Das Königreich der Katzen 2 von abgemeldet (Ein neues Abenteuer des Baron Humbert von Gikkingen) ================================================================================ Kapitel 7: Der Spaßvogel ------------------------ Auf leisen, samtenen Pfoten landete der Baron in einem dunklen Fleckchen eines sonst verlassenen Raumes. ‚Das ist merkwürdig’, dachte er. ‚Es ist ruhig… ZU ruhig. Hier stimmt doch was nicht.’ Er presste sich an eine Wand, um fast vollständig mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Vorsichtig lugte er um die Ecke, doch er konnte nichts entdecken, wovor es sich lohnen würde, auf der Hut zu sein. Er straffte sich und marschierte aufgerichtet vorwärts den Gang entlang. Als er an einer großen weißen Tür vorbei kam, hielt er kurz inne und beschloss, einen Blick hineinzuwerfen. Allzeit bereit sofort zurückzuhechten, falls dies erforderlich war, öffnete er die Tür einen Spalt breit und streckte seinen Kopf hindurch. In dem Raum waren nur ein paar Käfige. Leere Käfige. Der Baron atmete aus. „Fehlanzeige“, flüsterte er zu sich selbst. „Hey, du!!“ „MIAU!!!“ Vor Schreck wäre er beinahe an die Decke gesprungen, doch fasste er sich schnell wieder, um dem überraschenden Besucher mit seinem Gehstock eins überzuziehen. Als er sich jedoch umdrehte, konnte er niemanden ausmachen. „Ja, was denn…?“ Verlegen kratzte er sich am Hut. Hatte er sich die Stimme etwa nur eingebildet? Nein, das war doch unmöglich. Seine Neugierde war geweckt und er entschloss sich, ein paar Schritte in den Raum hineinzuwagen. „Hallo? Ist da jemand?“ „Nein.“ Der Baron seufzte erleichtert. Wer auch immer hier drin war, wollte ihn nicht angreifen. Höchstens auf die Palme bringen, doch damit würde er fertig werden. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis und mit den Katzenaugen konnte er nun sowieso fast problemlos sehen. Und da sah er ihn, den Spaßvogel. Die Betonung lag auf Vogel. Hinter der Tür hing noch ein Käfig. Als er vorhin nur spärlich in den Raum gesehen hatte, konnte er ihn natürlich nicht gesehen haben. Er musste besser aufpassen; wäre dies ein Angreifer oder sogar ein Mensch gewesen, so hätte das übel ausgehen können. „Also, was ist jetzt?“ Der Baron war verwirrt, als der kleine Wellensittich ihn so pauschal ansprach. Sollten Vögel wie er nicht eigentlich Angst vor Katzen wie ihm haben? Auch wenn er eigentlich eine Puppe war… Katze ist Katze. „Ja, was…? Kann ich dir vielleicht helfen?“ „Ja, klar!!“ Der kleine Wellensittich nickte eifrig und munter drauf los. Er trat einige Schritte vorwärts, bis er dicht am Käfig stand. „Ich nehme an, du willst, dass ich den Käfig öffne, damit du fliehen kannst?“ „Bist du blöd? Ganz bestimmt nicht!“ Er machte ein Geräusch, das sich so ähnlich wie das Schnalzen einer Zunge anhörte. „Ach, nein?“ Spätestens jetzt war der Baron völlig verwirrt. Was dieser Abend doch für merkwürdige Überraschungen bereit hielt… „Genau: Nein. Ich wär ja verrückt, wenn ich hier verschwinden würde.“ „Das versteh ich nicht. Ich glaube, du solltest mir das näher erklären.“ „Der Hellste scheinst du ja nicht zu sein. Also… Wieso sollte ich hier weg? Ich bekomme hier absolut alles, was mein kleines Flattermannherz begehrt. Und erst der Service! Jeden Tag kommen die Menschen mehrmals, um nach mir zu sehen.“ „Ich weiß nicht recht“, meinte der Baron. „Die Sache hat doch bestimmt einen Haken.“ „Auf keinen Fall! Der einzige Haken ist vielleicht, der, dass ich so viel Futter und Spielzeug kriege, wie ich will! Und sieh dich doch mal im Raum um; ich bin hier weit und breit der Einzige meiner Art, Einzelzimmer sozusagen. Wellensittiche scheinen zu einer Rarität geworden zu sein, ha!“ „Also für mich klingt es eher nach einem goldenen Käfig, als nach Luxus…“ „Ach, glaub doch was du willst!“, winkte er ab. „Und jetzt will Polly einen Keks!“ „Einen Keks?“ „Jawohl, einen Keks! Ich riech doch zehn Meilen gegen den Wind, dass du welche mit dir rumschleppst!!“ Er kramte in seiner Tasche und zog einen der besonders schmackhaften Schokokekse aus dem Ärmel. „Na, schön, du bekommst den Keks. Aber nur unter einer Bedingung.“ „Ah, jetzt hast du’s raus, wie es hier bei uns im Heim läuft. Hier herrscht ein Geben, aber vor allen Dingen ein Nehmen! Na schön, sag mir, was diese Bedingung ist.“ „Ich will Informationen. Hast du hier ein kleines Kätzchen gesehen?“ In dem Moment, als er es aussprach, dämmerte es ihm; er wusste gar nicht, wie Ai überhaupt aussah. ‚So ein Ärger!’ Er kannte es gar nicht von sich selbst, so unvorbereitet zu sein. Das lag bestimmt an zu viel Muta und Toto… und Riku… und vor allem Haru… Haru? „Hör mal, du Spaten. Hier gibt’s viele Kätzchen.“ „Das Kätzchen, das ich suche, ist… wie eine Prinzessin.“ Der Vogel glubschte ihn groß an. „Das klingt nach Fräulein Flauschig!“ „Fräulein… Flauschig?“ „Japs! Die is’ hier vor ein paar Stunden hergebracht worden und hat gebittet und gebettelt, dass der Wärter sie runterlässt. Aber natürlich verstehen die Menschen uns Tiere ja nicht, da half auch kein Betteln. Sie hat blaue Augen, an einem der beiden ein rötliches Schimmern, und eine große, gelbe Schleife am Hals. Ihr Fell ist schneeweiß und, wenn man den anderen Kätzchen glauben schenken darf, total flauschig.“ Ohne Zweifel; das war Ai. Gut, die Farbe erinnerte stark an Yuki und Riku, also nichts Ungewöhnliches. Doch bei diesen Augen… Das konnte nur König Luns Töchterchen sein. „Das ist sie. Wo ist sie?“ „Den Gang raus und die zweite Tür links. Da sind alle Kitten drin verfrachtet.“ Der Baron war schon halb aus der Tür heraus, als der Vogel ihm hinterher rief. „Hey! Und was ist mit meinem Keks?!“ Er kam kurz zurück, um besagten Keks in den Käfig zu werfen. Dann bedankte er sich und schloss die Türe leise hinter sich. Erst jetzt sah er, dass auf der Tür die Inschrift ‚Zur ewigen Ruhe’ in goldenen Lettern geschrieben stand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)