mute kiss, unfulfilled longings von GeezKatsu (Es begann mit einem Mistelzweig... Puzzleshipping ~ Yami/Yugi) ================================================================================ Prolog: Es begann ... --------------------- Jedes Kind wünscht sich zu Weihnachten Spielzeug. Egal, ob aus der Werbung oder was einem in einen Schaufenster entgegen winkte. Man zieht die Eltern zu dem Geschäft oder zeigt auf den Fernseher. Andere wünschen sich nur eine riesige Tüte voll Süßigkeiten. Aber ich nicht. Bin ich deswegen anders als die anderen? Ich wünsche mir nur endlich mal an einem Ort bleiben zu können, ohne das ständige Koffer packen, ohne diesen Umzugsstress denn in meinen vergangenen Jahren war keine Weihnacht mit >stille Nacht< verbunden gewesen. Stell dir vor, du freust dich darauf, es war noch kein Anzeichen gekommen, das du wieder die Schule wechseln musstest. Du planst mit Freunden, was ihr alles in den Ferien anstellen werdet. Und dann... kommt der Tag, wo wieder der Vater in deinem Zimmer steht und einem mit einen Blick ansieht, der alles aussagt. Die Mutter noch im Türrahmen, als traue sie sich nicht, näher zu kommen, die Hände auf dem Herzen gepresst. Und dieser Ablauf wiederholt sich jedes Jahr... manchmal mehrmals und wenn man nicht aufpasst, dann vergisst man sogar sein Herz wieder in einen Karton zu verstauen um es mit zu nehmen. Das ist meine Vergangenheit und nichts hatte sich im Laufe der Zeit geändert. Die Blicke der Eltern waren immer gleich. Blass, voll mit Bedauern, Reue, aber keiner dieser Gefühle kann es rückgängig machen. Ich mache meinen Eltern ja auch nichts vor, sage ihnen direkt, wenn mich etwas stört, doch in meiner Familie wurde es zum Gesetz, diesen einen kleinen Schwachpunkt nie anzusprechen, Kritisieren war verboten und egal was geschehen mag, man hält zusammen. Ein vorbildliches Gesetz... aber ich habe schon so oft mit dem Gedanken gespielt, dieses zu brechen. Ich hatte es satt, neue Freunde finden zu müssen, damit man die Frist des Aufenthaltes nicht einsam verbringen muss. Ich hatte es satt, ihnen später zu erklären, warum man wieder umzieht, obwohl das Schuljahr noch nicht mal um war. Ich hatte es satt, nichts sagen zu dürfen... aber ich hielt mich an das Gesetz. Aber ich hörte auf, Freunde zu suchen und verbannte alles raus, ließ niemanden mehr hinein. Es ist einfacher Lebe wohl! zu sagen, wenn niemand zum Abschied erscheint. Wieder stand ich vor einem neuen Gebäude, wieder war mir alles fremd und wieder einmal war ich der Neuling, der angestarrt wurde, wie eine Ratte, von der man ein Kunststück erwartet, sie sich aber weigerte. Neue Gesichter, neue Klasse, neue Lehrer aber alter Lernstoff. Daher hatte ich nie Probleme in der Schule. In allen Fächern die man als Leistungskurs belegen konnte, war ich eingeschrieben, leistete sie mit Bravour und war innerhalb von Tagen einer der Besten im Jahrgang. Die Lehrer waren erfreut, der Direktor entzückt, die Klassenkameraden eifersüchtig und wieder war man automatisch abgeschrieben - der Plan ging doch echt jedes Mal auf. Wenn man zusätzlich noch so schauen würde, als interessierte man sich für niemanden, war das Schauspiel perfekt. In jeder Schule herrschte unbewusst die selbe Regel - wer Neu ist und auf Fragen nicht reagiert, wird mit Missachtung bestraft. Doch es gab da jemanden, der schien diese Regel nicht zu kennen. Joey Wheeler. Blondschopf, groß gewachsen und hatte ein unbeschwertes Gemüt - und war Stressbacke in Person. Schon am ersten Tag, als wäre er der Schulsprecher, kam er in der Pause auf mich zu, angeblich im Namen