Ray of light von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 4: Mystical ------------------- „Was?!“ Ich fasste nicht, was Felicia da gerade gesagt hatte. „Du hast mich schon verstanden“, meinte diese nur. Ja, ich hatte sie verstanden. Ich sollte am Wochenende zu meinem Cousin nach Neumünster. „Aber wieso?“, fragte ich. „Ich habe gehört, dass die dort ein ziemliches Vampir Problem haben. Du könntest ja mal nachgucken, ob ich mit meiner Vermutung richtig liege“, sagte Felicia. „Ich soll also bei meinem Cousin pennen und mitten in der Nacht auf den Friedhof gehen und Vampire jagen. Das fällt Onkel und Tante ja auch überhaupt nicht auf.“ Ich hatte an der ganzen Aktion so meine Zweifel. „Natürlich musst du nachts aus dem Fenster klettern. Das fällt denen nicht auf. Tante Sabine und Onkel Jens haben einen sehr festen Schlaf.“ „Und Eric?“, erinnerte ich sie an meinen Cousin. „Ihm wird auch nichts auffallen. Du wirst im Gästezimmer im Erdgeschoss schlafen. Sein Zimmer ist im ersten Stock.“ Ich gab mich geschlagen. „Wie komme ich hin?“, fragte ich. „Mit dem Zug. Du fährst am Freitag nach der Schule los und Onkel und Tante holen dich in Neumünster vom Bahnhof ab. Ich bringe dich mit dem Auto bis Braunschweig zum Bahnhof, damit du nicht umsteigen musst.“ Ich seufzte. Dann wurde mir etwas klar. „Dann kann ich am Freitag nicht mehr zur Musical-AG!“, rief ich erschreckt aus. „Dann musst du halt einmal drauf verzichten. Du hast als Jägerin bestimmte Pflichten, die du einhalten musst“, meinte Felicia nur. Ich konnte ihr auch schlecht erklären, dass ich hinmusste, weil das im Prinzip die einzige Möglichkeit ist Kai zu treffen. In den Pausen ist er meistens draußen, um eine zu rauchen. Und ich erwartete immer noch Kais Antwort. Letzten Freitag hatte ich all meinen Mut zusammen genommen und Kai meine Gefühle gestanden. Natürlich hatte er etwas Zeit zum Nachdenken gebraucht, die ich ihm auch gegeben hatte. Aber ich hatte gehofft am Freitag endlich eine Antwort zu bekommen. Niedergeschlagen ging ich in mein Zimmer. Und heute war schon Donnerstag. Ich holte meinen Koffer von meinem Schrank runter und fing an zu packen. *** „Hey Dad, muss ich am Samstag auf die Jagd?“, fragte ich Julius beiläufig am Freitag beim Mittagessen. Er guckte mich nur fragend an. „Eric gibt eine Party, weil seine Cousine kommt. Da wollte ich vielleicht hin“, erklärte ich schnell. Julius schien nachzudenken. „In letzter Zeit ist es ziemlich ruhig. Außerdem solltest du mehr mit deinen Freunden unternehmen. Du vernachlässigst sie viel zu oft.“ „Schicksal“, murmelte ich. „Kommen auch Mädchen?“, fragte Julius misstrauisch. „Nein Dad, dass ist eine Mönchsparty. Es sind nur Leute eingeladen, die ewige Keuschheit geschworen haben“, meinte ich sarkastisch. Julius lachte und gab sein okay, unter der Bedingung, dass es keine mystischen Todesfälle gibt. Ich dankte ihm und ging in mein Zimmer. *** „Hey Kai, können wir reden?“ Es war Freitag und ich hatte Kai abgefangen, bevor er eine rauchen gehen konnte. Er lächelte, wie immer. Es ist schwer ihn ohne ein Lächeln auf den Lippen zu sehen. „Klar“, meinte er und wir gingen aus dem Weg zu einer etwas ruhigeren Ecke. Ich blickte ihn fragend an. Sein Lächeln war kleiner geworden. „Ähm also ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll...“ Ich schluckte. Ich wusste was jetzt kommt. „Ehrlich und direkt“, forderte ich ihn auf. Er schaute mir direkt in die Augen. „Also... versteh mich bitte nicht falsch. Du bist mir total wichtig und so... und du bist wirklich eine super Freundin und ich möchte dich auf keinen Fall verlieren... aber da ist eben nicht mehr. Ich empfinde für dich nur Freundschaft.“ Ich sah in seinen Augen, dass er die Wahrheit sagte. Ich schluckte. Das war genau das, was ich befürchtet hatte. Ich konnte nicht antworten. Er lächelte mich hilflos an. „Ich hoffe das steht jetzt nicht zwischen uns“, sagte er. Ich schüttelte den kopf. „Gut“, murmelte er. Wir standen beide etwas hilflos da, bis es klingelte. Den Rest des Tages bekam ich nicht mehr richtig mit. Ich wurde mir erst wieder meiner Umwelt bewusst, als ich in Neumünster ankam. Ich nahm meinen Koffer, der eigentlich viel zu schwer für mich hätte sein müssen. Felicia hatte es sich nicht nehmen lassen mir alle möglichen Waffen mitzugeben. Ich besaß jetzt außer meiner üblichen Ausrüstung von zwei Pflöcken und einem Kruzifix noch weitere Pflöcke und Kruzifixe. Hinzu kamen Armbrüste, Schwerter und Dolche. Ich würde es zwar nicht alles mit auf Jagd nehmen, aber das brauchte Felicia ja nicht zu wissen. Außerdem war sie wie jede Mutter nicht aufzuhalten gewesen, als sie mir Berge an Wäsche eingepackt hatte. Doch dank meiner dämonischen Kräfte konnte ich den Koffer ohne größere Mühe heben. Am Bahnsteig sah ich mich etwas hilflos um, doch ich sah Tante Sabine, Onkel Jens und Eric bereits auf mich zu kommen. Ich hatte die drei das letzte mal bei meiner Konfirmation gesehen. Doch nur Eric war älter geworden. Er hat jetzt mehr Pickel und sah mehr denn je wie ein durchschnittlicher Junge von 16 Jahren aus. Was zwei Jahre bei einem Jungen alles ausmachen können. „Hallo Emma“, begrüßte mich Tante Sabine, als sie mich erreicht hatten, „du bist groß geworden.“ Ich lächelte etwas gequält. Ich hasste es, wenn man mir das sagte. Onkel Jens nahm mir meinen Koffer ab und wir gingen zum Auto. Als wir ankamen, sah ich, dass das ganze Haus für eine Party vorbereitet war. Die Möbel waren alle an die Seite gerückt. Die Regale waren leer geräumt und eine Bar war an der einen Seite des Wohnzimmers aufgebaut wurden. Direkt daneben stand eine überdimensionale Stereoanlage. „Was wollt ihr denn feiern?“, fragte ich Eric. „Na, deine Ankunft“, sagte er kopfschütteln, als wäre das eine Selbstverständlichkeit. Ich schluckte. Ich befand mich im Schockzustand, kannte weder die Stadt, noch die Leute, sollte hier Vampire jagen und wegen mir wurde eine Party gefeiert? Das war zu viel für mich. Ich musste mich setzen. Zum Glück stand ein Sessel in der Nähe. „Emma, ist dir nicht gut?“, fragte Eric besorgt. „Warum?“ „Was?“ Ich schluckte. „Warum feiert ihr eine Party wegen mir?“ „Ich weiß es nicht genau“, gab er zu, „Meine Mutter sagte nur ich solle eine planen. Ich weiß aber nicht warum.“ Ich seufzte. Das wurde ja immer besser. „Kann ich mal kurz telefonieren?“ Eric fing an zu grinsen. „Ich weiß nicht, ob du das kannst, aber du darfst natürlich.“ Ich lächelte gequält. Sollte das ein Witz gewesen sein? Weil wenn das die Art ist, wie die Leute in Neumünster Witze machen, dann war ich mit meinem ausgebildeten Sarkasmus und meinen ganzen ironischen Andeutungen hier falsch. Eric zeigte mir das Telefon und ich wählte Felicias Nummer. „Keyser?“, meldete sich Felicias. „Mama? Ich bin’s, Emma“ „Emma? Ist etwas passiert, sind Sabine und Jens besessen oder so etwas? Oder stimmt irgendetwas nicht mit Eric?“ „Nein, keine Sorge, denen geht es gut“ „Und dir, geht es dir auch gut?