Dieser eine Drang von abgemeldet (die Vergangenheit ruht nie) ================================================================================ Kapitel 9: Ruhe der Vergangenheit - Part 4 ------------------------------------------ „Das Denken in Freund und Feind, in Ursache und Wirkung setzt sich spiralförmig immer weiter fort. DENKEN SCHAFFT REALITÄT“, sagte mein Politiklehrer mit Nachdruck. Ich seufzte. Er hielt wieder eine seiner endlos Vorträge, denen keiner folgen konnte, denen keiner bereit war zu folgen. Auch ich nicht. Meine Gedanken schweiften schnell ab. Ich schreckte hoch als mein Lehrer mit der Faust auf den Tisch schlug, um seinen Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen. „Interpretationsmuster verleiten einen Dinge zu tun oder zu unterlassen. Eine typische Denkweise heißt DISKURS“. Er schrieb das Wort groß an die Tafel. „DISKURS ist eine typische Denkweise, die in die Realität umgesetzt wird“, fuhr er fort. Ich schaltet wieder ab. Was hatte das mit unserem Thema Afghanistan zu tun? Wir wollten die Ursachen für den Terrorismus klären und nicht Denkweisen analysieren. Das kann ich in Deutsch machen, da brauche ich keinen Politik-Leistungskurs für. Tick. Tack. Tick. Tack. Ich starrte auf die Uhr. Meine Psychologin hatte eine neue Armbanduhr, welche extrem laut tickte. Ich starrte sie fasziniert an. Ich hatte Zeit schon immer faszinierend gefunden. Es gab so viel und doch so wenig. Jahre, Monate, Wochen, Tage, Stunden, Minuten, Sekunden... Wir hätten so viel Zeit miteinander verbringen können. Doch er hat alles kaputt gemacht. Jetzt musste er dafür büßen. Jetzt verbrachte ich meine Zeit hier, in diesem blitzblank geputztem Zimmer und erzählte meine Lebensgeschichte. Wieso ich ausgerechnet von meinem Politik-Unterricht in der gymnasialen Oberstufe berichtete, war mir selbst schleierhaft. Doch als ich anfing zu erzählen, bemerkte ich so ein Blitzen in den Augen meiner Psychologin. Genau dieses Blitzen veranlasste mich dazu, weiterzureden. „Ihnen wurden also im Politik-Unterricht Denkweisen beigebracht?“ Sie sah mich skeptisch an. Ich nickte. „Mein Lehrer war ein großer Fan von Vorträgen. Er hielt stündlich solche Reden. Und wenn ihm etwas am Herzen lag, dann hat er mit aller Macht versucht uns von seiner Meinung zu überzeugen“. Sie sah mich komisch an. Ich versuchte aus ihrem Blick schlau zu werden. Dann nickte sie. Doch es war nicht das übliche Nicken. Nicht das motorische Kopf hoch, Kopf runter. Es war ein anderes nicken. Und dann verstand ich, was mich dazu gebracht hatte, weiterzureden. Sie vertraute mir langsam. Sie glaubte, dass ich mich verändert hatte, dass ich Einsicht zeigte. Ich lachte lautlos in mich hinein. Wie naiv sie doch war. Wie naiv sie alle waren. Als würde sich jemand wie ich ändern. Doch ich sagte nichts. Schließlich war es das worauf ich zählte. Ihre Naivität. Sie würde mich hier raus bringen. Und ihrem Blick zu folge schon sehr bald. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)