Unexpected Love von The_Stampede ("Das ist jetzt nicht echt passiert, oder?") ================================================================================ Kapitel 5: Unnützer Tag ----------------------- Samstag Ja ja, keine Schule. Ich habe also bis ungefähr 11:30 Uhr geschlafen. Hab da erst auf die Uhr geschaut. Ich hatte einen komischen Traum... Ich hatte irgendwas in meinen Händen gehalten und wollte es beschützten und bin vor irgendwelchen Leuten geflohen... Ich bin durch versteckte Gänge gelaufen, bin durch schmale Schächte gerutscht, habe versucht mich in einem Zimmer voll mit Hochbetten zu verstecken und bemerkte dann irgendwann, dass ich in einem riesigen Haus war, welches aussah wie ein riesiges edles Puppenhaus... Keine Ahnung... Irgendwie so was... Aber mir gefiel der Traum... Ich glaubte zwar nicht an Traumdeutung und so, aber der Traum hatte bestimmt eine Aussage... Nun gut, ein bisschen über den Traum nachgedacht und mein Frühstück bereits angefangen kamen meine Schwestern aus ihrem Zimmer und sahen mich verschlafen an. „Hey Ian, na? Gut geschlafen?“ „Ja klar. Und ihr?“ „Wir auch.“ Mit einem Lächeln setzten sie sich zu mir an den Tisch und aßen einiges. Ich kam in meinen Plänen durcheinander... Ich hatte schon die letzten Tage darauf aufgepasst, dass meine Schwestern Noël nicht kennenlernten, da sie sich sonst was denken würden... aber nach der Sache von gestern würde ich sogar lieber nackt über die Straße laufen als die drei aufeinandertreffen zu sehen. Noël mit seinem schlechten Gewissen, die Beiden mit ihrer Neugierde. „Wer bist du? Was machst du? Bezahlt dich Ian? Oder was macht er als Gegenleistung? Wollen wir überhaupt wissen, was er als Gegenleistung erbringt? Und wenn wir es nicht wissen wollen, schämst du dich dann nicht? Ja, wir reden auch mit dir, Ian! Ian! Ian?“ Ich schüttelte mich und war wieder in der Realität. „Ian? Was ist los mit dir? Nicht ausgeschlafen?“ „Was? Doch... eigentlich schon... hab nur nachgedacht.“ Joan kam mir näher, als wolle sie durch meine Augen in meinen luft- und hirnleeren Raum schauen wollen. „Darf ich fragen, über was du nachgedacht hast?“ Ich kam ihr näher. „Emanzipationsproklamation und Salami im ganzen Stück.“ Und sie distanziert sich von mir. „Ein ´nein´ hätte mehr als gereicht.“ Ich stehe auf, nehme mein Besteck und sage eiskalt wie der Wind am heutigen Morgen: „Es existiert ein Interesse an der generelle Relation der Applikation relativ primitiver Methoden komplementär zur Favoisierung adäquat komplexer Algorithmen.“ Und ihre Antwort war: „Ein einfaches ´leck mich am Arsch´ hätte auch gereicht.“ Nickend packe ich alles in die Spüle und war wieder in meinem Zimmer. „Was soll ich denn nun machen? Soll ich das für heute absagen? Ich will auch Noël keine Probleme machen... wenn die beiden die Geschehnisse hier irgendwie raus finden würden, sie würden ihn bestimmt halb tot schlagen. Oder ihn zumindest melden... Mir ist klar, dass sie sich nur Sorgen um mich machen...“ Während ich mir immer wieder auf meine Unterlippe biss griff ich nach meinem Handy. „Soll ich oder soll ich nicht?