Momentaufnahmen von Terrormopf ================================================================================ Kapitel 6: Tennis, Verlierer und Poignées d’amour ------------------------------------------------- So... eigentlich hatte ich gehofft, dass das Finale der US Open jetzt schon fertig ist, aber... Pustekuchen! Wurde schon das zweite Mal wegen Regen nach hinten verlegt. So ein Rotz! Das wird wieder ne lange Nacht! Das jetzt nur kurz am Rande, weil es in diesem kapitel auch ein wenig (mehr) um Tennis geht xD Viel Spaß auf jeden Fall! EDIT: Super und jetzt wurde es auf Montag verschoben >__>" „Hey, Phlip!“, meldete sich Leon am Telefon. Phillip wunderte sich. Seit wann rief Leon ihn an und kam nicht einfach spontan bei ihm vorbei? „Hi!“, brachte er irritiert hervor. „Wieso rufst du mich an?“ Er sah aus dem Fenster. Das hörte sich jetzt irgendwie abweisend an, obwohl ihn eigentlich wirklich nur der Grund interessierte. Normalerweise hätte Leon nicht mal ein gebrochenes Bein davon abgehalten zu ihm zu humpeln. „Willst du etwa nicht mit mir telefonieren? Stör ich dich? Darf ich dich nicht anrufen?“ „Nein! – Ich meine ja. Ach, mich wundert’s nur, dass du nicht direkt vorbeikommst.“ Leon lachte, dann sagte er: „Wär grad zu umständlich gewesen.“ Dann schien er sich vom Telefon abzuwenden und sprach mit einer anderen Person: „Jetzt lass mich in Ruhe telefonieren! Geh endlich weg!“ Aber anstatt, dass Leon alleingelassen wurde, hörte Phillip nun ein Mädchen rufen: „Hi Phillip!“ „Wer ist das denn?“, fragte er, doch Leon erwiderte nur: „Warte kurz!“ Dann wurde der Hörer beiseite gelegt und Phillip konnte das Mädchen vergnügt kreischen hören. Und Leon rief: „Jetzt verschwinde endlich aus meinem Zimmer, du kleine Mistkröte! Ich telefoniere mit meinem Freund, das geht dich gar nichts an!“ Doch das Mädchen rief zurück: „Lass mich doch zuhören! Ich hab ihn noch nie gesehen, ich will ihn auch kennenlernen! Au! Du Arsch!“ „Nimm nicht solche Wörter in den Mund und jetzt raus!“ Eine Tür knallte und nur noch sehr gedämpft konnte Phillip das Mädchen Leons Namen rufen hören. Dann wurde das Telefon wieder aufgenommen und Leon meldete sich: „Phillip? Bist du noch dran?“ Er bestätigte es und Leon fuhr fort: „Sorry, das war meine kleine Schwester. Die kann mich auch nie in Ruhe lassen. Ich hab jetzt die Tür abgeschlossen, dann kann sie wenigstens nur noch halb so viel nerven. Tut mir echt leid.“ „Kein Problem“, antwortete Phillip, immer noch ziemlich perplex. Dann aber berappelte er sich wieder und fragte: „Also, wieso rufst du an?“ „Ja“, sagte Leon gedehnt und Phillip merkte, dass es ihm peinlich war. „Ich hätte da 'ne Bitte an dich…“ Es war früher Samstagvormittag und Phillip hatte bisher nicht wirklich viel gemacht. Er hatte nur mal endlich wieder die Wohnung durchgesaugt und begonnen das Bad zu putzen, da hatte sein Telefon geklingelt. Nun stand er vor der Balkontür und sah hinaus in den herrlich blauen Himmel. „Was brauchst du denn?“, fragte er, verstand nicht, warum Leon sich so anstellte. „Also meine Eltern sind nicht da“, begann der und aus dem Hintergrund hörte er wieder Leons kleine Schwester rufen. Der Libero stöhnte genervt und sagte: „Sorry, du musst noch mal kurz 'nen Moment warten.“ Er wurde wieder weggelegt und hörte, wie Leon zur Tür ging, diese aufriss und seine Schwester anbrüllte: „Jetzt sei doch endlich mal still! Ich mach das nicht für mich, sondern für dich! Also lass mich bitte in Ruhe telefonieren, du wirst ihn schon noch kennenlernen!“ Dann war Stille und Leon kam wieder ans Telefon. „Boah, die kann echt so nerven!“, beklagte er sich. Phillip schmunzelte. Er hatte sich auch oft genug mit seinen Geschwistern gezofft. „Wo war ich stehen geblieben?“ „Du wolltest mir sagen, was du von mir brauchst.“ „Ach ja, genau: Hast du heute schon was vor?“ Phillip überlegte einen Moment, verneinte dann. „Gut, wie schon gesagt, sind meine Eltern nicht da. Und meine Schwester hat ein Turnier auswärts…“ Er zögerte. „Tja und meine Eltern haben mir gesagt, ich solle irgendwie dafür sorgen, dass sie zu diesem Turnier kommt, weil es sehr wichtig für sie ist…“ Wieder eine Pause. Da nahm Phillip ihm das Reden ab und sagte: „Aber du hast keine Ahnung wie du das machen sollst und weil ich ein Auto hab, dachtest du, dass ich euch dahin fahren kann.“ „Ja, genau das.