der Mitschüler um mich zu begrüßen. Und ich dachte immer, diese dämlichen Schullotsen aus den Filmen seien nur erfunden, doch der Typ lehrte mich etwas anderes, grinste mich freundlich an, hatte keine Angst vor Hautkontakt und schüttelte mir frecher Weise einfach die Hand, indem er sie sich einfach nahm. Ich wusste, das niemand ihn schickte, ich wusste auch, das einige ihn sogar davon abgeraten hatten, mich an zu sprechen. Aber ich wusste ab den Moment, das er auf Meinungen anderer keinen Wert legte und seine eigene schuf - einen Charakterzug, den ich bewunderte. Einen Charakterzug, der mich scheinbar etwas schwächte, denn ich lies es zu, das er mir Fragen stellte und ich Dummkopf antwortete auch noch darauf. Ab diesen Tag war er wie ein Welpe, leif mir hinterher, als ob er Leckerlies in meinen Taschen roch und in den unmöglichsten Situationen auftauchte. Einmal ging ich nur ahnungslos zur Toilette und kam mit einem Herzinfarkt wieder raus. Joey war aus der Kabine gestürmt, klopfte mir auf die Schulter und sprintete raus, doch der Schreck saß tief. Nach einigen Wochen, Versuche ihn abzuschütteln zeigten einfach keine Früchte, stellte er mich ungefragt seinen Freunden vor. Unter ihnen ein reicher Schnösel, genannt Seto, der kaum in der Schule auftauchte und mich mit einem Blick musterte, der seltsam war. Warum? Tea, ein Mädchen so mädchenhaft wie Mädchen es nur sein konnten, fing an zu lächeln als sie mich sah. Piepste etwas wie "nein, wie süß" oder so was in die Runde. Das war ich schon gewohnt. Frauen hatten an mir kein Interesse, immer nur auf freundschaftlicher Basis. Ich war zu klein für deren Geschmack, die Gesichtszüge zu feminin, die Augen zu groß, der Körperbau zu schmächtig. Viele übersahen mich, selbst als sie mich an rempelten drehten sie verwundert den Kopf und taten so, als seien sie gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen. Das machte mich eine Zeit lang echt verrückt, gerade weil ich nur einen bis zwei Köpfe kleiner war. Doch dieser Seto übersah mich nicht, sondern machte sich sogar die Mühe, den Kopf zu senken, um mir in die Augen schauen zu können. Undefinierbarer Blick. Zwar ein wenig abfällig, aber dennoch völlig nichtssagend. Komische Freunde hatte dieser Joey. Ich war bereits vier Monate auf dieser Schule und nichts hatte sich wie vorhergesagt nichts geändert. Die Situation wie in den anderen völlig identisch. Lehrer schauten mich mit Herzchen in den Augen an und die Mitschüler taten so, als seien sie nicht zufällig auf meine Schuhe getreten oder sich in der Warteschlange bei der Essensausgabe vorgedrängelt. Doch so wie ich war, blieb ich still, sagte nichts, lies alles mit sich machen und selbst James Steward könnte nicht besser Schauspielern als ich es in der Öffentlichkeit tue. Doch kaum setzte ich meinen Fuß in das Zimmer daheim und die Tür fällt ins Schloss, fällt die Maske hinab, zerbröckelt am Boden zu Staub und es ist unsagbar schwer sie bis zum nächsten Tag wieder zu reparieren. Ich will sie nicht mehr aufsetzten, doch ich muss, um mich selbst zu schützen, um es meinen Eltern nicht noch schwerer zu machen, als es sowie so schon ist. Nur manchmal kann ich die Mauer in der Schule nicht aufrecht erhalten, doch bisher hatte es niemand gesehen. Diese kleinen unkontrollierbaren Momente blieben unentdeckt und wieder war das ein Beweis dafür, dass selbst wenn ich wollte, sich niemand für eine Seele wie meine interessierte. Tage vergingen, Maske saß perfekt und Joey nervte penetrant weiter. "Gehst du auch zu dem Schulball?" Wütend rammte ich mein Knie gegen den Metallspind, der