Border von -shiyuu ================================================================================ Kapitel 4: ----------- „Das, was du gleich bei mir machen wirst.“ Diese Worte hallten unzählige Male in Satoshis Kopf nach, und seine Hand war langsam aber sicher auf dem Weg zu ihrem Ziel, bis er begriff, was Ryo da gesagt hatte, was das bedeutete. Er war gerade auf dem besten Weg, es Ryo zu machen, zumindest lief wohl alles darauf hinaus, und für den Bruchteil einer Sekunde fragte er sich, wie zum Teufel er in diese Situation gekommen war. Er war ein Mann. Ryo war ein Mann. Das ging so nicht, wirklich nicht. Seine Hand zuckte zurück und er hörte, wie Ryo Luft holte, dann war es still. Der Kleinere hielt den Atem an. Und er auch. Seine Hand hing irgendwo zwischen ihnen beiden in der Luft, er war einfach unschlüssig, was er jetzt tun sollte. Scheiße, ging es ihm durch den Kopf. Langsam zog er seine Hand ganz zu sich und beendete somit jegliche Hoffnung oder auch Angst, die noch im Raum schweben mochte, einfach so. Sie lagen ein paar Augenblicke einfach nur da, es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, dann hörte Satoshi es neben sich rascheln. Vorsichtig blickte er zu dem Jüngeren, der sich aufgesetzt hatte und nun die Decke zurückschlug. Aus Reflex legte sich seine Hand und Ryos Handgelenk und hielt ihn so davon ab, jetzt einfach zu flüchten. Er spürte, wie der Jüngere leicht zitterte. Satoshi schluckte hart. „Wo… wo willst du jetzt hin?“, fragte er leise und er spürte, wie Ryo sich verspannte. Es dauerte eine Weile, bis der Jüngere antwortete, und als er es tat, flüsterte er beinahe nur. „Ins Bad.“ Satoshi aber machte keine Anstalten ihn loszulassen. Er starrte auf seinen Rücken und versuchte zu kapieren, was da gerade abgelaufen war oder besser gesagt, was überhaupt dafür gesorgt hatte, dass so etwas passiert. „Satoshi, bitte… lass mich los. Ich muss nur mal ins Bad, um… nun ja…“ Seine Stimme verlor sich. Satoshi brauchte ein paar Momente, um zu begreifen, was er im Bad wollte, aber er ließ ihn dann gleich los und sah zu, wie Ryo die Decke um seinen Körper raffte und schnell ins Bad verschwand. Er blieb im Bett, und starrte wieder an die Decke. Zu sagen, er wäre verwirrt, wäre wohl eine maßlose Untertreibung gewesen. Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen, aber das wollte ihm so gar nicht gelingen. Ständig musste er an Ryo denken, der jetzt in dem kleinen Badezimmer ihres kleinen Hotelzimmers war und sich einen runterholte. Das, was er nicht getan hatte und jetzt sogar bereute. Er hatte Ryo nicht verletzen wollen, aber woher hätte er auch ahnen sollen, dass der Jüngere auf solche Ideen kam? Nur weil sie in letzter Zeit irgendwie… ja, was war da passiert? So genau wusste Satoshi das gar nicht. Er wusste nur, dass ihre Beziehung sich verändert hatte. Ryo war ihm schon immer ein wichtiger und guter Freund gewesen, genauso wie Shuu und Nii und Masa von den Staffs, aber irgendetwas musste passiert sein, dass er Ryo jetzt nicht mehr mit den anderen auf eine Stufe stellte. Mit einem entnervten Seufzen drehte er sich auf die Seite, und versuchte diesen Gedanken, ebenso wie der Tür zum Badezimmer, den Rücken zu kehren. Er wollte schlafen. Er musste schlafen. Es würde bestimmt bald hell werden. Zwar hatten sie heute frei, aber trotzdem musste er ja nicht rumlaufen wie ein Zombie, weil sie mal abschalten und etwas zusammen mit der Band machen wollten. Ryo hatte vorgeschlagen, in einen Freizeitpark zu fahren und das hatten alle gut gefunden, also würden sie da nachher irgendwann hinfahren. Satoshi hoffte, dass das, was eben passiert war, nicht die Stimmung versauen würde. Er wusste nämlich nicht, wie er sich Ryo gegenüber jetzt verhalten sollte. Still blieb er so liegen und starrte zum Fenster. Er wartete auf die ersten müden Sonnenstrahlen, die den Himmel erhellten. Und auf Ryo, aber das wollte er sich selbst nicht eingestehen. Als der Drummer dann aber in das Zimmer zurückkehrte, blieb er einfach so liegen. Er rührte sich nicht und er sagte nichts. Er hörte nur zu, wie irgendetwas raschelte – wahrscheinlich zog Ryo sich was an – und dann spürte er, wie der sich wieder zu ihm ins Bett legte. „Schläfst du schon?