Feuertänzer von GeZ ================================================================================ Kapitel 7: Road Trip -------------------- @Onlyknow3: Danke für dein Feedback. :3 Mal sehn, wer hier wen zähmt und zureitet. *kihihi* _________ „Mom?“ Ich stellte mich taub. Der Bus jedoch blieb nicht stumm. Erst schrammte er mit einem Rumms-artigen Geräusch geradewegs durch ein Schlagloch – bestimmt hatte der Fahrer absichtlich mitten auf dieses Hindernis zugesteuert, nur um mich noch mehr aufzuregen – und dann jaulte der Motor wegen dem unsanften Schlag, den er verpasst bekommen hatte, auf. Auch mein Steißbein hätte sich sicher auf ähnliche Weise bemerkbar gemacht, wenn es dazu in der Lage gewesen wäre, denn die Stoßdämpfer des uralten Busses, in dem ich saß, funktioniert mehr schlecht als recht. „Sind wir schon da, Mom?“ drang es in neckendem und fröhlichem Ton an mein Ohr. Jetzt konnte ich die Stimme nicht mehr ignorieren, dazu lagen meine Nerven momentan eindeutig zu blank. „Nein.“ murrte ich also. Eine gute Viertelstunde würde die Klapperkiste noch brauchen, stellte ich fest, als ich schließlich selbst, begierig endlich anzukommen, einen Blick aus dem Fenster hinaus auf die nächtlichen Straßen New Yorks geworfen hatte. „Wann sind wir da, Mom?“ wollte die schon seit Beginn der Fahrt penetrant quatschende Stimme nun gespielt kindisch quengelnd wissen. „Ich bin nicht deine ‚Mom‘!“ rief ich aufgebracht und sah Timothy zum ersten Mal, seit wir dieses Gefährt betreten hatten, direkt an. In den kornblumenblauen Augen glitzerte es belustigt über meinen Gefühlsausbruch, bevor der Junge die Lider senkte und die Mundwinkel nach unten zog in dem Bemühen, einen möglichst traurigen Eindruck zu erwecken. „Oh...“ schniefte er theatralisch und scheinbar tief verletzt. „Ja, oh!“ blaffte ich nur unberührt zurück. So leicht konnte man mich nun auch nicht weichkochen, vor allem nicht, wenn man mich zuvor dermaßen in Rage versetzt hatte. Einen kurzen Moment war es still und ich lehnte mich seufzend in meinen Sitz, was ich allerdings bereute, als der Fahrer dem Bordstein zu nahe kam, was diesmal nicht nur mein Gesäß, sondern auch mein Rücken zu spüren bekam. „Ich würd schon gern wissen, wie weit es noch ist...“ meinte Timothy ruhiger, ernsthafter. Ich schwieg weiter und rieb mir über die Schultern. Wegen den vermutlich nicht vorhandenden Stoßdämpfern würde ich noch blaue Flecken bekommen... Wir saßen mittig im Bus, denn ich wollte weder von vorne, noch von hinten zerquetscht werden, sollten wir in einen Unfall verwickelt werden. Um auch seitlich einigermaßen sicher zu sein, hatten wir Sitze an dem Gang eingenommen. Ich war ganz froh gewesen, dass sich Timothy da meinem Tick gebeugt hatte, zumal dies den Vorteil in sich barg, dass wir nicht zusammen, sondern einzeln auf sich gegenüberliegenenden Zweiern saßen. Auf den freien Platz neben sich hatte der Junge einen braunen, speckig-glänzenden Lederkoffer gelegt, der seine beste Zeit eindeutig schon hinter sich hatte. Neben mir lag meine dunkelblaue Umhängetasche. Natürlich wäre ich niemals freiwillig in den Bus gestiegen, doch Timothy hatte darauf bestanden, weil er nicht stundenlang durch den Regen laufen wollte. Ich bedauerte es, dass ich ihn diesbezüglich nicht angelogen hatte, denn vielleicht hätte er nichts gegen das zu-Fuß-Gehen gehabt, wenn er geglaubt hätte, es würde nicht weit zu meiner Wohnung sein. Leider war ich zumeist zum Lügen genauso unfähig wie zu normaler Konversation. Gleich nach der Anordnung der Krähe, dass ich den Jungen mitnehmen sollte, war