Rot halbtot von somali77 ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Titel: Rot halbtot Autor: somali77 Fandom: Weiß Kreuz Pairing: kein wirkliches, aber Yohji/Aya bzw. Brad/Schuldig -zentriert warnings: VORSICHT recht explizite Beschreibung von Krankheit (Erbrechen, Fieber)/fluff/humor Kommentar: Antwort auf die Krankheitschallenge bei Yaoi.de. Disclaimer: Weiß Kreuz gehört nicht mir und ich mache kein Geld damit... -- Crawford wachte auf. Alles war still und dunkel, es war mitten in der Nacht. In der Wohnung hörte man keinen Laut. Er drehte schwer aufatmend den Kopf und blinzelte auf die rot leuchtenden Ziffern des Weckers. Halb vier. Die Augen schließend seufzte er wieder einmal still über seine Fähigkeit, während er langsam herunterzählte- drei... zwei... eins... Hastige Schritte trampelten über den Flur, eine Tür wurde aufgestoßen, das Klappern des Toilettendeckels, und dann das überaus unerfreuliche Geräusch heftigen, gründlichen Würgens. Crawford atmete tief durch und griff sich automatisch mit der Hand an die Nasenwurzel, um sich die Druckstellen der Brille zu massieren. Das hatte gerade noch gefehlt... Trockener Husten und weiteres Würgen eine Wand weiter antwortete seinen Gedanken. Farfarello war in seinem kühlen Keller und hatte dort eine eigene Toilette. Und er war sich sicher dass es nicht Nagi war, der in wenigen Metern Entfernung wie ein kapitaler Elch in die Kloschüssel röhrte. Also blieb nur ein Kandidat übrig. Schuldig... Eine Weile blieb er mit geschlossenen Augen liegen und wartete geduldig ab, hoffte in einer kleinen, von schonungslosem Realismus noch nicht übernommenen, Ecke seines Gehirns, dass es vielleicht alles einfach vorbei gehen würde, wenn er nur ruhig weiterschlief. Die unerfreulichen Geräusche schienen aber nicht nachzulassen, und ein dringendes Pochen einer kleinen nahen Vision sagte ihm, dass, wenn er seine Pflichten vernachlässigte, Nagi aufstehen und nachsehen würde. Mit dumpfem Stöhnen quälte er sich aus dem Bett, griff halbblind auf den Nachttisch nach seiner Brille, hängte sich seinen Morgenmantel über die Schultern und schlurfte in Pantoffeln aus seinem Schlafzimmer, ein kurzes Stück über den Flur und zur nächsten offenen Tür hinein, wo ein halbnackter Mann mit struppig orangeroten Zotteln und eigentlich noch recht ansehnlicher leichter Bräune am Rücken, durch den letzten Einsatz nahe am Meer, über dem Porzellanbecken zusammengesackt war und im Moment mit heftig bebenden Flanken nach Luft rang. Crawford zog eine wenig begeisterte Miene und schloss die Tür hinter sich. Das automatische Luftabzugssystem hatte sich schon von allein eingeschaltet, der Geruch war halbwegs erträglich. “Brad”, krächzte der Zottel kraftlos aber mit dem hartnäckigen Versuch eines Grinsens in die Kloschüssel, “Musst du auch mal? Sorry, ich hab vergessen abzuschlie-...”, und der Rest wurde von den dringenden Reflexen eines sich kräftig zusammenkrampfenden Magens unterbrochen. “Idiot.”, murmelte Brad milde, und war im Spiegelschrank auf der Suche nach Medikamenten und Sagrotan, “Halt die Klappe und kotz.