“, fragte Ryo nach einigen Momenten der Stille leise in den Raum hinein. Satoshi zögerte. Er hätte einfach still liegen bleiben und seine Klappe halten können, doch das tat er nicht. Er drehte sich um und sah Ryo an, sah direkt in sein Gesicht und versuchte, irgendetwas daraus zu lesen, aber schlauer wurde er so nicht. Er seufzte. „Was war das eben?“, kam es leise über seine Lippen. Ryo sagte nichts, sie starrten sich einfach nur an. „Muss ich dir das noch erklären?“, murmelte Ryo irgendwann und zog die Decke höher, so hoch, dass nur noch sein Kopf zu sehen war. Er schützte sich vor Satoshis Blicken… „Nein.“, sagte der und schüttelte den Kopf. „Aber…“ Ryo seufzte. „Es tut mir leid, okay? Ich… ich wollte zu viel auf einmal. Bitte lass uns da nicht weiter drüber reden. Ich werd dir nicht mehr so auf die Pelle rücken, versprochen…“ Seine Worte wurden immer leiser. Zum Schluss hatte Satoshi schon Probleme ihn zu verstehen. Eigentlich passte ihm das nicht, wenn sie das jetzt totschwiegen, aber wenn Ryo nicht darüber reden wollte… Vielleicht konnten sie das ja später machen? Vielleicht… „Okay…“, sagte er schließlich leise, sah Ryo aber weiter an. Dessen Gesicht hellte sich ein wenig auf und er nickte leicht. „Und jetzt lass uns schlafen, wir haben ja nachher noch was vor.“ „Ja. Gute Nacht…“, sagte Satoshi, aber an schlafen war jetzt gar nicht zu denken. Ryo schloss die Augen und schon nach wenigen Minuten war seine Atmung so ruhig und gleichmäßig, dass er eingeschlafen sein musste. Satoshi sah ihn weiter an. Langsam ging die Sonne auf und er konnte den jungen Drummer besser erkennen. Spätestens jetzt war an Schlafen gar nicht mehr zu denken. Er war hellwach. Hellwach und sein Kopf voller wirrer Gedanken. Das waren wirklich nicht die besten Voraussetzungen zum Schlafen. Trotz dem er viel nachdachte, war er irgendwann so müde und auch schon zu keinem klaren Gedanken mehr fähig, dass ihn der Schlaf einfach übermannte. Als er das nächste Mal die Augen öffnete, kniff er die sofort wieder zusammen. Das Zimmer war jetzt lichtdurchflutet und Ryo war an seinem Laptop beschäftigt. Er war nicht gerade leise, aber Satoshi sagte nichts. Er schnappte sich ein Kissen und drückte es sich auf den Kopf. Er wollte doch nur schlafen! Aber das war jetzt nicht mehr möglich. Scheiße aber auch! Er warf das Kissen wieder beiseite und versuchte, die Augen offen zu halten, was ihm sogar einigermaßen gelang. Es kam ihm so vor, als hätte er gerade mal zehn Minuten geschlafen, wenn überhaupt. Er war einen Blick zur Uhr und stellte fest, dass es doch tatsächlich etwas mehr als eine Stunde gewesen war. Na immerhin… Gähnend setzte er sich auf und schlug die Decke zurück. Noch mehr schlafend als wach, watschelte er ins Bad. Nachdem er seine Morgentoilette erledigt hatte, kam er zurück ins Zimmer und zog sich an. Jetzt fühlte er sich wieder einigermaßen fit. Wenigstens etwas. Während er sich anzog, warf er einen Blick zu Ryo, der hoch konzentriert auf den Bildschirm seines Laptops starrte und er runzelte die Stirn. Was konnte denn am frühen Morgen schon so verdammt interessant sein, dass Ryo geradezu am Bildschirm klebte? Dem ging er nach. Er stellte sich direkt hinter den Drummer und beugte sich herunter, sodass sein Kopf direkt neben dem von Ryo war, und sah auf den Bildschirm. Was er dort sah, verwunderte ihn dann doch sehr. „Was guckst du dir denn da für’n Schweinkram an?“, fragte er und Ryo zuckte heftig zusammen, da er ihn vorher gar nicht bemerkt hatte, so vertieft war er in die ‚Handlung‘ vor sich gewesen. Entsetzt sah er Jüngere ihn an und boxte ihm gegen die Schulter. „Erschreck mich nicht so, verdammt!