Menschsein von lunalinn (Ulquiorra/Orihime) ================================================================================ Kapitel 1: Wider Willen ----------------------- Leise summend führten schlanke Finger den gelben Buntstift über das Blatt Papier, welches vor ihr auf dem Tisch lag. Recht schnell entstand ein großer Kreis, den sie ordentlich auszumalen begann, und rundherum zog die dünne Spitze kleine Striche. Inoue Orihime lächelte zufrieden, malte ihrer Sonne dann mit Rot noch ein lachendes Gesicht auf und betrachtete ihr Werk glücklich. Vorn sprach ihre Lehrerin, Ochi Misato, gerade über die Aufgabe, die sie nach den Ferien abgeben sollten. Einen Aufsatz über das, was sie erlebt hatten…eigentlich ja nichts Neues, so wie jedes Jahr, wenn sie zurückdachte. Eigentlich war daran auch nichts Schlimmes, sie für ihren Teil schrieb sehr gern über schöne Erlebnisse, und nach den ganzen düsteren Geschehnissen in Hueco Mundo wollte sie vor allem diesen Sommer voll und ganz ausleben. Mit ihren Freunden…mit Ichigo und Tatsuki…Ishida…Sado…und vielleicht ja sogar mit Ulquiorra. Letzterer befand sich nun in einem von Urahara angefertigten Gigai und wohnte bei selbigem Ladenbesitzer, seit sie ihn nach dem Kampf mit Ichigo mithilfe ihrer Kräfte zurückgeholt hatte. Wie genau sie das angestellt hatte, wusste sie nicht…aber sie wusste, warum sie es getan hatte. Ulquiorra war sicher keine schlechte Person, ganz bestimmt nicht…denn auch wenn er sie entführt und ihre Freunde bedroht hatte, war er ihr gegenüber niemals gewalttätig geworden. Und wie er nach ihrer Hand gegriffen hatte, als er sich in Asche aufgelöst hatte…sie senkte den Blick wieder aufs Papier, malte der lachenden Sonne mit grün zwei Striche auf die Wangen. Stirnrunzelnd legte sie den Kopf ein wenig schräg, musterte ihr Kunstwerk einen Augenblick lang…dann musste sie ein Kichern unterdrücken. Das sah gar nicht wie Ulquiorra aus…Ihr Blick wanderte wieder nach vorn, zu Ichigo, der nicht wirklich aufzupassen schien, sondern aus dem Fenster sah. Ob er an Rukia dachte? Bestimmt…aber der Gedanke machte sie nicht mehr ganz so traurig wie vor dem Kampf gegen Aizen. Vielleicht weil seitdem so viel passiert war, das sie ein bisschen stärker gemacht hatte, so dass sie nun damit umgehen konnte…mit ihren Gefühlen. Außerdem dachte sie selbst ja auch sehr häufig an Rukia...und an Renji und auch an Rangiku. Seit dem großen Kampf waren nun gut sechs Monate vergangen und in diesen hatten die Shinigami sie noch kein einziges Mal besucht. Eigentlich schade... Orihime lächelte schwach, legte dann den Kopf auf die verschränkten Arme, wobei ein paar kupferfarbene Haarsträhnen ihre Haut kitzelten. „Hm…“ Und ebenso war es schade, dass sie nur noch etwas über ein Jahr auf ihrer Schule waren. Ob sich dadurch etwas ändern würde? Bestimmt…allein weil Ichigo und Ishida Medizin studieren wollten – dafür würden sie sicher wegziehen, womöglich in ein Studentenwohnheim. Und Tatsuki würde vermutlich auch weggehen, um ihren Traum, die stärkste Frau der ganzen Welt zu werden, zu verwirklichen. Sado hatte gewiss auch irgendwelche Pläne für die Zukunft…aber was war mit ihr? Orihime wollte so vieles werden. Sie wollte als Bedienung in ihrem Lieblingscafé