sich schon von Anfang an weigerte, mir zu gehorchen. Ich zog heftig am Zahlenschloss, erdolchte das Ding mit meinen Blicken, doch es war genauso stur wir ich. "Ich weiß nicht, was du meinst." Natürlich wusste ich, was dieser Junge meinte und auch worauf seine Frage hinaus lief, doch mit etwas Glück gab er nach etlichen Minuten der Unwissenheit wieder auf. Ich fügte dem Schrank eine weitere Delle in derer Sammlung hinzu, zerrte am Griff. Doch dabei immer bedacht, zu beschäftigt für etwas genaueres auszusehen. "Na den Ball, der in ein zwei Wochen ist." Ich konnte schon den fragenden Blick im Nacken spüren, doch wieder war ich zu beschäftigt um eine genauere Antwort zu geben. "Ach und zu welchem Zweck sollte ich da hingehen?" Meine Eltern nervten mich schon seit ich wusste, das dieser dämliche Ball stattfindet, dass ich hingehen muss. Sie sprachen es nie aus, doch ich wusste, das musste sein um deren heilige Welt aufrecht zu erhalten und den Schein zu waren,mir ginge es gut. Jedoch war ich zu feige, um den Mund auf zumachen. "Um dich zu amüsieren? Frag nicht so blöd, du weißt genau was ich meine." Dieser Typ war nie so dumm, wie er vielleicht aussehen mag, denn aus unerfindlichen Gründen wusste er fast immer, was in mir vorging. Ich hatte ihm nie auch nur eine Sekunde einen Blick unter meiner Maske geben lassen, doch es war als konnte der hellsehen. Das war zum Haare raufen! An dieser Schule war es Tradition, das es zu Weihnachten einen Ball gab, wenn die Schule unter den Top 10 Schulen in Japan geschafft hatte. Als Belohnung der Leistungen sozusagen da diese dafür ausschlaggebend waren. Jedoch war nur noch eine Räumlichkeit in der Stadt zu bekommen und das nur für einen Tag - am ersten Advent. Schon komisch einen Weihnachtsball einen Monat vorher zu errichten, aber mir sollte es egal sein. Ich gehe eh nur hin, lass mich kurz sehen, damit meine Eltern zufrieden sind und gehe gleich wieder, "Ich denk´ schon." Ich stemmte mein Fuß an der Seite ab, verlagerte mein Gewicht nach hinten und versuchte mit aller Kraft dieses Scheißteil zu bewegen, doch es rührte sich nicht mal einen Millimeter. Doch Joey war genauso zäh. "Hast du denn schon eine Begleitung?" In diesen Moment drehte ich meinen Kopf zu ihm, starrte ihn entgeistert an, bemerkte dadurch nicht, wie die Spindtür langsam nach gab und sich mit einem Ruck öffnete. Mit meinem Hintern landete ich unsanft auf dem Boden. Der hatte Nerven mich so etwas zu fragen. "Ich brauche keine!" Joey reichte mir seine Hand, die ich an nahm und er zog mich wieder auf die Beine. "Klar und ich habe auch schon eine Passende für dich!" Wenn ich gedacht hatte, das die Frage allein schon ein Schock sei, wurde ich in den Moment zu etwas besseren belehrt. "Du kannst Tea fragen. Sie würde sich echt freuen." Am liebsten hätte ich da nein gesagt, aber Joey ließ sich nicht umstimmen, drängte sie mir schon förmlich auf und als wir uns in der Pause trafen, verkündete er auch noch ihr persönlich, ich hätte zugestimmt. Das ich jedoch gar nichts auf seine Frage erwidert hatte, schien ihm nicht mal zu stören. Aber so war er nun mal, stürmisch, direkt und auch wenn ich wusste, er meinte es nur gut, hätte ich ihn am liebsten erwürgt. In den nächsten zwei Wochen suchte ich eine passende Ausrede um meine "Begleitung" absagen zu können. Tea schien mich wirklich zu mögen, trotz meines weniger männlichen Auftretens, doch ich würde sie nur verletzten. Wie konnte ich auch ihr geheuchelte Freude vorspielen, wenn ich eh wieder bald umziehen musste? Mein Vater war beim Militär und musste die Kasernen in