Shitsui no Jidai von Aoiyuki (Findest du aus der Vergangenheit?) ================================================================================ Prolog: -------- Tief atmete Mio durch. Langsam ließ sie ihre Blicke über das Meer schweifen, bis sie an einer Insel hängen blieb. Man konnte ein riesiges Gebäude erkennen, das sich majestätisch aus einer Fels- und Waldlandschaft erhob. Es bestand kein Zweifel: Es war die Duellakademie. Noch einmal seufzte das Mädchen. Wie lange hatte sie schon davon geträumt, endlich eine Chance zu erhalten, eine Profi-Duellantin zu werden. Und nun stand sie direkt vor der weltbesten Akademie, von der die besten der besten stammten. All die Jahre musste sie sich immer durchkämpfen, musste einen Kampf ums Überleben meistern, hatte nie Zeit zum Ausruhen gehabt. Aber jetzt war Schluss: Sie war auf einem höheren Niveau als die ganzen Amateure und dazu hatte sie viele Erfahrungen gesammelt. Im Gegensatz zu anderen wusste sie die Härte des Lebens. Eine Hand auf ihrer Schulter ließ die Duellantin aus ihren Gedanken aufschrecken. Erschrocken drehte sie sich um und erblickte den Kapitän des kleinen Schiffes, auf dem sie fuhr. „So Kleine, wir sind gleich da.“ Mio nickte ihm zu. „Ja, danke. Sie sind wirklich ein sehr guter Kapitän. Glauben Sie mir, ich habe schon viele Schifffahrten durchgemacht, aber so angenehm habe ich's lange nicht erlebt." Der etwas ältere Mann lachte auf. „Höhö, vielen Dank für's Kompliment. Aber du musst wissen, ich bin der beste Kapitän der Kaiba-Corporation. Ich habe schon sehr oft Privatyachten vom Präsidenten Seto Kaiba gesteuert. Da muss ich doch einfach gut fahren können, nicht?“ Erneut nickte das schwarzhaarige Mädchen und wandte sich danach wieder dem Meer zu. Sie war sich sicher: Die Akademie würde zwar kein Zuckerschlecken werden, aber trotzdem würde Mio schon zurechtkommen. Schließlich hatte sie schon viele andere gefährliche Situationen im Leben gemeistert. Außerdem war sie auch kein gewöhnliches, überschminktes Mädchen, das kläglich versuchte, genauso wie die Topmodels herumzustolzieren. Nein, sie war anders und würde ganz bestimmt zur Topduellantin werden – genauso, wie sie es ihrer Mutter versprochen hatte. Sie blickte hinauf zum Himmel, Mios Augen waren halb zusammen gekniffen. „Duellakademie, ich komme!“, flüsterte sie. Kapitel 1: Begegnung -------------------- Die Sonne schien schon hell ins Fenster hinein, als Jaden aufwachte. Benommen fiel sein Blick auf seinen Wecker. „WAS?! SO SPÄT?!“ Im Nu war er auf den Beinen und zog sich hastig an. „Na toll, wieso hat mich keiner geweckt? Jetzt habe ich mein Frühstück verpasst!“, murrte Jaden, während er noch schnell nach seinem Deck griff und hastig aus der Sliferred Unterkunft rannte. ‚Das gibt bestimmt wieder Nachsitzen, Crowler wird kein Mitleid haben… das heißt..‘ „… ich verpasse noch mein Mittagessen…“ Der Braunhaarige seufzte tief und lief schneller, damit die Verspätung nicht allzu groß war. Inzwischen war Jaden schon in der Halle des Hauptgebäudes. Er bog nach rechts ab, um dann die Treppe zum nächsten Stockwerk zu nehmen. Verschwitzt und abgehetzt war der junge Duellant endlich auf dem Flur, wo sein Vorlesungsraum lag. Doch bevor Jaden seinen Weg fortsetzte, blieb er erstaunt stehen. Mitten im Flur stand ein schwarzhaariges Mädchen, das er noch nie zuvor gesehen hatte. Sie trug eine Slifferred-Uniform. Ratlos blickte sie von einer Tür zur anderen. ‚Was hat sie denn bloß?‘, fragte sich Jaden. „Hey, du!“ Die junge Duellantin drehte sich erschrocken um. „Öh, hi!“ Er ging langsam lächelnd auf sie zu. „Sag mal, bist du neu hier oder so? Habe dich nämlich noch nie in Sliferred gesehen.“ „Jep, das bin ich nur ...“, sie blickte verlegen zur Seite, „…habe ich total vergessen, wo ich eigentlich Unterricht habe. Und diese komische Frau im Rüschenmantel meinte, ich solle auf jeden Fall pünktlich kommen und mich vorstellen.“ Jaden konnte nicht anders, als auf einmal in Gelächter auszubrechen. Fragend sah sie ihn an. „Keine Sorge, nichts wegen dir! Aber nur mal so, diese Frau, von der du da gerade gesprochen hast, heißt Doktor Crowler. ER ist hier Professor.“ Die Schwarzhaarige errötete prompt. „D-das heißt, das ist ein Mann?! Dabei sieht der Typ genau wie das Gegenteil davon aus. Wer trägt denn bitteschön rosa Rüschen?!“ Jaden grinste immer breiter. „Tja, genau das fragen wir uns alle. Aber egal, zufällig habe ich gerade bei ihm Unterricht. Ich bringe dich zum Vorlesungsraum.“ „Oh Mann, danke, du hast mir das Leben gerettet.“ Der Braunhaarige machte eine Geste, ihr zu folgen. „Ich bin übrigens Jaden Yuki. Wie heißt du?“ „Ich bin Mio.“ Weiter konnten sie ihr Gespräch nicht fortführen, da Jaden nun die Tür zum Vorlesungsraum öffnete. „Übrigens“, flüsterte er, „danke!“ Ehe sie ihm entgegnen konnte, hörte man schon Dr. Crowlers hysterische Stimme. „Da bist du ja endlich!! Ich habe schon die ganze Zeit gewartet!! Ach, Jaden ist etwa auch da?!“ Der Slifer meldete sich direkt zu Wort, während Mio von den Studenten neugierig gemustert wurde. „Tut mir leid, Dr. Crowler, aber ich habe sie getroffen, um ihr den Weg hierher zu zeigen. Eine Rundführung durch die Akademie habe ich auch schon gemacht. Sie wissen ja, wie nett ich bin.“ Mio schmunzelte. Da hatte er sich noch gerade so herausgeredet. Jedoch hatte der Junge gleichzeitig ihre Haut auch gerettet, denn es macht immer einen schlechten Eindruck, wenn man als neuer Student zu spät in den Unterricht kam. Somit profitierten also beide voneinander. Doch Crowler machte leider nicht mit. „Glaub ja nicht, dass ich dir das abnehme, Jaden Yuki!!“, er wandte sich nun an Mio, „Und du warst auch mit ihm unter einer Decke, habe ich recht?! Das erste Mal hier und schon kommst du mit Jaden zu spät!!“ „Aber Dr. Crowler, das können Sie doch nicht…“ Jadens Protest war zwecklos. „Nein, nein und nochmals nein! Ihr beide müsst nachsitzen!! So, und jetzt setzen!!“ Mio und Jaden sahen sich kurz an und gingen danach auf ihre Plätze. Das Mädchen setzte sich neben einen kleinen blauhaarigen Jungen mit einer Brille, neben dem auch Jaden Platz genommen hatte. „H-hallo!“, stotterte der Kleine. Mio nickte ihm kurz zu und sah dann nach vorn. Crowler räusperte sich kurz. „So, um nochmal kurz auf das Mädchen zurückzukommen…“ ‚Und ich dachte schon, er hätte mich vergessen!‘, dachte Mio missmutig. „Sie kommt aus Domino City und darf die Duellakademie besuchen, weil sie äh… wie war das noch gleich…?“ „Weil ich ein Stipendium von der Kaiba Corporation erhielt.“, fügte die junge Studentin den Satz zuende. „Äh, genau. Und wehe, du unterbrichst mich nochmal. Fahren wir nun fort.“ Dabei blickte er diabolisch grinsend zu Mio. ‚So ein arroganter Lehrer! Was kann ich denn dafür, wenn ich zu spät komme?!!‘ Viele Schüler schauten währenddessen erstaunt und zugleich überrascht zu Mio. Auch Jaden war darunter. ‚Wow, ein Stipendium von der Kaiba Corporation! Mit der muss ich mich mal unbedingt mal duellieren!‘ Die Schwarzhaarige zuckte zusammen, als sie plötzlich von dem kleinen blauhaarigen Jungen angetippt wurde. „Ja?“ „Ähm, ich habe dich in einer Zeitschrift gesehen! Du hast nämlich schon viele Turniere gewonnen haben, oder?“ Verblüfft starrte Mio ihn an. „Öhm, ja, danke! Wie heißt du eigentlich?“ „Ich bin Syrus.“ „Nett, dich kennen zu lernen!“ Das Mädchen sah wieder nach vorne. ‚Oh Mann, seit wann bin ich in einer Zeitschrift? Das wusste ich gar nicht!‘ Während der gesamten Vorlesung blieb Mio gelangweilt auf ihrer Bank zurückgelehnt. Sie blickte kurz zu Jaden, der schlief. ‚Hm, kein Wunder, Crowler macht wirklich öden Unterricht. Aber ausruhen kann ich mich leider nicht, denn der Typ beobachtet mich die ganze Zeit…‘ „So, und nun eine weitere Frage: Mit welchen drei Möglichkeiten kann man ein Duell gewinnen?“ Er blickte sich in der Klasse um und sein Blick fiel schadenfroh auf Mio. „Mio, kannst du uns diese Frage beantworten?“ Innerlich seufzte sie. Genau aus diesem Grund blieb sie wach. Alle Blicke der Schüler lagen auf ihr. ‚Na warte Crowler…‘ „Also, einmal wäre da Exodia, dann noch Schicksalstafel und Letzter Countdown.“ Wie ein Auto ohne Licht starrte Crowler sie an. Anscheinend hatte er mit einer miserablen Antwort gerechnet, genauso, wie man er es wohl von einem Sliferred erwartet hatte. Doch Vorurteile wirkten bei Mio nicht. Schon viele hatten sich dabei geirrt. Der Lehrer fasste sich wieder und fuhr ohne nochmal auf sie einzugehen weiter fort. Nach langem Warten war nun die Vorlesung endlich beendet. Gähnend stand Mio auf und ging zu Jaden, der von Syrus geweckt wurde. Dieser öffnete langsam seine Augen und streckte kräftig seine Arme aus. „Hach, hab ich gut geschlafen! Los, los, Zeit zum Essen!!“ Gerade als die drei losgehen wollten, rief auf einmal Crowler: „Nicht so hastig! Habt ihr etwa das Nachsitzen vergessen?“ Man hörte nur zwei tiefe Seufzer von Jaden und Mio, die sich wieder mit hängenden Köpfen zu den Bänken begaben. „Naja, wir sehen uns, Sy. Und heb noch Essen für uns auf!“ Syrus nickte Jaden zu und verließ dann den Raum. „Na das kann ja noch heiter werden“, murmelte Mio missmutig. Es war schon später Nachmittag, als Jaden und Mio endlich von Crowler entlassen wurden. Gemütlich schlenderten die Duellanten den Weg zur Unterkunft entlang. „Und, welchen Eindruck hast du so von der Akademie?“, fragte Jaden sie interessiert. Das Mädchen überlegte kurz und antwortete dann: „Eigentlich gut. Es gibt viele nette Leute hier. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass man sich in Sliferred viel wohler fühlt als zum Beispiel in Obelisk Blue. Hast du zum Beispiel diese reichen Typen gesehen, die uns im Unterricht so oft angestarrt haben?“ Jaden lachte auf. „Naja, haben sie nicht eher DICH angeschaut? Immerhin bist du neu hier!“ „Aber DU kamst mal wieder zu spät, also hast auch du Aufsehen erregt.“ „Wirklich? Irgendwie bemerkt man das mit der Zeit nicht mehr.“ „Na dann…“ Endlich erreichten die beiden das Slifer-Haus. „Wo ist denn dein Zimmer?“ „Ich glaube, zwei Türen weiter.“ „Oh, dann bist du ja direkt neben Chazz.“ „Chazz?“ „Einer von Sliferred.“ „Achso. Naja, ich verstau mal meine Sachen. Wir treffen uns zum Abendbrot wieder, richtig?“ „Jep. Ich hab schon richtigen Kohldampf. Hoffentlich hat Syrus mir was aufgehoben.“ Mit diesen Worten verschwand Jaden in seinem Zimmer, das er offenbar mit dem kleinen Syrus teilte. Erschöpft stieß Mio ihre Türe auf und schmiss sich auf ihr Bett. „Mhm, eigentlich recht bequem… Ja, ich denke, man kann hier gut leben.“ Die junge Duellantin war sehr froh, dass sie Jaden kennen gelernt hat. Dieser Junge ist wirklich etwas Besonderes. Jemand, der sich immer für seine Freunde einsetzen würde. „Hm, besser hätte es gar nicht laufen können, oder was meinst du, Feuerprinzessin?“ Kapitel 2: Verlobter und Verlobte --------------------------------- Neben mir erschien eine schmächtige Frauengestalt, welche mit einem karmesinroten Gewand bekleidet war. Ihre bleich gefärbten Haare fielen locker über ihre Schultern. „Ja, ich stimme mit dir überein, wenn man deine Zweifel, welche du vor der Ankunft bei der Akademie hattest, mit einbezieht.“ Verlegen schaute Mio zur Seite. „Jaja, ich versteh schon! Aber etwas viel Wichtigeres: Was hältst du von Jaden Yuki?“ Die bleiche Gestalt der Feuerprinzessin schloss für einen Moment die Augen. „Wir Duellgeister können die Duellenergie von Menschen wahrnehmen. Du fragtest, was ich von Jaden Yuki halte? Nun, das kannst du dir auch selbst denken.“ Mio seufzte. Ihr Duellgeist Feuerprinzessin musste immer so ernst sein. Doch sie wusste, dass die Prinzessin es nur gut meinte. Der Geist half ihr, ihre Grenzen zu überschreiten und ihre Fähigkeiten auszubauen. So war Mio schon so weit, dass sie die Duellkraft von Menschen spüren konnte. Doch sie wollte trotzdem alles von ihrem Geist selbst hören. „Na los, sag schon, ich bin ganz bei Ohr.“ Die Feuerprinzessin hielt kurz inne, dann gab sie nach: „Meiner Ansicht nach hat der Junge noch längst nicht seine Grenzen erreicht. Er besitzt ein reines Herz und würde alles für seine Freunde tun. Ein sehr vorbildlicher Mensch. Vielleicht solltest du dich mal mit ihm duellieren?“ Mit diesen Worten war Feuerprinzessin verschwunden. Die schwarzhaarige Studentin lehnte sich gegen die Wand und dachte nach. ‚Nein, es ist noch nicht an der Zeit, ihn zu duellieren. Am besten warte ich noch ein wenig ab und beobachte, ob er meinen und Feuerprinzessins Eindrücken gerecht wird. ‘ Nach diesem Entschluss trat Mio mühsam zu ihrem Schreibtisch, um die vielen Hausaufgaben von Crowler bis zum Abendessen abzuarbeiten. Jedoch wusste sie, dass das alles mehr als einfach war und sie schnell fertig sein würde. Es fing an zu dämmern, als Mio die Treppen zum Essensraum hinunterging. Sie war innerhalb von 20 Minuten mit allen Hausaufgaben fertig gewesen und hatte sich noch allerlei Strategien ausgedacht, um sich die Zeit zu vertreiben. Das Mädchen merkte, wie ihr Magen zu knurren begann, daher beschleunigte sie ihre Schritte und öffnete die Schiebetür zum Raum. Sofort stieg ihr der köstliche Geruch des Essens in die Nase, sodass Mio das Wasser im Mund zusammenlief. Als sie nach rechts blickte, sah sie Jaden und Syrus, die bereits am Tisch saßen. Mio winkte ihnen zu und gesellte sich zu den beiden Jungen. „Na, wie geht’s?“, fragte Jaden lächelnd, der schon ungeduldig auf das Essen wartete. „Ganz gut, und euch?“ Syrus‘ Blick verdüsterte sich. „Naja, es geht. Ich finde die Hausaufgaben von Crowler sehr schwer. Bist du auch noch schwer am schaffen, Mio?“ „Öhm, naja, ich bin schon seit Stunden damit fertig…“ „Waas?“ Der Mund des blauhaarigen Jungens klappte weit auf. „Du bist mit allem fertig?! Wie gemein… ich hätte wohl in der Stunde besser aufpassen sollen…“ Mio lächelte. Syrus war wirklich niedlich. „Ach, das packst du schon. Außerdem hast du doch Jaden.“ Bei der Erwähnung von seinem Namen sah Jaden kurz auf. „Hm? War da gerade von Hausaufgaben die Rede? Sy, was mussten wir denn machen?“ Mio stutzte. Klar, Jaden hat die ganze Stunde über geschlafen und nicht aufgepasst, aber interessierte er sich gar nicht dafür? Syrus bemerkte, wie Mio Jaden ungläubig anstarrte. „Weißt du, für Jaden zählt nur das Duellieren. Schriftliche Prüfungen interessieren ihn überhaupt nicht. Deswegen ist er auch noch hier in Sliferred, denn eigentlich ist er der Beste! Naja, abgesehen von meinem Bruder…“ „Bruder?“ „Ja, ich habe einen älteren Bruder, der hier gerade sein letztes Jahr macht. Sein Name ist Zane und er hat sehr, sehr großes Talent.“ „Nicht schlecht. Ich muss mir mal ein paar Duelle von ihm anschauen“, erwiderte Mio darauf. „So, jetzt aber genug mit dem Gequatsche!“ Jaden erhob sich von seinem Platz. „Jetzt wird erstmal gegessen!!“ Das junge Mädchen nickte. „Na dann, ich habe auch schon großen Hunger!!“ Syrus beobachtete die beiden, wie sie das Essen in sich hineinschlangen. Wie konnte man bloß so ein Essen mögen? Es war im Gegensatz zu dem in Obelisk Blue reiner Hungerfraß. Doch anscheinend störte das Jaden und Mio nicht. Immer wieder holten sie sich Nachschlag, bis nichts mehr da war. „Hach“, seufzte Mio erleichtert. „So etwas Leckeres kriegt man nicht alle Tage! Besonders der Reis war einfach klasse!“ „Meinst du? Es hat nach gar nichts geschmeckt… das Essen in Obelisk Blue ist viel, viel besser“, zweifelte Syrus. Mio antwortete darauf: „Hör mal, sei froh, dass du überhaupt was bekommst. Außerdem ist es mir völlig egal, was die Leute in Obelisk Blue essen. Wichtig ist, dass wir satt werden!“ Jaden stimmte ihr zu. „Ich fand’s auch lecker. So, und jetzt lasst uns gehen!“ Der blauhaarige Slifer wandte sich bittend an Mio. „Kannst du mir vielleicht die ‚Theorie des Duellierens‘ von Eisenstein erklären, Mio?“ „Klar doch! Ich wollte sowieso nochmal bei euch vorbeischauen.“ Jaden erhob sich von seinem Platz. „Was dagegen, wenn ich nochmal kurz zu Alexis gehe?“ Die Sliferstudentin sah ihn fragend an. „Alexis ist eine gute Freundin von uns“, klärte Jaden das Mädchen auf. „Und hübsch dazu.“, fügte Syrus hinzu. „Und beliebt. Und gut im Duellieren. Und…“ „Komm, Sy, das reicht“, unterbrach ihn Jaden, um den Kleinen zu stoppen. „Jaja, ich sag nur meine Meinung…“ Mio überlegte kurz und fragte dann: „Jaden, ist Alexis deine Freundin?“ Syrus wurde bei dieser Vorstellung sofort rot. Jaden blieb gelassen und sagte breit lächelnd: „Nein, ich bin bloß ihr Verlobter!“ „WAS?!