“ Wo waren nur die guten Magentropfen..? Schuldigs nächstes Husten klang wie halb gelacht, bevor er sich unter einem weiteren Würgeanfall zusammenkrampfte. Crawford sah die Bewegung im Spiegel und wandte den Kopf über die Schulter zurück, um mit abschätzendem Blick auf ihn herunterzusehen. “Das sieht erbärmlich aus...”, kommentierte er wenig begeistert, “Wehe du steckst mich an...” Schuldig sah sich keuchend und äußerst vorsichtig, aber mit rebellischem Augenfunkeln und offensichtlich nicht totzukriegendem Grinsen um, “Wär das nicht nett, Brad..? Synchronkotzen...” “Du kriegst gleich einen netten Tritt in deinen netten Hintern. Die Stellung ist schon vorlockend, weißt du?” Endlich, das verdammte Fläschchen hatte sich in die letzte Ecke verkrochen... wer hatte das nur zuletzt benutzt? “Du bist so ein-... Arschloch”, wimmerte Schuldig gepresst aber mit hörbarem Grinsen, “Ich bin hier am verrecken und du.... denkst nur dran wie du.... mir dabei gut in den Hintern treten kannst..!” Brads Hausschuhspitze hatte wie zur Bestätigung einmal sanft das schutzlose Gesäß des jammernden, heftig protestierenden Deutschen getroffen, bevor kräftige Finger die traurigen orangeroten Strähnen aus der Kloschüssel klaubten. Schuldig hielt still und atmete tief und konzentriert. “Hab ich mich eingesaut..?”, schnaufte er kraftlos, “Ich hoffe nicht... ich hab versucht die rauszuhalten, aber...” “Sieht nicht schlimm aus...”, brummte der über den anderen Mann gebeugte Amerikaner und bändigte mit ruhigen Griffen die Zottelmähne mit einem im Spiegelschrank erwischten Haargummi in einen strengen Pferdeschwanz. “Au”, jammerte der Deutsche, “du reißt mir die Haare aus!” “Besser ausgerissen als vollgekotzt.”, kam der nüchterne Kommentar. “Nein!” “Hast du-...”, Crawford setzte zu einer Frage an, wurde aber unterbrochen von einem Würgen, das so heftig war, dass der sich gesamte Körper des Jüngeren bis in die Zehenspitzen um die Kloschüssel krümmte, obwohl der Erfolg mittlerweile ausblieb und bis auf einen kleinen Schwall Magensäure nur trockenes Husten und schweres nach-Luft-Ringen folgte. Der Deutsche zitterte inzwischen vor Anstrengung, auf seiner Stirn hatte sich kalter Schweiß gebildet, er war zu konzentriert im Moment um zu antworten oder seine Fähigkeit einzusetzen. Crawford hob eine skeptische Augenbraue und erhob sich, kam nach kurzem Rauschen des Wasserhahns mit gefülltem Zahnputzbecher voll Wasser wieder ins Blickfeld. Schuldig griff mit einer zitternden Hand nach dem Becher, setzte ihn an und sog das Wasser gierig in sich hinein. “Warte-... nicht schlucken, du Idiot!”, stöhnte Crawford, nahm Schuldig den Becher weg und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, als der nächste Würgeanfall den Becherinhalt direkt wieder retour beförderte. “Du solltest dir den Mund ausspülen und das nicht exen! Hab ich gesagt dass du Trinken sollst?” “Mein Hals ist staubtrocken, ich verdurste hier!”, krächzte Schuldig zurück, und rang dann wieder zusammengesackt nach Luft, “Kannst du-... ich brauche...” Crawford schraubte den Deckel von dem kleinen dunklen Fläschchen mit den Magentropfen und zog Schuldigs Kopf mit Griff an der Stirn aus der Schüssel. “Hier, das sind Tropfen...”, brummte er, “nimm das.” Er fuhr mit dem Daumen geübt in Schuldigs Mundwinkel und zog die Unterlippe etwas nach außen, um seinem flach schnaufenden Teamkollegen fünf Tropfen dunklen Medikaments auf die Schleimhaut zu träufeln, etwas einzumassieren und ihn wieder loszulassen. Er tätschelte ihm lobend die Wange und stieg über ihn, um die Utensilien die er in der Hand hatte wieder aufzuräumen. “Uwääähh, das Zeug ist so elend bitter, das ist widerlich...”, beschwerte sich Schuldig maulend, aber doch schon ein klein wenig entspannter wirkend, “Und bin ich etwa ein