regelmäßigen Abständen wechseln. Mir als sein Sohn blieb nichts anderes übrig als mit zu gehen und meine Mutter... war eine gute Ehefrau. Sie sagte nichts, unterstützte ihn wo es ging und versuchte es mir leichter zu machen. Ich war ab Januar volljährig und könnte mich ab da wehren, doch warum sollte ich? Ich hatte keinen Grund allein in einer Stadt zu bleiben. Mich fesselte hier nichts. Auch Joey würde zwar am Anfang mir regelmäßig schreiben aber wie jeder andere Kontakt auch würde der einschlafen. Es war, auch wenn es hart klingen mag, nichts als vergeudete Zeit und das ich ihn an meiner Seite akzeptierte war nur Eigennutz, damit ich nicht völlig allein war. Selbst meine Eltern scherten sich nicht darum, ob ich es so wollte, sie waren schon im laden und hatten mir einen Smoking gekauft. Leider hatte der mir auch noch gepasst. Es wäre ein schöner Grund gewesen abzusagen, doch ich glaube, das sie auch von mir verlangt hätten, dort völlig unbekleidet aufzutauchen. Der Anzug saß perfekt, doch einen Blick in den Spiegel lies mich erschauern. Das war nicht mehr ich, der mir da entgegen starrte. Meine Haare standen wie immer wirr vom Kopf ab. Ich hatte schon immer eine auffallende Frisur gehabt, jedoch lies sich was anderes nicht damit machen. Als ob sie ein Eigenleben hätten, war sie nach wenigen Wochen immer wieder in der selben Form. Vereinzelte Schwarz-Lila Strähnen hingen mir ins Gesicht, doch meine Augen waren nicht die, die ich gerne hätte. In den letzten Jahren hatte ich den Eindruck, sie haben an Glanz verloren. Zwar war die violette Farbe selten, aber blickten stumpf in die Welt. Doch ich konnte sie gut beherrschen, Es gab schwache Momente, wo ich keine Kontrolle mehr über deren Ausdruck hatte, aber wer schaute mir schon in die Augen um das zu bemerken? Die Wangen waren eingefallen und blass, selbst mit etwas Make Up, das ich von meiner Mutter ausprobierte hatte nicht die gewünschte Wirkung. Leise ging ich wieder in mein Zimmer, um die letzten Minuten der Ruhe vor dem Ball zu genießen. Vorsichtig, um den Smoking nicht zu zerknittern, setzte ich mich auf den Hocker vor dem Klavier. Klappte den Schutz hoch und strich sanft über die Tasten. Das Holz glänzte im schwachen Licht meiner Lampe und wieder hatten die Tasten aus Elfenbein eine bezaubernde Wirkung auf mich. Wie hypnotisiert setzte ich mich gerade, schloss die Augen und spielte die ersten Klänge, die die Stille durchschnitt. Die Melodie war jedes Mal anders, wenn ich mich davor setzte, spielte das, was ich fühlte und diesmal hatte es eine traurige Note - wie jedes Mal. Ich ging in den Flur, schlüpfte in meine Schuhe, warf den Mantel über und gerade als ich das Haus verlassen wollte und meine Hand schon auf der Klinke war, tauchte meine Mutter aus dem Wohnzimmer auf. "Ich wünsche dir viel Spaß, Yugi." Spaß... klar, ich werde da unwahrscheinlich viel Spaß haben, wo ich gezwungen werde aufzutauchen, mir eine Begleitung aufgequatscht wurde und ich den Sinn des Ganzen nicht verstehe, aber zur Not werde ich mir einfach die Hucke voll laufen lassen. Ich nickte meine Mutter zu und schloss dir Tür hinter mir. Um die Wahrheit zu sagen, ich hatte es nicht einmal eilig gehabt. Fast schon schlurfend bog ich um die Ecken, als würde ich zu meiner eigenen Hinrichtung gehen, aber subtiler Weise war es sie ja auch. Es war mein Plan da nicht lange zu verweilen, doch Joey würde mir höchstwahrscheinlich einen Strich durch die Rechnung machen - mich an einen Stuhl binden wenn ich den Ausgang zu Nahe komme - und Tea ... ja, sie würde mich hoffentlich diesmal nicht zu auffällig an