“ Mio wäre beinahe vom Stuhl gefallen und starrte vollkommen verdattert Jaden an. „I-in diesem Alter?!! A-also ich dachte, dass das nur damals so war, sich so früh zu verloben!! Lebt ihr nach der Akademie denn zusammen?!“ Der braunhaarige Junge blickte sie ratlos an. „Wieso sollte ich mit Alexis nach der Schule zusammenleben wollen?“ „A-aber…“ „Nein, das verstehst du falsch!“, flüsterte Syrus Mio hastig zu. „Was soll ich denn daran falsch verstehen?“ „Erkläre ich dir später!“ „Wenn du meinst…“ Nach diesem Gespräch gingen Mio und Syrus in sein Zimmer und Jaden machte sich auf den Weg zu seiner „Verlobten“. Die Schwarzhaarige hatte viel Spaß, Syrus die Theorie zu erklären und so waren sie schnell fertig, sodass die beiden sich noch lange miteinander unterhielten. Über die Akademie, Syrus‘ Bruder Zane und über die Schüler und Lehrer. Jedoch vergaß Syrus, Mio die Sache mit Harrington und der „Verlobung“ zu erklären, sodass sie immer noch dachte, Alexis sei Jadens Verlobte. Als Jaden um zehn Uhr wieder kam, hielt es Mio nun an der Zeit, schlafen zu gehen. „Also dann, Leute, wir sehen uns morgen, richtig?“ „Jep. Hast du eigentlich alle Vorlesungen mit uns gemeinsam?“ Mio überlegte kurz. „Ich glaube, alles außer Physik und Alchemie der Duellmonsters. Morgen früh also sehen wir uns erst mal nicht.“ „Aber den Weg findest du?“, fragte Syrus nach. „Ja, Jaden hat mir alles gezeigt.“ Die Duellantin ging zur Tür und winkte ihnen zum Abschied. „Bis morgen dann! Schlaft gut!“ „Du auch!“ Mit diesen Worten marschierte Mio in ihr Zimmer, zog schnell ihr Nachthemd an und stellte sich den Wecker – schließlich wollte sie nicht noch einmal zu spät kommen. Kapitel 3: Mr. Arrogant ----------------------- Ein kleines schwarzhaariges Mädchen pflückte auf einer großen Wiese Blumen zu einem Blumenstrauß. Dort waren allerlei Arten enthalten: rote Rosen, Gänseblümchen, gelbe Tulpen und Veilchen. Glücklich blickte sie ihn den strahlenden blauen Himmel, wo ein großer Vogelschwarm vorbeizog. „Mami wird sich bestimmt freuen!“, sagte sie glücklich. Voller Eifer rannte das kleine Mädchen lachend die Wiese hinunter und kam schließlich an einer großen, weißen Villa an, die sich bis zum Himmel streckte. Schnell rannte die Kleine durch das große, silberne Tor, vorbei an den Dienstangestellten, die draußen ihre Gartenarbeit verrichteten. Die Schwarzhaarige trat, nachdem sie durch die Eingangstür ging, in einen riesigen Saal, der mit Marmorboden ausgelegt war. An der Decke hing ein goldener Kronleuchter und vor ihr führten mehrere Treppen in den ersten Stock. Eilig rannte sie diese hinauf und lief an mehreren großen Türen vorbei, bis sie an der 13. Tür auf der rechten Seite stehen blieb. Behutsam öffnete sie die Holztür und trat in einen abgedunkelten Raum ein. Die Vorhänge waren zugezogen und es roch nach Kräutertee und Medikamenten. Wenn man ganz ruhig war, konnte man ein jemanden flach atmen hören. „Mami, ich bin es! Ich habe dir etwas mitgebracht!“ Das zierliche Mädchen schritt zu einem großen Himmelbett, in dem eine magere und abgekämpfte Frau lag. „Hier, ein Blumenstrauß. Damit du immer die Natur bei dir hast.“ Die Frau öffnete leicht die Augen und sah ihre Tochter an. „Dan…ke…“, flüsterte sie heiser. Das kleine Mädchen nickte ernst. „Bitte…. Bitte werde wieder gesund, Mama! Damit wir…. Damit wir wieder gemeinsam spielen können! Ich mag dieses Dienstmädchen nicht! Sie verbietet mir, mit meinen Karten zu spielen! Sie meint, ich solle lieber mehr lernen! Aber das tue ich doch!“ Sie fing an zu schluchzen. „Sie meint, das sei alles nur… dummes Zeug! Alles… was ich tue…. Selbst das Blumenpfücken!“ Ihre Mutter sah sie mit traurigen Augen an. Ihre einst hellblauen Augen, in denen ihre Lebenskraft leuchtete, spiegelten nur Trauer wider. „Bitte…. Schatz…. Sei stark…. Sei…. Stark…. Lass dir nichts …… gefallen…. Erfülle…. Deine Bestimmung! In dir … ist das Feuer, das in mir längst…. Verloschen ist!“ Die Frau musste stark husten und rang nach Luft. Tränen liefen dem kleinen Mädchen hinunter. „Du darfst nicht reden, Mama! Das ist zu anstrengend für dich! Schone dich!!“ Ihrer Mutter gelang es wieder, einigermaßen regelmäßig zu atmen. „Meine Kleine… meine Zeit ist bald vorbei…. Bitte nimm das hier…..“ „Huh? Was ist das, Mama? Mama? Mama?!!!“ „Neeeeiiiin!“ Mio riss verschwitzt die Augen auf. Hastig blickte sie sich im Zimmer um. „Es…. War.. bloß ein Traum“, murmelte sie erschöpft. Das Mädchen blickte nach rechts zu ihrem Wecker. 6 Uhr morgens. Seufzend erhob Mio sich aus ihrem warmen Bett, um erst einmal zu duschen. Wieder einschlafen kam gar nicht nach diesem Traum infrage. Nachdem sie sich angezogen und ihre Haare frisiert hatte, packte sie ihre Sachen zusammen und ging nach draußen, damit die Duellantin ein wenig frische Luft schnappen konnte. Als sie ihre Tür öffnete, atmete sie die frische, kühle Morgenluft ein. Dadurch, dass die Insel der Duellakademie sie abgelegen war, konnte man die Stille der Natur genießen. Ganz im Gegensatz zur Großstadt, bei der schon früh morgens die Straßen mit Menschenmassen voll waren. Mio marschierte bis zu einer Felsenklippe und beobachtete die Wellen des Meeres. Neben ihr erschien der Duellgeist Feuerprinzessin. „Ich sehe, du denkst nach. Über den Traum?“ Das schwarzhaarige Mädchen nickte. „Ja, ich hatte lange nicht mehr solche Träume gehabt. Irgendetwas beunruhigt mich. Als ob noch etwas auf uns zu kommen wird.“ Die schlanke Frauengestalt legte den Kopf in den Nacken und sah zum rosa farbenen Himmel. „Davon können wir noch nicht sprechen. Jedoch sollten wir auf der Hut sein.“ Mit diesen Worten verschwand der Geist. ‚Vielleicht hat sie recht. Aber es ist immer gut, die Ohren offen zu halten…‘ Noch lange stand Mio an der Klippe und ging ihren Gedanken nach. Nach einiger Zeit beschloss sie, sich zum Hörsaal zu begeben, um nicht verspätet zu kommen. Zum Frühstück ging sie nicht, da Mio überhaupt keinen Hunger hatte. Nachdem sie den Weg zum Hauptgebäude hinaufgegangen war, betrat sie die Eingangshalle, wo sich schon ein paar Studenten befanden. Mio setzte ihren Weg zum zweiten Stock fort, in dem sie als erste Vorlesung Physik hatte. Endlich angekommen, setzte sich die Studentin in die vierte Reihe; der Raum war bereits offen. Sie holte ihre Sachen zum Schreiben heraus und wartete, bis endlich die Stunde begann. Nach einer Weile war bereits der gesamte Hörsaal mit Studenten der drei verschiedenen Häuser gefüllt. Neben ihr saß ein Schüler aus Sliferred, der gelangweilt nach vorne sah und keine Notiz von den anderen nahm. Doch endlich war das Warten vorbei und der Physiklehrer kam herein – er war Hauslehrer von Ra Yellow, da er eine gelbe Uniform trug. Kurz nickte er Mio zu, was anscheinend wohl als „Willkommensgruß“ galt. Danach begann er sofort mit dem Unterricht. Das Thema war über Vektoren und er erklärte davon die Subtraktion und Addition. Gelangweilt sah Mio zur Tafel. Das Thema kannte sie schon lange, es wurde ihr sehr früh beigebracht. Daher starrte sie nur mit leerem Blick nach vorne und döste ein wenig. Der Lärm ließ sie aufschrecken. Als Mio sich umsah, bemerkte sie, dass die Vorlesung vorbei war. Offenbar hatte sie wohl doch den Schlaf benötigt, welcher ihr durch den Traum gefehlt hatte. Gähnend erhob sie sich, um zur nächsten Stunde zu gehen. Das Gedrängel um sie herum bemerkte sie nicht. Gerade als sie aus Tür trat, merkte Mio nur noch, wie sie plötzlich einen Aufprall spürte. Danach drehte sich der Flur um neunzig Grad nach rechts und ehe sie sich versah, lag sie völlig überrumpelt auf dem Boden. Ächzend stand sie auf und sah direkt in das wütende Gesicht eines schwarzhaarigen Jungen mit verstrubbeltem Haar, der einen schwarzen Mantel trug. „Kannst du nicht aufpassen?!“, giftete dieser sie sofort an. Mios Gesichtsausdruck verfinsterte sich schlagartig, „Danke gleichfalls! Nur mal so zur Info: Hier laufen Leute rum!“ „Ach was? Denkst du, ich wüsste das nicht?! Geh du mal lieber zum Augenarzt!“ „Bitte? Ich habe dich nicht verstanden! Gleich da drüben ist ein Vorlesungsraum für Sprache! Dann kannst du mal üben, richtig zu sprechen!“ „Wenigstens leidet der gute Chazz nicht unter Augenschwäche!“ „Ist klar! Deiner Kleidung nach bezweifle ich das!“ „Tja, so jemand wie du hat eben keinen Geschmack für Kleidung. Wie du auch schon aussiehst!“ „Jaja, rede du nur weiter! Wart’s nur ab, bald wirst du noch mit Müll verwechselt!“ „Und du kommst gleich in die Altkleidersammlung!“ „Ja? Dann bekomme ich wenigstens keinen Augenkrebs!“ „Und ich muss mich nicht übergeben! Dr. Crowler wäre mir tausendmal lieber!“ „Oh? Du magst sein Aussehen? Na los, dann kauf dir doch ein paar Rüschen!“ „Ha, ich könnte es mir immerhin kaufen! Du anscheinend nicht!“ „WAS?!? Du hast sie ja nicht mehr alle!!! Fühlst du dich jetzt cool oder was?!!“ „Ja, das tue ich!“ „Dass ich nicht lache! In Obelisk Blue gibt es weitaus bessere Leute! Und die sind auch schon arrogant!“ „Hm, in Slifer gibt es aber, glaube ich, keine so dummen Leute…“ „Dumm?!! Hast du gerade DUMM gesagt?!!! Ich habe ein Stipendium von Seto Kaiba bekommen, wenn du mal auf dem neusten Stand wärest!!!!“ „Dann muss das ein Irrtum gewesen sein! Seto Kaiba würde nie ein Stipendium an solche Leute wie dich vergeben!! Deshalb bist du auch im schlechtesten Haus!!“ Langsam reichte des Mio. Dieser Typ stellte ihre geistigen Fähigkeiten infrage? Somit beleidigte er gleichzeitig ihre Duellfähigkeiten – und das sollte man lieber lassen! Während ihres Streits, bemerkten Mio und Chazz nicht, wie sich bereits um sie herum eine Schülermasse gebildet hatte, um sich das Schauspiel anzusehen. Als Jaden und Syrus gerade um die Ecke gebogen kamen, staunten beide nicht schlecht. Jaden fragte einen ihm am nächsten stehenden Schüler. „Hey, du, was ist denn hier bitteschön los?“ Es war der gleiche Junge, welcher neben Mio und Physik gesessen hatte. „Was da los ist? Die Neue, ich glaube sie heißt Mio, ist voll gegen Princeton gestoßen. Die Situation eskalierte schon nach kurzer Zeit. Seitdem bewerfen sich die beiden mit Beleidigungen soweit das Auge reicht.“ Der Braunhaarige staunte nicht schlecht. Er drängte sich weiter durch, bis er ganz vorne stand. „Weißt du was?!! ES REICHT MIR!! Ich fordere dich zu einem Duell heraus!!! HIER UND JETZT“, fuhr Mio Chazz zornig an. Dieser grinste bloß diabolisch. „Ach wirklich? Glaubst du etwa, du kannst Chazz Princeton in einem Duell besiegen??“ Mio lächelte selbstsicher. „Ja, genau das glaube ich. Und ich sage dir eins: In drei Runden ist es vorbei!!“ Kapitel 4: Feuerkunst --------------------- Im Hauptgebäude der Duellakademie herrschte großer Trubel. Im Gang sah man einige Studenten, die so schnell wie sie konnten in die Duellarena rannten. Denn eins stand fest: Keiner wollte das Duell zwischen der Neuen und Chazz Princeton verpassen. Schließlich kam es nicht gerade oft vor, dass ein Neuling, der noch ganz frisch an der Akademie war, einen der besten Duellanten der Akademie herausforderte, welcher, um nicht zu vergessen, Schlüsselwächter gewesen war. Ehe man sich versah, war die gesamte Arena mit einem bunten Haufen von neugierigen Studenten gefüllt. Dass in kurzer Zeit Unterricht begann, störte niemanden. Besonders Jaden war froh, dass ein wenig Abwechslung in den alten Laden kam. Zusammen mit Syrus nahm er in der ersten Reihe Platz, damit er von dort aus gut das Duell mitverfolgen konnte. Immerhin kannte er das Deck von Mio nicht und dieses Duell bot eine gute Möglichkeit, es zu Gesicht zu bekommen. Mio derweil kochte immer noch vor Wut. Dieser Chazz, so war anscheinend sein Name, hatte nicht das Recht, sie einfach so zu beleidigen. Sie würde es ihm schon zeigen – zusammen mit ihrem Deck, mit dem das Mädchen schon so viele Gefahren überstanden hatte. Sicher, es galt als Grundregel des Duellmonsterspiels, dass man seinen Gegner die unterschätzen durfte. Das war ihr bewusst, sie unterschätzte den Jungen keinesfalls. Doch anscheinend wusste dieser Duellant nicht, wie man seine Mitmenschen respektiert – genau das störte sie und es war an der Zeit, ihm mal zu zeigen, was Manieren sind. Jedoch ist das nun nebensächlich geworden. Der Blick der Duellantin schweifte umher. Es schaute beinahe die Hälfte der Schule zu. Das bedeutete, sie, als neue Studentin, musste ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Daher musste Mio also versuchen, sich zu beruhigen und nur ans Duellieren zu denken. Und natürlich an ihr Deck zu glauben. Die Studentin ging nun geradeaus zur Duellierplattform. Erst jetzt bemerkte sie, wie pompös die Halle eigentlich war. Sie war zwar schon auf vielen Turnieren gewesen, aber es gab selten Orte, die so riesig waren wie hier. Man hatte das Gefühl, alles würde sich nur um die Duelle hier drehen und jeder vergaß seine Probleme. Es galt bloß das Hier und Jetzt. Mio musste also zugeben, dass die Akademie eine sehr gelungene Duellhalle hatte. Gegenüber von ihr stand bereits Chazz, der seine Arme verschränkt hatte und schon ungeduldig wartete. „Endlich, hat lange genug gedauert“, murrte er. Mio seufzte. Der Typ sagte wohl viel, wenn der Tag lang war. Langsam gelang es ihr, sich zu entspannen. Die Schwarzhaarige legte ihr Deck in die Dueldisk und machte sich zum Start bereit. Sie sah kurz auf ihre Karten. „Also dann, seid ihr bereit?“, flüsterte sie noch kurz, bevor das Duell begann. Chazz grinste bereits siegessicher und startete ebenfalls seine Dueldisk. „Dann los!“ -„Zeit für ein Duell!“- Die Gespräche der Zuschauer stellte sich ein, da nun alle gebannt auf die beiden Studenten starrten. „Da du mich herausgefordert hast, fange ich an!“, rief Chazz zu ihr selbstsicher rüber. Mio nickte ihm bloß zu. Sollte es Chazz doch recht sein. Nachdem der Duellant seine sechste Karte gezogen hatte, begann er auch schon mit seinem Zug. „So, als erstes spiel ich die Karte elegante Wohltäterin! Ich ziehe drei Karten und muss danach zwei aus meinem Blatt ablegen!“ Chazz sah sich seine neu gezogenen Karten an und legte hinterher zwei auf den Friedhof. ‚So, jetzt ist Showtime! Die Kleine kann sich auf etwas gefasst machen!‘ „Okay, pass mal gut auf! Zuerst spiele ich die Karte Basis an der Front! Einmal pro Zug kann ich ein Union-Monster der Stufe 4 oder niedriger aus meiner Hand als Spezialbeschwörung beschwören!“ Mio sah ihn gelangweilt an. Den Effekt der Zauberkarte kannte sie, daher war es mühsam, ihm zuzuhören. Was aber gleich interessant werden würde, war das Monster, welches er sich aussuchen würde. Union-Monster gab es nicht sehr viele. Vielleicht hatte Chazz vor, nach der Spezialbeschwörung noch ein weiteres Monster zu spielen, um beide dann zu fusionieren… Mio wartete auf seine nächste Aktion. „So, und ich wähle die X-Kopfkanone (ATK: 1800 DEF: 1500)!“ Auf dem Feld erschien ein violett farbenes Maschinenmonster, an dem vorne zwei schmale Kanonen montiert waren. „Das war aber längst nicht alles!“ Chazz zog eine Zauberkarte aus seinem Blatt hervor. „Ich spiele die Karte Voreiliges Begräbnis; für nur 800 Lebenspunkte kann ich ein Monster aus meinem Friedhof beschwören. Los, Y-Drachenkopf (ATK: 1500 DEF: 1600)!“ „ Und nun kann ich immer noch ein Monster als Normalbeschwörung spielen. Hier ist sie: Der Beschwörungsmönch (ATK: 800 DEF:1600)!“ Mio kniff die Augen zusammen. War das Monster nicht eben noch im Angriffsmodus gewesen? Warum wechselte es sofort in die Verteidigungsposition? Chazz bemerkte ihren verblüfften Gesichtsausdruck. „Tja, mein Mönch wechselt, sobald er beschworen wurde, in die Verteidigungsposition. Das ist aber nur ein Teil seiner besonderen Fähigkeit!“ Das Mädchen stöhnte. „Wie bitte? Was kann er denn noch?“ „Ganz einfach: Ich muss nur eine Zauberkarte aus meinem Blatt ablegen, damit ich…“, Chazz holte aus seiner Dueldisk sein Deck heraus, „… den hier spielen kann: Den Z-Metallpanzer (ATK: 1500 DEF: 1300)!!“ Die Zuschauer staunten. Innerhalb von einem Zug war Chazz in der Lage, vier Monster zu spielen. Auch Mio war über seine Fähigkeiten überrascht. „Jetzt kommt noch das Beste vom Ganzen: Ich entferne X-Kopfkanone, Y-Drachenkopf und Z-Metallpanzer aus dem Spiel, um meine XYZ-Drachenkanone zu spielen (ATK:2800 DEF:2600)!!!“ Man hörte ein Raunen und Murmeln in der Halle. Offenbar musste der Duellant viele beeindruckt haben. Selbstbewusst grinste er. „Das sollte als Erstes reichen. Ich setze noch eine Karte verdeckt und gebe an dich ab.“ „Das wurde auch langsam mal Zeit! Also dann, ich ziehe!