dieser, nachdem er sich nach dem unsanften Sturz von den Beinen des Hausherrn wieder aufgerappelt hatte, aus dem Saal geeilt und mit dem gepackten Koffer zurückgekommen. Das Ganze war geplant, wurde mir in diesem Moment schlagartig klar, nur verstand ich beim besten Willen nicht, was es für eine Strafe sein sollte, wenn ich ihn mitnahm – mittlerweile wusste ich es allerdings. Timothy war die personifizierte Bestrafung, weil sein Mundwerk ohne Unterlass zu arbeiten und er ununterbrochen reden zu können schien. Nicht zum ersten Mal seit der Entscheidung der Krähe fragte ich mich, ob diese anders ausgefallen wäre, wenn ich mich über die Frau mehr aufgeregt hätte? Hätte ich dann sie mitnehmen sollen? Ich hatte mich natürlich stur gestellt, der höheren Position meines Gegenübers zum Trotz, aber es hatte nichts genutzt. Die vielen, irritierenden Informationen, die im Folgenden auf mich niederprasselten wie der Regen an die Fensterscheiben, nahm ich kaum bewusst wahr. Timothy wäre kein Renfield, ich solle nicht von ihm trinken oder ihn überhaupt irgendwie berühren – klar, aber er durfte das, der große Haremsleiter. Allerdings war ich schon etwas beruhigt, dass er mich sozusagen nicht dazu nötigen wollte, dass ich mit dem Jungen sexuell verkehrte. Eine böse Stimme in mir meinte, ich hätte mich ja scheinbar gefügt, wenn es darum gegangen wäre, dass ich genötigt worden wäre, mit der Krähe selbst zu verkehren, aber ich versuchte sie zu ignorieren, ebenso wie ich die Verwirrung zu verdrängen suchte, dass Timothy kein Renfield war. In was für einer Beziehung dieser dann genau zu dem anderen stand, wollte ich lieber gar nicht wissen... Ich glaube, letztendlich hätte ich trotzdem nie auch nur einen Schritt getan, um die Anweisung des Hausherrn zu erfüllen, doch Timothy hatte nach meiner Hand geschnappt und mich mit sich hinausgezogen. In der einen Hand seinen Koffer, an der anderen mich, lief er los. Ich war so verblüfft gewesen, dass ich mich nicht dagegen gestemmt hatte. Glücklicherweise war ich geistesgegenwärtig genug gewesen, mir meine Hüfthose zu schnappen, die noch auf dem hellen Zedernholzparkett im Flur gelegen hatte. Das Anziehen im Laufen hatte sich jedoch schwierig gestaltet, denn sie war immer noch nass gewesen und hatte an meiner Haut geklebt und ohnehin hatte ich nur eine Hand frei gehabt. Ich konnte kaum mit den Schritten von Timothys langen Beinen mithalten und geriet ins Taumeln, landete daraufhin aber nicht wie erwartet auf den Holzdielen, sondern in den warmen Armen der Krähe. Einen kurzen Moment war es wie zu Anfang, als er mich getrocknet hatte, gewesen, dann nahm das Unwohlsein überhand. „Lass mich.“ hatte ich ihn angemotzt und zu meiner Überraschung hatte er auf mich gehört, war aber an meiner Seite geblieben, als fürchtete er, mich gleich wieder vor einem beinahigen Sturz bewahren zu müssen, doch die Gefahr war gebannt gewesen, denn der Junge hatte mich losgelassen und war stehen geblieben, hatte uns beobachtetet. „Dad? Mom hat zugenommen, sie kommt nicht in ihre Hose.“ spöttelte er kichernd an den Hausherrn gewandt, der ihn genauso ungläubig angestarrt hatte wie ich. Das war der Augenblick, in dem er offensichtlich beschlossen hatte, mich Mom zu nennen und auch die Krähe schien zum ersten Mal als Dad tituliert worden zu sein. Ich konnte aber nicht genau feststellen, ob er sich mehr freute oder ärgerte darüber – ihm wurde ja auch nicht die Männlichkeit aberkannt, mir aber schon. Ich war keine Mom! Nachdem ich meine Hüfthose endlich anhatte, wollte Timothy erneut mein Handgelenk ergreifen, doch ich entzog es ihm schnell. „Ich kann alleine laufen!