Das Tiefe an stillen Wassern von Hotepneith (Lord Sesshoumarus sechzehnter Fall) ================================================================================ Kapitel 4: Teehäuser und andere Fragen -------------------------------------- Als Sesshoumaru und Sakura allein waren, betrachtete er ihren geneigten Kopf kurz, ehe er fragte: „Was ist ein Teehaus?“ Sie schaffte es gerade noch, nur seine Rüstung anzusehen, ehe sie antwortete: „Ein...Geschäft, Lord Sesshoumaru, in das man gehen kann, um Tee zu trinken oder zu essen. Vor allem auf Reisen.“ Hatte er denn von nichts eine Ahnung was Menschen taten? Nun ja, er war scheinbar so alt wie sie, aber in Wirklichkeit doch sicher schon über hundert Jahre alt oder sogar mehr. Obwohl, seit sie seine Mutter kennen gelernt hatte, nahm sie schwer an, dass er in seinen ersten Lebensjahrzehnten von Menschen und ihren Angelegenheiten mehr als fern gehalten worden war – und sich darum auch erst seit seinen Ermittlungen dafür interessieren musste. Essen und Trinken? Warum sollte das Opfer das seinem Neffen verbieten? Weil es außer Haus war? Was hatte das mit der Schwangerschaft zu tun? Nein, da stimmte etwas nicht: „Gibt es auch noch andere Teehäuser?“ „Ich…ich denke nicht.“ Dann wurde sie rot: „Oh, es gibt da den ersten Stock…in manchen, so hörte ich.“ Und der Diener hatte doch davon gesprochen. Meinte er das? Bitte nicht. Den ersten Stock hatten auch Okada und Yuji erwähnt. „Und was ist damit?“ Ach du liebe Zeit. Wie sollte sie das jemandem wie ihm erklären? Aber Schweigen wäre schmerzhaft: „Nun, soweit ich hörte, gibt es in manchen Teehäusern einen ersten Stock, in dem Frauen…Nun, sie warten unten auf Kunden und dann gehen sie mit ihnen dort hinauf.“ „Kunden?“ wiederholte er verständnislos: „Was verkaufen sie?“ „Sich selbst, Lord Sesshoumaru.“ „Erkläre.“ Sie wurde feuerrot und starrte zu Boden: „Nun ja, ein Mann geht dorthin, sucht sich eine Frau aus und ….und geht mit ihr empor, um sie…um mit ihr…“ Er verstand nur zum Teil: „Warum nimmt er keine Dienerin?“ „Nicht jeder Mann ist so mächtig wie Ihr, Lord Sesshoumaru“, wandte sie ehrlich ein, nicht überrascht, dass er an andere Männer keinen Gedanken verschwendet hatte: „Ihr oder der edle Inu no Taishou oder auch menschliche Fürsten wie hier der Daimyo…..wenn Ihr einer Dienerin befehlt, Euch zu Willen zu sein, muss sie gehorchen. Für einfachere Männer ist das nicht möglich. So gehen sie dorthin und müssen eben bezahlen.“ Moment, dachte er. Das verstand er beim besten Willen nicht. „Die Männer gehen dorthin und bezahlen für einmal…?“ „Ja.“ Das begriff er nicht. Ihm reichten schon seine „Übungsstunden“, die er auf Vaters Wunsch hin hatte absolvieren müssen. Und wenn er irgendwann verheiratet wäre, stand ihm das auch bevor, bis er einen Erben hätte. Wie konnte man freiwillig diese extreme Nähe suchen…und dann auch noch dafür bezahlen? Er wiederholte die letzte Frage laut. Sakura konnte nicht anders, als ihm kurz in das Gesicht zu blicken. Nein, er wollte sie nicht auf den Arm nehmen: „Ich vermute, dass es ein gewisses männliches…äh…menschliches Bedürfnis ist, Lord Sesshoumaru“, erwiderte sie dann höflich, ohne genau zu wissen, was er wollte. Ihr war nur klar, dass sie zum einen antworten musste, wollte sie sich keiner Bestrafung aussetzen, und zum anderen er genug Vertrauen zu ihr hatte, um ihr derartige Fragen zu stellen. Anscheinend war ihm aufgefallen, dass sie über ihre Zweiergespräche nicht einmal ihrem Lehrer etwas erzählt hatte. „Und was haben die Frauen davon?“ „Sie erhalten Geld und verdienen sich so ihren Lebensunterhalt. Für Frauen, die keinem Clan angehören und nicht verheiratet sind, gibt es wenig Verdienstmöglichkeiten.“ „Wenn jemand also oft in das Teehaus geht, kostet ihn das viel Geld.