Tausend und eine Geschichte 2 von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: 2.13 Uhr ------------------- Ihre Hände lagen sanft auf der sauberen, nassen und so wundervollen Oberfläche. Sie traute sich kaum, sie richtig zu berühren. Ihr Blick war auf ihre Hände geheftet. Die Oberfläche bewegte sich nicht, obwohl sie sich eigentlich im Rhythmus des Atems hätte heben und senken müssen, den sie nur leicht an ihrer Stirn spüren konnte. Auch ihre Hände waren nass, mit denen sie den Herzschlag unter der Brust, die sie berührte, spüren konnte. Er erinnerte sie an einen kleinen Vogel, der aufgeregt mit den Flügeln schlug. Um sie herum roch es nach Seife und Shampoo und nach Wasser, dass alles benetzte. Angetrieben von dem aufgeregten Klopfen unter ihren Fingern ließ sie nun doch langsam ihre Hände über die Brust gleiten, die sie vor sich hatte. Sie folgte ihnen wie in Trance und ließ sie keine Sekunde aus den Augen. Sie lies sie über die harten Brustmuskeln wandern, bis sie ihre Hände in deren Mitte liegen hatte. Von dort aus wanderten sie hinunter über die ebenfalls harten Bauchmuskeln, was die Brust vor ihr schließlich doch zum Erbeben brachte. Sie sah von ihren Händen auf, die noch immer in Höhe des Bauchnabels verweilten. Vorbei an ihren nassen Haarsträhnen begegnete sie braunen Augen, die sie hinter einem braunen Vorhang hervor liebevoll und lustvoll ansahen. Ihr stockte der Atem bei diesem Anblick. Sie spürte sanfte und starke Hände, die langsam ihre Arme hinauf strichen, während sie ihren Blick nicht von diesen tiefen und sinnlichen Augen abwenden konnte. Sie war gefangen in diesem anregenden Blick. Sie bemerkte nur am Rande, wie sie ihre eigenen Hände wieder zur Brust hinauf gleiten ließ, bis sie an der kleinen Mulde zum Hals liegen blieben. Die Hände ihres Gegenübers strichen sanft über ihre Haut, bis sie ihre Kleider erreichten, die völlig durchnässt an ihr klebten. Fast unmerklich spürte sie, wie er ihr langsam näher kam. Ihre Unterarme legten sich sanft auf seinem Oberkörper ab. Sie war noch immer in seinem Blick gefangen. Seine Hand erreichte ihre rechte Wange, während die andere in ihrem Rücken verweilte. Langsam kam er ihrem Gesicht näher und sie legte ihren Kopf sanft in seine Hand ohne ihren Blick von ihm abzuwenden. Sie folgte seinen Augen, bis sie die eigenen fast schließen musste, um sie noch sehen zu können, so nah war er ihr. Sie konnte seinen Atem auf ihren Lippen spüren und brach schließlich den Blickkontakt, um auf seine perfekten Lippen zu blicken. Sie sahen so weich aus, auch wenn sie nur sehr dünn waren. Wie sie wohl schmeckten? Sie lehnte sich leicht gegen seine Brust und ließ ihre linke Hand in die kleine Mulde zwischen seinem Hals und seiner Schulter wandern. In seinem Genick konnte sie die kurzen Härchen spüren, die von seinem Harrschopf in den Nacken übergingen. Ihr Atem ging unregelmäßig, ihre ganze Haut schien zu kribbeln und ihr wurde so warm, dass sie dachte, sie müsste gleich verglühen. Sie leckte sich über die trockenen Lippen und ihr blieb fast der Atem aus, als sein Mund den ihren schloss. Er nahm ihre Unterlippe sanft zwischen die seinen und ließ dann wieder von ihr ab, um sie näher an sich zu pressen und ihren geöffneten Mund mit seiner Zunge zu erkunden. Sie stand ihm in nichts nach, schmiegte sich enger an ihn, fühlte unter ihrer rechten Hand, wie sich sein Herzschlag im gleichen Takt wie der ihre beschleunigte und fuhr mit ihrer Linken zu seiner Wange, um ihn näher an sich zu ziehen. Sie streichelte seine Zunge so gierig mit der eigenen, als wäre es ihre letzte Rettung vorm Verdursten. Als sie glaubte ersticken zu müssen, ließ er von ihr ab, lehnte seine Stirn gegen ihre und atmete genauso schwer wie sie selbst. Seine Hand lag inzwischen in ihrem Nacken und als sie wie in Trance ihren Blick zu seinen Augen hob, war der Bann gebrochen. Erschrocken wich sie vor ihm zurück. Von dem Verlangen zu dem Mann, den sie eben noch gesehen und gespürt hatte, blieb nur noch die Angst zurück. Er schien nicht mehr der Gleiche zu sein. Aus Ren Tsuruga war wieder der „Eroberer der Nacht“ geworden. In seinem Blick lag nur noch der Hunger. Ein Hunger, der alles zu verschlingen drohte und danach gierte alles zu nehmen, was er bekommen konnte. Es schien ihm gleich zu sein, was er davon geschenkt bekam und was nicht. Ehe sie sich klar wurde, stürzte sie aus der Dusche, stolperte über den kleinen