“ fuhr ich ihn an. Er hatte meine Nerven schon zu diesem Zeitpunkt strapaziert. Als wir das Haus schließlich verließen, ruhte das Dunkelgrün nicht nur auf mir, das spürte ich genau und... irgendwie hatte mich dieser Umstand verärgert. Es gab einen lauten Knall und ich zuckte auf meinem Sitz zusammen. Toll, ein wundervoller Tag und der Bus brach auch noch zusammen...! Unwillkürlich glitt mein Blick zum Fenster und ich seufzte erleichtert auf, als ich mir immer bekanntere Straßenzüge wahrnehmen konnte. „Dauert nicht mehr lange.“ murmelte ich leise und ziemlich verspätet auf die Frage des Jungen hin. Ich war einfach zu nett, dass ich ihm nun doch antwortete. Ein weiteres Seufzen verließ meine Lippen. Diesmal kein glückliches, sondern ein bekümmertes. Wie sollte ich Larry denn nur erklären, dass Timothy jetzt mit uns zusammenwohnen würde? Er war Gäste zum Essen ja durchaus gewöhnt, aber niemand blieb länger in unserem Loft. Und nun sollte da dieser nervtötende Junge sein? Auf alle Fälle würde ich Larry ausdrücklich sagen müssen, dass Timothy für mich niemand besonderes war und dass er immer meine Nummer Eins sein würde und sich keiner zwischen uns drängen konnte. Bestimmt würde der Nager das verstehen, schließlich war er ein schlaues Kerlchen. Plötzlich gab der Bus ein undefinierbares Geräusch von sich, das mich furchtbar zusammenzucken und sogar erschrocken aufkreischen ließ. „Das war nur die Tür.“ klärte mich Timothy grinsend auf und ich schnaubte abfällig. War mir egal, was das gewesen war. War ja nicht so, dass ich Angst vorm Busfahren hatte und wie ein Häufchen Elend auf meinem Sitz hockte... Zumindest sollte wenigstens der Junge annehmen, dass mir das alles nichts ausmachte, aber dessen nur noch breiter werdenden Lächeln nach zu urteilen war ich diesbezüglich glorreich gescheitert. Ich konzentrierte mich schnell darauf, den einsteigenden Fahrgast zu mustern. Ein kurzer Blick auf die abgehalfterte Person genügte mir und ich drehte mich wieder Richtung Fenster. Das war der erste Passagier, der nach uns zugestiegen war, kein Wunder also, dass ich den Lärm der sich öffnenden Tür vorhin nicht hatte zuordnen können. Und schon das nächste Mal, wenn dieses Geräusch erklingen würde, könnte ich aussteigen. Frohlockend legte ich mir schon mal den Gurt meiner Tragetasche um die Schulter, während der Bus anfuhr. Der Mann, der auf dem Weg zu einem Platz gerade den Mittelgang zwischen mir und Timothy durchquerte, kam dadurch derart ins Schwanken, dass er mir auf den Schoß fiel. „Autsch.“ entfuhr es mir unwillkürlich, denn ein Leichtgewicht war der Kerl nicht und zudem hatte sich sein Ellenbogen in der Absicht, ihn abzufangen, unbeabsichtigt in meinen Bauch gerammt. Als der Mann keine Anstalten machte, sich sofort wieder von mir zu erheben, sondern mich anglotze und grinste, konnte ich auch ganz deutlich die Alkoholfahne wahrnehmen, die von ihm ausging. „Ähm, ich muss gleich aussteigen.“ stellte ich unangenehm berührt und mir Timothys auf mir ruhenden Blick wohl bewusst fest, doch der Spinner lächelte nur weiter debil und tatschte meine Brust an. Ich zischte wütend und wurde leicht rot vor Zorn. Niemals wieder würde ich um diese Zeit Bus fahren! Da waren offensichtlich nur Idioten unterwegs. Immerhin schien dem Typen nicht zu gefallen, was er da spürte und das erschien mir wie seine gerechte Strafe. Eine Falte hatte sich zwischen dessen Stirn gebildet und er starrte mich ungläubig und dann wütend an. Warum nur war der Mann aufgebracht, das stand ja eher mir zu, schließlich war er der dreiste Grabscher! „...derlich“ lallte der Kerl auf meinem Schoß und ich sah ihn verwirrt an. Nun machte er sich daran, sich langsam aufzurichten und wollte scheinbar endlich gehen – höchste Zeit, denn wir hatten den Convenience Store, der in der Nähe meines Lofts lag, schon passiert und würden jeden Augenblick da sein. „Du bist so eine widerliche Tunte.