“ Er klang schuldbewusst und fügte noch hastig hinzu: „Ich zahl auch das Benzin, aber es wäre echt super, wenn du mit uns dahin gehen könntest, ich hab außerdem auch keine Lust da die ganze Zeit allein rumzuhocken, während sie spielt.“ „Kann ich schon machen“, sagte er. „Ich hab allerdings absolut keine Ahnung von Tennis.“ „Das ist kein Problem!“, eilte sich Leon zu sagen. „Mann, du bist echt meine Rettung!“ „Wann soll ich euch denn dann abholen?“, fragte Phillip und Leon antwortete: „Wenn du in 'ner halben Stunde da sein könntest?“ Das war wieder typisch für Leon: auf den letzten Drücker noch irgendwas organisiert. „Gut, dann komm ich bei euch vorbei. Weißt du, wo wir langfahren müssen?“ „Ja, das ist kein Problem. Wirklich, Phlip, du bist meine letzte Rettung! Ich liebe dich!“ „Ich dich auch.“ „Also dann bis später! Ciao.“ „Tschö.“ Damit war das Telefonat beendet. Phillip warf einen Blick ins Bad. Den Rest kriegte er wohl grad noch so hin, dass er auch noch kurz duschen konnte und dann rechtzeitig bei den Beiden ankam. Als er bei Naumanns klingelte war er irgendwie etwas nervös. Er wusste selbst nicht genau wieso, aber er konnte es auch nicht einfach abstreifen. Doch da öffnete Leon ihm die Tür, lächelte ihn an und begrüßte ihn mit einem flüchtigen Kuss. Phillip wollte im ersten Moment schon zurückschrecken, bis ihm wieder einfiel, dass ihr Geheimnis ja nun schon längst raus war. Aus dem Hintergrund konnte man ein lang gezogenes „Iieh!“ vernehmen und Leon verdrehte daraufhin die Augen, trat einen Schritt beiseite. Zum Vorschein kam ein ungefähr 14- oder 15-jähriges Mädchen mit aschblondem Haar, das es sich zu einem Zopf gebunden hatte. „Darf ich vorstellen?“, fragte Leon, wirkte leicht genervt. „Das ist meine kleine, nervige Schwester Cäcilia, aber du kannst sie ruhig Zilli nennen.“ „Hi, Zilli, ich bin Phillip.“ Er reichte ihr die Hand und sie ergriff sie, grinste und erwiderte: „Weiß ich.“ Ihr Grinsen erinnerte ihn an Leon. Der hatte sich ihre Tasche geschnappt, aus der der Griff eines Tennisschlägers herausragte, und trug diese zum Auto, zog hinter sich die Haustür zu. Seine Schwester ging ihm hinterher und fragte an Phillip gewandt: „Ist das dein Auto?“ „Jap“, antwortete der und beobachtete, wie Leon die Tasche auf den Rücksitz lud. Dann fragte er: „Wo müssen wir denn eigentlich hin?“ Leon sagte ihm ihr Ziel. Bis dahin war es eine gute Dreiviertelstunde Fahrt. „Na dann packen wir’s mal lieber, nicht dass wir irgendwo im Stau stecken bleiben.“ Leon nickte, setzte sich auf den Beifahrersitz, seine Schwester nahm hinter ihm Platz. Dann fuhren sie los. Durch den Rückspiegel konnte Phillip sehen, dass das Mädchen ihn unentwegt anstarrte. Er wurde wieder nervös. Passte er ihr etwa nicht? War er ihr unsympathisch? „Du hast nie gesagt, dass er so gut aussieht!“, wandte sie sich dann aber an ihren großen Bruder. Der antwortete allerdings nur genervt: „Ich hab aber auch nie gesagt, dass er hässlich ist! Und natürlich sieht er gut aus, ist ja schließlich mein Freund.“ „Deine anderen Freunde sind aber alle hässlich!“ „Und du bist nervig und deine ganzen Freundinnen sind pubertierende Pickelgesichter.“ Sie überging diesen Kommentar, grinste ihrerseits wieder und schlug vor: „Wenn du noch mehr so hübsche Freunde hast, dann bring mal mehr mit nach Hause.“ „Wieso? Für dich interessiert sich von denen eh keiner, du bist viel zu jung für die. Du bist generell viel zu jung für 'nen Freund.“ „Bin ich nicht! Wir Mädchen sind eh viel früher viel weiter als ihr Jungs. Ich bin also geistig schon mindestens auf deinem Niveau. Ich würd aber eher vermuten, dass ich dir noch mal zwei Jahre voraus bin, so kindisch wie du dich immer anstellst!“ Phillip lachte. Da hatte sie allerdings Recht! Leon konnte wahnsinnig kindisch sein. Aber durch sein Lachen erntete er nur einen missbilligenden Seitenblick von Leon. Seine Schwester hingegen lachte ebenfalls triumphierend auf und sagte gehässig: „Siehst du? Sogar dein Freund findet dich kindisch! An deiner Stelle würde ich mir Gedanken machen.“ „Und an deiner Stelle wär ich jetzt lieber mal still, schließlich ist es mein Freund, der dich zu deinem Turnier fährt. Und wenn ich will, dann dreht er um und fährt einfach wieder zurück.“ „Das würde er nicht machen!“, rief sie aus, doch Leon grinste süffisant, legte Phillip seine Hand auf den Oberschenkel, streichelte sanft darüber und sagte: „Ich hab Mittel und Wege ihn dazu zu bringen…“ „Aber Mama und Papa…“ „Können mir gar nichts und jetzt halt endlich die Klappe!