Zwischen Leben und Sterben von vampireMiyu ================================================================================ Kapitel 6: Ruhe --------------- Er war spät, wie immer, wie jeden Tag. Wolf gab sein Bestes um seine Routine einzuhalten, um ja nicht aufzufallen, aber wahrscheinlich war er einfach nicht der Typ der sowas einhalten konnte. Mittlerweile gewöhnte er sich an die Tatsache dass bei ihm einfach alles schief ging, dass bei ihm einfach nichts – gar nichts – klappte. Das Leben hätte ihm durch die Fingern rieseln können und es wäre ihm egal gewesen. Nichts in der Welt spielte sowieso eine Rolle. Wie auch an dem Tag, als die Glocke schon vor vielen Minuten ihre letzten Laute verhallen ließ, die nächste Stunde ankündigte. Lustlos ließ er sich in seinen Sitz zurück fallen, hob die Beine auf die Pulte, überschlug sie. Wippte mit dem Stuhl hin und her. Starrte träge aus den beschlagenen Fenstern des beschissenen Klassenzimmers, mit den beschissenen Kindern die sich die beschissenen Köpfe einschlugen. Erst spät – wie immer – realisierte er dann dass er angesprochen wurde, obwohl er glaubte allein im Klassenzimmer gewesen zu sein. Etwas irritiert ließ er seine Beine wieder runter, schnappte sich dabei die Kante des Pultes und zog sich so mitsamt Stuhl zurück auf den festen Boden; erst da erkannte er wer ihn ansprach. Kupferrote Haare. Ein schüchterner Blick. „Wie?“ brachte er nur heraus, wobei es wahrscheinlich nur einem Lufthauch glich. Sie sprach weiter, stammelte, sah richtig süß dabei aus. Wolf konnte nur starren, starren, bemerkte dabei nicht dass sie ihre Lippen bewegte – oder er bemerkte es, aber er war dazu viel zu sehr darauf konzentriert ihr in die Augen zu blicken. In der nächsten Sekunde errötete sie auch schon, wendete ihren Blick ab, drehte sich herum. Erst da verstand Wolf. Und erst da spaltete sie ihre Lippen. „Ich“, begann sie stockend, runzelte etwas verwirrt die Stirn, „ich... ich wollte dich nur fragen... ja, was wollte ich denn fragen...“ Die Dunkelhaarige lehnte sich zurück in ihrem Sitz, überschlug breitbeinig ihre Beine, strich sich dabei durch ihre zusammen gebundenen Haare. Ihr Blick war dabei die ganze Zeit auf dem Rücken des zierlichen Mädchens gepflanzt, beobachtete sie, wie sie langsam über ihre Schulter blickte, unsicher blinzelte. „Na... ja. Ich... wollte nur fragen ob du nicht in die Pause gehst“, fragte Wolf schließlich, so desinteressiert wie möglich, wollte nicht hindurch schimmern lassen dass sie... dass sie sich kümmerte. Dennoch fuhr die Rothaarige herum, der Füller in ihrer Hand, biss am angesteckten Deckel. Schien nach Worten zu suchen. Wolf musste lächeln. „W-Warum würdest du so etwas fragen?“ gab das Mädchen schließlich zurück, beobachtete Wolf noch immer. Mittlerweile grinste der junge Mann, strich sich eines seiner langen Haarsträhnen hinters Ohr, ehe er sich vorbeugte, seine Ellbogen auf dem Pult abstemmte. „Na... ja. Unsere Klassenkameraden hauen sofort ab wenn die Glocke läutet, können’s kaum erwarten dort raus zu gehen“, er drückte seinen Daumen dabei gen Fenster, deutete damit raus auf den Schulplatz, „Und du... du sitzt hier und du...“ Zeitgleich blickten die Beiden auf den karierten Papierblock der sich auf dem Pult des jungen Mädchens befand. Wieder wollte er darauf ansprechen als sie schon errötete, sich von ihm wegdrehte, ihre beiden Arme auf das Papier legte. Dabei strich sie sich eine Strähne hinter’s Ohr die sich von ihrem Zopf löste – eine Angewohnheit von ihr. Ob sie das jemals bemerkte? „D-... D-... Das geht dich nichts an, das hier“, sprach sie stotternd, unsicher, errötete dabei noch stärker. Er zuckte mit den Schultern, verschränkte die Arme, lehnte sich mit dem Stuhl wieder weit zurück. „Ich meine nur. Und du brauchst dich dafür nicht zu schämen, ich meine... du schreibst echt gut! Ehrlich!“ Red riss sich wieder herum. Traf den Blick der jungen Frau die so burschikos erschien. Starrten sich gegenseitig an. Ehe Wolf sich wieder zurück an den Pult zog, ihr noch näher kam. „... Du heißt Red, nicht?“ „Und du bist Wolf“, gab sie leise zurück, ihr Atem flach und gepresst. Doch bevor die Dunkelhaarige auch nur etwas erwidern konnte wurde die Tür auch schon aufgerissen, gefolgt von lauten Klassenkameraden die rein gestürmt kamen, lauthals lachend, fröhlich, irrsinnig laut. Die beiden Mädchen drehten sich voneinander ab, taten so wäre das Gespräch nie passiert, als hätten sie sich nie in die Augen geblickt – Wolf starrte aus dem Fenster, Red schrieb weiterhin. Wahrscheinlich eine Geschichte. Wie die, die sie damals im Gang fand, zusammen geknüllt und verschmiert. Es war so laut im Klassenzimmer, doch die Stille zwischen den Beiden war so unerträglich. Und Wolf... Wolf wusste nicht wie es das Gefühl in seiner Brust deuten sollte. Wie ein Funken – kupferrot. Wie ihre Haare. Und so klein, schüchtern, wie es ihr Lächeln war. Ich hatte schon immer Mühe mich zu entscheiden. Dies und das. Jenes und dieses. Wahrscheinlich weil andere immer die Entscheidung für mich übernahmen. Aber als ich sie traf – da entschied ich erstmals für mich selber. Dass ich sie lieben würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)