Hund..? Oh mann..!” “Hättest dus auf die Zunge bekommen hättest du wieder gewürgt.” “Brad...”, Schuldig schloss die Augen und atmete tief durch, “...mir gehts scheiße.” “Sag bloß. Du siehst aus wie das blühende Leben. Komm hoch und pack dich gefälligst zurück ins Bett...” -- Es war Nacht und im Katzenhaus war alles still. Zwei Kätzchen schliefen tief und fest, eins war irgendwo in den Straßen Tokyos unterwegs, und das letzte traf soeben die endgültige Entscheidung aufzustehen. Ran Fujimiya spürte das ungut kühle, taube Gefühl um die Mundwinkel und die Nase, den plötzlich so viel mehr werdenden Speichel, den steigenden Druck in seinem Magen, die fast lähmende, überwältigende Übelkeit, und er war einen Tick zu langsam. Der erste Krampf seiner Innereien brachte ihn von widerwillig zögerndem Zustand, in dem er eine gute Weile einfach versucht hatte sich einzureden, dass ihm überhaupt nicht schlecht war, in Sekundenschnelle auf die Beine. Er presste die Lippen zusammen, schloss mit dumpf unterdrücktem Laut eine schweißnasse Hand über den Mund. Der zweite Krampf traf ihn auf halbem Weg auf dem Flur, er verlor einen Augenblick vor Grauen und krampfhafter Selbstbeherrschung fast das Bewusstsein und beschleunigte seine Schritte so leise wie möglich. Den Weg zum Gemeinschaftsbad fand er halbblind, bevor auch er augenblicklich vor der Toilettenschüssel in die Knie gezwungen wurde und sich zeitgleich wünschte zu sterben. Die ersten paar Minuten würgte er so heftig und frequentiert, dass er beinahe Mühe hatte Luft zu bekommen. In Kürze war auch er in Schweiß gebadet und aus irgendeinem Grund recht zittrig. Vielleicht wegen der Kälte. Oder wegen der Anstrengung. Er schloss keuchend die Augen, als sein Magen ihm ein paar Sekunden Verschnaufpause gönnte. Dabei betätigte er mit kleinem, zaghaftem Aufatmen die Spülung. Sein Kopf und die Wände des Zimmers drehten sich wie der Mahlstrom. Irgendeine Kraft saugte seinen Körper zu Boden, er spürte kaum die Kälte der Fliesen auf denen er lag, fühlte nur das Toben in seinen Eingeweiden, die überwältigende Übelkeit und das Rauschen von Blut in seinen Ohren. Und sein erster, sein einziger Gedanke war voller blanker Angst. Hoffentlich hatte niemand etwas gehört. Hoffentlich schliefen die anderen tief und fest. Hoffentlich hatte er unterwegs auch wirklich alles bei sich behalten können, seine zitternde Hand war klebrig und ekelhaft, aber der kurze Weg zum Waschbecken schien ihm im Moment bei aller Selbstkontrolle unüberwindlich. Mit dem ersten Gefühl dass in seine Muskeln zurücksickerte und ihn in der Möglichkeit ließ sich vielleicht bewegen zu können drehte er sich halb auf die Seite, streckte den Fuß so weit es ging und schloss mit den Zehen die Badezimmertür mit einem sachten Klacken. Der Erfolg war völlige Dunkelheit, noch dichter und umfassender als zuvor. Ran schloss die Augen und musste zugeben, dass er noch keine Krankheit, oder was auch immer das war, gehabt hatte, die ihn trotz allem Training so schnell und erbarmungslos lahm legte. Er spürte bittere Magensäure auf der Zunge, und wie sich schnell sehr viel Speichel in seinem Mund sammelte, und spuckte alles behutsam atmend und mit zitternden Seiten in die Tiefe vor ihm. Ihm war so übel, dass er sich wünschte auf der Stelle seine Existenz aufzugeben und ins Nirvana überzuwechseln. Leider stand diese Möglichkeit im Moment nicht so ganz zur Wahl... Himmel... es konnte seiner Meinung nach