Riddle's Assassins von stone0902 (Im Auftrag des Dunklen Lords) ================================================================================ Kapitel 22: Wounds ------------------ Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors herrschte reges Treiben. Das letzte Quidditchspiel stand kurz bevor. Die Partie Gryffindor gegen Ravenclaw würde entscheiden, welches Haus in diesem Schuljahr den Quidditchpokal gewann. Nach der letzten Pleite mit Cormac McLaggen, der während des Spiels den Sucher der Mannschaft vom Besen gehauen hatte, waren die Gryffindors heilfroh, dass Katie Bell wieder aus dem St. Mungo’s zurückgekehrt war und wieder die Rolle der Jägerin einnehmen konnte. Die Chancen schienen für die Mannschaft gut zu stehen. Überall im Schloss wurde über das letzte Spiel der Saison gesprochen. Die Gryffindors waren sehr zuversichtlich. „Um zu gewinnen müssen wir nur den Schnatz fangen und dreihundert Punkte Vorsprung haben“, sagte Ron, der Ginny schon seit einer halben Stunde mit dem Thema Quidditch in den Ohren lag. „Also ein Kinderspiel“, zwinkerte Ginny. Die beiden Weasleys saßen mit Hermine an einem runden Tisch an einem der Fenster, durch welches man auf den Ländereien des Schlosses das schöne Maiwetter bewundern konnte. Ginny hatte ihre Schulbücher ausgebreitet und verbrachte nach dem Schulunterricht den restlichen Abend mit Lernen, bis sich Ron dazu gesellt und sie ins Gespräch verwickelt hatte. „Du bist beim letzten Training sehr gut geflogen, Ginny“, erwähnte Ron nun schon zum dritten Mal. „Wenn du dich beim Spiel genauso ins Zeug legst, haben wir eine gute Chance. Du musst uns sehr viele Punkte holen. Wir brauchen mindestens-“ „Dreihundert Punkte“, beendete Ginny den Satz und schüttelte amüsiert den Kopf über das Verhalten ihres älteren Bruders. Ron war so nervös wegen des entscheidenden Spiels, dass er an nichts anderes mehr denken konnte, als an Quidditch. Hermine, die Ginny beim Lernen geholfen hatte, warf einen tadelnden Blick zu Ron. Mehrmals hatte sie ihn schon ermahnt, er würde stören. „Ron“, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Augenbrauen waren streng zusammengezogen und sie hatte große Ähnlichkeiten mit Professor McGonagall. „Deine Schwester versucht zu lernen. Die ZAG-Prüfungen sind bereits nächste Woche!“ „Und das Quidditchspiel ist am Samstag, Hermine! Das ist nun einmal wichtiger!“ Empört schnappte Hermine nach Luft. Beide hatten in dieser Angelegenheit unterschiedliche Standpunkte. „Das ist nicht dein Ernst! Die ZAG-Prüfungen sind eine wichtige und ernstzunehmende Prüfung! Durch sie erfährt man wo man schulisch steht und in welchen Fächern Defizite bestehen. Die guten Noten werden gebraucht, um in der sechsten Klasse weiterhin die Kurse belegen zu können, denn in einigen Fächern werden nur die Schüler mit den Bestnoten genommen. Außerdem ist die Zwischenprüfung eine gute Vorbereitung auf die Abschlussprüfung in der siebten Klasse. Wenn ich daran denke, dass unsere UTZ-Prüfungen schon im nächsten Jahr stattfinden.“ „Ach, du. Das ist doch noch ewig hin.“ Gelassen zuckte Ron mit den Schultern. „Wie bitte?“, fragte Hermine schrill. Sie sah aus, als hätte sie soeben erfahren, dass es ab dem heutigen Tag nicht mehr erlaubt war Hauselfen Kleider zu schenken, um ihnen die Freiheit zu ermöglichen. „Die Zeit rinnt davon! Es ist nie früh genug um zu lernen! Wenn ich mir vorstelle, ich habe nur noch ein Jahr um den ganzen Stoff zu lernen...