Pugna infinita von ShooterSheena (Der endlose Kampf der Fabelwesen) ================================================================================ Kapitel 4: Die erste Nacht -------------------------- Ein lautes Heulen zerriss die Stille und etwas kratzte heftig an der Hauswand. Ich schreckte sofort auf. Schweißperlen liefen mir die Stirn hinunter und mein Herz drohte zu zerspringen. Der abnehmende Mond stand hell leuchtend am Himmel. Ich hatte keine Ahnung was geschehen ist, setzte mich auf und sah genauer aus dem Fenster. Draußen tobte ein Sturm. Nein, ein Orkan. Es donnerte und blitzte wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte. Das erklärte dann zumindest schon mal die donnernden Geräusche. Aber was war das eben für ein Kratzen? Und dieses unglaublich verstörende Heulen? Ich schaute genauer hin und der Anblick der sich bot, war das Erschreckenste, was ich je zu Gesicht bekommen hatte. Eine schwarze Kreatur mit langen gefährlichen Krallen streckte sich in die Höhe. Direkt vor unserem Fenster. Es sah aus, wie eine Art Wolf. Ja, ein Werwolf. Ich starrte ihn angsterfüllt an. War das hier sein Revier? Gehörte diese alte Villa vielleicht diesem unglaublich schönen Wesen? Was, wenn wir seine Gefühle verletzt hatten, indem wir einfach hier eingezogen sind? Würde er sich jetzt rächen wollen? Ich merkte, wie dämlich sich meine Gedanken anhörten, doch dies war in diesem Moment egal. Ich hatte einfach nur Angst. Ich konnte nicht beschreiben, wovor ich genau Angst hatte, aber dieser Wolf war es nicht. Ganz bestimmt nicht. Ich drückte mich fest an die gefrorenen Scheiben, als der Werwolf mich plötzlich ansah. Er schaute mir tief in die Augen - sie waren leuchtend grün, wie Jade – und ich erkannte in ihnen tiefe Trauer und unerträglichen Schmerz. Ich war wie benommen und starrte das Wesen erschrocken an. Es starrte zurück, es bewegte sich nicht und doch schien es so, als würden seine grünen Augen versuchen, mir etwas zu sagen. Als würden sie mich bitten, ihm zu helfen, ihn zu retten vor seiner selbst. Es war ein Gefühl, welches ich nicht beschreiben konnte, es war eine Mischung aus purer Angst und Erschrockenheit, aber auch aus Verzweiflung und Mitleid. Wir starrten uns eine Ewigkeit an, so kam es mir jedenfalls vor, bis ich plötzlich den starken Drang verspürte, ihn berühren zu wollen. Ich wollte ihn anfassen, mich vergewissern, dass ich tatsächlich einem Werwolf gegenüber saß. Meine Hand bewegte sich langsam Richtung Fenstergriff, sie wollte das gefrorene Fenster öffnen und das Fabelwesen streicheln. Auf einmal zuckte es heftig zusammen, die Augen schlossen sich und der Kopf geleitete zu Boden. Es sah aus, als würde es sich vor mir verbeugen, mir zeigen, dass es Respekt vor mir hatte. Mein Herz begann zu rasen. Obwohl es irre kalt im Raum war, fror ich nicht, kein bisschen. Ganz im Gegenteil, der Werwolf gab mir ein Gefühl der Wärme, innerlich. Auf einmal schoben sich dicke Wolken vor den Halbmond und das leuchten, welches stets auf den Werwolf gerichtet war, erlosch. Der Wolf begann plötzlich zu knurren, er fletschte seine spitzen Zähne und aus seinen Jade grünen Augen funkelte unendlich tiefer Hass. Er fing wieder an zu heulen, doch dieses Mal war es ein anderes als zuvor. Blanker Hass spiegelte sich in ihm. Nach den endlosen Sekunden des Heulens, drehte er sich um und verschwand. Jedoch sahen seine Bewegungen hastig und schmerzverzerrt aus. Ich erschrak und nahm sofort meine Hände vom Fenster. Ich musste mich zusammenreißen, um einen Schreckensschrei zu unterdrücken, der mir bereits auf der Zunge lag. Ich hatte auf einmal totale Panik und wollte nur noch weg. Ich wich jäh von der Scheibe zurück, was bedeutete, dass ich mit einem lauten und dumpfen Schlag aus dem Bett fiel. Auf dem Boden blieb ich für eine Weile liegen, unfähig mich zu bewegen. Das, was ich eben gesehen hatte, lag über meiner Vorstellungskraft. Es war so grauenhaft, aber doch so wundervoll. Ein Werwolf, der versucht hatte, mir etwas zu sagen, der versuchte - so nahm ich es an - seiner Natur zu entfliehen. Plötzlich bewegte sich ein Schatten an der Wand gegenüber. Er bewegte sich schnell, es sah so aus, als würde sich jemand hinsetzen. Es war Lucy. Sie wachte schließlich auch auf und sah mit einem verwunderten Blick zu mir herüber. Sie war weder schweißgebadet noch erschrocken. Erst als mich neben dem Bett zusammengekauert und voller Angst entdeckte, wandelte sich ihr Gesichtsausdruck. „Was ist passiert? Warum liegst du auf dem Boden?