The past is passed... von abgemeldet (Jin) ================================================================================ Kapitel 1: Jin -------------- Aggy und Leda saßen in ihrem nun gemeinsamen Wohnzimmer eng aneinander gekuschelt. Es war eine schöne Stimmung. Ruhig. Sonst war es eigentlich kaum ruhig, da Aggy nicht viel still sitzen konnte. Lächelnd strich jetzt aber der Bassist sanft über Ledas Wange. Dieser schaute ihm in die Augen und musste auch lächeln. Sie waren noch nicht lange ein Paar, dennoch fühlte sich der Blonde sehr geborgen bei Aggy. Leider, hatte dieser ihm noch nicht gesagt, dass er ihn liebte. Vielleicht kam es ja heute. Irgendwie wurde Leda nervös bei dem Gedanken. „Leda...“ „Hm?“, gab er nur leise von sich. „Ich liebe dich...“, hauchte der Ältere sanft. Leda lächelte glücklich und küsste ihn kurz. „Ich liebe dich auch...“ Doch in diesem Augenblick bemerkte er schon, dass Aggy weinte. Schnell strich er die Tränen weg, wollte sie nicht sehen, wollte Aggy lieber rumblödeln sehen. Der Bassist weinte nur sehr selten, das wusste er. „Was ist denn los, Aggy?!“ Seine Stimme wurde heller durch die Panik, die ihn beschlich, doch Aggy musste sich erst mal beruhigen, bevor er ein Wort herausbringen konnte. „I...Ich...ich glaub, ich muss dir einiges eklären, Leda...“ Er musste sich weiterhin überwinden um die richtigen Worte zu finden. „Es hatte seine Gründe, warum ich dir nie viel von mir preisgegeben habe... Warum ich nicht gleich sagen konnte wie sehr ich dich doch eigentlich liebe...“ Er schwieg wieder. „Ich will dir meine Geschichte anvertrauen...weil ich weiss, dass du es nie ausnutzen wirst...zumindestens hoffe ich dies.“ „Du kannst mir vertrauen, Aggy!“ Der Schwarzhaarige lächelte sanft. „Gut...Ich will dir auch vertrauen.“ „Ich habe nie in so einer reichen Gegend gewohnt wie jetzt. Du kennst ja inzwischen den Ort, an dem ich groß geworden bin... Meine Eltern konnten sich kaum etwas leisten außer Streit. Mein Vater war zwar aggressiv, doch er hat mich niemals geschlagen, weshalb ich mir oft gewünscht hätte, dass er mich mitgenommen hätte... Eines Tages war er einfach verschwunden. Ich war damals 5 Jahre alt und fragte meine Mutter, wo denn mein >Papa< war. Sie hatte mich in ihrem Zustand nur angeschrien und die leere Weinflasche, die auf dem Tisch gestanden hat, nach mir geworfen. Ich bin einfach fortgerannt von meiner Mutter, von der Frau die mich geboren und gesäugt hatte und die eine Flasche nach mir geworfen hatte. Ab diesem Tag hat der Alkohol mein Leben bestimmt, wenn meine Mutter nicht betrunken bei uns im Wohnzimmer saß, hat sie ihren Rausch im Schlafzimmer ausgeschlafen. Ich musste mich selbst um meine Schule kümmern. Natürlich habe ich sie schleifen lassen, weil keine Eltern da waren, die mich angeschrien hätten, wenn ich schon in der Grundschule mit Sechsen nach Hause gekommen war. Für meine Mutter galt nur der Alk und die Männer, die oft vorbeikamen. Ich hörte das Stöhnen durch die ganze Wohnung. Wenn die Männer gingen, gaben sie meiner Mutter Geld und Küsschen. Damals verstand ich noch nicht. Heute weiss ich, dass meine Mutter ihren Körper verkaufte, um den Alkohol bezahlen zu können. Damals wusste ich nur, dass es gefährliche Männer waren. Ich habe mich immer vor den Männern versteckt, weil ich sie unheimlich fand und weil ich Angst hatte, meine Mutter würde mich wie so oft verprügeln, wenn ich ihr in die Geschäfte funkte. So verbrachte ich mein Leben in ständiger Angst, bis ich 14 wurde und mich in ein Leben stürzte, was wohl fast schon krankhaft war. Ich lernte meinen besten Freund kennen. Jin. Seinen richtigen Namen habe ich nie erfahren. Er war ein Partygänger, hatte immer was zu