Duschrand und landete auf dem Badeteppich davor. Von ihren nassen Kleidern, die sie als Setsu tragen musste, war ein lautes platschen zu hören. Angestrengt versuchte sie, wieder auf die Beine zu kommen, aber ihre Schuhsohlen waren so nass, dass sie auf den Fließen einfach keinen Halt finden konnte. Hilfesuchend sah sie sich nach etwas um, nach dem sie hätte greifen können, während sie in Panik hörte, wie das Wasser abgedreht wurde. Sie erblickte eine Uhr, die vor ihr auf dem Boden lag. Die Zeiger waren um 2.13 Uhr angehalten worden. Um sie herum wurde alles dunkel, nur die Schritte dieses Mannes, den sie eben noch geküsst hatte, konnte sie noch hören. Dann brach der Boden unter ihr weg. Die Fließen zersprangen um sie herum. Ihre Hände und Beine bluteten, während sie haltlos ins Dunkel stürzte, bis sie dem Boden so nahe kam, dass sie ihn selbst in der Dunkelheit erkennen konnte. „Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!“, erschrocken fuhr sie in ihrem Bett hoch. Sie zitterte und ihr Atem ging schwer. Kyoko klammerte sich mit ihren Fingern dermaßen in ihre Bettdecke, dass sie zu reißen drohte. Mühsam entkrampfte sie sie und legte sie zitternd auf der Decke ab, die wie eine zweite Haut an ihr klebte. Sie schloss die Augen und holte tief Luft, um sich selbst zu beruhigen. Dann hob sie langsam den Kopf und blickte in ein paar brauner Augen. Erschrocken zuckte sie zusammen. Tsuruga-san saß auf ihrer Bettkante, die Stirn besorgt gerunzelt. Er nahm ihre Hand und strich beruhigend darüber: „Es war nur ein Traum, hab keine Angst.“ Ihr Atem beruhigte sich, bis sie sich schließlich fragte, ob er nicht aussetzte. Sie erinnerte sich an ihre Hände, die im Traum über seinen Oberkörper gestrichen waren, den sie noch am selben Abend unter der Dusche gesehen hatte. Sie schlug sich den Traum aus dem Kopf, als sie sich an seine Augen erinnerten, die so sehr nach ihr hungerten, in dem sie ihre Augen zusammen kniff und ihr Gegenüber dann wieder ansah. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht: „Was hast du geträumt, Setsu?“ Ach ja, sie war ja immer noch seine Schwester. Selbst jetzt noch! Sie musste daran festhalten, in ihrer Rolle bleiben. „Ich weiß es nicht mehr.“, sogar in ihren Ohren klang ihre Stimme unnatürlich schwach. „Wirklich nicht mehr?“ „Ich weiß noch, dass alles schwarz war und dann bin ich gefallen. Ich hatte nichts woran ich mich festhalten konnte und kam dem Boden immer näher.“, sie wollte ihm nichts von der Dusche erzählen, wollte nicht mal daran denken. Er strich ihr sanft über die Wange: „Was hatte das mit 2.13 Uhr zutun?“ Sie begegnete seinem Blick. Hatte sie das etwa im Schlaf gesagt? Sie schluckte schwer: „Ich weiß nicht. Vielleicht lag es daran, dass ich deine Uhr gefunden hab. Ich wollte deine Sachen waschen und da ist sie aus einem der Handschuhe gefallen.“, sie machte eine kurze Pause: „Ich hatte dich danach fragen wollen, hab es dann aber doch vergessen.“ Er ließ die Hand sinken und wandte sich von ihr ab: „Ich bin kurz im Bad.“ Was? Er ließ sich so leicht von ihr abschrecken? Nein, das durfte nicht sein! Er musste jetzt weiter mit ihr über diese Uhr sprechen. „Ähm, ich hab sie im Bad auf die Ablage gelegt. Soll ich sie morgen zum Uhrmacher bringen, wenn du beim Dreh bist?“, sie ließ ihn nicht aus den Augen. Ren blieb abrupt stehen und wandte sich nicht mal um. Seine Stimme klang kalt: „Nein, das brauchst du nicht.“ „Bruder, wenn du mir was sagen willst, dann weißt du, dass du immer zu mir kommen kannst, oder?“ „Ich geh ins Bad.“, es war kaum mehr als ein Flüstern gewesen. Kyoko ließ sich wieder in ihre Kissen sinken. Er wollte sie nicht reparieren lassen. Sie hätte verstehen können, wenn es was mit seiner Rolle zu tun hätte, aber es war Tsuruga-sans eigene Uhr. Warum sollte er sie um 2.13 Uhr anhalten? Sie sah auf ihre Hände, die sie im Dunkeln vor sich streckte, als würde sie sie gegen eine Oberfläche vor ihr drücken. Was war das nur für ein seltsamer Traum gewesen? Das musste damit zusammenhängen, dass sie ihn unter der Dusche überfallen hatte, als wäre sie völlig irre. Sie fuhr sich mit einer Hand über die Stirn. Eins stand fest. Sogar in ihrem Traum, hatte sie mehr Angst vor dem „Eroberer der Nacht“, der da in ihm steckte, als vor allem, was sie sonst an ihm gesehen hatte. Mehr noch, als vor dem Schläger, vor dem er sich so sehr fürchtete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)