“ Hatte sie es denn nicht mitgekriegt? Hat sie nicht dieses schreckliche Heulen und diesen Sturm vorher gehört? Hatte ich etwa bloß geträumt? Nein, das war unmöglich! So etwas könnte ich mir unmöglich nur ausgedacht haben! „Lupina?“ langsam wurde sie ungeduldig. „Sag mir, was ist passiert?“ Ich versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, ich atmete tief durch. „H…hast du das eben etwa nicht…gehört?“ fragte ich unsicher. „Was soll ich gehört haben? Das du aus dem Bett gefallen bist? Ja, das habe ich gehört.“ Hatte ich etwa wirklich nur geträumt? „Nein, das meine ich nicht.“ Ich überlegte. Wie sollte ich anfangen? Nicht, dass sie mich am Ende noch für verrückt erklärt. „Ich meine…diesen Sturm vorhin. Es hat heftig gewittert.“ Lucy sah mich verständnislos an und fragte: „Ein Gewitter? Nein, das habe ich nicht mitgekriegt. Was es sehr doll?“ Das Unwetter bekam sie ebenfalls nicht mit? Aber das muss sie doch gehört haben! So fest schläft nicht mal sie. Hoffentlich hatte es jemand anderes gehört, ich wollte mich vergewissern, dass ich nicht geträumt hatte. Unbedingt. Ich darf das einfach nicht geträumt haben! Ich wollte diesen wunderschönen Wolf noch einmal wieder sehen, um jeden Preis. Einige Stunden später ging die Sonne auf. Sie strahlte hell am Morgenhimmel und ich vergas für eine Weile das unglaubliche Geschen von heute Nacht. Es hielt leider nicht allzu lange an, weshalb ich während des Frühstücks wider anfing, daran zu denken, zu überlegen, ob es wirklich passiert sein konnte, oder letztendlich doch nur ein Traum war. Plötzlich fiel mir wieder der andere Traum ein. Der, den ich bis zur heutigen Nacht fast jedes Mal geträumt hatte. In diesem Traum rannte ich, ich rannte vor jemand oder etwas weg und dieses etwas, sah genauso aus, wie der Werwolf von heute Nacht. War das Zufall? Oder sollte es so sein? Ich dachte noch mal gründlich nach, wahrend ich von meinem Brötchen abbiss. Die Gestallten waren sich absolut ähnlich, es gab kein Zweifel, es waren dieselben. Mir kam die Idee, dass es vielleicht wirklich so sein sollte, denn immerhin sind wir hier in einem Wald, von dem es hieße, er soll ‚verflucht’ sein. Ich zweifelte immer an diesem Gerücht, doch seit letzter Nacht kam es mir mehr und mehr wirklicher vor. Ich bemerkte, wie langsam ich aß. Alle warteten nur auf mich und ich beeilte mich, mein Brötchen aufzuessen. „Lupina, du hast doch irgendwas. Sonst würdest du nicht so langsam essen.“ „Was sollte ich denn deiner Meinung nach haben?“ Ich war leicht gereizt, sie fragte mich das dauernd, wenn ich etwas, was ungewöhnlich für mich war, tat. Ich versuchte zu lächeln. Die Nacht war lang und ich hatte kaum geschlafen, völlig normal, dass ich einen merkwürdigen Traum hatte. Der Tag war noch lang und wir würden viel zu tun haben, da der Schnee endlich getaut war. Heute würden wir das Haus verlassen dürfen, um erste Untersuchungen im Wald durchführen zu können. Ich freute mich, denn ich konnte mich endlich vergewissern, ob ich mir das mit dem Traum weiterhin einreden müsste. Nach dem Frühstück, machte Herr Narheim noch einige Ansprachen, was den heutigen Tag betraf, bevor wir das Anwesen verließen. Mein Herz schlug wild, denn ich hatte die Chance, dieses wunderschöne Wesen wieder zusehen und dann würde ich ihm viele, viele Fragen stellen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)