“ Damit war sie dann wirklich still. Leon nahm allerdings seine Hand nicht von Phillips Schenkel, sondern lächelte ihn nur an. Inzwischen waren sie auf der Autobahn und da sein alter Golf auch nicht mehr die höchsten Geschwindigkeiten verkraftete, hatte er die Möglichkeit eine Hand vom Lenkrad zu nehmen und sie auf Leons zu legen. Er hatte beschlossen, dass er sich aus Geschwisterstreitereien raus hielt. Das konnte schließlich nur schief gehen und meistens waren es ohnehin nur gegenstandslose Kabbeleien. So hatte er die Beiden größtenteils reden lassen. Aber es war trotzdem merkwürdig, wenn Leon von ihm als seinen Freund sprach. Seine Schwester allerdings schien damit kein Problem zu haben sie schien es einfach zu akzeptieren. Für sie war es wohl schon vollkommen normal, dass Leon von seinem Freund erzählte. „Hab ich dich vorhin eigentlich geweckt?“, fragte Leon ihn nach einiger Zeit, schien sich etwas schuldig zu fühlen. „Normalerweise schläfst du ja etwas länger aus, wenn du frei hast.“ „Nee, keine Sorge, ich war eh schon wach, wollte eigentlich die Wohnung mal wieder auf Vordermann bringen, aber jetzt hab ich’s halt doch nur geschafft zu saugen und das Bad zu putzen. Dann muss ich den Rest halt morgen machen.“ „Tut mir echt leid. Ich komm morgen vorbei und helf dir dabei.“ Phillip musste sich auf die Unterlippe beißen um nicht zu lachen, denn jedes Mal versprach Leon ihm beim Putzen zu helfen, schlussendlich setzte Phillip ihn aber jedes Mal auf die Couch vor den Fernseher, weil er mehr Unordnung und Dreck machte, als er beseitigte. Doch er riss sich zusammen und entgegnete: „Lass mal, das passt schon. Das krieg ich grad noch so hin.“ „Aber ich könnte dir wirklich…“, setzte Leon an, aber Cäcilia unterbrach ihn: „Sei doch froh, dass du drumrum kommst, zuhause drückst du dich doch auch immer!“ „Halt du dich da raus!“, fauchte er in ihre Richtung und sie zog beleidigt eine Schnute. „Wirklich, Leon, das passt schon. Jetzt mach dir mal keine Gedanken. Außerdem schadet’s ja nichts, sich mal eine andere Sportart anzuschauen. Sonst hab ich ja wenn dann vielleicht mal ein Handball- oder ein Eishockeyspiel angeschaut, aber das war’s dann auch. Plus: ich bin schon ewig nicht mehr aus der Stadt rausgekommen, ist also 'ne willkommene Abwechslung.“ Gott sei Dank hatten sie relativ zügig einen Parkplatz gefunden, als sie angekommen waren; und der war noch nicht mal all zu weit von den Plätzen weg. Wie selbstverständlich trug Leon seiner kleinen Schwester die Tasche und Phillip ging ihnen hinterher. Nun warteten sie vor den Umkleiden, bis Cäcilia wieder herauskam. Leon ergriff vorsichtig Phillips Hand, stellte sich etwas näher zu ihm – sie lehnten nebeneinander an der Wand neben der Tür zu den Umkleideräumen. Etwas erschrocken zog Phillip seine Hand zurück. Sie waren in der Öffentlichkeit! Doch Leon schien seinen Gedankengang zu erahnen, lächelte sanft und flüsterte ihm zu: „Hier kennt uns niemand. Außerdem haben wir uns in dem Sinn ja auch schon geoutet – mehr oder weniger freiwillig.“ „Aber ist es deiner Schwester nicht peinlich?“, fragte Phillip, warf einen Blick auf die Tür, durch die ständig Mädchen rein oder rausspazierten. „Die hat das hinzunehmen, außerdem ist es ihr nicht peinlich, sie weiß schon lange, dass ich schwul bin.“ Er lächelte wieder, griff erneut nach Phillips Hand. Dessen Handinnenfläche wurde nun allerdings feucht und schwitzig, ziemlich eklig, deswegen zog er sie zum zweiten Mal zurück und trocknete sie an seiner Hose. Leon seufzte. Doch er nahm es hin und fragte, wohl um das Thema zu wechseln, weil er doch bemerkt zu haben schien, dass sich Phillip damit ziemlich unwohl fühlte: „Hast du dir eigentlich 'ne Kopfbedeckung mitgenommen?“ Er verneinte, doch Leon grinste nur und sagte dann: „Na dann hab ich meine zweite Käppi wohl doch nicht umsonst eingepackt. Ich hab sie einfach bei Zilli in die Tasche geworfen.“ „Danke sehr.“ Es erstaunte Phillip, dass Leon an so etwas gedacht hatte. Er schien ja doch minimales Talent fürs Organisieren zu haben. „Krieg ich dafür wenigstens 'nen Kuss?“ Er drehte ihm sein Gesicht zu, doch Phillip hatte noch immer Skrupel. Er konnte das einfach nicht; nicht in aller Öffentlichkeit. Doch er überwand sich wenigstens bis zu einem gewissen Grad und küsste Leon so auf die Wange. Der Libero verzog das Gesicht. Dann fragte er: „Bin ich dir peinlich?“ „Nein!