arbeiten, weil sie die Kleidung so furchtbar süß fand. Dann wollte sie Krankenschwester werden, um so vielen Menschen wie möglich zu helfen. Und Modedesignerin wollte sie auch werden…und Friseurin würde sicher auch Spaß machen! Oh, und Köchin wollte sie ja auch werden, damit alle ihr leckeres Essen kosten konnten. So viele Wünsche…aber entscheiden konnte sie sich ja doch nicht. Na ja, ein Jahr hatte sie ja immerhin noch Zeit zum Überlegen und bis dahin würde sie sicher eine Entscheidung getroffen haben, sprach sie sich selbst Mut zu. Sie blickte auf, als der Schulgong ertönte und fast alle Schüler und Schülerinnen jubelnd aufsprangen. Die Sommerferien hatten begonnen...und plötzlich fand Orihime, dass es nicht richtig sein würde, wenn sie nun einfach alle nach Hause gingen. Sie wusste, dass es dann mindestens eine Woche dauern würde, bis sich jemand dazu durchrang, sich zu melden. Also entschied sie sich, etwas dagegen zu unternehmen…dieser Sommer musste einfach total schön werden! Etwas, an das sie sich immer erinnern würden! „Du willst was?“ Tatsuki blinzelte ihre beste Freundin irritiert an, war von deren Vorschlag ein wenig überrumpelt. Doch Orihime strahlte sie nur noch mehr an. „Campen fahren! Am besten in der Nähe vom Strand…dann können wir tagsüber ins Wasser und grillen und abends schlafen wir in Zelten und sitzen am Lagerfeuer und singen Lieder und wir können zusammen kochen und dann-“ „Okay…ganz ruhig, Orihime!“, stoppte Tatsuki den Redefluss ihrer Freundin, musste aber über deren Eifer grinsen. Eigentlich klang das ja gar nicht mal so schlecht…sie mochte Camping jedenfalls, nur… „Wer ist ‚wir‘?“ Orihime funkelte sie aus glänzenden Augen an. „Na, Kurosaki-kun, Ishida-kun, Sado-kun und vielleicht ja auch Asano-kun und Kojima-kun!“, zählte die Kupferhaarige auf. Tatsuki runzelte die Stirn, schien die Leute, die ihr aufgezählt worden waren, kurz nachzuprüfen…dann nickte sie einverständlich. Vielleicht hatte sie ja vermutet, dass Chizuru auch mit von der Partie sein könnte…bekanntlich mochten sich die beiden nicht sehr. Wenn Orihime ehrlich war, waren ihr die überschwänglichen Umarmungen ihrer rothaarigen Mitschülerin aber auch etwas unangenehm. „Du kommst also mit?“, fragte sie erwartungsvoll. „Ja, klar“, erwiderte Tatsuki und lächelte leicht. „Oh, super! Das wird sicher total lustig!“ „Wissen die anderen denn auch schon von ihrem Glück?“ Orihime hielt inne, rieb sich dann verlegen den Nacken; natürlich wussten sie noch nicht davon. „Ähm, nein…noch nicht…wieso, denkst du, sie wollen nicht?“, fragte sie unsicher, legte den Kopf etwas schief. Tatsuki schmunzelte. „Frag sie doch einfach…dahinten sind sie!“ Orihime blickte in die Richtung, in die ihre Freundin zeigte, und sofort hellte sich ihre Miene auf. „Kurosaki-kun!