“ „Ja.“ Ach, dann hing das irgendwie mit dem Fall zusammen? Sie war ein wenig erleichtert, ohne sagen zu können, warum. Er bemerkte durchaus, dass sie eine Erklärung gefunden hatte und bestätigte: „Okada.“ Sie dachte mit, das war angenehm. Der neue Herr des Hauses? Trotz einer Ehefrau und zwei kleinen Söhnen? Das war nicht nett, dachte sie prompt. Hide Okada hatte auf sie einen einnehmenden, wenn auch etwas schüchternen Eindruck gemacht. „Warum während der Schwangerschaft?“ fragte er. „Oh, darum…“ entkam es ihr, ehe sie hastig die sachliche Erklärung suchte: „Während einer Schwangerschaft soll ein Mann seine Frau…schonen. Und da die meisten Männer wohl nicht neun Monate ohne…ohne weibliche Begegnungen auskommen, gehen sie in das Teehaus.“ Neun Monate und schon keine Selbstbeherrschung, dachte der Dämonenprinz prompt. Aber anscheinend war das unter Menschen gang und gäbe. Das führte zu etwas anderem: „Würdest du in einem Teehaus arbeiten?“ „Ehe ich verhungere…“ gab sie zu: „Und wenn ich keine andere Möglichkeit finden würde.“ „Dann ist das unter Menschen keine verwerfliche Tätigkeit.“ „Jeder weiß, dass Frauen oft keine andere Möglichkeit haben zu überleben, Lord Sesshoumaru.“ „Für einen Mann ist es auch nicht verwerflich dorthin zu gehen.“ „Nein.“ Was sollte diese Fragerei nur? Wegen Okada? Suchte er ein Motiv für den Mord? Der Hundeprinz wandte sich ab und blickte nachdenklich aus dem Fenster, ehe er langsam meinte: „Unter welchen Umständen wäre es für einen Mann verwerflich?“ „Das kann ich Euch leider nicht beantworten, Lord Sesshoumaru.“ „Vermute.“ „Nun ja, wenn die Ehefrau des Betreffenden aus hohem Haus ist, könnten das ihr Vater oder andere Familienangehörige nicht so gern sehen, vor allem, wenn der Ehemann einen niedrigen Status hat. Oder….aber dazu müsste er schon sehr oft in das Teehaus gehen…weil es zu teuer wird, “ riet sie tapfer. Normalerweise wünschte er keine Vermutungen zu hören. War es, weil dieses Terrain für ihn vollkommen ungewohnt war und es sich zu allem Überfluss um Menschen handelte? „Was könnte Rinako Okada an jungen Dienern suchen, dass das Opfer dafür bezahlen musste?“ Wie meinen, wäre es ihr um ein Haar entfahren, aber sie schaffte es irgendwie noch, sich auf die Zunge zu beißen. Was sollte das denn heißen? Ja, der Diener hatte etwas erwähnt, fiel es ihr dann ein: „Ich…ich denke, das Gleiche, was der junge Herr Okada im Teehaus suchte…“ Was war das denn für eine seltsame Familie? Sesshoumaru tröstete sich damit, dass es sich eben um Menschen handelte, die ihn weder etwas angehen mussten, noch ihn weiter interessierten, sobald er den Fall gelöst hatte. „Sie sollten schweigen. Gäbe es einen Skandal?“ „Ich vermute. Sie ist ja eine Witwe…“ „Aber es gibt keinen, wenn ein Mann in ein Teehaus geht.“ „Nein.“ „Nyoko hatte Bedenken das Opfer zu heiraten. Warum?“ „Der Altersunterschied von vierzig Jahren war doch recht groß, Lord Sesshoumaru.“ „Sie hätte keine Bedenken gehabt, Shinichi zu heiraten.“ „Wohl weniger.“ Hm. „Wenn du die Wahl hättest zwischen dem mächtigen Inu no Taishou und mir – wen würdest du nehmen?“ Sie wurde rot. Was sollte das denn schon wieder? Eine Prüfung, ob sie um ihren Platz wusste? „Ich würde nie wagen, meine Augen zu einem von Euch zu erheben....“ brachte sie hervor. „Überdies sagtet Ihr ja, was Ihr tun würdet, würde ich je einen Halbdämon erwarten...“ „Nur theoretisch,“ wollte er sie beruhigen, da er daran nicht gedacht hatte. „Wenn es sich bei Euch und meiner Wenigkeit um Wesen einer Art handeln würde….“ wagte sie nachzuschieben, etwas erleichtert, dass es wohl noch immer um den Fall ging. Na also, sie dachte mit: „Ja.“ „So würde ich Euch vorziehen“, gestand sie verlegen. Lügen würde er bemerken. „Warum?