Finera - New Adventures von Kalliope ================================================================================ Kapitel 96: Dunkelheit zieht auf -------------------------------- Trixi saß alleine in einer Sitzreihe und schmollte vor sich hin, Joel hörte Musik mit Ohrenstöpseln, Mira fühlte sich schlecht und futterte bereits ihre dritte Tafel Vollmilchschokolade und Faith vertiefte sich im Nichtstun. Die Fahrt von Litusiaville bis nach Nautica City schien endlos zu sein, denn die vier Trainer sprachen kaum ein Wort miteinander, weil jeder seine Ruhe haben wollte oder keinen Streit provozieren wollte. Schließlich schloss auch Faith die Augen, kuschelte sich – so gut es eben ging – in ihren Sitz und schipperte langsam in Richtung Traumland. Mussten sie sich denn wirklich so benehmen, als würde die nächste Eiszeit über sie hereinbrechen? Trixi schmollte weiterhin verbittert, schien sich in dieser Rolle jedoch wohl zu fühlen und benahm sich wie eine verkannte Diva, die sie tief in ihrem Inneren wohl auch war. Mira bemühte sich um eine normale Konversation mit Trixi, doch diese antwortete einsilbig oder gar nicht, was die Sache nicht gerade einfacher machte. „Wie lange das wohl noch so gehen wird?“ Faith streckte sich, von der langen Busfahrt tat ihr nun das Kreuz weh. Sie waren soeben in Nautica City angekommen und bezogen ein Viererzimmer für diese Nacht. Joel hob leicht die Schultern und bedachte Trixi und Mira mit einem prüfenden Blick. „Ich weiß es nicht. Trixi stellt sich ziemlich an, das kann noch Tage so dauern.“ „Bloß nicht“, erwiderte Faith mit rollenden Augen, stellte ihren Rucksack auf der unteren Matratze des Doppelbetts ab, das Mira und sie sich für diese Nacht teilten. „Könnt ihr den Wettbewerb nicht einfach sein lassen? Trixi, du bist eine ausgezeichnete Koordinatorin, die nächsten beiden Bänder gewinnst du doch mit links.“ Trixi hob den Kopf und funkelte Faith an, wirkte aber zumindest nicht mehr so, als würde sie jeden, der sie ansprach, mit ihren Händen in Stücke zerreißen wollen. „Wenn du das sagst“, lautete stattdessen ihre schlichte Antwort. „Ich habe Hunger, lasst uns eine Pizza essen gehen. Na los, Trixi, Mira, lasst euch nicht so hängen. Die Dinge sind passiert, jetzt vertragt euch wieder.“ „Ich stimme Joel zu, mein Magen muss mit leckerer Pizza gefüllt werden. Los, wir gehen jetzt was essen.“ Trixi und Mira erhoben sich murrend aus ihren oberen Betten, stiegen die Leitern hinab und richteten sich nahezu identisch die Frisur, was ihnen jedoch nicht aufzufallen schien. Es war vermutlich auch besser so, denn beide versuchten ihre Ähnlichkeiten momentan nicht anzusprechen. Nachdem sie in der Pizzeria gewesen waren, hatte sich die Stimmung tatsächlich etwas entspannt. Faith hatte, ebenso wie Joel, eine Pizza Margherita gehabt, Mira eine Pizza Hawaii und Trixi eine Pizza mit Meeresfrüchten. Trixi hatte sogar ein Stück von Miras Pizza probiert und umgekehrt, die beiden schwiegen sich nicht mehr an, auch wenn Trixi noch immer sichtlich frustriert war. Eine leckere Pizza hatte schon vieles wieder ins Lot bringen können. Auf ihrem Weg zurück zum Pokémoncenter warf Faith einen Blick auf die Uhr, als sie an dem großen Gebäude von Mai Pharmaceutics vorbeikamen. „Meint ihr, Milena und Joanna sind hier? Ich konnte mich damals gar nicht für ihre Gastfreundschaft in Schloss Dunkelstein bedanken, weil Team Dark dazwischengefunkt hatte.“ „Möchtest du vorbeigehen und dich jetzt persönlich bei ihnen bedanken?