nichts grauenvolleres geben als sich übergeben zu müssen... wirklich nichts. Jede Fleischwunde konnte zwar schmerzhafter sein und gefährlicher, aber nicht so unglaublich erbärmlich und erniedrigend... das Gefühl dass ihm sein Körper so komplett entgleiste und jegliche Selbstkontrolle zu Nichts verpuffte war so beängstigend, so schrecklich dass er froh gewesen war sich seit seinem zwölften Lebensjahr nicht mehr wirklich übergeben zu haben. Er hatte fest vorgehabt den Trend so beizubehalten. Und jetzt das... am liebsten wäre er in den Fugen der Badezimmerfliesen versickert. Er spürte einen neuen Krampf und sein Magen quetschte sich ruckartig und schmerzhaft in Richtung Speiseröhre. Die Spannung fuhr durch seinen gesamten Körper, die Atmung setzte Momente lang aus, er hing mit offenem Mund und gequältem Gesichtsausdruck über der Schüssel, und alles was er hervorbrachte war ein kleines, trockenes Husten, bevor er wieder nach Luft ringen konnte und der nächste Krampf direkt folgte. Ran spürte Tränen in seinen Augen brennen, in seiner momentanen Verfassung ließ er sie einfach laufen, versuchte mit zitternden Fingern wenigstens seine schweißverklebten Haare hinter die Ohren zu streichen, als er zu einem kleinen Gedanken wieder fähig war. Es war etwa halb vier... wie gut standen seine Chancen, dass das hier bis in spätestens zwei Stunden vorbei und vergessen war, und nie jemand etwas davon erfahren würde..? Er hatte Frühschicht... bis dahin musste er wieder auf den Beinen sein, komme was da wolle-... er hatte definitiv nicht vor krank zu machen. Er, Ran- nein- Aya Fujimiya- WURDE nicht krank. Niemals. Ihn zwang kein verdammter Virus in die Knie. Und wenn doch, dann ließ er sich jedenfalls nicht dabei erwischen. Verflucht, warum fühlte er sich so fertig..? Selbst jetzt, wo er mehr auf dem Boden lag als saß, zitterten seine Knie. Die Tränen liefen weiter, Ran spürte sie genervt seine Wange kitzeln. Er war überhaupt nicht traurig. Das war ja noch der größte Witz daran. Warum zwang sein Körper nicht nur Dinge an den Tag, die gefälligst in der Versenkung zu bleiben hatten, sondern verriet ihn auch noch doppelt... er hatte eine Ewigkeit nicht mehr geweint... nicht einmal wenn er sich wirklich zum heulen gefühlt hatte. Was zur Hölle war los mit ihm? Sein Atem kam in kurzen, abgehackten Stößen. Er versuchte sich einfach in den Schmerz zu ergeben. Er versuchte zu vergessen dass andere Menschen nur ein paar Türen weiter waren. Das war der Moment in dem Licht von der Seite hereinschwappte und eine leise Stimme. “Aya..?”, der Lichtschalter wurde mit einem Klack umgelegt und grelles, unfreundliches Licht biss in seine Augen. Yohji roch nach Rauch und Alkohol, hatte seine Jacke noch an und hielt sich den Unterarm vors Gesicht. “Oh, verdammt...”, nuschelte er, und Ran traf die Welle von Scham genauso überwältigend wie das Licht, in das er mühsam versuchte zu blinzeln. “Raus-..!”, keuchte er. “Shit, Aya-... alles okay?”, der Schlüsselbund in der Hand des anderen klirrte, und in die konzentrierte Willensanstrengung Rans trotz heftigem Taubheitsgefühl im Körper nicht noch weiter zusammen zu sacken, schlich sich ein spitzer Gedanke von Wut und Hilflosigkeit. “Ich meine-... hey-... soll ich-... jemanden holen..? Dir irgendwas bringen oder so?” “Raus..!”, wiederholte Aya höher und dringender, die Augen stur geradeaus gerichtet. Yohji, der die ganze Zeit schützend den Arm vors Gesicht gepresst