“ Sowohl Ichigo als auch Ishida hatten ihren Vorschlag mit Skepsis empfangen, aber schließlich zugesagt…so wie auch Sado. Keigo und Mizuiro hatten eher durch Zufall mitbekommen, was sie vorhatten, wollten aber auch mitkommen. Orihime verstand nicht recht, warum sie alle so lange mit ihrer Zusage gezögert hatten…immerhin hatten sie so viel gemeinsam erlebt. Oder war das gerade der Grund für das Verhalten der anderen? Sicher…auch sie würde wohl niemals die Zeit in Hueco Mundo vergessen…die schrecklichen Dinge, die dort passiert waren. Ihr Zimmer mit den vergitterten Fenstern…die vielen Leute, die sie hatte sterben sehen. Aber das war jetzt über ein halbes Jahr her und allmählich war es wohl an der Zeit, wieder zum normalen Alltag zurückzukehren…abgesehen von den Hollows, die sich noch manchmal in Karakura-Chou herumtrieben. Oder war sie naiv? Vielleicht ein bisschen… Leise seufzte sie, setzte ihren Weg aber zum Urahara-Shouten fort. Jetzt wo sie fast da war, zweifelte sie doch ein wenig an ihrem Vorhaben – sie hatte schon ihre Gründe gehabt, weshalb sie den anderen verschwiegen hatte, dass sie vorhatte, Ulquiorra zu fragen, ob er nicht Lust hätte mitzukommen. Ichigo, Ishida und Sado wussten, dass er hier war, bei Urahara, und sie hatten auch nichts dagegen; immerhin hatte der Ex-Taichou versichert, dass er aufpassen würde, dass Ulquiorra keinen Schaden anrichtete. Wobei Orihime der Meinung war, dass das nicht unbedingt von Nöten sein würde… Ulquiorra war so beherrscht, dass es beinahe schon komisch war, einen Amoklauf von ihm zu erwarten. Das war überhaupt nicht seine Art, denn auch wenn er die Menschen nach eigener Aussage verabscheute, so hatte er niemals ohne einen Grund getötet. Und welchen Grund hätte Ulquiorra schon, irgendwelche unschuldigen Menschen anzugreifen? Ihr zumindest fiel kein einziger ein – nicht seit Aizen tot war. „Urahara-san? Hallo?“ Stille antwortete Orihime, als sie den Shop betreten hatte…wie eigenartig. Warum brannte denn kein Licht? Machte Urahara etwa Urlaub? Vielleicht sogar mit Yoruichi? Das Mädchen hatte ja schon seit Längerem die Vermutung, dass die beiden zusammen waren. Immerhin kannten sie sich schon Jahrhunderte und sie passten irgendwie auch gut zusammen. Orihime schob den Gedanken vorerst beiseite, fragte sich, ob sie nicht gerade zur Ruhezeit kam…aber der Mittag war ja auch schon lange vorbei und zudem wäre dann bestimmt die Tür abgeschlossen. Sie zögerte kurz, ging dann ein paar Schritte weiter, wollte sich vergewissern, ob nicht wenigstens Jinta und Ururu oder gar Tessai da waren. Doch gerade als sie den Mund aufmachte, um die Namen der drei zu rufen, hörte sie mit einem Mal das Knarzen des Holzbodens hinter sich, erstarrte. „…Was machst du hier, Frau?“ Sie warf vor Schreck die Hände in die Luft, als sie die tiefe Stimme hinter sich hörte, kreischte auf. Dann fuhr sie herum, sah direkt in zwei smaragdgrüne Iriden, die sie so ruhig wie eh und je fixierten. Immer noch ziemlich erschrocken legte sie sich eine Hand auf die Brust, spürte ihr rasendes Herz, versuchte gleichzeitig ihren Atem zu beruhigen. „U-Ulquiorra!“, brachte sie nur heraus, starrte den Schwarzhaarigen perplex an.„Du hast mich erschreckt!“, fügte sie dann vorwurfsvoll an, doch seinem desinteressierten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien ihm das relativ egal zu sein. „Wärst du aufmerksamer gewesen, dann hättest du mich bemerkt“, erwiderte er bloß. Er klang genau wie damals in Las Noches, als er sie in ihrem Zimmer überrascht hatte...sachlich und distanziert. Ohne irgendein Gefühl in der kalten Stimme. Sie schluckte leicht, ehe sie ihm etwas erwiderte, um die Stille nicht noch länger anhalten zu lassen. „Wie lange stehst du schon hinter mir?“ „Seit zwei Minuten.“ „Oh…“ Sie schwieg einen Moment, musterte ihn so unauffällig wie möglich; es war schon eine Weile her, seit sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Einen Monat bestimmt…und es war noch genauso seltsam wie beim ersten Mal, ihn ohne seine Maske zu sehen. Der Gigai glich ihm ansonsten bis aufs Haar…sogar die grünen Tränenspuren befanden sich noch auf seinen Wangen. Ob er fröhlicher aussehen würde, wenn sie nicht da wären? Wahrscheinlich nicht…aber vielleicht wenn er einmal lächelte? Seltsamer Gedanke, sich Ulquiorra beim Lächeln vorzustellen…befremdlich. „Urahara Kisuke befindet sich außerhalb dieses Gebäudes.“ Sie nickte verstehend, wenngleich sie etwas überrascht war, dass er ihr das so unaufgefordert mitteilte. „Wo ist denn Tessai-san? Und Jinta-kun und Ururu-chan?“ „Ebenfalls außerhalb“, kam die knappe Antwort. „Ah…“ Wieder war es still zwischen ihnen…und sie wusste beim besten Willen nicht, was sie jetzt sagen sollte. Eigentlich war sie ja wegen ihm gekommen, um ihm von ihrer Camping-Idee zu erzählen. Aber Urahara war für den ehemaligen Espada verantwortlich. Was war, wenn er es nicht erlaubte und Ulquiorra schon eingewilligt hatte? Dann würde er sicher enttäuscht sein…er würde es bestimmt nicht zeigen, aber wer wäre nicht enttäuscht, wenn man sich auf etwas freute, das dann doch nicht möglich war? Was sollte sie denn jetzt machen? „Also…bist du ganz allein hier?“, fragte sie schließlich, wenn auch nur, um das unangenehme Schweigen zwischen ihnen zu brechen. Er nickte. „Hm…und wie ist es so bei Urahara-san?“ Orihime konnte sich eigentlich nur schwer vorstellen, dass Ulquiorra viel Sympathie für den ausgeflippten Shinigami hegte. Sie selbst mochte diesen eigentlich sehr gern, auch wenn er etwas verrückt war. „Erträglich“, antwortete er kurz angebunden. Das klang ja relativ neutral, aber auch nicht so, als würde er sich hier sonderlich wohl fühlen. Bestimmt fand es der Cuarta Espada schon furchtbar, in diesen Gigai eingesperrt zu sein…obwohl, vielleicht war es ja auch ganz angenehm? Rukia hatte sich jedenfalls niemals darüber beschwert. Sie musterte den Schwarzhaarigen ein wenig, fragte sich, ob Urahara oder gar Yoruichi mit ihm einkaufen gegangen waren. Der Gedanke daran, dass die beiden mit ihm gemeinsam shoppen gingen und ihn dabei in die unmöglichste Kleidung zwängten, brachte sie zum Kichern. Na ja, bei dem Humor des blonden Wissenschaftlers konnte Ulquiorra wohl froh sein, dass er nun dunkle Jeans, einfache Turnschuhe und ein schwarzes T-Shirt mit grünen Druckbuchstaben, welche die Worte „Don’t worry, be happy!“ formten, trug. „Was ist so lustig, Frau?“ Ups… „Ach…gar nichts“, sagte sie schnell, lachte nervös, wohl wissend, dass er ihr das nicht abnehmen würde, und sein skeptischer Blick bewies das nur zu gut. Aber ins Gesicht sagen wollte sie ihm ihre Gedanken auch nicht. „Uhm…weißt du, eigentlich bin ich hergekommen, um dich etwas zu fragen“, lenkte sie daher schnell ein. Die Skepsis in seinem Blick schien sich noch zu steigern, was man daran erkannte, dass er die Brauen noch ein wenig stärker zusammenzog. „Worum geht es?“ Ein Zurück gab es nun nicht mehr...blieb zu hoffen, dass Urahara nichts dagegen hatte. „Na ja…“, begann sie, zog mit ihrem Schuh unsichtbare Kreise auf dem Boden, während sie die Hände hinter ihrem Rücken verschränkte, weil sie einfach nicht wusste, wohin damit. „…Ich dachte mir, wir könnten vielleicht zusammen campen fahren“, rückte sie dann mit der Sprache heraus. Keine Reaktion. „Ich meine, in Hueco Mundo war es so trostlos…immer nur Wüste und Nacht…und das finde ich schade, weil der Sommer hier wirklich schön ist! Wir können in Zelten schlafen und ein Lagerfeuer machen, singen und grillen und schwimmen gehen – der Strand ist ganz in der Nähe und…also, natürlich nur, wenn du Lust hast, aber ich wette, es wird dir eine Menge Spaß machen!“ Sie verstummte langsam, als sie merkte, dass er noch kein Wort dazu gesagt hatte, hob zögerlich den Blick. Wenigstens schaute er nicht allzu abgeneigt, eher so, als würde er überlegen. Dann fiel ihr ein, dass er vielleicht gar nicht wusste, was Campen bedeutete…dass er vermutlich wie alle Hollows keine Erinnerungen an solche Dinge aus seinem früheren Leben hatte. Oder noch schlimmer! Was, wenn er sie auch als Mensch nicht erlebt hatte? Das wäre ja wirklich furchtbar, wenn ihm so etwas vorenthalten worden wäre! Wenn dem so war, dann musste Ulquiorra unbedingt mitkommen, damit er das alles nachholen konnte! "Spaß?" So wie der Arrancar es aussprach, konnte man fast glauben, dass er noch nie welchen gehabt hätte – aber so abwegig schien ihr die Vermutung eigentlich doch nicht. An einem Ort wie Hueco Mundo war Spaß nicht von Bedeutung, dort zählte nur das Überleben...und das war mindestens genauso traurig wie die Tatsache, dass Ulquiorra weder Campen noch Spaß kannte. "Ja! Ich bin ganz sicher, dass es dir gefallen würde! Kurosaki-kun und die anderen kommen auch mit! Weißt du, mit Freunden macht das Campen richtig-" "Ich habe keine Freunde", unterbrach er sie unerwartet und sie hielt inne. Seine Miene schien plötzlich noch verschlossener zu sein als zuvor, das kurzweilige Interesse verlosch in seinen grünen Augen, machte der gewohnten Kälte Platz – hätte sie die anderen nicht erwähnen sollen? "Aber du könntest-" "Ich bin ein Hollow, Frau." "Ich w-" "Wie kommst du dann auf den absurden Gedanken, ich würde mich mit menschlichem Abschaum abgeben wollen?" Sie biss sich auf die Lippe, hörte den Satz in ihren Ohren widerhallen...und nach so viel vergangener Zeit war sie einfach nur enttäuscht über seine Worte. Vielleicht war sie ja wirklich naiv gewesen zu glauben, dass Ulquiorra seine Ansichten ändern würde, nur weil sie ihm das Leben gerettet hatte...oder weil sie seinen Worten vom "Herz" irgendwelche Bedeutung zugemessen hatte. Dennoch...auch wenn er so beleidigend war, wollte ein Teil von ihr nicht einfach aufgeben. Also nahm sie ihren Mut zusammen und schaute ihn fest aus ihren anthrazitfarbenen Iriden an. "Ich glaube, dass du nur so redest, weil du es nicht kennst, und weil du es nicht kennst, hast du Angst, es auszuprobieren!" Ulquiorra weitete seine Augen leicht, starrte sie an. "Das ist lächerlich, Frau." "Ist es das?" "Ja." "Wenn das so ist, dann kannst du auch mitkommen!" "... Nein." "Also hast du doch Angst!" "Frau..." Sie überging seine Warnung geflissentlich, erwiderte auch weiterhin unnachgiebig seinen