“ Joel schaute ebenfalls zu dem Gebäude, in dem hinter der undurchsichtigen Glasfassade noch immer Lichtschein zu vermuten war. „Milena Mai wird sicherlich noch hier sein, sie lebt doch auch in dem Gebäude, wenn sie hier in Nautica City ist?“ „Gehen wir rein und erledigen das“, stimmte auch Trixi zu. „Du solltest dich bei ihr bedanken, dein Abgang in Schloss Dunkelstein war ja nicht vorherzusehen.“ „Milena hat sich damals Sorgen um dich gemacht, genau wie wir.“ Mira lächelte ihr zu, dann machten sie sich zu viert auf den Weg zum Hauptgebäude des Pharmaunternehmens. Im Foyer war der bereits bekannte Rezeptionist, der sich scheinbar auch noch an Faith erinnern konnte, jedenfalls begrüßte er sie freundlich und fragte sie gleich, ob sie zu Milena Mai oder Joanna Joy wollte. Als Faith dies bestätigte, schaute der Mann in Milenas Terminkalender nach. „Sie arbeitet gerade an ihrem neuen Projekt und möchte nicht gestört werden, aber Joanna dürfte ein paar Minuten Zeit für euch haben. Ich sage ihr, dass ihr kommt.“ „Vielen Dank.“ Geduldig wartete Faith mit den drei anderen, bis Joanna ihr Einverständnis gab. Der Rezeptionist legte den internen Telefonhörer auf und lächelte sie an. „Joanna wartet oben auf euch, 7. Etage. Ihr könnt den Fahrstuhl hier drüben benutzen.“ „Dankeschön“, bedankte Faith sich erneut, dann trat sie mit Joel, Trixi und Mira in den Fahrstuhl ein. Sie drückte den Knopf der gewünschten Etage, dann warteten sie, bis die Türen sich schlossen und der Fahrstuhl sich nach oben in Bewegung setzte. Nach nur einer kurzen Wartezeit ging die Tür wieder auf und vor ihnen stand bereits Joanna in einem weißen Laborkittel. Sie strahlte die vier Jungtrainer an und winkte sie zu sich heran. „Das ist aber eine Überraschung, dass ihr hier auftaucht.“ „Ja“, meinte Faith und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Ich wollte mich noch einmal persönlich für die Gastfreundschaft von Milena Mai bedanken. Leider ist das ja etwas unglücklich in Schloss Dunkelstein gelaufen.“ „Oh, ich bin sicher, dass Milena sich über deine Grüße freuen wird. Sie ist im Moment leider überaus beschäftigt an einem neuen Forschungsobjekt und kann sich keine fünf Minuten für euch freischaufeln.“ Joel nickte Joanna zu. „Woran forscht sie denn im Moment, wenn ich fragen darf?“ Für einen kurzen Moment schien ein Schatten über Joannas Gesicht zu huschen und ihre Mundwinkel zuckten leicht, dann sprach sie jedoch unbeirrt lächelnd weiter. „An der Spaltung von Nukleinsäuren und ihrer Modifizierung.“ Faith konnte an Joels Gesichtsausdruck erkennen, dass er das nicht genau verstand, aber er wollte sich nichts anmerken lassen und nickte lieber erneut. „So ich muss auch gleich wieder rüber ins Labor.“ Joanna warf einen hektischen Blick den Gang hinunter und knetete sich leicht nervös die Hände. „Wenn das alles wäre, darf ich euch wieder zurück in den Fahrstuhl bitten?“ „Regnet es?“ Es war seltsam, aber auf Miras eingestreute Frage hin drehten sie alle ihren Kopf zur breiten Fensterscheibe neben dem Fahrstuhl, die von außen verspiegelt wirkte, doch man konnte ohne Probleme nach draußen schauen. Dunkle Wolken zogen über der Stadt auf und immer wieder zuckten einzelne Blitze über den Häusern. Wieder schien Joannas Lächeln zu bröckeln. „Es ist schon spät, beeilt euch lieber, damit ihr nicht in den Sturm geratet, hm? Auch Trainer müssen mal ins Bettchen.“ „Joanna, ist alles in Ordnung?