schmachten. Doch ich glaubte, wenn ihr ein Typ über den Weg rennt, der Größer war und interessanter, wäre ich sehr schnell vergessen. Sie war eine gute Freundin, aber für Beziehungen schien sie nicht geeignet zu sein, zumindest zog Seto sie immer damit auf und er kannte sie länger als ich. Vor der gemieteten Halle angekommen, war ich noch am überlegen, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gab, mich vor dem Horror zu drücken, doch leider viel mir keine mehr ein. Unzählige habe ich mir ausgedacht, doch die wahnwitzigen Ideen waren typisch Fantasie: halsbrecherisch, heldenhaft aber keine Chance sie umzusetzen. Ich blickte durch die dicke Glastür und konnte einige Lehrer weiter hinten im Gang erkennen, die wie von der Tarantel gestochen hin und her liefen. Gedämpfte Musik drang an meinem Ohr und komischer Weise konnte ich sogar etwas Zimt riechen. Doch ich wurde unsanft aus meinen Gedanken gerissen, als die Tür gegen meine Nase knallte. Mit Tränen in den Augen taumelte ich zurück und blinzelte. Autsch!... Ich hielt mir die Hand vor meiner schmerzenden Stelle, wackelte mit der Nase, um zu prüfen, ob sie noch bewegungsfähig war, hörte aber gleich wieder damit auf, als es noch mehr als vorher brannte. Ich hörte ein hektisches einatmen, als ob sich jemand erschrocken hätte, doch die Tränen nahmen mir die Sicht, um etwas erkennen zu können, erkannte nur etwas Schwarzes auf dem Boden, was wohl Schuhe sein mussten. Dann fühlte ich eine Hand auf meine Schulter, die sanft zudrückte, wie eine stille Frage und ohne das ich erklären konnte warum, verstand ich sie wie Wörter. "Keine Sorge, mir gehts gut." Der Griff wurde kaum merklich fester. Eine unglaubliche Wärme schlich sich durch den dicken Mantel, durch die dicken Klamotten hindurch, direkt an meine Haut, als hätte man mir einen warme Lappen auf die Schulter gelegt. Es war schon seltsam, wie schön sich etwas anfühlen konnte, wenn man halb erfroren war. "Ich glaube nicht, das etwas gebrochen ist." Vorsichtig tastete ich mit den Fingerspitzen meine Nase ab. Sie war etwas angeschwollen und es würde sich bestimmt gerade einen fetten Abdruck der Tür auf ihr abzeichnen, aber sonst war alles heil geblieben. Die Hand glitt langsam von meiner Schulter und nur wenige Augenblicke später spürte ich fremde, kalter Finger unter meinem Kinn, die mein Gesicht etwas höher drückten. Durch die Dehnung der Haut schossen mir erneut Tränen in die Augen und ich versuchte durch blinzeln sie zu vertreiben, doch ich hatte immer noch keine Sicht. Konnte nur schemenhaft erkennen, das mein Gegenüber wahrscheinlich anderthalb Köpfe größer war als ich und nach den Umrissen der Frisur zu erraten, ein Junge. Doch die Frisur kam mir bekannt vor, konnte sie aber nicht zuordnen. Die kühlen Finger lösten meine ab, indem sie sie zur Seite strichen. Er drückte etwas an der Nase zusammen. "Au au!", maulte ich und hüpfte kurz auf. Diese Reaktion entsprach nicht mehr im geringsten mein Alter, aber das war mir da Herzlichst egal. Doch die fremden Finger ließen nicht von mir ab. Es fühlte sich an, wie ein Daumen, der beruhigend über meine Wange strich, ehe ich ein erneutes Drücken spürte. Ich wunderte mich, das er nichts sagte. Kein Ton war zu hören, der anfangs hektische Atem war jetzt ruhiger und blies mir sanft ins Gesicht. Doch die leichten Berührungen hatten eine Art an sich, als sollten sie die Entschuldigung sein und es war tröstlicher als es je ein Wort hätte sein können. Plötzlich, von einen Moment zum anderen, war der Druck an der Nasenwurzel verschwunden, leider aber auch die kühlen Finger, die