Schicksal? Nein danke! von Nifen ================================================================================ Kapitel 4: Das Schicksal greift ein ----------------------------------- Ein Hufflepuff zu sein, macht viele Dinge bedeutend einfacher als irgendeinem anderen Haus anzugehören. Man wird sofort von allen anderen Häusern akzeptiert, auch wenn man vielleicht ein wenig gönnerhaft belächelt wird und ich in nicht wenigen Gesichtern die Frage sah, was wohl mit mir als Mary Sue nicht in Ordnung war, dass ich nicht nach Ravenclaw, Gryffindor oder Slytherin geschickt worden war. Aber wäre ich in einem der anderen Häuser gelandet, hätte ich mir die Freundschaft mit den übrigen Häusern wohl erst schwer verdienen müssen. Vielleicht sollte ich dem Sprechenden Hut zum Ende des Schuljahres ein Geschenk machen. Vorausgesetzt, ich schaffte es, das Jahr als Mary Sue zu überstehen, ohne mir oder meiner Familie Schande zu machen. Denn leider bewahrt einen auch der Umstand ein Hufflepuff zu sein, nicht vor Tollpatschigkeit. Und lange Roben sind da nicht gerade hilfreich, besonders bei den vielen Stolperfallen, die man in Hogwarts großzügig Treppen nennt. „Hoppla!“ In Eile, weil ich spät dran war um von Wahrsagen im Nordturm pünktlich zu Zaubertränke in den Kerker zu kommen – wer war eigentlich auf die dämliche Idee gekommen, dass Mary Sues auch ohne Zeitumkehrer an allen Unterrichtsfächern teilnehmen können? – war ich einmal mehr über die Stufen gestolpert, doch statt einmal mehr unsanft auf meinen Knien zu landen, wurde ich dieses Mal von zwei kräftigen Armen und einer breiten Brust aufgefangen. Überrascht und dankbar blickte ich auf, nur um mich in zwei besorgt und zugleich leicht amüsiert dreinblickenden braunen Augen zu verlieren. „Professor“, stammelte ich, hatte mich doch niemand geringeres als Professor Bill Weasley, der diesjährige Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste (sehr zum Verdruss seines jüngsten Bruders Ron, der genau wie ich die siebte Klasse besuchte), aufgefangen. Ganz abgesehen davon, war er der Schwarm fast aller Schülerinnen und bestimmt auch einiger Schüler hier in Hogwarts. Nicht, dass ich dazugezählt hätte, für solche Aktionen fehlte mir schlicht die Zeit, meine anderen Mary Sue-Pflichten hielten mich schon genug auf Trab. Andererseits war es auch hier von Vorteil eine Mary Sue zu sein, denn so würden mich die Mädchen ob dieses Zusammenstoßes zwar beneiden, aber mich nicht mit Blicken zu erdolchen versuchen. Oder mir lästige Zauberfallen stellen oder ähnliches. „Nichts passiert?“, erkundigte sich Professor Weasley besorgt, doch noch bevor ich irgendeine Antwort geben konnte, tauchte ein schwarzer Schatten neben uns auf. „Miss Sue? Ich nehme an, Sie waren auf dem Weg zu meinem Unterricht? Gestatten Sie, dass ich Sie in das Klassenzimmer geleite, um Sie vor weiteren unliebsamen Zusammenstößen zu bewahren.“ Es war Professor Snape. Der giftige Blick, den der Zaubertrankmeister Bill Weasley zuwarf, sprach Bände und veranlasste mich mit den Augen zu rollen. Natürlich nur innerlich, denn eine Mary Sue zeigt ihre Verstimmung über eine Situation nur, wenn es ihr von Nutzen ist. Die Verstimmung rührte daher, dass das allmächtige Schicksal für meine Wenigkeit offenbar in diesem Augenblick beschlossen hatte, dass statt einer Auswahl meiner männlichen Klassenkameraden die jüngsten Mitglieder des Lehrkörper um die Gunst meines Herzens buhlen sollten, was also einen grummeligen Zaubertrankmeister – der sich bestimmt schon fragte, weshalb