“ Besorgt schaute Faith zu der rosahaarigen Assistentin von Milena Mai. Sie hatte Joanna nun schon einige Male getroffen, aber heute wirkte sie extrem aufgekratzt und angespannt. Es erschien Faith beinahe, als wollte Joanna sie abservieren und möglichst schnell loswerden. „Sicher“, antwortete Joanna mit einer etwas zu schrillen Stimme und warf erneut einen hektischen Blick den Gang runter, wo in diesem Augenblick ein dumpfer Knall ertönte. „Geht jetzt.“ Trixi und Joel warfen sich Blicke zu, bis Joel das Wort ergriff. „Ist wirklich alles in Ordnung? Sie wirken so nervös.“ „Geht! Sofort!“ Im Stechschritt trat Joanna zum Fahrstuhl und hämmerte auf den kleinen Knopf, bis die Tür sich öffnete. „Es war schön mit euch, aber ich muss jetzt arbeiten.“ Irritiert traten Mira und Trixi in den Fahrstuhl, beide fanden Joannas Verhalten mehr als unhöflich. Faith wollte sich gerade von Joanna verabschieden, als wieder ein dumpfer Knall ertönte, weiter hinten im Gang eine Labortür geöffnet wurde – das Sicherheitssymbol prangte an der Außenseite der Tür – und ein Mann in weißer Laborkleidung aus der Tür schaute. „Joanna, wir brauchen dich hier! Es kommt zu Bewusstsein!“ Erschrocken riss Faith die Augen auf – Caleb Frost tat es ihr nach – und für einen scheinbar endlosen Moment schien die Zeit still zu stehen. Dann spürte Faith, wie Joanna sie und Joel an den Armen herumriss und auf den Fahrstuhl zustieß, doch Joel reagierte schneller als Faith und stemmte sich gemeinsam mit Faith aus Joannas überraschend starkem Griff. „Wieso hilfst du Team Dark!“, schleuderte Faith der Assistentin die Frage entgegen. Doch Joanna ging nicht darauf hin, sie schlug gnadenlos auf den kleinen Knopf, sodass der Fahrstuhl die Türen schloss und sich nach unten in Bewegung setzte, bevor Mira und Trixi etwas dagegen tun konnten. Hoffentlich würden sie entkommen und Hilfe holen. Gleichzeitig schlug Caleb Alarm und kleine rote Lampen sprangen an der Decke an, gleichzeitig begann ein Alarmsignal zu ertönten. „Wir müssen hier weg!“ Joel zog sie hinter sich her und entließ bereits sein Sniebel aus dem Pokéball. „Zur Feuerleiter, irgendwo am Gebäuderand!“ „Idiot! Nichtsnutziger Volltrottel!“, schrie Joanna hinter ihnen, doch sie war ihnen dicht auf den Fersen. Offensichtlich meinte sie Caleb mit ihren Beleidigungen. Wenige Schritte später sahen Joel und Faith sich in einer Sackgasse wieder. Joanna stand zwischen ihnen und einer weiteren Labortür. „Ihr hättet gehen sollen, als ich euch höflich darum gebeten habe.“ Auf einmal hatte sie nichts mehr von ihrer Freundlichkeit. „Wie kannst du das tun, Joanna! Du bist eine Joy! Wie kannst du Team Dark angehören?“ „Stell nicht solch nervige Fragen. Meinst du, ich breite jetzt meine Lebensgeschichte vor dir aus? Dumme Göre.“ Joanna warf dem fauchenden Sniebel einen niederschmetternden Blick zu, dann griff sie an ihre Gürtel unter dem offenen Laborkittel, wo sich drei Pokébälle befanden. Faith und Joel erkannten beide sofort wie ernst diese Lage war. Sie mussten Joanna Joy aus dem Weg räumen – und sie mussten dem Pokémon, welches auch immer hier gefangen gehalten wurde, helfen. Beide nickten sich zu, dann entließ Faith ihr Bibor. Joanna schien genervt und aus zwei ihrer Bälle befreiten sich ein Meganie und ein Hariyama. „Ihr denkt doch nicht, dass ich Lust auf dieses Kindergartengetue habe? Wir hätten euch schon längst ausschalten sollen.“ Kurz schüttelte sie den Kopf. „Meganie, Giftpuder. Auf die Trainer. Hariyama, schalte die beiden Pokémon aus.“ Der giftige Puder kam ihnen entgegen. Sie hatten es tatsächlich mit Team Dark zu tun und waren direkt in ihre Zentrale gelaufen. Sie waren in der Höhle des Löwen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)