“ meinte der Betrunkene undeutlich, aber klar genug, dass ich ihn diesmal verstehen konnte. Und ich wäre beinahe geplatzt. Heute hatte ich schon viel durchgemacht, meine Nerven waren praktisch gar nicht mehr vorhanden. Doch bevor ich den mittlerweile vor mir stehenden Kerl irgendeine Gemeinheit an den Kopf werfen konnte – vielleicht hätte ich ihm auch die Augen ausgekratzt, dermaßen mies gelaunt, wie ich war – landete der Mann mit dem Gesicht zuvorderst auf dem Gang. Er war umgefallen. Aber nicht einfach so. Timothy stand zügig atmend vor seinem Sitz, den schweren Koffer in der Hand, den er dem Typ eben in den Rücken gewuchtet hatte. Mit vor Erstaunen weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an, dann hielt der Bus. Geistesgegenwärtig bugsierte ich mich an den am Boden Liegenden vorbei und drückte die Taste, die die Tür öffnen würde. Der Junge folgte weniger grazil meinem Beispiel und als die Türen offen waren, ergriff ich seine Hand und wir verließen eilig den Bus, rannten ein Stück weit, als wäre der Teufel persönlich hinter uns her, obwohl uns klar war, dass der Kerl uns nicht verfolgte, sondern vermutlich immer noch den dreckigen Belag des Ganges küsste. Erst als Timothy mit seinen langen Beinen die Führung übernahm, ließ ich dessen Hand los und stoppte. Ein paar Meter weiter kam der Junge ebenfalls zum Stehen und sah mich an. „Mann, diese scheißharten Sitze, ich hätte es da echt keine Sekunde mehr ausgehalten.“ keuchte er und ich musste lächeln. Klar, die Sitze... „Danke.“ nuschelte ich leise und ehrlich berührt. Eventuell war Timothy doch nicht so schlimm... Mich selbst bei diesem Gedanken ertappend, schüttelte ich den Kopf. Was ich da dachte, war Unsinn. Natürlich war der Junge schrecklich, immerhin war es dessen Drängen gewesen, das dazu geführt hatte, dass wir überhaupt in diesem furchtbaren Bus gelandet waren. Wenigstens war die Klapperkiste nicht zusammengebrochen, solange wir uns an Bord befunden hatten. Dass man dafür auch noch bezahlen musste, war wirklich der Gipfel der Dreistigkeit, denn seltsamerweise schienen die Verkehrsunternehmen zu glauben, in der Nacht könnten sie die uralten Fahrzeuge einsetzen, ohne dass sich jemand beschweren würde. Doch da täuschten sie sich, jawohl! Ich würde demnächst ein sehr böses Protestschreiben deswegen formulieren, nahm ich mir fest vor und schaute mich um. Dummerweise hatte Timothy mein Danke gehört und strahlte vor Freude – warum auch immer... Wahrscheinlich wollte er sich mit seiner Mom gutstellen und war froh, dass das nun zu gelingen schien. „Hilfe!“ quickte ich und fuhr mir mit einer dramatischen Geste ins Haar. Ich bezeichnete mich jetzt schon selbst als Mom. Dieser Junge wurde meinem Gehirn gefährlich. Bestimmt sandte er schädliche Strahlung oder dergleichen aus. „Alles in Ordnung?“ erkundigte sich mein Begleiter aufrichtig besorgt. „Nein, Mom hat nur gerade festgestellt, dass sie viel zu weit gelaufen ist. Nun müssen sie und das verzogene Balg zurückgehen.“ meinte ich mit todernstem Blick zu Timothy, der mich einen Moment verwundert ansah, bevor er herzhaft zu lachen begann – und ich mit ihm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)