“, sagte Phillip hastig. „Nicht doch du, aber irgendwie… hier sind so viele Leute“, fügte er kleinlaut hinzu, sah sich um. Doch da nahm Leon sein Gesicht zwischen seine Hände, wandte es sich zu und grinste ihm entgegen, indem er sagte: „Pech.“ Dann küsste er ihn. Nur auf die Lippen, nicht sehr innig, er war sich sehr wohl bewusst, dass sie in der Öffentlichkeit standen. Aber dennoch schaffte er es, dass Phillip das Blut in den Kopf schoss. Und dann kam Cäcilia und maulte: „Weißt du? Ehrlich, Leon! Dass du so was immer in aller Öffentlichkeit durchziehst!“ Doch als Phillip zu ihr sah, erkannte er, dass ihre Lippen ein Lächeln umspielte. Er bewunderte sie für so viel Toleranz. Das war schließlich nicht der Normalfall, wie er in der Mannschaft am eigenen Leib hatte erfahren müssen. Die Saison war nun zum Glück vorbei und die nächsten Wochen hatten sie kein Training mehr. Doch relativ zu Beginn der neuen Saison stand ihnen das Spiel gegen Freiburg bevor. Phillip konnte nur hoffen, dass sich die Wogen bis dahin geglättet hatten. Aber Cäcilia hatte sich wahrscheinlich schon längst damit abgefunden, schließlich wusste sie es ja scheinbar schon eine ganze Weile. „Halt doch die Klappe“, murrte Leon, wandte sich von Phillip ab und fragte sie dann: „Hast du dir eigentlich was zu trinken eingepackt?“ „Nö“, antwortete sie, zuckte gleichgültig mit den Achseln. „Du bist doch so dämlich! Ich hab dir doch extra noch gesagt, dass du dir 'ne Flasche Wasser einstecken sollst. Jetzt müssen wir dir was kaufen. Super!“ „Lädst du mich ein?“, fragte sie, ignorierte sein Geschimpfe, hatte lediglich ein süffisantes Lächeln auf den Lippen. „Wenn du zu blöd bist dir was mitzunehmen, soll ich dir auch noch was spendieren? Ich zieh dir gleich die Ohren lang!“ Leon schien gar nicht angetan von der Idee, dennoch nahm er Phillip bei der Hand, hängte sich Cäcilias Tasche über die andere Schulter und ging los in Richtung Getränkeverkauf. Die Schlange war gar nicht mal so lang, doch Leon sagte trotzdem: „Also, am besten ihr wartet hier und ich hol die Getränke. Was wollt ihr?“ „Bring mir Wasser mit, das andere Zeugs is alles nix bei der Hitze“, stellte Cäcilia fest und sah zum wolkenlosen Himmel, wie zur Bestätigung ihrer Worte. „Und du?“, fragte Leon an Phillip gewandt, stellte die Tasche ab. Der überlegte einen Moment, dann jedoch sagte er: „Bring mir auch 'ne Flasche Wasser mit. Wie viel kostet das denn?“ Er wollte schon seinen Geldbeutel zücken, da legte Leon ihm die Hand auf den Arm und sagte: „Lass mal, das machen wir nachher.“ Damit ging er zur Schlange und stellte sich an. „Wie lange seid ihr jetzt eigentlich wirklich zusammen? Leon erzählt nie was.“ Sie war also genauso direkt wie ihr Bruder. Phillip überlegte einen Moment, dann antwortete er: „Viereinhalb Monate müssten es jetzt sein.“ Es überraschte ihn selbst ein wenig, dass es doch schon so lange war und dass sie immer noch so gut miteinander auskamen, obwohl Leon zeitweise fast schon bei ihm eingezogen war. „Und was arbeitest du? Leon hat gesagt, dass du Geselle bist.“ „Ich bin Schreiner.“ „Schreiner? Musst du dann auch an so riesen Maschinen arbeiten? Habt ihr auch Kreissägen und so was?“ „Klar“, antwortete er und sie zögerte mit ihrer nächsten Frage: „Hat sich bei euch schon mal jemand 'nen Finger oder 'ne Hand abgesägt?“ Etwas perplex blickte Phillip sie an, wie sie da in ihrem Tennisdress stand und ihn interessiert ansah. „Nicht als ich dabei war.“ „Aber das ist schon mal passiert?“ Sie machte große Augen. „Wahrscheinlich. Berufsrisiko und man geht meistens etwas zu lässig mit den Sicherheitsvorkehrungen um.“ Er zuckte mit den Achseln. „Krass, wie eklig! Du musst aber aufpassen, sieht nicht gut aus, wenn einem ein Glied fehlt.“ Er musste lachen. Sie sagte es auf eine Weise, dass es irgendwie sehr naiv klang. Wenn man täglich mit Maschinen wie der Band- oder der Kreissäge arbeitete, verlor man irgendwann die Angst davor und wenn man nur eben etwas zurechtsägen wollte, dann war es einfach zu anstrengend alles zu beachten. Sie schwiegen, bis irgendwann Phillip sie fragte: „Hast du eigentlich einen Lieblingstennisspieler?“ „Roger Federer!“, kam es wie aus der Pistole geschossen und Phillip erinnerte sich daran, dass Leon mal so etwas erwähnt hatte. „Stimmt, Leon hat mir erzählt, dass du ihn immer mit ihm vergleichst, weil sie sich so ähnlich sehen.“ Er lächelte, doch sie entgegnete ernst: „Aber ich mag ihn nicht deswegen.