“ Ich schrieb einen Text und schickte ihn einfach ab. [Hey Noël.... Ich habe vergessen, dass meine Schwestern heute den ganzen Tag zu Hause sind und ich befürchte, die würden uns beiden nicht gut tun. Vor allem dir nicht. Können wir in ein Café gehen? Ich nehme auch die Rechnung auf mich wegen der Umstände. Liebe Grüße, Ian.] Ich ging in meinem Zimmer auf und ab und sah immer wieder auf das Display. Bis ich eine SMS zurückbekam. [Ja klar, wenn du mir dann vllt erklären kannst, was genau da mit deinen Schwestern los ist... Ich hole dich einfach um 13:30 Uhr vor eurer Tür unten ab. Ich klingel auch nicht, ich warte bis du raus kommst. Bis gleich, Noël.] Erleichtert schmiss ich mich auf das Bett. Ich dachte irgendwie, dass etwas schief gehen würde... [Kann ich machen, aber denk bitte nichts falsches. Bis gleich.] Wieder das Zimmer verlassen sagte ich Joan und Joce, dass ich gleich weg sei. Bevor die fragen konnten, wo ich gleich sei, watschelte ich schon in die Waschküche um meine Kleidung zu holen. Bei meiner Rückkehr saßen mir die Beiden direkt an meinen Versen. „Ian, wo willst du gleich hin?“ „In ein Café.“ „Mit wem?“ „Mit einem aus der Schule“ Und gelogen hatte ich nicht... „Wie jetzt? Mit einem Kerl?“ Oh, shit, in was habe ich mich da schon wieder verrannt?? „Äm... ja? Wieso?“ Joan schlug die Hände über ihrem Kopf zusammen. „Man geht doch nicht mit einem Kerl in ein Café! Was soll der denn denken?“ „Ja, verrate du es mir, was soll der denn denken?“ „Ja, dass du was von dem willst? Mit einem Kerl in ein Café...?“ „Joan, mach den Kopf zu und pack das Klischee wieder in die Kiste. Selbst wenn ich mich mit ihm bei mir im Zimmer ALLEINE treffen würde, würdest du das sagen, also ist okay jetzt.“ Ich wand mich ab und verschwand wieder in meinem Zimmer, bevor Joan wieder irgendwas sagen konnte. Ich hörte aber noch, wie Joce mit ihr redete. Schon 12:45 Uhr. Klamotten raus gelegt und dann im Bad verschanzt wurde ich immer wütender auf meine Schwester. „Was denkt die denn von mir?“ Noch in aller Ruhe geduscht und sonst noch alles gemacht kleidete ich mich ein und sah wieder auf die Uhr. Noch eine viertel Stunde. Haare geföhnt, ein wenig gestylt und dann aufgeräumt. Noch 5 Minuten. Ich wollte schon mal gehen, als mich doch noch mal Joan erwischte. „Ian, so war das nicht gemeint, weißt du doch.“ „Ja ja, ist gut.“ „Ian. Ich mache mir nur Sorgen!“ Ich schaute sie noch mal an und meinte: „Ich bin alt genug, um mich muss man sich keine Sorgen mehr machen. Zumindest in dieser Hinsicht nicht.“ Und ich verließ die Wohnung. Noël stand schon da. „Hey Ian.“ „Hey Noël. Tut mir leid wegen der Umstände.“ Er legte seinen Arm um mich, zog mich nah heran und sagte: „Ist doch gut. Ich mache mir keinen Kopf um die Sache von gestern und du nicht um die Umstände. Ist doch auch mal was anderes. Solange du ein Café kennst, in welchem bestimmt kein Schüler oder Lehrer ist.“ „Keine Sorge. Das Risiko gehe ich nicht ein.“ Wir gingen los, noch immer hatte er seinen Arm um mich und so verließen wir auch das Haus. Ich befürchtete, dass Joan oder Joce nun aus dem Fenster sah und mich bei meiner Rückkehr ausfragen wollen würde. Aber vorerst war ich in Sicherheit, weit genug weg. Endlich in der Stadt angekommen und einen Platz zum bleiben gefunden bestellten wir uns etwas und ich erklärte ihm erst mal die Lage mit meinen Schwestern. „Seit meine Eltern in Amerika sind passen sie natürlich auf mich auf und sie machen sich auch immer Sorgen um mich. Und sie würden mich bestimmt komisch anschauen, wenn sie wissen würden, dass du mir umsonst Nachhilfe gibst. Weil... nun die denken schon ab und zu an sehr krasse Sachen...