“ Ron verdrehte die Augen und Ginny hätte es ihm gleichgetan, aber Hermine war so nett gewesen ihr bei Zauberkunst zu helfen. Nachdem Hermine in den Sommerferien ihre ZAG-Ergebnisse erhalten hatte und feststellen musste, dass sie nur in neun von zehn Fächern die Bestnote erreicht hatte, bemühte sie sich noch mehr gute Zensuren zu erzielen. In diesem Moment kam Harry die Treppe von den Schlafsälen heruntergeschlendert. Er rettete diese hitzige Diskussion, bevor sie in einen heftigen Streit ausbrechen konnte, indem er verkündete, dass es Zeit fürs Abendessen wäre. Ginny warf überrascht einen Blick auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass es tatsächlich schon so spät war. Die Zeit verging wie im Flug und weil Ron sie so sehr abgelenkt hatte, war sie mit ihren Übungen noch nicht sehr weit gekommen. „Ich würde vorschlagen“, sagte Hermine, „wir verschieben das Lernen auf Morgen und dann gehen wir in die Bibliothek, weil wir dort ungestört sind.“ Sie warf Ron einen giftigen Blick zu, den er geflissentlich ignorierte. Es war unwahrscheinlich, dass Ron sich ebenfalls in der Bibliothek aufhalten würde. Dorthin begab er sich nur, wenn es wirklich notwendig war. „Gehen wir?“, fragte Harry in die Runde. Sein Blick glitt von Ron zu Hermine und blieb letztendlich auf Ginny liegen. Für sie war es immer noch merkwürdig wieder normal mit Harry umzugehen und es würde wohl auch noch eine Weile dauern, bis sie sich daran gewöhnt hatte. Trotzdem war sie ihm dankbar dafür, dass er es ihr so leicht machte und einer Versöhnung keine Steine in den Weg stellte. Und das nach allem, was sie getan hatte. „Geht ruhig schon mal vor. Ich komme nach, wenn ich dieses Kapitel fertig gelesen habe.“ Die drei verabschiedeten sich und kletterten nacheinander aus dem Portraitloch. Einen Moment überlegte Ginny, ob sie das Abendessen vielleicht ausfallen lassen sollte, um noch ein wenig weiter zu lernen, da es sie so gut ablenkte, aber dann knurrte ihr Magen und dieses Zeichen konnte sie nicht ignorieren. Sie las noch einige Zeilen über den Geminiozauber, den sie vor Kurzem bei Professor Flitwick im Unterricht behandelt hatten. Ihr blieben nur noch wenige Tage um diesen Zauber zu beherrschen. Professor Flitwick hatte die Bemerkung fallen gelassen, dass dieser Zauber gerne in den Prüfungen abgefragt wurde. Nach zwölf weiteren Seiten aus Große Errungenschaften der Zauberkunst klappte Ginny das Lehrbuch zu und räumte ihre Schulsachen zusammen, um sie in den Schlafsaal zurückzubringen. Anschließend verließ auch sie den Gemeinschaftsraum, um in der Großen Halle zu Abend zu essen. Währenddessen wiederholte sie in Gedanken das Gelesene um es in Erinnerung zu behalten. In der Großen Halle suchte Ginny sich einen freien Platz am Gryffindortisch und fand am Tischende Ron, der für sie einen Platz freigehalten hatte. Doch irgendetwas schien nicht zu stimmen. Sofort hatte Ginny Rons nervösen Blick bemerkt. Er und Hermine flüsterten verhalten miteinander und wirkten besorgt. Nun bemerkte Ginny, dass Harry nicht bei ihnen saß, obwohl er zusammen mit Ron und Hermine zur Großen Halle aufgebrochen war. „Stimmt etwas nicht?