unglaublich vorsichtig waren. Zaghaft öffnete ich die Augen, die mir aus unerfindlichen Gründen zugefallen waren, doch niemand stand mehr vor mir. Die gläserne Tür schwang noch ein wenig hin und her, ein Anzeichen dafür, das jemand vor wenigen Sekunden durch sie hindurch gegangen war. Ohne wirklich zu wissen, was ich tat, ging ich hinterher und bemerkte gerade noch Rechtzeitig, wie eine andere Tür sich schloss. Schnell hastete ich hinterher, an den Lehrern vorbei und zog die Holztür mit einem Ruck auf und.... starrte in eine Menschenmenge. Die Musik wurde mit einem Schlag lauter und der Duft nach Zimt stärker. Ich fand mich Mitten in dem Saal wieder. Dutzende von Schüler waren da versammelt und die meisten kannte ich nicht mal. Nur wenige kamen mir etwas bekannt vor, Alles war festlich geschmückt, bunte Girlanden hingen von der Decke und am Ende des Raumes stand ein gigantischer Weihnachtsbaum. Unzählige Lichterketten wurden um die Tische gewickelt. Viele Schüler waren schon ein wenig angeheitert. Wie überall war auch hier Alkohol verboten, doch wie es den Anschein hatte, schienen man sich nicht daran zu halten. Bestimmt hatte sich jemand an der Bowle zu schaffen gemacht und dort etwas hinein gekippt, Doch der Unbekannte schien wie vom Erdboden verschluckt, aber ich glaube, selbst wenn er vor mir gestanden hätte, würde ich ihn übersehen, denn fast jeder, mich einbezogen, trug schwarze Schuhe. Seufzend lies ich mich auf einen Stuhl nieder, der Abseits stand und rieb wieder meine Nase. Egal was er da getan hatte, es schmerze nicht mehr so stark und ich war schon ein wenig dankbar. Ich beobachtete ein wenig die Menge. In der Mitte des Raumes wurde provisorisch eine Tanzfläche aufgebaut, auf denen sich einige tummelten. Gerade als ich wieder zum Weihnachtsbaum schaute, spürte ich erneut eine Hand auf meiner Schulter. Etwas irritiert blickte ich zur Seite und sah Joey, wie er mich freundlich anlächelte. Die Hand verursache nicht diese angenehme Wärme wie eben, sondern war irgendwie.. normal, so anders. Ob Joey auch kalt war, sodass die Hand nicht so wirkte, wie bei dem Fremden? "Du bist ja echt spät dran. Du hast die Rede des Direktors verpasst." Na das war doch wohl eher Glück. Allein das Gespräch mit ihm, als ich die Schule wechselte war einschläfernd, dabei hatte er mich nur begrüßt. "Gott sei Dank!" Gerade als Joey den Mund aufmachte, um etwas zu erwidern, tauchte Tea in meinem Blickfeld auf und lächelte mich etwas schüchtern an. Ich musste gestehen, sie sah wirklich umwerfend aus. Ihre braunen Haare wurden zu Locken gedreht, die auf ihrer Schulter lagen und ihr Kleid passte sich perfekt ihrer Figur an. Wenn ich heterosexuell wäre, würde ich sie jetzt sofort zum Tanzen auffordern, aber das bin ich nicht, darum war meine Reaktion anders, als sie scheinbar erwartet hatte. "Du siehst echt nett aus." Etwas enttäuscht kräuselte sich ihr Mund, ihr Blick senkte sich kaum merklich, aber ich lächelte sie weiter an. Joey blickte von mir zu Tea, dann wieder zu mir. Man sah es ihm an, das es in seinem Kopf arbeitete, doch als ich dann noch mein Gesicht weg drehte und weiter in die Menge schaute, schien er noch verwirrter zu sein.Scheinbar fragte er sich, warum ich mich nicht mehr mit ihr unterhalte. Nach seiner Sicht war sie ein umwerfendes Mädchen, das nicht so kompliziert war, wie andere und dementsprechend geschaffen für mich. Doch ich fragte den Blondschopf ja auch nicht, warum er nicht mir Tea hergekommen ist. "Habt Ihr Durst?" Fragend blickte ich in die Runde, doch Joey schien etwas abgelenkt. Ich folgte seinen Blick