gehabt hatte, trat wieder nach draußen und schloss zögernd die Tür. “Okay-... aber-... ehrlich, wenn du was brauchst-... sag Bescheid, ja..?” “Raus..!”, Rans kraftloses Flüstern hallte in seinem eigenen, schwirrenden, pochenden Kopf wieder. Die Selbstbeherrschung glitt wieder ins Bodenlose. Raus..? Warum war es so wichtig gewesen..? Alles was er spürte war das überwältigende Taubheitsgefühl, das ihn in den Erdboden saugte, ihn willenlos machte, seinem Stolz das Genick brach- ohnmächtig sackte sein Körper zusammen, rutschte mit dem Oberkörper am Porzellanbecken hinunter, sein Bewusstsein spürte noch Kacheln und dann nichts mehr. -- “Schuldig?” Brad fluchte. Auf dem Weg zum Schlafzimmer war der Deutsche plötzlich in sich zusammengesackt. Er nahm ihn unter den Armen, versuchte ihn zu halten- er selbst war zwar kräftig, aber der bewusstlose Körper eines erwachsenen Mannes ordentlich schwer- schleifte ihn zu seinem Schlafzimmer, stieß mit dem Fuß die Tür auf und legte ihn neben dem Bett auf den Boden. Zumindest war der zottige Teppich dort einmal für etwas gut. Er brachte ihn sofort und mit leicht erhöhtem Puls durch die Beunruhigung, nicht wirklich zu wissen was vor sich ging, aber mit der Ruhe genauen Trainings und sicherer Routine, in stabile Seitenlage, fühlte den Puls, der schwach und hektisch gegen seine Finger pochte, griff instinktiv nach dem Kopf seines Teamkollegen, ließ seine Hand kurz lasten und bewegte sie etwas unbeholfen von oben nach unten. “Schuldig.”, sprach er ihn an, “Komm schon. Bleib bei mir.” Kräftige Finger tätschelten die heute ungewohnt blasse, fast wachsweiße Wange. “Komm schon. Wach auf.” Leichtes Zucken und Flattern der Augenlider bekam er zur Antwort. Der Deutsche stöhnte leise. “Scheiße Brad, bin ich zusammengeklappt..?” Amüsiertes Schnauben. “Sagen wir, du hast schon vor dem Bett beschlossen eine Pause einzulegen...” “Oh Mann wie peinlich...” “Beweg deinen Hintern... da oben ist dein Bett. Glaub nicht ich trag dich rein wie die Braut zur Hochzeitsnacht.” Über das bleiche, in dem miserablen Zustand fast fremd wirkende Gesicht Schuldigs huschte ein alt bekanntes, wenn auch kraftloses Grinsen. “Hast du mich nicht eben wie die Braut zur Hochzeitsnacht über die Schwelle getragen?” “Hör auf zu reden und geh schon..!” Schuldig drehte sich um, griff nach oben und schaffte es mit Crawfords Hilfe hinein ins Bett, was er ganz offensichtlich mit Erleichterung zur Kenntnis nahm. Seine Miene entspannte sich etwas, sein Körper ebenfalls, er zog sich zitternd die Decke bis zum Kinn. “Weißt du, ich dachte immer du wärst die Braut, Brad...”, schnaufte er grinsend. -- “Halli hallo!”, Yohji hob mit schiefem Grinsen die Hand, als er in die nach Kaffee und Toast duftende Küche schlenderte, in der Ken, der mit seinem Frühstücksteller an der Spüle stand und seinen perfekten Hintern unwissentlich durch die dunkelblauen, etwas zu engen Jogginghosen die er trug sehr ansehnlich zur Geltung brachte, und Omi, der mit seinem großen Becher voll Cappuchino und einem Heft mit Englischvokabeln am Tisch saß, kugelrunde Augen machten und den Mund nicht mehr zu bekamen. “Was denn?”, verteidigte sich der Playboy und fuhr sich verlegen durch die weichen Haare am Hinterkopf, zupfte mit der anderen Hand an dem dünnen, fast durchsichtigen Top über den Bauchmuskeln auf die er so stolz war. “Sind mir auf dem Weg vom Bad hierher Tentakel gewachsen?” “Uhm, was machst du denn schon