I'm on your side... von San-chi ================================================================================ Prolog: -------- „Es ist warm…“ dachte sie, als sie den Flughafen, auf dem Weg zum Parkplatz verlies, und zum ersten Mal in ihrem Leben japanische Luft einatmete. Die Sonne schien und hinterließ ihre warmen Spuren auf ihrer hellen Haut. Wie sehr hatte sie auf diesen Moment gewartet, so viele Jahre darauf hingearbeitet, bis sie endlich jenen Mut aufbrachte, der ihr zu diesem großen Schritt noch gefehlt hatte. _________________________________________ „Bist du auch sicher, dass du das tun willst?“ fragte mich meine beste Freundin Shirley besorgt, als sie mich diesen Morgen zu Hause besuchen kam und ich gerade am Koffer packen war. Wir wohnen direkt nebeneinander und kennen uns schon seit Kindesbeinen an und haben schon vieles gemeinsam erlebt. „Ich weiß, wir haben früher immer so oft davon geredet einmal nach Japan zu gehen, aber… ich weiß auch nicht… das war damals etwas anderes. Es ist schon drei Jahre her und wir sind jetzt erwachsen. Natürlich würde ich schon gerne mal hin, aber für ein ganzes Jahr?“ Ich wusste, dass es ihr nicht gefallen würde… genauso wenig wie meinen Eltern, obwohl ich so lange davon gesprochen hatte, glaubte wohl keiner, dass ich das wirklich durchziehen würde. Aber ich tat es. Endlich wollte ich das tun, was ich schon immer tun wollte. Als ich vor drei Jahren mit meiner Ausbildung anfing, wurde mir mehr und mehr klar, dass man irgendwann nicht mehr zurück kann und für den Rest seines Lebens in seinem Alltag gefangen ist. Das, wovor ich die meiste Angst hatte, mein Leben zu fristen, eingesperrt in einem System in dem es nur ums Existieren geht und darum gut über die Runden zu kommen, wurde beinahe zur Wirklichkeit. Das wollte ich nicht. Bevor ich mich an diesen Lebensstil gewöhnt hatte, ergriff ich die Flucht und nahm an einem Au-pair nach Japan teil. „Versteh mich doch bitte. Das ist etwas das ich für mich selbst tue, etwas das ich mir beweisen will und niemanden sonst. Ich habe mich bisher Vieles nicht getraut und dadurch so wichtige Dinge verpasst. Ich möchte einfach nicht mehr bereuen.“ Und mit diesem Satz lies ich schwungvoll den Deckel meines Koffers auf die dafür vorgesehene Stelle fallen bevor ich damit begann meine braune Jacke anzuziehen, denn die Zeit wurde knapp, ich musste langsam zum Flughafen und meine Eltern warteten schon um mich zu begleiten. Es fiel ihnen sehr schwer mich gehen zu lassen, doch sie verstanden mich und willigten ein. Ich drehte mich noch einmal zu meiner Freundin um und umarmte sie zum Abschied. Ich würde sie sehr vermissen, das wusste ich jetzt schon. Die Tränen, die schon jetzt zu fließen begannen wischte ich sofort weg. Mit einem strahlenden Lächeln sah ich sie an: „Ich gehe nach Japan!“ Kapitel 1: Arrival ------------------ „Huch!“ Ein kleiner Schreck erhaschte mich als der starke Wind mir plötzlich meine langen blonden Haare nach vorne wehte, sodass ich kaum noch etwas sehen konnte. „Ich hasse so was…!“ Ich fluchte und spuckte meine „blonde Pracht“ voller Verachtung wieder aus. Wer kann mir das übel nehmen? So sehr ich sie auch liebte, wen würde es nicht nerven ständig seine eigenen Haare im Mund wiederzufinden? Da stand ich nun… Ein Straßenköter blondes Mädchen von zarten fast 19 Jahren, umringt von komisch guckenden Japanern, die wohl noch nie eine Naturblondine gesehen hatten - ich fühlte mich wie in einem Zoo - und wartete, dass meine Betreuerin mich abholte, um mich zu meiner Au-pair-Mom zu fahren. Ganze 45 Minuten stand ich dort, verloren mit meinem riesigen Koffer, bei dessen Gewicht man annehmen könnte, ich hätte mein gesamtes Zimmer plus Küche mitgenommen, alleine, angegafft von alten Japanern, von denen ich glaubte, die hätten am liebsten ein Erinnerungsfoto mit mir gemacht, um es Zuhause den Kindern zu zeigen. Ich lachte in mich hinein, jedes Mal aufs Neue wenn sie neugierig zu mir hinüber schielten, als plötzlich ein kleiner schwarzer Toyota um die Ecke bog. Das kleine Auto Hielt direkt vor meiner Nase und eine kleinwüchsige, etwas kräftigere deutsche Frau stieg aus und sprach mich an: „Ah… du musst bestimmt Sora sein, nicht wahr? Es tut mir furchtbar Leid, dass ich so spät bin, aber dieser Verkehr, du verstehst?“ Ich verstand nicht, aber das war jetzt auch egal, sie war endlich da und ich konnte aus diesem Zoo namens Flughafen endlich verschwinden, also packte ich mein Gepäck in den Kofferraum und setzte mich zu der kleinen Frau, die sich mir als Marie Lindenburg vorstellte, auf den Beifahrersitz. Ich fühlte mich völlig überfordert mit meiner Situation. 'Was habe ich mir nur dabei gedacht?' Von meiner Motivation an meiner Abreise war nichts mehr übrig. Mein Kopf drohte zu platzen. So viele verschiedene Eindrücke stürzten wie eine Lawine auf mich nieder. Alles wirkte so fremdartig. Gedankenverloren blickte ich aus dem Fenster des fahrenden Autos und beobachtete wie die Straße an uns vorüber zog. 'Was mache ich eigentlich hier?' Angst... Unsicherheit... War das wirklich die richtige Entscheidung gewesen? Ich wusste es nicht. Alles was ich tun konnte war abzuwarten was die Zukunft bringt. Die Fahrt dauerte 90 Minuten, während ich in dieser Zeit von meiner mir nicht ganz so sympathischen Betreuerin, voll gequatscht wurde und mich fragte ob ich langsam durchdrehen sollte, da die Alte jetzt auch noch anfing mir von ihrer Warzenbehandlung zu erzählen. 'Gott schlimmer kann es nicht mehr kommen.', dachte ich mir in einem Moment größten Entsetzens, als sie Anstalten machte an der Ampel ihre Schuhe auszuziehen, um das erstaunliche Ergebnis ihrer schmerzhaften und äußerst widerwärtigen Behandlung zu zeigen, es dann aber Gott sei Dank doch ließ. Ich setzte ein Stoßgebet gen Himmel als wir endlich vor dem Apartment meiner neuen Mom ankamen und ich endlich aus dieser Folter befreit wurde. Kaum waren wir angekommen, hetzte schon eine Frau die Treppen herunter, die meiner Meinung nach, einen sehr gestressten Eindruck machte. Sie war sehr schick gekleidet, mit einem dunkelgrauen Kostüm, Highheels und schulterlangen, offenen braunen Haaren. Eine sehr schlanke Figur und ein unglaublich zartes, feminines, japanisches Gesicht zierten ihre Erscheinung. Bis auf ein paar kleine Fältchen sah sie eigentlich noch ganz jung aus, was mich überraschte. „Entschuldigung…“, keuchte sie völlig außer Atem vom Treppen Herunterrennen. „Es tut mir furchtbar Leid. Ich hatte völlig vergessen, dass du heute kommst Sora-chan. Ich darf dich doch so nennen nicht war? Ich war etwas beschäftigt, weil meine Arbeitskollegen einfach nichts ohne mich auf die Reihe kriegen.“ „Ano… hai!“ sagte ich erst einmal aus lauter Verwirrung, da ich anscheinend noch nicht ganz kapiert hatte, was jetzt los ist und mir kam erst mal ein: „Freut mich dich kennen zu lernen, ich bin Hino Yumiko, aber nenn mich ruhig Yumiko.“ strahlend lächelnd zu mir herüber, sodass alle Anspannung von mir abließ und ich mich in Ruhe meiner „Mutter“ vorstellte. Ich mochte sie. Sie war eine hektische Frau, die sehr viel redete, und Gott sei Dank nicht solch sinnloses (und ekliges) Zeug, wie meine Betreuerin, und schien immer gut gelaunt zu sein. „Komm rein und stell deine Sachen erst einmal ab, ach und zieh bitte die Schuhe aus, ja?“ Und mit diesem Satz war sie auch schon in der Küche verschwunden, wo ihr Telefon klingelte, anscheinend jemand von der Arbeit, dachte ich mir. Es war eine sehr schöne Wohnung mit hellen Farben und vielen schönen Pflanzen. Im Wohnzimmer stand eine große weiße Couch, mit einem niedrigen schwarzen Tisch und Sitzkissen drum herum. Alle anderen Zimmer grenzten an dieses hier, wodurch die Wohnung sehr groß und übersichtlich wirkte. Zu meiner Enttäuschung war die gesamte Wohnung im westlichen, modernen Stil gehalten, keine Spur von japanischer Einrichtung, was allerdings sehr zu Yumikos Art passte. Schließlich war eben Genannte mit dem Telefonieren fertig. „Ach es tut mir Leid. Das war ein wichtiger Anruf, ich muss ab Montag schon wieder arbeiten gehen, es gibt viel zu tun, das heißt dass du mir schon ab da behilflich sein musst, wenn es dir keine Umstände macht. Du kriegst sogar Gehalt.“ „Kein Problem. Das ist ja meine Gegenleistung dafür, dass ich hier wohnen darf. Eine sehr schöne Wohnung übrigens. Etoo… wo werde ich eigentlich schlafen?“ Fragend blickte ich mich in dem großen Zimmer um und hoffte nicht mit der Couch Vorlieb nehmen zu müssen, so kuschelig sie auch aussah. Yumiko, die anscheinend bemerkte wie ich misstrauisch das Sofa anfunkelte, musste unwillkürlich kichern, was mir selbst ein keines Lächeln entlockte, das erste seit meiner Ankunft. „Ich habe mein Arbeitszimmer extra für dich umräumen lassen. Du hast jetzt dein eigenes Schlafzimmer, wo du auch mal etwas Privatsphäre hast.“ „Oh, danke Yumiko-okaa-chan.“ Ich freute mich über ihre Fürsorge und lächelte glücklich, als ich plötzlich in ein etwas merkwürdig verzerrtes Gesicht sah, nachdem ich diesen Satz sagte. „Also... nenn mich doch lieber Yumiko-nee-chan. Das klingt doch viel netter und nicht ganz so alt.“ Ich musste anfangen zu lachen, obwohl ich mich noch zusammenzureißen versuchte, um nicht unhöflich zu erscheinen, aber sie lachte nur mit. 'Ich glaube, es könnte mir doch gefallen.' Die letzten paar Tage waren sehr ruhig. Ich hatte mir mein Zimmer eingerichtet das übrigens sehr schön und geräumig war. Ein etwas kleines Doppelbett stand am Fenster, daneben zwei kleine Tische und ein großer Kleiderschrank aus hellem Holz an der Wand. Einige kleine Pflanzen und Bilder schmückten den Raum und ließen ihn freundlicher erscheinen. Nachdem ich mir mein neues Zuhause gründlich betrachtet hatte, wurde ich auch schon von Yumiko in die Innenstadt Tokios geschleppt. Sie erklärte mir die wichtigsten U-Bahn Wege, wie ich am besten wieder nach Hause komme, die Einkaufsstraßen, bis hin zur letzten guten Ramen-Bude (Sie liebte Ramen) und Takoyaki- Ständen (diese übrigens auch). Sie hatte wohl ein Faible für typisch japanische Küche. Dies stand allerdings in einem großen Widerspruch zu ihrer Inneneinrichtung. „Sag mal Nee-chan… du hast mir bisher noch nicht genau erzählt, was genau du jetzt beruflich tust.“ „Da schau!“, sagte sie nur und zeigte mit ihren Finger zu einer der riesigen Leinwände, die über die ganze Stadt verteilt waren und lauter gut aussehende Idole zeigten, einer hübscher als der andere. „Ich bin die Managerin einer der berühmtesten Boybands hier in Japan, sie heißen KAT-TUN. Sicher hast du schon von ihnen gehört?“ In diesem Moment dachte ich, mir würde jeglicher Sauerstoff zum Atmen aus meiner Umgebung entzogen und ich schnappte unauffällig nach Luft. Ob ich von ihnen gehört hatte? Natürlich wie könnte ich nicht! Vor drei Jahren war ich ein großer Fan von ihnen gewesen, was damals auch ein Grund für meine Japanreise war. Zwar hatte ich meine Fangirl Phase im Großen und Ganzen überwunden, hörte zwar noch Lieder von ihnen, aber hatte diese Geschichte eigentlich schon abgeschlossen… dachte ich. In diesem Moment stieg ein merkwürdiges Gefühl in mir auf, dass ich auch nicht wirklich weiter beschreiben konnte. Eine Mischung aus Scham, Freude und Angst. Diese Gruppe, diese Menschen, die ich für so lange Zeit verehrt hatte, die mich begeisterten und berührten… Ich hatte die Hoffnung schon längst aufgegeben, beziehungsweise hatte ich nie welche gehabt sie jemals persönlich zu treffen, und nun? Das alles überforderte mich und ich konnte nicht mehr klar denken. Was jetzt? Wie sollte ich reagieren, mich verhalten? Und dann war da noch… Ich erhob leicht den Kopf und meine klaren grünen Augen fixierten das riesige Plakat. „Aber…“, flüsterte ich mir selbst auf Deutsch zu und mein Blick lag wie gebannt auf dem Antlitz einer bestimmten Person. Er war es gewesen, der mich am meisten fasziniert hatte. Alles was er tat, seine Stimme, wenn er sprach, lachte oder sang, und ganz besonders dann ließ mich eine Gänsehaut bekommen und zum Träumen verleiten. Sie berührten mich tiefer, als jede andere Musik die ich je gehört hatte, ganz tief in meinem Herzen, wo noch nie jemand zuvor vorgedrungen war. Ich wollte ihn unbedingt kennenlernen, wissen wer der Mensch, der so viel Sehnsucht und Gefühl in seine wunderbare Stimme und Texte legte, ist. Was fühlte er wirklich tief in seinem innersten wenn er singt? „Hey, ist alles in Ordnung mit dir?“ Plötzlich riss mich Nee-chan aus meinen Gedanken und ich kam wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ein harter Aufprall. „War das etwas zu viel für dich? Vielleicht hätte ich dich besser darauf vorbereiten sollen? Aber ich hoffe, du bist nicht eines dieser verrückten Fangirls, die direkt anfangen zu kreischen, wenn sie unsere Prachtkerle zu Gesicht bekommen, oder?“ „Haha… Nein keine Sorge. Ich war zwar mal ein Fan gewesen, aber das ist vorbei, ich werde mich schon zu benehmen wissen.“, sagte ich und brachte Yumiko ein strahlendes und wie ich hoffte überzeugendes Lächeln entgegen. Ich wollte auf keinen Fall, dass sie meine Unsicherheit bemerkte, um ihr keine Schwierigkeiten zu bereiten. 'Reiß dich zusammen! Es sind nur Menschen!', versuchte ich mir die ganze Zeit einzureden und so kam es, dass ich die nächsten zwei Tage keine Ruhe fand. Kapitel 2: The first time we met -------------------------------- Der Wecker klingelte unaufhaltsam am nächsten Morgen als die Sonne in voller Pracht in mein Fenster, auf mein Bett strahlte und mir den letzten Rest Müdigkeit zu entreißen versuchte, was ihr aber nicht unbedingt gut gelang. Es war noch Winter, Februar um genau zu sein. Ich weiß nicht ob es daran lag, dass ich auf einem anderen Kontinent war, aber trotzdem schien die Sonne wärmer zu sein als bei mir zu Hause. Die lauten Geräusche aus der Küche und der süßliche Duft, der mir in die Nase stieg, ließen mich das Frühstück vermuten, worauf ich mich auch schon voller Begeisterung aus dem Bett schwang, um das Festmahl entgegenzunehmen. Müde, aber trotzdem fest entschlossen mir gleich den Magen voll zuschlagen, trottete ich langsam aus meinem Zimmer. „Ohayooo~!“, gähnte ich genüsslich, doch anstatt ein genauso entspanntes „Guten Morgen.“ entgegenzunehmen, bekam ich ein gehetztes und äußerst verzweifeltes „Ohayo, Sora-chan. Gomen ne. Aber wir haben es furchtbar eilig. Das Meeting wurde um eine halbe Stunde vorverlegt. Also iss jetzt besser schnell und zieh dich an, ich muss noch ein paar Sachen vorbereiten.“ Und mit diesem Satz war sie auch schon wieder im Wohnzimmer verschwunden und packte sich einen ganzen Haufen Zettel und Notizen ein, Terminplaner und Handy. „Verdammt!“, hörte ich sie nur noch fluchen, dachte mir meinen Teil und machte mich genüsslich über mein frisch aufgebackenes Brötchen mit Marmelade her. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor bis wir endlich unser Ziel mit dem Auto erreicht hatten, nämlich die in Japan allseits bekannte Künstleragentur Johnny & Associates. Allerdings mussten wir uns vorher noch durch das Geschwür namens Tokio zwängen, was alles andere als schnell ging. In der Zwischenzeit war Yumiko ausreichend damit beschäftigt einen ihrer Mitarbeiter eine kräftige Standpauke zu halten: „Es ist mir absolut egal was dein Vorgesetzter gesagt hat, weil ich bin dessen Vorgesetzte, also muss dein Vorgesetzter das tun, was ich sage, haben wir uns verstanden? Und wenn ich sage, dass das Meeting um zehn ist, dann hat er nicht einfach zu entscheiden, dass es um halb zehn stattfinden soll! Mein Gott muss ich denn alles selbst machen?“, seufzte sie nur noch in den Hörer bevor sie beschloss ihren Gesprächspartner nicht noch den Rest an Stolz und Ehre zu nehmen, der noch übrig war. Sie war manchmal wirklich furchteinflößend. Zum Glück war es mir bisher noch nicht gelungen sie zu verärgern. 'Ich sollte sie wohl in Zukunft lieber nicht reizen.', dachte ich mir und kicherte in mich hinein. Im Gegensatz zu den „normalen“ japanischen Frauen, war sie eigentlich sehr unjapanisch. Das lag wohl daran, dass sie die Hälfte ihres Lebens in Amerika verbracht hatte, wie sie mir erzählt hatte. Ich denke allerdings, dass dies nur besser für sie gewesen ist. Als scheues, kleines Mädchen kommt man im Showbusiness wohl nicht allzu weit, und sei es nur als Managerin. Hinzukam noch, dass Japan ein von Männern dominiertes Land ist, in dem es eine Frau in höher gestellten Jobs nicht leicht hat sich durchzusetzen. „Ich bin irgendwie gar nicht so aufgeregt, wie ich gedacht hatte.“ „Das ist normal. Immerhin sind die Jungs ja keine Aliens, sondern einfach nur freche, kleine Rotzlöffel, die mich manchmal ziemlich zur Weißglut bringen.“ „Ach so? Ich dachte Idols besäßen alle ein überschwängliches Maß an Höflichkeit.“, lachte ich nur nach dieser Bemerkung über KAT-TUN. Sie mir als „kleine Rotzlöffel“ vorzustellen war wirklich ein sehr amüsanter Gedanke und ich fing direkt wieder an zu kichern. „Haha. Ja allerdings nur solange die Kamera an ist, glaub mir. Jungs können auch ziemlich zickig sein, vor allem wenn sie berühmt sind. Aber ich will dir jetzt keine Angst machen, denn eigentlich sind das alles doch sehr nette Jungs... manchmal.“, antwortete sie mir und ich hätte schwören können ich hätte ein leises schelmisches Grinsen in ihren Mundwinkel zucken gesehen, machte mir aber weiterhin keine Gedanken darüber bis wir endlich im „Boyband Himmel“ angekommen waren. Es war merkwürdig, doch von der Nervosität, von vor zwei Tagen, war absolut nichts mehr zu merken. 'Vielleicht habe ich das alles noch nicht wirklich realisiert? Hmm.' Schon wieder hieß es für mich warten. Yumiko war in einem großen Besprechungszimmer verschwunden, in das ich leider nicht mit hinein durfte. „Firmengeheimnisse“ nannte sie es. Es gab halt Sachen die eine winzige Praktikantin, wie ich mich mal nennen möchte, nichts angingen und so vertrieb ich mir die Zeit damit, mich ein wenig auf der Etage umzusehen. Ich glaube wir befanden uns im 6. Stock. Johnny & Associates lag in einem großen, modernen Gebäude, dass ich auf ungefähr 10 Etagen oder mehr schätze. Untergrund nicht mitgerechnet - versteht sich. „Seufz!“, war wahrlich das einzige was ich herausbrachte als ich gelangweilt den Gang hinunterlief, um nach dem Getränkeautomaten zu suchen. Der musste hier doch irgendwo sein, immerhin hatte ich ihn beim Aussteigen aus dem Fahrstuhl noch gesehen. Das Stockwerk war riesig und ich hatte sichtliche Schwierigkeiten mich darin zurechtzufinden, wobei das wohl jeden so ergangen wäre, der sich zum ersten Mal hier aufhalten würde. 'Durchhalten und ja nicht verdursten', war meine Devise und die war leichter gesagt als getan. Ich dankte Gott, als ich zumindest wieder an den Fahrstühlen stand. „Zurück zum Ursprung“ hieß es doch. So und jetzt nur noch überlegen wo wir vorhin entlang gelaufen sind. 'Gut gemacht Mädchen so wird das was!', jubelte mein inneres Ich in der Hoffnung doch nicht verdursten zu müssen, als plötzlich hinter mir die Fahrstuhltür aufging. „Mein Gott, was muss das für ein Idiot gewesen sein, der das alles umgeplant hat.“ Ich bemerkte eine vertraute Stimme hinter mir. Wie oft hatte ich sie schon gehört und doch hätte ich sie fast nicht wieder erkannt. 'Nein das kann nicht sein!' Ungläubig und verwirrt drehte ich mich ruckartig um und schaute in zwei leuchtende, dunkelbraune Augen die fast schon tiefschwarz wirkten, und mich in ihren Bann zogen, wie sie es schon einmal vor drei Jahren getan hatten. „Eh? Wer ist das denn?“, hörte ich aus dem Fahrstuhl noch eine andere Stimme, die ich fast genauso gut kannte. Vor mir standen Jin Akanishi und Yuichi Nakamaru. „Sie ist ja Blond!“ schallte es aus Zweiterem, als er mich genauer zu Gesicht bekam. Ersterer dagegen schaute mich stillschweigend, mit offenem und scheinbar ratlosem Blick durchdringend an. Unfähig mich zu bewegen ließ ich es zu, dass sich unsere Blicke trafen und meine Augen mit seinen verschmolzen. Sie strahlten eine beruhigende Wärme aus, obwohl ich glaubte, einen traurigen Schimmer in ihnen zu entdecken. „Etoo… Akanishi-kun du weißt aber, dass wir es eilig haben, nun komm schon!“, platze auf einmal der Ältere dazwischen und schien uns beide aus unserer Trance zu reißen. „Hai, gome...“, sagte er nur als sich beide langsam von mir entfernten und in die Richtung liefen aus der ich gerade gekommen war. Ein kurzer, warmer Schauer lief mir über den Rücken als ich sah wie Jin noch einmal einen kurzen Augenblick zu mir zurückblickte. „Ich habe immer noch Durst!“, war in diesem Moment das Einzige was ich zu Stande brachte. Mein Gehirn wollte nicht mehr. Alles drehte sich und ich war unfähig noch einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. „Also wo ging es lang? Ah... dort!“, gab meine nun vom Schock etwas höhere Stimme von sich und machte mich auf in dieselbe Richtung in welche die anderen verschwunden waren. Bis auf das laute Ticken der großen Wanduhr war kein Ton zu hören. 'Aber der Raum kann doch wohl unmöglich schalldicht verschlossen sein oder reden die da drinnen nicht miteinander?' Nun saß ich wieder im Warteraum vor dem Besprechungszimmer, in dem Yumiko vor einer Dreiviertelstunde verschwunden war. Mit einer Dose Cola in der Hand, wartete ich auf meine Erlösung von dem ewigen Warten, während mein Körper mir für die frische, allerdings nicht ganz so gesunde, Zufuhr von Flüssigkeit dankte. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe. Ich weiß, das ist eine schlimme Angewohnheit, aber wenn ich nicht dort kauen würde, dann an meinen Fingernägeln, was erst recht sehr unansehnlich wäre. Ich schaute wieder auf die Uhr. Nun war schon über eine Stunde vergangen und ich wurde immer unruhiger. So viel zum Thema „keine Spur von Nervosität“ lachte ich ironischer Weise in mich hinein, obwohl mir gar nicht danach zumute war. Meine Füße begannen von allein im Dreivierteltakt auf den Boden zu stapfen, als ich dachte, gleich platzen zu müssen vor lauter Anspannung. 'Warum zum Teufel brauchen die nur so lange?', brüllte mein Innerstes in meinen Kopf. 'Ich glaub ich brauch ein Aspirin.' „Seufz!“ Das war wohl in der letzten Zeit mein Lieblingsausdruck geworden. Irgendwie traurig, oder? Panisch fuhr ich zusammen, als sich die Tür neben mir plötzlich öffnete. „Hö?“, erklang es nur und ein sehr junger Mann mit hellbraunen Haaren starrte mich sichtlich verwirrt an. „Was'n los Ueda? Warum bleibst du mitten in der Tür stehn?“, drang eine weitere mir bekannte Stimme aus dem bisher so stillen Raum nach draußen. Kazuya Kamenashi trat aus der Tür und starrte nicht besser als der Jüngling vor ihm. 'Hallo Zoo, ich bin zurück!', war mein erster Gedanke. „Ähm... Hi.“, antwortete ich zaghaft auf die verblüfften Gesichter vor mir, verängstigt, als würde mir gleich das Herz in die Hose rutschen. Und schon dauerte es nicht lange bis auch der Rest der Truppe gutaussehender Jungs auf den Flur trat. „Ach du schon wieder!“, hörte ich Nakamaru von hinten rufen als mein Blick von etwas anderem abgelenkt wurde, jedoch kaum Zeit hatte dort zu verweilen. „Wer bist du? Arbeitest du hier? Du bist Ausländerin! Woher kommst du? Ach ja ich bin übrigens Tanaka Koki.“ Wow, das waren viele Fragen auf einmal. Ich wusste kaum, was ich sagen sollte. Gelähmt von dem Anblick von KAT-TUN, der unbekannte Ort, alles wurde mir zu viel und ich befürchtete der Boden unter meinen Füßen würde nachgeben und mich in ein tiefes Loch reißen. „Jetzt lasst sie doch mal in Ruhe, sie sieht ja völlig verängstigt aus. Du weißt ja noch nicht mal ob sie Japanisch spricht.“, meldete sich plötzlich die so bekannte Stimme zu Wort und mein Herz machte einen riesigen Sprung. „Also..., doch ich kann euch verstehen. Ich... ich heiße Sora Main und... ich bin für ein Jahr eure Praktikantin … ähm… sozusagen.“ Stockend kamen die Wörter aus meinem Mund und ich versuchte mich an einem kleinen Lächeln, das mir aber leider nicht wirklich gelingen wollte. Mein Herz pochte mir bis zum Hals und ich glaubte jede Sekunde ohnmächtig werden zu können, als ich erschrocken dem überraschten Blick, den Jin mir zuwarf, auswich. Plötzlich verfinsterte sich sein Ausdruck. Ich hatte plötzlich das Gefühl, ihn verärgert zu haben und blickte reumütig zu Boden. „Eh? Sie kann japanisch sprechen!