und sah, wie Seto langsam auf uns zu kam, jedoch wurde der Blickkontakt nicht eine Sekunde unterbrochen. Wie in Trance setze auch Joey einen Fuß nach vorn und ging ihm entgegen. Oho... Tea schien es auch bemerkt zu haben, denn sie drehte sich wieder zu mir. "Ich könnte etwas zu trinken gebrauchen." Nach ihrer Blässe zu urteilen, schien sie eher Alkohol zu bevorzugen. Ich nickte und stand auf, schritt zur Tanzfläche um den kürzesten Weg zu wählen. Ich hatte den Eindruck, das sie nichts in dem Sinne gegen Schwule zu haben schien. Ich wusste auch nicht, das die Beiden was am laufen hatten, aber das war ja auch deren Sache. Sie fragte sich wohl eher, warum jeder einen Partner fand, doch sie weiterhin leer aus blieb. Gerade als ich genau in der Mitte des Raumes stand, knackte es laut und das Licht ging aus. Verwundert blieb ich stehen und versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Die Fenster oben an der Halle waren so klein, das kaum Licht durch sie hindurch fiel und man die eigene Hand vor Augen nicht sehen konnte. Ein Stimmengewirr setzte ein und rufe der Lehrer, mal solle ruhig bleiben. "Wird wahrscheinlich nur die Sicherung sein!" Einige Schüler lachten. "Da war es wohl eine Lichterkette zu viel gewesen." Ich wollte niemanden auf die Füße treten oder die Getränke aus den Händen reißen, darum blieb ich einfach wo ich war. Man konnte die Tür knarren hören, also schien gerade einige Lehrer der Ursache auf den Grund gehen zu wollen. Weiter entfernt zündeten einige Feuerzeuge an, die Mädchen fingen an zu schwärmen, das es gerade so romantisch sei. Ich konnte an der Situation nichts abgewinnen, was soll auch daran romantisch sein, wenn man im Dunkeln steht? Es wird nicht plötzlich jemand auftauchen und das fehlende Licht nutzen, um einen zu küssen. Kopfschüttelnd seufzte ich auf, verschluckte mich aber an meinem eigenen Speichel, als ich wieder eine Hand spürte, die sich um meine Hüfte legte. Diese Wärme, die von ihr ausging, war für mich unerklärlich. Selbst bei Joey war es anders. Ist das etwa... Doch meine Gedanken verpufften, konnte sie nicht mehr sortieren, als ich eine zweite Hand an meiner Wange fühlte. Sanft strichen die Fingerspitzen über sie, wanderten zum Ohr, fuhren die Muscheln entlang, suchten sich zart einen Weg durch meine Haaransätze, bis sie den Nacken erreichten. Dort wurde nur ein wenig mehr Druck gegeben, die ganze Handfläche lag auf der Haut und schien sie zu verbrennen. Trotz der von ihr ausgehenden Hitze überrannte mich eine Gänsehaut, wurde noch verstärkt, als ich einen feinen Lufthauch auf meinem Gesicht wahr nahm. Verdammt, ich sehe nichts! Rein gar nichts! Ich kniff etwas die Augen zusammen, versuchte mich auf das vor mir zu konzentrieren, aber ich konnte nicht mal schemenhaft etwas erkennen. Ein sanfter Druck schob meine Hüfte und auch mein Nacken etwas nach vorn, um das Gleichgewicht zu halten, musste ich einen Schritt mitgehen. Plötzlich fühlte ich mich überrumpelt. Was ist, wenn das Tea ist, die diesen Moment nur ausnutzen will? Ich hob meine Arme und genau in den Moment stieß ich auf Widerstand, wurde an einen mir fremden Körper gedrückt, der unwahrscheinlich gut roch. Doch dann bemerkte ich, das es nicht Tea sein konnte, ich fühlte an der Brust, wo sich meine Hände abstützen nichts was einen Busen ähneln konnte, eher ein etwas muskulöser Brustkorb, der sich ruhig hob und senkte. Die Hand an meiner Hüfte verschwand, nur um wenige Sekunden später mein Kinn zu umfassen und es ein wenig nach oben zu drücken. Ehe ich mich versah und mir auch nur der Gedanke kam, mich zu