst.“ „Das hoffe ich auch“, sagte er und verschränkte bei der Vorstellung noch länger in diesem Gefängnis festzusitzen die Arme vor der Brust. Ginny wollte gerade gehen, als Ron sie noch einmal ansprach. „Ginny?“ Ron bedeutete ihr mit einer Geste näher zu kommen und sah sich nach Madam Pomfrey um. Nachdem Ginny sich ihm einige Schritte genähert und zu ihm hinabgebeugt hatte, flüsterte er ihr etwas zu und es schien als wäre die kurze Auseinandersetzung nie gewesen. „Sei vorsichtig. Irgendjemand hier im Schloss führt nichts Gutes im Schilde. Zuerst Katie. Jetzt hat es mich erwischt. Ich will nur, dass du auf dich Acht gibst.“ Sein Blick war voller Sorge. „Ich habe Angst, dass dir etwas passiert.“ Die Worte brachten sie beinahe aus der Fassung. Entsetzen erfasste sie und betäubte ihren Körper. Mit vor Schreck geweiteten Augen konnte sie ihn nur wortlos anstarren. Er machte sich Sorgen. Um sie. „Hier geht jemand über Leichen.“ Bei dem letzten Wort schauderte sie. Ron nahm ihre Hand und sah sie ermutigend an. Ihre Bestürzung schien er fälschlicherweise als Angst vor dem Attentäter zu interpretieren. „Keine Angst. Irgendwann werden wir ihn kriegen.“ Stumm nickte sie. Niemand wusste, dass sie diejenige war, die bereit war zu morden, dass sie diejenige war, vor der sich die Schüler und Lehrer fürchteten. ~ Im Schlafraum der Mädchen des fünften Jahrgangs von Gryffindor waren von einem der Himmelbetten die Vorhänge zugezogen. Ginny lag auf der Matratze, abgeschottet, obwohl das nur übertriebene Vorsicht war, denn niemand sonst war von den restlichen Mädchen, die diesen Raum bewohnten, anwesend. Vor ihr lag das Tagebuch aufgeschlagen. Mit zweifelndem Blick sah sie auf die leeren Seiten hinab. Sie konnte sich ihm nicht länger widersetzen. Es war an der Zeit Tom Riddle zu schreiben. Seufzend zückte sie ihren Federkiel und tunkte ihn in das Tintenfässchen, das wackelig auf der Bettdecke stand. Bei einer zu starken Bewegung würde es umkippen und die schwarze Tinte über der Decke vergießen. Sorgfältig schrieb sie die Worte Hallo Tom. Sie musste nicht lange warten, nur zwei Atemzüge benötigte es um eine Antwort zu erhalten. Langsam erschienen weitere Wörter, die nicht von ihr stammten sondern von dem wahren Besitzer dieses Tagebuches. Hallo Ginevra. Nur wenige Sekunden stand die Botschaft dort, bis sie wieder verschwand, doch nur um eine weitere Nachricht erscheinen zu lassen. Ich habe lange nichts mehr von dir gehört. Ich hatte schon die Befürchtung, dass etwas geschehen sei. Es klang wahrlich besorgt und interessiert, doch Ginny wusste es besser. Das ist es auch. Ginny schilderte ihm, was sich ereignet hatte. Angefangen davon wie sie von dem Unglück erfahren hatte und was ihrem Bruder zugestoßen war, dass es etwas mit ihrer Mission zu tun hatte, von dem vergifteten Met, der für Dumbledore gedacht gewesen war. Von ihren Gefühlen schrieb sie nichts. Die Trauer und die Aufruhr, der Kummer und die Zweifel wurden mit keinem Wort erwähnt. Die schwere Last der Schuldgefühle würde sie ein Leben lang mit sich tragen. Opfer gibt es immer. Angesichts dieser Gefühllosigkeit musste Ginny hart schlucken. Merlin sei Dank hatte es keine Opfer gegeben, dennoch war es hart zu lesen, wie leicht er ein Opfer in Kauf nahm. Wie viele Unschuldige hatten schon durch seine Hand ihr Leben verlieren müssen? Reiß dich zusammen. Du sagst es ginge ihm gut. Also hör auf zu weinen. Ihre Hand fuhr zu ihrer Wange und fühlte etwas Nasses. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie weinte. Die Tränen liefen ihr Gesicht hinab, fielen auf die Seiten des Tagebuches und verschmierten die schwarze Tinte. Du brauchst nicht zu weinen. Tränen sind ein Zeichen von Schwäche. Und du bist nicht schwach, Liebste. Du bist stark! Das hast du mir schon sehr oft bewiesen. Ginny ließ den Kopf sinken. Im Moment fühlte sie sich aber schwach und armselig. Sie brauchte jemanden der sie stützte und aufrecht hielt. Alleine, war sie sich sicher, würde sie es nicht schaffen. Die Zweifel, die ich bereits in dir gesehen habe werden größer. Ginny überkam die Angst. Wie konnte er so etwas nur wissen? Vor ihr lag doch nur ein Buch! Welch kräftiger Zauber steckte dahinter, dass er in ihr so einfach lesen konnte und ihre Gefühle und Gedanken beinahe besser kannte, als sie selbst? Es war gruselig. Ihr wurde schlecht. In ihrem ersten Schuljahr hatte dieses Buch sie um ein Haar getötet. In der Zaubererwelt war nichts unmöglich. Es gab viele verrückte Dinge wie zum Beispiel ein Buch, das ein Eigenleben führte. Doch damals war der Fluch, der darauf gelegen hatte, zerstört worden und die Gefahr somit gebannt. Nun schien es immer noch Macht zu haben. Es stand außer Frage, dass Tom Riddle einer der mächtigsten Zauberer war. Du weißt, dass ich es nicht leiden kann, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es wünsche. Ja, schrieb sie. Das weiß ich nur zu gut. Sollte deine Verunsicherung einmal die Oberhand gewinnen werde ich da sein und dich aufrecht halten. Ein Rückzug wäre überaus bedauerlich. Mit diesen Worten war alles gesagt. Eine stumme Drohung war ausgesprochen die selbst in geschriebener Form beängstigend war. Ginny wusste, dass es eine Entscheidung zu treffen galt und sich gegen Tom zu entscheiden, war die verhängnisvollere. ~ Hufflepuff führte siebzig zu vierzig gegen Gryffindor. Das Quidditchspiel war genau die richtige Möglichkeit für Ginny Weasley sich ein wenig Ablenkung zu verschaffen. Sie widmete sich dem Spiel mit einer gewissen Art an Aggressivität. So kam es das ein oder andere mal zu einer Kollision mit einem gegnerischen Spieler. Auch wenn sie den Kopf nicht frei hatte um sich wirklich auf Quidditch zu konzentrieren, war sie es Ron schuldig ihr Bestes zu geben und Punkte zu machen, um ein gutes Spiel zu erzielen und den Sieg für ihre Mannschaft zu beanspruchen. Leider verlief das Spiel bisher nicht sehr gut. Während sie an den Tribünen vorbeiflog erwischte sie sich wie sie nach einem blonden Haarschopf Ausschau hielt, doch jedes blonde Haar, das sie erblickte, war nicht hell genug um an das Blond der Malfoys heranzukommen. Sie suchte ihn unter den Slytherins und blieb erfolglos. Er war nicht da. „Ich darf meine Zeit nicht mehr mit unnötigen Beschäftigungen wie Quidditch verschwenden...“ hatte er einst zu ihr gesagt. Sie vergeudete keinen weiteren Gedanken daran und widmete sich wieder der Gegenwart. Plötzlich fuhr ein Raunen durch die Zuschauer und entsetzte Schreie drangen an ihr Ohr. Irgendetwas musste geschehen sein! Als Ginny den Besen herum riss sah sie, was die Menge in Schrecken versetzt hatte. Harry Potter stürzte mit einer enormen Geschwindigkeit vom Himmel und schlug schließlich ungebremst auf dem Boden auf! Ihr erster Gedanke drehte sich um die Frage ob er tot sei. Sie fühlte nichts als sie den reglosen Körper am Boden sah