“ „Schon klar. Bist du auch aufm Gymi?“ „Jap, ich bin in der Neunten. Aber ich bin nicht so ein Überflieger wie Leon. Der braucht ja nix zu lernen und schreibt trotzdem übelst gute Noten. Ich muss ewig viel lernen, damit ich auch gute Noten bekomme.“ Sie seufzte. Hatte Leon sie nicht als Streberkind bezeichnet, weil sie in der Schule so gut war? Oder hatte er damit ihre Disziplin gemeint? „Ich war nie gut in der Schule“, gestand Phillip. „Ich war immer zu faul. Ich hatte nur Fußball im Kopf.“ „Das wirft meine Mama Leon auch ständig vor, dabei schreibt er im Prinzip keine schlechten Noten. Soll er doch Fußball spielen so viel er will.“ War sie etwa auch genervt von ihrer Mutter? „Redet ihr über mich?“ Leon war wieder zu ihnen gestoßen, drei Flaschen Wasser im Arm und packte gerade seinen Geldbeutel weg. „Du bist viel zu langweilig, als dass man über dich reden könnte“, stichelte seine Schwester, zog eine Grimasse. Leon tat es ihr gleich, piekste ihr mit dem Finger in die Seite. Dann gab er ihr und Phillip je eine Flasche Wasser. „Wie viel schulde ich dir jetzt?“, fragte Phillip, wollte wieder nach seinem Portemonnaie greifen, doch Leon küsste ihn sanft und sagte: „Das passt schon, die Runde geht auf mich. Du bist ja schon gefahren. Die nächste Runde darfst du dann zahlen.“ Phillip seufzte. Eigentlich verdiente er doch Geld und Leon war nur ein armer Schüler, aber er wusste, dass diskutieren nichts brachte, wenn Leon sich mal entschieden hatte. Also ließ er es bleiben. Stattdessen begleiteten sie Cäcilia zu dem Court auf dem ihr erstes Match stattfinden würde. Die Spielerinnen hatten noch die Möglichkeit sich warm zu machen und ein paar Bälle zu schlagen bevor es losging. Leon und Phillip wünschten ihr viel Glück und suchten sich einen Platz auf der Tribüne. Zuvor hatte der Schüler noch die zweite Mütze aus ihrer Tasche geholt und sie Phillip in die Hand gedrückt. Nun da sie saßen, betrachtete dieser sie mit gekräuselter Nase. „Ed Hardy?“, fragte er, konnte nicht fassen, dass Leon so etwas Grässliches besaß. „Hat mir meine Oma zum Geburtstag geschenkt. Ich find’s ehrlich gesagt auch nicht so prickelnd. Aber wenigstens ist sie weiß und nicht pink oder so was. Und besser als 'n Sonnenstich ist sie auch.“ „Jaja, hast ja Recht“, gab Phillip zu und setzte sie auf. Sie beobachteten Cäcilia, wie sie ein paar Runden lief. Sie hatte einen weißen Rock an mit ebenso weißen Shorts drunter; dazu ein blau gestreiftes Top und einer ebenfalls komplett weißen Käppi. „Wusstest du, dass wir jetzt schon viereinhalb Monate zusammen sind?“, fragte Phillip irgendwann, musterte Leon von der Seite; er trug ein orangefarbenes Polo-Shirt – orange stand ihm gut. Der allerdings sah nur erstaunt zu ihm und nickte, bevor er fragte: „Und was ist damit?“ „Naja, hättest du am Anfang gedacht, dass das so lange hält?“, fragte Phillip, wurde etwas nervös. Leon jedoch lachte herzhaft auf und entgegnete: „Natürlich! Und ich hoffe, dass es noch viel länger halten wird, oder willst du mir irgendwas sagen?“ Sein Gesicht wurde mit einem Mal ernst und seine Stirn legte sich etwas besorgt in Falten. Der Stürmer schüttelte den Kopf und sagte schließlich: „Nein. Ich hoffe auch, dass es noch lange hält; beziehungsweise ich glaube, dass es noch lange hält. Aber das ist jetzt. Vor viereinhalb Monaten hätte ich das nicht für möglich gehalten.“ „Hast du uns so wenig Chancen gegeben?“ „Versteh mich nicht falsch, aber du weißt ja, dass du der erste Junge bist mit dem ich… na ja, den ich geküsst habe, mit dem ich zusammen bin, mit dem ich… geschlafen habe.“ Er hatte die Stimme immer weiter gesenkt, flüsterte nun nur noch. „Irgendeiner ist immer der Erste“, flüsterte Leon lächelnd, drückte ihm einen Kuss auf die Wange, sodass der Schirm sein Käppi etwas hochschob. Phillip liebte es Leon so ausgelassen zu sehen. Es gab eigentlich viel zu viele Momente in denen Leon sich unbeobachtet fühlte und in denen er sein Lächeln ablegte und gegen eine ernste, nachdenkliche und irgendwie auch bekümmerte Miene austauschte. Er machte sich wahrscheinlich viel zu viele Gedanken um alles. Eigentlich war er ja eher der spontane Typ und wahrscheinlich schlauchte ihn deshalb die Frage nach seiner Zukunft besonders. Er plante fast nie, ließ die Sachen auf sich zukommen und plötzlich sollte er den Rest seines Lebens planen und wissen, was er bis zu seinem Lebensabend arbeiten wollte. Phillip verstand, dass ihm diese Vorstellung Angst machte und am liebsten hätte er Leon all diese Lasten abgenommen, aber er konnte es nicht. „Gleich geht’s los!