“ Sie zögerte. Immerhin bedeutete das ja eine Herabwürdigung seines Vaters – und das war in Reichweite Seiner Lordschaft tödlich. Das war auch ihm klar. So meinte er: „Du hast keine Strafe zu befürchten.“ „Danke, Lord Sesshoumaru.“ Aber wie sollte sie ihm das erklären? Er bemerkte durchaus, dass sie trotz seiner Zusage und seines Versuches auf sie einzugehen stockte. War das schon wieder irgendetwas mit Peinlichkeit? Allerdings benötigte er ihre Ansicht, um Nyokos Aussage verstehen zu können: „Er ist der Fürst, mächtiger als ich. Und wir sehen uns ähnlich.“ Das war ja glatt eine Hilfe? So antwortete sie ehrlich: „Ja, aber Ihr...Ihr wärt in meinem Alter.“ Menschen waren da offensichtlich anders als Dämonen. Jede Dämonin, die diese Wahl erhalten hätte, hätte sich sicher seinem verehrten Vater an den Hals geworfen, war er doch mächtiger. „Es geht Menschenfrauen nicht um die Macht oder den Reichtum.“ „Manchen, Lord Sesshoumaru. Die meisten ….sie haben keine Wahl, da die Eltern sie verheiraten. Aber man wünscht sich doch einen Lebenspartner, der….nun ja…“ Ihr Götter, wie sollte sie das ausdrücken? „Ich meine, in einer Ehe gibt es auch recht nahe Momente. Und…und…“ Er drehte sich um und sie zuckte unwillkürlich zusammen, zumal sie bemerkte, dass er eine Hand hob. „Genug.“ Verstand er wirklich oder wollte er sich nur nicht weiter ihre Satzfetzen anhören? Beides war möglich und so blickte sie gehorsam schweigend zu Boden. Hm. Also könnte Nyoko durchaus wegen Daiki oder gar Shinichi Okada ein Motiv für den Mord gehabt haben. Shinichi selbst hatte Unstimmigkeiten wegen seiner Teehausbesuche zugegeben. Nach Aussage des Kanzleivorstehers wirkte das Opfer oft streng und hart, also könnte es auch unter dem Personal Leute geben, die an seinem Tod interessiert waren. Nein, Motive waren nicht der Weg den Tod zu klären. Das Wie musste es zeigen. Wie war das Gift in den Salat gekommen. Und dazu musste er auch mit Atsudo, dem hiesigen Heiler sprechen, der der Küche ja den Speiseplan vorgegeben hatte. Das Andere konnte Sakura erledigen. „Gehe zu Hide Okada. Wusste sie von den Teehausbesuchen ihres Mannes und wusste sie, dass Kisho Tamada ihn deswegen zur Rede stellte?“ In diesem Fall hätte sie keinerlei Motiv ihren Beschützer zu töten. Überdies waren da die Zwillinge, die ihr als Mutter des Erben des Hauses ja eine sichere Zukunft versprachen. Es war jedoch besser, nichts auszuschließen. „Und kläre das mit Rinako. Falls sie noch schläft mit der Dienerin. Weiß ihr Sohn von ihrer Vorliebe und würde nun auch dafür bezahlen?“ Sakura schluckte etwas, neigte sich jedoch nur vor. Das waren ja überaus heikle Fragen. Nein, ihm war sicher nie etwas peinlich. „Ja, Lord Sesshoumaru.“ „Danach komm zum Heiler.“ „Ja.“ Sie erhob sich und verließ den Raum. Schön zu wissen, dass er sich auf sie verlassen konnte, dachte er plötzlich. In den ganzen Ermittlungen hatte er sich doch daran gewöhnt, eine Dienerin bei sich zu haben, die mitdachte und sich erfolgreich bemühte, seine Wünsche zu erfüllen. Eines Tages würde er vielleicht auch einen solchen Dämon finden. Noch besser wäre es freilich, wenn er dem nicht so viele Anweisungen mehr geben müsste. Nun gut. Nach einigen Jahrzehnten oder hundert Jahren wäre der dann doch bestimmt in der Lage richtig zu reagieren, wenn er nur seinen Namen sagte. Das käme ihm selbst sicher sehr entgegen. Er machte sich auf den Weg Atsudo aufzusuchen. ** Arme Sakura. Und Seine Lordschaft sollte mit seinen Wünschen vorsichtiger sein – sie könnten in Erfüllung gehen und er in einigen Jahrhunderten einen dämonischen Diener besitzen... Das nächste Kapitel bringt die Aussage der schüchternen Nichte - und kleine Überraschungen. bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)