“ Er wendet seinen Blick ab. „Noël? Was ist los?“ Schnell sah er mich wieder an, griff nach seinem Getränk und murmelte gerade so hörbar: „Na ja, lieber zu viele Sorgen machen als dann denken, warum haben wir das nicht kommen sehen?“ Diese Aussage machte mich sehr nachdenklich. Er schien sehr Verständnisvoll, was ich eher weniger erwartet hatte. Ich wäre ausgerastet, wenn die Schwester eines Kollegen so was gesagt hätte... „Ich würde mir auch sehr Sorgen machen, wenn du dich unerwartet irgendwie... eingeschüchtert benehmen würdest... und wenn du dich mit wem triffst, den du vorher nie erwähnt hättest... Ist schon beirrend...“ „Ich glaube, du machst dir eh immer um mich Sorgen, Noël.“ „Du hast Recht. Ich halte meinen Mund.“ Wir tranken einen Schluck. „Wie geht es dir denn insgesamt mit der Situation?“ Ich zuckte mit den Schultern und nahm direkt noch einen Schluck zu mir. „Nun... so Geheimnisse... die verunsichern mich schon sehr... aber na ja... so was gibt es irgendwie immer im Leben...“ „Tut mir leid, Ian. Also wenn ich dir Schwierigkeiten mache. Wenn dir das zu viel wird... sag einfach Bescheid. Dann lasse ich dich in Ruhe. Das letzte, was ich wollte, ist dir Probleme machen. Ich steigere mich da einfach zu sehr in was rein.“ Ich warf fast meine Tasse auf den Tisch zurück, denn was er sagte, sprach gegen alles und jeden. „Nein! So habe ich das nicht gemeint. Bleib bei mir!“ Öm... was habe ich da gesagt? Noël wollte auch wieder einen Schluck nehmen, sah mich aber nun genau so überrascht an wie ich es war. Seine Augen waren unglaublich weit geöffnet. Der Blick unterstrich mein Gefühl von „WTF“. Wieder schlug ich mir meine Hand vor die Augen. „Ey, was laber ich hier?“, fragte ich mich leise und hätte meinem Kopf am liebsten ein Meeting mit dem Tisch organisiert. „Fuck!“ Doch genau so wie das andere Mal, wo ich dies tat, nahm mir Noël die Hand sanft aus dem Gesicht und sah mich mit seinen blau.... mit seinen Augen halt an. „Ian. Ist okay. Ich... ich bin froh, dass du das gesagt hast, weil ich... eigentlich auch nur ungern gehen würde... danke, dass du so viele Probleme auf dich nimmst... auch für mich...“ So, wie er meine Hand hielt legte er sie auf den Tisch, ließ sie aber nicht los. Und das wurde aufmerksam von den Leuten um uns herum beobachtet, mit einem ähnlichen „WTF“-Blick. Und das merkten wir beide jetzt erst. Panisch ließen er mich los und wir setzten uns sofort voneinander abgewandt hin. Wie künstlich das war! Schlimmer konnte es nicht kommen! „Was war das denn? Das war doch jetzt ein Scherz, oder?“ Ich schaute mich um. Und dann sahen alle weg. „Nein, war es anscheinend nicht...“ Und dann sah ich zu Noël. Er hielt sich die Stirn und fuhr sich dann durch die Haare. „Es ist nichts gewesen...“ „Genau, nichts gewesen...“ Und wir beide tranken synchron, schweigend und uns nicht ansehend. Irgendwann trafen sich doch wieder unsere Blicke. „Und jetzt?“ „Keine Ahnung.“ Wieder sahen wir weg. Doch das sollte nicht so bleiben. Jetzt ließ Noël Taten sprechen. Er leerte seine Tasse, warf zwanzig Euro auf den Tisch, packte mich am Handgelenk und zog mich von dem Café weg. „Noël? Was ist los?“ „Die gucken alle so, da habe ich kein Bock drauf.