“, riss Leon ihn nun allerdings frohgemutes aus den Gedanken. Er sah auf den Platz. Er würde alles tun, damit Leon immer so ausgelassen und glücklich wäre. Die beiden Spielerinnen reichten einander und dem Schiedsrichter die Hand, der dann auf seinem Hochstuhl Platz nahm. Die Seitenwahl war wohl schon gewesen, denn nun gab er das Spiel frei. Cäcilia hatte Aufschlag. Leon beteuerte ihm immer wieder, dass sie gut spielte und das Spiel insgesamt sehr gut war, doch Phillip verstand von dem ganzen Zeug nur Bahnhof. Ein Break, ein Tie-Break, die Zählweise, ein Spiel, ein Satz, ein Match, wer dachte sich solche komischen Sportarten nur aus? Für ihn schlug man einfach nur den Ball hin und her und das war doch relativ unspektakulär. Und gegen das hier waren die Fußballregeln ja wirklich mehr als einfach. Das Komplizierteste war wohl noch die Abseitsregelung, aber wirklich schwer verständlich war die ja auch nicht. So lauschte er Leons Fachsimpeleien, applaudierte, wenn der applaudierte. Natürlich hatte Leon auch versucht ihm das Spiel zu erklären, doch Phillip war wohl einfach zu dumm dafür. So war er erleichtert, als das Spiel zu Ende war und Cäcilia wohl als Siegerin vom Platz ging. Es ging den ganzen Tag so weiter und Phillip war inzwischen wirklich froh darüber, dass er eine Mütze auf dem Kopf hatte, denn die Sonne brannte gnadenlos auf sie herab. Cäcilia kam weit, doch im Viertelfinale unterlag sie knapp ihrer Gegnerin. Zuvor auf dem Platz, hatte sie ihr noch die Hand gereicht und ihr gratuliert, hatte sich auch noch beim Schiedsrichter bedankt, doch als sie mit den Jungs zusammen auf einem relativ ruhigen, abgelegenen Fleck Erde im kühlen Schatten eines Baumes saß, da stand ihr die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. „Ach Mensch, Zilli! Kopf hoch, du hast doch trotzdem gut gespielt“, versuchte Leon sie aufzuheitern, doch sie rupfte nur das Gras um sie herum aus, warf es hinter sich. „Ja, aber die dumme Gans war besser. So ein Mist! Aber der scheiß Schiedsrichter war auch definitiv parteiisch! Mindestens die Hälfte meiner Bälle, die er als Aus gewertet hat, war bestimmt drinnen gewesen. Wahrscheinlich ein Cousin dritten Grades von der Tusse!“, entgegnete sie miesepetrig, sah nicht einmal auf. „Jetzt sei doch keine schlechte Verliererin“, versuchte Leon es erneut, aber Cäcilia fuhr ihm über den Mund und brüllte ihn an: „Halt du doch die Fresse! Nach dem Spiel hat die behinderte Schlampe mich dermaßen süffisant angegrinst! Ich würd ihr am liebsten mal richtig eine reinschlagen, dass ihr das dämliche Grinsen endgültig vergeht! So ein drecks Miststück!“ Leon klappte der Mund auf und auch Phillip traute seinen Ohren kaum. Solche Worte hatte er dem Mädchen gar nicht zugetraut, doch nun setzte Leon an: „Spinnst du jetzt? Wo hast du eigentlich schon wieder solche Ausdrucksweisen her? Wie kannst du dich nur so unsportlich verhalten? Gut, du hast verloren. Na und? Das gehört beim Sport dazu. Man kann nicht immer nur gewinnen. Außerdem hat sie wirklich besser gespielt als du. Und das ist ja wohl keine Schande, Zilli! Es wird immer Leute geben, die besser sind als du. Du wirst nie in irgendwas die absolut Beste sein. Jetzt reiß dich gefälligst zusammen. Und ich will nie wieder so einen Schwachsinn von dir hören. Gott, du bist so eine schlechte Verliererin!“ „Aber…!“, setzte sie an, brach dann aber ab. Sie starrte ihren Bruder fassungslos und gleichzeitig wutentbrannt an. Sie blickte wieder auf ihre Beine und murmelte dann: „Du brauchst mir gar nichts zu erzählen, du bist eh voll das Genie im Fußball. Du weißt es doch gar nicht, wie es ist, wenn man verliert und ein echter Versager ist.“ Ihre Stimme hörte sich etwas rau an und man hatte sie kaum verstehen können, so sehr hatte sie genuschelt. Aber nun setzte Leon sich neben sie, umarmte sie und sagte ihr: „Du bist doch kein Versager, nur weil du verloren hast. Du hast den ganzen Tag über so gut gespielt und jetzt war sie eben besser als du. Das wertet dich doch nicht ab!“ Er lachte. „Gott, du bist ja noch dümmer, als ich immer dachte! Außerdem weiß ich, wie es sich anfühlt, wenn man verliert. Ich hab beim Fußball auch mehr als ein paar Spiele verloren. Und mehr als einmal haben wir nur wegen meiner Patzer verloren. Und dann musste ich nicht nur mit meinem Zorn auf mich, sondern auch noch mit der Missbilligung die mir die anderen entgegenbrachten, leben.