wehren, legten sich ein fremdes Lippenpaar auf meine. Doch es war nicht grob und bestimmend, sondern so wie er meinen Körper behandelte, schien dieser Mensch Angst zu haben, ich könnte unter ihm zerbrechen oder er wollte mir nicht weh tun. Ich war wie paralysiert, völlig unfähig mich zu bewegen. Die Lippen strichen über meine, als wollten sie sich nicht aufdrängen. Es fühlte sich so an, als ob sie nur der Sehnsucht nach gaben, meine zu berühren und als ob das schon reichen würde. Extrem vorsichtig glitten sie von einer Seite auf die andere, aber dann hauchte er einen zarten Kuss in meinen Mundwinkel, verweilte dort einige Sekunden, nur um sich wieder in Bewegung zu setzten. Ich kannte die Person nicht, doch dieser Jemand brachte es zustande, das sich in mir diese Wärme ausbreitete, die ich vorher nur im Nacken hatte, wo sich jetzt auch die zweite Hand befand, übten aber keinen Druck mehr aus, wollten mich zu nichts zwingen, nur still halten. Und dann.... dann fühlte ich unter meiner Handfläche das Herz des Anderen. Es pochte heftig gegen die Brust, schlug unglaublich schnell und ich wunderte mich, wie er dabei so ruhig atmen kann. Er hatte eine sehr gute Kontrolle über sich, doch ich war ihm auch Dankbar. Ich konnte es mir nicht selbst erklären, aber es kam mir so vor, als wollte er mir nur etwas geben, verlange aber nichts. Ein unausgesprochenes Geschenk und dafür war ich Dankbar. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, in der ich nur da stand, es in mir loderte aber mich nicht bewegte, bis sich die Lippen entfernten, strichen noch einmal zum Abschied über meine nur um wenige Sekunden später auch die Hände mit sich zu nehmen, die eine unangenehme Kälte hinterließ. Meine Lunge brannte und bemerkte erst jetzt, das ich die Luft angehalten hatte, atmete tief ein und hatte immer noch meine Arme vor mich gestreckt, als würden sie noch auf der Brust liegen, doch da war nichts mehr. Ich bewegte etwas meine Finger, streckte sie aus, um sich in das Sacko zu krallen, um die Wärme erneut zu fühlen, doch ich griff ins Leere. In den Moment ging das Licht wieder an und der ungewohnte Lichtstrahl blendete mich so sehr, das ich meine Augen zukneifen musste. Die Schüler um mich herum brachen in Jubel aus und feierten die Lehrer, die scheinbar doch zu etwas zu gebrauchen waren. Aber ich blieb still... öffnete zaghaft meine Augen, versuchte mich zu beruhigen, sah mich um. Doch die ganze Schar von Schülern rannten wild durcheinander. Mädchen fingen an zu kreischen, weil ihnen in der Dunkelheit einen Streich gespielt wurde, doch ich war die einzige Person auf der Tanzfläche, die sich keinen Zentimeter rührte. Langsam setzte die Musik wieder ein. Wieder fühlte ich eine Hand an meinem Arm. Ruckartig drehte ich mich um, um endlich zu erfahren, wer sich diese Dreistigkeit heraus nahm, doch ich blickte nur in lachende braune Augen. "Was stehst du hier so rum? Mach, das du hier weg kommst. So wie ich den Eindruck hatte, willst du nicht von Tea geküsst werden." Ich verstand nicht, ließ mich mitziehen und blickte ihn fragend an. Doch sein Grinsen wurde breiter und deutete etwas schräg über meinem Kopf, da er mich schon einen Meter mitgeschleift hatte. "Direkt über deinem Kopf war ein Mistelzweig." Joey lachte und ich blieb stumm. Starrte nur auf den Zweig an der Decke. tbc Ich habe wirklich keinerlei Ahnung über das japanische Schulsystem, daher nehmt es mir nicht krumm, wenn da Fehler auftauchen sollten ;) PS: Nochmal ein großes Dankeschön an , ihr ist die Kussszene gewidmet >.< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)