“, entgegnete Mio. So viel zu der Grundregel des Duellierens. An diesem Beispiel sah man, dass die Gegner nie unterschätzt werden durften. Chazz hatte in nur einem einzigen Zug eine große Angriffsfront heraufbeschworen. Nur wenige waren dazu in der Lage. Dagegen sah Mios leeres Feld wirklich mies aus. Jaden beobachtete gespannt das Duell. Chazz war ein guter Duellant, das hatte er eben bewiesen. Doch wie es bei Mio war, wusste er nicht. Was Jaden aber bemerkte hatte, war, dass das Mädchen wie er eine starke Bindung zum Deck hat. Vielleicht würde das Duell noch sehr interessant werden… Syrus dagegen sah für die neue Freundin der beiden schwarz. Chazz hatte soeben ein Monster mit einer ATK von 2800 (!) Punkten beschworen. Der Blauhaarige bezweifelte, dass Mio noch gewinnen konnte. Es sei denn, ein Wunder würde geschehen. Mit trauriger Miene schaute er zu Mio. „Also gut, dann wollen wir mal loslegen! Zuerst spiele ich die Karte Topf der Gier!“ Aus ihrem Deck zog Mio zwei neue Karten. Gebannt blickte das Mädchen darauf. Wie sagte man doch so schön: Ein Duell ist erst zuende, wenn die letzte Karte gespielt wurde. Daher würde das Mädchen auch nicht im Traum daran denken, das Handtuch zu werfen. Genauso dachten ihre Duellgeister. „Gut, als Nächstes spiele ich Kobold der tobenden Flammen!“ Auf der Duellplattform erschien ein menschenartiges Wesen, das einen grünen Zauberhut über seinen spitzförmigen Ohren trug. Es sah verschmitzt zu Mio. „Jippie, ein Kampf! Wer ist denn mein Gegner?“ Der vorher fröhliche Gesichtsausdruck verwandelte sich schlagartig. Der Kobold riss erschrocken seine Augen auf. „Waah! Was ist denn das für ein Riesenvieh! Gegen das kann ich doch nicht kämpfen, Mio!!“ Die Schwarzhaarige seufzte. „Beruhige dich, Kobold der tobenden Flammen! Bist du etwa so ängstlich?“ Verdutzt starrte Chazz zu dem Monster. „Sag mal willst du mich auf den Arm nehmen?! Das Vieh da hat doch bloß 100 Angriffspunkte!!“ Der Kobold blickte finster zu ihm rüber. „Was?! Unterschätz mich nicht, Idiot!“ „Das habe ich gehört!“, murmelte Chazz. Er wunderte sich, dass die Neue mit Duellgeistern sprechen konnte. Dabei dachte der Junge, nur Jaden und er seien dazu in der Lage. „Ach ja? Dann wart’s mal ab!“, riss Mio Chazz wieder zum Duell zurück. „Ich spiele die Ausrüstungsauberkarte Salamandra. Mit ihr erhält mein Kobold 700 zusätzliche Angriffspunkte.“ „Das bringt immer noch nichts..“, flüsterte Syrus, der immer noch misstrauisch war, dass Mio das Duell noch wenden konnte. „So, und jetzt spiele ich Tryce, Zwillingsschwerter des Blitzenden Lichts. Wenn ich eine Karte aus meinem Blatt ablegen..“, Mio nahm eine Karte aus ihrer Hand und legte diese auf den Friedhof, „..verringert sich die ATK meines Monsters um 500 Angriffspunkte.“ „Und was soll das bitte bringen?“, entgegnete ihr Gegner sofort. Mio grinste. „Nun, dafür erhält mein Kobold eine besondere Fähigkeit: Er kann zweimal angreifen.“ „Was?“ „Ganz genau! Und jetzt, mein Kleiner, los!!“ Das war der Satz, auf den der Kobold gewartet hatte. Sofort sprang er über Chazz‘ XYZ-Drachenkanone hinweg und griff den Jungen direkt mit seinen rot glühenden Flammen an. Er hielt sich schützend seine Arme vor das Gesicht, als seine Lebenspunkte um 300 Punkte sanken. „Gut! Kommen wir nun zur besonderen Fähigkeit von meinem Kobold! Jedes Mal, wenn er die Lebenspunkte seiner Gegner erfolgreich direkt angreift, erhöhen sich seine ATK um genau 1000 Punkte!“ Chazz‘ Gesicht zog sich ärgerlich zusammen. „Also dann, nochmal!“ Erneut griff der kleine Kobold an. Die Lebenspunkte von Chazz betrugen nur noch 1600. Mios Kobold hatte derweil schon 2300 Angriffspunkte. „Okay, dann spiele ich noch zwei Karten verdeckt. Du bist dran!“ Die Studenten verfolgten alle gespannt das Duell. Innerhalb eines Zugs hatte das Mädchen Chazz die Hälfte seiner Lebenspunkte abgezogen. Doch trotzdem reichte dies nicht für einen Sieg… „Na endlich! Jetzt geht’s los!“ Chazz zog eine Karte. Er überlegte kurz. Wenn er nun alles richtig machen würde, dann könnte er das Duell in nur einem einzigen Zug gewinnen. „Ich spiele zunächst einmal die Ausrüstungszauberkarte Leuchtender Funke!“ Auf einmal wurde die gesamte Duellzone in ein hell leuchtendes Licht gehüllt. Man musste sich schützend die Hand vor das Gesicht legen, um nicht geblendet zu werden. „Weißt du, was die Karte kann? Durch sie erhält jedes LICHT-Monster 500 zusätzliche Angriffspunkte. Die Verteidigungspunkte werden verringert, aber das ist egal“, Chazz deutete mit einer Geste auf Mios Monster, „ich werde dich mit nur einem Zug platt machen!!“ Die Angesprochene hob zweifelnd die Augenbraue. „Warum das denn? Klar, du kannst mich mit deinem Beschwörungsmönch direkt angreifen und mit den Schaden, den deine Kanone anrichten würde, wären das höchstens 1800 Schaden.“ Chazz grinste siegessicher. „Ach wirklich? Wie wäre es denn hiermit?!“ Er hob seinen Arm und deckte die verdeckte Karte auf, die er im vorherigen Zug gespielt hatte. Den zuschauenden Studenten fehlten die Worte. Es war einfach nur genial. „Ich spiele die Karte Rückkehr aus der anderen Dimension! Erinnerst du dich? Ich habe meine drei XYZ-Monster aus dem Spiel entfernt, damit ich meine Kanone beschwören konnte. Jetzt hole ich sie mir einfach für einen Zug zurück, indem ich die Hälfte meiner Lebenspunkte bezahle.“ Nachdem Chazz‘ Lebenspunkte nur noch genau 800 betrugen, erschienen seine drei Monster auf dem Feld. Doch das war nicht alles: Mittels der Feldzauberkarte erhielten sie weitere 500 Angriffspunkte. Die Monsterfront von Chazz war vollkommen übermächtig. Keiner hielt es deshalb für möglich, dass Mio noch eine Chance hatte. Ja, das Duell war so gut wie entschieden. Der kleine Syrus sah schon das Ende kommen: Mios Lebenspunkte würden auf einen Schlag auf null sinken. Als Chazz nun allen Monstern befahl, anzugreifen, hielt er sich ängstlich die Hand vor die Augen. Der Blauhaarige wollte einfach nicht sehen, wie seine Freundin so schnell gegen den sehr guten Duellanten Chazz verlor. „Halt! Nicht so hastig!!“, rief Mio plötzlich in die ruhig gewordene Menge. „Ich aktiviere meine Fallenkarte Monsterbefreiung! Ich kann ein Monster, das ich kontrolliere, zurück in meine Hand schicken und es durch ein anderes Monster der Stufe 4 ersetzen.“ Mio wählte eine Karte aus ihrem Blatt und nahm ihren Kobold der tobenden Flammen zurück. „Ich wähle Flammende Hiita (ATK: 800/ DEF: 1500)!!“ Eine muskulöse junge Frau mit roten Haaren erschien auf dem Spielfeld. Das Publikum war über Mios Zug völlig verwundert. Ebenso Chazz. „Was soll das bringen?! Meine Attacke wird dich trotzdem erreichen!!“ Ein breites Lächeln umspielte die Lippen des selbstsicheren Mädchens. „Wirklich? Das sehe ich aber nicht so. Schau nochmal genau aufs Feld.“ Misstrauisch wanderte der Blick ihres Gegners umher – bis dieser auf Mios zweiter verdeckten Karte verharrte. „Nein!“, flüsterte dieser. Seine Gesichtsfarbe glich der einer weißen Wand, was aber zu vorher eigentlich keinen großen Unterschied machte. „Oh doch! Ich aktiviere nämlich die Fallenkarte Spiristische Feuerkunst Kurenai! Ich wähle ein FEUER-Monster auf dem Spielfeld. Seine Grund-ATK werden dann von deinen Lebenspunkten abgezogen!“ Die Schwarzhaarige machte eine Geste, dass ihr Monster nun zum Einsatz kam. „Also dann, Flammende Hiita, zeig mal den guten Chazzie, was du so draufhast!!“ Die Kämpferin nickte Mio zu und sprang über die Attacke von Chazz‘ Monstern hinweg, bis sie ihn selbst erreichte. „Spüre die Kraft des Feuers!!“ Die Feuerdame löste sich in tausende rote Funken auf, die alle auf den schwarzhaarigen Jungen niederprasselten. Er schrie kurz auf und musste mit ansehen, wie seine Lebenspunkteskala auf null fiel. „Yeah, so wird gespielt! In drei Runden gewonnen!“, sagte Mio noch, bis sie sich umdrehte und die Halle verließ. Noch immer starrten die Studenten ungläubig auf die ihnen gerade gebotene Szene, bis auf einmal Jaden sich jubelnd von seinem Platz erhob. „Mann, das war einfach spitzenmäßig! Sie hat’s echt drauf!!“ Syrus stimmte mit Jaden fröhlich ein und schämte sich zugleich, dass er Mio so schlecht eingeschätzt hatte. Dass sie das Duell so leicht wenden konnte, damit hatten bestimmt nicht viele gerechnet. Chazz war immer noch dabei zu realisieren, dass er soeben von dem vorlauten kleinen Mädchen besiegt wurde. Neben ihm erschienen seine drei Ojamas, welche um seinen Kopf tanzten. „Schade, Boss, du warst so nah dran!“, bedauerte ihn der gelbe Ojama. „Aber was passiert, passiert eben!“, fügte der Grüne hinzu. Der schwarze Ojama nickte bloß seinen Brüdern immer wieder zu. Ohne ihnen zu antworten, verließ Chazz nun ebenfalls die Duellarena. Mio ging fröhlich den hell beleuchteten Gang entlang, um zur nächsten Vorlesung zu gehen. Zum Glück hat das Duell nicht sehr lange gedauert, sodass das Mädchen beruhigt pünktlich zu Crowlers Unterricht kommen konnte. Sie bemerkte nicht, wie sie an einem blondhaarigen Mädchen vorbeiging, welche die Studentin neugierig musterte. „Warte mal!“, rief die Blondhaarige. Mio blieb abrupt stehen und machte auf dem Absatz kehrt. „Ja?“, fragte sie leicht verwirrt. „Ich habe das Duell zwischen dir und Chazz gesehen“, begann das groß gewachsene Mädchen, „und ich muss sagen: Erstklassig gespielt!“ Mio lächelte geschmeichelt. Erst jetzt bemerkte sie, dass das Mädchen zu Obelisk Blue gehörte. „Danke!“ „Ich bin übrigens Alexis“, stellte sie sich vor. Auf einmal machte es in Mio „Klick“. „Ach, warte mal! Du bist Alexis?! Dann musst du also Jadens Verlobte sein!!“ Alexis sah so aus, als ob ihr die Augen aus dem Kopf gefallen wären. „W-w-wie bitte?! J-Jadens Verlobte?“ Die Schwarzhaarige nickte nachdenklich. „Naja, das hat er jedenfalls erzählt.“ Augenblicklich stieg Alexis die Röte im Gesicht auf. Verlegen schaute sie zur Seite. „I-Ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor…“ „Missverständnis? Moment, Syrus hat davon mal erzählt!“, versuchte sich Mio zu erinnern. „Ja, es war schon recht lange her… jemand aus Obelisk Blue hatte sich mit Jaden um mich duelliert – der Gewinner würde mein Verlobter sein.“ Erstaunt sah die neue Studentin Alexis an. „Dein Verlobter?! Meine Güte, was war das denn für ein Duell?! Ich nehme an, Jaden hat gewonnen.“ Alexis nickte. „Genau. Aber als er nach dem Duell auf mich zukam, fragte er mich, was ein Verlobter denn sei. Da habe ich ihm geantwortet, ein Verlobter sei ein ‚guter Kumpel‘.“ „Die Geschichte ist ja voll schräg…“, murmelte Mio. Alexis kicherte. „Jedenfalls wundert es mich, dass Jaden sich an sowas erinnert. Immerhin ist es schon wie gesagt ziemlich lange her.“ Mio beobachtete, wie Alexis immer röter wurde. Irgendetwas war da faul. Ihr Verhalten. Einfach alles. Konnte es vielleicht sein, dass…? „Hey, Mio!!“ Bevor das Mädchen den Gedanken zuende ausführen konnte, erschienen Jaden und Syrus. „Gratulation! Das war ein klasse Duell!“, beglückwünschte Jaden sie. Aus dem Augenwinkel sah Mio, wie Alexis‘ Gesichtsausdruck sich ein wenig verfinsterte. „Danke, Jaden! Aber merk dir eins: Bald bist du an der Reihe!!“ Mit diesen Worten ließ sie alle drei einfach so verdattert im Flur stehen und setzte ihren Weg fort. Sie war sich sicher: gegen Jaden würde es bestimmt sehr interessant werden! Kapitel 5: Sinn des Duellierens ------------------------------- So, wieder ein neues Kapitel^^ Vielen Dank auch für die Kommis!! Auf dem Weg zur nächsten Vorlesung bemerkte Mio, dass viele Schüler ihr auf dem hell durchleuchteten Gang Platz machten und sie ehrfürchtig anstarrten. Hatte dieses eine Duell schon so viel ausgelöst? Dann musste Chazz Princeton also doch ein ziemlich guter Duellant gewesen sein. Aber das kümmerte sie nicht. Was zählte, war der Sieg und bald würden alle wieder an Mio normal vorbeigehen… das hoffte sie jedenfalls. An ihrer alten Schule, wo sie für ein Jahr gewesen war, lief es so ähnlich ab: Anfangs war man einfach nur da, aber wenn man etwas Besonderes vollbracht hatte, zum Beispiel das beliebteste Mädchen vor einem Stalker gerettet hatte, galt man als DIE Schülerin der Schule. Ganz plötzlich wollte jeder mit einem befreundet sein und alle respektierten einen – besonders, wenn man noch als „gut aussehend“ galt. Es war sehr erstaunlich gewesen, dass sie ein ganzes Schuljahr die Königin der Schule war. Vielleicht wäre sie es auch noch weiterhin gewesen, wenn sie noch ein weiteres Jahr dort geblieben wäre – aber wegen des Deals mit Kaiba spielte das keine Rolle. Wichtig war, dass Mio an der Akademie war und dort ihre Duellfähigkeiten ausbauen konnte. Endlich erreichte die Schwarzhaarige den Vorlesungsraum für Alchemie der Duellmonsters. Bevor sie ihren Platz erreichen konnte, kam auf einmal eine Masse von Studenten auf sie zu und überhäuften sie mit tausenden Fragen wie: „Hast du echt gegen Chazz Princeton gewonnen?“ „War er stark?“ „Seit wann bist du hier? Etwa seit gestern?“ „Ich habe dich in einer Zeitschrift gesehen! Hast du ein Stipendium von Seto Kaiba bekommen?! Echt?!!“ „Fühlst du dich hier wohl an der Akademie?“ „Können wir uns mal duellieren? Bittee!!“ „Stimmt es, dass du mit Jaden Yuki befreundet bist?“ „Magst du ihn?“ „Willst du mit mir gehen?“ Als die Fragen immer privater wurden, wurde es Mio langsam zu viel. Sie war schließlich keine Prominente, die von neugierigen Reportern und Journalisten interviewt wurde! „Ja, ich habe gegen Princeton gewonnen!! Und nein, ich duelliere mich jetzt mit gar keinem! Ich will bloß noch auf meinen Platz!“ Ehe irgendwer noch etwas darauf erwidern konnte, schob Mio alle einfach beiseite und schritt, ohne irgendwen noch eines Blickes zu würdigen, auf ihren Platz. Von da an warf sie jeden Studenten, der es wagte, sie noch anzusehen, einen vernichtenden Blick. Danach war es schließlich ruhig. Hoffentlich würde sie später keiner nerven. Nachdem der Lehrer die Vorlesung für beendet hielt, packte Mio so schnell sie konnte ihre Sachen und rannte hastig aus dem Raum, bevor noch jemand die Möglichkeit hatte, sie anzusprechen. Hinterher suchte sie einen Fluchtweg aus dem Hauptgebäude. Dabei traf sie auf Jaden und Syrus, die an einer Ecke standen und sich unterhielten. „Hey, Leute!!“, rief Mio völlig aus der Puste. Die beiden drehten sich um. „Mio! Was gibt’s?“, begrüßte Jaden sie freundlich. „Was es gibt? Chaos! Und Fragen! Ich suche hier einen geeigneten Weg, um schnell hier rauszukommen!“ „Kann ich verstehen!“, erwiderte der kleine Syrus. „Du bist DAS Thema der Akademie! Also ich an deiner Stelle wäre froh, wenn ich so beliebt wäre…“ „Syrus! Bitte! Lass das Geschwafel mit ‚wenn ich doch auch so wäre‘! Ich hab keine Lust, von irgendwelchen Studenten bedrängt zu werden! Das wird mir einfach zu viel!“ Der Blauhaarige seufzte. „Jaja, ich hab schon verstanden! Also, Jaden, zeigen wir ihr den Weg?“ Der Angesprochene machte eine Geste. „Na Logo! Folge uns!“ Jaden und Syrus führten Mio durch verschiedene dunkle Liftschächte, in die alle nur knapp hineinpassten. Die Luft war dort stickig und diejenigen, die Platzangst hätten, wären auf jeden Fall fehl am Platze. Nach einer Weile sahen die drei einen Lichtschimmer. „Okay, gleich sind wir draußen!“, flüsterte Jaden. Gesagt, getan. Es war schön, wieder an der frischen Luft zu sein und den Duft vom frischen Gras einzuatmen. „So, da wären wir! Gute Arbeit, Leute! Jetzt können wir beruhigt zur Unterkunft gehen!“ Jaden lachte fröhlich auf. „Da wäre ich mir aber nicht so sicher!“, hörten die drei hinter sich eine Stimme sagen. Als sie sich umdrehten, sagen sie Alexis mit zwei anderen Mädchen, die Mio nicht kannte. „Hi, Alexis! Mindy und Jasmin sind ja auch da!“ „Hey, Jaden, hi, Syrus!“ Die beiden Mädchen blickten zu Mio. „Du musst die Neue sein, oder?“, stellte das schwarzhaarige Mädchen mit den gelockten Haaren fest. Mio nickte flüchtig. „Dann wirst du aber gleich noch ein paar weitere Probleme haben!“, fügte das andere Mädchen hinzu, welche rote Haare hatte. Mio ahnte, was sie meinten. „Die Unterkunft, oder? Mindestens die Slifer-Studenten werden mich da wieder mit Fragen nerven…“ Die Studentin seufzte. Alexis lächelte. „Aber mach dir nicht so viele Gedanken! Solange wir da sind, werden sie dich schon in Ruhe lassen. Lasst uns doch einfach zusammen in die Unterkunft gehen!“ Die anderen fünf waren damit einverstanden und marschierten zusammen in die rote Unterkunft. Sie unterhielten sich auf dem Weg dorthin über die Akademie, Crowler, Duellmonsterskarten, Unterkünfte und über sonstige Dinge. Oftmals lachten sie über Jadens Witze und hatten vor vielem Lachen Tränen in den Augen. Erst jetzt realisierte Mio, wie viel Glück sie doch eigentlich hatte. Nicht jeder neue Schüler würde so gute Freunde am Anfang finden. Sie selbst hatte es an ihrer Schule erlebt, denn alles war fremd für einen und man musste sich an die Umgebung und seine Mitschüler gewöhnen. Glücklich sah sie zum strahlend blauen Himmel. ‚Jetzt habe ich endlich ein neues Zuhause gefunden! Und ich werde alles daran tun, um meine Freunde zu beschützen!‘ Nach einiger Zeit saßen sie zu sechst in Jadens und Syrus‘ Zimmer, tranken Tee und unterhielten sich lachend. „Sag mal, Mio“, fragte Jasmin neugierig, „woher kommst du denn? Oder eher: Wie bist du hierhergekommen?“ Die Angesprochene trank den letzten Schluck Tee aus und antwortete: „Ich komme aus Domino City. Da habe ich sehr lange gewohnt… hm, wie ich hierhergekommen bin?“ Das Mädchen sah nachdenklich an die Decke. Wenn sie es sich recht überlegt hatte, dann war alles doch Zufall gewesen… *Flashback: Anfang* Es wurde dunkel. Die ersten Straßenlaternen wurden eingeschaltet. Wenige Leute waren noch am kühlen Winterabend auf der Straße. An einer abgekommenen, düsteren Gasse, deren Wände mit Graffiti bemalt waren und wo überall leere Dosen herumlagen, saß ein zwölfjähriges schwarzhaariges Mädchen, welches in einen dicken weißen Wollschal eingemummelt war. Auf ihrem linken Arm trug sie eine Dueldisk. Beide Arme waren um ihre Beine geschlungen, um sich warm zu halten. Ihr Blick war starr nach vorne gerichtet. Sie war so sehr in Gedanken, dass sie nicht bemerkte, dass jemand vor ihr stehen geblieben war. Erst als sie angetippt wurde, hob sie verwundert ihren Kopf. Vor ihr stand eine hochgewachsene Frau, deren lange blonden Haare bis zu ihren Schultern reichten. Sie trug eine violette Lederjacke über ein weißes Korsett. Zudem trug sie einen dazu passenden Minirock mit lila Stiefeln. Auffällig an ihr waren ihre wachsamen, violetten Augen. Die blonde Frau ergriff zuerst das Wort. „Hör mal, Süße! Du erkältest dich, wenn du hier weiterhin rumsitzt! Was machst du hier überhaupt?“ Es dauerte eine Weile, bis das zierliche Mädchen antwortete. „Ich warte.“ „Auf wen?“ „Auf sie.“ „Bitte? Auf sie? Wer soll das sein? Warum wartest du? Red‘ doch mal in verständlicheren Sätzen!“ Die Schwarzhaarige seufzte. Sie wusste sehr wohl, wer da vor ihr stand. Aber eigentlich ging das die Frau überhaupt nichts an – egal ob berühmt oder nicht. Doch irgendetwas zwang die Kleine dazu, ihr zu antworten. „Ich warte, da ich mich duellieren will.“ „Du willst dich mit irgendwelchen fremden Typen duellieren? Hast du sie nicht alle?!“ Langsam wurde es dem Mädchen zu viel. Wie lange sollte das Gespräch denn noch dauern?! Konnte diese gewisse Dame nicht einfach wie die anderen Leute ihren eigenen Sachen nachgehen? Offenbar wohl nicht. Die Schwarzhaarige stand auf und blickte der Frau direkt in die Augen. „Hören Sie mal: Das geht Sie überhaupt nichts an! Warum gehen Sie nicht einfach ihren eigenen Sachen nach und lassen mich in Ruhe?? Dann kann ich mich wenigstens auf die Duelle vorbereiten!!“ Wenn das Mädchen dachte, dass die Blondine nun verschwinden würde, hatte sie sich gewaltig getäuscht. Die junge Frau blieb hartnäckig. „Ich stelle hier die Fragen! Und du hast mir immer noch nicht geantwortet: Warum duellierst du dich hier? Hier laufen offenbar die schrecklichsten Typen rum! Sag mir also wieso!!“ „GANZ EINFACH: Im Gegensatz zu Ihnen, Miss Valentine, habe ich so gut wie GAR NICHTS! Ich habe kein Geld, keine Familie, keinen richtigen Ort zu leben, einfach NICHTS! Und nun verschwinden Sie, Mitleid können Sie mir sparen!!“ Wütend drehte sich das kleine Mädchen um und wollte gehen, jedoch wurde sie von Mai Valentine am Arm festgehalten. Zornig blitzten die dunkelblauen Augen der kleinen Duellantin auf. „Was?!!“, zischte sie erbost. Wahrscheinlich würde jetzt irgendeine dumme Predigt kommen, dass sie doch in ein Kinderheim solle, da würde es doch Essen geben und Menschen, die sich um einen kümmern, und wo man sogar in die Schule (!) gehen kann und bla, bla bla… Sowas verschwendete bloß ihre Zeit! Doch statt all dem sentimentalen Zeug, kam bloß Folgendes: „Dann zeig doch mal, was du kannst!“ Völlig verblüfft weiteten sich die Augen des Mädchens. „Bitte was?“ „Wenn du doch so gut im Duellieren bist und es sogar mit Untergrund-Typen aufnehmen kannst, dann will ich mal sehen, was du so kannst!“ Die Schwarzhaarige hatte sich wieder einigermaßen gefasst. Sie grinste. „Ein Duell? Hier und jetzt? Das können Sie gerne…..“ „HILFE!!!“ Die Duellantin wurde von einem Schrei unterbrochen. Verwunderten blickten die zur ihnen gegenüberliegenden Gasse, aus welcher der Ruf kam. Entschlossen nickten beide sich zu und rannten gemeinsam auf die andere Seite der Straße. Hinterher eilten sie tiefer in die vor ihnen liegende Straßenecke hinein. Dort angekommen sahen sie ein junges Mädchen, ungefähr sechzehn, welche von fünf stämmigen Männern belästigt wurde. „Sofort aufhören!!“ Die fünf drehten sich zum kleinen Mädchen. Hinter ihr stand etwas weiter entfernt Mai. „Was willst du, Kleine? Lass uns doch einfach unseren Spaß und geh nach Hause.“ „Pah“, antwortete sie bitter, „ich habe kein Zuhause. Deshalb muss ich leider hierbleiben. Und jetzt lasst sie gehen!“ „Dass ich nicht lache!“, sprach der Größte von ihnen. Offenbar war er der Anführer. „Wie willst du das denn anstellen? Du kleiner Schwächling kannst doch gar nichts!“ „Ach ja? Wie wär’s mit ‘nem Duell?! Du gegen mich: Und zwar jetzt!!“ Der Mann fiel mit den anderen in ein Gelächter ein. „Ich hör wohl nicht richtig! Willst du mich verscheißern?!!“ Die Kleine sah ihn weiterhin eindringlich an. „Pfft, wenn du unbedingt verlieren willst… los, ihr vier kämpft jetzt gegen sie! SOFORT!“ Die Vier traten vor das Mädchen und starteten ihre Dueldisks. Sie tat es ihnen gleich. „Nur mal so: Wenn ich gewinne, lasst ihr sie gehen!“ Dabei deutete sie zum eingeschüchterten jungen Mädchen. „Aber nur, wenn du gegen uns ALLE gewinnst! Los, Joe, fang du zuerst an!“, befahl der Anführer. Die Duellantin warf Einspruch ein. „Hey, was soll das?! Ihr Vier kämpft gefälligst alle auf einmal gegen mich, klar?! Danach knöpfe ich mir euren Boss vor!“ Erneut lachten die Männer. „Wenn du darauf bestehst…“ Bevor sie anfingen, fragte noch Mai, die vorher das Geschehen die ganze Zeit beobachtet hatte: „Bist du dir sicher, Süße? Schaffst du das?“ Empört drehte sich die Kleine um. „Na Logo! Was denken Sie denn? Einfach nur zuschauen…“ Nun widmete sie sich dem Duell. Der erste der vier fing mit dem Duell an. „Du wirst es bereuen, uns jemals getroffen zu haben! Ich ziehe!“ Kurz sortierte er seine Karten in der Hand und begann mit seinem Zug. „Zuerst spiele ich die Zauberkarte Sonnentempel! Offene Monster, die von mir bzw. uns spezialbeschworen wurden, erhalten 300 ATK! So, deshalb spiele ich jetzt auch Ruf der Mumie! Ich kann dann, einmal pro Zug, wenn keine Monster auf meiner Spielfeldseite sind, ein Zombie-Monster spezialbeschwören!“ Der Mann spielte danach eine weitere Zauberkarte. „Um das zu untermalen, spiele ich noch Ewig lebende Unterweltkanone. Weißt du, was sie kann? Nein? Einmal während des Spielzugs jedes Spielers, kann ich dir 800 Punkte Schaden zufügen, wenn ich ein Zombiemonster spezialbeschwöre.“ Er grinste höhnisch. „Rate mal, was jetzt kommt: Ich spezialbeschwöre den Vampirlord (2000/1500)!!“ Durch die Karte Sonnentempel erhielt er weitere 300 Punkte. Jedoch blieb es dabei nicht: Die Duellantin spürte einen heftigen Schlag durch die Unterweltkanone: Ihre Lebenspunkte sanken auf 3200. „Gut, damit beende ich meinen Zug!“ Der zweite von ihnen zog eine Karte. „Ich spiele Solarwiederaufladung! Ich werfe ein „Lichtverpflichtet-Monster aus meinem Blatt ab. Ich ziehe zwei neue Karten und lege danach die zwei obersten aus meinem Deck ab.“ Es waren zwei Monsterkarten. Er grinste. „Ich wende den Effekt von Mezuki an! Wenn ich ihn aus dem Friedhof entferne, kann ich ein Zombiemonster als Spezialbeschwörung aus meinem Friedhof holen. Ich wähle die Verzweiflung aus der Finsternis (2800/3000)!!“ Eine Kreatur, welche einem Dämon glich, erhob sich aus dem Boden. Aggressiv hob sie ihre Krallen an. Sie würde jederzeit zuschlagen. Erneut sanken die Lebenspunkte des Mädchens um 800. Der Stand betrug also nur noch 2400. Der Dritte war nun an der Reihe. „Ich spiele die Zauberkarte Angriff der Lichtbrigade! Ich sende die drei obersten Karten meines Decks auf den Friedhof, damit ich ein Lichtverpflichtet-Monster der Stufe 4 oder niedriger aus meinem Deck auf meine Hand holen kann!“ Er mischte seine Karten anschließend. „Zum Schluss spiele ich noch Armageddonritter in Verteidigungsposition (1400/1200). Somit kann ich ein Monster vom Attribut Finsternis auf den Friedhof legen.“ Das schwarzhaarige Mädchen runzelte die Stirn. Die Strategie der Männer lag darin, Monster vom Deck auf den Friedhof zu legen – vor allem FINSTERNIS Monster. Offenbar wollen sie somit ein starkes Monster beschwören. Das Mädchen strich sich eine Strähne zurück. Sollten sie ruhig. Auf jeden Fall würde sie alle schlagen – das war sicher! Der Letzte von ihnen begann endlich mit dem Zug. „Wollen wir doch mal sehen… insgesamt befinden sich drei Finsternismonster auf unseren Friedhöfen…“ Ein siegessicheres Lächeln umspielte seine Lippen. „…das heißt, ich kann nun das stärkste Monster aus meinem Deck beschwören: Finsterer Bewaffneter Drache (2800/1000)!!“ Dunkle Blitze zierten den Himmel, als sich eine majestätische, dunkle Drachengestalt am Horizont erhob. Seine roten Augen blitzten bedrohlich auf. Ihr Anführer war zufrieden mit seinen Leuten. Durch das perfekte Zusammenspiel hatten sie Vampirlord, Verzweiflung aus der Finsternis und noch Finsterer Bewaffneter Drache beschworen. Wer konnte da schon etwas dagegen bieten? Außerdem erhielten die Zombiemonster noch einen Bonus von 300 ATK-Punkten. Die Kleine würde im nächsten Zug verlieren. Die Duellantin blieb ruhig. Die besondere Fähigkeit von Finsterer Bewaffneter war eine kleine Behinderung bei ihrem nächsten Zug, aber mit nur einer Karte konnte man das verhindern. Und genau diese hat sie gezogen. „Also dann, macht euch auf etwas gefasst!“ Sie sortierte ihre Karten in der Hand. „Zuerst spiele ich die Karte Seele des Feuers. Ihr alle dürft erstmal ’ne Karte ziehen.“ Nachdem das getan wurde, fuhr sie fort. „Nun darf ich ein Pyro Monster aus meinem Deck aus dem Spiel entfernen. Ihr erhaltet Schaden in Höhe der Hälfte der Angriffspunkte.“ Sie zog eine Karte hervor. „Ich wähle Thestalos, der Feuersturmmonarch!! Ihr verliert 1200 Punkte!!“ Schützend hielten sie sich ihre Arme vor das Gesicht, als eine Welle von Feuer auf sie einprasselte. „Und damit ihr den Effekt von eurem Monster nicht anwenden könnt…“, sie deutete mit einer Geste auf den Drachen, „spiele ich Seelenerlöser! Die drei Finsternismonster könnt ihr vergessen!!“ Knurrend mussten sie zusehen, wie ihre Monster aus dem Spiel entfernt wurden. „Ich spiele jetzt eine Karte verdeckt im Verteidigungsmodus. Und noch zwei weitere verdeckt. Das war’s.“ „Tss, war das etwa alles?! Du hast verloren, Kleine!!“, sprach der erste der Vier. „Los, Vampirlord, greif ihr verdecktes Monster an!!“ Die Karte wurde zerstört. Die Schwarzhaarige grinste. „Tja, zu schade!! Es war Flamvell-Drachnov. Wenn er zerstört wird, verliert ihr 500 Punkte!!“ Der Lebenspunktestand fiel auf 2300. „Das ist egal!! Los, Monster, greift alle an!!! „Moment!!“, rief das Mädchen. „Ich aktiviere meine Fallenkarte Rückkehr aus der anderen Dimension! Ich zahle die Hälfte meiner Punkte – ich beschwöre so viele Monster wie möglich auf meiner Spielfeldseite, die aus dem Spiel gewonnen wurden!“ „Na und?! Das hilft dir gar nichts!!“ „Ach ja? Wie wär’s denn hier mit?“ Durch eine Armbewegung deckte sich die zweite verdeckte Fallenkarte auf; es war spiritistische Feuerkunst Kurenai. „Ich wähle ein Feuermonster auf meinem Spielfeld. Ihr erleidet Schaden in Höhe der Grund-ATK!“ Völlig verblüfft starrten sie das Mädchen an. „D-das heißt…“ „Ja, ihr habt verloren! Ich wähle nämlich meinen Feuersturmmonarchen!!“ „VERDAMMT!“, schrien die Vier, bevor ihre Punkte auf 0 sanken. Ohne sie noch weiter zu würdigen, schritt sie auf den Anführer zu. Er knirschte mit den Zähnen. „Hm, du hast bloß meine Männer geschlagen – im Vergleich zu mir sind sie schwach!“ Er trat einen Schritt näher auf das Mädchen zu und startete seine Dueldisk. „Das werden wir ja noch sehen! Ich fange an! Hah!“ Die Schwarzhaarige zog eine Karte. „Ich spiele die Zauberkarte törichtiges Begräbnis! Ich wähle ein Monster von meinem Deck und schicke es auf den Friedhof.“ Flüchtig sah sie ihre Karte an. ‚Ich werde dich noch brauchen…‘ Danach machte sie weiter. „Jetzt spiele ich eine Karte verdeckt im Verteidigungsmodus. Das war’s.“ „Pfft! War das etwa alles?!!“, fragte der kräftig gebaute Mann spöttisch. „Wie konnten meine Männer bloß verlieren? Gegen so eine halbe Portion…“ Er zog eine Karte und begann mit seinem Zug. „Ich spiele die Karte Zuflucht der Unterweltler! Somit erhalte ich einen Metall-Unterweltler-Spielstein. Aber der hält nicht lange – ich opfere ihn für Jinzo (2400/1500)!!“ „Was?!“, stieß die Kleine entsetzt aus. „Jinzo? Das heißt… meine Fallenkarten sind wirkungslos..“ „Ganz genau! Aber das war noch nicht alles! Ich spiele die Karte Angriff der Lichtbrigade!“ Das Mädchen seufzte. „Machst du jetzt das Gleiche wie die anderen? Wie langweilig…“ „Mal schauen? Jedenfalls nehme ich ein Lichtverpflichtet-Monster auf meine Hand. Aber jetzt pass auf: Ich spiele Wiedergeburt!!“ Aus seinem Friedhof holte er ein Maschinenmonster, das einem Insekt ähnelte – und es war auch genauso lästig. „Ich habe Entzauberer (1800/1600) gewählt. Und weißt du, was er kann? Alle Effekte von Zauberkarten werden annulliert und es können keine gespielt werden!!“ Der Anführer lachte hämisch auf. „Was willst du nun tun? Naja, ist auch egal. Entzauberer, greif sie an!!“ Mit einem hell leuchtenden Strahl wurde ihre Karte ausgelöscht – es war Fuchsfeuer. „Jetzt bist du schutzlos! Direkter Angriff!!“ Die Duellantin unterdrückte einen Schrei, als Jinzo sie angriff. Eine Blöße wollte sie sich auf keinem Fall bei diesem Mistkerl geben. Grimmig sah sie auf ihre Lebenspunkte: Sie betrugen 1600. „Wenn Fuchsfeuer zerstört wird, kehrt er in der End Phase wieder zurück!“ Der rote Fuchs erschien in offener Verteidigungsposition auf dem Feld. Der Mann beendete seinen Zug. Das Mädchen musste eins zugeben: Sie saß gewaltig in der Klemme. Sie durfte weder Zauber- noch Fallenkarten spielen. Das bedeuteten kein Schutz und Verstärkung der Angriffspunkte ihrer Monster. Hastig strich sie sich eine Schweißperle aus dem Gesicht. Die Zwölfjährige beruhigte sich. Einfach nur cool bleiben! Sie sah kurz auf ihr Deck. ‚Lasst mich jetzt nicht hängen!‘ Danach zog sie. Mai blickte gebannt auf das Duell. Es war sehr bewundernswert gewesen, wie die Kleine die vier Schlägertypen einfach so besiegt hatte. Jedoch war sie jetzt in einer schwierigen Situation. Es konnten keine Zauber- und Fallenkarten gespielt werden. Konnte das Mädchen das Duell noch herumreißen? Könnte sie, Mai Valentine, es schaffen? Sie blickte wieder zur Schwarzhaarigen. Ihr Gesichtsausdruck spiegelte Entschlossenheit wider. „Ich spiele jetzt Flamvell-Feuerhund (1900/200)!!“ Im matten Mondlicht erschien eine Hundegestalt, welche jaulend den Hals reckte. „Greif den Entzauberer an!!“ Der Hund rannte auf die Maschine zu und zerlegte sie in ihre Einzelteile, sodass eine kleine Explosion entstand. Der Mann verlor 100 Lebenspunkte. „Und da ich nun wieder Zauberkarten verwenden kann, spiele ich die hier…“, das Mädchen zog eine Feldzauberkarte hervor, „…. Geschmolzene Zerstörung!!“ Die Umgebung veränderte sich. Die tristen, abgekommenen Mauern der Gasse veränderten sich in eine feuerrote Landschaft. Hinter dem kleinen Mädchen erschien ein gewaltiger Vulkan, aus dem glühende Lava floss. „Feuermonster erhalten 500 ATK mehr! Ihre Verteidigung sink aber dafür um 400.“ Der Feuerhund hatte nun eine ATK von 2400 Punkten. Das Mädchen grinste. „Jetzt sind unsere beiden Monster gleich stark! Was willst du nun machen?“ Der Angesprochene erwiderte nichts und zog eine Karte. Er setzte eine siegessichere Miene auf. „Was ich mache? Ich opfere Jinzo, um ihn zu rufen… den Jinzo-Lord (2600/1600)!“ „Verdammter Mist!“, fluchte seine Gegnerin. „Außerdem spiele ich noch Jinzo-Rückholer (600/1400)! Aber das war noch nicht alles!“ „Was denn bitte noch?“, murmelte das Mädchen. Das konnte doch nichts Gutes bedeuten… „Ich rüste meinen Jinzo-Lord mit 7 vollendet aus! Er hat nun 3300 Angriffspunkte!!“ Er lachte schadenfroh. „Dann los! Jinzo-Lord, greif den dummen Köter an!“ „Nein!“ Der Feuerhund wurde mit nur einem einzigen Schlag besiegt und löste sich auf. Durch die dort entstandene Kraftwelle wehten die Haare des Mädchens hin und her. Ihre Lebenspunkte sanken auf 700. „Weißt du was? Jinzo-Rückholer kann dich direkt angreifen! So umgehe ich deinen dummen Fuchs!“ „Wie bitte?!“ „Na los, Angriff!“ „Urgh…“ Sie hielt sich schützend die Arme vor ihren Körper. „Haha, nur noch 100 Lebenspunkte! Nächste Runde hast du verloren – egal, was du spielst!“ ‚Er hat recht. Wenn ich kein starkes Monster ziehe, habe ich verloren. Denn greife ich Jinzo-Rückholer an, vernichte ich ihn zwar, aber Jinzo kann dann mein Monster angreifen. Eine Zwickmühle…“ Das Mädchen atmete tief durch. Ihr Herz klopfte. „Jetzt geht es um alles oder nichts! Ich ziehe!!“ Kurz sah sie ihre Karte an. Dann begann sie mit dem Zug. „He, erinnerst du dich an meine Karte törichtes Begräbnis? Ich habe ein Monster mit einer DEF von 200 Punkten auf den Friedhof gelegt.“ Verdutzt sah er sie an. „Na und? Was soll dir das bringen?“ Ein Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht. „Ganz einfach: Ich spiele die Karte Wiederaufleben!!!“ „Was?!“ Auch Mai war überrascht. Was hatte das Mädchen vor? Entweder sie wollte ihre Niederlage bloß herauszögern oder sie hatte einen Plan… „Ich wähle meinen Flamvell-Feuerhund (1900/200) und Flamvell-Bogenschütze (1000/200)!!“ Die ATK beider Monster erhöhte sich jeweils um 500 Punkte wegen der Spielfeldzauberkarte. „So, jetzt aktiviere ich den Effekt von Flamvell-Bogenschütze! Ich kann ein Pyro Monster opfern, damit die ATK aller Flamvell-Monster um 800 bis zur End Phase ansteigt! Ich wähle mein Fuchsfeuer! Mein Hund hat also jetzt 3200 Punkte!“ „Pah! 100 zu wenig!“ Sie lächelte. „Nicht mehr lange! Ich aktiviere den Effekt von Baby Flamvell in meiner Hand! Wenn ich es in meiner Main Phase auf den Friedhof lege, erhält ein offenes Feuermonster zusätzliche 400 Angriffspunkte!“ „Das.. das heißt, dass…“, stotterte der Mann. „…Genau, er hat nun 3400 Angriffspunkte. Aber warte!“ Die Duellantin zog eine Karte aus ihrer Hand. „Ich beschwöre noch das Ding im Krater im Angriffsmodus (1000/1200)!“ „So, dann mal los!“ Sie machte eine Handbewegung. „Feuerhund, vernichte diesen abartigen Jinzo-Lord!“ In nur ein paar Sekunden löste sich die riesige Maschine auf. Ihr Gegner verlor 100 Lebenspunkte. „Durch die besondere Fähigkeit meines Hundes kann ich noch ein Feuermonster vom Friedhof holen, schon vergessen? Ich wähle….“, sie durchsuchte ihr Deck, „….noch einen Flamvell-Bogenschützen!“ „Noch einer?!“ „Ganz recht. Ich opfere deshalb das Ding im Krater, damit ich seinen Effekt aktivieren kann. Jedes Flamvell-Monster erhält 1600 Punkte insgesamt mehr!“ „Das gibt’s nicht!“, schrie der Mann verzweifelt. „Doch, gibt es. Und nun… Bogenschütze, greif den Jinzo-Rückholer an!“ Der Anführer hatte nur noch 700 Punkte übrig. „Jetzt greift man zweiter Bogenschütze an! Los!“ Ein mit Feuer umhüllter Pfeil schoss direkt auf den Mann zu. Durch eine Explosion wurde er gegen die Wand geschleudert – seine Lebenspunkte sanken auf 0. Langsam kam Mai auf sie zu. Die Kleine hatte wirklich grandios gespielt – es glich beinahe dem Duellstil der Profis. Bevor sie ihr etwas sagen konnte, sprach plötzlich der besiegte Anführer, der kurz vor der Bewusstlosigkeit war. „Uh… ich….wie heißt du?“ Die Schwarzhaarige starrte ihn mit einem durchdringenden Blick an. Sie musterte ihn noch eine Weile, bis sie antwortete. „Mein Name ist Mio.“ Seine Augen weiteten sich. „W-was… du bist… Mio? Die Unter…grunds…her….“ Er verlor das Bewusstsein. „Vielen Dank für deine Hilfe!“ Verdutzt drehte Mio sich um. Es war das Mädchen, welche zuvor von den Männern belästigt wurde. „Äh… kein Problem… komm gut nach Hause!“ Sie verbeugte sich kurz und ging auf die beleuchtete Straße. Noch lange sah die Zwölfjährige ihr nach. „Na, was ist? Müsstest du nicht glücklich sein, gewonnen zu haben?“ Mio blickte zu Mai. „Hm… es ist nur so…“ Sie atmete noch einmal durch. „Ich… ich habe sechs Jahre immer nur für mich selbst gekämpft. Noch nie habe ich jemandem damit geholfen.“ Die Schwarzhaarige sah zum sternenklaren Himmel. „Vielleicht wird es sich bald ändern.“ Die Blondine nickte. „Ja, bestimmt.“ *Flashback: Ende* „Mio? Mio?! Hey! Erde an Mio!!“ „Öh? Was?“, verpeilt sah sie zu Jasmin. „Hast du mir überhaupt zugehört? Ich habe gefragt, wie du überhaupt hierhergekommen bist!“ „Ah, sorry, ich war in Gedanken!“ Und das stimmte. Jedoch dachte sie nicht, dass sie so weit vom Thema abkommen würde. Der Sinn des Duellierens… nachdem sie damals mit Mai Valentine darüber gesprochen hatte, gingen sie zum Apartment der Duellantin. Mai hatte hartnäckig versucht, mit Seto Kaiba in Verbindung zu treten, da sie eine ‚herausragende Nachwuchsduellantin‘ gefunden hatte. Mio musste bei mehreren Turnieren antreten, damit Kaiba von ihr überzeugt werden konnte. Pegasus, der Erschaffer von Duel Monster, war damals Mitglied der Jury. So hatte damals ihre Laufbahn angefangen. Sie kam endlich vom Untergrund weg. Aber manchmal hat sie dort immer noch gelegentlich vorbei geschaut, um ihren Titel zu verteidigen. Den Titel, Untergrundsherrin zu sein. Mio seufzte. Hier an der Akademie war sie nun Zuhause. Bei ihren Freunden, die einfach klasse waren. Hoffentlich würde es weiterhin so bleiben. Kapitel 6: D.S.G. ----------------- Es vergingen einige Tage. Mio war immer mit Jaden und Syrus zusammen, die sie desöfteren auf der Insel herumführten. Sie waren zum Beispiel an der verlassenen Unterkunft, bei der schon viele mysteriöse Dinge passiert waren, wie das Verschwinden von Alexis‘ Bruder Atticus oder einige Schattenduelle. „Also wenn ihr mich fragt, erinnert mich das an eine Geistervilla“, hatte Mio gesagt, als sie zum ersten Mal das Gebäude sah. Vielleicht ergab sich irgendwann eine Gelegenheit, um an diesem Ort ein Schattenduell auszutragen. Möglich war es. Manchmal kam die Schwarzhaarige auch mit Alexis ins Gespräch, jedoch nicht sehr allzu oft, was Mio recht schade fand. Lag es daran, dass die Obelisk Blue Schülerin eifersüchtig auf sie war? Offenbar schon. Bestimmt würde es in nächster Zeit eine Gelegenheit geben, dass sie mit Alexis darüber sprechen könnte. Denn das dunkelblonde Mädchen war eine selbstbewusste, nette Person, die Mio sehr sympathisch war. Abgesehen davon, dass sie sich gut duellieren konnte. Sie hoffte, dass beide sich bald anfreunden können, egal unter welchen Umständen. Etwas, das die Schwarzhaarige noch störte, waren die männlichen Studenten. Dadurch, dass man Mio mit Jaden und Syrus abhängen sah und sie sogar noch öfters mit Alexis Rhodes plauderte, wurde sie von keinem übersehen. Immer wieder lagen deren Blicke auf ihr, wenn sie den Gang zum Unterricht entlang lief. Auch heute war es so. Mio war mal wieder mit Jaden und Syrus auf dem Weg zu Crowlers Unterricht, als alle sie anstarrten. Besonders die von Obelisk Blue. „Sag mal“, flüsterte sie zu Syrus, „kann das nicht bald mal aufhören? Das geht schon seit ich mich gegen Princeton duelliert habe so!“ „Naja“, antwortete Syrus, „das bezweifle ich! Du bist mit Jaden, dem besten Duellant unseres ersten Jahrgangs, befreundet. Außerdem redest du öfters mit Alexis, dem beliebtesten Mädchen von der Schule. Dass du dann noch dich gut duellieren kannst, ist Nebensache!“ Nachdenklich sah Mio nach vorn. ‚Wo er recht hat, hat er recht. Ich werde wohl noch einige Wochen damit leben müssen. Ist halt nur ungewohnt…‘ Endlich erreichten sie den Hörsaal, wo Crowlers Stunde begann. Mio gähnte gelangweilt. Crowler erzählte irgendeinen Unsinn über seine „brillianten und unzerstörbaren“ Antiken Golems, die man auf jeden Fall in seinem Deck haben sollte. Außerdem versuchte er, den Studenten „seine eigenen entworfenen Theorien“ beizubringen. Was für ein unfähiger Lehrer. Doch ein aufgeregtes Flüstern hinter Mio weckte ihr Interesse. Sie drehte sich neugierig um und sah keine andere Person als den ‚guten Chazz‘. Es war einfach wunderbar gewesen, ihm nicht über den Weg gelaufen zu sein. Aber irgendwann mussten sie sich natürlich wiedersehen. Genervt verengten sich ihre Augen. Er hat gerade ein paar Schülern erzählt, dass Mios Sieg anscheinend nur Glück und er selbst in einer schlechten Verfassung gewesen sei. Das ließ das Mädchen natürlich nicht lange auf sich sitzen. „Hör mal“, zischte sie ihm verärgert zu, „diese Lügen kannst du gerne für dich behalten!“ Chazz blickte bloß spöttisch auf sie herunter. „Und wenn es doch so war? Ich lasse mich doch nie von solchen Neulingen wie dich besiegen!“ „Und was war denn mit Jaden?! Er war auch neu, genau wie du! Und er hat gegen viele Duellanten gewonnen, die schon lange an der Schule gewesen waren! Nicht zu vergessen seinen Sieg gegen Kagemaru!“, konterte Mio frech. Offenbar musste das ziemlich effektiv gewesen sein, denn Chazz erhob laut seine Stimme, sodass nun jeder das Gespräch hören konnte. „Halt die Klappe! Das hat alles nichts mit Jaden zu tun!“ Mio wurde ebenfalls laut. „Und ob es das tut! Stell dir vor, Jaden hat ganze zwei Duelle gegen dich gewonnen! Der angeblich ‚Super-Duellant Chazz‘ lässt sich also einfach so besiegen? Dann kann deshalb auch jeder – wirklich JEDER gegen dich gewinnen! Und auch ‚Neue Studenten‘ wie ich können das!!“ Jaden in der Zeit errötete leicht. Die beiden unterhielten sich äußerst prächtig über seine Duellkarriere. Chazz brüllte wütend Mio an. „Ach was?!! Na los, hier und jetzt eine Revan…..“ „SCHLUSS JETZT!!!“, unterbrach plötzlich Crowler den Streit von Mio und Chazz. Die beiden hatten ihn und den Unterricht vollkommen vergessen. „Niemand, aber auch wirklich niemand unterbricht meinen Unterricht! Wisst ihr, was das bedeutet?? Nachsitzen!!“ „WAS?!“, riefen die Streitenden im Chor. Mio hoffte, sich verhört zu haben. Nochmal sollte sie nachsitzen? Das war das zweite Mal bei Crowler… sie war sich absolut sicher, dass sie bei ihm unten durch war. Vor allem, wenn sie noch mit so einem Idioten wie Chazz in einem Raum sein musste. Dieser war genauso begeistert wie Mio. „Hören Sie mal, Dr. Crowler, ich verstehe nicht, warum ich auch zum Nachsitzen muss! Sie hatte angefangen!!“ Der Lehrer lächelte fies. „Wieso denn? Ich denke, du kannst Mio bestimmt viel über die Unterrichtsstunden im ersten Halbjahr erzählen. So kann sie viel nachholen und die Zeit sinnvoll nutzen!“ „Ich soll sogar noch mit ihr reden?!!“ Auch die Studentin war damit nicht einverstanden. „Das ist doch nicht Ihr Ernst! Ich kann mir den Stoff auch selbst beibringen, Dr. Crowler! Chazz würde mich bloß dabei behindern!“ „Was? Behindern? Ich war mit einer der Besten unseres Jahrgangs, der…“ „…gegen mich verloren hat!“, führte Mio den Satz grinsend zuende. „Na warte…!“ „Seid jetzt still!!“, rief Crowler immer zorniger. „Hört auf, meine Entscheidungen infrage zu stellen. Zur Strafe müsst ihr genau eine Woche nach den Vorlesungen hierherkommen und lernen!“ „Das gibt’s nicht!“, beschwerten sich Mio und Chazz gleichzeitig. Ein Tag war doch schon schlimm genug, warum musste es auch noch eine Woche sein? „Ende der Diskussion! Ich fahre jetzt mit dem Unterricht fort….“ Das Machtwort war gesprochen. Eine Diskussion half auch nicht, also musste Mio sich dem Beschluss Crowler wohl hingeben. Jaden klopfte ihr auf die Schulter. „Mach dir mal nicht so viele Gedanken! Wird halb so schlimm sein! Ich hebe auch noch etwas Essen für dich auf, okay?“ Das Mädchen nickte stumm. Wirklich toller Trost. Sehr toll… Nach zwei weiteren Vorlesungen verabschiedete sich Mio von Jaden und Syrus. „Also dann… ich geh dann mal…“, murmelte sie mit trüber Stimmung. „Komm schon, Chazz ist doch voll in Ordnung!“, versuchte der Blauhaarige sie zu beruhigen. „Meinst du? Naja…“ Mio machte noch eine Abschiedsgeste und begab sich zu Crowlers Unterrichtsraum. Dort befand sich auch schon Chazz, der mit Armen verschränkt auf seinem Platz saß. Statt sich in die Nähe von ihm zu setzen, ging das Mädchen auf die andere Seite des Raumes. Beide warteten auf Crowler. Die Studentin sah auf die Uhr. Schon zwanzig Minuten waren vorbei. Dreißig. Fünfzig. Eine Stunde. Sie seufzte. „Warum kommt er denn nicht? Da kann ich auch genauso gut gehen…“ Mio schloss die Augen. Wenn er nicht kam, konnte sie auch ein wenig schlafen. Gemütlich lehnte sie sich zurück und döste ein. Chazz sah grimmig nach vorne. Statt hier dumm herumzusitzen, hätte er auch sein Zimmer neu renovieren können. Aber nein, die vorlaute Göre musste ihnen unbedingt Nachhilfe einbrocken. Neben ihn erschien plötzlich der gelbe Ojama. „Hey, Boss! Was machst du hier so? Lass uns doch Party machen!!“ Chazz ignorierte ihn. Gerade jetzt, wo er sowieso schon schlechte Laune hatte, musste noch dieser verblödete Ojama auftauchen. Wunderbar. Jedoch… wenn die gelbe Nervensäge schon mal auftauchte, konnte er mal die Gelegenheit nutzen, um ihn ein paar Fragen zu stellen. „Hey, gelber Ojama!“ Das kleine Monster blickte auf. „Hm, was gibt’s, Boss?“ „Du siehst doch dieses Mädchen, da, auf der anderen Seite“, er deutete auf sie. „Achso! Du magst sie und traust es ihr nicht zu sagen?“, fragte der Gelbe neugierig. „Quatsch! Hör mir erstmal zu!!“ Chazz hasste diese vorlauten Kommentare. „Beim Duell letztens hat sie mit einem Monster gesprochen – hat sie also auch einen Duellgeist?“ „Ja, ich glaube…“, der Ojama rieb sich über das Kinn, „…ich habe sie gesehen. Ganz kurz. Das war so eine Frauengestalt, mit bleichen langen Haaren. Sie hat ein Feuergewand getragen.“ Chazz nickte nachdenklich. „Aber hör mal, Boss! Wenn du das wissen willst, heißt es doch, dass du an diesem Mädchen interessiert bist!“ Chazz stand wütend auf. „Halt endlich die Klappe! Dieses Mädchen ist mir egal und…“, der Junge stoppte. Er hörte plötzlich Schritte. „Mist, Crowler kommt!“ Er sah kurz zu Mio. Sie döste. „Ojama, weck sie!“ „Geht klar, Boss!“ Der Gelbe verschwand und erschien auf der anderen Seite des Raumes. „HEY, AUFWACHEN!!“ Mio zuckte zusammen. „W-wa… huch?“ Sie musterte die kleine gelbe Monstergestalt. „Hast du mich geweckt?“ Er nickte. Die Schwarzhaarige spürte jemanden, der sich dem Raum näherte. Das musste Crowler sein. „Danke, Kleiner! Bist du…“, sie sah kurz zu Chazz, „… sein Duellgeist?“ Ojama nickte erneut. „Ganz genau! Ich sollte dich wecken, um dir zu sagen, dass Chazz dich ma…“ „..dass Crowler kommt!“, unterbrach ihn ärgerlich eine etwas weiter entfernte Stimme. Es war Chazz, der auf der anderen Seite des Raumes saß. Mio nickte ihm kurz zu. Mehr Zeit blieb auch nicht, da nun Crowler hereinkam. „Ich bin leider etwas verspätet gekommen, weil ich noch mit Kanzler Sheppard etwas absprechen musste.“ ‚Ist klar!‘, dachte sich Mio. ‚Und das dauert selbstverständlich so lange… er hatte einfach nur keine Lust!‘ „So, und nun… gebe ich euch die Aufgaben!“ Mio fielen beinahe die Augen aus dem Gesicht. Vor ihnen lag zwei riesige Packen mit Aufgaben. „Das.. ist doch nicht sein Ernst!“, seufzte Mio. Crowler fuhr fort: „Das alles müsst ihr in einer Woche machen! Viel Spaß!“ Er grinste noch schadenfroh, ehe er sich vorne auf ans Pult hinsetzte. „Übrigens“, fügte der Lehrer hinzu, „das wird benotet!“ „Auch das noch!“, fluchte die Studentin. Was hatte Crowler sich noch ausgedacht? Dass sie vor der ganzen Schule ein Theaterstück vorspielen müssen, zum Beispiel? Die beiden Studenten holten sich jeweils ihre Packen ab und begannen jetzt, in der verbliebenden Stunde, so viel wie möglich zu erledigen. „Wird schon nicht schwer sein“, versuchte Mio sich einzureden. Sie nahm sich das erste Blatt. Dort war folgende Frage abgebildet: „Seit wann gab es im alten Ägypten schon Duelmonsters?“ Mio las noch einmal die Frage und dann noch einmal. „Mann…“ Sie sprach zu Crowler gewandt: „Aber Dr. Crowler, das machen wir gar nicht im Unterricht! Da sprechen wir über Monsteranalyse und Strategien!“ Dieser lächelte bloß so verständnisvoll wie möglich. „Das verstehe ich, aber man braucht dafür Grundkenntnisse! Deshalb habe ich euch auch diese Aufgaben gegeben. Und nun macht mal schön weiter!“ Missmutig sah Mio die weiteren Blätter durch. Duelmonstersgeschichte… Pharao Abidos… Hieroglyphen.. . Verzweifelt raufte sie ihre Haare. „Ich verstehe das alles nicht!! Wer war denn Abidos?“ Sie sah hinüber zu Chazz. Dieser füllte fleißig alles aus. „Hm… im Moment könnte ich ihn echt beneiden…“ Ohne irgendetwas ausgefüllt zu haben, waren insgesamt zwei Stunden Nachsitzen vorbei. Mio verstaute die Blätter in ihrer Tasche und verließ nach Chazz missmutig den Vorlesungsraum. Nachsitzen für heute war vorbei. Draußen wurde es dunkel, als sie aus dem Hauptgebäude traten. Chazz ging schweigend vor Mio. Den ganzen Weg lang zur Unterkunft redete keiner von ihnen. Der Schwarzhaarige ging zum Speiseraum, Mio folgte ihm. Alles war abgedunkelt und verlassen. Die anderen mussten also schon gegessen haben. Auf einem Tisch waren noch zwei Portionen Reis, Fisch und Misosuppe. Die Studentin nahm das Tablett mit auf ihr Zimmer, Chazz tat es ihr gleich. Das Mädchen sah verwundert zu, wie Chazz in die Tür neben ihr eintrat. ‚Stimm ja, Chazz ist neben mir..‘ Völlig erschöpft trat sie durch die Tür und stellte ihr Essen auf den Schreibtisch ab. Danach ließ sie sich auf ihr Bett fallen. „Maaaannn!! Was für ein Scheiß-Tag!“, fing sie sofort an zu meckern. Feuerprinzessin erschien neben ihr. „Wenn man sich auch alles selbst zuzuschreiben hat..“ „Was?“, Mio setzte sich abrupt auf. „Ich hab mich wohl verhört! Warum soll das meine Schuld sein?!“ „Nun ja..“, ihr Duellgeist machte eine kleine Pause, „…du hast dich sehr provozieren lassen, Mio. Normalerweise bist du immer ruhig geblieben, wenn du in ähnlichen Situationen warst.“ „Pah! Bin ich doch immer noch!“, erwiderte sie stur. Feuerprinzessin blieb ernst. „Du hast dich verändert, Mio…“, sie lächelte. „Das freut mich.“ Ehe die Schwarzhaarige etwas erwidern konnte, war ihr Geist verschwunden. „Ich.. habe mich verändert?“ Sie nahm ihr Essen und setzte sich wieder auf ihr Bett. „Mag sein… vielleicht hat sie recht.“ Am nächsten Tag traf sie sich wieder mit Jaden und Syrus, um zum Unterricht zu gehen. „Und? Wie war’s?“, fragten beide neugierig. Mio seufzte. „Schrecklich! Crowler hat uns zwei dicke Packen, ungefähr so groß“, sie zeigte es mit ihren Händen, „gegeben. Alles über die Geschichte der Duelmonster! Ich verstehe da gar nichts!“ Jaden lächelte. „Habe ich auch nie, weil ich in den Stunden immer geschlafen habe, oder, Syrus?“ Der Blauhaarige nickte. „Ja… und ich habe es auch nie wirklich verstanden. Aber hör mal, frag doch Chazz, der weiß das bestimmt!“ Mio zuckte bei seinem Namen zusammen. „Nicht doch! Der würde mir bloß ‘n Vogel zeigen und mich einfach so stehen lassen! Außerdem würden Kommentare kommen wie ‚Habe ich es mir doch gedacht!‘ oder ‚Du bist echt eine Niete!‘…“ „Wer weiß! Ein Versuch ist es immer wert!“ Die drei beließen es dabei und setzten ihren Weg fort. Dabei trafen sie Alexis. „Hey, Leute!“, begrüßte sie die drei lächelnd. Mio merkte, dass etwas nicht stimmte. „Alexis, was ist los? Du bist so..beunruhigt..“ Verwundert, dass das Mädchen es bemerkt hatte, weiteten sich ihre Augen. „Echt, stimmt was nicht?“, fragte Jaden, der mal wieder nichts geahnt hatte. Alexis atmete kurz durch. Dann antwortete sie mit zittriger Stimme: „Jasmin und Mindy sind verschwunden.“ Kapitel 7: D.S.G. Teil 2 ------------------------ Hier ist nun der zweite Teil - viel Spaß! „Was?!!“, riefen alle drei wie aus dem Munde. „Sie sind weg?“ Alexis nickte betrübt. „Ja… heute Morgen, als ich sie abholen wollte, um zum Unterricht zu gehen, waren sie verschwunden.“ Nachdenklich sah Mio auf den Boden. Gestern hatte sie … eine Art dunkle Energie gespürt. Ob es damit zusammen hing? „Keine Sorge“, versuchte die Duellantin das dunkelblonde Mädchen zu beruhigen, „wir werden sie schon finden!“ Erleichtert blickte Alexis auf. „Danke… lasst uns am besten zusammen bleiben!“ „Klasse Idee!“, befürwortete Jaden. Syrus und Mio waren auch einverstanden. Auf dem Weg fragte Alexis plötzlich Mio: „Sag mal, ich habe gehört, du hast eine Woche lang mit Chazz Nachsitzen?“ Sofort verdüsterte sich ihre Miene. „Ja… und es ist schrecklich! Crowler gibt uns Blätter, die wird bearbeiten sollen! Ich verstehe überhaupt NICHTS!“ „Kopf hoch! Du kannst mir mal zeigen, vielleicht kann ich dir helfen.“ Mios Blick hellte sich schlagartig auf. „Echt? Oh Mann, danke, Alexis! Ich hatte nämlich keine Lust, Chazz zu fragen!“ „Warum denn?“, fragte die Obelisk Blue Schülerin nach. „Weil dann dumme Kommentare kommen würden!“ Alexis kicherte. „Du scheinst ihn ja gar nicht zu mögen!“ Mio schüttelte den Kopf. „Noch schlimmer: Ich finde, er ist total arrogant und verwöhnt!“ „Naja, das gibt sich schon. Ich finde ihn zwar immer noch nervig, seitdem er mir seine Liebe gestanden hat, aber-“ „Was?? Er hat dir seine Liebe gestanden? Chazz Princeton?“ „Ja, in einem Liebesduell!“, fügte Syrus hinzu, der das Gespräch der Mädchen mitgehört hatte. „Er hat meinen Bruder Atticus um Hilfe gefragt…“ Alexis seufzte. „Zusammen gaben sie ein sehr schräges Duo ab – das hättest du sehen müssen!“ „Hmmm“, Mio sah zum Himmel, „…aber süß ist es trotzdem!“ „Bitte?“ „Äh… ich… schon okay!“ Mio versuchte, ihr plötzliches Erröten zu verbergen. Was hatte sie da gerade gesagt? Es war ‚süß‘ von Chazz gewesen? Wie zum Teufel kam sie auf so etwas? Geplagt von diesen Gedanken erreichte Mio mit den anderen die Unterrichtsräume. Viele wussten noch nicht, dass Jasmin und Mindy fehlten. Vielleicht war es auch besser so gewesen, sonst hätte es unnötige Unruhe gegeben . Der Tag lief alles in allem recht normal ab. Sie erhielten Hausaufgaben und mussten für anstehende Tests lernen. Nach der Vorlesung, bevor alle wieder in ihre Unterkünfte zurück gingen, außer Mio und Chazz natürlich, fragte sie Alexis: „Sag mal, wenn wir Jasmin und Mindy gefunden haben, willst du dann zu mir kommen, damit wir die Aufgaben gemeinsam lösen können?“ Alexis nickte freundlich. „Klar! Aber… wo sollen wir mit der Suche anfangen? Und vor allem, wann?“ „Wie wäre es jetzt sofort?“, hörten sie eine Stimme hinter sich. Es war Jaden, der hinter ihnen stand, zusammen mit seinem besten Freund Syrus. „Tolle Idee… macht das alles ruhig ohne mich“, maulte Mio daraufhin beleidigt. „Dann suchen wir eben, wenn ihr fertig seid!“, versuchte Alexis sie zu beruhigen. „Na das klingt doch schon besser! Wir treffen uns in der Sliferred Unterkunft, okay?“ Alle nickten. „Gut, dann bis nachher!“, verabschiedete Mio noch alle, um dann zum Nachsitzen zu gehen. Sie staunte, als sie in einen komplett leeren Raum trat. Weder Chazz noch Crowler waren dort. Offenbar musste sie zu früh gekommen sein. Nachdem sie sich hinsetzte, merkte sie, wie Chazz hereinkam. Verwunderlich war, dass er sie ansah und mit ihr sprach: „Crowler kommt heute erst später, um uns zu beaufsichtigen. In der Zeit sollen wir mit den Blättern weitermachen.“ „Können wir nicht einfach gehen und dann später kommen?“, erwiderte Mio darauf. „Das würde ich nicht machen, denn er sagte nicht, wann er kommt. Außerdem ist es sowieso egal, wo wir das alles machen.“ Er nahm merkwürdigerweise direkt in der Reihe hinter ihr Platz und holte seine Sachen heraus. Mio starrte stattdessen stumm an die Wand. Nach einer Weile merkte sie, wie Chazz sie anstarrte. Sie drehte sich fragend um. „Was ist?“ „Sag mal, willst du nicht deine Blätter bearbeiten?“, fragte er sie. Man merkte, dass ein wenig Interesse in seiner Stimme mitschwang. Mio merkte, wie sie leicht errötete. „Äh… naja, ich mache das halt… später.“ „Später? Hast du dazu noch Lust, wenn du nach knapp zwei Stunden Nachsitzen alles noch in deiner freien Zeit machen musst?“ „Nicht… wirklich… ich gehe später zu Alexis“, sagte sie verlegen. Chazz verstand. „Lass mich raten: Du hast keine Ahnung, wovon bei diesen Aufgaben gesprochen wird.“ Sie nickte. Mio hasste sich dafür, ihm nie Wahrheit sagen zu müssen. Doch statt irgendwelchen Kommentaren, saß Chazz plötzlich neben ihr. „Eigentlich ist es mir ja egal, welche Note du dafür bekommst, aber es nervt mich, wenn du da so dumm herumsitzt. Lass mal sehen…“ Er riss die Blätter aus Mios Hand und überflog sie kurz. Chazz seufzte, als er sie zurücklegte. „Du hast wirklich von gar nichts Ahnung… weißt du, wer Abidos war?“ Mio schüttelte den Kopf. „Hör zu, ich mache das jetzt nur heute klar?!! Abidos war ein Pharao, der….“ Chazz klärte Mio über das alte Ägypten auf, wer Abidos war und wie einige Hieroglyphen aussahen. „Kennst du überhaupt den berühmtesten und mächtigsten Pharao?“ Mio nickte eifrig. „Ja, klar! Es war Atem, er besaß das Milleniumspuzzle und konnte die drei Ägyptischen Götterkarten kontrollieren. Sein Mitstreiter war der Hexenmeister. Sein Lieblingsmonster war der Blauäugige Weiße Drache.“ „Bravo, 100 Punkte…“, murmelte Chazz sarkastisch. Wenigstens wusste sie ein wenig über die Pharaonen. So ging es die ganze Zeit weiter. Mio war sehr in ihren Aufgaben vertieft und stellte eine Frage nach der anderen. „Wetten, dass alle Abidos nur gewinnen ließen?“ „Ja, so war es auch. Wie kommst du darauf?“, antwortete Chazz verwundert. „Naja, er war ein Pharao. Ich meine, viele wollten bestimmt nicht seinen Zorn erwecken. Die meisten würden dann bestimmt ins Gefängnis kommen. Außerdem hätte ich bestimmt von ihm gehört, wenn er so gut gespielt hätte.“ Hinter sich hörten die beiden plötzlich ein Räuspern und schreckten auf – hinter ihnen stand Crowler, den selbst Mio nicht bemerkt hatte. Wahrscheinlich war sie zu sehr in den Aufgaben vertieft gewesen, als seine Duellkraft wahrzunehmen. „Wie ich sehe, macht ihr alles recht fleißig. Da ich heute gute Laune habe, dürft ihr jetzt gehen.“ „Cool, vielen Dank, Dr. Crowler!“, jubelte Mio fröhlich. Schnell packten beide ihre Sachen zusammen und gingen nach draußen. „Mich wundert es, dass er uns früher rausgelassen hat“, stellte Mio fest. „Vielleicht hat er ja gesehen, wie sehr sich der gute Chazz bemüht hat, einer schlechten Schülerin Stoff beizubringen.“ „Jaja, gib bloß an, wie toll du doch bist…“, murmelte Mio. „Das habe ich gehört!“ „Oh, da habe ich aber Angst!“ „Pah, jeder hat Angst vor dem großen Chazz!“ „Und wenn nicht?“, feixte Mio weiter. „Wenn nicht, dann… warte, wie war das?!“ „Wie war was?“ „Was hast du da gerade gesagt?!!“ „Hast du schlechte Ohren?“ „Hast du Angst?“ „Sollte ich?“ „Solltest du!“ Sie lachte. „Tja, wenn es nicht so ist, dann ist es eben so! Denk dir doch mal was Bösartigeres aus!“ Sie gingen an den Klippen vorbei, nahe am Wald. „Was Bösartigeres? Ich sag nur die sieben Schattenreiter.“ „Sieben Schattenreiter? Die Geschichte ist doch schon alt!“ „Alt? Hah, du warst ja nicht dabei, deshalb kannst du auch nichts nachvollziehen!“ „Schon, aber vom Hörsagen klingt es langweilig. Obwohl.. die Ungeheuerkarten hätte ich gerne gesehen…“ „Pech gehabt!“ „Pech? Immerhin wurde ich nicht von einer ‚neuen Schülerin‘ besiegt!“ „Immerhin habe ICH die Ungeheuer gesehen!“ „Aber ich habe dich besiegt!“ „Willst du noch weiter angeben?“ „Angeben?! Du tust….“ Mios Kopf schmerzte plötzlich höllisch. Alles um sie herum drehte sich. Statt die Felsenklippe und den Wald zu sehen, sah sie ein verlassenes Gebäude, mitten im Wald. Dort herum standen Gestalten, die die Silhouette von Menschen hatten. „Uh, das ist…“ Sie versuchte sich am Baum abzustützen. „Hey, was ist los?“ Chazz kam auf sie zu. „Es ist.. weißt du, dass Jasmin und Mindy verschwunden sind?“ , keuchte Mio, während sie sich den Schweiß aus dem Gesicht wischte. Chazz nickte, er stand noch immer nahe an dem Mädchen. „Ich glaube ich weiß, wo sie sind. Ich kann so etwas wie.. dunkle Energien spüren. Und das gerade eben zeigte mit den Ort, wo die negative Energie ist.“ Chazz runzelte die Stirn. „Bist du dir sicher? War das eben nicht eher ein Anzeichen… von Müdigkeit?“ Mio seufzte. „Du kannst doch Duellgeister sehen. Das heißt, dass die Monster dir vertrauen und man eine starke Verbindung hat. So etwas aufzubauen, ist recht außergewöhnlich – jedenfalls für die, die es nicht können. Außerdem hat jeder Duellant eine Duellenergie. Ich kann so etwas spüren, also ist es theoretisch für mich nichts Besonderes, aber für andere schon.“ „Du meinst also, es sei eine weitere Fähigkeit, sowas zu können?“, fragte Chazz noch immer misstrauisch nach. Das Mädchen nickte. „Wenn wir dort sind, hast du deinen Beweis.“ Mio machte eine Geste. „Hol schnell die anderen, ich gehe schon mal vor!“ Mio rannte los und ließ Chazz einfach stehen. „Was? Alleine? Und wie sollen wir den Ort überhaupt finden?“, rief er ihr noch nach. Sie drehte sich kurz um. „Verlassene Unterkunft!“ Danach setzte sie ihren Weg in den Wald weiter fort. „Pff, macht einfach das, was sie will.. heh, Ojamas!“ Neben dem Schwarzhaarigen erschienen drei Gestalten – in grün, schwarz und gelb. „Hoho, hallo Boss! Was gibt’s?“ „Richtet Jaden aus, dass wir wissen, wo Jasmin und Mindy sind. Lasst die Details mit dieser Duellkraft einfach aus.“ „Und was machst du?“ „Tja, ich werde….“ Jaden und Syrus saßen derweil mit Alexis in ihrem Zimmer und unterhielten sich. Alexis sah auf die Uhr. „Gleich müssten die beiden kommen, oder?“ Jaden nickte. „Ja, dann können wir Jasmin und Mindy gemeinsam suchen gehen und…“ Der Braunhaarige brach abrupt seinen Satz ab und sah zur Wand. Verwundert sahen Alexis und Syrus sich an. „Ja… ja, okay. Wir sind sofort auf dem Weg! Ihr könnt auf uns zählen!“ „Jaden… mit wem redest du?“, fragte Syrus zweifelnd nach. War ihr Freund verrückt geworden? „Äh… keine Zeit, das zu erklären.“ Der Junge erhob sich von seinem Bett. „Jedenfalls müssen wir jetzt schnell zur verlassenen Unterkunft!“ „Und wieso?“ „Weil dort Mindy und Jasmin sein sollen. Chazz und Mio sind auf den Weg dorthin.“ „Kannst du Hellsehen oder so?“ Syrus wusste immer noch nicht, was mit Jaden los war. „Ist egal! Kommt jetzt, unsere Freunde brauchen Hilfe!“ „Na gut.. mich wundert eh nichts mehr..“, murmelte Syrus. Die Drei verließen die Unterkunft und machten sich auf den Weg. Mio keuchte erschöpft. Sie war fast da. Bald würde sie bei Jasmin und Mindy sein. Das Mädchen ging ein paar Schritte weiter. Sie hörte Stimmen, die zu ungefähr drei Männern gehören mussten. Sie waren sehr in Eile, da sie hastig miteinander sprachen. Die Schwarzhaarige versteckte sich hinter einem Baum, um von dort aus einen Blick auf die Verlassene Unterkunft zu werfen, die Mio nun erreicht hatte. Sie hatte recht gehabt. Das matte Mondlicht schien auf drei Männer, die vor der Unterkunft standen. Die drei warteten. Auf einmal kam eine weitere, große Gestalt aus dem Gebäude heraus, welche auf ihrem Rücken zwei schlanke Gestalten trug. Mios Augen weiteten sich: Es waren Jasmin und Mindy! Das Mädchen hatte das Gefühl, dass ihr Herz beinahe in ihrem Brustkorb zerspringen würde. Sie trat vorsichtig einen Schritt näher und verweilte in der Hocke. Sie durfte bloß nicht entdeckt werden, sonst würde ein Überraschungsmanöver, um die Mädchen zu retten, nichts bringen. Sie konzentrierte sich, damit sie hören konnte, was sie sagten. „…hier sind die Gefangenen. Lebend.“ „Das hat aber lange gedauert!“ „Ja, ich hatte meine Karte für das Gebäude vergessen. Schließlich mussten wir sie doch gut verstecken.“ „Hah, töricht von ihnen, uns belauschen zu wollen. „Warum? So haben wir es doch einfacher…“ Mio schluckte. Diese miesen Schweine. Was hatten sie vor? Wieso brauchten sie die beiden als Gefangene? Ehe sie sich langsam zum Angriff bereit machte, hielt sie inne. Jemand war hinter ihr. Sie atmete kurz durch und drehte hastig um. Ihr Herz blieb für eine Sekunde stehen. Mio blickte direkt in ein graues Augenpaar. „Was machst du denn hier, Chazz? Solltest du nicht die anderen holen?“, flüsterte sie aufgeregt, nachdem sie sich gefasst hatte. „Ich bin dir natürlich gefolgt. Meine Ojamas haben den anderen Bescheid gegeben.“ Mio nickte kurz und drehte sich wieder zum Geschehen um. „Siehst du da vorne die beiden Frauengestalten? Das sind Mindy und Jasmin. Ich glaube, sie sind bewusstlos.“ „Und was hast du jetzt vor?“ „Einen Überraschungsangriff zu starten. Ich schnappe mir die Typen und du rettest Jasmin und Mindy.“ „Sollte das nicht eigentlich anders herum sein?“ „Pah, das klappt schon. Lass uns jetzt loslegen.“ Jedoch konnte sie nicht aufstehen. Verblüfft sah sie zu Chazz, der sie festhielt. „Warte, lass uns noch abwarten, bis sie sich Blöße geben.“ „Was?! Warten? Die beiden sind in Gefahr!!“ „Das weiß ich doch auch, aber…“ Chazz führte seinen Satz nicht zuende, da beide auf einmal eine allzu bekannte Stimmen hörten. „Was..?! Wo sind wir?“, hörte man Jasmin verzweifelt sagen. „Mist, eine ist aufgewacht! P.H., bringe sie schnell zum Schweigen!“ Das reichte Mio. Wer es wagte, sich mit ihren Freunden anzulegen, bekam es auf der Stelle mit ihr zu tun. Sie riss sich wütend von Chazz los. „Nein, Mio!“ Er fluchte. „Mann, sie tut aber auch nie das, was man ihr sagt …“ Daraufhin folgte er ihr. Gerade, als der Größte zum Schlag ausholen wollte, hörte er hinter sich ein Aufstöhnen seiner Komplizen. Er drehte sich hastig um und sah eine junge Studentin vor sich, die alle drei bewusstlos geschlagen hatte. „Sofort aufhören! Ihr miesen Schweine!“, zischte sie vollkommen außer sich. „M-Mio..“, flüsterte Jasmin erleichtert. „Du wagst es..?!! Wer bist du überhaupt?“ „Das geht Sie nichts an! Lassen Sie gefälligst die beiden Mädchen frei!“ Der Mann sah über seine Schulter. „Die beiden da? Sorry, aber sie wissen zu viel! Genauso…“, er holte ein Messer heraus, „..wie du.“ Seine Stimme war eisig, sodass es einem kalt den Rücken herunterlaufen würde. Mio blieb jedoch ruhig. „Ach ja? Dann versuchen Sie’s doch!“ „Pah!“ Der stämmige Mann rannte auf sie los. Gekonnt parierte die Schwarzhaarige seinen Messerstich und schlug mit einer leicht aussehenden Technik sein Messer aus der Hand. Danach stützte sie sich mit nur einer Hand auf dem Boden ab und rammte ihr Bein mit einem harten Tritt in seinen Magen. Der völlig verwunderte Mann keuchte auf. Diesen Moment nutzte Mio, um ihm den endgültigen Schlag zu geben. Das Mädchen hob ihre Hand und schlug den großen Kerl auf den Nacken, sodass er bewusstlos wurde. Nach Luft holend ließ sich die Schwarzhaarige erleichtert auf den Boden fallen. Chazz hatte in der Zeit, wo Mio den Mann außer Gefecht gesetzt hatte, sich die beiden Mädchen geschnappt und aus deren Reichweite getragen. Vom Weiten hörte man Schritte. „Hey, Leute! Alles okay?“, rief Jaden, nach ihm folgten Alexis und Syrus. „Alexis!“, flüsterte Jasmin erleichtert. Die beiden Mädchen umarmten sich. „Ich bin so froh, dass nichts passiert ist! Ist Mindy noch bewusstlos?“ Die Rothaarige nickte und sah zu Mio. „Das haben wir ihr zu verdanken! Mio hat all diese Typen niedergeschlagen!“ „Bitte?“ Alexis blickte abwechselnd zu Mio und den K.O. geschlagenen Männern. „Sie hat alle alleine überwältigt?“ Ihr Blick wanderte zu Chazz. „Und du hast etwa nur zugesehen?!“ Abwehrend hob Chazz die Arme. „Nein, ich wollte ihr ja helfen, aber Mio hat abgelehnt! Außerdem“, er tat so, als hätte er etwas Großes vollbracht, „habe ich Mindy und Jasmin vom Kampfgeschehen weggetragen!“ „Wow, wie großartig!“, sagte Alexis sarkastisch. Mio kam nun zu den anderen. Ihr Gesichtsausdruck war nachdenklich. „Habt ihr schon mal was von D.S.G. gehört?“ Völlig von der Frage überrumpelt schüttelten ihre Köpfe. „Nein, aber wie kommst du darauf?“, fragte Syrus. „Ich habe mir mal ihre Uniformen angeschaut. Dort war ein Wappen mit diesen Buchstaben.“ Sie seufzte. „Mann, was bedeutet das bloß? Ach ja“, die Schwarzhaarige sah zu Jasmin, „die Kerle meinten, ihr hättet etwas von einem Gespräch mitbekommen. Worum ging es da?“ Die Angesprochene überlegte. „Ich weiß es nicht mehr so genau. Wenn ich mich versuche zu erinnern, ist alles verschwommen. Bis auf ein paar Wortfetzen wie ‚Fähigkeit‘, ‚suchen‘ und ‚Geist‘.“ „Hm.. das hilft auch nicht sehr viel weiter…“ Alexis munterte sie auf. „Darüber werden wir uns morgen kümmern. Wir sollten jetzt erstmal glücklich sein, dass Jasmin und Mindy nichts passiert ist! Lasst uns jetzt lieber schlafen gehen!“ Die Dunkelblonde wandte sich an die Jungs. „Hilft einer von euch, Mindy zu tragen?“ „Ja, das mache ich!“, meldete sich Jaden als Freiwilliger. Zusammen machten sich auf den Weg. Dabei sprach Alexis zu Mio: „Da wir die beiden endlich gefunden haben, können wir deine Aufgaben durchgehen. Wie wäre es mit Morgen?“ Mio errötete leicht. „Ach, weißt du, ich denke, ich krieg das schon so hin!“ Verwundert sah Alexis sie an. „Naja, weißt du, ich habe das alles… ähm.. zum Teil schon verstanden, denn ich habe in ein paar Lexika nachgeschaut.“ Damit gab sich Alexis zufrieden, jedoch fragte Mio sie: „Aber willst du nicht trotzdem morgen bei mir vorbeischauen?“ Die Studentin lächelte. „Aber gerne!“ Nach einer Weile waren alle wieder in ihren jeweiligen Unterkünften. Mio lag noch lange wach und dachte über die bisherigen Geschehnisse nach. ‚D.S.G. … das muss irgendeine Organisation sein… aber was haben die vor? Und wieso habe ich den Namen irgendwo mal gesehen?‘ Irgendwann war sie es leid, sich den Kopf zu zerbrechen und fiel in einen traumlosen Schlaf. Kapitel 8: Drachenzauber ------------------------ Hier ist ein neues Kapitel.^^ Es wird aber in nächster Zeit etwas länger dauern, bis ich Kapitel on stelle, da wieder die Schule anfängt... ich werde mir jedoch trotzdem Mühe geben^^ Vielen Dank auch für die bisherigen Kommentare! Am nächsten Morgen hörte Mio ein lautes Klopfen an ihrer Tür und gehetzte Stimmen. Schlaftrunken schlug sie ihre warme Bettdecke beiseite und öffnete ihre Zimmertür. Sofort kam Syrus hereingeplatzt. „Mio! Willst du zu spät kommen oder so?! In zehn Minuten beginnt der Unterricht!“ Es dauerte eine Weile, bis das Mädchen seine Worte realisierte. Dann riss sie die Augen auf. „WAS? In zehn Minuten ist Unterricht?? Verdammt!! Ich hab total vergessen, mir den Wecker zu stellen!“ Syrus seufzte. „Gut, dass du das auch mal merkst! Ich stehe hier schon die ganze Zeit!“ „Sorry“, rief Mio ihm zu, während sie ihre Anziehsachen nahm und in ihr kleines Bad rannte, „was ist eigentlich mit Jaden?“ Der Blauhaarige schüttelte den Kopf. „Ich habe vergeblich versucht, ihn zu wecken. Aber alles schlug fehl.“ Schon nach einer Minute stand Mio fertig angezogen vor Syrus. Ihre Haare waren jedoch alles andere als gekämmt. „Komm, wir gehen schnell Jaden wecken!“ „Und wie?“, fragte der Slifer zweifelnd nach. „Ganz einfach…“ auf Mios Gesicht bildete sich ein teuflisches Lächeln. Das bedeutete nichts Gutes. Beide erreichten das Bett vom noch immer schlafenden Jaden. „Okay, aufgepasst!“ Über den Jungen kippte die Schwarzhaarige einen Eimer voll kühlem Wasser. „Aaaaah!!“, schrie der Braunhaarige entsetzt auf. „Was war das denn?!“ Er sah sich um und blickte direkt zu Syrus und Mio. Letztere grinste fies. „Na, auch schon wach?“ „Warst du das etwa?“ Ohne zu antworten, ging sie zur Tür. „Ich würde mich mal lieber beeilen, Jaden. Gleich beginnt der Unterricht.“ „Unterricht? Gleich?“ Jaden sprang abrupt aus seinem Bett. „Ja, und du hättest verschlafen!“, murmelte Syrus. „Dann lasst uns mal los!“ Nachdem Jaden seine Uniform angezogen und seine Haare halbwegs getrocknet hatte, rannten sie zu dritt den Weg zum Campus entlang. „Wieso muss das Hauptgebäude auch so weit weg sein?“, nörgelte Mio, die am liebsten gemütlich und ohne Hektik dorthin geschlurft wäre und noch die Aussicht auf das Meer genossen hätte. „Selber schuld! Du hättest nicht verschlafen müssen!“, erwiderte Syrus darauf schwer atmend. Jaden, der ganz vorne rannte, meldete sich verdutzt zu Wort. „Ach, du hast auch verschlafen…?“ Keuchend erreichten die Drei den Klassenraum. Syrus sah verschwitzt auf seine Uhr. „Gerade…. Noch… rechtzeitig… geschafft…“ Erschöpft ließ sich der Junge auf einen Platz nieder. „Na, noch rechtzeitig angekommen?“, erkundigte sich eine freundliche Stimme. Mio lächelte. „Hey, Alexis! Ja, gerade nochmal so gut gegangen.“ Sie nahm neben Syrus Platz. „Morgen, Lex!“, begrüßte ein breit grinsender Jaden die Dunkelblonde. Sie grüßte zurück. „Sag mal, neben dir ist doch noch frei, oder?“ Die Obelisk Blue errötete leicht. „Äh, …klar… natürlich!“ Mio schmunzelte bei diesem Anblick. Ihrer Meinung nach passten beide gut zusammen. Fragte sich nur, ob Jaden irgendwann mal dahinter kommen würde, dass Alexis an ihm interessiert war. Die Schwarzhaarige wurde von jemandem angetippt. Sie drehte sich verwundert um. „Hallo, Mio!“, wurde sie strahlend von Mindy gegrüßt. „Mindy! Wie geht’s dir? Alles wieder beim Alten?“ Das Mädchen nickte. „Ja, aber nur wegen dir! Vielen Dank!“ „Ach, kein Problem! Wann erzählen wir Kanzler Sheppard davon?“ „Wahrscheinlich nach Geschichte. Sag mal…“, Mindy überlegte kurz, „wie habt ihr uns eigentlich gefunden?“ Bei dieser Frage wurden auch ihre anderen Freunde hellhörig. „Genau, woher wusstest du, dass die beiden bei der Verlassenen Unterkunft waren“, fragte nun auch Alexis nach. Autsch. Da hatten sie die Schwarzhaarige aber erwischt. Sie konnte doch schlecht sagen ‚Ach, wisst ihr, das war ganz einfach! Ich einfach nur die negativen Energien der Typen gespürt, sodass ich auch den Ort zuordnen konnte. Das kann ich schon recht lange!‘ Nein, auf keinen Fall. Mio würde sich damit äußerst lächerlich machen. Warum hatte sie es auch eigentlich Chazz erzählt? Der hatte ihr auch anfangs nicht geglaubt… und tut es jetzt wahrscheinlich immer noch nicht. Ehe sich Mio eine Erklärung einfallen lassen konnte, kam plötzlich der Geschichtsprofessor rein. Sein Name war Stein und Mio musste zugeben, dass der Name sehr zu ihm passte, da er eine genauso steife Haltung hatte. „Pass auf“, flüsterte Syrus, „dass du nicht einschläfst. Bei dieser monotonen Stimme passiert das in nur ein paar Minuten!“ Die Worte nahm sich das Mädchen sehr zu Herzen, da der Professor eine wirklich emotionslose Stimme besaß, welche von irgendwelchen ägyptischen Symbolen erzählte. Doch statt gelangweilt zu sein, versuchte sie aufzupassen. Da sie von Crowler nämlich einen Haufen von Arbeit bekommen hatte, welche über das alte Ägypten handelte, wäre es fatal, einzuschlafen. Neben sich bemerkte sie, dass Syrus bereits im Land der Träume verschwunden war. Friedlich schnarchte der Junge vor sich hin. Genauso wie die meisten Schüler. Professor Stein gelangte nun zum letzten Symbol, dem Schlüssel. Als er kurz aufsah, blickte er direkt zu Mio, die sich meldete. Verwundert bat er sie, ihre Frage zu stellen. „Das Schlüsselsymbol… das gibt es doch auch bei den Milleniumsgegenständen, oder?“ Der Lehrer nickte. „Du bist doch die Neue, oder? Schön, dass du dich dafür interessierst. Zu deiner Frage: Ja, das stimmt. Die Form des Symboles ist identisch mit dem der Milleniumsgegenstände. Das ägyptische Symbol, Ankh genannt, bedeutet Leben. Was dies jedoch mit dem Gegenstand zu tun hat, ist ungewiss.“ Er machte eine kurze Pause. „Wenn du weitere Fragen hast, stehe ich gerne zur Verfügung.“ Danach fuhr er fort. ‚Ja, ich interessiere mich sehr dafür.. bis ich endlich mit Crowlers Nachsitzen fertig bin!‘, dachte Mio missmutig. Wenigstens hoffte sie, dass Prof. Stein in den nächsten Vorlesungen ähnliche Themen ansprach… denn Princeton würde ihr ganz bestimmt nicht mehr helfen. Nach zwei guten Stunden gähnte Jaden herzhaft. „Ich habe jetzt aber gut geschlafen!“ Alexis kicherte. „Hast du nicht sowieso schon genug geschlafen? Du kamst doch recht spät!“ „Ja, aber je mehr Schlaf, desto besser!“, antwortete Jaden darauf. „Dann bleib doch gleich den ganzen Tag im Bett liegen und verschlafe!“, gab Chazz hinzu, der zu den anderen hinzustieß. „Gute Idee, Chazz, werde ich mal ausprobieren!“, erwiderte Jaden darauf breit grinsend. „Wir haben gleich eine Freistunde, oder?“, wechselte Mio das Thema. „Dann können wir uns mal ein paar Duelle ansehen! Danach gehen wir zum Kanzler.“ Die anderen nickten zustimmend. „Wenn’s um Duelle geht, bin ich immer dabei!“, meinte Jaden noch dazu. Zu siebt begaben sie sich in die große Duellarena. Dort duellierten sich bereits zwei Obelisks. „Hach, zu schade! Dabei wollte ich mich duellieren!“, jammerte Jaden. „Ja, ärgerlich“, bestätigte Mio ebenfalls mit gesenktem Kopf. „Wartet mal“, sagte Syrus erstaunt, „hattet ihr vor, euch zu duellieren?“ Die anderen sahen Mio und Jaden gespannt an. Die Studentin zuckte bloß mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.“ Sie trat etwas näher an die Arena. Viele Schüler, worunter vor allem viele Mädchen waren, befanden sich bereits dort und verfolgten gebannt das Duell. Alexis‘ Augen weiteten sich. „Ist das nicht…?“, sie beendete nicht ihren Satz. „Doch“, bestätigte Jasmin schwärmend, „das ist Sosuke Fujisawa!“ „Wer ist das?“, fragte Mio nach. Syrus deutete auf einen recht gut aussehenden Jungen, der seine mittellangen schwarzen Haare zum Zopf gebunden hatte. „Sosuke Fujisawa ist einer der Besten des zweiten Jahrgangs. Niemand konnte ihn bisher schlagen!“ „Außer ich vielleicht!“, gab Jaden selbstbewusst hinzu. „Ja, natürlich“, erwiderte Chazz sarkastisch darauf. „Schaut mal, gegen wen er kämpft!“, lenkte Alexis ab. „Das ist ja Harrington!“, antworteten alle darauf gleichzeitig, bis auf Mio. „Waas? Der da ist dieser Harrington?? Der sieht ja nicht sehr gerade…toll aus“ Alexis gluckste. „Da hast du wohl recht. Deswegen bin ich auch froh, dass Jad-äh, ich meine, dass er mich in Ruhe lässt…“ „Du meinst, du bist glücklich, dass Jaden gewonnen hatte?“, stellte Mio leise fest, sodass es nur Alexis hören konnte. Darauf antwortete sie nichts und sah nach vorne. Harrington: 2000 Fujisawa: 1800 Harrington war gerade am Zug. Fujisawa hatte schwarzer Feuerdrache (1500/800) im Angriffsmodus und eine Karte verdeckt. „Ich spiele großer Aufschlag im Angriffsmodus (300/300)!!“ Ein menschenartiges Monster, das ein gelbes Trikot trug, erhob sich auf dem Spielfeld. „Oh Mann, der benutzt immer noch die gleichen Karten wie früher“, murmelte Jaden. „Warum, ist doch toll!“, antwortete Mindy darauf. „Mit ihm kann ich dich direkt angreifen! Los!“ Das Monster warf einen Tennisball hoch und schlug ihn mit voller Kraft auf Fujisawa, der aber nicht einmal mit den Wimpern zuckte. Seine Lebenspunkte sanken um 300. „Ich kann nun Aufschlag-Ass auf meine Hand nehmen, dafür ziehst du eine Karte. Außerdem setze ich noch diese Karte verdeckt und beende meinen Zug.“ Der Schwarzhaarige zog nun eine Karte. Sein Gesichtsausdruck blieb ernst und konzentriert, obwohl es schien, dass Harrington einen großen Fehler begangen hatte, da er sein Monster schutzlos auf dem Feld ließ. „Ich spezialbeschwöre Montagedrache! Indem ich insgesamt drei Monster aus meiner Hand auf den Friedhof schicke, werden seine ATK zu 300 mal die summierten Stufen der Monster!“ Er zeigte drei Monsterkarten. „Ich wähle Blizzarddrache, Speerdrache und weißer Nachtdrache. Falls du nicht rechnen kannst: Mein Monster hat nun eine ATK von 4800 Punkten.“ Ein leises Raunen ging durch den Saal. Harrington blieb aber erstaunlicherweise ruhig. ‚Falls er angreift, erwartet ihn eine große Überraschung..‘, dachte dieser gehässig. Mio verfolgte das Duell. Ihr Blick fiel auf Harringtons Karte. Wenn Fujisawa so gut war, wie alle sagten, dann müsste er die verdeckte Karte mit in Betracht ziehen. Ob er das tun würde? „Ich werde jetzt angreifen! Los, schwarzer Feuerdrache!“ Der grüne Drache zerstörte mit nur einem Schlag Harringtons Monster. Er hatte nur noch 800 Lebenspunkte. „Und jetzt, Montagedrache, greif ihn direkt an!!“ ‚Offenbar hat er die verdeckte Karte übersehen…‘, dachte sich Mio enttäuscht. Harrington deckte jetzt seine Karte auf, genauso wie das Mädchen vermutet hatte. „Hah! Du bist direkt in meine Falle getappt! Ich aktiviere nämlich Annahme-Ass! Wenn du mich direkt angreifst, wird dein Angriff annulliert und du verlierst satte 1500 Punkte!!“ Die Studenten rissen entsetzt ihre Augen auf. War es vorbei? Fujisawa grinste. „Ich wusste, dass du deine Karte aktivieren würdest.“ „Was?!“ „Ich aktiviere nämlich ebenfalls meine Fallenkarte – Fallenstörung! Du kannst deinen Schutz vergessen, Harrington!“ Es gab eine große Explosion, die durch den Drachen verursacht wurde. Die Lebenspunkte des Rothaarigen sanken auf null. Mio war beeindruckt. Sie dachte, er würde die Falle übersehen, doch er hatte alles von Anfang an geplant. Nicht schlecht. Die Mädchen brachen alle in Jubel aus. Sie riefen Sätze wie: „Du bist der Beste!“ „Wir wussten, du würdest es schaffen!“ oder „Fujisawa-san, du bist unglaublich!!“ Mio kam es so vor, dass der Junge alle Mädchen ignorierte und stattdessen sie ansah. Lange musterten sie sich gegenseitig und sahen sich eindringlich an. Keiner wollte nachgeben und den Blickkontakt abbrechen. Dann jedoch hörten sie Harringtons Stimme, welche Alexis ansprach. „Hängst du etwa immer noch mit dieser Niete herum, Alexis??“ Ehe sie antworten konnte, ging Jaden dazwischen. „Na und? Sie kann herumhängen mit wem sie will!“ „Pah! Wer will schon mit dir befreundet sein?“ „Ha, wohl mehr als mit dir! Und jetzt hör auf, Alexis zu nerven oder du bekommst es mit mir zu tun – in einem Duell!“ Mit dem Wissen, dass der Tennisspieler schwächer als Jaden war, schnaubte dieser kurz und marschierte davon. Alexis lächelte dankbar Jaden zu. „Dem hast du es aber gezeigt, Jaden!“ Verlegen grinste er. „Ach… kein Problem, Lex!“ Die beiden schauten sich noch kurz an, ehe der Sliferstudent auf die Plattform trat und rief: „Okay, wer von euch hat Lust, sich mit mir zu duellieren? Du? Oder du vielleicht?“ Sofort war nun Jaden der Mittelpunkt und einige Obelisk Blue willigten ein. Diesen Moment nutzte Fujisawa und kam auf Mio zu. „Hey, du bist doch die Neue, oder? Nettes Duell letztens.“ „Gleichfalls. Der hatte wohl nicht mit Fallenstörung gerechnet.“ Fujisawa lächelte. „Ach was. Darauf fallen viele rein. Hast du dich hier eigentlich schon an alles gewöhnt?“ Das Mädchen zuckte mit den Schultern. „Och ja. Das Einzige, was mich so richtig nervt, ist Crowler. Wegen dem muss ich mit Princeton nachsitzen.“ Der Junge hob eine Augenbraue. „Mit Princeton? Der und Nachsitzen?“ „Naja, ist halt ‘ne lange Geschichte! Eben uninteressant.“ „Ach was. Viele Jungs interessieren sich für dich, Mio. Da hören sie auch liebend gerne solche Geschichten.“ Die Studentin lachte auf. „Das stimmt! Aber es nervt mich ganz schön! Du musst das doch auch wissen, Fujisawa.“ „Das ist eben der Nachteil. Aber glaub mir: Man gewöhnt sich dran!“ „Da hast du recht.“ „Sag“, wechselte der Obelisk das Thema, „wann hast du unterrichtsfrei?“ Mio dachte nach. „Hm, ich glaube so sechs.. leider recht spät. Und du?“ „Um vier. Warst du schon mal im Freizeitgebäude?“ Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Hatte leider noch keine Zeit dazu gehabt!“ „Dann können wir doch mal morgen dorthin gehen. Wenn wir uns beeilen, bleibt uns noch eine Stunde.“ Mio überlegte. Sollte sie sich darauf einlassen? Der Typ war recht …wie sollte man es ausdrücken, direkt? Aber warum nicht? Neben all den Hausaufgaben war es eine Abwechslung … besonders nach den Stunden mit Princeton und Crowler. „Meinetwegen. Aber komm gefälligst pünktlich!“, mahnte Mio. Dieser grinste. „Aber klar doch! Bis morgen!“ Mit einer kurzen Geste verabschiedete er sich. Das Mädchen sah ihm noch lange nachdenklich nach. Auf einmal schreckte sie auf, als sie auf ihrer freien Schulter angetippt wurde. Verwirrt blickte sie zu Alexis auf. „Komm, willst du Wurzeln schlagen? Wir gehen jetzt zu Kanzler Sheppard.“ „Äh, ist Jaden etwa fertig mit dem Duellieren?“ Das Mädchen nickte. „Klar, was hattest du erwartet?“ Die Gruppe ging den großen vom Licht durchfluteten Gang entlang, der zu Sheppards Büro führte. Es waren recht wenig Schüler auf dem Gang, da die meisten sich draußen ausruhten, um mit frischer Energie wieder zum Unterricht zu kommen. Endlich standen sie vor seiner Bürotür. Sachte klopfte Alexis an. Eine tiefe Stimme bat die Studenten, einzutreten. Das erste, was Mio auffiel, war das große Fenster, wodurch das Sonnenlicht schien. Von dort aus hatte man eine wunderschöne Panoramasicht auf das Meer. Ihr Blick schweifte weiter durch den Raum. Hier und da standen ein paar grüne Pflanzen und rechts befand sich sogar ein großer Flachbildschirm, auf dem man sicher die Profi-Duelle erstklassig verfolgen konnte. Am Schreibtisch saß Kanzler Sheppard, der verwundert über seinen Besuch war. „Morgen, Kanzler Sheppard! Was geht?“, begrüßte Jaden ihn freudestrahlend. Chazz stöhnte gereizt auf. Kannte der Junge überhaupt das Wort ‚Manieren‘? Der Schwarzhaarige packte Jaden am Kragen und schleifte ihn etwas weiter nach hinten, sodass Alexis, Mindy und Jasmin nach vorne treten konnten. „Entschuldigen Sie die Störung, Kanzler Sheppard, aber es gibt wichtige Dinge zu besprechen“, begann Alexis mit ernster Stimme. Der Schuldirektor runzelte die Stirn. Etwas Wichtiges? Mit einer Geste bat er Alexis, fortzufahren. „Gestern Morgen waren Mindy und Jasmin verschwunden. Nach der Schule haben wir uns auf die Suche nach ihnen gemacht… und auch gefunden.“ Das Mädchen nickte Jasmin zu, die weitererzählte. „Wir haben am Abend zuvor ein Gespräch zwischen ein paar… unheimlich aussehenden Leuten mitgehört. Zufällig. Ehe wir uns versahen, haben wir das Bewusstsein verloren. Sie hatten uns irgendwohin verschleppt. Als ich dann am nächsten Tag abends aufwachte, befanden wir uns plötzlich an der Verlassenen Unterkunft.“ Der Direktor hörte weiter aufmerksam zu. Sein Blick verdunkelte sich und der Mann wurde sehr ernst. „Es war schrecklich! Ich hatte Angst, dass sie etwas Schlimmes mit uns vorhatten…“ Dabei sah Jasmin auffordernd zu Mio. Sie nickte ihr kurz zu und sprach weiter. „Zufällig haben Princeto-äh, ich meine Chazz und ich sie nach dem … Nachsitzen bei Dr. Crowler… entdeckt und die anderen benachrichtigt. Es gelang uns, die beiden zu retten. Jedoch habe ich ein wenig von dem Gespräch der Entführer mitgehört.“ Der Kanzler wurde immer neugieriger. Was war bloß alles hinter seinem Rücken passiert? Und was hatten diese Leute vorgehabt? „Sie hatten vor, die beiden als Gefangene zu nehmen. Vielleicht hatten sie vorgehabt, über Jasmin und Mindy an irgendwelche Informationen zu kommen. Jedenfalls.. gehören sie einer Gruppe oder Organisation namens D.S.G. an.“ Es herrschte für eine kurze Zeit Schweigen im Raum. Der Kanzler räusperte sich kurz. „Verstehe. Vielen Dank für die Informationen. Ich werde einige Suchtrupps losschicken, die sich auf der Insel umsehen. Wenn ihr noch irgendetwas bemerkt, benachrichtigt mich dann.“ Alle nickten. „Gut… aber noch eine Frage: Wo sind die Entführer jetzt?“ „Wir haben sie in die Verlassene Unterkunft geschaffen… damit wir sie befragen können und so“, antwortete Mio. Sheppard seufzte. „Und ihr glaubt, sie befinden sich noch dort? Wenn sie so unbemerkt auf die Insel gekommen waren, können sie auch genauso schnell wieder verschwinden. Warum habt ihr mir denn nicht früher Bescheid gegeben?“ Dabei sah er jeden Einzelnen eindringlich an. Verlegen versuchte die Gruppe, seinen Blick zu vermeiden. Alexis stotterte so etwas wie: „Jasmin und Mindy… die Ereignisse…keine Zeit… so viel aufeinander…“ Der Direktor erhob sich von seinem Stuhl. „Also dann. Ihr solltet jetzt zum Unterricht gehen. Ich werde mich um alles Weiteres kümmern.“ Die sieben Studenten verabschiedeten sich noch höflich und verließen Sheppards Büro. Kaum als sie draußen waren, meckerte Chazz direkt Mio an: „Echt klasse! Ich habe doch gesagt, wir sollten sie direkt zu Sheppard bringen! Aber du meintest ja, es würde reichen, sie zu fesseln und in die Verlassene Unterkunft zu bringen!“ *Flashback: Anfang* „Und? Was machen wir mit ihnen?“, fragte Chazz die anderen, als er auf die bewusstlosen Männer zeigte. „Öh.. einfach so liegen lassen? Sie sind doch bewusstlos!“, schlug Jaden vor. Sofort fuhr in Chazz an. „Tolle Idee! Und sie bleiben auch so bis zum Morgen!“ „War doch nur ein Vorschlag“, murmelte der Slifer. „Ich hab’s“, meldete sich Mio zu Wort, „wir fesseln ihre Hände und bringen sie in die Verlassene Unterkunft! Morgen sagen wir Kanzler Sheppard Bescheid, damit er sich um die Typen kümmert.“ „Bist du dumm oder was?? Die werden doch in null Komma nichts einfach abhauen! Das sind Spezialisten!“, machte Chazz ihren Vorschlag direkt zunichte. Die Schwarzhaarige war gereizt und entgegnete umso zickiger: „Achso? Dann schlag doch etwas Besseres vor! Wie sollen wir sie denn transportieren? Außerdem können wir schlecht ins Hauptgebäude, da es abgeschlossen ist. Zu Kanzler Shppard können wir also nicht. Jasmin und Mindy müssen wir auch tragen.“ Die anderen stimmten dem Mädchen zu. *Flashback: Ende* „Was? Du gibst mir dafür die Schuld, Princeton? Du hattest ja keinen besseren Vorschlag!“, giftete Mio zurück. „Doch! Aber alle waren mit dir einverstanden gewesen!“ „Aber das ist noch lange kein Grund, mich dafür zu beschuldigen!“ „Pah, ist es wohl! Wie konnte man bloß auf so eine dumme Idee kommen? Der gute Chazz hatte eine viel, viel bessere Idee gehabt!“ „Dann lass mich damit in Ruhe und hau ab!“ Die anderen sahen hilflos zu, wie die beiden Streitenden sich mit Vorwürfen und Schimpfwörtern bewarfen. Bis Syrus auf die Uhr schaute und zu Alexis sagte: „Der Unterricht beginnt gleich! Wir sollten lieber nicht zu spät kommen…“ Die Obelisk Blue nickte. Danach wandte sie sich an Mio und Chazz: „Hey, ihr beiden!! Wir gehen jetzt zum Unterricht. Wenn ihr nicht zu spät kommen wollt, solltet ihr den Streit mal lieber beenden…“ Die beiden sahen kurz zu Alexis. Für ein paar Sekunden war es sogar ruhig. Bis Mio auf einmal wieder anfing: „Na wunderbar! Weil du angefangen hast, haben wir so viel Zeit verloren!“ „Wenn du nicht hier wärst, wäre es überhaupt nicht dazu gekommen!“ Wieder fingen die Studenten an, sich gegenseitig zu beschuldigen. Mindy sprach zu den anderen: „Wir haben’s ihnen gesagt… lasst uns mal losgehen.“ Die Gruppe machte sich langsam auf. Im Vorbeigehen tippte Alexis noch mal Mio kurz auf die Schulter. Das Mädchen wandte sich kurz zu ihr. „Mio, wir gehen dann los.“ „Was? Wartet, ich komme!“ „Du meinst: Wir kommen!“, korrigierte Chazz sie grinsend. „Warum denn wir?! Ich würde niemals, aber auch niemals mit dir zusammen in den Unterricht kommen!“ „Wie war das?? Du hälst dich wohl für was Besseres!“ „Nein, das tust ja wohl eher DU!“ „Ich? Beleidige niemals Chazz Princeton!“ „Oh, der arme Prinz… entschuldigt, Hochwürden!“ „Oh, ich wusste gar nicht, dass du mich verehrst!“ „Schon mal was von Ironie gehö-…“ Der Gong ertönte. Nachdem beide realisierten, dass der Unterricht begonnen hatte, riefen sie beide gleichzeitig: „Ach du Scheiße!“ Zusammen rannten sie so schnell sie konnten den Gang entlang. „Verdammt! Wo sind die anderen geblieben?!!“, rief Chazz keuchend, während er einen Zahn zulegte. „Hast du es nicht mitbekommen? Oh Mann… die sind alle schon vorgegangen.“ „Bitte? Ohne Chazz Princeton Bescheid zu geben??“ „Du Idiot! Das haben sie doch! Ich wäre mitgegangen, wenn DU mich nicht abgelenkt hättest!“ Sie stritten sich selbst im Rennen und keiner von ihnen wollte nachgeben. Jedoch hatten sie Glück gehabt: Als beide den verschwitzt Raum erreichten, war noch kein Lehrer da. Erleichtert atmete Mio auf. „Und ich dachte schon, ich müsste wieder nachsitzen…“ Dabei warf sie Chazz einen vernichtenden Blick zu, der sie aber gekonnt ignorierte. Mio fand einen freien Platz neben einem Ra Yellow. Höflich fragte sie: „Hey! Ist ihr noch frei?“ Der Junge blickte auf und nickte lächelnd. „Du bist Mio, oder?“ „Weiß etwa jeder hier wie ich heiße?“, stöhnte die Schwarzhaarige genervt. Der Junge, welche seine schwarzen Haare ordentlich zurückgekämmt hatte, sagte: „Ich bin übrigens Bastion Misawa.“ „Schön, dich kennenzulernen, Bastion. Bist du eigentlich in meinem Physik-Kurs? Da habe ich dich, meine ich, gesehen…“ Bastion nickte. „Cool, dann können wir ja zusammen sitzen, wenn’s dir nichts ausmacht…“ „Klar, einverstanden.“ Die Studenten verstummten, als der Mathematikprofessor hereinkam. Er begrüßte die Schüler und sah zu Mio. „Hallo, du bist die neue Studentin?“ Als Antwort nickte das Mädchen. „Mein Name ist Tsukiyo, ich bin der Mathematikprofessor der Akademie. Falls es irgendwelche Fragen gibt, stehe ich gern zur Verfügung.“ Mit diesen Begrüßungsworten fing er auch mit dem Unterricht an. Das Thema war über Parabeln mit Funktionsgleichungen. Mio bemerkte, wie Bastion aufmerksam alles mitschrieb. „He, Bastion“, sprach sie ihn im Flüsterton an. Der Junge wandte sich zu ihr. „Du bist wohl ganz schön in Mathe interessiert, was?“ „Ja, das hast du gut bemerkt. Ich stelle mein Deck anhand mathematischer Formeln zusammen und habe alles genau berechnet“, antwortete er stolz. „Echt?? Das habe ich noch nie erlebt, dass jemand mit Formeln ein Deck zusammenstellt. Nicht schlecht!“ Bastion räusperte sich, um seine Verlegenheit zu überspielen. Danach schrieb er weiter ab. Auch Mio nahm ein Blatt Papier aus ihrer Tasche und schrieb ab und an einige Formeln ab. Obwohl sie liebend gerne geschlafen hätte, wollte sie sich alles aufschreiben, da Mathe eines, ihrer Meinung nach, der interessantesten Fächer war. Nach gut zwei Stunden beendete der Professor den Unterricht. Erleichtert erhob sich Mio von ihrem Platz. „Seufz.. jetzt noch eine Stunde Crowler im Fach Duellmonsterkarten… na prima.“ Gemeinsam mit Bastion stieß sie zu den anderen. „Na, Mio, machst du jetzt immer Sport vor jedem Unterricht?“, stichelte Jaden breit grinsend. Das Mädchen fand seine Bemerkung weniger lustig. „Sehr witzig, Jaden! Du weißt, dass das alles Princetons Schuld war!“, sagte sie mürrisch. Bastion sah Jaden und Mio fragend an. „Hab ich was verpasst? Hast du Streit mit Chazz, Mio?“ Die Studentin schüttelte den Kopf, da sie keine Lust hatte, darüber zu reden. Stattdessen verließ sie mit Alexis den Raum, um zu Crowlers Hörsaal zu gehen. „Was ist denn jetzt auf einmal los?“, wunderte sich der Ra Yellow. „Ach, eigentlich nichts Schlimmes, aber Chazz und Mio kriegen sich halt öfters in die Haare. Ist ganz lustig, zu beobachten, wie sie sich streiten. Mio wird aber, sobald sie über das Thema angesprochen wird, ziemlich unangenehm“, informierte Jaden den ahnungslosen Bastion, der von alldem nichts mitbekommen hatte. „Achso, verstehe… sie will darüber nicht sprechen…hm..“, murmelte Bastion nachdenklich und stellte „neue Berechnungen“ auf. Crowlers Unterricht war die Hölle für Mio. Ständig sah dieser Typ, der beinahe wie eine Frau aussah, das Mädchen an und achtete auf jede kleinste Bewegung, die sie machte. Wahrscheinlich hatte er sie immer noch auf dem Kieker und er hoffte, sie bei dem kleinsten Fehler ermahnen zu können. Missmutig seufzte sie. Konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen und mehr auf seine bescheuerten Karten achten, die er den Studenten vorführte? War das etwa so schwer? Wenigstens hatte Jaden ein wenig Luft, da dieser gemütlich vor sich hin döste. Sonst war er immer der Schüler gewesen, der wegen Crowler desöfteren zu Nachsitzen verdonnert wurde. Endlich klingelte es. Statt sich zu freuen, dass der Unterricht vorbei war, blies Mio noch weiter Trübsal. Denn jetzt musste sie genau zwei Stunden mit dem unausstehlichsten Schüler der gesamten Akademie nachsitzen und Arbeitsblätter ausfüllen. Sie ging noch kurz zu Alexis, um sich zu verabschieden. „Also, bis nachher dann. Kommst du um halb sieben bei mir vorbei?“ Die Dunkelblonde nickte. „Ok, bis dann!“ Noch lange sah Mio ihr und den anderen nach. Hinterher setzte sie sich wieder auf ihren Platz und holte ihre Blätter heraus. Glücklicherweise waren dort einige ägyptische Symbole vorgeführt, die in der Stunde von Prof. Stein besprochen wurde. Während sie alles ausfüllte, erinnerte sie sich, wie Princeton ihr gestern alles über die Pharaonen erklärt hatte. Nur dadurch verstand sie die ganzen Aufgaben und konnte sie, ohne lange überlegen zu müssen, lösen. Langsam bekam sie ein schlechtes Gewissen, da der Junge sich dazu überwunden hatte, ihr alles beizubringen und sie sich noch gar nicht revanchiert hatte. Vorsichtig blickte Mio sich im Raum um und sah zu Chazz, der vier Reihen hinter ihr an seinen Blättern mit gerunzelter Stirn arbeitete. Ob er bei Steins Vorlesung aufgepasst hatte? Immerhin meinte Syrus, dass so gut wie alle dort einschlafen. Sollte sie vielleicht…? Mio schüttelte den Kopf. War sie denn verrückt geworden? Princeton würde sich doch niemals von ihr helfen lassen! Jedoch… irgendwie revanchieren musste sie sich doch. Als sie beobachte, wie Crowler kurz den Raum verließ, nutzte sie die Möglichkeit und ging direkt zu Chazz‘ Platz. Dieser bemerkte sie, starrte aber immer noch stur auf sein Blatt. „Äh, Princeton.. wegen gestern, also, ähm, da waren ja diese Aufgaben und… deshalb.. die konnte ich ganz gut lösen, deswegen, wollte ich fragen, ob… du… b-bei Stein gut aufgepa… ich meine, ich… wollte wegen gestern… mich…“ Genervt unterbrach Chazz sie. „Was ist denn?? Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!“ Mio schluckte. Am liebsten würde sie ihm jetzt eine reinhauen. Doch stattdessen versuchte sie, sich zu beruhigen, jedoch formulierte sie den Satz umständlich: „Ich habe die Aufgabe mit den Symbolen verstanden!“ Chazz schnaubte. „Pah, na und? Was interessiert mich das?!“ „Und ob dich das interessieren wird! Weil es so aussieht, dass du bei Stein gar nicht aufgepasst hast!!“ Das war ein Fehler gewesen. