Loving your best Friend von Saedy (...will just cause you trouble) ================================================================================ Kapitel 6: Therapy ------------------ An diesem Tag musste Yuusei zu der von der Klinik auferlegten Therapiestunde gehen. Ginge er nicht, würde man es merken und ihn bald stationär einliefern. Denn bei Selbstmordkandidaten war man nicht gerade zimperlich. Es war schon ein mittleres Wunder, dass er die Ärzte überhaupt überzeugt hatte, ihn gehen zu lassen und lediglich ambulant zu behandeln. Hinzu kam noch, dass er ein nicht gerade unbekannter junger Mann war, nachdem er den Fortune-Cup gewonnen und später gegen die Dark-Signers gekämpft hatte. Auf genau dieses Thema kam auch der Therapeut nach der ersten Begrüßung zu sprechen, nachdem Yuusei verkrampft dagesessen und kaum ein Wort herausgebracht hatte. „Du hast ganz schön viel durchgemacht für einen jungen Mann in deinem Alter“, meinte Herr Fukosawa. „Jetzt, da es vorbei ist, hast du vielleicht geglaubt, dass alles wieder so kein könnte wie früher. Aber so ist es nicht, das, was dir passiert ist, hat offensichtlich Spuren hinterlassen. Du glaubst, die Gefahr ist vorbei, dabei fängt die richtige Gefahr erst an, nämlich in deinem Inneren. Du musst damit fertig werden und keiner hat dir gesagt, dass das ebenso schwierig sein könnte, wie der Kampf, den du bestehen musstest, nicht wahr?“ Yuusei nickte verblüfft. Dieser Therapeut war wirklich gut. Oder war er wirklich so leicht zu durchschauen? „Ja, so was kommt öfter vor, als man denkt. Zum Beispiel in Kriegen. Die Soldaten kehren zurück, haben überlebt und man sollte meinen, dass dann alles wieder gut ist. Aber das Problem ist, für den betreffenden Menschen ist nichts mehr so, wie es mal war. Er kann nicht einfach vergessen, was passiert ist, selbst wenn er es verdrängt. Es ist ein Trauma. Und du hast nicht nur gegen andere Menschen gekämpft, sondern auch gegen diese...Kreaturen.“ Der Therapeut schien keinen passenden Begriff dafür zu haben. „Das ist...“, Yuusei stockte. Mit einem Mal fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Zuvor hatte er sich nicht erklären können, was mit ihm los war, hatte geglaubt, dass doch alles in bester Ordnung sei und sich gewundert, warum er trotzdem so depressiv war, jetzt wo er doch eigentlich glücklich sein sollte. Doch jetzt wurde ihm bewusst, was ihm wirklich zu schaffen machte: Dass sich alles verändert hatte. Sein Blickwinkel auf die Welt, die Art, wie er lebte, seine Gefühle für seinen besten Freund, die zwar schon zuvor dagewesen waren, aber ihm erst seit kurzem bewusst, und nicht zuletzt die Erinnerung an die schrecklichen Dinge, die er erlebt hatte. Er hatte geglaubt, jetzt da alles vorbei war, könnte alles wieder wie früher sein, doch das war ein Irrtum gewesen. Yuusei wusste nicht, was er dem Therapeuten antworten sollte. Zuviel wirbelte auf einmal in seinem Kopf herum. „Ich weiß nicht“, meinte er deswegen, fixierte irgendeinen Punkt auf dem Tisch zwischen ihnen und war nicht mehr in der Lage, bewusst über irgendetwas nachzudenken. Es war einfach zu viel auf einmal. Warum nur war er plötzlich so müde, als hätte sich ein Stein auf seinen Kopf gesenkt? Yuusei blinzelte, in dem Versuch, wach zu bleiben und blickte wieder auf. „Vielleicht haben Sie Recht. Aber, ich weiß nicht, ich bin mir nicht sicher, ob meine... Probleme daher rühren. Ich weiß nur, dass es keinen Sinn mehr in meinem Leben gibt.