“ „Ja Mama. Ich habe ein anderes Problem. Die wollen hier heute eine Party feiern. Ich kann also nicht weg und...“, ich sah mich um, ob jemand lauschte, „und jagen“, fügte ich mit gesenkter Stimme hinzu. Felicias schwieg. Wahrscheinlich dachte sie nach. „Dann musst du gucken, ob du während der Party flüchten kannst, ob du nach der Party noch fit genug bist oder du gehst erst morgen Nacht, dann kann ich es auch nicht ändern.“ „Okay, ich hab dich lieb, Tschüss“, beendete ich das Gespräch. „Sei vorsichtig“, warnte mich Felicias noch, dann war das Gespräch zu Ende. „Ich habe deine Sachen ins Gästezimmer gebracht.“ Ich erschrak als ich eine tiefe Stimme hinter mir hörte. Ich drehte mich um. Hinter mir stand Onkel Jens. Ich entspannte mich. „Hab ich dich erschreckt?“, fragte er mit breitem Grinsen im Gesicht. Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Nein natürlich nicht“, log ich. Sein Grinsen wurde noch breiter. Ich verdrehte die Augen und ging ins Gästezimmer. Das Gästezimmer war eigentlich eine Abstellkammer, wo man mit Mühe ein Bett, eine Kommode und, damit es nicht zu kalt wurde, da es keine Heizung in dem Zimmer gab, einen kleinen elektrischen Heizofen, den man beim Zelten ins Zelt stellt, reingestopft hatte. Mehr als zwei Personen passten auf keinen Fall rein und die mussten schon ziemlich eng an beieinander stehen. Mein Koffer lag auf dem Bett. Ich nahm ihn runter und stellte ihn vor die Kommode. Es gab kein Fenster, deswegen schaltete ich das Deckenlicht an und legte mich auf das Bett. Ich wollte mich noch ein bisschen entspannen bevor die Gäste kamen. Ich war gerade in Bis(s) zum Morgengrauen vertieft, als es klopfte. Es war Eric. Ich legte mein Buch zur Seite und blickte ihn fragend an. „Die Gäste kommen gleich. Also wenn du dir noch etwas anderes anziehen möchtest... oder wenn du dich noch irgendwie fertig machen musst, solltest du dich besser beeilen“, sagte er. Ich nickte nur und Eric drehte sich um und ging. Ich hatte eigentlich wenig Lust auf die Party, aber wenn sie sich schon nicht vermeiden ließ. Ich hievte meinen Koffer aufs Bett und kramte nach meiner roten Jeans. Farbige Jeans waren diesen Sommer sehr angesagt gewesen und da ich sonst nur schwarze Hosen hatte, hatte ich mir diese gekauft gehabt. Ich zog sie mir an und suchte meinen roten Nietengürtel. Ich mochte Nietengürtel und hatte mir passend zu meiner roten Jeans den Gürtel gekauft gehabt. Das Band war rot und mit roten und schwarzen Nieten besetzt. Danach suchte ich mein schwarzes T-Shirt mit der Erdbeere, welches bequem und gleichzeitig gut zur Hose passte. Ich zog es an, holte meine Kulturtasche aus dem Koffer und ging ins Badezimmer, welches glücklicherweise direkt neben dem Gästezimmer lag. Ich tuschte mir die Wimpern, unterstrich meine Augen mit schwarzen Kajal, umrandete meine Lippen mit rotem Lipliner und füllte meine Lippen mit rotem Lippenstift aus. Ich besprühte meine Haare mit etwas Haarspray und zupfte sie zurecht. Jetzt hingen sie mir nicht mehr schlaff am Gesicht herunter, sondern hatten etwas Volumen. Ich betrachtete mein Spiegelbild und war mit mir zufrieden. Ich suchte meine Sachen zusammen und ging zurück ins Gästezimmer. Auf dem Weg dorthin sah ich, dass ein paar Gäste schon da waren. Ich verstaute meine Kulturtasche wieder im Koffer, stellte diesen beiseite. Versuchte möglichst unverkrampft zu lächeln und ging ins Wohnzimmer, von wo ich bereits laute Musik hörte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)