“, sagte er und schmollte dabei so süß, dass Satoshi lachen musste. Er stellte sich wieder richtig hin und hob die Hände, wie um zu zeigen, dass Waffenstillstand war. „Ist ja gut. Ich bin jetzt brav.“, sagte er mit so einem breiten Grinsen, dass es schwer fiel, ihm das zu glauben. Ryo stellte das Video ab, das er sich eben angeguckt hatte, und fuhr das Notebook runter, dann sah er wieder Satoshi an, der nun neben ihm stand und ihn beobachtet hatte. „Also…“, begann der Ältere. „Warum guckst du dir unsere Tour DVD an?“ Einen Moment sah Ryo ihn verwirrt an, dann lächelte er. „Nur so. Ich muss doch wissen, was wir unseren Fans da wieder antun!“, sagte er und zwinkerte, ehe er aufstand und sich ausgiebig streckte. Dabei rutschte sein Shirt hoch und er entblößte einige wenige Zentimeter seines flachen Bauchs. Bei diesem Anblick musste Satoshi unwillkürlich wieder an letzte Nacht denken, an das, was passiert ist, aber mehr noch an das, was nicht passiert ist, weil er es nicht gewollt hatte. Ryo schien sich dafür entschieden zu haben, so zu tun, als wäre das alles nie geschehen. Vielleicht war das ja auch die beste Entscheidung? Vielleicht sollten sie beide nie wieder darüber reden, zumindest nicht jetzt. Satoshi seufzte. „Eigentlich müsstest du die DVD doch schon in und auswendig kennen, so oft wie du mit dabei gesessen hast, als die Szenen zusammengeschnitten worden sind.“ „Aber so im Ganzen kenn ich’s eben noch nicht!“, sagte der Kleinere gut gelaunt und strich sein Shirt wieder glatt. „Und jetzt genug davon. Lass uns frühstücken gehen. Wir wollen doch nachher gleich los in den Vergnügungspark!“ Bei diesem Wort leuchteten seine Augen richtig und Satoshi musste grinsen. Das war wieder mal so ganz typisch Ryo. Irgendwie niedlich, diese kindliche Art, die er ab und an an den Tag legte. Sie gingen beide hinunter in das hoteleigene Restaurant und bestellten sich Frühstück. Auch der Rest der Truppe ließ nicht mehr lange auf sich warten, nur Nii tauchte irgendwie nicht auf. Nach dem Essen stiefelten Satoshi und Shuu zu seinem Zimmer und hämmerten gegen die Tür, doch auf der anderen Seite war nichts zu hören, also besorgte Shuu kurzerhand einen Zweischlüssel und verschaffte ihnen somit Eintritt in das Zimmer ihres Kollegen, der noch in seinem Bettchen lag und tief und fest schlief. Satoshi musste grinsen. Er überlegte gerade, wie sie ihn denn am besten wecken konnten, doch da war Shuu schon in dem kleinen Bad verschwunden, schnappte sich den Zahnputzbecher und füllte ihn mit eiskaltem Wasser, ehe er zum Bett ging und sich vorsichtig darüber beugte. Satoshi ging um das Bett herum du beugte sich ebenfalls über Nii. „Wie niedlich er schläft.“, sagte er grinsend und Shuu unterdrückte ein Lachen. „Oh ja, sehr niedlich. Vor allem dieses komische Plüschtier, das er immer vor allen versteckt hält. Komischerweise weiß aber trotzdem jeder, dass er es hat.“ Satoshi betrachtete den Stoffhund, den der Gitarrist fest an sich drückte. Nii redete echt nie über dieses Ding, aber so lange hatte er es noch nicht. Erst, als er mit Kiri zusammengekommen war, war dieses Ding irgendwann aufgetaucht. Komischerweise fand er das gerade niedlich – ein Wort, dass er nie zuvor in Verbindung mit Nii gebracht hatte – dass ihr sonst so abgeklärter Gitarrist ein Stofftier brauchte, wenn er nicht mit seinem Freund in einem Bett schlafen konnte. Na gut, jetzt waren sie nicht mehr zusammen. Satoshi hoffte inständig, dass die beiden wieder zusammenkommen oder sich wenigstens aussprechen würden, wenn sie zurück in Japan waren. Auch wenn Nii sich vor ihnen mehr denn je zusammenriss, es war doch verdammt offensichtlich, dass er unter der Trennung litt. Als Shuu den Becher langsam hob und über Niis Gesicht platzierte, nahm er dem Gitarristen vorsichtig das Kuscheltier aus dem Arm und legte es beiseite. Er hatte Respekt vor Niis Gefühlen, wahnsinnigen Respekt, und auch wenn das hier nur ein dummes Spielzeug war, musste das ja nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn sie sich einen Spaß machten. Shuu beobachtete das ein wenig verwundert, aber er sagte nichts dazu, sondern ließ Taten sprechen und neigte den Becher ein wenig, sodass nur ein paar Tropfen auf Niis Gesicht perlten. Der verzog das Gesicht, und blinzelte leicht. Als er aber sah, was dort direkt über ihn gehalten wurde, war es schon zu spät, denn genau in dem Augenblick schüttete Shuu den Becher über ihm aus. Nii saß so schnell aufrecht im Bett, dass die anderen beiden sicherheitshalber einen Schritt zurücksprangen, bei dem bescheuerten Gesicht des Gitarristen konnten sie allerdings nicht mehr an sich halten und begangen lauthals zu lachen. „Maaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaan! Was soll denn das?“, begann Nii auch gleich zu jammern und wischte sich das Gesicht mit der Bettdecke trocken. „Habt ihr sie noch alle?“ Er sah sie böse an und Satoshi musste nur noch mehr lachen. „Du bist ja nicht anders wach zu kriegen!“, verteidigte sich Shuu, hatte dabei aber ein breites Grinsen auf den Lippen. „Jetzt steh auf und zieh dich an, wir wollen gleich los!“ „Los? Wohin?“, fragte der Gitarrist und warf einen gequälten Blick auf die Uhr. Für ihn war es eindeutig noch viel zu früh. „In den Park… wie heißt der noch gleich?“ „Movie Park.“, sagte Shuu langsam. „Und du steh jetzt auf, wir wollen los.“ „Ohne Frühstück?“, jammerte der Langhaarige gleich weiter und fing sich so nur einen Klaps auf den Hinterkopf ein. „Steh halt früher auf, dann kannst du auch frühstücken.“, sagte Shuu streng, grinste aber im nächsten Augenblick schon wieder. „Wir warten unten. Fünf Minuten hast du, wenn du dann nicht unten bist, schicken wir Ryo hoch, damit der auf deinem Bett ein bisschen Trampolin springt.“ Diese Androhung verfehlte ihre Wirkung nicht; Nii stand sofort auf. Und die anderen beiden ließen ihn erst mal allein und gingen schon mal runter. Ryo wartete vor dem Hotel auf sie. Er drückte gerade seine Zigarette aus. „Na, habt ihr ihn wach bekommen?“ Shuu nickte. „Er ist gleich unten.“ „Okay. Das Taxi kommt auch gleich.“, sagte der kleine Drummer. „Ich hab uns eins rufen lassen.“ „Rufen lassen?“, hakte Satoshi nach und grinste breit. Ryo nickte nur. „Ja klar. Wer weiß, ob die hier englisch sprechen…“ Er zuckte mit den Schultern. „Müsste gleich da sein.“ Satoshi grinste nur. „Welch ein Luxus heute!“ Ryo lachte leicht „Warum Luxus? Nur, weil wir nicht mit ‘nem Linienbus fahren? Ganz ehrlich, auf so ein Chaos kann ich ganz gut verzichten. Außerdem sind wir ja schnell da. Guckt, da kommt schon das Taxi.“ Und tatsächlich, um die Ecke kam ein Taxi gebogen und hielt genau vor ihnen an. Kurz darauf kam auch Nii dazu. Sie stiegen alle ein und los ging die Fahrt. Nach etwa einer halben Stunde kam der gelbe Wagen zum Stehen und sie alle klebten förmlich an den Scheiben, um sich den Eingang des Parks anzusehen. Allein das war schon sehr beeindruckend. Ryo saß direkt hinter dem Taxifahrer und konnte am wenigsten sehen, daher warf er sich ganz galant über die anderen beiden, die unter der plötzlichen Last aufstöhnten, und drückte seine Nase an der Fensterscheibe platt, wie ein kleines Kind. So benahm er sich auch, denn nur einen Augenblick später sprang er aus dem Wagen und rannte auf den Eingang zu. Satoshi und Shuu, die eben noch unter dem kleinen Drummer verschüttet gewesen waren, grinsten sich an. „Hoffentlich läuft er uns nicht weg!“, sagte der Bassist und lachte sich einen. Satoshi öffnete die Tür, um auch auszusteigen. „Ich geh lieber auf ihn aufpassen.“ „Warte mal…“, begann Shuu, doch da war der Sänger schon ausgestiegen und Ryo hinterher gegangen. Er warf einen Blick nach vorne zu Nii, aber auch der war gerade am Aussteigen. „Und wer bezahlt den Spaß hier jetzt?“, fragte er laut. Nii drehte sich tatsächlich nochmal um und lugte kurz in den Wagen. Sein breites Grinsen verhieß nichts Gutes. „Hast du was gesagt?“ „Ja, das ha-„ „Ich kann dich nicht hööööööööööören! Lalalalalalalala!