starren Blick. "Es ist doch nichts dabei...oder möchtest du so gern bei Urahara-san bleiben?" Glauben konnte sie das ja immer noch nicht recht. Und da Ulquiorras Antwort erst nach ein paar Sekunden kam, bestätigte dies nur ihre Vermutung, dass der Schwarzhaarige nicht wirklich mit dem Ladenbesitzer sympathisierte. "Darüber diskutiere ich nicht." Anscheinend war er diesbezüglich so stur wie sie selbst, aber dieses Mal würde sie sich durchsetzen! "Ich bin auch nicht zum Diskutieren hergekommen...ich dachte, du freust dich darüber", versuchte sie es weiter. "Weil...du hier doch niemanden hast." Das Letzte hatte sie nur sehr leise gesagt, senkte den Blick ein wenig; manchmal fragte sie sich, ob er sie dafür hasste, dass sie ihn zurückgeholt hatte. Dass er wegen ihr in dieser Welt leben musste, in der er sich nicht auskannte und die er mitsamt ihrer Bewohner verabscheute. Er hatte sich damals nicht bei ihr bedankt...sie einfach nur entsetzt angestarrt. Und sie? Sie hatte nicht gewusst, was sie sagen sollte oder wie sie sich ihm hätte erklären sollen. Oder ob er überhaupt eine Erklärung hatte hören wollen. Sie hatte es einfach getan...und er hatte es hingenommen. "Ich komme zurecht." Eigentlich hatte sie gar keinen richtigen Grund, daran zu zweifeln, immerhin war er ziemlich stark und im Gegensatz zu Hueco Mundo erschien ihr Karakura wie ein Paradies...aber vermutlich erging es ihr so, weil sie hier aufgewachsen war. Weil sie hier zuhause war, während Ulquiorra einfach nur fehl am Platz wirkte. Ganz gleich wie er angezogen war, ob seine Maske fehlte...allein die Art, wie er mit ihr sprach, machte deutlich, dass er gar kein Teil dieser Welt sein wollte. Und sie konnte es ihm nicht einmal übel nehmen. Es war ihre Schuld, dass er jetzt hier war und in diesen Gigai eingesperrt so angepasst wie möglich leben musste...Aber genau deshalb war es auch ihre Aufgabe, ihm zu zeigen, wie schön das Leben hier sein konnte. Wenn er sich nur darauf einlassen würde. "...Wirklich?", stellte sie seine Antwort infrage. "Weißt du, ich glaube dir nicht...ich glaube, dir gefällt es hier überhaupt nicht." Sie machte eine kurze Pause, setzte dann wieder ein Lächeln auf. "Deshalb möchte ich, dass du mitkommst! Damit du siehst, dass es wirklich schön ist, hier zu leben. Ich bin ganz sicher, dass Urahara-san nichts dagegen haben wird! Und-" "Ich habe wogegen nichts?" Orihime hielt inne, als sie die Stimme des Ladenbesitzers vernahm, auch nur wenig später die Tür aufgeschoben wurde und Urahara – scheinbar gut gelaunt – eintrat. "Urahara-san!" Genannter machte ein paar schnelle Schritte auf sie zu, umfasste ihre Hände und schüttelte sie kräftig, ignorierte Ulquiorra vollkommen. "Ah, Inoue-san! Ich wusste gleich, dass du es bist, als ich deine glockenhelle Stimme hörte! Du warst so lange nicht hier! Wie kann ich dir helfen?" Sie erwiderte das strahlende Lächeln des blonden Mannes, während dieser immer noch ihre Hände schüttelte. "Also-" "Oh wie unhöflich von mir! Eigentlich bietet man seinen Gästen erst etwas zu trinken an...Moment!", fiel es ihm dann ein und er drehte sich zu dem Arrancar um. "Eigentlich bist du es, der unhöflich ist! Wirklich, Ulquiorra-san, dass du die arme Inoue-san nicht mal ins Wohnzimmer