hier..?”, fragte Omi, und leckte sich blinzelnd den Milchschaum von der Oberlippe, während er eine Seite in seinem Vokabelheft umblätterte. “Ich dachte du hast Spätschicht!”, ergänzte Ken, und spülte weiter, griff dann neben sich nach einem am Herd hängenden Geschirrtuch. “Naja”, Yohji ließ sich mit lässigem Seufzen auf einem Stuhl nieder und streckte sich etwas, um ausgiebig zu gähnen, “Ich hab mit Aya getauscht... Ich hab schon oft seine Spätschichten bekommen, und jetzt revanchier ich mich eben mal...” Die gänzlich ungläubigen Gesichter waren nicht so ganz das gewünschte Ergebnis, und Yohji hob abwehrend die Hände, “Heh, ist das so unglaublich dass ich auch mal jemandem entgegen komme..? Danke dass ihr offenbar denkt ich wäre ein komplett egozentrisches Arschloch, ehrlich, das trifft mich”, er fasste sich gespielt tragisch an die Brust und Omi wandte sich grinsend und kopfschüttelnd wieder seinen Vokabeln zu. “Ich dachte nur Aya mag die Frühschichten eh lieber”, meinte er schulterzuckend. “Hey”, begann Ken von der Spüle her, der inzwischen seinen Teller mit dem Geschirrtuch schrubbte, “Du hast von mir auch schon eine Menge Spätschichten bekommen, davon hab ich bisher auch noch keine einzige wieder gesehen!” Yohji kratzte sich seufzend in der Frisur und beschloss dass es noch zu früh war sich mit dem Fußballer anzulegen. “Kenken, sei ein lieber Schatz und bring mir einen Kaffee mit wenn du grade da stehst...” Omi grub sich konzentriert die Finger in die blonden Strähnen an der Stirn und seufzte. “Health insurance-... Krankenkasse, Krankheitsversicherung...”, murmelte er vor sich hin und schob die Finger der anderen Hand eine Zeile weiter. “Vokabeltest?”, erkundigte sich Yohji, dem Ken tatsächlich an der Küchenablage eine Tasse Kaffee einschenkte, und sich damit auf die andere Seite des Tisches zu Yohjis Sitzplatz begab. “Was bin ich manchmal froh dass ich das hinter mir habe”, bemerkte Ken augenrollend, und schob Yohji, eine Hand in die Hüfte gestützt, seine Tasse hin, “Vokabeln konnte ich mir noch nie gut merken... die hören sich irgendwie alle so ähnlich an..!” Yohji winkte ab, “Das einzige was du wirklich brauchst auf Englisch ist “Hello, beauty...””, er fiel in seine Verführerstimme, und legte den Kopf in den Nacken um sich Ken zuzuwenden, der damit beschäftigt war zu dem Kaffee noch einen Schlag Zucker in die Tasse zu kippen. “To my place or yours..?” Omi sah unter blonden Strähnen auf und grinste skeptisch. “Ja klar... kommst du zur Elternsprechstunde wenn ich das meiner Lehrerin sage..?” “Hmmmmm... ist sie hübsch?” “Ich kann auch noch Englisch- “How you doing?””, gab Ken zum Besten, und Yohji schlang den Arm um seine Hüfte um ihn breit grinsend zu tätscheln, “Awwww, man muss ihn einfach lieb haben- gib Küssen Ken..! Mmmh..”, er spitzte die Lippen, und Ken warf ihm das Geschirrtuch auf den Kopf, befreite mit geschicktem Hüftschwung seinen Hintern aus der Gefahrenzone und angelte den Fußball unter einem Stuhl hervor. “Depp”, bemerkte er wenig ernsthaft, griff sich sein vorbereitetes Brötchen und seine Trinkflasche von der Anrichte, um beides in seinem Rucksack zu verstauen, “Also- ich gehe jetzt... Omi, du schaffst das. Cool bleiben. Ich denk an dich. Ciao!”, er strubbelte dem Teenager durch die Frisur, der dazu in stummem Schrei das Gesicht verzog und sobald die Küchentür hinter dem Fußballer zugefallen war dazu überging, seine Haare wieder zu ordnen. “Oh