“ Er streichelte ihr über die Haare. „Außerdem bin ja immer noch ich da und im Tennis könntest du mich mit Leichtigkeit schlagen, egal was ich versuchen würde. Und: Ich hab dich lieb.“ Er küsste sie auf die Wange. Phillip hatte sehen können, wie ein Lächeln über ihr Gesicht gehuscht war, doch schon einen Wimpernschlag später verzog sie angeekelt das Gesicht, entfernte sich von ihm, rieb sich über die Backe, die Leon geküsst hatte und sagte: „Ieh! Lass doch so was! Das is so peinlich! Mann!“ Phillip musste unwillkürlich lächeln. Irgendwie hatte Leon eine Gabe dafür Leute aufzumuntern. Es war faszinierend. Sie blieben noch bis zum Finale, sahen sich aber die Siegerehrung nicht mehr an, sondern fuhren dann gleich. Das war nicht die dümmste Idee, weil sie dadurch relativ zügig vom Gelände runterkamen. Und auch schnell auf die Autobahn Richtung Zuhause kamen. Leon saß wieder neben ihm auf dem Beifahrersitz, ergriff seine Hand und küsste seinen Handrücken, drehte die Musik auf. Sang mit. Die Rückfahrt kam ihm irgendwie kürzer vor als die Hinfahrt und schon bald standen sie vor Leons Haustür. Seine Schwester schloss auf. Leon nahm Phillips Hände, schob seine Finger zwischen seine, lächelte ihn an. „Willst du noch mit reinkommen? Meine Eltern kommen erst morgen wieder.“ „Eigentlich wollte ich gleich erstmal duschen gehen, ich hab dermaßen geschwitzt…“ „Du kannst ja hier duschen, das ist kein Problem.“ „Also…“ „Jetzt komm halt noch mit“, warf Cäcilia ein, war aber gleich still, als Leon ihr einen mahnenden Blick zuwarf. „Von mir aus“, lächelte Phillip dann. Er schloss noch sein Auto ab, folgte den Geschwistern dann hinein. „Willst du auch was Essen?“, rief Leon aus einem der Räume und Phillip vermutete, dass es die Küche sein musste, folgte seiner Stimme, nachdem er die Tür geschlossen hatte. Er war das letzte Mal hier gewesen, als Leon sich das Schlüsselbein gebrochen hatte. Seitdem nicht mehr. „Gerne“, sagte er. „Ich sterbe fast vor Hunger.“ Cäcilia und Leon standen in der Küche, starrten beide in den Kühlschrank. „Mama hat doch gestern extra mehr gekocht, damit wir das heute noch mal aufwärmen können, das müsste auch für uns drei reichen“, sagte sie an Leon gewandt und der holte eine große Schüssel mit Käsespätzlen heraus. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht und er sagte: „Das dürfte grad so reichen.“ Dann wandte er sich zur Küchenzeile um und stellte die Schüssel in die Mikrowelle, während seine Schwester den Tisch in der Küche deckte. Phillip kam sich etwas verloren und nutzlos vor. Er war es nicht mehr gewöhnt, dass er sich um nichts kümmern musste, doch es dauerte wirklich nicht lange, da saßen sie zu dritt am Tisch und aßen schweigsam. Als sie fertig waren, überließ Leon die Küche seiner Schwester mit den Worten: „Ich zeig Phillip die Dusche und leg ihm ein Handtuch raus, du kannst ja den Rest machen.“ „Ich hab dich auch lieb, Brüderchen!“, rief sie ihm noch hinterher, doch besagtes Brüderchen ignorierte das geflissentlich. Lediglich Phillip beugte sich zu ihm und flüsterte: „Sollen wir ihr nicht noch schnell helfen?“ „Ach was!“, antwortete Leon und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Sie muss ja nur das Zeug in die Spülmaschine räumen, dann ist das erledigt.“ Eine Spülmaschine! Was für ein Luxus! Er selbst musste immer per Hand spülen, aber für eine Person lohnte sich eine Spülmaschine auch einfach nicht. Bis er die endlich voll hatte und laufen lassen konnte, würde ihm der Restbelag auf den Tellern zuwinken. Er war schon einmal in Leons Bad gewesen. Der ging an einen Hängeschrank, zog Handtücher heraus und sagte währenddessen: „Also die Handtücher hier sind frisch und in der Dusche kannst du alles benutzen.“ Phillip begann schon damit sich zu entkleiden, stand nur noch in Boxershorts vor seinem Freund, da zog der sich das T-Shirt aus. „Was machst du denn da?“, fragte der Stürmer etwas irritiert, hielt in seinen Bewegungen inne und beobachtete Leon, der nun seine Hose auszog und ihm antwortete: „Na ich zieh mich aus. Macht dir doch nichts aus, dass wir zusammen duschen, oder?“ Er hob skeptisch die Augenbrauen und Phillip schüttelte langsam den Kopf, fragte aber schließlich: „Und was ist mit deiner Schwester?