“ 'Als hätte ein Panda ein Kunststück vorgeführt.' „Und woher kommst du?“ Nun begann auch Taguchi, der größte und hibbeligste aus der Gruppe, mir Fragen zu stellen. Ich riss mich mit aller Kraft zusammen, um nicht wie der letzte Vollidiot zu wirken. „Also… ich komme aus Deutschland. Allerdings bin ich noch nicht ganz so gut in Japanisch, doch ich hoffe, dann kann ich mit Englisch nachhelfen.“ Ich lächelte gequält. „Echt? Ist ja Wahnsinn und…“ „STOP!“, brüllte auf einmal eine schrille Frauenstimme, die ich als Yumikos identifizierte. Erleichtert atmete ich auf. „Jungs, es reicht mit der Fragerei! Wir sind hier doch nicht in einer Quizshow! Das ist Sora, sie ist 18 Jahre alt und wohnt für ein Jahr bei mir um unsere Sprache und Kultur zu lernen. Dabei wird sie mir, beziehungsweise uns, bei Kleinkram behilflich sein, der halt so anfällt. Also werdet ihr gefälligst versuchen mit ihr klarzukommen! Haben das eure Spatzenhirne auch geschnallt?“ „Hai~!“ schallte es im Chor und so fing es an, dass sich mir erst einmal alle nach der Reihe vorstellten. Ich war froh, dass jeder so locker mit mir umging und meine Nervosität senkte sich allmählich. „Hi, ich bin Jin Akanishi.“ 'War’s das schon?' Enttäuschung breitete sich in mir aus. Er verhielt sich mir gegenüber so abweisend und kühl oder bildete ich mir das nur ein? Aber was hatte ich auch erwartet? Er ist ein Idol und lernt jeden Tag neue Menschen kennen, allerdings taten das die anderen Mitglieder auch, doch diese…: „Also Sora-chan, ich darf dich doch so nennen?“ „Klar kein Problem. Aber sag mal Tanaka-san, ähm… was genau machen wir jetzt? Um ehrlich zu sein habe ich noch keinen Schimmer wo es hingeht, geschweige denn was meine Aufgaben sind.“ Der erste Schock hatte sich zum Glück wieder gelegt und mir gelang es endlich wieder in vollständigen Sätzen zu Sprechen. „Öh… gute Frage also~… Hino-san?“ Nee-chan drückte mir einen fetten Terminplaner in die Hand, den ich erst einmal skeptisch begutachtete, bevor ich dachte, mich würde der Schlag treffen. „Eh~? Und das alles heute noch?“ Auf der Seite des Terminplaners, die für Montag vorgesehen war, ragten mir etliche Interviews entgegen, gefolgt von zwei Fotoshootings und einem Fernsehauftritt. „Hey~! Endlich mal ein entspannter Tag!“ grinste mir Koki entgegen, der mein entsetztes Gesicht wohl bemerkt hatte. Ich fand das übrigens gar nicht so lustig. Dies war mein erster Tag und ich wollte nichts falsch machen. „Ach, das wird schon. Ist für uns schon Routine geworden. Du wirst schon sehn.“ Kamenashi klopfte mir auf die Schulter, um mich aufzumuntern, was ihm allerdings nicht sonderlich gut gelang. Meine Anspannung stieg plötzlich wieder und auf einmal hatte ich Angst, dass ich nicht mit ihnen mithalten konnte und am Ende nur noch eine Last für sie wäre. Das war das Letzte was ich wollte. „Wir gehen erst einmal Essen!“ Autsch, das war so typisch für Yumiko. Aber um ehrlich zu sein hatten ich und mein Magen nichts dagegen und so schob ich meine Zweifel erst einmal beiseite, denn mein Hunger hatte Vorrang. Wir machten uns alle zusammen auf den Weg in ein kleines Lokal, das direkt gegenüber der Agentur lag. Ein leichter Schauer strich mir über den Nacken und ich drehte mich ruckartig um. Erst jetzt bemerkte ich, dass Jin nur ein kleines Stück hinter mir herging. Und schon wieder. Schon wieder sahen mich diese Augen an. Genug! Es war mir egal wer er ist. Ich beschloss einen Schlussstrich zu ziehen und ihn nicht mehr durch die Augen meines drei Jahre alten Ichs zu sehen. Ich sprach ihn direkt auf meine deutsche Art und Weise an. „Was ist? Habe ich etwas im Gesicht?“ „Eh? N-…nein eigentlich…“ und plötzlich wurde er rot. Die „deutsche Art“ schien ihn wohl etwas zu überfordern. Gab es denn so was? Ich konnte nicht anders als anfangen zu kichern, was ihm erst recht ziemlich peinlich war und gleich noch einen Ton drauflegte. „Bist du etwa schüchtern oder wie?“ Ich musste einfach lachen, es ging nicht anders. Der berühmte Akanishi schämte sich. Das war Gold wert. Und nicht nur das: Mein Puls regulierte sich endlich wieder auf „fast-normal“ Tempo. ‚Er ist wirklich nur ein Mensch.’ Ich grinste ihn etwas triumphierend an, um ihm klar zu machen, dass er sich eben selbst in Verlegenheit gebracht hatte, worauf ich eine noch größere Verwirrung in seinem Blick feststellte. Doch diese hielt nicht lange an und ein etwas beleidigter Jin trottete merkwürdig grinsend an mir vorbei in Richtung Aufzug. „Komisches Mädchen.“, hörte ich ihn allerdings noch mit Kamenashi flüstern. 'Komischer Kerl!', dachte ich und streckte dabei protestierend die Zunge raus. Zum Glück hatte das keiner gesehen. Nervtötend. Anders konnte man die Art nicht beschreiben, mit der sich Koki genüsslich den Mund voll stopfte. Heute hatte ich mir ausnahmsweise meinen Teller mal nicht übermäßig zugestopft. Fett war ich nicht. Eigentlich war ich ganz zufrieden mit meiner Figur. Zwar etwas kurz geraten mit meinen 1,60 m, aber mit meinen weiblichen Rundungen stand ich einer großen Bohnenstange in nichts nach. Trotzdem wollte ich mein sowieso schon schwankendes Gewicht nicht überstrapazieren, um ja nicht Gefahr zu laufen die zwei Kilo plus/minus doch noch irgendwann zu überschreiten. Also gab ich mich heute mit einfachen Spaghetti zufrieden, wobei ich aber nie gedacht hätte, das es diese hier auch zu kaufen gäbe. Zu meinem Glück, da ich bisher noch keine besondere Schwäche für japanisches Essen entwickelt hatte. Aus dem Augenwinkel betrachtete ich mir Jin einmal etwas genauer. Er trug eine alt aussehende, grünlich verwaschene Jeans, darauf schwarze Stiefel, ein weißes T-Shirt und eine rot karierte Sweatshirtjacke offen darüber. Erst jetzt viel mir auf, wie unglaublich gut er doch in Person aussah und mein Herz fing wie auf Kommando, wieder an etwas schneller zu schlagen. ‚Oh nein das lässt du!’, ermahnte ich es. Seine Haut war wirklich perfekt. Jedes Mädchen wäre vor Neid erblasst. Was für ein schöner Kontrast seine dunklen Haare zu seinen feinen, und doch männlichen, Gesichtszügen bildete. Ein kleiner Dreitagebart war an seinem Kinn zu erkennen und ich musste feststellen, dass da gar nicht so viel wächst wie bei europäischen Männern. Schon wieder musste ich mir mein Kichern verkneifen bei dem Gedanken: 'Dafür, dass im Gesicht nichts wächst, wächst unter den Armen mehr als genug Urwald.' Ich durfte auf keinen Fall zu Ende denken, sonst wäre ich direkt wieder in Gelächter ausgebrochen und hätte mich bis auf die Knochen blamiert, also beschloss ich weiter an meinen Spaghetti zu nuckeln. Natürlich waren die anderen KAT-TUN Mitglieder äußerlich auch nicht zu verachten, aber trotzdem setzte sich mein Herz nur bei Jin so in Bewegung. 'Liegt es daran, dass ich früher am meisten für ihn schwärmte? Eigentlich bin ich doch schon längst darüber hinweg. Was ist bloß los mit mir?' „Also du bist aus Deutschland?“, fragte, oder besser: spuckte Koki mir mit vollem Mund entgegen und ich dankte meinen sonst nicht all zu guten Reflexen, da ich noch knapp ausweichen konnte. „Wie ist es dort? Ich habe gehört dort gibt es das beste Bier überhaupt.“ Allein bei dem Wort „Bier“ wurden plötzlich alle hellhörig. Selbst Nee-chan, die gerade dabei war fleißig SMS zu schreiben, spitzte die Ohren. „Ich denke schon. Ich habe allerdings bisher noch kein anderes Bier zum Vergleich getrunken. Aber unser Essen ist klasse.“ „Und von wo genau kommst du?“, meldete sich nun auch mal Ueda zu Wort und es schien ihn tatsächlich zu interessieren, während Jin resignierend weiter seinen Reis und merkwürdiges, für mich undefinierbares Fleisch dazu aß. 'Beleidigte Leberwurst!' „Aus Frankfurt am Main. Das ist einer der größten Städte in Deutschland und international sehr wichtig, wegen der Börse und den Finanzfirmen.“ Ich war stolz von meiner Heimat zu berichten, weil das einzige, was man als Ausländer mit Deutschland in Verbindung brachte waren Bier, Wurst, Dirndl und Berlin. Diese Vorurteile nervten mich gewaltig. „Wahnsinn ich wusste gar nicht, dass Frankfurt so wichtig ist. Ich dachte bei Deutschland eigentlich immer erst an Bier und Berlin.“ Da war es. Hab ich es nicht gesagt? „Tja, da täuscht ihr euch aber gewaltig. Frankfurt ist die fünftgrößte Stadt in Deutschland. Unser ähm… wie sagt man auf Japanisch noch mal... Airport…, bleib ich halt bei Englisch, … zählt sogar zu einer der größten international Airports der Welt. Wir haben berühmte Einkaufsstraßen und viele... cultural institutions, wie die Alte Oper, den Römer oder unseren Dom.“ Nachdem meine Euphorie nachgelassen hatte, blickte ich in eine Runde erstaunter Gesichter. Sogar Jin hatte aufgehört zu essen und starrte nur noch zu mir herüber. 'Ups, ich habe wohl etwas übertrieben.' Ich räusperte mich kurz und versuchte mich wieder in den Griff zu bekommen, bevor ich zur Tomate höchstpersönlich wurde. „Sind eigentlich alle Europäerinnen so laut wie du?“ Ich zuckte zusammen als Jin mich plötzlich mit einem, wie mir schien, genervten Unterton ansprach. Damit hatte ich nicht gerechnet. „Naja… also ich denke, dass man das nicht wirklich verallgemeinern kann. Manche schon und manche nun mal nicht. Wieso? Findest du ich bin laut?“ „Aber hallo!“, sagte er nur frech ohne auch nur von seinem Essen aufzusehen. ‚Äh… wie bitte? Kann man das nicht etwas netter sagen?’ Weg war die Begeisterung von eben. Ich war stinkig und schnaufte ihn beleidigt an: „Und hast du vielleicht was dagegen?“ „Nö~!“ Er schlürfte seine Suppe leer. ‚Wie?' „Eigentlich finde ich das sehr witzig. Man trifft hier nicht oft Mädchen wie dich.“ Ein breites, verlegenes Grinsen zierte seine Mundwinkel, das mich auch direkt etwas fröhlicher stimmte. Aber warum kam ich mir auf einmal vor wie ein Kleinkind? „Er hat Recht.“, mischte sich Nakamaru in die Unterhaltung mit ein. „Die meisten Mädchen schämen sich immer vor uns oder bringen keinen Ton raus.“ Alle stimmten ihm zu und das machte mich irgendwie furchtbar glücklich. „Sag mal Sora-chan…“ Nun richtete auch mal Taguchi das Wort an mich. „Kanntest du KAT-TUN eigentlich schon bevor du hier angekommen bist?“ Das war wohl die Frage, die den Betreffenden wohl schon die ganze Zeit über auf der Zunge brannte. Leicht verunsichert,durch die neugierigen Gesichter, beschloss ich trotzdem ihnen die Wahrheit zu erzählen. „Um ehrlich zu sein, ja! Vor drei Jahren bin ich sogar ein großer Fan von euch gewesen.“ Ich errötete und wartete auf die Reaktionen. „Eeeeh~? Echt jetzt? Du wirkst gar nicht so!“, brach es aus Nakamaru voller Überraschung heraus, und auch der Rest kam nicht drum herum, mir ihr Erstaunen mitzuteilen. „Hast du das gewusst, als du von Hino-san als Au-pair angenommen wurdest?“ Schweigen brach aus, nachdem Jin die Frage gestellt hatte. Er musterte mich misstrauisch. ‚Vielleicht hätte ich doch nichts sagen sollen. Bestimmt halten sie mich jetzt für irgendeinen irren Fan.’, dachte ich mir und mein Mut war kurz davor, mich zu verlassen. „Naja… alsoo~…“ „Das wusste sie nicht!“, unterbrach Yumiko plötzlich mein unsicheres Gestammel. „Ich habe es ihr erst vor zwei Tagen erzählt. Sie wusste lediglich, dass ich einen etwas außergewöhnlichen Job habe, das ist alles!“ Ich war ihr so dankbar, dass sie mich aus dieser misslichen Lage befreit hatte. Wer weiß, ob sie mir geglaubt hätten, wenn ich es erzählt hätte? „Das muss ja voll der Schock für dich gewesen sein!“, platzte Koki nun heraus. Im selben Moment, kehrte mein Mut zu mir zurück und ich war erleichtert: „Haha! Das kannst du aber laut sagen! Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl mit Dingen aus seiner Vergangenheit konfrontiert zu werden, die man schon längst vergessen hatte.“ „Hattest du uns etwa vergessen?“ „Das nicht. Ich habe mir immer mal wieder Lieder von euch angehört, aber aus der großen Fangirl-Phase bin ich schon lange raus.“ Nun sah mich Taguchi grinsend an: „Und hattest du auch einen Favoriten?“ Rot! Das war die Farbe, die mein Gesicht in diesem Moment annahm. KAT-TUN fingen derweilen an, heftig zu tuscheln und hofften wohl Derjenige zu sein. Das half mir in meiner Situation auch nicht gerade viel. Meine Aufmerksamkeit wendete sich für eine Nanosekunde auf Jin, der mittlerweile mit dem Essen zu Ende war. Er versuchte unbeteiligt durch die Gegend zu schauen. Seine Lippen waren zusammengepresst. Eine Angewohnheit, die mir schon vor langer Zeit an ihm aufgefallen war und er klopfte mit zwei Fingern nervös auf den Tisch. Auch er schien etwas verlegen zu sein, wollte es sich aber auf keinen Fall anmerken lassen. „Und? Wer war es denn?“, fragte mich Koki offen heraus, auch auf die Gefahr hin unhöflich zu wirken. Aber die Neugierde war in seinem Fall wohl stärker. Ich sah mich einmal in der Runde um und lächelte, bis ich meinen Zeigefinger kichernd an meine Lippen legte: „It’s a secret!“. Vor dem großen Gebäude standen ein schwarzer Van mit getönten Scheiben und ein kleineres, genauso schwarzes Auto, bereit uns auf unserer „Reise“ zu begleiten, die mich in unbekanntes Terrain verfrachten sollte. „Und damit fahren wir?“ Beeindruckt betrachtete ich mir das große Fahrzeug vor mir, das man nicht gerade als „Schrottkarre“ bezeichnen konnte. „Sugee~!“ „Klasse nicht wahr? Und drinnen ist es sogar größer, als es von außen vermuten lässt.“ Koki liebte es wohl zu Prahlen, auch wenn das meiste nur scherzhaft gemeint war. Einer nach dem Anderen stieg in das große Auto ein und ich konnte mir ein leichten Hauch Eifersucht nicht verkneifen. Allerdings blieb dieser nicht unbemerkt. „Du siehst aus als wolltest du auch mitfahren.“ Ich blickte hoch, als Jin das Wort an mich richtete und schaute verlegen auf den Boden, dann auf Yumiko. Ich versuchte meinen besten Dackelblick aufzusetzen: Kulleraugen und Schnute ziehen. „Ach was soll’s. Von mir aus. Aber lass bitte diesen Blick. Ist ja nicht zum aushalten!“, schnaubte sie leicht beleidigt, doch ich hoffte sie würde mir eines Tages verzeihen. „Hey, setz dich hier her!“ Kaum hatte ich das Einverständnis, schon winkte mich Koki zu sich hinüber und machte neben sich den Platz frei, der vorher mit den persönlichen Sachen von KAT-TUN zugeladen war. Diese mussten jetzt wohl oder übel mit dem Boden vorlieb nehmen. Leicht zögernd nahm ich seine Einladung an, denn etwas nervös war ich immer noch und ich glaubte auch nicht, dass sich das in den nächsten Tagen so schnell ändern würde. Der Van war wirklich groß. Die Sitze kreis-ähnlich angeordnet, sodass sich jeder ins Gesicht sehen konnte, während ein Anderer mit ihm sprach. Sogar ein kleiner Fernsehbildschirm war vorhanden und lauter kleine Lämpchen erhellten den, von innen, etwas dunkleren Raum. „Fahrt ihr immer zusammen zu euren Terminen?“ „Eigentlich nur, wenn wir uns vorher zur Besprechung getroffen haben, so wie jetzt. Ansonsten kommt jeder mit seinem eigenen Auto. Aber bei so vielen Stationen ist es uns auf diese Art nur Recht, wegen den Spritpreisen.“ Erklärte mir Kamenashi. Während der Fahrt nahm ich mir die Zeit ein paar der Member mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Bisher hatte ich dafür ja keine Zeit, geschweige denn die Nerven gehabt. Koki, der links neben mir saß, hatte sich die schwarzen Harre lockig gegelt. Er trug eine schwarze Lederjacke mit einem weißen T-Shirt darunter und schwarze Stiefel auf die Jeans, ähnliche wie sie mir auch bei Jin aufgefallen waren. ‚Die sind jetzt wohl modern.’ Meine Aufmerksamkeit wandte sich nun Ueda zu, der einen Sitz weiter von Koki saß. Diese unglaublich femininen Gesichtszüge, volle Lippen und eine Haut, so glatt wie ein Babypopo. Als Frau fühlte ich mich leicht beschämt. Die Hellbraunen Haare machten den Gesamteindruck perfekt. ‚Dieser Junge ist das schönste Mädchen das ich je gesehen habe!’ Neben all den gut gestylten Jungs, kam ich mir selbst ziemlich unspektakulär vor. Ich trug an dem Tag einen schlichten braunen Pulli, eine schwarze, enge Jeans mit Schlag und braune Stiefelletten mit Keilabsatz. Schlicht, aber im Gesamtbild, doch recht elegant, wie ich fand. Gegenüber von mir saß Jin. Unbeteiligt blickte er aus dem Fenster auf die überfüllten Straßen Tokios. Ging es nur mir so? Manchmal schien es mir, als wäre eine unglaubliche Leere in seinen Augen zu erkennen. Was war er bloß für ein Mensch? Einen Traurigen Eindruck hatte er mir Anfangs nicht gemacht und trotzdem spürte ich diese Einsamkeit, die von ihm ausging und versetzte auch mir einen Stich in die Brust. Im nächsten Moment jedoch, waren alle Eindrücke verschwunden, die ich zuvor bemerkt hatte, als Kamenashi ihn plötzlich ansprach: „Hey Jin! Du warst ja auch mal für ein halbes Jahr in Amerika. Da musst du aber besonders auf unsere Kleine hier aufpassen, ne?“ ‚Kleine? Da hat sich wohl schon jemand mit dem Gedanken angefreundet, mich ein ganzes Jahr um sich herum zu haben.'’ „Eh~?“, kam nur aus ihm heraus und er blickte sichtlich überrascht zu mir herüber. Ich lief rot an, als ich Kamenashis Worte verstanden hatte. „Hallo? Ich bin doch kein Babysitter!“ Jin setzte einen genervten Ton auf. Allerdings merkte man, dass er bloß versuchte von seiner Verlegenheit abzulenken. Ich zog skeptisch meine Augenbraue hoch und konterte zurück: „Keine Sorge. Ich kann schon alleine auf mich aufpassen. Und außerdem will ich nicht, dass sich der „große Jin Akanishi“ überanstrengt.“ Ich erntete verblüffte Blicke aus der Runde, als ich Jin schlagartig Konter bat. Die Tatsache, dass ich gerade ein Idol beleidigt hatte, trug wohl auch seinen Teil dazu bei. Ich hatte leider die Angewohnheit, auf Kommentare dieser Art sehr schnippisch zu reagieren. „Du suchst wohl Streit oder?“ Jin sah mich herausfordernd an, aber ich hatte keine Lust zu streiten und zuckte resignierend mit den Schulten, doch einfach so davonkommen lassen wollte ich ihn dann doch nicht. Und irgendwie machte es mir Spaß ihn zu ärgern. „Nicht wirklich. Ich will auf keinen Fall, dass du dich überanstrengst. Also tue ich dir den Gefallen und gebe freiwillig auf.“ Triumphierend grinste ich ihn an und erwartete ein Gegenargument. Aber es kam nicht. Stattdessen nur ein beleidigtes „Tse~!“ und Jin schüttelte ungläubig den Kopf. Doch in diesem Moment sah ich ganz deutlich ein leichtes Zucken an seinen Mundwinkeln. ‚War das ein Lächeln?’ Kapitel 3: I wonder... ---------------------- Vor dem großen Gebäude standen ein schwarzer Van mit getönten Scheiben und ein kleineres, genauso schwarzes Auto, bereit uns auf unserer „Reise“ zu begleiten, die mich in unbekanntes Terrain verfrachten sollte. „Und damit fahren wir?“ Beeindruckt betrachtete ich mir das große Fahrzeug vor mir, das man nicht gerade als „Schrottkarre“ bezeichnen konnte. „Sugee~!“ „Klasse nicht wahr? Und drinnen ist es sogar größer, als es von außen vermuten lässt.“ Koki liebte es wohl zu Prahlen, auch wenn das meiste nur scherzhaft gemeint war. Einer nach dem Anderen stieg in das große Auto ein und ich konnte mir ein leichten Hauch Eifersucht nicht verkneifen. Allerdings blieb dieser nicht unbemerkt. „Du siehst aus als wolltest du auch mitfahren.“ Ich blickte hoch, als Jin das Wort an mich richtete und schaute verlegen auf den Boden, dann auf Yumiko. Ich versuchte meinen besten Dackelblick aufzusetzen: Kulleraugen und Schnute ziehen. „Ach was soll’s. Von mir aus. Aber lass bitte diesen Blick. Ist ja nicht zum aushalten!“, schnaubte sie leicht beleidigt, doch ich hoffte sie würde mir eines Tages verzeihen. „Hey, setz dich hier her!“ Kaum hatte ich das Einverständnis, schon winkte mich Koki zu sich hinüber und machte neben sich den Platz frei, der vorher mit den persönlichen Sachen von KAT-TUN zugeladen war. Diese mussten jetzt wohl oder übel mit dem Boden vorlieb nehmen. Leicht zögernd nahm ich seine Einladung an, denn etwas nervös war ich immer noch und ich glaubte auch nicht, dass sich das in den nächsten Tagen so schnell ändern würde. Der Van war wirklich groß. Die Sitze kreis-ähnlich angeordnet, sodass sich jeder ins Gesicht sehen konnte, während ein Anderer mit ihm sprach. Sogar ein kleiner Fernsehbildschirm war vorhanden und lauter kleine Lämpchen erhellten den, von innen, etwas dunkleren Raum. „Fahrt ihr immer zusammen zu euren Terminen?“ „Eigentlich nur, wenn wir uns vorher zur Besprechung getroffen haben, so wie jetzt. Ansonsten kommt jeder mit seinem eigenen Auto. Aber bei so vielen Stationen ist es uns auf diese Art nur Recht, wegen den Spritpreisen.“ Erklärte mir Kamenashi. Während der Fahrt nahm ich mir die Zeit alle Member mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Bisher hatte ich dafür ja keine Zeit, geschweige denn die Nerven gehabt. Koki, der links neben mir saß, hatte sich die schwarzen Harre lockig gegelt. Er trug eine schwarze Lederjacke mit einem weißen T-Shirt darunter und schwarze Stiefel auf die Jeans, ähnliche wie sie mir auch bei Jin aufgefallen waren. ‚Die sind jetzt wohl modern.’ Meine Aufmerksamkeit wandte sich nun Ueda zu, der einen Sitz weiter von Koki saß. Diese unglaublich femininen Gesichtszüge, volle Lippen und eine Haut, so glatt wie ein Babypopo. Als Frau fühlte ich mich leicht beschämt. Die Hellbraunen Haare machten den Gesamteindruck perfekt. ‚Dieser Junge ist das schönste Mädchen das ich je gesehen habe!’ Kamenashi war rechts von mir. Auch er sah in Wirklichkeit ziemlich gut aus. Er trug ein einfaches blau-graues Shirt mit heller Jeans und braunen Stiefeln im Cowboy Style. Eine menge Accessoires schmückten seine Arme und den Hals. Ich glaubte fünf verschiedene Ketten zu erkennen. Nakamaru und Taguchi saßen zwei Plätze weiter und unterhielten sich eifrig miteinander, während sie immer wieder gespannt auf Taguchis Handydisplay starrten. Optisch hatte ich nicht sonderlich viel für die beiden übrig, was nicht bedeuten sollte, dass sie hässlich waren. Den Älteren mochte ich besonders aufgrund seiner ehrlichen und entspannten Art. Nakamaru hatte so eine schöne Aussprache beim Singen, die mir sehr gefiel. Auch seine Kleidung war eher schlicht gehalten, fiel aber besonders durch seinen zart-gelben Pollunder aus der Reihe. Taguchi fand ich ein wenig merkwürdig. Im Fernsehen gab er sich immer so aufgedreht und zappelig. Lustig war er schon und lächelte auch viel, doch von seiner hibbeligen Art war kaum etwas zu merken. Seine schwarzen Haare waren kürzer als ich sie von Bildern in Erinnerung hatte und er trug eine künstlich zerrissene Jeans mit einer blauen Sweatshirtjacke darüber. Neben all den gut gestylten Jungs, kam ich mir selbst ziemlich unspektakulär vor. Ich trug an dem Tag einen schlichten braunen Pulli, eine schwarze, enge Jeans mit Schlag und braune Stiefeletten mit Keilabsatz. Schlicht, aber im Gesamtbild, doch recht elegant, wie ich fand. Schräg gegenüber saß Jin. Unbeteiligt blickte er aus dem Fenster auf die überfüllten Straßen Tokios. Ging es nur mir so? Manchmal schien es mir, als wäre eine unglaubliche Leere in seinen Augen zu erkennen. Was war er bloß für ein Mensch? Einen Traurigen Eindruck hatte er mir Anfangs nicht gemacht und trotzdem spürte ich diese Einsamkeit, die von ihm ausging und versetzte auch mir einen Stich in die Brust. Im nächsten Moment jedoch, waren alle Eindrücke verschwunden, die ich zuvor bemerkt hatte, als Kamenashi ihn plötzlich ansprach: „Hey Jin! Du warst ja auch mal für ein halbes Jahr in Amerika. Da musst du aber besonders auf unsere Kleine hier aufpassen, ne?“ ‚Kleine? Da hat sich wohl schon jemand mit dem Gedanken angefreundet, mich ein ganzes Jahr um sich herum zu haben.'’ „Eh~?“, kam nur aus ihm heraus und er blickte sichtlich überrascht zu mir herüber. Ich lief rot an, als ich Kamenashis Worte verstanden hatte. „Hallo? Ich bin doch kein Babysitter!“ Jin setzte einen genervten Ton auf. Allerdings merkte man, dass er bloß versuchte von seiner Verlegenheit abzulenken. Ich zog skeptisch meine Augenbraue hoch und konterte zurück: „Keine Sorge. Ich kann schon alleine auf mich aufpassen. Und außerdem will ich nicht, dass sich der „große Jin Akanishi“ überanstrengt.