mann-...”, jammerte der Jüngste, “ich hatte heute so einen schlimmen Tag mit meinen Haaren, du glaubst nicht wie viel Gel ich gebraucht habe bis sie endlich einigermaßen gut waren..!” Yohji nahm einen Schluck von seiner Tasse und verzog das Gesicht. Zu süß. Dann zuckte er solidarisch mit Blick auf Omi eine Schulter. “Sieht okay aus.” “Echt?” “Wann hast du den Test?” “Dritte Stunde...”, der Jüngere sah auf die Uhr, “Oh mann, ich muss gehen, ich komm zu spät... bis dann!” Yohji streckte den Arm aus um ihm die Hand entgegen zu halten, und Omi schlug ein. “Gib dein Bestes”, meinte der Ältere freundlich, und Omi atmete durch. “Ja. Danke! Bye Yohji!” Ein knappes Hinterherwinken, und auch der Zweite war fort. Die Küche war wieder still. Plötzlich kam dem müde auf seinen Stuhl gesackten Playboy das Ticken der Küchenuhr bemerkenswert laut vor. Er nahm noch einen Schluck Kaffee und stand auf, um ein wenig davon in die Spüle zu kippen und frischen Kaffee nachzugießen. Er nahm gern einen Löffel Zucker, aber einen und nicht sechs... An die Spüle gelehnt versuchte er noch einen Schluck und schloss genießend die Augen. Ahh... Viel besser. Sein Körper protestierte gegen die frühe Stunde, er hatte so gut wie nicht geschlafen. Aber was konnte er schon machen. Einen Kaffee oder zwei ins System, und die Maschine lief wieder. Morgen hatte er frei. Dann würde er heute Abend eben nicht wie geplant auf diese Party sondern früh ins Bett. Der Gedanke gefiel ihm fast ebenso wenig wie der, früh wieder -aus- dem Bett zu kommen. Er seufzte, leerte seinen Kaffee, ging erst einmal in den Hinterhof eine rauchen, und dann in den Laden. Hmm, der Boden ging schon noch. Einmal bisschen wischen und fertig. Und die Blümchen hier ließen schon die Köpfe leicht hängen? Doppelte Menge Blümchenfrisch ins neue Wasser, und die Stängel ein Stück abgeschnitten, dann hielten die noch gut einen Tag. An Wochentagen reichte manchmal eine Arbeitskraft, um die Frühschicht zu machen. Der Fangirlansturm kam Nachmittags, weil die Mädels morgens in der Schule saßen, die meisten anderen Leute waren arbeiten... wer morgens kaufen kam, waren meist ältere Menschen, oder Mütter und Hausfrauen... Omi hatte Recht gehabt. Aya liebte die ruhigen Morgenschichten. Aber Aya war, als er ihn das letzte Mal gesehen hatte, ganz eindeutig nicht fähig gewesen, auf seinen eigenen Beinen zu stehen und Kunden zu empfangen... Kopfschüttelnd machte sich Yohji daran, die Schnittblumen aus den Kühlschränken zu holen, zumindest die Mitte des Fußbodens etwas zu wischen, welke Blätter und Papierchen wegzusammeln und die Töpfe halbwegs ordentlich hinzustellen, dann kramte er den Schlüssel zur Jalousie heraus und schob das quietschende, schwere Ding nach oben, um den Laden zu öffnen. -- Nagi stocherte mit seinen rot lackierten Stäbchen im Reis. “Wie geht es Schuldig?”, fragte er mit leiser Stimme, lugte mit dunkelblauen Augen unter den langen schwarzen Wimpern hervor in Richtung seines Anführers, der mit schlichtem weißen Hemd und bis zu den Ellenbogen hochgekrempelten Ärmeln dabei war, gleichzeitig Tee aufzusetzen und dem Ferrari-rot glänzenden Monstrum von Kaffeemaschine einen Espresso abzuringen. Als nicht augenblicklich eine Antwort kam, fuhr der schmale Jüngere nach einem Schluck grünen Tee fort: “Ich hab ihn spucken gehört letzte Nacht” “Mh”, meinte Brad wenig aufschlussreich, und die Kaffeemaschine gab unter giftigem Zischen und Fauchen mehrere