Blood and Desire: Bittersweet von Sachie ================================================================================ Kapitel 12: Trost ----------------- Itachi hatte Sasuke zu sich gezogen, einen Arm um dessen Hüfte gelegt, und strich mit der anderen Hand durch seine Haare oder über seinen zitternden Rücken. Leise sagte er ihm, dass alles wieder gut werden würde, dass er bei ihm war und ihm nichts passieren konnte. Er versuchte den Jungen zu beruhigen und für ihn da zu sein, ihm den Halt zu geben, den er suchte. Es war abzusehen gewesen, dass der 18-Jährige den Druck nicht ewig standhalten konnte, der auf ihm lastete. Es hatte den Chunin schon gewundert, dass er vergleichsweise ruhig geblieben war, als er von dem ersten Mal erzählt hatte, als ein Unbekannter seine Lust an ihm befriedigt hatte. Sasuke war stark, ohne Zweifel, stärker als die meisten, aber schwächer als viele annahmen. Schon als kleines Kind war erwartet worden, dass er dem Clan keine Schande bereitete, dass er besser war als seine Mitschüler, mindestens so gut wie sein großer Bruder. Trotz seines harten Trainings und vieler Entbehrungen hatte er nie die Anerkennung von seinem Vater bekommen, für die er all das auf sich genommen hatte. Und er hatte es sich nie offen anmerken lassen. Wenn sie jedoch allein waren und unbeobachtet, hatte der ihm Schwarzhaarige seinen Kummer mitgeteilt, hatte Rat gesucht und tröstende Worte bekommen. Er hatte gewusst, dass er sich dem Älteren anvertrauen konnte, dass dieser ihn nicht zu Recht wies, weil er mit einem Problem nicht allein fertig wurde und ihn nicht rügte, weil er Hilfe suchte. Wie viele Nächte hatte er den Kleinen bei sich im Bett schlafen lassen, wenn er einfach keine Ruhe fand oder ihn Albträume plagten? Wie oft hatte er sich überreden lassen mit ihm zu spielen, obwohl seine Eltern darauf bestanden, dass er seine Fertigkeiten als Shinobi verbessern sollte, nur damit er das fröhliche Lachen hören und das helle Strahlen in seinen großen, dunklen Augen sehen konnte? Und jetzt? Das glückliche Kindergesicht war nur eine blasse Erinnerung im Vergleich du zu dem Jungen, der hilflos in seinen Armen lag. Der Hauch von Stolz, der ihn sonst immer umgab, war verflogen und zurück blieb eine verwirrte Seele, die überfordert war mit dem, was ihr geschehen war. Das Leid, das er hatte ertragen müssen, hatte ihn gebrochen, ihn in eine Welt eingeführt, die er einfach nicht verstehen konnte. Ob er sich fragte, wieso ihm das passieren musste? Was er getan hatte, um dieses schwere Schicksal zu ertragen? Er hatte es nie leicht gehabt, war in eine Familie geboren worden, die zu viel von ihm verlangte, hatte alles verloren, was ihm etwas bedeutet hatte, Clan, Freunde, seine Heimat. Ihm war seine Unschuld geraubt worden, bevor er überhaupt wusste, wie wertvoll dieser Besitz war und das man ihn jemanden gab, dem man vertraute und der einem wichtiger sein sollte als alles andere auf der Welt. Itachi wusste, dass er mit Schuld an dem Leid trug, das ihm widerfahren war, dass er es war, der ihm die Familie und in gewisserweise seine Freunde und sein Dorf genommen hatte. Aber er hatte mit dem Wissen leben können, hatte die Schuld auf sich genommen, weil er die Alternative kannte. Eine Hölle aus nie enden wollendem Hass und Tod, die eine so empfindliche Seele für immer zerstören konnte. Er wusste, wie es war, wenn man als Kind in einer Welt aufwuchs, die außer Krieg und Gewalt nichts zu bieten hatte, wie verstören es war, wenn man viel zu früh mit der Gewissheit konfrontiert wurde, dass das Leben ein kostbarer Besitz ist, den man allzu leicht verlieren konnte. Als er vor die Wahl gestellt wurde, sich für das Dorf oder den Clan zu entscheiden, brauchte er nicht lange überlegen. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er immer gewollt, dass es Sasuke gut ging, dass er ein halbwegs friedliches Leben führen konnte. Als Ninja wurden sie immer von dem Ende des Lebens begleitet, doch wenigstens würde er darauf vorbereitet werden. Ihm war bewusst, was er dem Kleinen antat, wenn er all ihre Verwandten umbrachte, aber er wusste auch, dass der Junge das überstehen würde. Er hatte ihm ein Ziel gegeben, an das er sich festklammern konnte, das ihm half, den Schmerz zu überwinden. Er hatte etwas gehabt, für das es sich lohnte, den Schmerz zu ertragen. Und jetzt? Ihm war nichts geblieben, nicht einmal sein Stolz, nur das Wissen, dass er sich nicht mal auf seinen eigenen Körper verlassen konnte. Dass es Mittel und Wege gab, ihn anders handeln zu lassen, als er wollte. Diese Männer hatten ihm etwas geraubt, ohne ihm etwas dafür zu geben, kein Ziel, keine Stärke. Nur endlose Schwärze und Qualen. Während die warmen Tränen über seine Brust liefen und er traurig das Geschöpf betrachtete, das sich verzweifelt an ihn klammerte, fragte er sich, wie man einem so unschuldigen Wesen etwas derartiges antun konnte. Die Blume hatte den Kopf geneigt, verlor ihre Blüten und trieb ausgesetzt auf dem Ozean der Unwissenheit, wie es weitergehen sollte. Wie lange sie einander so nahe waren, wusste Itachi nicht und es interessierte ihn auch nicht. Zeit spielte keine Rolle, solange er Sasuke Nähe gab, die er brauchte. Trotz aller Verzweiflung und Verwirrung schien der 18-Jährige eine Quelle in sich zu tragen, aus der er Kraft, Mut und Hoffnung zu schöpfen schien, denn nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte, die Tränen versiegt waren, und ihn nur noch ab und zu ein Schluchzen erschaudern ließ, wollte er sich von den kräftigen Armen lösen, die ihn festhielten. Und nur noch enger an sich drückten, als er es versuchte. Tränennasse Augen blickten fragend zu in seine schwarzen, die einen beruhigenden, zärtlichen Ausdruck angenommen hatten. Er wusste, das Mitleid das Letzte war, was er in dem Blick lesen wollte. »Lass dir Zeit«, flüsterte Itachi sanft in die Dunkelheit, während er die salzigen Spuren von den Wangen wischte. Tief in den dunklen Iriden konnte er eine leise Furcht erkennen, die ihn nicht weiter wunderte. Davon abgehalten zu werden sich von dem anderen zu lösen- zu befreien- musste in seiner geschundenen Seele einen Stich der Angst verursachen. Er wollte ihn nicht Drängen, ihm nicht das Gefühl geben, dass ihm die Situation noch weiter aus den Händen glitt, doch er spürte, dass die Trennung nur widerwillig von seinem Wunsch angenommen wurde, diese Nähe noch weiter zu genießen. Ein anderer Teil, zweifelsohne die Stimme seines Vaters, sagte ihm bestimmt, dass er nicht noch mehr Schwäche zu lassen sollte. Doch der 23-Jährige wollte den Moment, der wie so viele Augenblicke in ihrer Vergangenheit erinnerte, nicht verstreichen lassen. Vor allem, da er nicht davon überzeugt war, dass Sasuke sich so weit beruhigt hatte, wie der glaubhaft machen wollte. Er legte sich wieder auf seinen Futon, wobei er den schmalen Körper nicht los ließ. Auf der weichen Matratze zog er die Decke über ihre Schultern und den Jungen noch etwas weiter an sich, genoss die kühle Haut nah an seiner. Das Zimmer war kühl, daher war er sich nicht sicher, ob das anhaltende Zittern und die Gänsehaut des Schwarzhaarigen von der Temperatur kamen, oder eine Folge seines Zusammenbruchs war. Selbst in dem dunklen Zimmer, das nur schwach von dem fahlen Licht des Mondes erhellt wurde, das durch die Vorhänge drang, konnte er erkennen, dass Sasuke seinen Mund öffnete, um etwas sagen zu wollen. Mit der Andeutung eines Kopfschüttelns legte er die Hand auf die warmen, zarten Lippen und meinte, dass ein weiteres Gespräch auf morgen warten könne. Jetzt sei es erst mal wichtiger, dass sie- und vor allem der junge Uchiha- Ruhe fanden. Diesem schien die Lust und Kraft für einen Streit zu fehlen, sodass er sich seinem Schicksal ergab. Diesmal jedoch weitaus wohlwollender als sonst. Langsam, fast als befürchtete er, die Träume könnten ihn wieder einholen, schloss er die Augen und deutete mit einem kaum hörbaren Seufzen an, dass es ihm gefiel, wie Itachi über seine Schulter strich und ihn enger an sich zog. Der Dunkelhaarige betrachtete seinen kleinen Bruder, bis sich seine Muskeln völlig entspannten und er ruhig und gleichmäßig atmete. Er war eingeschlafen und diesmal schien es ein traumloser Schlaf zu sein. Itachi gab dem Kleineren einen liebevollen Kuss auf die Stirn und wünschte ihm eine gute Nacht, wie er es früher immer getan hatte, wenn Sasuke von einem Albtraum aufgeschreckt in sein Bett gekrabbelt war. In dieser Nacht wirkte alles so friedlich, wie es beide Brüder gewöhnt waren. Und wie es, wenn es nach ihnen ginge, gerne wieder sein dürfte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)