“ Ich erntete verblüffte Blicke aus der Runde, als ich Jin schlagartig Konter bat. Die Tatsache, dass ich gerade ein Idol beleidigt hatte, trug wohl auch seinen Teil dazu bei. Das war ich so gewohnt. Ich musste immer das letzte Wort haben und konnte dumme Bemerkungen nicht einfach auf mir sitzen lassen, ganz egal um wen es sich handelte. Das war schon beinahe ein Reflex und immerhin hatte ich auch noch meinen Stolz. „Du suchst wohl Streit oder?“ Jin sah mich herausfordernd an, doch ich hatte meine Genugtuung und zuckte resignierend mit den Schulten. „Nicht wirklich. Ich will auf keinen Fall, dass du dich überanstrengst. Also tue ich dir den Gefallen und gebe freiwillig auf.“ Triumphierend grinste ich ihn an und erwartete ein Gegenargument. Aber es kam nicht. Stattdessen nur ein beleidigtes „Tse~!“ und Jin schüttelte ungläubig den Kopf. Doch in diesem Moment sah ich ganz deutlich ein leichtes Zucken an seinen Mundwinkeln. ‚War das ein Lächeln?’ Ich war furchtbar aufgeregt. Der Wagen hielt vor einem großen Gebäude, das dem von Johnny & Associates in Form ähnelte, jedoch an Größe weit zurück lag. Meine Nerven machten heute ganz schön was mit. Mein Puls stieg und senkte sich jede halbe Stunde. Kaum war der erste Schock überwunden, schon folgte der nächste. KAT-TUN nahmen sich ihre Sachen und stiegen alle Mann, geradezu lächerlich cool, aus dem Auto aus. „Bloß nicht übertreiben Jungs!“, stichelte ich von der Ecke. Ich fand diesen Auftritt gerade über alle Maßen komisch wenn man sich vorstellte, dass sie eben noch wie kleine Schuljungen im Van rumgealbert hatten. „Das muss so sein! Sonst würden die uns doch nicht mehr ernst nehmen.“, bekam ich von Kamenashi als Antwort, als er mir den Kopf beim vorübergehen tätschelte. 'Hallo? Ich bin doch kein Kind!' „Immerhin müssen wir alle ein gewisses Image vertreten, verstehst du?“, mischte sich nun auch Koki ein, dem das Theater wohl zu gefallen schien. Ich sah dem Ganzen ziemlich skeptisch zu und fragte mich, was nur so schlimm sein konnte, wenn alle sie selbst wären? „Showbusiness!“, dachte ich mir nur dabei und blickte dem ganzen Schauspiel weiter amüsiert zu. „Und, nervös?“, grinste mich Taguchi an. „Wer?... Ich? Nee~ wie kommst du darauf? Haha~…“ Das Lächeln, das ich ihm versuchte zu zeigen, wirkte offensichtlich nicht ganz so überzeugend, wie ich mir das gewünscht hatte. Wir wurden von einem Haufen Angestellter begrüßt, die sich alle vor Höflichkeit nur so überschlugen, dass mir schon ganz schlecht davon wurde. Unsere Jungs schienen das allerdings sehr zu genießen und bewegten sich zielstrebig in Richtung Maske. Misstrauische Blicke stürzten in diesem Augenblick auf mich herein. KAT-TUN in Begleitung einer Ausländerin und dazu noch Blond? Klar war das ein Grund zu glotzen und ich nahm es den Leuten auch gar nicht Übel, obwohl es mich schon dezent nervte. ‚Yeah~ back to the Zoo! Habt ich mich vermisst?’ Eigentlich sollte ich das schon gewohnt sein, oder? Yumiko stand hinter mir und beendete ihr Telefonat. „Und hat dir die Fahrt gefallen? Wie findest du meine Jungs?“ „Sie sind alle wirklich sehr nett. Sie sind lustig!“ „Tjaa~ sind schon alles ziemliche Witzfiguren, ne?“ So hatte ich das zwar nicht gemein aber ich ließ es einfach mal darauf beruhen, allein weil ich schon wieder das Bedürfnis hatte darüber lachen zu müssen. „Hino-san!“ Einer der Mitarbeiter des Studios rief Nee-chan zu sich. Und wieder war ich allein. Ich sah den Jungs zu wie sie sich von den Visagisten „restaurieren“ ließen und bewunderte jeden ihrer geschickten Handgriffe. Ich war vorher nie in einem professionellen Fotostudio gewesen. Überall standen große Scheinwerfer und Schirme herum. An der Wand war eine weiße Leinwand aufgebaut, vor der eine sehr teuer aussehende Kamera stand. Kabel wohin das Auge reichte und ich wollte auf keinen Fall über eines davon stolpern. Es war das reinste Gewusel um mich herum. Hunderte von Menschen, die alle gleichzeitig mit etwas anderem beschäftigt waren und dazwischen stand ich. Ich fühlte mich so furchtbar fehl am Platz und wollte mich am liebsten auf der Stelle irgendwohin verkriechen. „Hey Sora-chan!“ Endlich kam Yumiko wieder zu mir zurück und mir fiel ein übergroßer Stein vom Herzen. „Die Jungs wollen Kaffe haben. Könntest du grade mal runter in die Cafeteria welchen holen?“ „Ähm… Für alle? Das sind sechs Becher. Wie soll ich die denn alle tragen?“ „Die Tante da unten weiß Bescheid, ich habe eben angerufen und die Bestellung abgegeben, du musst sie nur abholen. Ich bin sicher sie gibt dir etwas zum Tragen.“ Und mit diesen Worten schob sie mich schon vorwärts in Richtung Tür. Ich nahm den Aufzug. Die Cafeteria lag, laut Nee-chan, im Erdgeschoss und wir befanden uns im Dritten. Meine Unterlippe musste herhalten. Ganz alleine stand ich an dem leeren Aufzug, in einem großen, unbekannten Gebäude, in einem fremden Land. ‚Verdammt!’ Es war still und ich fühlte mich plötzlich so schrecklich einsam. Eine Woche war ich jetzt schon hier und vermisste meine Eltern und meine Freunde wahnsinnig. Erst jetzt wurde mir das bewusst. Die ganze Zeit über war ich abgelenkt von den ganzen Ereignissen, die sich überschlugen. Ich unterdrückte meine Tränen, als der Aufzug endlich angekommen war. Drei Latte Macchiatos, zwei Milchkaffees, und einen Schwarzen. Ich selbst hatte mir auch noch einen Latte dazu geholt und verteilte die coffeinhaltige Ware an KAT-TUN, die mit Begeisterung darüber herfielen. ‚Raubtierfütterung.'’ „Ein „Danke“ wäre auch nett gewesen.“, schnauzte ich unsere Promis an. Manieren sollten sein, auch für Idols. „Wah! Gome! Thank’s für den Kaffe.“ Jin war der erste, der sich bedankte und nach ihm folgte der Rest. Inzwischen waren die sechs Jungs fertig geschminkt und ich hatte nie geglaubt, dass ihre Haut noch perfekter aussehen konnte als sie das eh schon tat. Sie stellten sich in einer Reihe nebeneinander und setzten alle ihren so berühmten Schlafzimmerblick auf. Der Fotograf gab laufend Anweisungen sich zu drehen, zu lächeln oder den Kopf höher zu halten. Alle konzentrierten sich still und folgten dem Fotografen. Ich war erstaunt wie ernst sie sein konnten, wenn sie wollten. Jeder versuchte sein bestes zu geben und mich faszinierte dieses Szenario ungemein. In diesem Moment waren KAT-TUN von einer unglaublich charismatischen Ausstrahlung umgeben, die jeden Anwesenden in seinen Bann zog. Sanfte, kurze Bewegungsabläufe, intensive Blicke. Die Muskeln angespannt, damit ja kein Ausdruck daneben ging. Sie spielten mit ihren Bewegungen und Augen um das Optimum an Sexiness rauszuholen, über das jeder von ihnen reichlich verfügte. Keiner sah anders aus als vorhin und doch… wirkten sie wie vollkommen andere Menschen. Unglaublich… „Erstaunlich, nicht wahr?“ Yumiko setzte sich neben mich. „Sie mögen zwar Rotzlöffel sein, aber sie verstehen etwas von ihrem Job. Sie sind nun mal Profis.“ Ich nickte nur zustimmend und beobachtete weiter das Geschehen. Fünfzehn Minuten Pause. Gleich waren die Einzelfotos dran. Die sechs Jungs zogen sich in die Umkleide zurück um ihre neuen Outfits anzuziehen. Ueda war als Erster fertig und gesellte sich, mit seinem Kaffe in der Hand, zu uns. „Und, gefällt es dir?“, fragte er mich. Im selben Moment kamen auch Jin und Yuichi zu uns herüber. Beide trugen schwarze Anzüge. Der Kragen vom Jüngeren war offen und er sah gerade unglaublich gut aus. Wie durch einen Reflex musste ich wegschauen. Ich wurde rot und versuchte mich zwanghaft wieder Ueda zuzuwenden. „Ja. Es macht unheimlichen Spaß euch bei der Arbeit zuzugucken. Ihr wirkt ganz anders, wenn ihr posiert, das ist unglaublich.“ „Das ist auch gar nicht so einfach.“ Stöhnend und erschöpft setzte sich Jin zu uns. Besser gesagt direkt neben mich, weil die Bank restlos besetzt war. Mein Herz setzte für eine Sekunde aus. ‚Oh Gott!’ Plötzlich nahm ich einen etwas süßlichen und doch sehr männlichen Duft wahr, der aus seiner Richtung kam. ‚Ist das sein Parfum? Es riecht gut... Moment! Was denke ich hier eigentlich?? Stopp!!’ Besagter sah mich plötzlich irritiert an, als ich anfing wie verrückt auf meinem Sitzplatz rum zu zappeln. „Geht’s dir gut?“, fragte er mich und mir fehlten kurz die Worte. „Ähm... ja. Natürlich... kein Problem… Haha.“ Ich grinste ihn verzweifelt an um mir nichts anmerken zu lassen, doch das schien nicht zu helfen. Verlegen kaute ich auf meiner Unterlippe rum und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, das purpurrot angelaufen war. Ich war doch noch nie so schüchtern! Was war nur mit mir los? Jin schien, als wollte er noch etwas erwidern, doch wurde in diesem Moment vom Fotografen gerufen um seine Solo Shots zu machen. Er krempelte sich die Ärmel seines Anzugs hoch und begann mit dem Posen. „Gut so, Akanishi-kun! Beweg dich mehr!“, rief der Fotograf ihm zu und Jin folgte. „Mehr Ausdruck! Gut!“ Er bewegte sich sehr bedacht, legte seine Hände an den Bund seines offenen Kragens und blickte über die Schulter in die Kamera. Seine Aura änderte sich und er strahlte etwas aus, das eindeutig sagte: „Komm her, ich will dich!“ „Okay! Und jetzt schau an der Kamera vorbei!“ Es war beeindruckend wie konzentriert Jin war, obwohl er eben noch erschöpft neben mir gesessen hatte. „Zeig mehr Sehnsucht! Mehr Ausdruck! Geh in die Hocke!“ Er tat alles was der Fotograf von ihm verlangte. Der 24 Jährige kniete sich hin und stützte sein Kinn auf seine Hand. Doch er schaute nicht einfach irgendwo hin. Seine Augen trafen die Meinen und sein Blick durchbohrte jede einzelne Zelle meines Körpers, als ich mich wie gebannt, nicht mehr von ihnen lösen konnte. Für Sekunden schien die Welt stillzustehen. Das ganze Getümmel war verschwunden und ich sah nur noch ihn. Und er sah mich. Warum? Warum kann ich mich nicht von dir losreißen? Bitte! Schau mich nicht so an! Ungleichmäßig schlug der Rhythmus in meiner Brust. Seine Augen blieben ungerührt auf meinen liegen. Es schien, als würde er sie nicht mehr loslassen wollen und versuchte sich verzweifelt an ihnen festzuklammern. Mein Herzschlag regulierte sich zum Glück wieder, als Jin sich nun wieder dem Objektiv zuwenden musste. Was waren das für Gefühle? Sie waren anders als vor drei Jahren. Dieses Mal war es real. Er war real. Doch… waren seine Blicke das auch? Er war mir ein Rätsel. Glücklicherweise, hatte ich noch genügend Zeit es zu lösen. Ich beschloss in Zukunft erst einmal nicht mehr über ihn nachzudenken und mein Bewusstsein erst einmal zur Ruhe kommen zu lassen. Kapitel 4: I don't wanna cry alone... ------------------------------------- Erschöpft ließ ich mich auf die weiße Couch im Wohnzimmer fallen und schloss für einen Moment die Augen. Die letzten paar Tage waren anstrengend gewesen und liefen alle ungefähr nach demselben Muster ab: Fotoshootings, Fernsehauftritte und Interviews. Aus diesem Grund wurde es für mich jedes Mal stressiger und es mangelte mir gehörig an Schlaf. Aber trotz dieser Eintönigkeit, wurde es nie langweilig und ich hatte viel Spaß dort gehabt. Meine Aufgaben beliefen sich hauptsächlich darauf, Requisiten zu schleppen, obwohl man doch annehmen sollte, dass die Studios genügend Mitarbeiter dafür hätten, aber das war wohl ein Irrtum. Außerdem musste ich weiterhin Kaffee für unsere Stars holen oder Yumiko bei ihrer Organisation helfen. Momentan war sie ziemlich im Stress. Es stand ein großes Projekt an, für das sie eine Menge Zeit und Planung investieren musste. Bei diesem Projekt handelte es sich um den Videodreh zu KAT-TUN’s neuer Single „Rescue“. Dafür war sie unter anderem für die Beschaffung von Location, Crew und Tänzer behilflich. Ich war froh, als sie sagte ich wäre eine große Erleichterung für sie. Inzwischen hatte ich mich auch an die sechs Jungs gewöhnt und konnte mich ihnen gegenüber endlich mal einigermaßen normal verhalten. Auch sie schienen mich in ihrer Mitte aufgenommen zu haben. Ich war ungeheuer erleichtert, dass sie so ungezwungen mit mir sprachen, ohne dabei auf einer zu formellen Ebene zu verharren. Immerhin mussten sie mich ein ganzes Jahr an ihrer Seite ertragen und ein „professionelles“ Verhältnis war ihnen wohl auf die Dauer zu anstrengend. So ähnlich hatte mir das zumindest Ueda erklärt. Ich durfte inzwischen auch jeden von ihnen mit „–kun“ ansprechen, worauf ich dann ja doch ein klein wenig stolz war. Ich hatte Hunger. Nur leider war in Yumikos Kühlschrank, bis auf ein paar Joghurts und ein wenig Gemüse, kaum etwas zu finden. Wie üblich eigentlich. Wir gingen meistens immer in einer Imbissbude essen. Man könnte sagen, dass wir im Prinzip keine andere Wahl hatten, da wir ständig unterwegs waren. Nee-chan lebte wirklich für ihren Job. Selbst jetzt war sie noch unterwegs auf wichtigen Meetings und letzten Diskussionen über den Dreh, der Übermorgen stattfinden sollte. Ich war furchtbar aufgeregt. Immerhin hatte ich so etwas noch nie gesehen und ich kam mir auch zwischen den gestandenen Profis ein wenig lächerlich vor. „Augen zu und durch!“, sagte ich mir selbst und versuchte mitleidig zu klingen, was natürlich absoluter Schwachsinn war. Ich nahm mir einen Joghurt aus dem Kühlschrank. Meine Gedanken begannen sich wieder um Jin zu kreisen. Die letzten Tage hatte ich versucht ihm aus dem Weg zu gehen und nur so viel wie nötig mit ihm zu reden. Das hatte sogar ziemlich gut funktioniert und mein Herzschlag hatte auch aufgehört übermäßig Tango zu tanzen, wenn er anwesend war. „Das war wohl nur der erste Schock gewesen.“ Ich war überzeugt von dieser Hypothese. Was hatte ich denn auch erwartet? Dass er mir völlig egal wäre? Wohl kaum! „Haha, wenn Shirley nur davon…“ Ich hielt inne. Langsam legte ich meinen Kopf in den Nacken und starrte gedankenverloren zur Decke. Shirley, meine beste Freundin, die ich in Deutschland zurückgelassen hatte. Meine Mutter,… mein Vater... Ich spürte riesiges Loch in meiner Brust aufkeimen. „Es geht ihnen gut, haben sie gesagt. Sie vermissen mich. Sie haben doch gestern erst angerufen… Haha!… Warum lache ich eigentlich?“, fragte ich mich selbst, als ich merkte wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Schluchzend versuchte ich sie mir wegzuwischen, doch es hörte nicht auf. Erst jetzt spürte ich, wie die Einsamkeit mich verschlang. Unaufhaltsam flossen meine Tränen mein Gesicht hinunter. Eine Leere, die ich vorher noch nie verspürt hatte. „Ich will nach Hause! ... Aber ich will doch hier bleiben! Was… Wieso? Aaaah!!“ Ich vergrub meinen Kopf in ein Kissen und weinte. Es hörte nicht mehr auf. Noch nie hatte ich gewusst, was Einsamkeit bedeutete. Bis jetzt. Ich war allein. Dieser Gedanke hämmerte in meinem Kopf und ich glaubte daran zu zerbrechen. „Ich kann das nicht! Ich will nicht alleine sein!“ Ich weiß nicht mehr, wie lange ich dort gelegen und geweint habe. Eine Ewigkeit, in der mein Herz ohrenbetäubend gegen meine Brust schlug. Das Telefon klingelte und riss mich für eine Sekunde aus meinen Gedanken, doch es war mir egal. Ich wollte mich nicht bewegen, ich konnte nicht. Meine Arme fühlten sich an wie Blei und weigerten sich mich zu stützen. „Lasst mich doch einfach in Ruhe!“ Es hörte einfach nicht auf zu klingeln. Plötzlich wurde mir klar, wenn das jemand von der Agentur wäre, könnte Nee-chan Probleme kriegen und das wollte ich auf keinen Fall. Widerwillig versuchte ich mich zu erheben und die letzten Tränen aus meinem Gesicht zu wischen. Ich atmete tief ein um die Aufregung in meiner Stimme los zu werden, als ich den Hörer abnahm. „Moshi moshi?“ „Hallo? Hino-san, bist du das?“ Plötzlich funktionierte mein Verstand wieder, als ich eine bekannte Stimme in der Leitung identifizieren konnte. Es war Jin. „…Hi, Akanishi-kun! Ähm nein… sie ist nicht da. Hier ist Sora!“ „Oh, ach so! Gomen, ich wollte nur Bescheid sagen, dass der Projektleiter das Meeting morgen auf neun Uhr verschoben hat. Der Idiot sagte, ich solle den anderen Bescheid geben. Der kriegt echt nichts allein auf die Reihe! Also, kannst du ihr das ausrichten? Ich muss jetzt noch den Rest anrufen. So ein Mist, darauf hab ich gerade echt keinen Bock! Du kommst doch sicher auch mit, oder?“ „… Ja tue ich. Und kein Problem, ich richte es ihr aus!“ Ich war froh seine Stimme zu hören. Für einen kurzen Moment linderte sie meinen Schmerz. Dabei sprach er nur ganz normal mit mir, doch ich wünschte er wäre jetzt hier, dass irgendwer hier wäre um mir den Schmerz zu nehmen. „Ist alles in Ordnung bei dir? Du klingst komisch! Hast du geweint?“ Erschrocken fuhr ich zusammen. ‚Verdammt, er hat es bemerkt!’ „Ne… Nein hab ich nicht! Aber das kann dir ja auch egal sein! Gute Nacht!“ Ich legte auf. Seine Worte hatten mich überwältigt und ich wusste nicht, was ich hätte sagen können. Eine Kurzschlussreaktion. ‚Mist, das wollte ich nicht! Er kann doch schließlich nichts dafür.’ Das war falsch gewesen und ich fühlte mich noch schlechter als vorher. Doch ich war viel zu müde um weiter darüber nachzudenken. Auch meine Tränen waren versiegt. Alles woran ich noch denken konnte, war an mein gemütliches Bett. Zuvor ließ ich Yumiko noch eine Notiz mit Jins Nachricht darauf zurück. Ich trottete auf mein Zimmer zu und warf mich erschöpft in das kuschelige Laken. Bevor ich einschlief fasste ich noch einen Entschluss: ‚Ich werde stark sein! Ich will… nie wieder weinen müssen!’ Yumiko und ich saßen im Besprechungszimmer, wartend auf KAT-TUN. Es war noch sehr früh am Morgen, die Sonne schien und füllte den kühlen Raum mit warmen Licht. Ich hatte die halbe Nacht kaum ein Auge zugetan. Zu viele Gedanken quälten mich und raubten mir den Schlaf. Ein Häufchen Elend war von mir übrig geblieben und ich war dankbar, dass ich nach dem Meeting frei hatte. Jeder hatte das, da wir uns alle für den anstrengenden morgigen Tag ausruhen mussten. Gedankenverloren schlürfte ich meinem Kaffee. „Meine Güte, du siehst ja furchtbar aus!“ „Danke, Nee-chan! Auch du bist heute wieder eine Blüte wahrer Schönheit!“, antwortete ich sarkastisch auf Yumikos Bemerkung und strich mir eine blonde Strähne aus dem Gesicht. Kommentare darüber, wie schlecht ich heute aussah, waren das letzte was ich noch gebrauchen konnte. Zum Glück verstand sie mich und verlor kein weiteres Wort darüber. „Ohayooo~ gozaimasuu~!!“, brüllte uns Koki entgegen, als er freudestrahlend in den Raum eintrat. ‚Der hat wohl immer gute Laune!’ „Mensch Sora-chan, du siehst echt fertig aus! Was hast du denn angestellt?“ „'n Morgen! Anderes Thema bitte!“ Na das konnte lustig werden. Vermutlich würde ich auch, von fünf weiteren Personen nicht von diesem Kommentar verschont bleiben also machte ich mich auf das Schlimmste gefasst, als nun auch der Rest von KAT-TUN eintrat. „Ohayoo~“, meldete sich einer nach dem anderen. Von Maru bekam ich es als nächstes zu hören: „Woah! Sora-chan du siehst heute aber nicht gut aus!“ „Da hat er Recht!“, meldeten sich nun auch Kamenashi und Ueda, die ihre Köpfe, über Maru hinweg, zu mir herüber streckten. „Bist gestern wohl zu lange wach geblieben, was?“, grinste mich Taguchi frech an. „Nein, ganz im Gegenteil! Ich konnte nur nicht besonders gut schlafen, das ist alles.“ Jin war der einzige gewesen, der sich nicht zu meinem Aussehen geäußert hatte, wofür ich ihm sehr dankbar war. „'n Morgen!“, sagte er nur kühl, ohne mich auch nur anzusehen und gesellte sich auf seinen Platz. Ich machte mir immer noch Vorwürfe, dass ich ihn gestern so behandelt hatte. „Soo~,… da jetzt alle anwesend sind, wollen wir doch mal anfangen, nicht?“ Yumiko reichte jedem ein paar Unterlagen, in denen das Konzept und der Ablauf des Drehs genau beschrieben waren. „Sugee~! Hört sich cool an!“ Jin schien das Konzept ziemlich zuzusagen und er musterte aufgeregt die beigelegten Bilder. Auch den anderen gefiel es anscheinend gut und sie begannen jetzt schon heftig zu diskutieren, wie sie ihre Parts am besten umsetzen sollten. Was folgte, waren lange Diskussionen über die Outfits, mögliche Änderungen, Ablauf und Location-Wechsel. Ich folgte dem Geschehen interessiert. Mitreden konnte ich ja nicht, da ich lediglich für Verpflegung oder mögliche Hilfe bei Requisiten zuständig war. „Ich möchte ne Sonnenbrille tragen!“, meldete sich Jin. „Kazu…, du leihst mir doch sicher deine oder?“ „Höh? Du hast doch selbst genug davon bei dir zu Hause rumfliegen. Warum willst du meine?“ „Weil die so gut auf das Outfit passen würde. Außerdem trägst du deine doch fast sowieso nie, also bitte, ja?“ Ich hatte ihn vorher noch nie Betteln gesehen, doch fand das gerade irgendwie ziemlich niedlich. Kame wurde leicht mürrisch, willigte allerdings dann doch ein: „Von mir aus! Aber nur solange ich sie auch wieder kriege, verstanden?“ „Sicher! Du kennst mich doch!“ „Deshalb mach ich mir ja Sorgen!“, antwortete er zwar genervt, doch ich konnte trotz allem ein kleines zucken seiner Mundwinkel bemerken. Jin schaute beleidigt aus der Wäsche. Es war lustig den Beiden zuzusehen. Sie verstanden sich wirklich gut und ich hoffte auch, irgendwann einmal so unbefangen mit ihnen reden zu können. Das war ich bisher nur, wenn ich sie aufzog und das kam nicht gerade selten vor. Die ganze Gruppe teilte eine besondere Vertrautheit miteinander, die mir unheimliche Geborgenheit schenkte, auch wenn ich kein Teil davon war. Ich war froh, sie alle so aufgeregt und glücklich zu sehen. Sie vermittelten mir den Eindruck, dass ich niemanden zur Last fallen würde und das gab mir ein wenig Sicherheit. Nach zwei Stunden war die Besprechung vorüber und jeder machte sich bereit, seinen freien Tag zu genießen. Jin ging als letzter. Mein schlechtes Gewissen quälte mich immer noch und ich lief ihm hinterher. „Akanishi-kun! Warte bitte kurz!“ Ich atmete stoßweise, da ich ihn noch kurz vor dem Aufzug einholen konnte. Der Ort unserer ersten Begegnung. „Ich... Ich muss mit dir reden!“ Erstaunt sahen mich seine braunen Augen an und er wartete auf das, was ich ihm zu sagen hatte. „Es tut mir wirklich Leid, dass ich gestern am Telefon so grob zu dir gewesen bin. Das war falsch. Ich war… also,… ach auch egal! Bitte sei nicht sauer, es war wirklich nicht persönlich gemeint!“ Ich atmete wieder normal und blickte ihn reumütig an. Er wirkte irgendwie überrascht, aber warum? War das denn so verwunderlich, dass ich mich entschuldigte? „Ach so, das! No Problem, das hatte ich schon wieder vergessen!“ Seine Augen verrieten, dass er log, das konnte man deutlich sehen. Aber hatte meine Reaktion ihn wirklich so verletzt? Ich blickte ihn mit schuldbewussten Augen an. „Doch, doch, glaub mir! Ich bin okay, aber geht’s dir auch wirklich gut? Ich hab mir Sorgen um dich gemacht, immerhin warst du ganz alleine.“ Diese Worte trafen mich schwer. Den anderen war es doch auch nicht aufgefallen. Wieso hatte er es bemerkt? Ich unterdrückte die aufkeimende Traurigkeit und versuchte ein Lächeln aufzusetzen. „Klar,... mir geht’s super! Wie kommst du darauf? Ich bin nur aufgeregt, das ist alles. Entschuldige, dass ich dir Sorgen bereitet habe und danke dafür.“ Ich versuchte mir nichts anmerken lassen. Doch die Besorgnis in seinem Blick verunsicherte mich. Ich wollte ihn nicht mit meinen Problemen belasten. Außerdem war er ein Idol. Warum sollte ausgerechent er sich dafür interessieren? Oder...? „Ich bin in Ordnung, guck nicht so betrübt!“ Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln um ihn zu besänftigen. „Okay! Aber wenn du Probleme hast, kannst ruhig mit mir darüber reden. Du solltest nicht versuchen es alleine durchzustehen!“ Seine Stimme wirkte so angenehm und beruhigend auf mich. Doch was meinte er mit "es"? Wie könnte er meine Gefühle so gut verstehen, um das zu sagen? Wusste er es denn so genau? Ich sah ihm aus dem Augenwinkel an, doch seine Augen weigerten sich mir eine Antwort zu geben. „Ich dachte, du wolltest keinen Babysitter spielen?“ Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch und versuchte von mir abzulenken. „Hey, etwas Dankbarkeit bitte! Immerhin habe ich mir bloß Sorgen um dich gemacht!“ „Haha! Aber das weiß ich doch und dafür bin ich dir ja auch dankbar, wirklich! Nur das brauchst du echt nicht! Mir geht’s hervorragend, okay?“ „Hmm…“ Er schien nicht überzeugt zu sein. „Und du bist sicher?