“ Ich ließ mich dann einfach von ihm durch die Stadt ziehen, wehren konnte ich mich eh kaum. „Aber wo willst du jetzt hin?“ „Einfach weg.“ Letztendlich landeten wir auf einer Bank mitten in der Stadt. Sie war überdacht und demnach war es hier gut auszuhalten. Noël warf sich hin, so wie ich. Sein Tempo war schrecklich gewesen. Ich war außer Atem, wie er. „Super Aktion, Noël.“ „Sorry, ich befürchtete, dass wir weiter angestarrt werden. Das wollte ich dir ersparen.“ „Wie lieb von dir.“ Es war schon relativ dunkel. Jetzt waren wir halt einfach auf einer Bank, warum nicht? „War ja jetzt doch nicht so ein toller Tag, oder?“ „Nein, irgendwie nicht... alles nur wegen meiner Schwestern... tut mir leid.“ „Schon okay. Nächste Woche wird besser.“ „Genau.“ Schweigend saßen wir dann da. Es wurde wieder peinlich. Ich schlug die Hände auf die Beine. „Na ja. Ich denke, wir sollten wieder zurück... Ist schon irgendwie dunkel und kalt und alles.“ „Soll ich dich wieder nach Hause bringen?“ Ich schaute ihn kopfschüttelnd an. „Bringen? Bin ich ein kleines Kind? Ich kann auch alleine nach Hause!“ Aus Protest stand ich auf und marschierte rücksichtslos los. „Ian! Warte...“ Er stand auch auf und versuchte meinem Schritttempo gleich zu werden, auch wenn ihn das Mühen kostete. „Dann frage ich so: Soll ich dich wieder nach Hause begleiten?“ Ich wurde langsamer und lächelte ihn an. „Da gegen hätte ich nichts.“ Wieder legte er den Arm neckend um mich und lief wieder mit mir so durch die Gegend. Ich dachte ein bisschen, er wollte mich verarschen oder so, aber dies war wohl ein falscher Gedanke. Eher wärmte er mich, so kam es mir vor, nach dem er schon eine nennenswerte Strecke mit mir gegangen ist... Als wir vor dem Haus standen, sah ich zu dem Fenster meiner Schwestern herauf. Ich sah niemanden. So ein Glück. „Soll ich noch bis zur Tür mitkommen? Oder ist das Risiko zu hoch?“ Noël nahm seinen Arm von mir und steckte seine Hände in die Manteltaschen. „Ich denke, ich bin dir schon dankbar genug mich bis hier her begleitet zu haben. Danke, Noël.“ Er nickte und reichte mir seine Hand. „Dann... wir sehen uns.“ „Werden wir.“ Ich nahm den Handschlag zum Abschied an, schloss die erste Tür auf und trat ins Haus ein, einmal noch zurückschauend. Noël ging aber schon wieder, also machte ich mich weiter auf den Weg zur Wohnung. „Was würde ich jetzt nur meinen Schwestern sagen, wenn sie mich auf ihn ansprechen würden?“ Nervös schloss ich die letzte Tür auf und war zu Hause. Sie standen schon mal nicht im ersten Raum hier, um mich sofort zu konfrontieren... Als ich ins Wohnzimmer kam, um zu sagen, dass ich zurück sei, saßen die beiden nur da. „Hey ihr. Ich bin zurück.“ „Dann ist gut. Wir essen auch gleich.“ Mehr nicht. Verdutzt blieb ich im Türrahmen stehen. „Das Essen brauch aber noch was, also kannst ruhig noch in dein Zimmer.“ „Äm, ja klar. Okay.“ Ab ins Zimmer. Den Rest des Tages gab es nichts mehr. Wir aßen alle zusammen und irgendwann legte ich mich schlafen. Gegen 23 Uhr empfing ich noch eine SMS. [Hey Ian, wir werden uns mit Pech erst am Dienstag sehen, weil am Montag eine Besprechung ist und alle Schüler nach der 4ten Stunde frei haben. Ich wünsche dir bis dahin erholsame Nächte und gute Träume. Bis dann, Noël.] Danach konnte ich bis Sonntag durchschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)