“ Und schon war auch die Tür zugeschlagen und Shuu allein mit dem Fahrer. Er grummelte vor sich hin und als der Fahrer ihm den Preis sagte, wurde seine Laune auch nicht unbedingt besser. Aber er gab dem Mann sein Geld und stieg dann auch aus, um den anderen hinterherzugehen. Manchmal waren die echt wie Kinder. Und er war der Papa, der sich um alles kümmern durfte. Er fand die drei vor dem Eingang wartend, sie alle waren sichtlich gut drauf, aber Ryo war wirklich bester Laune. Das war beinahe schon unnormal. „Was ziehst du denn für ein Gesicht?“, fragte der Kleinste von ihnen und piekte ihm in die Wange. Shuu seufzte genervt und wollte gerade etwas sagen, da schnitt Nii ihm wieder das Wort ab und drängelte, dass sie endlich reingehen sollten. Shuu ließ den Kopf hängen. Er sagte lieber gar nichts mehr, würde ja eh nichts bringen, also ersparte er sich das komplett und stellte sich mit seinen Kindern an der Kasse an. Sie mussten nicht lange warten, bis sie an der Reihe waren – die Tickets durfte er natürlich auch bezahlen, wenn auch mit dem Versprechen der Anderen, dass sie ihm das Geld irgendwann wieder geben würden, aber er wusste jetzt schon, dass er diese Euros nie wieder sehen würde – aber Ryo war so aufgedreht, dass er dafür sorgte, dass allen diese zehn Minuten vorkamen wie mindestens zwei Stunden. Als sie dann endlich in dem Park waren, mussten sie Ryo festhalten, damit er ihnen nicht einfach davon lief. Er wollte natürlich in alle Fahrgeschäfte, wirklich alle. Und er war jemand, der sowas nie allein machte, oder nur ungern, also würde mindestens einer von ihnen immer mitfahren müssen. Solange ihn niemand zwang, in eine Loopingbahn mitzukommen, war aber alles in Ordnung. Allein bei dem Gedanken an diese Dinger wurde ihm schon schlecht. Sie entschieden für eine der Themenwelten und los ging der Spaß. Ryo schleifte sie wirklich in jede Achterbahn und anfangs nahm er sie auch wirklich alle drei mit. Shuu aber setzte irgendwann aus. Viel lieber wollte er sich die Stuntshow ansehen, aber bis sie da waren, war der Tag bestimmt schon rum. Wenn er Glück hatte, schafften sie es ja vielleicht doch noch. Erst mal aber musste Ryo sich austoben. Irgendwann kamen sie an eine Bahn mit wirklich angsteinflößenden Loopings, und Shuu hielt rein provisorisch schon zum Eingang zu diesem Ungetüm von einer Achterbahn einen Sicherheitsabstand von 20 Metern. Nach einigen Minuten voller verschiedenster Versuche, ihn dazu zu bewegen, doch mitzufahren, gab Ryo auf und schleifte Satoshi und Nii mit sich. Während die drei sich also in Lebensgefahr begaben, blieb Shuu unten stehen und sah sich ein wenig um. Zusehen, wie die drei starben, wollte er nicht, also stand er mit dem Rücken zu dem Gefährt und beobachtete die Leute um sich herum. Er genoss die Ruhe – nur leider war die viel zu schnell wieder vorbei. Nach einer knappen Viertelstunde tauchten die drei schon wieder auf und sie gingen weiter. Zum Glück kamen sie dabei an einem Imbissstand vorbei und Shuu kam spontan eine Idee. Abrupt blieb er stehen, sodass Nii, der hinter ihm gegangen war, beinahe in ihn rein rannte. „Alles klar bei dir?“, fragte der Gitarrist und betrachtete den Anderen von der Seite. Dann sah er, wo Shuu hinsah und sofort wurde sein Gesichtsausdruck ganz anders. „ESSEEEEEEEEEEN!!!“, rief er und stürzte sich direkt auf die Pommesbude. Sie sahen ihm hinterher und Satoshi lachte sich einen. Das war mal wieder so typisch für Nii. Shuu seufzte. „Ich glaub, ich bleib hier und pass auf, dass er sich nicht überfrisst, sonst können wir den Rest des Tages vergessen.“ Wie auf Kommando zog Ryo einen Schmollmund sondergleichen und begann an Shuus Arm herumzuzuppeln. „Aber… aber.. aber…“ Shuu sah ihn an und pattete ihm den Kopf. „Satoshi ist doch auch noch da.“ Ryo sah kurz zu dem Sänger, dann ließ er Shuu los. „Kommst du mit?