“ „Absolut!“ Ich versuchte überzeugend zu wirken und hoffte er würde keine Fragen mehr stellen. „Na gut! Also dann,… ich sehe dich dann Morgen! Ruh dich aus, ja? Jaa ne!“ Er legte seine Hand sachte auf meine Schulter. Sie war groß und strahlte eine unglaubliche Wärme aus. „Ja, mach's gut!“ Ich blickte ihm hinterher, als er in den Aufzug trat und die Türen sich hinter ihm schlossen. Wieder war ich den Tränen nahe, gestattete ihnen aber nicht sich zu zeigen. Wütend knallte ich meine Faust gegen die Wand. „Was mach ich bloß?“ Bevor ich weiter darüber nachdachte, machte ich mich wieder auf den Weg zurück zu Yumiko, die auf mich wartete. 'Es reicht! Hör auf mit dem Geheul!' Es war merkwürdig. Ich lief denselben Gang entlang, in dem ich mich zwei Wochen zuvor verlaufen hatte, doch dieses Mal fand ich den richtigen Weg auf Anhieb. Zwei ganze Wochen waren nun schon vergangen und noch immer fühlte ich mich hier so fremd. Nichts, das mir ein wenig Trost schenkte. Nee-chan war sehr lieb und kümmerte sich, so gut es nur ging, um mich. Doch wie man es auch sah, am Ende war sie auch nur eine Fremde, die mit mir ihr Zuhause teilte und ihre Zuneigung schenkte. Das alles machte mich glücklich, doch anscheinend reichte es nicht aus um mir ein Gefühl von Heimat zu geben. Ich blieb an einem großen Fenster stehen und blickte hinunter auf ein endloses Meer von Hochhäusern, das sich vor mir erstreckte. Frankfurt kam mir auf einmal noch ferner vor. Doch viel Zeit zum Verharren blieb mir nicht. Yumiko rief nach mir und ich löste mich von dem Fenster, um ihr zu folgen. „Wo warst du denn so lange?“ „Sorry, aber ich musste noch mal kurz mit Akanishi-kun sprechen.“ „Ach so? Was hattet ihr denn so zu bereden?“ Sie sah mich misstrauisch an. „Hey! Du brauchst gar nicht so zu gucken, ich habe mich nur bei ihm entschuldigt. Ich war… gestern ziemlich gemein zu ihm gewesen und deshalb,…“ Sie sah mich ungerührt an. „Hmm…“, war ihre einzige Antwort darauf gewesen. Irgendetwas schien sie zu bedrücken. "Ich bin am Ende!!", seufzte ich und ließ mich erschöpft auf einen der Stühle fallen, die in einer Ecke des Studios aufgestellt waren. Der Dreh ging jetzt schon ein paar Stunden und in dieser Zeit wurde mir kaum ein Moment Ruhe gegönnt. Ständig gab es etwas zu tun und sei es nur die Kabel aus dem Weg zu räumen, oder die Crew mit Getränken zu versorgen. „Jetzt schon? Wir haben doch gerade erst angefangen! Bisher sind gerade mal ein paar Gruppenaufnahmen im Kasten. Und damit meine ich nur die ersten!“ Maru saß neben mir und auch er wirkte leicht erschöpft. Aus irgendeinem Grund schien er aber gut gelaunt zu sein. Er trällerte ständig vor sich hin und wackelte nervös mit dem Knie. Ich vermute es lag wohl daran, dass die Single auch der Titelsong für sein neues Dorama war und dafür gab er sich besonders viel Mühe. Wir hatten so um die 13:00 Uhr, waren allerdings schon seit fast 05:00 Uhr auf den Beinen. Es dauert ewig eine kurze Szene perfekt hinzubekommen. Jedes Mal neue Kamerawinkel, Patzer von Seiten der Darsteller oder es gefiel einfach noch nicht, so wie es war. Ich war beeindruckt von der Geduld, die KAT-TUN aufbringen mussten, um jede Szene so oft hintereinander, neu zu drehen. Meine Faszination begann eigentlich schon, als ich das Studio betreten hatte. Eine Welt, die ich vorher noch nie gesehen hatte. Alles wirkte so unwirklich auf mich, als würde es überhaupt nicht geschehen, doch das tat es. Das war die Realität, die ich mir nie hätte vorstellen können. An der Wand waren eine Art Bühne, in Form eines Daches mit zwei großen Vogelstatuen und eine riesige grüne Leinwand dahinter aufgebaut. Im Studio selbst gab es viele kleinere Räume und Gänge und ich hatte oft Schwierigkeiten wieder zurückzufinden. „Sag mal Nakamaru-kun...“ „Hmm?“ „Wie lange dauert der Dreh eigentlich insgesamt?“ Fragend blickte ich ihn an, doch irgendwie ahnte ich die folgende Antwort bereits: „Zwei oder vielleicht auch drei Tage. Je nach dem, wie oft wir 'ne Szene wiederholen müssen...“ „Autsch! Das hatte ich befürchtet!“ „Wieso? Findest du es so schlimm hier zu sein?“ Jin gesellte sich plötzlich zu uns. Ich war überrascht, dass er herkam, allerdings auch ziemlich froh darüber. Seine Frage jedoch, irritierte mich ein wenig. „Ähm,... nein im Gegenteil, es ist echt aufregend. Nur dauert es halt ziemlich lange und ist ganz schön anstrengend. Bist du nicht erschöpft?“ Ich versuchte so normal wie möglich zu wirken, da mir immer noch unser gestriges Gespräch im Kopf herumschwirrte. Warum ging er mir bloß so zu Herzen? Ich liebte ihn nicht, so weit war ich sicher. Doch es war irgendetwas anderes, dass mich so verzweifelt zu ihm hinzog, dass ich es mir selbst nicht erklären konnte. „Doch natürlich! Ich bin fix und fertig! Mann, ich würd mich jetzt am liebsten zu Hause in mein Bett schmeißen.“ Er klang wirklich am Ende und trotzdem machte er weiter und ging an seine Grenzen. Diese Eigenschaft besaßen alle sechs Jungs, wofür ich sie bewunderte. Ich kam nicht drumherum, ihn mir einmal genauer aus dem Augenwinkel zu betrachten. Er trug schwarze Klamotten, wie alle eigentlich. Sogar die Sonnenbrille, nach der er Kame gefragt hatte, trug er auf der Nase. Ansonsten war sein Outfit nicht gerade spektakulär aber trotzdem äußert cool. Eine Weste aus Leder, darunter ein dünnes Hemd, dessen Ärmel er sich hochgekrempelt hatte und eine graue Jeans, die in seinen Stiefeln steckte. Ein lederner Gürtel mit Fransen hing an seiner Hüfte und er musste ständig damit rumspielen. In diesem Moment bemerkte ich, wie Jin zu mir herüberschielte. „Was ist?“, fragte ich ihn ganz direkt. „Dir scheint's heute viel besser zu gehen! Konntest du gestern genug schlafen?“ Von Schlaf konnte dabei kaum die Rede sein, doch das wollte ich ihm nicht unbedingt auf die Nase binden. „Hoffentlich! Immerhin wird das hier noch ne ganze Weile dauern, nicht wahr?“ Ich musterte Jin ganz genau und versuchte aus seinem Blick zu lesen, was er gerade dachte, doch es gelang mir nicht. Komisch, dabei ist er doch sonst so einfach zu durchschauen. „Davon kannst du ausgehen... Hey, ich will mal 'ne Runde rauchen gehen, kommst du mit?“ 'Hä? Warum will er denn, dass ich mitkomme?', fragte ich mich selbst, willigte aber trotzdem ein. Warum tat ich das eigentlich? Wir standen zusammen im Vorhof des Studios, wo vorher noch ein LKW geparkt hatte. Außer uns war niemand zu sehen. Es war etwas kühl, doch erträglich. Jin griff sich eine Zigarette und zündete sie an, bevor er sich genüsslich einen Zug davon nahm. „Ich bin froh, dass ich mal ein wenig ausspannen kann.“ Und mit diesen Worten entlockte er seinem Mund ein herzliches Gähnen. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Tanzen so anstrengend ist. Bei euch sieht das immer so leicht aus.“ Er drehte sich mit dem Kopf zu mir um. „Naja, es gehört schon eine Menge Selbstbeherrschung dazu und natürlich Ausdauer.“ Irgendwie glaubte ich ein kleinen Hauch von Überheblichkeit in seinem Ton zu entdecken, was mich direkt dazu veranlasste ein wenig weiter zu bohren. „Und du bist natürlich frei, von jeglicher Arroganz, ne?“ „Hah~?“ Sein überraschter Blick war unbezahlbar und ich fuhr vergnügt fort: „Immerhin bist du eines der Top-Idols in ganz Japan. Würde mich echt nicht wundern, wenn du mit deinem berühmten Hüftschwung, schon so einige Frauenherzen gebrochen hättest. Wer würde an deiner Stelle nicht sämtliche Zurückhaltung verlieren?“ „Hältst du mich etwa für so einen Playboy?“ Er klang fast schon empört. „Hihi, das hast du gesagt!“ Triumph zeichnete sich in meinem Lächeln ab. Er dagegen schaute mich grimmig grinsend, von der Seite an. „So einer bin ich nicht! Ich würde niemals mit Frauen spielen. Und nur dass du's weißt: so viele Freundinnen hatte ich bisher noch gar nicht!“ Dieses Geständnis schien ihm irgendwie peinlich zu sein und eine leichte Röte überzog seine Wangen. „Echt nicht? Hah,... du siehst gar nicht so aus, wie einer der wenig Erfahrung hat. Naja ich hab gut Reden meine Erfahrung, was Männer betrifft, kann man ja auch auf einem Teelöffel abwiegen.“ „Pffh!!“ Er musste losprusten nach dieser Aussage und sogleich bereute ich was ich gerade gesagt hatte. Und wie auf Kommando lief mein Gesicht rot an. 'Oh nein, ich Baka!' „Haha!! Nicht dein Ernst! Du? Du siehst erst recht nicht gerade unerfahren aus.“ „Hey, was soll das denn jetzt heißen?“ „Haha!! Nicht das was du jetzt denkst! Aber erwartet habe ich das wirklich nicht.“ Sein Lächeln tat mir gut und es ließ mich eine ungewohnte Ruhe und Zufriedenheit verspüren. „Naja, ich kann ja leider nichts dafür, dass die Jungs in Deutschland kein Interesse an mir hatten. Und verliebt habe ich mich auch noch nie...“, seufzte ich vor mich hin, weil das war wirklich ein sehr deprimierender Gedanke. Dafür erntete ich einen sehr überraschten Blick von Jin, der mich geradezu verwirrt ansah: „Du warst noch nie verliebt? Das ist irgendwie traurig...“ „Hmm... vielleicht...“, war alles, was ich dazu gesagt hatte. Liebe war für mich ein unangenehmes Thema, über das ich nicht besonders gerne sprach. Plötzlich vernahm ich einen bekannten Duft, der mich traurig stimmte. „Mein Vater nimmt dieselbe Marke wie du. Ich mag es gar nicht, wenn meine Eltern rauchen. Ich hasse es eigentlich generell, aber im Moment erinnert es mich an Zuhause. Schon komisch, nicht?“ Er sah kurz zu mir herüber und wendete sich dann wieder dem Parkplatz zu. Er schwieg und nahm einen weiteren Zug. „Hast du denn keine Angst, dass du dir deine Stimme ruinierst?“ Zwei überraschte Augen sahen mich plötzlich an. Schon wieder stieg eine leichte Nervosität in mir auf, die ich aber sofort wieder zu verdrängen versuchte. „Ich mag deine Stimme sehr gerne. Es wäre schade, wenn du irgendwann nicht mehr singen könntest.“ Sein Blick haftete an mir unnachgiebig. Trauer, Verwirrung und Reue schien ich darin zu entdecken, als er mir schließlich antwortete: „Ich liebe die Musik und das Singen. Ich denke ich würde es nicht ertragen, nicht mehr singen zu können...“ Die Ehrlichkeit in seiner Stimme rührte mich und ich wurde das Gefühl nicht los, dass es ihm nichts ausmachte, so offen mit mir zu reden. „Weißt du, welches Lied von euch mir immer besonders gefallen hat?“ Ich weiß selbst nicht genau warum, aber diese Frage kam mir plötzlich in den Sinn. Jin blickte auf. Die Zigarette war inzwischen leer. „...Welches denn?“ Ich lächelte ihn an und antwortete: „Care!“ Es dauerte einen Augenblick, bis er resignierte, was ich gerade gesagt hatte. Er wirkte überrascht und kam langsam ein Stück auf mich zu, seinen Blick eisern auf meinen gerichtet. Doch er war sanft und zärtlich. Eine angenehme Wärme begann in meiner Brust aufzusteigen. Ich fühlte mich so geborgen und sicher, wie schon lange nicht mehr. „Es hat mir früher... immer Mut gegeben, weißt du? 'Surely, anyone at any given time takes along some sadness and weaknesses. And even if we fall, we have the strength to stand back up. Certainly, for every tear cried there is a smile waiting. Believe in yourself!' Ich finde das ist ein wunderschöner Gedanke... Er gibt dir Kraft, wenn du nicht mehr weiter weißt...“ Mein Blick richtete sich zum Horizont und betrachtete den klaren Himmel. Dies war eines der Dinge gewesen, die ich ihm schon immer sagen wollte, jedoch hatte ich niemals damit gerechnet, es ihm jemals erzählen zu können. Ich wendete mich Jin zu, als dieser mich sprachlos ansah. 'Was hat er nur?' Seine Augen strahlten eine unglaubliche Zärtlichkeit aus. Meine Beine wurden weich und drohten jeden Moment nachzugeben, doch ich konnte mich nicht abwenden. Wie gefesselt standen wir beide da, ganz alleine und sahen uns schweigend an. „Weißt du, dass ich es geschrieben habe?“, fragte er mich schließlich mit ruhiger, sanfter Stimme. Ich lächelte ihn an. „Ja, das weiß ich...“ „Ahhh!“ „Huh, was ist denn jetzt?“, fragte mich Jin überrascht, nach meinem plötzlichen Aufschrei. „Ich hab vergessen, dass ich doch in der Pause das Essen verteilen muss! Mist!“ „Ah, trifft sich gut, ich hab nämlich tierischen Hunger!“ Er grinste mich an, doch ich fand das in diesem Moment gar nicht so amüsant, ich könnte großen Ärger bekommen, wenn ich die Statisten hungern lassen würde. „Sorry, aber ich muss jetzt echt mal hinne machen... Ich komm später nochmal bei dir vorbei, bis gleich!“ Und mit diesen Worten, war ich auch schon wieder im Studio verschwunden und ließ Jin alleine auf dem Hof zurück. Mehr als hundert Bentos wurden angeliefert und ich hatte die wunderbare Aufgabe, sie alle aus ihrer dicken Plastikfolie zu befreien. Das war wirklich die reinste „Drecksarbeit“ gewesen und meine sowieso schon geschundenen Hände bekamen keine Auszeit. Sie waren alle in Viererpacks zusammengeschweißt, was die ganze Sache nicht gerade einfacher machte. Zwar hatte ich ein wenig Hilfe von zwei weiteren Angestellten, doch das nützte, meinen bereits schmerzenden Blasen, auch nicht mehr viel. Ich wollte mich nicht beschweren, hatte auch überhaupt keine Zeit dafür, da der Dreh ja weitergehen musste. Und das konnte er nicht, wenn Crew und Statisten Hunger hatten. Wie Raubtiere stürzte sich die versammelte Mannschaft auf das, eher weniger üppige, Buffet vor ihnen. Jetzt konnte weitergefilmt werden. Die nächste Etappe der Gruppenperformance war erreicht. Dieses Mal wurden die Positionen gewechselt und KAT-TUN tanzten nun auch, während einer zum Playback die Lippen bewegte. „Hai, Cutoo!“, brüllte der Direktor. „Das Ganze jetzt noch einmal! Aber jetzt versuchen wir mal einen anderen Blickwinkel!“ Ich hatte aufgehört die Takes zu zählen. Zu oft wurden dieselben immer und immer wieder gedreht. Allerdings kam ich nicht drumherum, die geschickten, flüssigen Bewegungen der Tänzer, sowie die der Hauptdarsteller, zu bewundern. 'Ich könnte mich niemals so bewegen.', lachte ich in mich hinein, denn ich war eine miserable Tänzerin. Zumindest aus meiner Sicht. Aber dafür konnte ich einigermaßen gut singen, worauf ich schon ein wenig stolz war, bei meinem Mangel an Talenten. Bei einigen anderen fielen die Bewegungsabläufe nicht ganz so flüssig und konzentriert aus. Ganz besonders nicht bei Ueda, wie ich feststellen musste. Doch er gab sich trotzdem sehr viel Mühe. Sie tanzten zur Melodie, jeder Muskel war angespannt und vibrierte zur Musik. Ihre Stimmen, die aus dem Lautsprecher kamen, hallten durch das gesamte Studio und erfüllten alles und jeden mit einer angespannten und ehrfürchtigen Atmosphäre. Nach drei weiteren Stunden wurde ihnen endlich mal eine kleine Pause, von fünfzehn Minuten, gegönnt. In dieser Zeit waren KAT-TUN allerdings ausreichend damit beschäftigt, das Making of zu drehen. „Ich erlebe jeden Tag Abenteuer“, versuchte Maru in die Kamera zu scherzen. Koki konterte: „Ich habe gestern einen kleinen Welpen im Regen umarmt!“ „Lügner!“, kam es nur von Maru zurück. Es war zu komisch ihnen dabei zuzuhören. Jeder versuchte den anderen zu übertrumpfen. Sogar Kame machte mit. Zwischendurch wurde ich immer wieder durch die Gegend geschickt. Wasser hier, Kisten dort oder Yumiko brauchte ihre Unterlagen. Ich fragte mich, was diese Menschen gemacht haben, bevor ich aufgetaucht war. Vermutlich hatten sie sich selbst die Mühe gemacht, aber wenn ich schon mal hier war... So langsam kam ich wirklich an den Rand der Erschöpfung. Das einzige, woran ich denken konnte, waren ein warmes Bad und mein kuscheliges Bett. Einer der Mitarbeiter hatte mich gebeten einen Karton aus dem LKW, der vor dem Studio stand, zu holen. Angeblich sollte dieser ja leicht sein. Wie befohlen, machte ich mich auf den Weg zum besagtem Transportmittel. 'Verdammt, können die nicht ein mal was alleine machen? Ist ja nicht so, dass sie gerade beschäftigt wären.', schnaubte in mich hinein. Irgendwie schienen mich manche „Kollegen“ wohl als persönlichen Sklaven zu verwechseln, was mir gehörig auf die Nerven ging. 'Faule Säcke!' Ich schaute erst einmal dumm aus der Wäsche, als ich nun zwar vor dem besagten Karton stand, jedoch nicht ran kam. Komische, fette Lautsprecherboxen und Scheinwerfer, die wohl nicht gebraucht wurden, standen davor und natürlich musste ich diese, nicht gerade leichten Gegenstände, vorher wegräumen. 'Gesagt, getan!', dachte ich mir und krempelte mir wild entschlossen die Ärmel hoch. 'Ran an den Speck!' Ich packte die erste Box und hievte sie zur Seite. „Aaahh!!!“ Ich schrie auf. Ein furchtbarer Schmerz zog sich durch meine Finger, als mir die zweite Box weg glitt und meine linke Hand, voller Wucht, unter sich begrub. „Oh, Mist!!! Gnn...!“ Verdammt, so war das nicht geplant gewesen. Vorsichtig zog ich meine Hand hervor und betrachtete meine Finger, die, Gott sei Dank, soweit nicht besonders schlimm aussahen. Nichts war blau und es war auch keine Quetschung zu erkennen. Doch es schmerzte tierisch und ich unterdrückte die Tränen, die sich zeigen wollten. „Nein, so ein verdammter Mist!“ Ich biss wütend die Zähne zusammen und hätte am liebsten geschrien. Der erste Drehtag und ich musste mir die Hand verletzen. Wie konnte ich nur so dumm sein? Als ob ich nicht schon genug Probleme hatte. Es gab manchmal Zeiten, da ärgerte ich mich selbst über meine Ungeschicklichkeit. Doch ich konnte jetzt nicht einfach aufhören. Ich wollte auch nicht, dass irgendjemand davon erfährt. Ich wollte auch keine Last für alle sein, besonders nicht für Yumiko, die soviel dafür getan hatte, dass ich hier sein konnte. Also beschloss ich den Schmerz in meiner Hand zu ignorieren, so gut es ging. So schlimm war es ja jetzt nicht. 'Das heilt bis morgen wieder... Und is' ja nur die Linke.' Fest entschlossen wendete ich mich, dem nun freistehenden Karton zu, um ihn zu seinem Besitzer zu bringen. Kaum verwunderlich, dass ich diesen im Geiste tausendfach verflucht hatte, dass ich für seine Faulheit jetzt leiden musste. Zum Glück gab es danach erst einmal keine neuen Aufgaben für mich. Ich stand an der Wand des Studios und sah dem Treiben eine Weile zu. „Alles okay?“ Ich fuhr zusammen, als Kame mich von der Seite ansprach. Ich hatte ihn nicht bemerkt. Mein Kopf schien wohl auch ein wenig überfordert zu sein. „Du siehst ein wenig blass aus, geht’s dir nicht gut?“ „Doch, doch. Alles in Ordnung! Ich bin nur ziemlich müde.“ Ich versteckte meine Hände hinter meinem Rücken und versuchte überzeugend zu klingen, denn Mitleid wollte ich keins. Zwar war ich sehr gerührt, dass sie sich Sorgen um mich machten, doch trotzdem... Das war mein Problem, meine Entscheidung und ich wollte alleine damit fertig werden. Kapitel 5: Tiny incidents ------------------------- 5. Kapitel – Tiny incidents Der erste Drehtag war endlich vorüber. Ich ließ mich langsam in mein Bett sinken und schloss die Augen. Mein Fenster war gekippt und ich nahm die Geräusche war, die von der Straße zu mir hereinkamen. Yumikos Apartment lag im siebten Stock eines großen Wohnhauses. Allerdings befanden sich darin ausschließlich teure und luxuriöse Wohnungen. Ich atmete ein und mir stieg der Geruch von Holz in die Nase. Man merkte noch genau, dass dieses Zimmer neu eingerichtet worden war. Zeit zum Einleben hatte ich ja kaum welche gehabt. Morgen beziehungsweise heute, würde es mit den Solos weitergehen und vielleicht würden wir sogar zu der neuen Location wechseln. Wir waren leider nicht so weit gekommen, da die Gruppenaufnahmen die meiste Zeit in Anspruch genommen hatten. Ich blickte auf den kleinen, runden Digitalwecker, der auf meinem Nachttisch stand.4:27 Uhr. Ich sollte langsam mal einschlafen! Doch es gelang mir nicht. Die Aufregung des Tages floss noch durch meinen Kopf und ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Zum Glück mussten wir an dem Tag nicht allzu früh am Set sein, worüber ich besonders erleichtert war. Ich rieb mir meine Finger. Der Schmerz hatte kaum nachgelassen, doch es kümmerte mich in dem Moment wenig. Ich war viel zu aufgeregt, auf den weiteren Verlauf des Tages. Ich drehte mich auf die Seite und zog mir die Decke über den Kopf. „Hey!“ Eine hohe Frauenstimme rief nach mir, doch ich ignorierte es. „Hmmm!!!“, grummelte ich nur vor mich hin und wendete mich auf dem Beifahrersitz zur Seite. „Das glaub ich jetzt nicht. Wie kann sie jetzt noch schlafen?“ Yumiko stand hilflos vor der offenen Autotür und versuchte vergeblich mich zu wecken, da ich auf der Fahrt zum Studio eingenickt war. Es war vermutlich schon so um die elf Uhr, aber trotzdem betrug die Zeit an Schlaf, die ich nur bekommen hatte, gerade mal zwei oder drei Stunden. Echt ätzend! „Heeeeey!!!!!“ „Uuuaahhh!!!!!“ Ich schreckte panisch hoch, als mir jemand ins Ohr schrie. Plötzlich starrte ich in zwei kleine dunkle Augen. Verwirrt blinzelte ich diese an. „Na, ausgeschlafen?“, fragte mich Koki mit einem breiten Grinsen, das so typisch für ihn war. „Wie, was...??? Sind wir schon da? Eehhh?“ Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, stammelte ich vor mich hin. „Da hat wohl jemand nicht genug geschlafen, ne?“ Ich rieb mir die Augen und gähnte kurz, bevor ich antwortete: „Wie auch? Ich hatte ja kaum Zeit zum schlafen! Uaah ich bin so verdammt müde!!“, maulte ich, fügte mich aber den mahnenden Blicken von Nee-chan. Auch wenn ich bald 19 Jahre alt wurde, brach doch noch ziemlich oft das Kind in mir durch. Koki grinste nur weiter vor sich hin und begleitete uns ins Studio, wo wir daraufhin auch schon von dem Staff und ein paar der Member begrüßt wurden. Jin und Kame waren allerdings noch nirgendwo zu sehen. Aus einem mir schleierhaften Grund schien es den Anwesenden um einiges besser zu gehen als mir. Die Atmosphäre hatte sich zum Vortag kaum verändert, doch es wirkte schon längst nicht mehr so gewaltig und fremdartig, wie am Tag zuvor. „Na, ausgeschlafen?“, fragte mich Taguchi, wohlwissend von meinem Schläfchen im Auto, das konnte ich ihm an der Nasenspitze ansehen. „Sehr lustig! Gib's zu, Koki hat es dir erzählt!“ Daraufhin grinste er mich nur vielsagend an. Dabei presste er seinen Augenlider so sehr zusammen, dass nur noch Schlitze zu erkennen waren. Skeptisch zog ich eine Augenbraue hoch und antwortete einfach nicht mehr. Ganz schöne Tratschtanten!, kicherte ich dennoch in mich hinein. Ich wanderte ziellos durch das Studio. Der eigentliche Dreh würde erst in einer Stunde beginnen, wenn alle anwesend und entsprechend vorbereitet waren. Mir fiel eine große Tür am Ende des Ganges auf. War die schon die ganze Zeit über da? Ich schritt langsam darauf zu. Große Kanji prangten an der Tür, jedoch ließen sie sich nicht entziffern. Jedenfalls nicht von mir. Plötzlich hörte ich Stimmen aus dem Raum. Die eine gehörte eindeutig Kame, soviel war sicher. Die andere schien zu singen, ich konnte kaum etwas verstehen, doch es klang schön. Das scheint wohl der Umkleideraum zu sein..., schlussfolgerte ich, nachdem ich die singende Stimme als die Jins identifizieren konnte. Im selben Moment stieg diese angenehme Wärme in meiner Brust wieder auf, allein bei dem Gedanken, dass Jin hier war. Komisch... Ich setzte mich neben die Tür und beschloss auf die beiden zu warten. Ich hatte im Moment sowieso nichts besseres zu tun. Eine blonde Haarsträhne viel mir ins Gesicht, die ich sofort wieder an ihren Ursprungsplatz zurück strich. Durch die großen Fenster schienen Sonnenstrahlen auf mich, hinterließen überall ihre warmen Spuren auf meiner Wange. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Wand und lauschte dem Gesang. Er singt „Care“... „Hey, Sora-chan!“ Jemand rief meinen Namen. Ich mochte es, wenn diese Stimme meinen Namen rief. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, die mich behutsam schüttelte. „Sora-chan, aufwachen!“ Ich hörte ein Lächeln aus diesen Worten heraus und langsam öffnete ich die Augen. „Hmm...“ Vorsichtig versuchte ich etwas zu erkennen, doch die Sonne blendete mich und ich erkannte eine bekannte Silhouette. „Akanishi-kun,... ohayou!“, murmelte ich noch vom Schlaf etwas benommen. Er lächelte: „Ohayou! Das hier ist ja nicht gerade der beste Ort zum schlafen, ne? Komm her!