“ Nun stand Leon vollkommen entblättert vor ihm, küsste ihn sanft auf die Lippen und flüsterte: „Kann der doch egal sein, außerdem weiß sie ja, dass wir zusammen sind, dann dürfen wir ja wohl auch zusammen duschen.“ Dann stieg er in die Duschkabine und machte das Wasser an. Phillip eilte sich ihm hinterherzukommen. Er duschte liebend gerne mit Leon zusammen. Er liebte es, wenn seine Finger sanft seine Haut berührten, ihn schon beinahe massierten, wenn er ihn einschäumte. Es war ein seltsam schönes Gefühl, wenn ihnen das Wasser übers Gesicht strömte, während sie sich küssten und sie kamen sich so wunderbar nahe. Leons Haare durfte nur er shampoonieren und er genoss es. Es war jedes Mal ein Erlebnis mit den Fingern durch diese weichen, nassen Locken zu fahren, wenn er die zarte Kopfhaut darunter spürte und Leons Kopfform ertastete, die sonst so gut unter der Masse an Haaren verborgen war. Und Leon schien es auch zu genießen, denn er legte den Kopf in den Nacken, lächelte verwöhnt und seufzte entspannt. Nachdem er ihm das Shampoo ausgewaschen hatte, küsste er seinen Nacken und seine Schultern. Er liebte Leons Körper einfach. Er war durchtrainiert und dennoch hatte er an den Seiten gerade noch soviel Speck, dass man gut hinein kneifen konnte. Wie hieß diese Körperstelle noch mal bei den Franzosen? ‚Poignées d’amour’ – eine der wenigen Vokabeln, die aus dem Französischunterricht hängen geblieben waren. Konnte es einen schöneren Ausdruck dafür geben? Er bezweifelte es. Leon drehte sich wieder zu ihm um und legte ihm die Arme um die Schultern, zog ihn nahe an sich und küsste ihn innig. Phillip lächelte in den Kuss hinein und Leon löste sich von ihm, fragte misstrauisch: „Woran denkst du?“ „Poignées d’amour“, antwortete er ihm wahrheitsgemäß und Leon zog die Augenbrauen hoch, fragte dann: „Was ist das denn?“ Phillip grinste, schob Leon ein Stück von sich weg, griff ihm in die Seite und sagte erklärend: „Das hier.“ Der Libero hingegen schien ihn zu missverstehen, lief rot an und erwiderte leise, etwas beschämt und beleidigt: „Sag’s doch einfach, wenn du findest, dass ich dick geworden bin.“ Der Stürmer lachte daraufhin nur, zog Leon wieder an sich, küsste ihn und sagte: „Schlag mal nach, was das heißt. Ich liebe das jedenfalls an dir. Genau wie den gesamten Rest.“ Er küsste seine Halsbeuge und spürte an seinem Ohr wie Leon lächelte, dann flüsterte der: „Ich liebe dich auch.“ Den Rest des Abends verbrachten sie wie so oft mit Fernsehen, beziehungsweise DVDs. Leons Schwester hatte sich mit ihrem Laptop zu ihnen gesellt und sich auf dem Sessel breit gemacht, sah hin und wieder mal vom einen zum anderen Bildschirm und wieder zurück. Leon hatte über sie nur den Kopf geschüttelt. Dafür war ihr Kommentar zu ihnen gewesen, als sie das Wohnzimmer betreten hatte: „Bäh! Diese Romantik! So was widerliches!“ Leon hatte daraufhin nur gegrinst und den Kopf gewandt um Phillip, zwischen dessen Beinen er saß und dessen Bauch er als Lehne benutzte, einen zärtlichen Kuss gegeben. Der hatte sich irgendwann ein Kissen auf die Brust gelegt, damit Leon bequemer lag. Er hatte nämlich ständig den Kopf gedreht und gewendet und anders hingelegt und auch wenn er nichts gesagt hatte, war es eindeutig gewesen. Er hatte ihm also einfach das Kissen unter den Kopf geschoben und geflüstert: „Meine Brust ist halt einfach zu stählern, nicht wahr?“ „Dafür ist der Bauch umso bequemer, Dickerchen“, hatte Leon gegrinst und sich wieder gemütlich zurückgelehnt. Sie sahen sich einen Actionfilm an und als irgendeine Liebesszene kam, da richtete sich Leon abrupt auf und sagte: „Zilli, wenn du grad das Internet an hast, dann schau mal bitte schnell für mich nach was ‚Poignées d’amour’ heißt!“ Spitzbübisch grinste er Phillip an, der daraufhin nur den Kopf schüttelte. Cäcilia allerdings brauchte das Internet dafür gar nicht zu bemühen, sondern dachte einen Moment nach und sagte dann zögernd: „Poignées d’amour? Das sind doch Liebesgriffe, oder?“ Langsam wandte Leon seinem Freund daraufhin das Gesicht zu und errötete. Doch Phillip fiel nichts anderes ein, als ihm noch einmal in die Poignées d’amour zu greifen und ihm ins Ohr zu flüstern: „Ich liebe sie.“ Prompt wurden sie allerdings von Cäcilia unterbrochen, die mit trockener Stimme verkündete: „Ja, wir wissen jetzt, dass ihr euch und alles an euch liebt. Jetzt können wir dieses romantische Gehabe auch wieder lassen. Danke sehr.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)