und Personen darauf zu liefen. Natürlich war er nicht tot, sagte ihr Verstand. Beim Quidditch passierten oft solche Unfälle, das gehörte mit dazu und es gibt eigentlich nichts, was Madam Pomfrey nicht heilen konnte. Doch trotzdem musste sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen. Friedlich sah er aus. Er schlief und nur der Turbanverband um seinen Kopf zeugte von seinem Absturz. Es war nicht das erste mal, dass Harry vom Besen gefallen war, darin schien er schon geübt zu sein. Den fallenden Harry Potter zu sehen hatte bei Ginny einen Hoffnungsschimmer geweckt, als handle es sich dabei um das Schicksal, das eingreifen wollte. Und jetzt stand sie an seinem Bett, welches direkt neben dem von ihrem Bruder lag, mitten in der Nacht im Krankenflügel, der einzig von den sanften Mondstrahlen erleuchtet wurde. In ihrer Hand hielt sie den Zauberstab, der nur wenige Zentimeter von seiner Kehle entfernt war. Sofort hatte sie die vorteilhafte Gelegenheit wahrgenommen. Ungeschützt lag er im Krankenbett. Sie würden vermuten dass er letztendlich seinen Verletzungen erlegen war, dass sie gravierender waren, als angenommen Niemals wieder würde es eine einfachere Situation geben. Er war ihr ausgeliefert. „Du bist so nah dran.“ Wieso zögerte sie noch? War es nicht das was sie wollte? „Tu es.“ „Das ist die Gelegenheit.“ Sie hörte ein Flüstern. Toms Stimme war ganz nah an ihrem Ohr. Dem Drang sich umzudrehen und nachzusehen ob er da war konnte sie nur mit Mühe widerstehen. Sie konnte seine Lippen beinahe spüren und der warme Atem schien ihre Haut zu berühren. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Er ermutigte sie, trieb sie an. Er hielt sie aufrecht. So weit war es also schon. Niemals hatte sie geglaubt das er je wieder so sehr die Kontrolle über sie haben würde. „Tu es!“ Das Flüstern wurde lauter und drängte sie zum Handeln. Rons Atmung wurde lauter und allmählich entwickelte es sich zu einem Schnarchen. Ginny sah sich zu ihm um und betrachtete das schlafende Gesicht. „Tu mir einen Gefallen, vertrag dich wieder mit Harry.“ Ihr Gewissen sprach mit der Stimme ihres Bruders auf sie ein. Wie konnte sie den Retter ihres Bruders töten? Das war nicht fair. Bilder der Erinnerung tauchten aus ihrem Gedächtnis auf. Sie dachte an die Zeit von Dumbledores Armee, als sie Seite an Seite gekämpft hatten. Früher war Harry Potter ihr Held gewesen. Sie hatte alle Berichte im Tagespropheten aufgehoben und sich die bewegten Bilder angesehen, auf denen er schüchtern gelächelt hatte. Er hatte sie damals aus der Kammer gerettet und wäre dabei beinahe selbst umgekommen. Es stimmte, sie waren einmal Freunde gewesen. Dann verstummte die Stimme. Ginny ließ den Stab sinken. Ein besonders Lauter Schnarcher riss Harry aus seinem Schlaf. Er schreckte hoch, hatte blitzschnell seinen Zauberstab in der Hand und richtete ihn ziellos in die Dunkelheit. Seine Augen waren weit aufgerissen und blickten in den leeren Krankenflügel. Er atmete heftig und sein Herz schlug von innen kräftig gegen seine Brust. Niemand war zu sehen, das konnte er erkennen, auch wenn seine Sicht ohne Brille verschwommen war. Einzig und allein das Schnarchen von Ron war zu hören. Beruhigt ließ Harry den Stab wieder sinken. Ron musste ihn aufgeweckt haben. Er schüttelte den Kopf über sich selbst und legte sich wieder hin. Er wurde ja schon paranoid. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)