“ Er nahm mich an der Hand und half mir aufzustehen. Ich schwankte noch ein wenig, doch er hielt mich vorsichtig fest. Seine Hand lag auf meinem Rücken und ich spürte, wie ein leichtes Kribbeln seiner Berührung folgte. „Gomen, dass ich hier einfach eingeschlafen bin. Ich wollte eigentlich auf euch warten.“ „Haha! Kein Problem. Du musst dich halt erst an unsere Zeiten gewöhnen. Das ist für uns eigentlich schon der Standard.“ Er lächelte sanft. „Hab ich was verpasst? Hat der Dreh schon angefangen?“ „Nein noch nicht. Ich denke du hast auch gerade mal 20 Minuten geschlafen.“ „Mehr nicht? Oh!“ Inzwischen konnte ich wieder aufrecht stehen und wischte mir den Rest Schlaf aus den Augen. Ich gähnte. So langsam schien ich mich wohl der japanischen Lebensweise anzupassen. Mir war schon seit längerem aufgefallen, dass Japaner es ausgezeichnet beherrschen, immer und überall einschlafen zu können. Überaus praktisch, wie ich zugeben musste. „Wo ist Kamenashi-kun?“, fragte ich ihn. Ich blickte mich suchend im Gang um und erhaschte einen kleinen Blick in den Umkleideraum, der allerdings viel zu unordentlich war, um irgendetwas darin finden zu können. Sei es Kame oder eine verlorene Socke. „Der ist schon vorgegangen. Er war wohl der Meinung, ich komme alleine klar.“ Seine Augen wichen den meinen aus. Er wirkte aus irgendeinem Grund verlegen nach seiner Antwort, warum nur? Fragend studierte ich seine Mimik, doch es ließ sich nichts Verdächtiges feststellen. Stattdessen erntete ich noch ein herzliches Grinsen seinerseits, dass mein Herz einen unerwarteten Hüpfer machte. Irritiert drehte ich mich von ihm weg. Mein Gott, was ist nur los mit mir? Ich dachte die Sache hätte sich erledigt. Wieso werde ich rot? Bisher hat mich doch auch jeder andere Kerl kalt gelassen. Warum sollte es bei ihm anders sein? Mein Kopf drohte zu platzen. Ich verstand mich selbst kaum noch. Für ein Idol zu schwärmen war eine Sache, aber das ging selbst für mich zu weit. Ich seufzte innerlich vor mich hin. Vielleicht machte ich mir auch nur zu viele Gedanken. Skeptisch beäugte ich den Karton vor mir, in denen die Lunchboxen verstaut und geliefert worden waren. „Da stimmt doch was nicht!“, sagte ich. Das konnte einfach nicht stimmen! Von den eingeschweißten Bentos von gestern war nichts zu sehen. Stattdessen standen vor mir etliche Kartons, mit verpackten Boxen in dünner Plastikfolie darin. Stinknormale Folie! Mir stiegen fast die Tränen in die Augen, vor Dankbarkeit an wen auch immer, dass sich meine Finger auch weiterhin noch erholen durften. Vergnügt begann ich damit, die Folien von den Bentos abzuziehen, während sich zwei weitere Helferinnen zu mir gesellten. Doch ganz verschont blieb ich leider nicht. Ein leichter Schmerz durchbohrte meine Hand bei jeder kleinen Bewegung. Ist wohl doch noch nicht ganz verheilt, huh? Aber das war jetzt auch egal. Ich hatte besseres zu tun, als mich darum zu sorgen. Immerhin hatte ich noch einen Job zu erledigen. Nach dem Auspacken mussten die Bentos auf extra bereitgestellten Tischen zur Selbstbedienung aufgestellt werden. „Brauchst du Hilfe?“ Ueda lief neben mir her. Ich selbst hatte die Hände voll mit fünf großen Lunchpaketen. „Wäre echt nicht schlecht, danke. Aber darfst du als Idol mir überhaupt helfen? Ist das nicht unter deiner Würde?“ Erschöpft, aber immer noch zu sarkastischen Bemerkungen fähig, grinste ich ihn an. „Klar, gib her ich nehm's dir ab!“ Und mit diesen Worten hatte er sie schon selbst auf den Arm. Bei ihm sah das so leicht aus und wieder wurde mir bewusst wie schwach ich als Mädchen doch war. Deprimierend! „Arigatou! Das waren jetzt eh die letzten. Du bist leider ein bisschen spät mit deiner Rettung gekommen, Romeo.“ Seit einiger Zeit nannte ich ihn manchmal so, wegen seines Theaterstückes „Romeo und Julia“, in dem er als die männliche Hauptrolle agierte. Ich fand das süß und er hatte auch nichts dagegen, im Gegenteil er musste jedes Mal über beide Ohren grinsen, wenn ich ihn so nannte. Diese Verlegenheit machte ihn noch niedlicher, als er eigentlich schon war. Ich mochte Ueda sehr. Er war immer so gut gelaunt und lächelte oft, wie ein Engel. „Sag mal, hast du Akanishi-kun vorhin irgendwo gesehen?“ „Eh?“ Diese Frage ließ mich irritiert aufschrecken, allein weil sein Name erwähnt wurde. „Ano... Nein ich hab ihn seit vorhin nicht mehr gesehen, seit den letzten Takes ungefähr.“ „Ach so? Hmm...“ Sein Blick tastete suchend die Umgebung ab, allerdings erfolglos. Zu sehen waren nur Kame und Maru, die miteinander für das Making of-Video herumalberten. Dabei schienen sie sehr von den zwei großen Vögeln, die an der CG-Bühne angebracht waren, fasziniert zu sein. Auch ich fragte mich inzwischen, wo Jin sein könnte, bis ich mir einen Ruck gab und mir befahl nicht mehr über ihn nachzudenken. Das musste doch irgendwann mal aufhören, oder? Vorsichtig öffnete ich die Tür, die in die Umkleide führte. Niemand war zu sehen, was mich erleichtert aufatmen ließ. Zielstrebig ging ich auf den kleinen Medizinschrank zu, den ich zuvor schon hier drinnen entdeckt hatte. Ein großes Kreuz war darauf abgebildet, also unverwechselbar, auch für eine Kanji-Niete wie mich. Er hing links an der Wand, die wohl zu den Duschräumen führte. Darin befand sich ein Kästchen, das ich ohne zu zögern herausholte. Der Raum war sehr groß, mit vielen Fenstern und Spiegeln. In der Mitte standen blaue Schließfächer und Bänke aus Holz. Eilig setzte ich mich und kramte in dem Erstehilfekästchen herum. Pflaster oder Verbände wollte ich keine, die wären zu auffällig gewesen. Vielmehr suchte ich nach einer Wundsalbe oder Ähnliches. Auf die Idee, mich bei Yumiko zu verarzten, war ich, schlau wie ich nun mal bin, natürlich nicht gekommen. Die Verletzung, die ich mir am Tag zuvor zugezogen hatte, war wohl auch schlimmer gewesen, als ich es hätte zugeben wollen. „Huh? Was machst du denn hier?“ Ich fuhr panisch zusammen, als Jin plötzlich eintrat. Schnell versteckte ich den Kasten hinter meinem Rücken, doch ich bezweifelte, dass er ihn nicht bemerkt hatte. Und ich hatte Recht. Verdammt, warum muss ausgerechnet er jetzt auftauchen? „Hey, was versteckst du da vor mir?“ Er kam mit großen Schritten auf mich zu. „Nichts! Ist schon okay! Ich...“ Jin stand direkt vor mir, ehe ich reagieren konnte und beugte sich zu mir herunter. Mein Herz erstarrte, als sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt war. Sein warmer Atem überflog meine Wange, doch ehe ich reagieren konnte griff er hinter mich und nahm mir den Kasten aus der Hand. „Wozu brauchst du das denn? Hast du dich verletzt?“ Zwei dunkle, braune Augen sahen mich besorgt an. Da war es wieder. Ich wollte nicht, dass er sich um mich sorgt. „Ach was, schon in Ordnung! Ist nur ein kleiner Kratzer, davon sterbe ich schon nicht.“ Sein Blick verdüsterte sich. Hatte er bemerkt, dass ich ihn angelogen hatte? Und wieso bekam ich jedes Mal ein schlechtes Gewissen? „Zeig mal her!“ Plötzlich packte er meinen linken Arm, den ich immer noch hinter mir versteckt hielt. „Nein, bitte! Es ist nichts!“, versuchte ich ihn noch daran zu hindern, doch es gelang mir nicht. Fast schon verzweifelt versuchte ich mich aus seinem festen Griff zu lösen. Er war sehr stark und er gab sehr darauf Acht, mir nicht wehzutun. Trotzdem ließ er mich nicht gehen. Warum wollte ich unbedingt verhindern, dass er es sieht? Warum wehrte ich mich so gegen ihn? Jin zog meine Hand hervor. Ich hatte aufgehört zu zappeln und ließ ihn schließlich gewähren. Es hatte doch sowieso keinen Sinn. Meine Unruhe verschwand in jenem Moment, als ich in Jins klare Augen sah, die vorwurfsvoll meine Hand betrachteten. Vorsichtig strich er mit seinen Fingern über die geschunden Stellen. Jede seiner Berührungen hinterließ ein leichtes Prickeln, mein Herz fing an schneller und schneller zu schlagen, sodass mir schwindelig wurde. Er kniete vor mir und hielt weiter meine Hand. „Gomen...!“ Seine Stimme klang rau und sehr leise. Ein Ton voller Reue hing darin. „Eh... Aber warum entschuldigst du dich? Das sind nur ein paar Blasen, nichts ernstes! Außerdem ist es nicht deine Schuld!“, versuchte ich ihn zu beruhigen und lächelte ihn beschwichtigend an. Dabei hörte ich mich überzeugter an, als ich mich fühlte. „Quatsch, das ist total geschwollen! Wir hätten dich nicht so viel arbeiten lassen sollen und besser auf dich aufpassen müssen! Immerhin tragen wir alle eine gewisse Verantwortung für dich. Vor allem, da du ein Mädchen bist!“ „Aber das war doch meine eigene Schuld und das ist auch nun mal mein Job! Es war nur gestern wegen dem Dreh. Ich bin sicher, das kommt nicht wieder vor. Ich muss heute einfach besser aufpassen. Außerdem... hätte ich doch sonst keinen Grund hier zu sein, wenn ich euch nicht irgendwie hilfreich sein kann...“ Ich senkte den Kopf und blickte beschämt zu Boden. Stimmt...! Das ist der einzige Grund, warum ich hier sein darf. Ich gehöre hier doch eigentlich gar nicht hin... Ich spürte, wie Jin mich ansah, doch ich hatte nicht den Mut, seinen Blick zu erwidern. Ich hatte Angst, er würde nur bestätigen, was ich dachte. „Jetzt rede doch keinen Unsinn! Du bist uns hilfreich, auch ohne dass du dich so abrackern musst. Wir alle sind froh, dass du hier bist! Du bist doch inzwischen.... eine Freundin geworden.“ Nach diesen Worten musste ich aufblicken. Ungläubig sah ich ihn an. Dachten sie wirklich so? Jins Blick wollte mir nicht antworten. Er starrte leicht zu Seite und versuchte ein verlegenes Lächeln zu verbergen. In diesem Moment schloss sich das Loch in meiner Brust, dass sich in der letzten Zeit immer tiefer in mich hinein gefressen hatte. Unsere Augen trafen sich erneut und das Gefühl der Einsamkeit, erlosch daraufhin. Er nahm einen Verband aus dem Kasten. Noch immer ruhte meine Hand in seiner. „Und pass in Zukunft besser auf, ja?“ „Hai~!“ Nachdem Jin mich verarztet hatte, hielt er mir erst einmal Vorträge darüber, dass ich nicht immer alles auf eigene Faust versuchen sollte. Irgendwie kam ich mir vor wie ein kleines Kind, dass belehrt wird nicht mit Feuer zu spielen. Wir liefen nebeneinander her in dem Gang, der zurück ins Studio führte. „Und wenn du schwere Sachen schleppen musst, frag vorher jemanden um Hilfe, okay? Zur Not kannst du auch mich oder einen der anderen rufen!“ „Hai~! Ich hab's verstanden! Du hörst dich ja schon an wie mein Vater!“ Ich musste lachen. „Du bist ja auch fast noch ein Kind!“ Das war das einzige, das er, verlegen wie er anscheinend war, darauf antwortete. „So ein Quatsch! Ich werde schon bald 19! So please, don't treat me like a child!“ Plötzlich schossen seine Mundwinkel unwillkürlich in die Höhe. „Hier bei uns ist man aber erst mit 20 volljährig!“ „Aber in Deutschland nicht! Ich könnt sogar heiraten und eine Familie gründen, wenn ich wollte!“ Ich hatte riesigen Spaß mir mit Jin solche Wortgefechte zu liefern. Es fühlte sich so vertraut an. Ich lief ein wenig schneller um ihn zu überholen. „Was hält dich dann noch davon ab?“ Er grinste mich provozierend an, doch seine Frage irritierte mich ein wenig. „Ähm... Naja, ich will schon irgendwann eine Familie und Kinder. Man kann ja nie wissen, was das Schicksal so für einen bereithält, nicht?“ Ich drehte mich zu Jin um. Den Ausdruck in Jins Gesicht, der daraufhin folgte, vermochte ich kaum zu definieren. „Man kann es nie wissen, ja!“, wiederholte er. Kaum hörbar. Seine Augen richteten sich zum Fenster und sie schienen jeden einzelnen Sonnenstrahl, der hereinbrach, aufzufangen und festzuhalten. Sie wirkten auf mich so verloren, als suchten sie etwas, das weit entfernt und unerreichbar für sie wäre. Und trotzdem... hielten sie voller Hoffnung daran fest. Dieser Anblick stimmte mich traurig und doch faszinierte er mich. Noch nie hatte ich so einen Ausdruck bei einem Mann gesehen. Ich fühlte mich so hilflos, wenn ich ihn so sah. Irgendwie wollte ich ihm helfen, doch... ich hatte eigentlich gar nicht das Recht mich einzumischen. Ich beobachtete, wie Jin versuchte seinen Solopart ordentlich zu performen, doch irgendwie schien es ihm noch nicht ganz zu gelingen. Ständig vergaß er seine Choreographie oder vertanzte sich. Die beiden Backgroundtänzer schienen sichtlich amüsiert zu sein. „Aaaaahhh!“ Jin schrie auf, wütend über sich selbst und rannte genervt Richtung Wand. Nach einem kurzen Kameracheck wurde sofort noch einmal gedreht. Diesmal machte er keinen Fehler und trotzdem wollte er die Stelle noch einmal wiederholen. Ich fand es beeindruckend, dass er sich verbessern wollte, obwohl er schon von den bisherigen Takes genug hatte. Er machte weiter, bis er mit sich selbst zufrieden war. Verschwitzt und vollkommen erschöpft stand Jin neben mir, nachdem er endlich fertig war und das Filmmaterial noch einmal gecheckt hatte. Heute trug er, statt einer Sonnenbrille, einen Trilby-Hut. Solche trug er in letzter Zeit immer öfter, wenn ich ihn in der Agentur sah. „Ich glaube, du warst der Einzige, der so viele Takes gebraucht hat.“ Ich grinste ihn herausfordernd von der Seite an. Er dagegen erhob nur schmunzelnd einen seiner Mundwinkel. „Heute ist wohl nicht mein Tag! Du hättest es ja auch mal versuchen können!! Mal sehen ob du es besser machen kannst!“, sagte er grinsend, als er mir leicht in den Arm kniff. „Nee, danke ich passe!! Das haste schon gut gemacht! Ich bin stolz auf dich!“, antwortete ich ihm mit einem strahlenden Lächeln, nachdem ich kurz von ihm zurückwich um weiteren Kniffen zu entkommen. Doch er sah mich allerdings nur weiter ungläubig an. „Doch, wirklich! Ich mein's ernst!“ Ich stellte mich direkt vor ihn und blickte ihm ehrlich in die Augen. Dies schien ihn aus irgendeinen Grund zu verunsichern und er wich abrupt meinem Blick aus. Daraufhin konnte ich mir ein Kichern nicht verkneifen. „Wooaah! Sugee!“ Sprachlos blickte ich mich in dem gigantischen Raum um. Ach was Raum, das war eine Halle, die unsere neue Location bildete. Fenster gab es keine und die einzige Lichtquelle waren die vielen Scheinwerfer an der Decke. Alles war grau und an den Wänden hingen komische Metallvorrichtungen und künstliche Steinfassaden standen herum. Ich war neugierig. Diese Location war anders, als die vorherige, da diese vorher sehr von CG abhängig war. Hier jedoch wurde der Eindruck einer Umgebung per Hand erstellt. Wasser wurde über den Boden gekippt und Nebel wurde erzeugt. Noch immer waren einige Leute dabei die Requisiten aufzustellen. So viele Menschen wanderten hektisch durch das Studio. Ich musste oft ausweichen um nicht von den Requisiten überfahren zu werden. Ich fühlte mich so hilflos inmitten des Geschehens und glaubte jeder sähe durch mich hindurch, als wäre ich gar nicht hier. Sie waren viel zu beschäftigt um mich wahrzunehmen. Zu gerne hätte ich dem Staff bei der Arbeit zugesehen, jedoch hätte ich nur im Weg herumgestanden. Es war furchtbar kalt hier drin. KAT-TUN und Helfer trugen dicke Jacken um nicht zu frieren, doch leider mussten Erstere diese beim Dreh wieder ausziehen, worum ich sie nicht gerade beneidete. Ich selbst trug meinen warmen, braunen Mantel mit Kunstfell an der Kapuze. Yumiko hatte mich vor einer kalten Location gewarnt. „Friert ihr?“ Fast schon entsetzt starrte ich Jin und Maru an, als sie mit hochgekrempelten Ärmeln in ihren dünnen Outfits vor mir standen. „Natürlich, was denkst du? Nur es geht gleich weiter, da bleibt nicht viel Zeit zum Aufwärmen.“ Jins Tonfall klang eindeutig genervt und wenn ich mir seine Arme ansah, die mit Gänsehaut überzogen waren, konnte ich das recht gut nachvollziehen. „Wenn wir tanzen geht es, aber beim Stehen merkt man's so langsam. Vor allem wenn man schwitzt.“ Auch der Ältere sah schon ziemlich mitgenommen aus. Ich bekam richtig Mitleid mit den Jungs. „Hey, wie wäre es, wenn ich euch Tee mache?“, fragte ich die unterkühlte Meute vor mir. „Dann wäre ich der dankbarste Mensch auf der Welt!!“, antwortete plötzlich ein aufgeregter Koki. Ich kam aus dem hinteren Teil des Studios. Wenn man die Halle verließ kam man zu den Aufenthaltsräumen. Ab dort glich alles dem vorherigem Studio: Aufenthaltsräume, Lager und sogar eine kleine Cafeteria mit Küche. „Hey, who are you? You aren't a Japanese!“ Einer der Backgroundtänzer sprach mich plötzlich an, als ich das Tablett mit Tee auf einen Tisch am Rande der Halle stellte. Er war ein Afroamerikaner, und sprach wohl kein Japanisch. „Well, I'm something like a guest, you know? I'm just helping out a little bit. I'm from Germany. My name is Sora Main, nice to meet you.“ Ich wurde ein wenig verlegen. Es überraschte mich, dass er mich so plötzlich angesprochen hatte. Er wirkte sehr nett und ich konnte ein wenig Gesellschaft gebrauchen, da KAT-TUN inzwischen wieder anderweitig beschäftigt waren. „I'm Ray, nice to meet you, Sora. From Germany, for real? That's cool! It must be very hard here in Japan for a young girl like you.“ „Yeah, it's hard but it's also much fun. I'm happy here although I'm a bit lonley.“ Bei ihm machte es mir nichts aus ehrlich zu sein. Er war nur ein Statist, den ich vermutlich nicht wiedersehen würde und ich glaubte auch kaum, dass er den anderen davon erzählen würde. Dafür hatte er keinen Grund. Doch bei ihnen war das anders. Ich wollte, dass keiner von ihnen erfährt, wie ich mich fühlte. Weder Yumiko, noch KAT-TUN. Nee-chan wollte ich keine Sorgen bereiten, sie hatte schon genug Probleme und KAT-TUN ebenso. Ein kleines jammerndes Mädchen war das letzte, dass sie jetzt gebrauchen konnten, vor allem in nächster Zeit. Ein neues Album und ein großes Konzert standen ins Haus, da wäre ich doch nur ein Klotz am Bein. Außerdem war mir das von Anfang an klar gewesen, dass es einsam werden würde. Ich wusste es genau. „Hey, Ray-san! Your turn!“ Jin kam auf einmal zu uns herüber und Ray verabschiedete sich. „Was ist denn los Akanishi-kun?“ Ich wunderte mich warum er plötzlich herkam. „Was soll schon sein? Ich hab jetzt Pause!“, antwortete er nur und nahm sich eine Tasse Tee. Irgendwie wirkte sein Tonfall so seltsam gereizt. „Ach, und die willst du unbedingt bei mir verbringen?“ Ich stieß ihn leicht in die Seite und setzte ein breites Grinsen auf. „Wah!! Vorsicht, der Tee!! … Nein,... ich hab nun mal gerade nichts besseres zu tun.“ Diese Antwort hatte ich nicht erwartet und ich kam mir irgendwie beleidigt vor. „Ach so...?“, antwortete ich emotionslos um meinen Ärger nicht zu zeigen. Weil er nichts besseres zu tun hat? Hallo? Bin ich etwa sein Lückenbüßer? Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust. „Stehst du auf solche Typen?“, fragte er mich nach einigen Sekunden. Irritiert blickte ich ihn an. „Hä?? Wie kommst du denn jetzt darauf?“ „Ihr habt euch ja ziemlich gut verstanden... Ich wusste gar nicht, dass du fast fließend Englisch sprichst. Geht ihr demnächst aus?“ „Was soll dieses Gerede? Ich habe mich lediglich mit einem Kollegen Unterhalten.“ „Na, das habe ich gesehen, wie breit du ihn angegrinst hast! “ Ich stellte mich demonstrativ vor ihm hin, die Hände an meine Hüfte gestemmt. „Moment mal!!! Kannst du mir mal verraten wo genau dein Problem liegt? Spionierst du mir jetzt auch noch hinterher, oder was?“ „Wieso spionieren?? Ich habe nur zufällig gesehen dass DU... ano... “ „Was?“ Ich war für einen kurzen Moment abgelenkt. So wie er „du“ betont hatte, war auffällig. „Überhaupt, wieso lässt du dich von jedem anquatschen?“, fuhr er fort. „Was.... So ein Blödsinn!!! Tue ich doch überhaupt nicht!!“ „Tust du wohl! Ich hab doch Augen und Ohren!! Und wie bitte schön nennst du das denn jetzt gerade, wenn nicht einen Flirt?“ Ich glaubte das einfach nicht. Ich starrte ihn ratlos, direkt perplex an. Nichts was er sagte, ergab für mich einen Sinn. Erst anquatschen, dann flirten? Das wird ja alles immer unlogischer! „Mein Gott, er hat mich lediglich gefragt, wo ich herkomme und ich habe ihm geantwortet. Was hätte ich denn machen sollen, einfach stumm dastehen als hätte ich die Zunge verschluckt? Er ist ein Kollege, verdammt nochmal!“ „Lässt du da nicht eine Kleinigkeit aus? „It must be hard for a young little girl.“ Der Typ hat doch garantiert einen Lolita-Komplex! Und du - „Yeah, I'm a bit lonely.“ Das war ja die reinste Einladung!“ Es war weniger die Tatsache, dass er Ray und mich imitierte, sondern die verächtliche Art, die mich zur Weißglut trieb. Herabwürdigend. Als hätte ich mich wie eine dieser japanischen Püppchen im Café verhalten, was darauf wartete von den Kunden vernascht zu werden. Unfassbar, WIE lächerlich Jin sich gerade verhielt. Wenn ich es nicht gerade selbst mit erleben würde, hätte ich das niemandem geglaubt. Jin Akanishi, der sich an der winzigen Kleinigkeit störte, dass ich mit einem Kollegen ein paar Sätze ausgetauscht hatte. „Und wie bringst du es überhaupt fertig, ihm zu sagen, dass du hier einsam bist? He's a total stranger! So was, kannst du mir oder den anderen anvertrauen! Vertraust du uns so wenig? Ich dachte, du und ich... wir wären, wir würden- wir wären Freunde!“ „Das kann ich aber nicht!!! DU bist für mich nicht nur ein Freund!!“ Jin starrte mich mit offenen Mund an, als hätten ihm meine Worte einen Schlag versetzt. Verdammt!!! Das war mir einfach herausgerutscht! Mein verdammtes Temperament, das ich nicht zügeln konnte. Mein Kopf war leer. Seine kindischen Vorwürfe, sein verurteilender Blick... Er hatte mich so sehr in die Ecke gedrängt, dass ich ihm die Wahrheit an den Kopf geworfen hatte. War das denn die Wahrheit? Nein, ich konnte es nicht mehr bestreiten! Ich konnte nicht verleugnen, was so offensichtlich war. In dem Moment, wo die Worte meine Lippen verließen, wusste ich, dass es die Wahrheit war. Jin war nicht nur ein Freund. Er war viel mehr für mich. Mehr als ich mir jemals eingestehen wollte. Deswegen war er der letzte, dem ich sagen würde, dass ich einsam war. Diese Schwäche konnte ich ihm gegenüber nicht zugeben. Diese Erkenntnis tat weh und erschreckte mich zutiefst. „Akanishi-san!“ Der Ruf des Direktors rettete uns aus dieser peinlichen Situation. Jin schreckte auf, als wäre er aus einer Trance erwacht. „Hai...“, reagierte er lahm und wendete sich langsam von mir ab ohne seinen Blick von mir zu nehmen. Ich selbst konnte mich nicht rühren und sah ihn immer noch wortlos an. Er streckte die Hand plötzlich nach mir aus, als wollte er mich berühren. Er wollte nicht gehen, das war ihm anzusehen. Schließlich riss ich mich als erste los und stürmte davon, irgendwohin, wo ich alleine sein konnte. Wie war es so weit gekommen? Ich hatte ihn jahrelang verehrt - als Idol, aber das hier war etwas anderes. WAS ist er überhaupt für mich? Er ist mehr als ein Freund, dessen bin ich mir bewusst,... aber ist das Liebe? Woher konnte ich wissen, ob es Liebe war? Und wieso quälte mich diese Frage so sehr? Ich saß in der Mädchentoilette und kauerte mich in der Kabine auf den Boden. Ich weinte nicht. Warum wusste ich auch nicht, dabei hätte ich es am liebsten getan. Elend genug fühlte ich mich dafür. Es hätte sowieso keiner mitbekommen. Hier wäre niemand hereingekommen, dafür gab es am Set zu wenige Frauen. Yumiko war auch beschäftigt. Sie war schnell hinüber in die Agentur gefahren, um einige juristische Angelegenheiten zu klären. Wenn doch nur Shirley hier wäre... Mit ihr könnte ich wenigstens reden., seufzte ich in Gedanken. Ich blieb eine Weile dort sitzen. Keine Ahnung wie lange. Ob sie mich suchen? Heh!... Ob ER mich wohl sucht? ... Verdammt!!! Ich denke zu viel über ihn nach!! Ich biss mir auf die Unterlippe und starrte an die weiße Decke ohne diese dabei anzusehen und versuchte den Himmel durch den dicken, kalten Beton zu erkennen. Ich wünschte es wäre mir gelungen. So was albernes ich verstecke mich auf der Toilette!!! Wie alt bin ich? Zehn? „Tse..!!" In diesem Moment ärgerte ich mich furchtbar über mich selbst. Ich war müde. Genau wie die letzten Tage musste ich auch heute wieder früh raus. Wieder am Set versuchte ich Jin aus dem Weg zu gehen um ja nicht noch einmal in so eine peinliche Situation zu kommen, wie am Tag zuvor. Aus irgendeinem Grund hatte er auch bisher nicht weiter nachgehakt. Und ich hoffte, das würde er auch in Zukunft nicht. Ich Idiot!!! Ich hab ihm ja fast schon eine Liebeserklärung auf den Tisch gelegt... Gott, was ist nur los mit mir?? Wie komme ich da nun wieder raus? Nervös tippte ich mit den Fingern auf meinen Arm herum, während ich abseits dem Dreh aus sicherer Entfernung weiter zuschaute. „War irgendwas als ich weg war?