saufen, was zum Kiffen, zum Ziehen. Halt alles, was sich Jugendliche in einem Ghetto wünschen, aber nicht nur das machte ihn für mich zu so einem wunderbaren Freund. In den wenigen Momenten der Klarheit konnten wir einander alles anvertrauen. Von ihm bekam ich auch meinen ersten Künstlernamen, Ryo. Er war der Einzige, der mich Ryo-chan nennen durfte. Ich habe mich wohlgefühlt bei ihm, bis zu dem Tag an dem er sich fast zu viel gefixt hat. Danach wurde er in eine Klinik gebracht. Entziehungskur. Und ich war wieder alleine. Jin konnte nicht auf mich aufpassen, so wie er das vorher getan hatte. Dadurch lernte ich Meiyo kennen. Meiyo war ein muskulöser Kerl, viel tättowiert und er hatte Stoff. Guten Stoff. Ich vertraute ihm. Ich vertraute ihm so sehr, dass ich nicht merkte, dass er mich vom Koks abhängig machte. Bald hatte ich kein Geld mehr für die Droge und er fing an mich zu schlagen, dennoch blieb ich bei ihm. Heute kann ich sagen, dass ich ihn liebte. Ich liebte ihn so sehr, dass ich ihn hatte alles tun lassen. Ich habe sogar zugelassen, dass er meinen Körper verkaufte. So konnte ich meine Rechnungen bezahlen. So konnte ich bei ihm bleiben und so konnte ich auch wieder Stoff bekommen. Ich tat die selben Fehler wie meine Mutter, vergrub mich im Alk und in den Drogen. Niemand konnte mich zurückholen. Niemand außer ihm... Jin musste mich retten, sonst war ich verloren. Meiyo sagte, er liebte mich. Ich habe ihm geglaubt, habe die Augen verschlossen. Das er mit Anderen rummachte, sie fickte, ihnen die selben Versprechen machte wie mir, war irgendwie Nebensache, dennoch stritten wir uns, wenn ich wieder bei Bewusstsein war und er nach all diesen Schlampen roch, dennoch blieb ich bei ihm. Liebe macht eben auch dann blind, wenn sie auf so etwas aufgebaut ist. Doch meine Rettung kam. An diesem Tag hörte ich erst nur, dass sich Meiyo mit jemanden stritt. Ich dachte es sei eine seiner Schlampen, doch vernahm ich kurz danach eine Stimme, die mir so vertraut war, wie die eigene. Ich vergass, was Meiyo von Jin hielt, lief ihm sofort in die Arme. Ich war glücklich. Mein bester Freund war wieder da, doch nur kurz hielt die Freude an, denn Meiyo ging auf uns los. Er warf mir vor, ich würde ihm mit Jin fremdgehen. Ich, der ihm immer treu war, egal was er veranstaltete. Jin verteidigte mich, schob mich hinter sich. Ich spüre noch heute, wie beschützt ich mich in jeder Sekunde bei ihm gefühlt habe. Sie haben sich geprügelt und ich habe immer wieder geschrieen, sie sollen doch aufhören, doch sie hörten nicht auf, ehe Meiyo ohnmächtig am Boden lag. Ich war besorgt um ihn, doch Jin griff nach meinem Arm und zog mich weg von ihm. Stolpernd folgte ich ihm, sagte die ganze Zeit kein Wort. Jin brachte mich in eine Halle, in der mehrere Jungs waren. Sie alle waren in meinem Alter. Zu dem Zeitpunkt war ich gerade mal 17 Jahre alt. Ich hatte mehr gesehen und erlebt als die Meisten in meinem Alter. Ich fühlte mich nirgendwo sicher und ehrlich gesagt, misstraute ich sogar Jin, auch wenn er immer für dich da gewesen war, doch er hatte mich verlassen. Nach mehreren Tagen, es mussten schon zwei Wochen vergangen sein, erzählten sie mir ihre Geschichte. Einige hatten dasselbe erlebt, andere noch andere schlimmere Dinge, doch wir hatten alle eins gemeinsam. Wir wollten uns nicht mehr rumschubsen lassen! So gründeten wir eine Gang. Wir prügelten uns, soffen zusammen. Wir wurden eine Einheit und unser Anführer war Jin. In dieser Zeit blickte ich zu ihm auf. Er war mein Vorbild, mein Beschützer. Er war alles für mich und die übrigen Jungs. Ein Vater, eine Mutter, ein großer Bruder. Auf eine gewissen Art und Weise liebten wir ihn, nicht wie ich Meiyo geliebt hatte