“ „Hm“, machte der Therapeut verständnisvoll. „Verstehe, bisher hattest du im Leben immer ein klares Ziel vor Augen und wusstest, was zu tun ist. Und jetzt ist das nicht mehr der Fall. Ist das so? Sag es nur, wenn ich etwas Falsches vermute.“ „Nein, nein Sie haben schon Recht“, gab Yuusei zu und stellte verblüfft fest, dass es wirklich so war: Als Kind hatte er mit Jack und anderen Freunden einfach in den Tag hineingelebt und von der Zukunft geträumt. In dieser Phase waren es nur die Träume, die wichtig gewesen waren und natürlich die kleinen „Abenteuer“, die sie zusammen erlebt hatten. Später dann die Ziele der Gang um Jack, Crow und Kiryu. Danach sein Bemühen, nach New-Domino-City, zu Jack, vorzudringen. Schließlich der Kampf gegen die Dark-Signer. Und jetzt – nichts mehr. Kein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnte. Da war seine Arbeit an den D-Wheels, klar, doch das schien nicht auszureichen, damit er ein zufriedenes Leben führen konnte. Vielleicht könnte er glücklich sein, wenn Jack ihn lieben würde, vielleicht wäre er dann zufrieden? Doch das war alles nur Spekulation, denn Jack würde ihn niemals lieben, niemals mehr als ein Freund sein. „Hm, die Stunde ist zwar noch nicht rum, aber ich glaube, es ist erstmal genug für den Anfang“, stellte Herr Fukosawa mit einem Blick auf den verwirrten und müden Yuusei fest. „Am besten denkst du erstmal darüber nach, was wir heute besprochen haben und beim nächsten Mal reden wir dann über das Ergebnis, zu dem du gekommen bist.“ „Ja“, stimmte Yuusei zu. „Und danke, Herr Fukosawa“, mit diesen Worten verabschiedete er sich. Ein netter Junge, dachte Herr Fukosawa und bedauerte, dass so jemand sich hatte umbringen wollen. „Und wie war' s?“, wollte Crow, der darauf bestanden hatte, Yuusei von seiner Therapiesitzung abzuholen, ganz hibbelig, wissen. „Gut“, erwiderte Yuusei, selbst ganz erstaunt über diese Tatsache. „Ich hatte gedacht, so eine Therapie könnte mir nicht helfen, aber... Nun ja, anscheinend gibt es viel mehr Leute, die das gleiche Problem haben, als ich dachte.“ „Und dieser Psychologe weiß darüber Bescheid?“ „Sieht so aus.“ „Gut.“ Nach einer Weile: „Gehen wir dann ein Eis essen?“ „Ähm, klar, warum nicht?“, erwiderte Yuusei. Gemeinsam saßen sie nun in einem Eiscafé an einem schicken Platz der Stadt. Crow mampfte sein Nusseis mit viel Sahne und Yuusei schlürfte an einem Eiscafé. Derweil wurden sie von der hellen Frühlingssonne in Licht gebadet und wurden davon ganz dösig, besonders Yuusei, der trotz seines Kaffees noch müde war. Fast wäre er eingeschlafen, wenn Crow nicht auf einmal in ziemlicher Lautstärke nach dem Kellner gerufen hätte, um zu bezahlen. „Man, ich könnte glatt noch einen Becher vertragen, aber ich will ja auch nicht fett werden“, verkündete Crow und rieb sich den Bauch, während sie noch einen kleinen Verdauungsspaziergang durch die Gassen der Altstadt machten. Yuusei konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Hey, du hast gelächelt“, stellte Crow erfreut fest. „Und, erzählst du mir jetzt, was los ist?