“, fragte er ganz lieb und unschuldig, und sah ihn mit einem solchen Dackelblick an, dass Satoshi kurz der Atem wegblieb. Um das zu überspielen, lachte er leicht und hoffte inständig, dass das eben nicht aufgefallen war. „Ja klar. Einer muss doch aufpassen, dass du nicht ersäufst.“ Ryo streckte ihm die Zunge raus, packte ihn aber im nächsten Augenblick am Handgelenk und steuerte mit ihm die Wildwasserbahn an. Shuu und Nii waren in dem Augenblick schon wieder vergessen und darüber war der Bassist auch ganz froh. Manchmal konnte Ryo echt anstrengend sein. Und wenn Satoshi einen guten Tag hatte, und sich von ihm mitreißen ließ, waren sie beide extrem anstrengend. Einer ging immer noch, aber meistens waren sie ja alle auf einem Haufen, sodass er gleich zwei solche Nervensägen aushalten musste. Da tat eine Auszeit ab und an ganz gut. Während er sich zu Nii gesellte und sich erst mal einen Kaffee genehmigte, stand Ryo schon mit ihrem Sänger in der Schlange für die Wildwasserbahn. Jetzt, wo sie allein waren, war Ryo auch ein wenig ruhiger. Das war gar nicht gut, denn so musste Satoshi unwillkürlich wieder an die letzte Nacht denken – wohlgemerkt zum ersten Mal, seit sie unterwegs waren. Ryo hatte sie alle ganz gut auf Trab gehalten, aber da er jetzt so still war… Satoshi seufzte innerlich. Er versuchte, nicht daran zu denken, was da gewesen war, aber das misslang ihm kläglich. Das war ja auch kein Wunder, immerhin war es das erste Mal gewesen, dass ein anderer Mann gewollt hatte, dass er ihn so berührte. Es war das erste Mal gewesen, dass er daran gedacht hatte, so etwas zu tun. Und das erste Mal, dass er es auch beinahe getan hätte. Das alles verwirrte ihn ziemlich, vor allem, da Ryo vorher nie so offensiv gewesen war. Zwar war ihm wohl aufgefallen, dass er Kleinere öfter bei ihm war, als bei den anderen, aber das hatte ja nicht zwingend etwas zu heißen. Er mochte Ryo, er hatte ihn gern bei sich. Aber ob er ihn so sehr mochte, dass er ihn gerne auf diese Art und Weise bei sich hatte, wusste er beim besten Willen nicht. „Satoshi, schläfst du?“, riss der Drummer ihn aus seinen Gedanken. Er stand vor ihm und sah ihn neugierig an. Nachdem er ihn kurz gemustert hatte, grinste er leicht und zog ihn weiter mit sich. „Wir sind gleich dran.“ Kurz blickte Satoshi sich nach hinten um und erstaunlicherweise waren sie plötzlich ganz vorne in der Warteschlange. Da war er aber wirklich tief in Gedanken versunken gewesen. Ein paar Minuten mussten sie noch warten, dann hielt ein Wagen direkt vor ihnen und sie traten vor das Holzungetüm. „Wenn du keine Lust hierauf hast, hättest du das ruhig sagen können.“, sagte Ryo leise und Satoshi sah ihn verwirrt an. Er bekam gar nichts heraus, aber wahrscheinlich wollte Ryo darauf auch gar keine Antwort haben, sonst wäre er jetzt nicht auf der Stelle in den Wagen geklettert und hätte ihn nicht einmal mehr angesehen. Satoshi seufzte. Er kletterte ihm hinterher und setzte sich neben ihn, dann machte er die Gurte fest und sah zu Ryo. „Wenn ich keine Lust hätte, hätte ich es schon gesagt, okay?“ Der Drummer sah zu ihm und nickte nach kurzem Zögern. „Und jetzt zieh nicht so ein Gesicht, immerhin sind wir hier, um Spaß zu haben.“ Satoshi wuschelte ihm durch die Haare und Ryo schlug seine Hand weg, lachte aber. Die Sicherungen wurden herunter gelassen und dann ging ihre Fahrt auch schon los. Sie waren sehr langsam unterwegs und rollten nur eine geringe Steigung hinauf. Satoshi blickte sich um. „Und die soll so toll sein?“, fragte er und hob seine Brauen in die Höhe. Ryo lachte nur. „Wart’s ab!