“, fragte sie nach, doch Ron zuckte nur ratlos mit den Schultern. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Aber irgendetwas stimmt nicht mit Harry.“ Er machte eine kurze Pause und fuhr dann mit gedämpfter Stimme fort. „Auf dem Weg hierher haben wir uns kurz getrennt. Hermine wollte zu Professor Vektor gehen und ich bin noch mal kurz aufs Klo gegangen. Wir wollten uns eigentlich hier wieder treffen, aber auf dem Rückweg von den Jungenklos lief mir dann auf einmal Harry über den Weg – total durchnässt und voller Blut! Ich habe keine Ahnung wo er war oder was passiert ist. Er wollte nur unbedingt mein Zaubertränkebuch haben. Das macht doch überhaupt keinen Sinn!“ Auch Ginny war nun beunruhigt. Das klang gar nicht gut. Irgendetwas musste passiert sein. Für einen kurzen Moment musste sie an Tom denken und an ihren alten Auftrag, denn da war sie es gewesen, die versucht hatte Harry in Schwierigkeiten zu bringen. Diese Gedanken schob sie schnell beiseite, denn die Erinnerung an Tom schmerzte noch zu sehr. Die Wunden waren noch zu frisch und noch nicht verheilt. Vielleicht handelte es sich hierbei nur um einen Schülerstreich, denn vor den Quidditchspielen gab es häufig welche von dieser Sorte und da kam es öfter mal vor, dass ein Spieler verletzt im Krankenflügel landete. Was für eine Rolle spielte aber das Schulbuch bei der ganzen Sache? „Vielleicht sollten wir im Krankenflügel nachsehen“, sagte Hermine nach einer Minute des Schweigens. „Wenn er sich verletzt hat ist er bestimmt dorthin gegangen.“ Ron schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass er derjenige war, der verletzt wurde. Er schien zwar ziemlich aus der Fassung zu sein, aber es machte auf mich nicht den Anschein, als wäre es sein Blut gewesen.“ Neben ihr verfielen Ron und Hermine wieder in ein leises Gespräch, wie auch schon zu dem Zeitpunkt bevor Ginny sich am Tisch dazugesetzt hatte. Sie tuschelten jetzt aber so leise, dass Ginny nichts mehr mitbekam und sie vertiefte sich in ihre eigenen Gedanken und Spekulationen. Vielleicht gab es ja aber auch eine ganz einfache Erklärung für alles. Nach dem Abendessen begaben sich die drei Schüler auf den Weg in den Gemeinschaftsraum. Als sie dort ankamen trafen sie auch gleich auf Harry, der ziemlich zerknirscht auf einem Sofa saß. Er trug andere Kleidung und Ginny bemerkte, dass seine Haarspitzen nass waren. Dies alles passte zu der Beschreibung ihres Bruders, Harry wäre total durchnässt und voller Blut gewesen. Das musste der Grund dafür gewesen sein, dass er sich umgezogen hatte. „Harry! Was bei Merlins Bart ist passiert?“ Auf Rons Frage bekam er erst einmal nur einen langen niedergeschlagenen Seufzer als Antwort. Während Ron sich neben Harry auf das Sofa setzte, nahmen die beiden Mädchen auf den Sesseln gegenüber Platz und Harry begann zu erzählen, was auf dem Weg zur Großen Halle geschehen war. „Ich habe mich mit Malfoy duelliert“, platzte es aus ihm heraus. „Was?“, ertönte es einstimmig. Ginny wurde plötzlich ganz anders zumute. Vorhin hatte Ron schließlich von Blut geredet. Wenn sie jetzt genauer darüber nachdachte fiel ihr auf, dass sie Draco nicht beim Abendessen gesehen hatte. „Unterwegs bin ich ihm zufällig über den Weg gelaufen.“ „Du hast ihm doch wohl nicht schon wieder hinterherspioniert!