“ Yuusei nickte, das war er seinem Freund wohl schuldig. Da er selbst noch nicht so genau wusste, wie er es zuordnen sollte, erzählte er ihm die Vermutung des Therapeuten. „Ich weiß nicht, ob das stimmt. Ich glaube schon, aber andererseits ist die Vergangenheit für mich abgeschlossen. Ich kann nicht glauben, dass mich das immer noch so mitnimmt. Doch eine andere Erklärung gibt es nicht. Man bekommt ja nicht einfach so Depressionen und etwas anderes Weltbewegendes ist in meinem Leben nicht passiert“ und, fügte Yuusei im Stillen zu, dass ich unglücklich in Jack verliebt bin, reicht als Erklärung auch nicht. Das würde mich zwar auch mitnehmen, aber nicht so sehr. „Aber, heißt das, du weißt nicht, warum du dich umbringen wolltest?“, warf Crow erstaunt ein. „Doch“, senkte Yuusei beschämt den Blick. „Aber es war nicht nur ein Grund, es kam einfach alles zusammen“, erklärte er. „Und ich habe es im nächsten Moment auch schon bereut.“ „Hm“, machte Crow nachdenklich. „Ich bin jedenfalls heilfroh, dass es dir nicht gelungen ist. Tut es noch weh?“, blickte er auf Yuuseis verbundenes Handgelenk. „Nein, es ziept nur ein bisschen, aber das heißt, dass es verheilt, nicht wahr?“ „Ja.“ Irgendwie hatte Yuusei das Gefühl, dass Crow noch etwas sagen wollte, denn der blickte nun in Gedanken versunken vor sich hin. „Und was war nun der andere Grund?“, rückte er schließlich raus. „Also das...“, Yuusei lief rot an. „W-weißt du, ich...“ „Sag nicht, das war, weil Jack gesagt, hast, du seist pervers. Da steckt doch noch mehr dahinter! Wieso hat er das überhaupt gesagt?“ Yuusei schien unter Crows fragendem Blick zu schrumpfen. „Nun ja, er hat wohl Recht. Ich bin wirklich pervers“, gab er zu. „WAS? Das ist doch jetzt wohl nicht dein Ernst?!“, packte Crow ihn plötzlich am Kragen. „Du glaubst dem Spatzenhirn auch noch?“ „Aber du weißt doch gar nicht, was passiert ist.“ „So, was ist denn passiert?“ „I-ich habe ihn geküsst“, platzte Yuusei auf einmal heraus. Crow ließ ihn los und starrte ihn baff an. Hatte er sich gerade verhört? „W-wie, du hast ihn geküsst? Was willst du damit sagen?“ „Das ich... mich in ihn verliebt habe.“ Nun war es also heraus. Wie würde Crow reagieren? Yuusei wagte es nicht, ihm weiter in die Augen zu sehen und lief mit schnellen Schritten voraus zu ihren D-Wheels. „Hey, warte! Du kannst doch nicht einfach sagen, dass du in Jack verknallt bist und dann abhauen! Was soll das überhaupt heißen? Dass du schwul bist, oder was?“, wunderte sich Crow. „Ja, so ist es wohl“, erwiderte Yuusei verbissen, als sein Freund ihn bei den D-Wheels eingeholt hatte. „Jetzt weißt du es also. Na los, sag mir schon wie pervers ich bin, genauso wie Jack es getan hat“, starrte er, sich auf die Lippe beißend, vor sich hin. Plötzlich bekam er eine Ohrfeige ins Gesicht. „Hey, Yuusei, wach auf! Denkst du wirklich, ich würde dich deswegen verurteilen? Hey, ich geb' s zu, du hast mich ganz schön geschockt, aber deswegen kündige ich dir doch nicht die Freundschaft auf. Da müsstest du mich aber besser kennen.“ „Wirklich?“, wunderte sich Yuusei und schaute Crow mit großen Augen an, während er sich die Wange rieb. „Oh, man. Ja, wirklich. Ich kapier nur eines nicht, warum hast du dich ausgerechnet in diesen Volltrottel verliebt? Konntest du dir keinen besseren aussuchen?“ „Nein“, lächelte Yuusei, als er an Jack dachte. „Jack ist der Beste.“ Crow entfuhr auf diese Worte hin ein Stöhnen. „Oh, nein! Du meinst das wirklich ernst! Welcher Gehirnwäsche hat dich dieser Macho unterzogen?