bittest! So geht man aber nicht mit einer Dame um!", belehrte der ehemalige Taichou der zwölften Division den Schwarzhaarigen und wedelte mit dem Zeigefinger vor dessen Nase herum. "Oh, ähm, nein...schon in Ordnung, nur keine Umstände! Ich wollte ja sowieso nicht lange bleiben!", sagte das Mädchen schnell und hob beschwichtigend die Hände, während Ulquiorra den Shinigami vor sich mit einem eisigen Blick strafte, der klar machte, was er von dessen Tadel hielt. "Nicht? Wie überaus schade...aber nun denn, was kann ich für dich tun?", schenkte ihr Urahara wieder seine Aufmerksamkeit. "Uhm...also, ich bin eigentlich nur hier, weil ich Ulquiorra fragen wollte, ob er mit uns campen fahren möchte...", rückte sie vorsichtig mit der Sprache heraus, sah, wie ihr Gegenüber verblüfft die Brauen hob. "Campen?" Sie nickte bestätigend, woraufhin der Blondschopf dem ehemaligen Espada einen Blick zuwarf, doch dieser schaute bloß stur zur Seite. "Ich habe bereits abgelehnt", teilte er ihm auf dessen unausgesprochene Frage hin mit. Orihime verzog traurig das Gesicht. "Ah...verstehe." Urahara nickte, legte eine Hand ans Kinn und schwieg einen Moment. "Nun, dann sollten wir keine Zeit verlieren und Ulquiorra-sans Sachen zusammenpacken! Bei einem Camping-Ausflug braucht man eine gewisse Ausrüstung!", verkündete er dann plötzlich überaus freudig und erntete von Orihime einen überraschten Blick. Ulquiorra starrte den Ladenbesitzer nahezu tödlich an. "Aber wenn Ulquiorra gar nicht möchte...", wandte das Mädchen zweifelnd ein, erhielt aber nur ein breites Grinsen. "Ach was! Er möchte doch so gern mit, er traut sich nur nicht, der schüchterne Knabe!", behauptete er und klopfte dem Schwarzhaarigen auf die Schulter. "Hab ich nicht Recht, Ulquiorra-san?", fragte er gleich darauf, während Orihime strahlte. Ulquiorra antwortete nicht, aber anhand dessen, dass sein Blick sich noch ein wenig mehr verfinsterte, konnte man erkennen, dass er die Begeisterung der anderen beiden nicht teilte. Der Shinigami zog deshalb den Arrancar etwas näher zu sich, beugte sich zu dessen Ohr vor. "Überleg dir deine Antwort gut", raunte er in einer fast schon unheimlichen Tonlage und noch dazu so leise, dass Orihime es nicht hören konnte. "Mit Inoue-san campen fahren oder hier bleiben...von deiner Entscheidung hängt einiges ab...der Boden muss mal wieder geschrubbt werden...und die Toilette hat es auch wieder nötig. Und vergiss nicht, wer dir immer dein Essen kocht..." Ulquiorra verspürte den schrecklichen Drang, den Blonden mit einem Cero zu pulverisieren...wissend, dass das keine Option war, da der andere einfach in der besseren Position war. Welches bei dieser Entscheidung das kleinere Übel war, fand er nicht schwer zu erraten...die Toilette zu säubern war – besonders im Haushalt Uraharas – stets eine für seine sensiblen Sinne nicht gerade angenehme Erfahrung… Zu allem Überfluss lächelte ihn die Frau auch noch so erwartungsvoll an...was es nicht leichter machte, sondern ihn unter unangenehmen Druck setzte. "Hast du deine Meinung geändert, Ulquiorra? Willst du doch mit?" Er konnte die Euphorie in ihrer Stimme hören. Urahara lächelte ihn immer noch mit diesem Horrorblick an, nahm die Hand nicht von seiner Schulter. Ulquiorra