“, entrüstete sich Hermine, aber Ron wies sie sofort zurecht. „Nun lass ihn doch einfach erzählen.“ „Ich traf ihn im sechsten Stock.“ „Ist das nicht das Klo der Maulenden Myrthe?“, fragte Hermine verwundert. Harry nickte. „Ja. Auf der Karte des Rumtreibers habe ich die beiden zusammen gesehen und das kam mir ziemlich seltsam vor, also habe ich einen kleinen Abstecher gemacht. Als Malfoy mich allerdings bemerkte, hat er mich sofort angegriffen. Wir haben uns duelliert und dann wollte er den Cruciatus anwenden.“ Entsetzt schnappte Hermine nach Luft und Ron ließ ein nicht gerade harmloses Schimpfwort fallen. Ginny wollte nur hören, wie die Geschichte weiterging. „Es ging alles so schnell. Ich habe den ersten Zauber benutzt, der mir in den Sinn kam und das war der Sectumsempra. Ich habe ihn aus dem Buch des Prinzen. Dort stand nur, er sei gegen Feinde. Ich wusste nicht, was passieren würde, ehrlich nicht.“ Da Harry nicht fortfuhr stieg die Spannung ins Unermessliche. Es war eindeutig, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. „Was hat der Zauber bewirkt?“, fragte Ginny unsicher. Harry schien noch ein Stück tiefer in sich zusammenzusacken. „Er hat Malfoy ziemlich stark verletzt. Er wurde regelrecht aufgeschlitzt. Hat eine Menge Blut verloren. Es war furchtbar. Tja und dann kam Snape...“ In Einzelheiten schilderte Harry die Einzelheiten des weiteren Verlaufs, doch nachdem er berichtet hatte, was Draco widerfahren war, hatte Ginny Schwierigkeiten damit sich weiterhin auf seine Worte zu konzentrieren und nicht die Fassung zu verlieren. Nur am Rande nahm sie wahr, was Harry über Snape und das Zaubertränkebuch sagte. Draco war verletzt worden und es klang wirklich übel. Dieser Fluch hätte ihn töten können. Glücklicherweise war Snape rechtzeitig da gewesen und hatte Draco geheilt, der nun im Krankenflügel lag. Ginnys Gedanken überschlugen sich. Harry hatte Draco so etwas schlimmes angetan. Ihm konnte sie jedoch keinen Vorwurf machen, schließlich hatte Draco ihn zuerst mit einem Unverzeihlichen verfluchen wollen. Wie konnte Draco nur so dumm sein? Diese Unvorsichtigkeit sah dem Slytherin überhaupt nicht ähnlich. Ginny wollte sich unbedingt vergewissern, dass es ihm gut ging und sie würde nicht ruhen, bis sie sich mit eigenen Augen davon überzeugt hatte. ~ Es war die Nacht vor dem finalen Quidditchspiel. Nach dem Abendessen war Ginny ins Klo der Maulenden Myrthe gegangen, an den Ort, an dem Draco verletz wurde. Dort hatte sie in einer der Kabinen gewartet, bis es Nacht wurde und die Ausgangssperre in Kraft trat. Das Schloss hüllte sich nun in Dunkelheit und keine Seele lief mehr auf den Gängen herum. Langsam öffnete sie die Kabine und trat hinaus. Niemand war während ihres Aufenthaltes hier hinein gekommen. Myrthes Klo wurde immer noch gemieden, vor allem jetzt, da hier ein Schüler verletzt worden war. Ginny stand nun vor dem Spiegel und aus dem schmutzigen und verstaubten Glas sah ihr ihr eigenes Gesicht in dem spärlichen Licht entgegen. An diesem Abend wollte sie sich in den Krankenflügel schleichen um nach Draco zu sehen. Die Information über seine Verletzungen hatte sie sehr bestürzt. Sie wollte nach ihm sehen und mit ihm sprechen. So stand sie nun vor dem Spiegel, nahm ihren Zauberstab und klopfte ihn sich einmal auf den Kopf. Diese Geste wirkte ein wenig albern, doch wenige Sekunden später wurde bereits deutlich, dass es sich hierbei um einen Zauber handelte. Der Desillusionierungszauber zeigte seine Wirkung und allmählich verschwand die Person mitsamt ihrem Spiegelbild. Ginnys Aussehen passte sich der Umgebung an und dadurch wurde sie praktisch unsichtbar. Ein kaltes Gefühl erfüllte sie von Kopf bis Fuß, bis in die Zehenspitzen hinein. Prüfenderweise sah sie an sich hinab und hielt sich die Hände vor das Gesicht, doch sie konnte ihren Körper nicht sehen. Ginny konnte sich ein stolzes Grinsen nicht verkneifen, denn nicht jeder konnte solch einen schweren Zauber vollbringen. Wenn dieser in den ZAG-Prüfungen dran kam hatte sie gute Chancen. Vorsichtig öffnete sie die Tür und ging leise in Richtung Krankenflügel. Ginny hatte Glück, sie traf niemanden auf ihrem Weg. Selbst wenn sie auf jemanden gestoßen wäre, hätte derjenige sie nicht sehen können. Obwohl sie sich nicht sicher war, ob die Lehrer nicht auch ihre Tricks hatten, so einen Zauber zu durchschauen. Geräuschlos öffnete sie die Tür zum Krankenflügel und schlüpfte durch einen schmalen Spalt hinein um anschließend die Tür wieder zu schließen. Der Saal war dunkel und die wenigen Schüler, die hier die Nacht verbrachten, schienen alle zu schlafen. Von Madam Pomfrey war weit und breit keine Spur. Ginny kam extra in der Nacht hierher, um nicht das Risiko einzugehen, dass sie und Draco miteinander gesehen werden. Ein heimlicher Besuch wäre tagsüber schwieriger zu bewerkstelligen gewesen. Durch das spärliche Mondlicht versuchte Ginny Draco zu erkennen und ging leise durch den Raum. Die meisten Betten waren leer, nur zwei junge Schüler konnte sie ausmachen, die ihr allerdings unbekannt waren und so konnte sich Draco nur in dem Bett befinden, bei dem der Vorhang zugezogen war. Behutsam zog sie ein wenig von dem Stoff beiseite um Draco in dem Bett liegen sehen zu können. Er schien noch wach zu sein, er sah aus einem der langen Fenster, aus dem einem der Mond in Form einer Sichel entgegenschien. Diese kleine Bewegung des Vorhangs erlangte sofort Dracos Aufmerksamkeit. „Wer ist da?“ „Ich bin’s“, flüsterte Ginny zur Antwort. Anscheinend schien er ihre Stimme zu erkennen, denn er zog die Hand, die er nach seinem Zauberstab ausgestreckt hatte, der auf dem Nachttisch lag, wieder zurück. Sie schlüpfte durch den Vorhang hindurch und sah belustigt wie Dracos Augen die Luft nach ihr absuchten. „Ich kann dich nicht sehen.“ „Warte einen Moment.“ Erneut klopfte sie sich mit dem Zauberstab auf den Kopf. Dieses Mal spürte sie ein heißes Gefühl über ihren Körper laufen. Der Zauber wurde aufgehoben und Ginny wurde wieder sichtbar. „Ein Desillusionierungszauber? Ich bin beeindruckt.“ „Vielen Dank“, grinste Ginny und setzte sich auf die Bettkante. „Also...“, begann Draco nachdem sie beide kurz geschwiegen hatten. „Bist du zufällig hier? Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?“ „Ich wollte sehen wie es dir geht.“ Besorgt musterte sie ihn. Ihm schien es den Umständen entsprechend gut zu gehen, die Spuren des Kampfes waren jedoch noch überaus deutlich zu erkennen. Draco sah schrecklich aus. Lange, helle Striemen zogen sich über sein Gesicht, die sich im spärlichen Mondlicht blass auf der hellen Haut abzeichneten. „Mir geht es furchtbar!“, sagte Draco empört und er sah sie mit einem Blick an, der zu fragen schien: Sieht man das denn nicht? „Sieh mich doch an. Ich bin entstellt!“ Ginny verkniff sich ein Kichern bei seiner Reaktion. Sein Aussehen war wohl ein wunder Punkt. „Bleiben etwa Narben?“ „Nein. Morgen ist schon wieder alles verheilt. Madam Pomfrey hat mir einen Trank gegeben, der die Wunden über Nacht verschließen lässt. Sie sagte, es dürfte dann nichts mehr zu sehen sein. Merlin sei Dank“, fügte er leise murmelnd hinzu. Er fuhr sich mit der rechten Hand über seine Wange und seine Augen hatten einen besorgten Ausdruck angenommen. Es wäre ein Jammer wenn dieses schöne Gesicht entstellt bleiben würde. „Das wird Potter mir büßen.“ Die Hand zur Faust geballt schlug er wütend auf die Matratze. „Woher kennt er überhaupt solche schwarzmagischen Flüche?“ Ginny zuckte mit den Schultern, dabei war es eine Lüge, denn sie wusste, woher Harry den Sectumsempra kannte. Dieser Zauber war eine Notiz aus dem Zaubertränkebuch. Dieses Buch war ihr schon von Anfang an nicht geheuer gewesen, nur ihr Gefühl riet ihr dieses Geheimnis für sich zu behalten. „Dafür sollte er von der Schule fliegen!“, schimpfte Draco. „Harry muss nachsitzen und Professor Snape hat es natürlich so geregelt, dass er morgen nicht zum entscheidenden Quidditch-Spiel antreten kann.“ Draco verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte. „Das geschieht ihm ganz recht.“ „Ich werde stattdessen die Position des Suchers einnehmen.“ Prüfend musterte der Slytherin sie und zog eine Augenbraue hoch. „Du als Sucher?“ „Das werde ich schon schaffen. So schwierig kann es ja nicht sein, wenn du Sucher bist.“ Ginny bekam von Draco einen giftigen Blick zugeworfen, dem sie schmunzelnd standhielt. Bei dem Thema Quidditch kam sie nicht umhin an eine der Jägerinnen ihrer Hausmannschaft zu denken. Vermutlich wusste Draco es bereits, die Neuigkeit hatte sich schließlich noch am selben Tag wie ein Lauffeuer im Schloss verbreitet. „Katie ist wieder da.“ „Ich weiß.“ Er sagte es ganz gleichgültig. Sein Gesicht wurde wieder zu einer ausdruckslosen Maske, aber Ginny wusste, dass es in seinem Inneren anders aussah. Er war erleichtert, dass Katie Bell geheilt war und aus dem St. Mungo’s Hospital zurückkehren konnte. Deutlich konnte Ginny sich an den Tag nach dem Unfall in Hogsmeade erinnern. Draco war ganz verstört gewesen, dass der Fluch der Kette, der eigentlich für Dumbledore gedacht gewesen war, eine unschuldige Schülerin getroffen hatte. Bis auf Ginny hatte allerdings nie jemand erfahren, wer hinter alldem steckte. „Sie scheint sich an nichts zu erinnern“, wollte sie Draco wissen lassen. „Alles scheint wieder zur Normalität überzugehen.“ „Hat der dunkle Lord noch einmal mit dir Kontakt aufgenommen?“ „Nein“, antwortete Ginny und tief in ihrem Inneren verspürte sie Enttäuschung. Denn es war so, dass ein Teil von ihr Tom Riddle vermisste. „Seitdem das Buch fort ist habe ich ihn weder gesehen, noch gehört.“ Lange Zeit hatte sie es vermieden darüber nachzudenken und jetzt wurde ihr bewusst, wie lange es schon her war, seit sie mit Tom gesprochen hatte. Schmerzhaft wurde ihr bewusst, dass sie sich nach ihm sehnte. Aber es war besser so, wie es jetzt war, davon war sie überzeugt. „Nun, ich denke das Buch war der Schlüssel. Ohne es wird er wohl nicht mehr kommunizieren können.