“ Verwirrt sah Satoshi ihn an, zuckte dann aber mit den Schultern. Wenige Meter später wusste er aber, was Ryo gemeint hatte. Ihr Wagen war mittlerweile ziemlich hoch und blieb am höchsten Punkt der Bahn stehen, aber nicht etwa, damit sie die schöne Aussicht genießen konnten, sondern damit sie sahen, wie tief sie gleich runter rasen würden. Satoshi schluckte. „Scheiße, ist das-“ Weiter kam er gar nicht, denn plötzlich ruckte ihr Wagen und schon waren sie auf dem Weg nach unten. Sofort hielt er sich fest. Eine Hand schnelle zu dem Bügel vor ihm und die andere griff wie aus Reflex nach Ryos Arm, doch der hatte seine Arme in die Höhe gerissen und sichtlich Spaß an dem ganzen Nervenkitzel, also musste kurzerhand Ryos Bein herhalten. So plötzlich, wie es runter gegangen war, so plötzlich kamen sie auch wieder auf eine lange Gerade. Sie waren ziemlich nass gespritzt, aber Satoshi bezweifelte, dass das schon alles gewesen war, also ließ er seine Hände einfach da, wo sie waren. Und schon kam auch die nächste Steigung und die war noch um einiges höher als die eben. Schon jetzt wurde Satoshis Griff fester. Ryo legte kurzerhand seine Hand auf die von Satoshi, sah ihn aber nicht an, als der Sänger den Blick zu ihm wandte. Das hätte Satoshi vielleicht auch sein lassen und sich mehr auf die Bahn vor ihnen konzentrieren sollen, denn es ging so plötzlich runter, dass ihm fast das Herz in die Hose rutschte. Es war wie im freien Fall und das war irgendwie nicht so sein Ding. Irgendwie kamen sie dann aber doch unbeschadet nach unten, zumindest hatten sie keine körperlichen Gebrechen davon getragen. Der Nachteil war nur, dass sie jetzt beide klitschnass waren. Als ihr Wagen wieder zum Stehen kam, ließ Ryo seine Hand los und stieg sofort aus. Satoshi sah ihm kurz hinterher, und tat es ihm dann gleich, ging mit ihm etwas zur Seite, wo er sich sein T-Shirt auswringte, so gut es ging. Ausziehen wollte er sich hier in aller Öffentlichkeit nun nicht unbedingt, also musste das fürs Erste reichen. Als er wieder aufsah, sah Ryo ihn strahlend an. Er stand da, als wäre es ihm vollkommen egal, dass er nass bis auf die Knochen war, als wäre er gerade einfach nur glücklich. „Du bist nass.“, sagte Satoshi und Ryo lachte leicht. „Ach was! Ist wohl normal, wenn man aus ‘ner Wasserbahn kommt. Aber war toll, ne?“ Satoshi biss sich auf die Unterlippe. „Ja, schon… aber nochmal brauch ich das nicht.“ „Awww!“ Ryo zog wieder seinen Schmollmund. „Warum nicht? Nicht mal, wenn ich ganz lieb frag, ob du nochmal mitkommst?“ Er sah den Drummer prüfend an und seufzte, ehe er den Kopf schüttelte. „Nimm mich mit, wohin du willst, aber nicht nochmal da rein. Fürs Erste bin ich nass genug.“ Ryo grinste. „Gut, dann komm mit!“ Und schon hatte er Satoshi an die Hand genommen und zog ihn mit sich. „Du weißt schon, dass Shuu und Nii da hinten sind und auf uns warten?“ Ryo nickte knapp. „Ja, das weiß ich. Da gehen wir ja auch gleich hin, aber erst…“ Weiter sprach er nicht. Stattdessen zog er eine Tür auf und zog Satoshi mit hinein. Dann schloss er ab. Satoshi sah sich irritiert um und als er erkannte, wo sie waren, runzelte er verwirrt die Stirn. „Was… was willst du aufm Klo?“, fragte er leise und sah wieder zu Ryo, musste da aber hart schlucken. Der Jüngere zog sich gerade seine Klamotten aus und stand plötzlich nur noch in einer engen, vor Nässe an seinem Körper klebenden Shorts vor ihm. Total entgeistert sah Satoshi ihn an, während Ryo begann, seine Klamotten über einem Waschbecken auszuwringen. Erst als er damit fertig war, bemerkte er, dass Satoshi sich noch kein Stück gerührt hatte. Er grinste. „Was denn? Willst du etwa so weiter durch den Park laufen? Du tropfst. Sollten uns Fans entdecken, können wir nicht mal weglaufen und uns verstecken, weil deine Wasserspur uns verraten würde.“ Er lachte und Satoshi grinste jetzt auch leicht. Er hoffte, dass man ihm nicht ansah, dass ihm gerade alles andere als nach grinsen zumute war. Er zögerte, zog sich dann aber auch aus und wrang seine Sachen aus, zog sie dann ganz schnell wieder an. „Wir hätten Wechselklamotten mitnehmen sollen.“, stellte er trocken fest und sah an sich herunter. Mit dem Shirt ging das so ja, aber seine Hose klebte unangenehm an seinen Beinen. So wollte er eigentlich nicht den ganzen Tag rumlaufen. Zumindest war es draußen sonnig, da blieb ihm die Hoffnung, dass er wenigstens nicht frieren musste. Auch Ryo hatte sich mittlerweile wieder angezogen und sah ihn an, zuckte dann mit den Schultern. „Für die Erkenntnis ist es ein bisschen spät, oder?