Criminal Minds - Das Leben danach von Flitzkatze ================================================================================ Kapitel 5: Konfrontation ------------------------ Wut zerfrisst meine Eingeweide. Wie ätzende Säure bahnt sie sich ihren Weg durch mein Innerstes, bis sie genau hinter meinem Brustbein sitzt und darauf wartet, auszubrechen. Ich balle meine rechte Hand zur Faust. Ich hole aus und ramme sie gegen die Wand. Als ob ich ein Ventil geöffnet hätte strömt meine Wut durch meinen Arm und verlässt den Körper an den Knöcheln. Zurück bleibt ein pochender Kopf, eine zuckende Hand und Hoffnungslosigkeit; dazu die Gewissheit, sich wieder rechtfertigen zu müssen, für die aufgeschürften Handknöchel, die man bei dieser Hitze kaum verbergen kann. Du Idiot. Ich Idiot. Wir Idioten. Resigniert lasse ich mich auf einen Stuhl fallen und nehme nach kurzer Zeit wieder eine Akte zur Hand. Und da fällt es mir zum ersten Mal auf. Ich nehme mein Handy aus der Tasche und wähle. „Hallo Fremder. Womit kann ich dich beglücken?“ Garcias Stimme klingt vergnügt wie immer. „Garcia, hier ist Reid; kannst du für mich herausfinden, ob irgendeine Familie der drei Opfer eine Vermisstenanzeige aufgegeben hat?“ „Schatz, du unterforderst mich“, meint Garcia gelangweilt. Exzessives Tippen, dann ein elektronisches „Pling“. „Mr Daniel Higgins hat seine Frau als vermisst gemeldet, und Harry Rhymes hat eine 19-jährige Tochter namens Melody, die ebenfalls eine Anzeige aufgegeben hat. Bei Ross Leicester: Nada“, erklärt sie. „Danke“, meine ich und lege nachdenklich auf. „Was gibt es Neues?“ Ich fahre wie vom Donner gerührt auf meinem Stuhl herum und entdecke Hotch, der anscheinend irgendwann während des Gespräches hereingekommen ist. Ich schließe die Augen und mein Puls verlangsamt sich wieder. Ein wenig. „Ich habe Garcia nachsehen lassen, ob Vermisstenanzeigen aufgegeben wurden“, erkläre ich. „Keine für Ross Leicester.“ Hotch runzelt die Stirn. „Seltsam.“ „Das finde ich auch“, sage ich schnell und versuche tief zu atmen, um meinen Herzschlag zu beruhigen. Der Schreck sitzt mir immer noch tief in den Knochen. „Wir sollten mit der Familie des Opfers sprechen, während JJ versucht, Ford abzuwimmeln“, schlägt Hotch vor. „Du und Morgan kommt mit mir. Strauss lassen wir hier. Wir treffen uns in fünf Minuten am Eingang.“ „Geht in Ordnung“, sage ich und stehe auf. Ich verlasse den Raum in Richtung Herrentoilette und habe schon den halben Korridor hinter mir, als Hotch mich ruft. „Reid!“ Ich bleibe stehen und drehe mich um. Hotch kommt auf mich zu und schneidet mir den Weg ab. „Was wollte Strauss von dir?“, fragt er mich und fixiert mich mit seinem Blick. „Ein paar Informationen über die Arbeitsweisen des Teams“, behaupte ich und starre Hotch dabei unentwegt an, ohne zu blinzeln. Spencer rebelliert. So lange, bis ich tatsächlich wegsehe. Wir sind ein guter Täuscher, ein guter Verberger und ein guter Heuchler, aber wir sind ein sagenhaft schlechter Lügner. Hotch glaubt mir natürlich kein Wort. „Reid, wir beide wissen, worum es hier geht“, sagt er und kommt einen Schritt näher. „Wenn du dich erwischen lässt oder ihr auch nur im Mindesten nachgibst, gefährdest du nicht nur dich und deinen Job, sondern das gesamte Team.“ Wie gerne würde ich ihm sagen, dass mir das egal ist. Wie gerne wäre es mir egal. „Ich versuche, sie von dir fernzuhalten, aber das funktioniert auf Dauer nicht.“ Ich beschließe, keine Reaktion zu zeigen, ihn zu fragen, was er damit meint, aber. Ich bin nicht dumm. Und deswegen weiß ich, dass auch Hotch nicht dumm ist. Natürlich weiß er, was mit mir los ist. Natürlich ist ihm klar, dass Strauss mich zerstören will. Deswegen nicke ich am Ende doch und glaube sogar, dass mir ein halbwegs überzeugter Gesichtsausdruck gelingt. Hotchs Blick wird neutraler. Er klopft mir auf die Schulter. Anscheinend bin ich ein Mensch, der einen Botenstoff aussendet, der anderen Menschen signalisiert: „Hey, ich brauche Bestärkung. Klopf mir auf die Schulter.“ Ich bin ein lockungstechnisches Phänomen. Oder es sind einfach die Blässe, der permanent leicht hysterische Blick und die knochigen Schultern. Auch wenn mir die Duftstoffe besser gefallen würden. „Wir sehen uns draußen.“ Hotch verschwindet wieder im Büro. Ich betrete die Toilette, wasche mein Gesicht und bin mir nun absolut sicher, dass es die Augenringe sind. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)