Dampfschwaden von sich. “Konntest du wieder einschlafen?” “Erst nicht, es war so eklig...”, Nagi spähte auf den Platz neben ihm, um die Ecke des Tisches, an dem Farfarello saß, und legte ihm mit spitzen Fingern seinen gegrillten Fisch mit auf den Teller, was der Ire ohne große Reaktion zur Kenntnis nahm, während er weiter mit Essen beschäftigt war. “Aber als es dann wieder ruhig war, schon...” Brad warf einen kritischen Blick auf das schwarze Gebräu, das er in einer winzigen Tasse erkämpft hatte, und rührte einen Löffel Zucker hinein, ehe er sich damit an die dritte Seite des Tisches neben Nagi und gegenüber von Farf setzte, und daran nippte. Doch... Espresso... und gar nicht schlecht. Er war nicht unzufrieden. “Gut.”, meinte er, um die Geschichte abzuhaken, und sah sich auf dem Tisch nach der Zeitung um. “Farfarello, kann ich den Wirtschaftsteil haben?”, seufzte er unwillig. “Ich bin noch nicht fertig damit..!”, protestierte der Ire mit seiner eigentümlichen Stimme, und bewegte die langen Finger, so dass die Zeitung raschelte, während er sich mit der anderen Hand dahinter offenbar sein Rührei mit Toast und die Cereals in sich hineinstopfte. Brad begnügte sich grummelnd mit den neuesten Ereignissen im Überblick, während Nagi sich den Kulturteil unter den Nagel gerissen hatte. “Was hat er denn?”, setzte Nagi unbeirrt das zuvor angefangene Gespräch fort, “Ist es ansteckend?” “Ich weiß nicht”, Brad schob seinen Teller mit Pancakes vor sich und sah sich um, “Nagi, den Maplesirup...” Eine Flasche mit dunkelbrauner Flüssigkeit im Innern hob sich schwebend von ihrem Platz neben der Spüle, schwang gaukelnd durch die Luft zum Esstisch, und wurde von einer großen Hand aus der Luft gepflückt. “Danke.” “Kann ich auch einen Pfannkuchen haben?”, fragte der Jüngste mit neugierigem Blick auf den Teller seines Leaders, auf dem unschuldige Teigwaren soeben gnadenlos in einem Strom klebriger Flüssigkeit ertränkt wurden. Brad warf einen skeptischen Blick auf seine Schüssel. “Iss deinen Reis.”, meinte er. “Kann ich auch einen Pfannkuchen haben..?”, echote Farfarello, und die Zeitung senkte sich um ein goldenes Auge frei zu geben, das fasziniert auf die klebrigen, runden Teilchen gerichtet war. Brad sah wenig begeistert von einem seiner Tischgenossen zum anderen. Eine Verschwörung? “Einen halben für den Wirtschaftsteil.”, bestimmte er dann. “Gekauft”, erwiderte Farfarello grinsend. “Farf, du hast meinen Fisch bekommen, krieg ich die Hälfte von deiner Hälfte?” Brad Crawford, zweieinhalb Pfannkuchen, einen Espresso und die Lektüre des Wirtschaftsteils später, ging nach dem Tee sehen, den er aufgesetzt hatte. “Glaubst du nicht dass der inzwischen völlig verkocht ist?”, warf Nagi skeptisch ein, “Er kann von meinem Tee abhaben, wenn du willst..?” “Ich koche hier Magentee. Keinen grünen Tee...”, Brad rührte mit skeptischem Blick in der schwarzbraunen Brühe, als Nagi an seine Seite trat und ebenfalls einen Blick darauf warf. “Hast du das von der chinesischen Apotheke an der Ecke?”, fragte der Jüngere, misstrauisch schnuppernd. “Ja, warum?” “Ich denke es wird eine Menge Honig brauchen um Schuldig dazu zu bringen DAS Zeug zu trinken.” Crawford warf Nagi einen leicht beleidigten Blick zu. “Hauptsache es hilft, oder nicht?” “Es wird nicht helfen wenn er es nicht schluckt...” Crawford goß das Gebräu mit finsterer Miene durch ein Sieb in eine Tasse. -- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)