“, entsetzte er sich. „Jack ist kein Macho“, verteidigte Yuusei ihn. Crows Augen wurden, wenn möglich, noch größer. „Ich kann es nicht fassen“, hielt er sich den Kopf. „Ich glaub, ich muss mich erst mal setzen, um das zu realisieren.“ Mit diesen Worten ließ er sich auf dem Bordstein nieder. Nach einigen Minuten des Brütens sprang er auf und verkündete: „Okay, ich glaub, ich hab' s kapiert. Hey, warum ist mir das noch nicht früher aufgefallen? Natürlich, so wie du schon seit Jahren hinter Jack herläufst und das auch noch, nachdem er dich damals verraten und beklaut hat, ist es eigentlich offensichtlich. Und ich Idiot hab nichts bemerkt. Na klar, an so was denkt man ja auch nicht gleich. Oh, man, oh, man“, machte Crow und schüttelte den Kopf, als wolle er so die Informationen dazu bringen, zu sacken. „Jack hat aber auch keinen Ton darüber gesagt“, stellte er fest. „Nun, ja, okay, du stehst also auf Männer. Aber, hey, du bist immer noch derselbe Yuusei, den ich seit 'ner Ewigkeit kenne, nicht wahr?“, meinte er schließlich. „Egal, in wen du dich verliebt hast. Auch wenn es ganz schön krass ist, dass es ausgerechnet Jack ist“, fügte er noch hinzu. Yuusei nickte nur. Er war einfach unendlich erleichtert, dass Crow ihn immer noch mochte und ihn auch nicht abstoßend fand, oder so. „Hey, hast du heute Abend schon was vor?“, wollte er schließlich wissen. Yuusei schüttelte den Kopf. „Na dann, lass uns doch endlich mal wieder ein gutes Duell austragen, was?“ „Einverstanden“, schmunzelte Yuusei. An diesem Abend stand Jack an der Straße, auf der Crow und Yuusei sich duellierten und schaute ihnen zu. Ein gutes Duell interessierte ihn immer. Und außerdem machte er sich Sorgen um Yuusei. Er konnte immer noch nicht fassen, dass dieser in ihn verliebt war und wusste nicht, was er tun sollte. Reichte es wirklich aus, auf Abstand zu ihm zu gehen? Zumal das ja auch nicht einfach war, wollte er weiterhin in ihrer WG wohnen bleiben. Da liefen sie sich doch zwangsläufig über den Weg. Und wenn sie versuchten, sich gegenseitig zu ignorieren, war das doch auch blöd. Außerdem war sich Jack nicht mehr sicher, ob das die richtige Art war, damit umzugehen. Vielleicht machte er alles nur noch schlimmer, wenn er Yuusei jetzt im Stich ließ. Vielleicht musste er ihm irgendwie helfen. Doch wie? Jack biss sich auf die Lippe. Es war aber auch zum aus der Haut fahren. Er schaute Yuusei an und stellte fest, dass dieser gar nicht schlecht aussah. Bestimmt gab es dutzende Mädchen, die ihn toll fanden, stattdessen musste er sich ausgerechnet in ihn verlieben. „Argh! Was soll ich jetzt nur tun?“, fuhr er sich leicht verzweifelt durch die Haare. Als das Duell vorbei war, stellte Jack erfreut fest, dass Yuusei wieder in der Lage war zu lachen, da er und Crow sich anscheinend prächtig amüsierten. Vielleicht hat Crow ja schon das getan, was ich nicht konnte, dachte er erleichtert und hoffte dabei, dass bald alles wieder so kein könnte wie früher. In den nächsten Tagen ging es Yuusei wirklich zusehends besser, was nicht zuletzt an Crow lag. Aber auch die Therapie half ihm sehr. Nur in einer Hinsicht stellte sich keine Besserung ein: Nämlich die Sehnsucht nach Jack, die einfach nicht nachlassen wollte, so sehr er auch versuchte, seine Gefühle zu verdrängen. Bis er irgendwann zu dem Schluss kam, dass er Jack gar nicht vergessen wollte. Lieber