bezweifelte nicht, dass der Shinigami seine Drohung ernst meinte, und darüber hinaus hatte er auch keinerlei Ambitionen, es darauf ankommen zu lassen. Aus dieser Lage gab es wohl kein Entkommen...entweder er ging mit dem Weib und deren Freunden campen – was auch immer das sein mochte – oder Urahara übertrug ihm Tsukabishi Tessais unangenehme Arbeiten. Wehren konnte er sich schlecht dagegen, wie er schon nach relativ kurzer Zeit erkannt hatte, denn auch wenn sich ein Arrancar von Seelen nährte…dieser so genannte Gigai verlangte nach menschlicher Nahrung. Diese Nahrung wiederum forderte einen gewissen Tribut in Form von Papierscheinen und Münzen – die man sich durch Arbeit verdienen musste…und Arbeit hatte Urahara genug. Vielleicht mochten die Regeln in Hueco Mundo primitiv gewesen sein…aber für Ulquiorra waren sie um einiges erträglicher gewesen. Letztendlich blieb ihm nichts anderes übrig, als zu resignieren. "...Ja." "Oh, super!! Das freut mich wirklich! Ich bin sicher, dass du es nicht bereuen wirst!" Wie schön, dass sich da wenigstens Eine sicher war. Ohne etwas darauf zu erwidern, wischte er die Hand Uraharas von seiner Schulter, fixierte diesen kalt. Dies schien den Shinigami allerdings nicht zu kümmern, denn er grinste bis über beide Ohren. „Dann ist ja alles klar, nicht wahr, Inoue-san?“ Orihime strahlte nicht weniger als Urahara, freute sich wirklich, dass sie es doch noch geschafft hatte, Ulquiorra zum Mitkommen zu überreden. Und auch wenn er noch ein bisschen skeptisch wirkte, so war sie doch sicher, dass er ihr schon bald sehr dankbar sein würde. „Ich komme morgen wahrscheinlich nochmal vorbei, wenn wir entschieden haben, wann wir losfahren“, informierte sie den Arrancar, der bloß nickte. Ein bisschen mehr hätte er sich schon freuen können, aber vermutlich war er nur so still, weil er das nicht kannte. Deshalb würde sie ihm auch zeigen, wie toll Camping war! „Dann gehe ich jetzt nach Hause. Tschüss, Ulquiorra! Tschüss, Urahara-san!“ Und mit diesen Worten lief sie an den beiden Männern vorbei, machte sich mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen auf den Heimweg. Das würden garantiert die besten Sommerferien werden, die sie je gehabt hatten, dachte sie glücklich. Es konnte gar nicht anders sein, wenn sie es schon geschafft hatte, Ulquiorra dazu zu bewegen mitzukommen! ______________________________________________________________ Orihimes Optimismus müsste man haben...stellt sich die Frage, ob ihre Freunde Ulquiorra genauso positiv aufnehmen wie sie selbst. Aber mehr dazu im zweiten Kapitel! Ich bemühe mich stets sehr, die Charaktere so darzustellen, wie sie auch im Manga/Anime auftreten, und hoffe, dass mir dies gelungen ist. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei , die sich als Beta-Leserin angeboten und ihren Job mehr als gut gemacht hat, bedanken! Die ff ist zwar meine Idee gewesen, ich kann aber wohl behaupten, dass sie selbst auch einen großen Teil dazu beigetragen hat und ich ohne ihre Unterstützung kaum so schnell vorangekommen wäre. ^^ Wir beide würden uns sehr über Rückmeldungen zu diesem Kapitel freuen und hoffen, dass ihr diese ff auch weiterhin mitverfolgt! lg Pia Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)