“ Ginny nickte ihm zustimmend zu und legte dann ihre Hand auf seine. „Danke. Alleine hätte ich es wohl nicht geschafft.“ Ihre Finger verhakten sich sanft ineinander. „Ich glaube fest daran, dass du nicht nach dem Buch suchen wirst.“ „Nein, das werde ich nicht. Das habe ich mir geschworen.“ Draco lächelte, die Antwort schien ihm zu gefallen. Seine warme Hand löste ein wohliges Gefühl aus, das ihren Arm hinauffuhr und sich in ihrem gesamten Körper breit machte. Ginny genoss es bei ihm zu sein und fühlte sich in seiner Gegenwart wohl. Er gab ihr so vieles, was sie sich von Tom immer gewünscht hatte. Von ihm ging keine Gefahr aus und mittlerweile fühlte sie sich bei Draco sogar geborgen. So oft schon hatte er sie getröstet und sie sich an seiner Schulter die Augen ausgeweint. Wenn sie genauer darüber nachdachte, fühlte sie sich sogar von ihm angezogen. Als ihr dies bewusst wurde, zog sie ihre Hand wieder zurück. Sie spürte ihre hitzigen Wangen und hoffte nur, dass er in der Dunkelheit nicht sehen konnte, dass sie rot wurde. Bevor sie allerdings darüber nachdenken wollte, wie toll sie den Slytherin plötzlich fand, gab es aber weitaus Dringlicheres zu klären. Schließlich mussten sie noch einen Weg finden ihn aus der Tyrannei eines größenwahnsinnigen Lords zu befreien und davor zu bewahren einen Mord gegen den eigenen Willen zu begehen. „Was machen wir jetzt mit dir, Draco?“ „Mit mir?“, fragte er verwirrt. „Wie können wir dich retten?“, präzisierte Ginny ihre Frage. Anscheinend schien sie etwas Falsches gesagt zu haben, denn sein Blick verfinsterte sich. „Was redest du da für einen Unsinn?“ „Ich weiß doch, dass du den Auftrag nicht ausführen willst. Du willst Dumbledore nicht töten.“ „Ich habe es dir schon einmal gesagt“, zischte er, „was ich will oder nicht, steht nicht zur Debatte.“ „Aber-“ „Darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Das geht dich alles nichts an.“ „Aber-“ „Kein aber.“ Dracos Blick machte deutlich, dass die Diskussion für ihn beendet war. „Es wird Zeit, dass du wieder gehst.“ Es war jedes Mal das Gleiche, sie näherten sich einander und entfernten sich auch wieder. Mittlerweile kannte Ginny ihn so gut, dass sie wusste, dass Einwände nichts brachten. Resignierend stand sie vom Bett auf und zog ihren Zauberstab aus der Hosentasche. „Wenn du es dir anders überlegt hast, dann komm zu mir, Draco. Es gibt Wege dir zu helfen, wenn du dir helfen lassen willst.“ Sein Gesicht war von ihr abgewandt, er sah aus dem Fenster und seine Miene war ausdruckslos. Als er nicht antwortete, wandte sie sich zum Gehen. „Ginny.“ Sie blieb stehen und sah ihn abwartend an. „Viel Glück für Morgen.“ Ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus, während sie hinter den Vorhang trat. Ginny hob den Zauberstab und klopfte ihn sich abermals leicht auf den Kopf um den Desillusionierungszauber anzuwenden und dann klammheimlich aus dem Krankenflügel zu verschwinden. Am nächsten Morgen fing Ginny den Schnatz und Gryffindor gewann mit vierhundertfünfzig zu hundertvierzig Punkten nicht nur das Spiel gegen Ravenclaw, sondern auch den Quidditchpokal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)