lief er für den Rest seines Lebens mit diesem Schmerz herum, als sich einfach von seinem besten Freund zu distanzieren. Er wollte ihn immer so in Erinnerung behalten wie jetzt: Mit aller Liebe. Denn das was er fühlte, war keine bloße Verliebtheit, die mit der Zeit wieder verschwand. Nein, das hier ging viel tiefer, das wusste er genau. „Guten Morgen, Jack“, begrüßte er ihn von nun an mit einem Lächeln auf den Lippen, da er beschlossen hatte, sich über das zu freuen, was er hatte: nämlich Jack als seinen Freund und Mitbewohner. Dass unter dieser freundlichen Fassade immer noch der Schmerz und die Sehnsucht brodelte, konnte man ihm nicht ansehen. Doch Yuusei wusste, dass er das jetzt einfach durchstehen musste und wollte sich lieber über die positiven Dinge freuen. „Morgen“, erwiderte dieser irritiert über Yuuseis plötzliche gute Laune. Hatte er irgendetwas verpasst? Dass sein Freund von einem Tag auf den anderen wieder guter Dinge war, war ihm nicht geheuer. Nicht, dass er sich nicht darüber gefreut hätte, doch es war merkwürdig. „Ich bin froh, dass es dir wieder besser geht“, stellte auch Crow an diesem Abend fest, als er mit Yuusei zusammen vor dem Fernseher saß und sie sich beide überlegten, was für einen Film sie gucken wollten. „Ja, das habe ich nur dir zu verdanken“, schaute Yuusei ihn mit großen Augen dankbar an. Crow guckte verwundert zurück. Nicht verwundert darüber, dass sein Freund sich bedankte, sondern weil er überrascht war, von welch tiefdunklen Blau dessen Augen waren. Wieso war ihm das früher nie aufgefallen? Es schien, als könne man darin versinken. Irgendwie so... wunderschön. „Au!“, Crow hatte sich selbst geohrfeigt. Was denke ich denn da?, wunderte er sich über sich selbst. Wach bloß auf, Crow!, ermahnte er sich. „Was ist?“, Yuusei guckte ihn verwirrt an. „Wieso schlägst du dich jetzt selbst?“ „Äh, hä, nur so. Ich meine, ich wäre fast eingeschlafen, da musste ich mich schlagen, um wieder wach zu werden“, lachte er verlegen. „Nun, wenn du so müde bist, dann geh doch lieber ins Bett. Wir können auch ein andermal einen Film gucken.“ „Nein, nein, geht schon. Hab keinen Bock jetzt schon ins Bett zu gehen, schließlich bin ich kein Kleinkind mehr, das schon um 08:00 Uhr ins Bett muss.“ „Schon klar“, schmunzelte Yuusei. Uh, stöhnte Crow innerlich und wurde etwas rot um die Nasenspitze. Seit wann sieht Yuusei so süß aus, wenn er lächelt? Crow, hör auf, so zu denken!, gab er sich selbst eine Kopfnuss. Das liegt bestimmt nur daran, dass er mir erzählt hat, dass er auf Männer steht. Jetzt geht mir das so im Kopf herum, dass ich mich schon frage, wie das ist, wenn man schwul ist, dass ich selbst anfange so schwule Sachen zu denken. Genau! Das muss es sein! Ich bin einfach verwirrt. Ich bin nicht wirklich schwul, ich stelle mir nur vor, wie es wäre, und da kann es ja schon mal vorkommen, dass einem plötzlich Dinge an seinem besten Freund auffallen, die man vorher nie beachtet hat. Ja, das ist es! Ich bin einfach ein sehr einfühlsames Kerlchen, stellte Crow selbstzufrieden grinsend fest. „Sag mal, an was denkst du gerade?“, fragte Yuusei etwas verwundert über das unerklärliche Gebaren seines Freundes. „Nichts besonderes!“, lachte Crow verschmitzt. „Lass uns lieber endlich den Fernseher einschalten und gucken, was so läuft!