sondern irgendwie anders. Wir lösten einen Bandenkrieg aus, es gab Tote auf beiden Seiten. Wir hatten Waffen. Maschinengewehre. Keine Ahnung mehr, woher wir die hatten, aber wir hatten sie. Doch genau in dieser Zeit vertraute Jin mir etwas an. Er wollte aus den Slums raus. Er wollte berühmt werden. Ich dachte, er wollte ein berühmter Rapper werden, doch erstaunte er mich mit der Ansage, er wolle J-Rocker werden. Bassist einer Band. Er hatte schon ein Angebot, doch das hieß auch, er würde uns wieder verlassen. Ich schrie ihn an, dass er das nicht tuen konnte, dass er uns nicht alleine lassen konnte. Er lächelte nur und sagte dann: »Ich lasse euch doch nicht allein. Sie haben dich. Du sollst ihr neuer Anführer sein.« Aber ich schrie weiter, wollte es einfach nicht wahrhaben. Schließlich rannte ich davon, fort von ihm, dem ich mehr vertraute als jedem Anderen auf diesem Planeten. Mir war nicht klar, wohin ich rannte. Irgendwann stand ich vor meinem Geburtshaus. Das Haus, wo meine Mutter lebte, bevor sie vor 2 Jahren betrunken von der Treppe gefallen war und sich tötlich verletzt hatte. Es war irgendwie nur eins klar, der Einflussbereich unserer Bande war hier schon lange zu Ende, wenn mich eine Andere entdeckte, war ich tot, doch irgendwie machte mir das in diesem Moment nichts aus. Ich hörte schon ihre wahnwitzigen Schreie, hörte ihre Gewehre. Mit Tränen in den Augen sah ich sie kommen. Mein Leben war mir im diesem Moment egal. Jin wollte mich verlassen. Für eine Band, die er vermutlich kaum kannte. Bevor ich noch irgendwas mitbekam, hatten sie mich entdeckt, aber nicht nur sie. Ich wurde zur Seite geschubst, fiel auf den harten Asphalt. Einen Moment lang musste ich den Kopf klar kriegen, dann sah ich den Menschen, der mich wohl geschubst hatte, damit ich nicht in den Kugelhagel gerate. Jin... Im selben Moment packte er mich am Kragen und zog mich nach hinten, während er weiterhin auf die Menschen vor sich schoss. Schließlich konnten wir um eine Ecke, doch ich kam nicht dazu mich zu bedanken. Komischerweise hatte keine Kugel mich erwischt aber Jin. Jin war fast durchsiebt. Er saß an der Häuserwand gelehnt und lächelte leicht. Das er überhaupt noch bei Bewusstsein war, war verstörend genug. »Ryo...Ich glaub, das wird nichts mit dem Welterfolg.« Ich konnte ihm nicht widersprechen. Er würde sowieso noch an diesem Tag sterben. »Aber...du hast noch die Zeit dafür. Nimm meine Bass. Sie ist in unserer Halle... Lerne sie zu spielen. T-Tu mir den Gefallen und...komm hier raus. Geh zu der Band...und erkläre ihnen alles... Sie nehmen dich bestimmt auf...Ryo...es tut mir leid... Ich liebe dich, Nii-chan.« Seine letzten Worte drangen nur schwer durch mich hindurch, doch ich hörte die Gewehre und wusste, dass ich weg musste und ich rannte weg. Ich tat es nicht für mich. Mein Leben war mir selbst jetzt in diesem Moment gleichgültig, doch ich wollte Jins Traum erfüllen. Den Rest der Geschichte kennst du... Nun ja... So trat ich meiner ersten Band bei. Jins richtigen Namen habe ich nie erfahren. So konnte ich niemals zu seinem Grab.“ Aggy zeigte ein trauriges Lächeln, während Leda ihm die Tränen wegwischte. „Ich werde die Erinnerung an Meiyo mit Glücklicheren vertreiben.“, sagte der Gitarrist sanft. „Und ich bin mir ganz sicher, dass Jin Stolz auf dich ist. Du bist raus aus dem Ghetto, ein richtig guter Bassist und...hast seine Wünsche erfüllt.“ Der Schwarzhaarige lächelte etwas glücklicher. „Er hätte dich gern gehabt, Leda... Er hat immer gemeint, dass ich jemanden wie dich an meiner Seite brauche....“ Leda grinste nur zur Antwort und küsste Aggy auf die Wange. „Ich liebe dich auch!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)