“ Ich zuckte zusammen, als ich Yumikos hohe Stimme neben mir hörte. „Hey, Nee-chan! Meinst du gestern? Ano... nichts bestimmtes eigentlich, wieso?“ Sie sah mich stutzig an: „Die Atmosphäre ist heute ziemlich angespannt, merke ich.", sagte sie schließlich. „Ach wirklich? Wie kommst du denn darauf?" „Weil Akanishi-kun ständig so merkwürdig herüberschaut.", antwortete sie mit einem Tonfall voller Selbstverständlichkeit. Sofort blickte ich in genannte Richtung. Jedoch war Jin schon nicht mehr da. Er stand nun wieder bei den anderen und drehte uns den Rücken zu. Das Pochen in meiner Brust wollte daraufhin nicht mehr verstummen. Hab ich mich erschreckt!! Ich atmete tief ein, versuchte normal zu wirken und wandte mich wieder Nee-chan zu. „Der Junge sollte lieber arbeiten, anstatt nach dir zu sehen. Nimm es mir nicht übel. Ich finde es gut, dass die Jungs sich um dich kümmern, aber sie sollten dadurch ihren Job nicht vernachlässigen, verstehst du?“ „Hai!“, antwortete ich ohne ihr in die Augen zu sehen. „Sora-chan!!" Ich drehte mich um, als Kame nach mir rief. „Ja, was ist?" „Jin hat dich gesucht! Geh besser mal zu ihm, es schien wichtig zu sein! Ich glaub er ist jetzt gerade noch in der Maske." Na das hat mir gerade noch gefehlt. Als ob nicht schon genug Chaos in meinem Kopf herrscht! Ihn konnte ich jetzt ganz bestimmt nicht in meinem Wirrwarr namens Gehirn gebrauchen. „Gomen, ich kann gerade nicht. Ich wollte euch Tee machen. Später dann, ja?" Und damit wandte ich mich von ihm ab, begab mich blitzschnell auf dem Weg zur Küche und ließ einen ratlosen Kamenashi zurück. Das tat mir zwar Leid, doch ich wollte ihm keine Gelegenheit bieten mich zu Jin bringen zu können. Kame war sehr verantwortungsbewusst. Und wenn es etwas Wichtiges war, hätte er mich vermutlich so lange versucht zu überreden bis ich nachgegeben hätte. Das Schlimme war ja noch, dass man ihm nichts abschlagen konnte. Nun stand ich wieder in der Küche und musste den versprochenen Tee kochen. Das machte mir überhaupt nichts aus. Im Gegensatz zu der Schlepperei der letzten Tage war das eine angenehme Abwechslung. Meine Hand, die immer noch verbunden war, schmerzte auch kaum noch. Sie hatte sich wohl dank Jins Fürsorge ziemlich gut erholt. Verträumt starrte ich sie an. Ich hatte ganz vergessen den Verband noch mal zu wechseln. Es war noch immer der gleiche, den er mir angelegt hatte... Das Piepsen des Wasserkochers holte mich schlagartig aus meinen Gedanken zurück auf den Boden. Verdammt!! Schon wieder denke ich an ihn!! ... Hmm... Ich glaube ich fluche in letzter Zeit zu viel..., seufzte ich, kippte das kochende Wasser in eine Kanne und setzte die Teebeutel in das heiße Bad. „Zehn Minuten warten.", sprach ich vor mich hin. Auch wenn die Haupthalle, in der der Dreh stattfand, hinter einigen Metern Beton lag, so konnte man trotzdem die dumpfe Musik aus den Lautsprechern hören, welche bis zum letzten Winkel des Studios dröhnte. Jedoch konnte man die Melodie längst nicht mehr identifizieren. Doch ich ging davon aus, dass immer noch "Rescue" lief. Ständig, den ganzen Tag hoch und runter. „Ach hier bist du!" Ich stieß einen leichten Seufzer aus, als ich Jins Stimme hinter mir hörte. Irgendwie hatte ich schon mit ihm gerechnet. Nur war dieser gelassener, als ich dachte. Hatte er sich denn keine Gedanken gemacht? „Ja, hier bin ich und mache Tee, siehste ja!" Mist, das klang jetzt zickiger als beabsichtigt! Das schien ihm anscheinend nicht sehr zu kümmern und er fuhr fort: „Wollen wir die Sache nicht langsam mal klären? Ich will nicht, dass du mir aus dem Weg gehst!" „Tut mir Leid, aber ich vertraue euch ja nicht, wie du sagtest! Also wäre es doch recht unangebracht die ganze Zeit an deiner Seite zu kleben, oder?" Dreck!! So langsam werde ich wirklich zu zickig!!, ermahnte ich mich selbst, doch meine aufkeimende Wut ließ sich schlecht zügeln. Er stand nur weiter scheinbar ungerührt da. Seine Gelassenheit irritierte mich so sehr, dass ich unsicher wurde. Ich dachte er wäre noch immer wütend? Er lehnte sich an die Arbeitsplatte, presste seine Lippen zusammen und ließ seine Augen scheinbar den Boden nach Worten absuchen. „So war das nicht direkt gemeint! Ich war nur sauer, dass du mir... uns nicht erzählst, wenn es dir nicht gut geht. So wie damals, als du am Telefon geweint hast..." Das war ein Schlag ins Gesicht. Ein heftiger. Ich sah zu Boden und versuchte meinen Körper zur Selbstbeherrschung zu zwingen. „Ich habe nicht geweint!", sagte ich schließlich mit gezwungen, ruhiger Stimme. „Aber du-" „Ich habe nicht geweint!!!!" Das schrie ich ihm nun mitten ins Gesicht. Weg war die Selbstbeherrschung. Wieso musste er ausgerechnet dort bohren, wo schon ein Loch war und die Fassade zu bröckeln begann? „Wenn du ein kleines heulendes Mädchen sehen willst, das kannst du vergessen!! Ich bin einsam, ja und? Ich bin tausende von Kilometer von meiner Heimat entfernt, da habe ich wohl Grund zu weinen, aber das muss doch nicht gleich jeder mitkriegen. Mitleid brauch ich keins!" Jins Augen weiteten sich unter seinem Hut, der fast sein halbes Gesicht verdeckte. Mir war noch unklar wieso er mich so ansah, bis mir bewusst wurde was ich gerade gesagt hatte. Oh, nein! Ich drehte mich sofort um und wendete ihm den Rücken zu. Verdammt!! Verdammt!! Verdammt!! Jin sagte nichts. Vorsichtig versuchte ich einen Blick auf sein Gesicht zu werfen, um eine Reaktion erkennen zu können. Eine, die ich nicht erwartet hatte und meinen Ärger in Luft auflöste. Er lächelte... sanft und verständnisvoll. „Schön, dass du es mir gesagt hast.“, sagte er. Ich war verwirrt. Erleichtert und auch irgendwie glücklich,... aber verwirrt. Zögerlich fragte ich ihn: „Also... ist es in Ordnung? Du bist nicht mehr sauer oder enttäuscht von mir?“ Er lächelte erneut und sah mich mit seinen dunklen Augen an. „Nein...! Immerhin vertraust du mir jetzt!“ Kapitel 6: Tadaimaa - I'm back ------------------------------ „Wir machen uns Sorgen um dich! Wir wissen ja eigentlich, dass es dir gut geht, aber man kann es einfach nicht vermeiden. Wir haben übrigens dein Zimmer aufgeräumt. Das sah ja aus wie bei Hempels unterm Sofa! Wir hatten dir doch noch gesagt, dass du aufräumen sollst, bevor du abgereist bist!“ „Aber ich hab doch aufgeräumt, Mama!“, versuchte ich mich vor dem Telefonhörer zu verteidigen. Doch es war nutzlos. Meine Mutter hatte schon immer einen etwas anderen Sinn für Sauberkeit gehabt, als ich. „Habt ihr denn eine Feier für dich geplant? Wie haben heute die Verwandtschaft eingeladen, auch wenn du nicht da bist. Wir dachten auf diese Art können wir dich trotzdem feiern. Immerhin ist es dein Geburtstag, das ist auch für uns ein Grund zum feiern.“ „Haha, danke, das ist lieb! Ach ja,... wie sieht's aus? Hat Nadine endlich ihre Wohnung eingeräumt?“ „Du kennst doch deine Schwester: Es muss immer alles sofort passieren! Wir haben letzte Woche die letzten Kartons zu ihr herüber gefahren. Sie hat ne schöne Wohnung gefunden, muss ich sagen!“ „Heh, ich glaube auch kaum, dass sie sich die nächst Beste ausgesucht hätte. Egal, dafür krieg ich ja jetzt ihr Zimmer, hehe!“ „Eben! … Hast du dich gut eingelebt? Diese Frau Hino, wie ist sie so? Und du hast mir doch von ein paar netten Kollegen erzählt... ich hoffe du kommst mit allen gut zurecht?“ Ich hatte ihr noch nicht erzählt, wer diese Kollegen wirklich waren oder was genau Yumiko jetzt beruflich tat. Ich wusste, dass sie diese Tatsache beunruhigte, doch ich war mir sicher, dass die Wahrheit ihr noch mehr Sorgen bereiten würde. Auch Nee-chan war es lieber, wenn so wenige wie möglich davon wussten. „Sie ist wirklich sehr lieb, mach dir darüber keine Sorgen.“ Sie schwieg darauf hin kurz, bis sie sagte: „Aber hör mal wegen...-“ „Es ist okay!“, unterbrach ich sie. „Wir tun nichts Illegales, oder so. Yumikos Beruf ist einfach sehr... speziell und daher ist es nicht so einfach darüber zu reden, da die Medien sehr mit drin hängen, verstehst du? Ich kann dir ja etwas erzählen, wenn ich zurück bin, das macht es auch einfacher, als am Telefon.“ Ich hörte das Zögern am anderen Ende der Leitung. Dann erwiderte sie nur: „Ich muss dann langsam mal Schluss machen! … Ganz liebe Grüße auch vom Papa, er ist leider schon auf der Arbeit und hätte dir gerne selbst gratuliert. Aber ich denke er wird dir später bestimmt schreiben. Pass gut auf dich auf, ja? Und mach deinen mysteriösen Freunden das Leben nicht so schwer!“ Ich kicherte in den Hörer und empfing ein genauso herzliches Lachen. Sie war dem Thema ausgewichen. Allerdings war ich unsicher, ob sie das aus eigenem Unbehagen, oder aus Verständnis für meine Lage getan hatte. Oder sogar wegen Beidem. „Du kennst mich doch: Ich bin ein liebes Mädchen!“ „Ich weiß, ich weiß! Mach's gut, ne? Hab dich so lieb, mein Schatz! Bis dann!" „Ich dich auch! Bis dann, grüß alle von mir! Ciao!" Ich legte auf. Heute war der 18 März, mein Geburtstag. Ich wurde 19 Jahre alt und hatte mich schon lange auf diesen Tag gefreut, immerhin war das der erste Geburtstag, den ich im Ausland feierte. Die Frage war jedoch, ob ich überhaupt feiern würde? Ich wusste gar nicht, ob Nee-chan es wusste und KAT-TUN hatte ich es nicht erzählt... Ups, ganz vergessen! Ich schlüpfte in meine braun-weißen Sneakers und band mir die knallpinken Schnürsenkel zu. Ich griff nach meiner Tasche, die auf der Kommode lag, hing sie mir über die Schulter und verließ die Wohnung. Meine Eltern überwiesen mir jeden Monat etwas Geld auf ein Konto, das mir Yumiko vorübergehend eingerichtet hatte. Also dachte ich mir ich könnte ja mal ein wenig Einkaufen gehen. Ich hatte mir lange nichts mehr gegönnt und das war besser, als den ganzen Tag in der Wohnung zu sitzen und mein Hirn mit Fernsehen in eine unnütze Masse zu verwandeln. Yumiko hatte mal wieder einen ihrer Topsecret-Jobs und unsere Idols waren über ganz Tokyo für individuelle Fotoshootings, Interviews oder was auch immer verteilt. Heute interessierte es mich ausnahmsweise mal nicht. Es gab öfters mal Zeiten in denen ich sie mal einige Tage nicht sah. Ist mir auch ganz Recht so! , dachte ich mir, als ich über die Straße ging. Ich befand mich nun auf dem Bahnsteig und stieg hastig in die ankommende Bahn der Yamanote Linie in Richtung Shibuya ein. Sehr voll war es zum Glück nicht, obwohl ich stehen musste. Doch das war nichts im Vergleich zur Rushhour. Gott sei Dank musste ich das bisher noch nicht erleben. Ich hasste die Bahn. Sie war eng, stickig und das „unauffällige" Geschiele auf mich machte mich nervös. Als stünde ich von allen Seiten unter Beobachtung und dann war es den Fahrgästen auch noch peinlich, wenn ich sie dabei erwischte. Anfangs war das ja noch ganz lustig gewesen, aber manchmal gab es Zeiten, da wünschte ich mir mal nicht blond zu sein und wollte einfach nicht gesehen werden, so wie alle anderen. Ich schaute zu Boden und ließ meine Haare in mein Gesicht fallen. Die Ansage meldete die Station Shibuya und ich versuchte mich hastig aus dem Wagon hinauszuquetschen. Unangenehm? Hmm... So würde ich Tokyo nicht unbedingt beschreiben. Trotz gigantischer Menschenmassen, die sich rücksichtslos aneinander vorbeischoben, konnte ich keinerlei Beklommenheit in mir feststellen. Ich fühlte mich eher ein wenig losgelöst von dem ganzen Getümmel. Je mehr Menschen auf einem Fleck versammelt waren, desto mehr konnte ich mich ganz allein auf mich konzentrieren und mich in meine eigenen Gedanken zurückziehen. Ich kam selbst aus einer hektischen Großstadt, daher war ich mit diesen abweisenden Gesichtern vertraut, die sich auch hier auf den Straßen tummelten. Der einzige Unterschied lag in der Masse und der fast einheitlichen Haarfarbe, bis auf ein paar gefärbte Ausnahmen. Die Gebäude waren höher und bunter als bei uns und die Straßen breiter. Zielstrebig betrat ich das Größte der hier gelegenen Einkaufszentren: Shibuya 109. Es war ein hohes Bauwerk, dessen Eingang einen großen, schmalen Zylinder bildete, der in dem Gebäude zu stecken schien. Ich klapperte fast jeden Laden ab, in dem Klamotten in den Schaufenstern hingen. Obwohl ich eigentlich genügend Geld hatte griff ich ausschließlich nach reduzierten Sachen. Ich hatte oftmals ein schlechtes Gewissen, wenn ich zu viel Geld ausgab. Das hatte meine Mom mir Jahrelang eingetrichtert, mit Erfolg. Am Ende blieb ich dann bei insgesamt ungefähr 13.500 Yen. Das waren so um die 100 Euro. Die Läden waren hier viel schöner und ordentlicher, als bei uns. Und auch die Angestellten waren sehr zuvorkommend. In Deutschland hätten mich die meisten ignoriert und gehofft ich würde sie nicht ansprechen. Zumindest glaubte ich das jedes Mal. Hier jedoch bettelten die Verkäufer nur darum dir zu sagen, wie toll und schlank man doch in diesem Top aussah, auch wenn ich sie oftmals nicht ernst nehmen konnte. Normalerweise hasste ich es einkaufen zu gehen, besonders wenn ich alleine war, doch heute war mir das ganz Recht. Dabei ist mein Geburtstag, hmm... Naja, ne Feier wäre schon ganz nett... Bin aber auch wirklich selbst schuld dran, wenn ich es ihnen nicht sage, tse! Baka!! Was soll's, sie sind vermutlich viel zu beschäftigt um sich darum kümmern zu können. Ich fand in einer etwas engeren Straße außerhalb des Einkaufzentrums ein kleines Café, in das ich mich hineinsetzte. Die Inneneinrichtung war in hellen Tönen gehalten, die mit ihren rosa, hellblau und Cremefarben sehr an eine Torte erinnerte. Eine junge Frau in einem Rüschen-Outfit, wie man es beim Cosplay oft sieht, kam vorbei und fragte mich sehr zögerlich und verschüchtert nach meiner Bestellung. Sie ahnte wohl nicht, dass ich ihre Sprache sprechen konnte. „Ich hätte gerne einen Latte Macchiato, danke sehr!“, sagte ich in meinem besten Japanisch. Ich lächelte ihr zu und sofort nickte sie sichtlich erleichtert, was mich innerlich zufrieden schmunzeln ließ, bevor sie hinter dem Tresen verschwand. Bling!!! Ich schreckte kurz zusammen, als der schrillen Ton meines Handys ertönte und mir die Ankunft einer SMS verkündete. Sofort packte ich das flache, braune Gerät aus meiner Hosentasche aus. Shirley 19.03.2009 14:56 Happy birthday, Sora!!!! Meine Süße ich vermisse dich so und ich wünschte wir könnten zusammen feiern. :( Naja aber ich sollte dich jetzt echt nicht deprimieren, immerhin sollst du heute deinen Spaß haben, ne? Ich gehe heute Abend rüber zu deinen Eltern und wir stoßen dort auf dich an. Also... ich wünsche dir noch einen schönen Tag und lass dich mal von deiner O-nee-chan feiern, okay? Grüß sie von mir! :D Bis dann. Hab dich lieb! „Hah... ach nee...“ Ich war sprachlos vor Rührung und hätte am liebsten geweint. Ich hasse diesen Geburtstag wohl ab jetzt...huh?, dachte ich mir im Stillen. Dieses Jahr im Ausland zu feiern war wohl doch kein Grund gewesen sich zu freuen. Es war einsamer als ich dachte... Ich riss mich zusammen, als die junge Frau mit meiner Bestellung zurückkam. „Arigatou gozaimasu!“, bedankte ich mich bei ihr und schlürfte einen kleinen Schluck des heißen Getränks aus der blauen Tasse heraus. Dabei betrachtete ich liebevoll die kleinen Zeichen auf meinem Display. Ich wollte sie wäre hier, sodass ich sie in den Arm nehmen konnte, um mich bei ihr zu bedanken, dass sie heute an mich gedacht hatte. Ich packte mein Handy zurück in meine Hosentasche und trank weiter meinen Kaffee. Ich schlenderte noch ein wenig umher, kleine Läden betrachtend, in denen etliche Fanartikel von verschiedenen Idols prangten. KAT-TUN waren nicht zu übersehen. Einige Oberschülerinnen in Schuluniform standen daneben und kicherten. Wenn ich mir vorstelle, dass ich mich früher genauso verhalten habe,... Eine peinliche Erkenntnis, wie ich feststellen musste. Das DIN A2 große Poster von Jin, welches mich von der Wand höhnisch angrinste machte es auch nicht besser. Sofort hätte ich ihn dafür imaginär eine scheuern können und dabei verspottete ich mich nur selbst und nicht er. Jin konnte doch gar nichts dafür. Ich hasste mich dafür. Dafür, dass ich mich zu ihm hingezogen fühlte, meine Schwäche, dass ich das zuließ und dass ich ihn dafür verantwortlich machte. Warum bist du nur so?, schimpfte ich mit ihm in Gedanken. Das war wohl der einfachste Weg sich selbst die Dinge leichter zu machen, auch wenn es unfair war. Ist ja nicht so, als ob er das mit Absicht macht... Zu viel unnützes Zeug schoss mir durch den Kopf, während ich ziellos durch Shibuya schlenderte und meine so langsam schmerzenden Füße dabei vollkommen ignorierte. 19 Jahre, huh? Das sind 5 Jahre Unterschied zu ihm. Aber er hat im Juli Geburtstag, dann sind es wieder 6. Ist das hier viel? … Moment warum denke ich an so was? Sofort wurden meine Gedanken von dem schrillen Klingeln meines Handys unterbrochen, wofür ich ziemlich dankbar war. Hektisch holte ich es aus meiner Hosentasche heraus und nahm den Anruf durch einen Knopfdruck an. „Moshi, moshi? Main Sora desu!“, meldete ich mich. „Hi, Sora-chan! Na wie geht’s dir? Wo bist du gerade? Ich war schon etwas früher mit dem Meeting fertig, war auch schon in der Wohnung, doch du warst nicht da.“ „Ach, hey, Nee-chan! Gomen! Ich bin gerade in Shibuya und hab mir ein paar Sachen gekauft. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du schon so früh zu Hause bist, sonst hätte ich dir eine Nachricht da gelassen.“ „Ist schon gut! In Shibuya? Wo denn genau? Ich bin gerade mit dem Wagen unterwegs. Soll ich dich abholen?“ Ein großer schwarzer BMW parkte in der kleinen Seitenstraße, in der ich auf Yumiko wartete. Die zierliche Frau winkte mit ihrem Arm aus dem offenen Autofenster und rief mich zu ihr hinüber. „Hallo!“, begrüßte ich Nee-chan, während ich mich auf den beigefarbenen Beifahrersitz zwängte. Sie lächelte mich an. Das war ungewöhnlich. Normalerweise besaß sie einen sehr emotionslosen Ausdruck und zeigte nur dann Gefühle, wenn sie es für angemessen oder notwendig hielt. Doch ich machte mir weiterhin keine großen Gedanken darüber. „Was hast du dir denn gekauft?“, fragte sie mich plötzlich, als wir über eine große Brücke fuhren, von wo aus man ganz Tokyo erblicken konnte. Erst jetzt bemerkte ich, dass wir gar nicht nach Hause fuhren. „Ähm... ein paar T-Shirts, Rock und Shorts. Aber sag mal wo fahren wir eigentlich hin?“ Verwirrt blinzelte ich aus dem Fenster, als hoffte ich die Windschutzscheibe würde mir eine Antwort geben. „Ich muss noch ein paar Besorgungen machen. Ist doch okay, dass ich dich mitnehme, oder?“ „Seit wann machst du denn Besorgungen?“, entgegnete ich ihr skeptisch. „Jetzt mal nicht frech werden, hörst du? Ob du's glaubst oder nicht, aber auch ich hätte mal Lust etwas Hausgemachtes zu essen.“ Ihr gespielt beleidigter Tonfall war nicht zu überhören und machte mich noch stutziger. „Ach, kannst du etwa kochen?“ „Nein, aber ich hatte gehofft du könntest es. So ein gutes, deutsches Gericht wäre bestimmt mal eine nette Abwechslung.“ Oh, Mann... was ist heute denn nur los? Sie benimmt sich merkwürdig. Ist etwas auf der Arbeit passiert? Aber anstatt sie danach zu fragen, ging ich erst einmal auf ihr Spiel ein. Wenn etwas nicht in Ordnung war, würde sie es mir früher oder später schon erzählen. „Wann hab ich jemals erwähnt, dass ICH kochen könnte? Vielleicht Nudeln mit Tomatensoße, aber das ist weder deutsch, noch etwas Besonderes.“ „Zum Überleben reicht es, oder? Dann brauchen wir aber Nudeln, … ähm... und den Rest an Zutaten den man halt dafür braucht.“ „Heh,... wie du meinst. Dann halt Spaghetti!“ Und damit stand es fest. Ich wusste zwar nicht woher ihr plötzlicher Einfall kam, doch mir war es doch ganz recht. Ob Spiel oder nicht: Es war immer noch besser als ständig Fast-Food zu sich zu nehmen. Nun herrschte Stille. Ein paar Minuten verstrichen, in denen wir dem Radio lauschten. Es lief gerade „Okaeri“ von Ayaka, einer bekannten japanischen Sängerin. Es bedeutet „Willkommen zu Hause!“. Eines der schönsten japanischen Wörter, wie ich fand. Nach ungefähr einer Stunde ungefähr kamen wir zu Hause an. „Und du bist sicher, dass wir soviel brauchen? Ich bekoche ja schließlich keine Fußballmannschaft!“, fragte ich Yumiko, als wir aus der Tiefgarage kamen. „Irgendetwas lässt sich doch bestimmt damit machen!“, antwortete sie nur knapp, was meine Frage nicht einmal annähernd befriedigend beantwortete. „Außerdem kann man das doch aufheben und du könntest öfters für uns kochen. Für irgendwas musst du doch gut sein, oder?“, grinste sie mich an. An solchen Kommentaren merkte man erst, dass sie ihr halbes Leben im Ausland verbracht hatte. Keine Japanerin würde es wagen so unhöflich zu sein, selbst wenn es nicht ernst gemeint war. Inzwischen war es schon langsam dunkel geworden. In Japan ging die Sonne sehr rasch unter und um 19 Uhr war es schon tiefste Nacht. Momentan hatten wir um die 18:30 Uhr und der Himmel war in ein tiefes Rot und Violett getaucht, das der Metropole eine beruhigende Wärme verlieh, obwohl es trotz März noch recht kühl war. Mich faszinierte es, wie die letzten Sonnenstrahlen die Fenster unseres Hochhauses reflektierten. In diesem Moment bekam selbst die kalte, abweisende Großstadt einen Hauch Geborgenheit. „Hey, Sora-chan! Komm endlich, es wird kalt!“ Sofort riss ich mich los und bemerkte, dass Nee-chan Recht hatte. Der Wind hatte aufgefrischt und ich folgte ihr zum Eingang. Dieser bestand aus schwarzem Stein und runde Lampen waren darin montiert. Er bildete einen eckigen Torbogen, der die metallische Eingangstür umschloss. Das gesamte Gebäude war in einem sehr modernen und luxuriösen Stil gebaut worden. Es umfasste 15 Stockwerke. Unser Apartment lag im 7. Stock, also benutzten wir den Aufzug. Dort angelangt mussten wir zunächst an das andere Ende des Flurs gehen, wo sich unsere Wohnung befand. Ich kramte den Schlüssel aus meiner Jacke und öffnete die Tür. Sofort verkündete ich unserem Apartment, dass ich zu Hause war und rief in den Dunklen Raum hinein: „Tadaimaa!!“ „Okaeri!!!“ „Häh? Was ist hier...?“ Sofort stolperte ich die einzelne Stufe am Eingang hoch. Ich erreichte nur knapp den Lichtschalter im Dunkeln, da ich mich vor Schreck kaum noch halten konnte. Außerdem war ich zu hektisch aus meinen Schuhen geschlüpft. Ich hatte nämlich nie im Leben eine Antwort erwartet. Vollkommen verwirrt stand ich im Wohnzimmer und blickte entsetzt auf die sechs jungen Männer, die dort in unserer Wohnung standen. „Ich glaub ich spinne!“, sagte ich in meiner Muttersprache zu mir selbst, wie im Trance. Mehr brachte ich nicht heraus. Ich starrte nur unverständlich auf die Szenerie vor mir. Yumiko stand plötzlich hinter mir und legte ihre kleine Hand sanft auf meine Schulter. „Meine Güte, hättet ihr das nicht etwas schonender machen können? Das arme Kind kriegt ja noch einen Herzinfarkt! Aber ich muss sagen die Überraschung ist gelungen!“ Nun starrte ich Yumiko an. Sie lächelte zufrieden und drückte vorsichtig meine Schulter. „Omedetou, Sora-chan!“, sagte sie und sah mich voller Güte an, wie eine Mutter ihr Kind. In diesem Moment bemerkte ich, wie hübsch sie doch eigentlich war und man ihr ihr Alter kaum ansah. Nun kamen auch KAT-TUN zu uns herüber. „Omedetou, Sora-chan!! Gomen ne, falls wir dich erschreckt haben“, sagte Kame mit entschuldigendem Blick und einem Lächeln, um das jedes Fangirl betteln würde. „Omedetou!!!“ Koki klopfte mir auf den Rücken, Taguchi und Maru grinsten über beide Ohren. Nur Jin und Ueda hielten sich etwas zurück, als wäre es ihnen unangenehm, oder sie waren einfach nur verlegen. „Omedetou...!“ Jin klang so leise und schaute zu Boden, der Ältere von ihnen lächelte. „Also ich... ähm...! Ich geh und mache uns Pasta!!!“ Hektisch griff ich nach der Tüte mit den Einkäufen und rannte in die Küche. Ich schloss die Tür. Mein Gesicht war knallrot angelaufen und mein Puls hallte in meinen Ohren wieder. Wie Donner prallte mein Herz gegen die Innenseite meiner Brust. Heiße Tränen liefen mir die Wangen herunter und ich fing an zu schluchzen. Ich war glücklich... So unglaublich glücklich, dass es mich überwältigte. Ich lächelte. Ich konnte mich nicht entsinnen jemals so viel Glück empfunden zu haben, dabei hatte ich mich vorher so einsam gefühlt. Jemand klopfte an die Tür. Schnell wischte ich mir die Tränen weg und begann damit die Einkäufe auszupacken. „Ano... Sora-chan...? Ist alles in Ordnung?“ Jin kam herein. Ich stand mit dem Rücken zu ihm an der Arbeitsplatte. „Ähm... ja! Alles... ist okay! Danke, … ich war nur etwas überfordert eben. Und... überrascht“, stotterte ich unsicher vor mich hin, während ich ein Schneidebrett herausholte und begann Zwiebeln zu schneiden. „Aber du weinst!“ Er redete leise. Er hatte so etwas schon einmal gesagt und wir beide wussten, wie das damals geendet hatte. „Ja, ich schneide auch Zwiebeln! … Nein,... du hast Recht!“ Ich schluchzte kurz. Jin kam etwas näher. Er stellte sich neben mich, neigte seinen Kopf, um mir ins Gesicht zu sehen. Er hob vorsichtig seine Hand und kam mir immer näher. Zärtlich strich er mir meine blonde Strähne zur Seite und sah mir in die Augen. Ich hatte keine Angst seinen Blick zu erwidern. Dieses Mal nicht, denn ich lächelte. „Ich weine, weil ich glücklich bin! Also ist es nicht schlimm, oder?“, murmelte ich und strahlte ihn schließlich von ganzen Herzen an. Auch wenn ich mir dämlich vor kam ich konnte nicht aufhören zu grinsen. Er erwiderte mein Lächeln und mein Herzschlag beruhigte sich. „Dann ist es ja gut, ne?“, sagte er. „Hai!!“ „Hier du kannst mir ja ein bisschen helfen.“ Ich drückte ihm eine Tomate in die Hand. „Eh? Wieso? Und überhaupt, wieso kochst du jetzt eigentlich?“, fragte er mich und studierte misstrauisch die Tomate, als wäre sie ein Fremdobjekt. „Erstens: Ich weiß auch nicht, aber mir fiel nichts besseres ein, um erst einmal von euch loszukommen. Das war so eine Kurzschlussreaktion... Sorry übrigens deswegen. Die anderen wundern sich bestimmt. Ich hoffe das muntert sie wieder auf. Und Zweitens: Du bist schon mal hier, also kannst du mir auch helfen, oder? Schadet ja nicht, wenn ein Kerl auch mal kochen lernt. Obwohl ich zugeben muss, dass Pasta das einzige Gericht ist, das ich zubereiten kann.“ Ich seufzte. „Ich kann auch nur Pasta kochen. Also ist Punkt Zwei nutzlos...“, sagte er zwar, doch begann schon längst mit dem Schneiden. „Okay Tanaka-kun, der nächste ist für dich!“ Yumiko torkelte ein wenig und hielt Koki die Flasche mit Sake hin. „Nee-chan was hast du denn alles getrunken, während ich in der Küche war?“ Ich kam mit Jin zusammen ins Wohnzimmer. Er trug Topf mit den Nudeln in den Händen und ich trug die Soße ins Wohnzimmer. „Ich bin noch nicht betrunken falls du das meinst.“ Doch ihre geröteten Wangen und die wackelige Haltung ließen etwas anderes vermuten. Auch Koki schien schon etwas angeheitert zu sein, während die anderen Jungen noch recht vernünftig aussahen. „Sie verträgt wohl kein Alkohol, oder?“, fragte mich Jin von der Seite. „Sieht wohl nicht so aus“, seufzte ich. „Das ist so lecker!!“ Maru stieß einen Freudenschrei aus und packte sich direkt noch eine Portion auf den Teller. „Wirklich? Das freut mich!“ Ich errötete. „Ich hab noch nie so leckere Pasta gegessen!“ „Ist doch nichts dabei. Das ist doch ganz einfache Tomatensoße.“ Mein Gesicht glich langsam der roten Farbe meines Tellers. Vorsichtig schielte ich zu Jin hinüber, der mit gekreuzten Beinen neben mir saß. „Ich koche auch oft Pasta, aber mit Peperoni“, meinte er. „Aber warum schmeckt deine so anders?“ Verwundert blinzelten ihn meine grünen Augen an. „Vielleicht weil ich keine Peperoni benutze?“ „Nein, das ist es nicht! Ich verstehe nicht, was du jetzt so viel anders gemacht hast, als ich.“ „Wenn du es nicht essen willst, dann lass es!“ Meine Bemerkung klang selbst für mich entschuldigender, als beabsichtigt. Dabei machte es mir wirklich nicht so viel aus. „Doch, doch ich esse es! Ich hab nicht gesagt, dass es nicht gut ist... Es ist lecker!“ Nun war ich erstrecht überrascht. Es war mir egal, wenn wenn es ihm nicht schmeckte. Ich hätte ich es akzeptiert und beim nächsten Mal einfach besser gemacht, doch umso glücklicher stimmte es mich, dass er es mochte. „Hey, trink nicht so viel!“ Jin riss mir abrupt das Glas mit Sake aus der Hand. „Warum nicht? Heute habe ich Geburtstag, also lass mich auch mal etwas trinken! Du betrinkst dich ja eh ständig!“ „Schwachsinn!! Es ist kein Verbrechen das bisschen Freizeit, das ich habe zu genießen. Aber du bist noch ein Kind, du solltest gar keinen Alkohol trinken!“ „Spinnst du? Ich bin volljährig und zwar jetzt schon ein Jahr darüber hinaus! Also her damit!“ Sofort riss ich das Glas zurück und nahm zum Protest einen tiefen Schlucken der süßlichen Flüssigkeit. Eigentlich trank ich nicht viel Alkohol, doch hier ging es vielmehr um Stolz. Ich würde mich von dem Riesenbaby doch nicht als Kind abstempeln lassen. „Noch einen Koki-kun!“ Ich streckte ihm mein Glas entgegen und er füllte es bereitwillig auf. Triumphierend warf ich Jin einen Seitenblick zu. Die Beleidigung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er nahm sich einen eigenen Becher und füllte ihn mit einen anderen alkoholischen Getränk auf. Ex und weg. Der gesamte Abend verlief auf diese Weise. Während Jin und ich uns ein Wettsaufen lieferten und dabei zwischen Necken und Gespräch wechselten, lief Musik. Ueda und Maru tanzten und alberten herum, während Kame eher gelangweilt dabei zusah. Junno aß ein Stück Torte, das die Jungs mitgebracht hatten. Yumiko zockte Koki währenddessen beim Poker ab. Um zwei Uhr Morgens waren Kame, Ueda und Junno schon gegangen. Maru, Koki schliefen auf dem Boden und Nee-chan hatte sich auf die Couch gelegt. Sie hatte mich sehr erstaunt. Ich hätte nie gedacht, dass meine sonst so verantwortungsvolle Nee-chan ein Saufgelage mit ihren Schützlingen abhalten würde. „War sie früher auch schon so? Ich meine... bevor ich da war?“, murmelte ich vor mich hin. Jin und ich saßen Rücken an Rücken auf dem Boden. Beide sichtlich angeschlagen, doch einschlafen konnte wir wohl nicht, obwohl meine Augenlider am liebsten zufallen wollten. Alles drehte sich um mich herum. Ich für meinen Teil hatte wohl etwas übertrieben. „Eigentlich nicht.“ Jin klang sehr leise und nuschelte ein wenig. „Sie war eigentlich sonst sehr streng... und abweisend. Ich hatte immer das Gefühl, dass sie ziemlich einsam und zurückgezogen war.“ Er gähnte. „Hmm... “ „Du musst sie ganz schön verändert haben.“ Ich blickte hoch und sah auf die schlafende Gestalt auf dem Sofa. Ihre Haare waren ganz zerzaust, doch auf ihrem Gesicht lag etwas Seliges. „Soll das heißen ich habe sie unprofessionell gemacht?“ Ich kicherte ein wenig. Anders konnte man es nicht beschreiben und ich glaube Johnny hätte ihr dafür den Kopf abgerissen. „Heh, … nein! Ich würde sagen menschlich.“ Ich konnte ihn zwar nicht sehen, doch ich spürte, dass er lächelte. Schweigen folgte. Ich schloss meine Augen und fühlte die Bewegung seines Atems an meinem Rücken. Sein Körper war hart und seine Muskeln angespannt. Sein Puls schien zu rasen unter dem Einfluss des Alkohol. Ich war entspannt, lehnte mich an ihn und nahm seinen Duft auf. Er roch sehr nach Schweiß, doch sein süßlicher Eigenduft durchbrach den bissigen Geruch. Ich spürte seine Wärme und hätte sie am liebsten in mich aufgenommen, wie Sonnenstrahlen. „Weißt du...“, begann ich zaghaft. „... ich bin damals dein Fan gewesen.“ Ich wartete kurz auf eine Reaktion, doch die blieb aus. Ich weiß nicht mehr ob es an der Stimmung oder am Alkohol lag, doch nichts hinderte mich daran fortzufahren: „Du hast mich inspiriert. Deine Stimme klang so wundervoll. Du besitzt so viel Talent – ich habe selbst mal gesungen, daher kann ich das beurteilen. Du warst so gut. Also habe ich mehr geübt, mehr gesungen. Ich wollte nicht gegen dich verlieren. Ich wollte dir ebenbürtig sein... das war alles.“ Ich merkte wie meine Stimme absackte und meine Lider zufielen. Ich wusste nicht, ob Jin mich gehört hatte, doch nun war es egal, denn ich war eingeschlafen. Kapitel 7: Sweet Hanami ----------------------- „Bento?“, schallte es aus meinem Mund in den hohlen Raum hinein. Sofort senkte ich meine Lautstärke, als mich Choreograph und Tänzer überrascht anblickten. Jin kicherte nur. "Ja! Mach mir ein Bento, bitte!", bettelte der Braunhaarige mit seinen großen Mandelaugen. Resignierend blickte ich ihn an. "Wie stellst du dir das vor? Ich hab dafür Morgens gar keine Zeit. Und außerdem wollen die anderen dann sicher auch eins haben und das pack ich nicht! Also kauf dir eins, mach es selber oder lass dir eins von deiner Mom machen." "Gekauft schmeckt nicht und von meiner Mom – ich liebe meine Mom – ist es peinlich. Ich bin ein 24-jähriger Mann!" „Ein 24 Jähriger, der sich von seiner Mom die Klamotten waschen lässt, ja?“ Ich seufzte. "Wir müssen es den anderen doch nicht sagen.", grinste er mich an. Meinem Kommentar hatte er ignoriert. Mein Geburtstag war nun 2 Wochen her. Unsere kleine Feier hatte fast jeder schon wieder vergessen, um nicht zu sagen verdrängt. Yumiko hatte einen Tag später geweint und gehofft, dass nie jemand davon erfahren würde. Ich hatte mich wehmütigst bei allen entschuldigt, obwohl das Ganze noch nicht einmal meine Idee gewesen war. Zum Glück hatte dies jeder mit einem verlegenem Lächeln abgetan. Ungerührt blickte ich auf Jin herunter. Er saß erschöpft auf einem Stuhl in einer der Trainingsräume der Agentur. Ein Handtuch hing um seine Schultern und sein schwarzes Shirt war vom Schweiß durchgeweicht, der nun auch an seiner Stirn herunterlief. KAT-TUN waren gerade mit dem Tanztraining für die kommende Tour beschäftigt. Ich lehnte an der Wand und sah dem Treiben zu. Yumiko war zwischendurch immer mal wieder verschwunden, wie üblich, daher fühlte ich mich recht überflüssig. "Nein!", antwortete ich knapp mit emotionsloser Stimme. "Fies!" "Ich kann doch gar nicht japanisch kochen! Selbst wenn ich wollte, könnte ich dir kein Bento machen." "Also würdest du, wenn du könntest?" Nun strahlte er. "... Nein!" Ich zögerte kurz, antwortete aber dann doch wieder auf die selbe Weise wie zuvor. Jin hatte inzwischen eine beleidigte Miene aufgesetzt. Versucht der mir etwa Schuldgefühle zu machen? Und ich dachte ich wäre hier das Kind. Ich verzog meine Mundwinkel zu einem schelmischen Grinsen. "Bald ist Hanami.", sagte er. Verwundert sah ich Jin an. "Ja, stimmt... Und?" „Ich mag Hanami. Hoffentlich hab ich frei und kann meine Eltern endlich mal besuchen. Wir haben früher immer zusammen gefeiert.“ Sehnsüchtig betrachtete er sein Spiegelbild in dem großen Spiegel, der quer an der gegenüberliegenden Wand angebracht war. Er sah müde aus und erschöpft. „Jetzt nicht mehr?“, fragte ich ihn. Der Gedanke an seine Familie schien ihn traurig zu machen. Er setzte sich aufrecht hin und stieß einen leisen Seufzer aus: „Kaum.“ „Hmm...“, erwiderte ich nur genauso knapp, wie er. Weiter nach haken wollte ich auch nicht. Nach einer kurzen Stille fragte Jin: „Wohnst du allein? Ich meine in Deutschland.“ „Nein. Ich wohne bei meinen Eltern. Ich hab mein ganzes Geld hierfür gespart. Da war nichts mehr übrig für eine eigene Wohnung.“ Ich versuchte zu lächeln, doch es misslang. „Das wäre aber auch... ziemlich einsam, oder?“, ergänzte ich. Er sah mich an. Dieses Mal gelang mir ein ehrlicheres Lächeln. „Waf ift lof?“, nuschelte ich mit meiner Zahnbürste im Mund. „Ich sagte: Ich möchte am Wochenende zu meinen Eltern fahren. Es ist Hanami, ich hab frei, also feiern wir!“ Yumiko stand hinter mir, während ich den letzten Rest Zahnpasta in den Abfluss spuckte. Verwirrt starrte ich sie durch den Spiegel an. „Soll das heißen ich soll mitkommen?“ „Natürlich! Ich wollte dich ihnen schon länger mal vorstellen. Ich sehe sie zu selten. Einer der Gründe ist, dass meine Mutter mich die ganze Zeit nervt und mir einen Mann besorgen will.“ Sie verdrehte die Augen bis zum Anschlag und zupfte sich noch die letzte Haarsträhne ihrer Hochsteckfrisur fest. „Du bist doch erst 35.“ „Schon 35, meine Kleine! Schon! Hier in Japan hab ich die Grenze seit 10 Jahren überschritten.“ „Hattest du keinen Freund in letzter Zeit?“ „Du bist wirklich lustig. Diese Rotzlöffel nehmen mein ganzes Privatleben in Anspruch. Aber ich sollte nicht meckern. Am Ende hab ich mich doch selbst dafür entschieden.“ Ihre Art damit fertig zu werden fand ich beachtenswert. Ob KAT-TUN wohl genauso dachten? „Also hast es einfach akzeptiert?“ „Scheint so.“ Es war angenehm warm. Bis auf ein paar einzelne Wolken bedeckte nichts den klaren, blauen Himmel. Eine leichte Brise wehte mir meine Haare ins Gesicht. Pollen flogen umher, millionenfach und versuchten uns um die Wette vergeblichst zum Niesen zu bringen. Hier und da wurden Kirchblüten von entfernten Bäumen her getragen und meine Vorfreude stieg, so sehr wie meine Nervosität. Wir standen vor Yumikos Familienhaus. Ihre Eltern wohnten in Asakusa – einem Stadtteil von Tokyo, nahe der Altstadt. Nee-chan drückte die Klingel und ein schriller Ton war von drinnen zu hören. Nach kurzer Zeit öffnete sich das hölzerne Tor vor uns und eine kleine ältere Frau stand vor uns und lächelte uns herzlich an. Sie trug einen violetten Yukata mit bunten Stickereien. „Da bist du ja. Wir haben schon auf euch gewartet. Ist sie das?“, fragte die Frau Yumiko und sah mich mit leuchtendem und neugierigem Blick an. Ihre müden Augen musterten mich genau. Schließlich verbeugte sie sich leicht und begrüßte mich: „Herzlich willkommen. Du bist Sora-chan, nicht wahr? Ich bin bin Yumikos Mutter Hino Shigeko. Schön dich endlich kennen zu lernen.“ „Geht mir genauso.“, lächelte ich verlegen und verbeugte mich ebenfalls, jedoch ein wenig tiefer. „Meine Güte bist du jung. Du könntest glatt wirklich meine Enkelin sein.“ Ihre Lachfalten gruben sich tiefer in ihr Gesicht, als sie mir ein herzliches Lächeln schenkte. Yumiko sagte schließlich: „Lass bitte diese Witze Okaa-chan. Ich wollte sie eigentlich schon früher herbringen, aber wir hatten viel zu tun.“ „Macht doch nichts. Kommt doch erst mal rein. Und schon wieder kein Mann dabei.“ Letzteres flüsterte sie zu sich selbst, doch wir beide hörten es. Nee-chan gab mir mit einem „Hab ich es nicht gesagt“- Blick zu verstehen. Ihre Mutter führte uns durch das Tor in den Innenhof. Ein kleiner japanischer Garten war hier angelegt mit Kies und einem kleinen Teich. Das Haus an sich war zwar nicht sehr groß, aber alt. Ich war begeistert von dem traditionellem Baustil und der Terrasse. Nee-chans Lebensart unterschied sich vollkommen von der ihrer Eltern. Allerdings erinnerte mich Hino-san mit ihrer hektischen Art, mit der sie mir kurz den Aufbau des Hauses beschrieb, sehr an ihre Tochter. Sie erzählte von den 3 Zimmern, von denen eines davon mal Yumikos Kinderzimmer gewesen ist, das Schlafzimmer und ein kleineres Gästezimmer. Eine Küche, Bad und Wohnzimmer sowie eine kleine Abstellkammer bildeten das ganze Anwesen. Das alles war auf sehr kleinen Raum zusammengetragen, die Räume lagen dementsprechend nah beieinander und boten kaum Platz für einen Flur. Schon der Eingangsbereich fiel extrem klein aus. Zu dritt wurde es ein wenig eng um sich anständig die Schuhe auszuziehen, doch irgendwie gelang es uns. Ich schlüpfte in die bereitgestellten Hausschuhe und folgte Yumiko und ihrer Mutter nach links in das Wohnzimmer. Es war recht karg eingerichtet. Ein flacher Tisch stand inmitten des Raumes, drumherum Sitzkissen. Ein kleines Regal mit einem Fernseher und eines mit ein paar Büchern und weißen Orchideen darauf, deren Duft man im ganzen Raum wahrzunehmen vermochte. Auch dieses Zimmer büßte an Größe ein, daher viel einem die fehlende Einrichtung kaum auf. Allgemein wirkten sie nicht so wohlhabend, wie ihre Tochter. Ein Mann erhob sich von einem der Sitzkissen und trat auf uns zu. Er war ziemlich groß. Sogar noch größer als Taguchi. „Willkommen zu Hause, Liebes“, begrüßte er Nee-chan merkwürdig emotionslos. Schließlich blickte er auf mich herunter und musterte mich argwöhnisch. Ich fühlte mich unwohl unter der Beobachtung dieses Mannes den ich nicht kannte. Nach einem kurzen Augenblick jedoch wich sein harter Blick einem sanften Lächeln, dass ich sogar als väterlich bezeichnen würde. „Main-san, nicht wahr? Willkommen. Ich bin Hino Yamato.“, sagte er schließlich und verbeugte sich leicht vor mir. „Freut mich Sie kennen zu lernen.“, erwiderte ich und verbeugte mich ebenfalls. Seine Lachfalten wurden tiefer, als er sich nun wieder seiner Tochter zuwandte. „Du solltest uns öfters besuchen. Mama macht sich immer so viele Sorgen um dich, zumal sie sich ja noch Enkel wünscht.“ Ich wusste, dass Yumiko die Augen verdrehte. „Bitte verschont mich damit. Mein Beruf ist sehr zufriedenstellend. Man kann nunmal nicht alles haben.“ Mit diesen Worten setzte sie sich auf den Knien an den Tisch. Ihre Mutter deutete mir mit einer zarten Handbewegung mich auch zu setzten. „Ich mache uns Tee.“ Und schon war sie verschwunden. „Und? Hast du nichts dazu zu sagen?“ Yumiko sah ihren Vater skeptisch an. Er lachte nur. „Naja ich bin eigentlich ganz froh, dass mir noch kein Kerl meine geliebte Tochter weggeschnappt hat.“ Nein wie lustig. Der gruselige Vater entpuppt sich als Tochter-vernarrt. Nee-chan merkte, dass meine Mundwinkel zuckten und sagte: „Weißt du, es ist ihm jedes mal peinlich, wenn ich nach langer Zeit mal zu Besuch komme, dass er immer auf die harte Tour kommt. Das geht schnell vorbei. Daran gewöhnt man sich.“ Ihr Tonfall klang nach Routine und Hino-san lief etwas rot an. Er strahlte absolute Autorität aus, was mich sehr an meinen eigenen Vater erinnerte, doch in diesem Moment wirkte er wie ein verlegener Schuljunge. Ich fing an ihn zu mögen. Sein Gesicht war von charakteristischen Falten geprägt, doch noch wirkte er jung, nicht älter als 45, was bei Yumikos Alter eher unwahrscheinlich war. Auch seine Haare waren noch voll und nur vereinzelt zeigten sich graue Stellen. Auch ihre Mutter wirkte vom Wesen her jünger, doch die Zeit hatte bei ihr mehr Tribut gefordert, als bei ihrem Mann. Hektisch kam sie herein und schenkte uns allen Tee ein. „Aua das tut weh! Nicht ziehen!“ „Aber deine Haare sind so hell, warum?“, fragte mich der kleine Junge, der mir eben noch an meinen Haaren gezogen hatte. Er hieß Takano Yuu und war ein 6 Jahre alter Cousin von Yumiko. Ihre Familie war riesig. Um die 20 Leute nisteten unter gerade mal zwei Kirchbäumen. Wir picknickten in einem Park, der berühmt für Hanami war und dementsprechend überfüllt. Man hätte denken können, dass hier nur Kirchbäume gepflanzt waren. Ein Meer aus weiß-rosa Blüten. „Die sind so. Ich bin damit geboren. Die waren schon immer so.“ Yuu-kun sah mich einen kurzen Moment verdutzt an und sagte dann: „Das glaube ich dir nicht!“ Irgendwie ärgerte mich das ein wenig. „Dann glaub mir halt nicht. Mir egal.“ Ich schnippste ihn leicht an die Stirn und er sah mich beleidigt an, doch das kümmerte mich wenig. Meine Augen suchten Yumiko. Sie war leicht zu finden. Ihr knall-roter Pulli zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Sie unterhielt sich mit einigen Frauen ihres Alters und trank genüsslich Sake. Das werd ich dir heimzahlen, dass du mich hier Babysitter spielen lässt., dachte ich mir und bombardierte ihren Rücken mit giftigen Blicken. Plötzlich zupfte Yuu-kun an meiner weißen Sweatshirt-Jacke. „Gomenasai, ich glaube dir ja.“ Er sah reumütig zu mir auf. „Schon gut. Aber dafür gehen wir nachher rüber zu Tante Yumiko und ärgern sie ein wenig, ja?“ Er grinste mich mit zwei Zahnlücken an. Und im nächsten Moment versuchte auf meinen Schoß zu klettern. Wie niedlich. Noch fünf andere Kinder saßen um mich herum und begutachteten mich neugierig. Allerdings schienen sie mich längst nicht so interessant zu finden, wie das kleine Äffchen auf meinem Schoß. Plötzlich klingelte mein Handy. Verwirrt blickte ich auf den Display um eine nicht vorhandene Nummer zu identifizieren. Unterdrückt? „Moshi moshi, Main Sora desu.“, meldete ich mich trotzdem. „Sora-chan? Akanishi desu.“ Ich glaubte mein Herz würde vor Schreck aussetzen. Kaum denke ich mal nicht an ihn, ruft der Kerl an. Gott hasst du mich? Meine Gefühle fingen wieder an Purzelbaum zu schlagen, sobald er irgendwie präsent war. Doch ich fasste mich wieder. Mein Ärger wich schnell Verwirrung. „Warum?“ „Wie bitte?“, fragte er ratlos auf meine Frage. „Warum rufst du mich an... Und woher hast du überhaupt meine Nummer, fällt mir gerade auf.“ Ich hörte das Zögern in der Leitung. „Von Hino-san...“ Ich sah kurz fragend zu Yumiko rüber, die mich bemerkte und mich von weitem genauso ansah. Ich gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, mit wem ich gerade telefonierte und warf ihr einen „Warum hast du ihm meine Nummer gegeben?“-Blick zu. Ich hatte nicht direkt etwas dagegen. Ich freute mich sogar, dass er anrief, doch mir wäre es 1. lieber gewesen er hätte mich persönlich danach gefragt und 2. wenigsten Nee-chan hätte Bescheid geben können, dass er sie hat. „Wann?“ Er schien wieder zu zögern, als wäre es ihm unangenehm. „An deinem Geburtstag, als sie betrunken war.“ Aha... alles klar! Gut dass er meine Augenbraue in dem Moment nicht hochschnellen sah. „Stört es dich etwa?“ „Was?? Nein, nein! Es hat mich nur gewundert. Schon okay. Was gibt es denn?“ Yuu-kun, der immer noch auf meinem Schoß saß, sah mich neugierig an und versuchte nun auf mir herumzuklettern um mitzuhören. „Ich wollte fragen, ob du heute schon etwas vor hast? Die anderen wollten nachher für ein paar Stunden in den Park Hanami feiern und ich dachte du willst vielleicht mitkommen?“ Ich lief rot an. Im ersten Moment wusste ich gar nicht was ich sagen sollte. Diese Einladung bedeutete mir wirklich sehr viel. Doch Yuu-kun ließ mir keinerlei Zeit zu jubeln als er plötzlich über mich herfiel und wir beide rücklings umkippten. „Aua!! Yuu-kun was machst du denn?“, lachte ich, immer noch das Handy am Ohr. Der kleine junge lag quer über mir. „Sora-chan? Was ist los bist du hingefallen? Wer ist Yuu?“ „Haha! Ich werde gerade von einem absolut süßen jungen Mann überfallen.“ Ich hatte Tränen in den Augen vor Lachen, denn Jins entgeisterter Tonfall trug zu dem Amüsement bei. „Was ist bei dir los?“ „Nee-chans Cousin ist mir in den Schoß gefallen und liegt nun auf mir.“ „Haaa? Was macht der da?“ „Keine Sorge er ist erst sechs. Er saß auf meinem Schoß und wollte wohl mithören.“ „Eh...“ „Was denn? Eifersüchtig, dass ein anderer Mann auf meinem Schoß liegt?“, stichelte ich ihn, denn ich liebte es Jin in Verlegenheit zu bringen. „Sehr lustig! Also bist du mit Hino-san unterwegs?“ Ich richtete mich und Yuu-kun wieder in eine normale Position, zupfte mein schwarzes Shirt zurecht und wendete mich Jins Frage zu. „Ja, tut mir Leid. Wir sind heute auf einer Familienfeier.“ „Hmm, schade. Und nächste Woche? Montag oder so. Die Kirchblüten blühen ja noch ne Weile.“ „Klar, warum nicht. Ich freu mich. Ich hoffe das ist euch Recht und ihr habt dann noch Zeit?“ Yuu-kun spielte nun wieder an meinen Haaren rum, doch ich ignorierte ihn. „Weiß nicht,... aber das klappt schon irgendwie. Ich hab auf alle Fälle Zeit. Die anderen müsste ich fragen.“ „Das wäre lieb.“ „Wir sehn uns dann, ne? Ciao.“ „Ciao.“ Ich legte auf. „Du magst Kinder wohl“, sagte Jin als er die Decke unter dem Baum ausbreitete. Ich setzte mich und begann damit das Bento aus dem Rucksack zu packen. „Ja sehr sogar. Ich kann ganz gut mit ihnen umgehen, denke ich.“ Jin lächelte und packte ebenfalls Getränke und Gläser aus. Bisher waren nur wir beide am vereinbartem Treffpunkt. Der Rest der Band hatte sich entschuldigt, dass sie später eintreffen würden. Sie hatten zwar nicht viele Termine, doch auch diese mussten erledigt werden. Wir saßen in dem selben Park, wie ich schon mit Yumiko ein paar Tage zuvor. Zwischendurch hatte es geregnet und die Hälfte der Blüten schmückten schon den Boden. „Sag mal, was ist mit deinen Eltern? Wolltest du sie nicht besuchen, wenn du frei hast?“ Ich sah ihm direkt ins Gesicht. Er wich meinem Blick aus und betrachtete die Schrift auf der Wasserflasche. „Schon. Doch die Zeit reicht leider nicht. Ich hab nur ein paar Stunden frei. Wenn ich sie besuchen wollte müsste ich mir schon einen ganzen Tag frei nehmen.“ Er erklärte dies als sei es eine wissenschaftliche Tatsache. Keine Regung in seiner Mimik und durch die Sonnenbrille konnte ich nicht schauen. „Sprichst du viel mit deiner Familie?“ „Huh...?“ Die plötzliche Frage überraschte mich. Ich überlegte kurz. Ich wollte nicht unbedingt von ihnen reden. Es war mir unangenehm. Die beste Art über den Schmerz hinweg zu kommen war ihn zu ignorieren. „Selten,... denke ich. Naja obwohl... schon ab und zu, doch in letzter Zeit... Äh...“ Wieso brachte ich keine vernünftige Antwort zustande? Nun wich ich Jin aus, suchte den Boden ab und strich mir meine Haare aus dem Gesicht. Ich sah, wie er seine Brille beiseite legte. „Warum bindest du sie dir nicht mal hoch?“ Ich schaute wieder auf und blinzelte ihn fragend an: „Wie bitte?“ „Deine Haare. Sie sind so lang. Ein Pferdeschwanz würde dir bestimmt auch gut stehen.“ Ich errötete und strich sie mir verlegen hinters Ohr. Wie kommt er denn jetzt darauf? Er kam ein Stück näher. Seine Augen suchten meine und betrachteten sie intensiv. Er griff nach einer Strähne. Ich zuckte kurz zusammen, denn ich hatte keine weitere Reaktion von ihm erwartet, doch ließ ihn gewähren. Er betrachtete mein Haar als wäre es kostbarste Seide und streichelte es sanft mit seinen Fingern. Er sah kurz zu mir auf und schien meinen verwirrten Gesichtsausdruck zu bemerken. „Gome ne. Ich war nur neugierig.“, entschuldigte er sich. Abgesehen davon, dass ich gleich an einem Herzinfarkt sterben würde, ging es mir prächtig. „Du hast viel dünneres und weicheres Haar als wir“, fügte er hinzu. Nun wich ich etwas zurück, denn lange konnte ich seine Nähe nicht mehr ertragen. Ich spürte seine Körperwärme ein paar Zentimeter von meiner Brust entfernt. Meine Strähne folgte mir und windete sich vorsichtig aus seinem Griff. „Wieso faszinieren dich meine Haare so?“, versuchte ich zu scherzen doch seine Antwort fiel anders aus, als geplant: „Sie sind wunderschön.“ Er flüsterte fast. Ich regte mich nicht. Ich wollte weglaufen. Weg von ihm. Weg von seinen traurigen, leidenschaftlichen Augen. Weg von seinem starken warmen Brustkorb und seinen Lippen. Doch mein Körper verweigerte mir jegliche Kontrolle. Ich wusste genau, dass ich es wollte. Doch ich wusste auch, dass ich das nicht konnte, oder besser durfte. Ihm war egal was ich dachte und kam meinem Gesicht immer näher. Mein Herz pochte unregelmäßig und mein Kopf funktionierte kaum noch, wie er sollte. Seine Hand bewegte sich von meinem Haar weg und schien ein anderes Objekt der Begierde gefunden zu haben. Sie näherte sich langsam meinem Gesicht. Ich zuckte zusammen, als er meine Wange berührte und die letzten Strähnen zur Seite strich. Seine Lippen öffneten sich einladend und meine hätten nur zu gerne angenommen, als er mit seinem Daumen darüber glitt. Er kam noch näher. Wenige Zentimeter trennten uns von einander. Und dann... „Hey!! Da seid ihr zwei ja wir haben euch gesucht.“ Schlagartig wichen wir voneinander zurück und starrten uns gegenseitig entsetzt an. Koki kam angerannt und hielt eine Flasche in der Hand. Ihm folgten Kame und Ueda. Ich glaubte mein Kopf würde explodieren vor Scham. Sofort drehte ich mich von Jin weg. Was wäre gerade beinahe passiert? Er wollte doch nicht... Aber das ist unmöglich! Doch man ließ mich nicht zu Ende denken. „Na wartet ihr schon lange? Gome ne. Hat alles ein bisschen länger gedauert, aber guckt mal ich hab Sake dabei.“ „Deshalb hat es auch länger gedauert.“, kommentierte Kame seinen Freund. Koki ignorierte ihn und wedelte mit der Flasche vor meinem glühendem Gesicht herum. Ich war froh, dass sie in dem Moment meine Röte verbarg. Ich war vollkommen in mich zusammen gesackt. Kein Muskel wollte sich rühren und schien unmerklich zu zittern. Ich hatte großes Glück, dass Koki viel zu unsensibel war um meinen labilen Zustand zu bemerken. „Was hab ihr denn gemacht? Haben wir euch gestört?“, grinste Ueda Jin an. Klar, ihm entging nichts. Jin drehte resignierend den Kopf weg und erwiderte: „Ach halt den Mund!“ Und griff nach der Sake Flasche. Kapitel 8: How to care ~ Wie man sich sorgt ------------------------------------------- Achtung: Ich habe einen Perspektivenwechsel eingebaut. Ab *** wird wieder aus Soras Sicht erzählt. Viel Spaß beim Lesen. ^^° ____________ „Schlecht geschlafen?“, fragte Kamenashi seinen langjährigen Freund. Jin sah ihn unberührt an. Antworten wollte er auch nicht. Er zog sein Hemd aus und ging schweigend zur Dusche. Im Dome gab es genug Plätze um seinen Bandkollegen aus dem Weg zu gehen. Der Jüngere verzog nur seine Mundwinkel. Diese Marotten war er von seinem Freund gewohnt, auch wenn er nicht immer damit klar kam. Dafür wusste er, wann man Jin lieber in Ruhe lassen sollte. Früher war es oft zu Komplikationen gekommen, aufgrund von Missverständnissen und wenig Feinfühligkeit. Der Jüngste hatte daraus gelernt. Inzwischen war er das Bindeglied der Band KAT-TUN. Dessen war sich Kamenashi durchaus bewusst. Als inoffizieller Bandleader forderte das oft seine ganze Geduld. Doch insgeheim war er froh, dass er gebraucht wurde. Die Leute verließen sich auf ihn und er war nur zu gerne gewillt ihnen behilflich zu sein. Vor allem in seinem Beruf zeigte er die größte Verantwortung. Er war reifer, als sein Alter es vermuten lies. Auch das Geschehen vom Hanami war ihm nicht verborgen geblieben. Er kannte Jin lange genug um aus jeder Einzelheit seines Verhaltens eine Schlussfolgerung zu ziehen. Jeder Idiot würde merken was vor sich geht, dachte er sich. Jin hatte öfters mal was mit Frauen. Doch diese Affären hielten nie lange an und waren für ihn der Erwähnung gar nicht wert gewesen. Desto weniger konnte er die offensichtliche Zuneigung seines Freundes für das ausländische Mädchen verstehen. Sora war attraktiv. Kein japanischer Mann könnte an ihr vorbeigehen, ohne einen zweiten Blick auf sie zu werfen. Lange, blonde Haare, grüne Augen, helle Haut, eine zierliche, spitze Nase und weibliche Rundungen, dort wo sie hingehörten. Sie hatte alle auf ihre offene, unschuldige Art fasziniert, die so fremd für sie war. Sora war eine Erheiterung für jeden. Sie lächelte immer, so kam es ihm vor. Nur damals unter den Kirschblüten hatte er zum ersten Mal ein anderes Gesicht gesehen, das er nicht definieren konnte. Jin wollte sie küssen, so viel war klar. Kamenashi verwirrte all dies zunehmend, je mehr er sich den Kopf darüber zerbrach. Der Geschmack seines Freundes war ihm nicht fremd. Bisher hielt er sich immer an den Modell-Typ, doch die Frauen dieser Art waren nicht oft für Beziehungen geschaffen. Der Schwarzhaarige wusste nur zu genau über die Sehnsucht seines Freundes Bescheid. Doch warum machte er sich gerade jetzt über seine Affären Gedanken? Bisher hatte er sich doch auch immer herausgehalten. Jin war alt genug um selbst um sich zu sorgen. Trotzdem konnte er nicht nachvollziehen, warum er sich so verhielt. Er kannte wohl eine Seite an ihr, die niemand sonst je zu Gesicht bekommen hatte. Anders konnte es gar nicht sein. Dieser Gedanke ergab plötzlich Sinn und beschäftigte den jungen Bandleader auch weiterhin. Jeder Künstler träumte davon einmal im Tokyo Dome ein Konzert geben zu dürfen. Allerdings war dies oft nur der Elite des japanischen Musikmarktes gewährt. So auch KAT-TUN. Bedeutende - auf DVD festgehaltene Momente - die sich genauso etliche Male verkauften, wie alles andere der Marke „Johnny's“. Das neuste Projekt nahm Gestalt an: 13 Tage ununterbrochen im Tokyo Dome spielen. Dies war ein Rekord und damit übertrumpften sie Künstler, wie Michael Jackson. Die Vorbereitungen gingen schnell voran. Die Künstler waren jedes mal beim Aufbau der Bühnen anwesend, doch dieses Mal ging alles hektischer vonstatten, als üblich. Jeder gab sein Bestes, um dem gerecht zu werden, was die Fans erwarteten. Kamenashi saß am Rande der großen Hauptbühne. Umzingelt von Lampen, Kabeln und Requisiten. Der Dome wirkte viel gewaltiger, wenn er leer war. Trostlos und abwesend. Er beobachtete Jin, der weiter links mit seiner Wasserflasche jonglierte. Ihm amüsierte der lächerliche Versuch des Freundes seine Gefühle vor ihm zu verstecken. Er war naiv genug um zu glauben, das das wirklich funktionierte. „Was ist los mit dir?“, fragte der Jüngere und wich schnell den Wasserspritzern aus, die sein Freund am Waschbecken der Garderobe verteilte. „Ah, sorry!“, bemerkte Jin und trocknete sein Gesicht ab bevor er antwortete: „Nichts wieso?“ Kamenashi blieb ungerührt auf dieses Spielchen. „Nichts huh? … Da fällt mir ein: Wir haben Sora-chan lange nicht mehr gesehen?“ Er sah wie Jins Rücken leicht zuckte. Erwischt! „Hanami war es, oder? Ich meine das letzte Mal, dass sie hier war.“ Der Jüngere lehnte mit dem Rücken an der Wand und beobachtete Jin aus dem Augenwinkel. „Warum reden wir über sie?“, entgegnete der Braunhaarige trocken. Kamenashi grinste in sich hinein. „Ich vermisse sie ein wenig. Es ist komisch, wenn sie nicht hier ist, was meinst du?“ Plötzlich ertönte ein Knall und der Bandleader zuckte zusammen. Jin hatte seine Faust gegen den Schrank geschlagen und funkelte ihn wütend an. „Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es, aber hör auf mich für Dumm zu verkaufen!“ Kamenashis Grinsen wich Ernsthaftigkeit. „Du verstehst also worauf ich hinaus will, sehr gut.“ Er schloss die Tür hinter sich und trat auf seinen Freund zu. „Noch einmal: Was ist los mit dir? Du benimmst dich schon eine ganze Weile so komisch und das ist nicht nur mir aufgefallen! Hino-san behält dich immer ernster im Auge, hast du das überhaupt bemerkt?“ Jin biss die Zähne zusammen und rührte sich nicht. „Ja... Das weiß ich“, antwortete er doch seine Stimme ließ jegliche Emotion missen. Kamenashi machte das wütend. Warum spielte er jetzt den Gleichgültigen? „Du merkst es, aber trotzdem hängst du weiter an ihr? Du hattest schon etliche andere Frauen. Was ist an ihr so besonders? Reiß dich zusammen! Du weißt was auf dem Spiel steht. Und ich rede nicht allein von deiner Karriere.“ Jin sah auf seinen Freund hinunter. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Jeden anderen hätte er schon längst geschlagen, doch das hier war Kazuya. „Wenn es dir lieber ist, geh ich ihr aus dem Weg, bist du dann zufrieden?“ Kamenashi überflog eine leichte Gänsehaut auf die Worte seines Freundes, die eisig in seinen Ohren klangen und doch voller Wut auf ihn. War er zu weit gegangen? Nein, das glaubte er nicht. Also machte er weiter auch auf die Gefahr hin Jin zu verletzen. „Wenn du sie dadurch vergisst... Ich weiß ich verlange viel von dir, aber was soll ich denn machen? Soll ich mir das weiterhin anschauen?“ „Da gibt es nichts zu vergessen! Sie interessiert mich nicht! Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist, aber deshalb musst du doch hier nicht so ein Theater machen! Sie ist doch noch ein Kind!“ Wütend warf der Braunhaarige sein verschwitztes Handtuch auf seine Sporttasche. „Sie tat mir Leid, okay? Ist es das was du hören willst? Einen Grund? Jetzt hast du ihn!“ Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren verließ er den Raum. Kamenashi stand alleine im Umkleideraum. Ihn überzeugte das alles nicht. Natürlich klang es plausibel. Niemand konnte sich besser in Sora hinein versetzen, als Jin. Wer wenn nicht er könnte wissen, wie sie sich fühlte? Jetzt ergab es auch Sinn. Doch er wusste auch, dass das nicht der einzige Grund war. Jetzt nicht mehr. *** „Ich bin so schlecht!“, stellte ich nach einem Blick auf das selbst gemachte Bento vor mir fest. Die Onigiri waren alles andere als Rund und ich konnte nur hoffen, dass ich die richtigen Zutaten beim Gemüse und Fleisch verwendet hatte. Das war nämlich gar nicht so einfach, ohne gut japanisch lesen zu können, in einem Supermarkt einkaufen zu gehen. Wenigstens waren die Bilder auf dem deutschsprachigen Rezept hilfreicher. „Vielleicht tue ich ihnen einen Gefallen und werfe es weg?“, fragte ich eher die Schüssel Reisbällchen vor mir, als mich selbst. Doch ich wollte kein Essen verschwenden. Und die paar Stunden Schlaf, die ich dafür hergegeben hatte sollten auch nicht umsonst gewesen sein. Nervös blickte ich mich in Yumikos Küche um. Sie war nicht zu Hause. Eigentlich war ich die letzten paar Wochen alleine zu Hause gewesen. Ich hatte, auf Nee-chans Anweisung hin Urlaub. Sie wollte mir auch keine Karte für „Break the records“ besorgen und ich selbst kam an keine einzige mehr ran. Die Nummern der Band hatte ich nicht. Nur Jin hatte meine, doch er hatte sich die letzten 2 Wochen nicht einmal gemeldet. Wütend war ich deshalb nicht. Doch insgeheim hatte ich gehofft er würde es trotzdem tun. Hanami schien ewig her zu sein, doch die Erinnerung hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt und ärgerte mich seither. Morgen müsste ich wieder in die Agentur, doch wie sollte ich Jin gegenüber treten? Einfach fies sein, so wie immer? So im Nachhinein kam ich mir so kindisch vor. Machte er sich überhaupt Gedanken darüber? Ich schlug mit meinen Händen auf die Arbeitsplatte. „Genug! Reiß dich zusammen! Was bist du ein Kleinkind?“ Es tat gut, mal in meiner Muttersprache zu sprechen. Meine Motivationsversuche wurden dadurch auch viel überzeugender. Mein Blick streifte über die Küche. Silbernen Schränke, Kühlschrank, Herd und Waschmaschine. Die türkise Arbeitsplatte war ein Schlachtfeld. „Das muss ich unbedingt sauber machen, bevor Yumiko nach Hause kommt“, seufzte ich. Mein Spiegelbild sah mich skeptisch an. Wie lange war es her, seit ich mir das letzte Mal die Haare hoch gebunden hatte? Mein langer Pony hing quer über meiner halben Stirn und meine restlichen Haare reichten von meinem Hinterkopf bis zum Rücken hinunter. „Das wird wohl so gehen?“, fragte ich mein grinsendes Ich gegenüber. „Beeile dich, wir müssen los und... Hey! Was seh ich denn? Welch seltener Anblick, du könntest dir ruhig öfters die Haare so tragen.“ Yumikos Kopf schaute durch die Badezimmertür und lächelte mich breit an. „Ach und bitte denk dran: Die Jungs sind recht erschöpft jetzt, da die Konzerte erst mal überstanden sind. Also nimm ein wenig Rücksicht, ja?“ „Immer doch!“ Mein Tonfall klang sarkastisch, doch dieses Mal meinte ich es wirklich ernst. Ich war furchtbar stolz auf KAT-TUN. Die Bentos sollten ein kleines Dankeschön sein, doch inzwischen zweifelte ich daran, da es doch eher als Giftanschlag durchgehen würde. Ich war so unsicher. Dabei war das Essen für europäische Verhältnisse eigentlich gar nicht mal so schlecht. Mein Puls raste jetzt schon so früh am Morgen. Das konnte doch nicht gut sein. Ich wusste weder, wie ich mich verhalten , noch wie ich ihnen die sechs Bentos übergeben sollte. „Ich bin so merkwürdig“, jammerte ich zu mir selbst in deutsch. Nee-chan beachtete mich schon gar nicht mehr, wenn ich Selbstgespräche führte, die sie sowieso nicht verstand. „War es denn nötig so viel zu kochen? Meine Küche sah schrecklich aus.“ „Ich hab doch sauber gemacht“, bemerkte ich hinter den sechs Boxen, die ich im Arm hielt. „Ja, du hast es versucht.“ Doch sie klang eher belustigt, als verärgert. Ich verzog nur verwirrt eine Augenbraue. Heute waren wir in einem Fernsehstudio. Hier wurde die wöchentliche Show „Cartoon KAT-TUN“ aufgezeichnet. Seit neustem gab es auch noch Zuschauer. Ich musste höllisch aufpassen, denn entdeckt zu werden würde alles komplizierter machen. Nee-chan hatte mich gewarnt. Vor allem die Fans mussten nicht unbedingt wissen, dass jemand „wie ich“ mit ihren Idols arbeitet. Wir kamen sicher durch den Haupteingang des Gebäudes ohne groß aufzufallen. Der Haufen nervöser Mädchen bemerkte uns gar nicht. Sie waren zu sehr damit beschäftigt auf eine Tür zu starren, die sich wohl irgendwann öffnen sollte und den Weg zu ihren Idols frei gab. Vom Empfang aus ging es hinunter zu den abgeschotteten Studios. Durch eine Tür mit rotem Schild, auf dem wohl „Nur für Personal“ drauf stand. Und das war nur geraten. Ich atmete erleichtert auf. Hier vermutete ich keine Gefahr, doch andere Probleme. „So!“, sagte Nee-chan plötzlich und drehte sich auf halber Strecke zu mir um. „Sora-chan, der Aufenthaltsraum für die Künstler ist dort hinten und die Garderoben, links. Also dann...“ Und damit klopfte sie mir leicht auf die Schulter und verschwand hinter der großen Metalltür am Ende des breiten Flures. Dort befand sich wohl das Studio. „Ich hasse es, wenn sie das tut.“ Ich fühlte mich wortwörtlich, wie bestellt und nicht abgeholt. Irgendwie war auch niemand zu sehen. Entweder waren wir zu früh und es war noch keiner da, oder viel zu spät und sie drehten schon. Wie auch immer, ich beschloss erst einmal das Bento abzulegen und steuerte auf den Aufenthaltsraum zu. Nur schwer bekam ich die Tür mit dem Ellbogen auf, da ich beide Hände voll hatte. Ich wollte eintreten, und stolperte... „So ein... Dreck?“ Ich war benommen. Mein Kopf war auf den Boden geknallt und ich kämpfte um mein Gleichgewicht, als ich mit mit den Händen abstützte. Ich spürte den weichen Reis unter meinen Fingern. „Nein!“ Schwerfällig saß ich mich aufrecht hin und blickte auf das Chaos vor mir auf dem Boden. Tränen rannten mir in die Augen. Zornig wich ich sie weg, doch sie kullerten weiter mein Gesicht herunter. Meine Stirn pochte plötzlich vor Schmerz, dort wo ich aufgeschlagen war und zerrte an meinem Bewusstsein. Jetzt erst merkte ich, dass ich blutete, als ich mir an die Stirn fasste. Benommen saß ich dort und starrte auf das Blut in meiner Handfläche und das zerstörte Essen auf dem Fußboden. „Ich hab mir doch so viel Mühe gegeben...“, murmelte ich. Die Schritte hinter mir nahm nicht wahr, bis jemand hinter mir stand. „Kuso!! Was ist hier passiert? Sora-chan?“ Die Person stürzte auf mich zu und sah mich an. „Kamenashi-kun...“, sagte ich wie im Trance. Alles verschwamm, doch ich erkannte seine Stimme. „Gomen. Es... Alles ist dreckig... Ich mach das sauber.“ Ich wollte aufstehen, doch schwankte. Kamenashi packte mich an den Schultern und drückte mich zurück an den Boden. „Du blutest! Du solltest dich lieber nicht bewegen. Wie fühlst du dich? Ist alles in Ordnung?“ „Mein... mein Kopf tut weh. Was...“ Doch schon hob mich Kamenashi hoch und trug mich hinüber zum Sofa. Vorsichtig setzte er mich ab. „Ich gehe Eis holen und-...“ Mehr hörte ich nicht mehr. Ich spürte etwas nasses, kaltes auf meiner Stirn. Das Pochen war immer noch da. Langsam öffnete ich die Augen. Ich sah die weiße Decke. „Sie ist wach!“, hörte ich eine Stimme sagen. Vorsichtig versuchte ich mich auf zu stützen, doch zwei große Hände drückten mich zurück ins Sofa. „Sie sollten lieber liegen bleiben, Main-san. Sie haben vermutlich eine leichte Gehirnerschütterung, und einen Schock erlitten, daher sollten sie sich nicht zu viel bewegen.“ Verwirrt sah ich den älteren Mann an. Ein Arzt, wie ich vermutete. Er zückte eine kleine Taschenlampe und wedelte mir damit vor den Augen herum. Neben ihm saß Kamenashi. Es war wohl seine Stimme gewesen, die ich gehört hatte. „Sie brauch auf alle Fälle Ruhe. Normalerweise müsste sie ins Krankenhaus zur Beobachtung, doch ich denke das ist hier nicht nötig. Bis auf eine kleine Beule wird sie keine Schäden davontragen. Sie hatte Glück. Geben sie ihr diese Tabletten für die Schmerzen und in einigen Tagen geht es ihr wieder gut.“ Er verbeugte sich vor dem Jüngeren und mir und ging. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und das Kühlpack rutschte auf den Boden. Kamenashi hob es auf und legte es zurück auf meine Stirn. Er sah erleichtert aus. „Wo sind die anderen?“, fragte ich schließlich. Doch ich merkte, wie mir übel wurde und mein Kopf schmerzte. „Noch nicht da. Ihr seid zu früh gekommen.“ „Und Staff?“ „Die kommen von der anderen Seite des Studios.“ Er lehnte sich im Stuhl zurück und stieß einen Seufzer aus. „Gomenasai“, sagte ich und starrte wieder an die Decke. „Du kannst ja nichts dafür. Ich bin auch über die Stufe gestolpert, als ich das erste Mal durch diese Tür kam.“ „Stufe...?“ *** Kamenashi sah besorgt auf das blonde Mädchen herunter. Sie sah schläfrig aus und ihre Augen drifteten des Öfteren in die Ferne. Das, was er wohl für ein Bento gehalten hatte, lag jetzt in der Mülltonne und der Boden war gewischt. Kaum eine Stunde war vergangen, bis der Arzt kam und Kamenashi die Überreste beseitigt hatte. Die meisten von Soras Kleidern waren ruiniert. Die weiße Bluse hatten nun große braune Flecken. Sie lag auf der Stuhllehne und trocknete. Später würde er ihr ein T-Shirt von sich geben, beschloss der Schwarzhaarige. „Schade um das Bento“, bemerkte er beiläufig, nach langem Schweigen. Sora bewegte ihren Kopf kaum merklich in seine Richtung. „Es war eh nicht so gut. Aber ich dachte,... ich mache euch eine Freude.“ „Ich denke wir hätten uns auch gefreut. Du hast dir so viel Mühe gegeben und das nur für uns.“ Er sah ein kleines, dankbares Lächeln auf ihren Lippen. Das sonst so starke, direkte Mädchen schien nun mehr eine verletzliche junge Frau zu sein. Ob Jin das wohl schon früher bemerkt hatte, als er? Hino Yumiko war kreidebleich. Die Nachricht über Soras Unfall hatte alle ziemlich mitgenommen. Die fünf restlichen Mitglieder von KAT-TUN waren inzwischen auch im Studio angekommen. Kamenashi sah den kalten Schweiß von der Stirn seines Freundes tropfen. „Warum ist sie nicht sofort ins Krankenhaus gefahren worden?“ Jin war zornig. „Baka! Man würde eine Verbindung zu uns herstellen und wir können uns so einen Skandal nicht leisten! Außerdem hat sie schon ein Arzt untersucht. Ein Aufenthalt ist nicht nötig. Es ist nur eine Beule, also komm wieder runter!“ Der Schwarzhaarige wurde wütend. Jins Launen waren gerade unangebracht. Doch so ganz verübeln konnte er es ihm nicht. Natürlich machte er sich Sorgen und ärgerte sich über seine Hilflosigkeit. „Es bringt nichts sich jetzt noch Gedanken darüber zu machen.“ Die Blicke richteten sich auf Yumiko. Sie stand auf und richtete sich ihr schwarzes Kostüm. „Sie ist nicht lebensgefährlich verletzt, also sind Diskussionen unnötig. Sie braucht Ruhe und das ist erst mal das Wichtigste.“ „Aber das ist doch nicht zum ersten Mal passiert!“, unterbrach sie Jin. „Beim letzten Dreh hatte sie sich die Hand gequetscht und wund gearbeitet. Ich kann doch nicht zusehen, wie sie sich unsertwegen immer wieder verletzt.“ Kamenashi sah seinen Freund verwundert an. Er wollte ihm widersprechen, doch etwas in Jins Augen sagte ihm, dass er sich die Schuld daran gab. „Das ist ein Risiko, das jeder eingeht. Ganz egal welchen Job er macht. Unfälle passieren nun mal und man kann es nicht verhindern. Und wir können froh sein, dass es nicht schlimmer ist.“ Ueda versuchte seine Kollegen zu beruhigen. Yumiko, Taguchi und Nakamaru stimmten ihm nickend zu. Hino-san viel es schwer, doch es war ein unbestreitbarer Fakt. Jin ballte seine Fäuste. So etwas wie „Pech“ oder „Schicksal“ wollte er nicht akzeptieren. „Warum schreit ihr denn so?“ Alle drehte sich in Richtung der schwachen Stimme mit ausländischem Akzent. Der Braunhaarige zuckte zusammen, drehte sich um und erstarrte. Sora stand im Türrahmen. Die Schulter an der Wand gestützt, im knappen, fleckigem Top und Pflaster auf der Stirn. Sichtbar für alle, durch die noch immer hoch gebundenen Haare. Ihre Augen waren trüb. Ihr Bewusstsein schien noch nicht völlig wieder zurückgekehrt zu sein. Sie hielt sich fest um nicht wieder zusammen zu sacken. Jin befiel plötzlich eine furchtbare Angst und das starke Bedürfnis die junge Frau zu beschützen. Er wusste dass sie nicht so stark war, wie sie es gerne sein würde. „Oh Gott, Sora-chan!“ Yumiko stürmte an ihm vorbei sie und umarmte Sora. „Ich habe doch gesagt, so viele Bentos sind eine schlechte Idee.“ „Gomenasi, Nee-chan.“ Sora spürte, wie die Frau zitterte und sah die erleichterten Gesichter ihrer Freunde. „Ihr seid ja da.“ Ihre Stimme war noch immer schwach und rau. „Du hast uns ziemliche Sorgen bereitet“, sagte Koki sanft. Der Rest schwieg. Mehr gab es jetzt nicht zu sagen. Sora lächelte. „Arigatou...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)