“ Etwas später, während sie einen Action-Film guckten, wollte Crow plötzlich wissen: „Du, wie ist das eigentlich, wenn man schwul ist? Wie hast du es bemerkt?“ „Wie das ist? Du stellst vielleicht Fragen“, wunderte sich Yuusei. „Hm, ich würde sagen, es ist nicht anders, als wenn man hetero ist. Nur, dass man eben auf Männer steht.“ „Ja, aber, man erwartet das doch nicht von Anfang an, ich mein, die Norm ist doch, dass man hetero ist, da denkt man doch nicht gleich daran, dass man schwul sein könnte. Na ja, und es würde mich halt mal interessieren, wie du es bemerkt hast. Nur so aus Neugierde“, rubbelte sich Crow verlegen durch die Haare. „Ach so. Nun ja, eigentlich gibt es dazu nicht viel zu sagen. Ich habe es halt bemerkt, als ich mich in Jack verliebt habe. Ich meine, ich bin nicht der Typ, der sich für jeden Mann interessiert und deshalb habe ich es auch erst so spät bemerkt. Dieses Gefühl war zwar schon immer da, aber es ist mir erst spät bewusst geworden, was es bedeutet. Eigentlich waren mir die ganze Zeit mehr Duel-Monsters und mein D-Wheel wichtig. Aus diesem Grund habe ich mich auch nicht gewundert, dass ich nie eine Frau toll fand. Doch für Männer habe ich mich genauso wenig interessiert. Das kam erst, als mir bewusst wurde, dass meine Gefühle für Jack über eine normale Freundschaft hinausgehen. Und dass ich ihn gern berühren würde und so... na ja, du weißt schon“, lief Yuusei etwas rot an. „Und wer weiß, wenn Jack eine Frau wäre, dann hätte ich mich bestimmt auch in sie verliebt. Ich liebe ihn einfach so, wie er ist.“ „Verstehe“, erwiderte Crow und wunderte sich, warum er plötzlich so traurig war. „Also, wenn ich dir irgendwie helfen kann über die Sache mit Jack hinwegzukommen, dann sag mir Bescheid.“ „Aber das tust du doch schon“, lächelte Yuusei ein bisschen. „So, na ja dann...“, blickte Crow verlegen wieder auf den Fernseher. „Sag mal, welche Schauspieler findest du eigentlich toll?“, platzte er ein paar Minuten später heraus. „Wie? Ich... also, da fällt mir jetzt keiner ein, ich gucke ja sonst nicht viele Filme.“ „Und was findest du an Männern attraktiv? Würde mich jetzt nur mal interessieren.“ Crow fragte sich, was er da eigentlich gerade laberte. Wieso fing er jetzt an, Yuusei wegen so einem Thema auszuquetschen? Doch irgendwie war er einfach verdammt neugierig. „Hm, ich weiß nicht“, zwirbelte Yuusei nachdenklich eine Haarsträhne um seinen Zeigefinger. „Was stellst du mir heute aber auch für Fragen? Eigentlich habe ich noch nie auf andere Männer außer Jack geachtet.“ „Ach so. Und wie findest du zum Beispiel diesen Schauspieler?“, zeigte Crow auf den Hauptdarsteller ihres Films. „Oh, als Schauspieler finde ich ihn gut. Aber als Mann ist er nicht so mein Typ. Sag mal, was soll diese ganze Fragerei eigentlich?“, guckte Yuusei etwas genervt zurück. Was wollte Crow damit bezwecken? Gut, er war also homosexuell, aber das war doch noch kein Grund wie bei einem Tier im Zoo alles mögliche über ihn herausfinden zu wollen. Aber nein, ich tue Crow unrecht. Er will mich bloß besser verstehen, weil er eben ein wahrer Freund ist, beruhigte er sich. Trotzdem war ihm diese Fragerei unangenehm. So genau hatte er nämlich auch noch nicht über dieses Thema nachgedacht. Das einzige, was wer wusste, war, dass er Jack liebte. „Ach, nichts, ich bin nur neugierig, das ist alles.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)