er sich plötzlich so gar nicht seinem Charakter entsprechend verhielt – und einen frisch eingestellten Verteidigungslehrer bedeutete. Und für mich bedeutete es, dass ich in Zukunft kaum von einer Unterrichtsstunde zur anderen gehen könnte, ohne dass wenigstens einer der beiden mir auflauern würde, um mich zu begleiten, mich mit Kleinigkeiten zu überraschen, mir Hilfe bei allen möglichen und unmöglichen Dingen anzubieten und mir, kurz gesagt, eine Menge Zeit stehlen würde. Aber schließlich konnte eine Mary Sue nicht auf Erden wandeln, ohne nicht in irgendeiner Weise in Liebesangelegenheiten, vorzugsweise ihre eigenen, verwickelt zu werden. Und so überraschte es mich nicht, als Professor Weasley mit einem charmanten Lächeln erwiderte: „Ich denke kaum, dass es sich um einen unliebsamen Zusammenstoß handelte, war ich doch gerade im Begriff, Miss Sue meine Hilfe anzubieten, wenn sie bei Verteidigung gegen die Dunklen Künste irgendwelche Schwierigkeiten mit dem Stoff hat.“ Snape schaubte verächtlich und ich dachte schon, er wollte meine Ehre als Mary Sue verteidigen. Denn wer hat schon von einer Mary Sue gehört, die Nachhilfe braucht? Ungeachtet der Tatsache, dass ich meist bis spät in die Nacht büffeln musste, um diesem Mythos gerecht zu werden, was unter Berücksichtigung des langwierigen Morgenrituals, mit dem ich mein äußeres Erscheinungsbild auf ein halbwegs akzeptables Mary Sue Niveau zu bringen versuchte, meine Nachtruhe auf klägliche drei Stunden dezimierte. Hatte ich schon erwähnt, dass eine Mary Sue nicht müde sein darf? Trotzdem bin ich es. Aber zurück zu Professor Snape. Denn dieser hatte mit seiner Zurschaustellung seiner Geringschätzung eher die in seinen Augen mangelnde Qualifikation Professors Weasleys zum Ausdruck bringen wollen. „Verstaubte Mumien und antike Grabfallen haben wohl kaum etwas mit den aktuellen dunklen Bedrohungen zu tun, werter Kollege. Denken Sie nicht, dass Miss Sue von einem Dozenten, dessen praktische Erfahrungen auf diesem Gebiet größer sind als die Ihren, mehr profitierte?“ „Weil Schülern nachts in dunklen Gängen auflauern ja auch so als praktische Erfahrung im Umgang mit den Dunklen Künsten dient“, gab Professor Weasley nur süffisant grinsend zurück. Natürlich wussten alle hier Anwesende, Mary Sues mit eingeschlossen, dass Snape eigentlich auf die Problematik mit Lord Voldemort und seine Dienste als Spion des Ordens des Phönix anspielte. Aber das hatte Professor Weasley ja kaum laut auf einer Schultreppe herausposaunen können. „Die Gänge dieser Schule können nachts ziemlich gefährlich sein.“ Professor Snapes Stimme hatte einen leicht drohenden Unterton angenommen, ganz so als wollte er seinen Kollegen warnen, ihm nicht allein nach Mitternacht auf den Fluren zu begegnen. Vermutlich sollte es zudem eine Erinnerung daran sein, dass Snape als Todesser und mehr noch als Zaubertrankmeister über ein Arsenal an Waffen verfügte, dem Bill Weasely seiner Meinung nach kaum gewachsen wäre. Hin und her, hin und her ging es zwischen den beiden und ich schwankte zwischen Amüsiertheit und Verärgerung, weil sie doch angeblich um meine Gunst rangen, gleichzeitig aber durch mich hindurch sprachen. Schließlich hatte ich die Nase voll und beschloss dem unsinnigen Disput ein Ende zu bereiten, indem ich mich auf den Weg in Richtung der Kerker machte, um ihnen so zu zeigen, dass eigentlich schon längst Unterricht angesagt war. Auch wenn ich nicht wirklich erpicht auf Zaubertränke war… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)