“ Sie sahen sich an und schwiegen einen Moment, dann seufzte Ryo. „Geh raus.“ Satoshi sah ihn ein wenig verwirrt an. „Willst du nicht mitkommen?“ „Doch.“ „Und warum soll ich dann rausgehen?“ „Wo sind wir denn hier, du Schlaumeier? Vielleicht, weil ich mal auf Klo muss?“ Er lachte und auch Satoshi musste lachen. „Oh.“, sagte er noch und ging dann mal raus, damit Ryo tun konnte, was er tun musste. Draußen musste er nicht lange warten, dann kam Ryo wieder zu ihm und lächelte. „So, wir können dann wieder zurück. So langsam krieg ich auch Hunger.“ Also gingen sie wieder zu den anderen beiden und Satoshi konnte deren Grinsen schon von Weitem sehen. Bei Nii war das nicht sehr appetitlich, weil er nebenbei weiter aß. Satoshi fragte sich, wie viel der Gitarrist wohl schon in sich rein gestopft hatte, denn er war ja sowieso ein Vielfraß und heute hatte er noch nichts gegessen. Da war bestimmt schon einiges zusammengekommen. „Wie seht ihr denn aus!“, rief er, als die beiden vor ihnen standen, und begann laut zu lachen, worin Shuu nur zu gerne einstimmte. Satoshi zuckte mit den Schultern. „Nass, oder?“, sagte er und ließ den Blick zu der Pommesbude wandern. „Ich geh uns was holen.“, sagte Ryo und schon war er verschwunden. Satoshi sah ihm kurz hinterher, dann richtete er seinen Blick wieder auf Nii, der immer noch am Lachen war. Einen Moment überlegte er, ob er es wirklich tun sollte, aber dann nahm er sich kurzerhand den Teller mit Pommes, den der Gitarrist vor sich hatte, und setzte sich damit hin, begann auch gleich zu essen. „HEY!“, beschwerte der andere sich lautstark, als er merkte, dass ihm soeben sein Essen geklaut worden war. „Bist du verrückt? Ich bin fast am Verhungern und dann wird mir hier auch noch mein leckeres Essen geklaut!“ Und schon holte er sich den Teller zurück und wandte sich leicht von den anderen beiden ab, damit auch ja keiner mehr an seine Pommes kam. Satoshi begann laut zu lachen bei diesem Anblick. Shuu beobachtete diese Szene grinsend, und Nii sagte gar nichts mehr, sondern aß an seinen Pommes weiter. Nur wenig später kam auch Ryo wieder zurück. Nii verengte die Augen gleich zu Schlitzen, als der Drummer sich näherte, und drehte sich noch weiter weg. Ryo stellte das Essen ab und setzte sich hin, sah dabei Nii verwundert an. „Was ist denn mit dem?“, fragte er. Satoshi grinste breit. „Ich hab ihm ’ne Pommes geklaut.“ Prompt grinste auch Ryo. „Nii, du kannst dich ruhig wieder umdrehen. Ich hab doch grade Essen geholt, da wird dir schon keiner was wegnehmen.“ Nii murrte leise und beäugte die beiden, drehte sich dann aber tatsächlich wieder um und stellte seinen Pommesteller ab, und einen Schluck aus seiner Cola zu nehmen. Den Augenblick der Unachtsamkeit nutzte Ryo gekonnt aus und schnappte dem Gitarristen eine Pommes direkt vor seinen Augen weg. Bei Niis entsetztem Gesichtsausdruck, brachen die anderen drei in schallendes Gelächter aus und das wurde nicht weniger, als der Gitarrist sich – mitsamt Pommes – beleidigt an einen anderen Tisch setzte. Nii war doch immer für eine Lachnummer gut. _________________ Ach du scheiße! O____O Das ist ja mal viel geworden. Viel mehr als erwartet. Haha gut, dass ich den Teil mit dem Bespaßungspark erst jetzt geschrieben habe und nicht schon vor ein paar Tagen, wie den Rest. Da wäre das um einiges kürzer geworden XD Ich muss hier mal etwas mehr sagen: Erstmal danke, dass ihr so fleißig lest und Kommis schreibt. Das ist immer sehr aufbauend =) Freut mich auch, dass einige von euch das tatsächlich witzig finden XD Soooo, und dann noch: Ich war leider noch nie im MoviePark, also hab ich absolut keine Ahnung, wie's da aussieht und so. Sollte einer von euch es besser wissen.. ich hoffe ihr verzeiht mir meine Unwissenheit! XD Hat's euch denn gefallen? =3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)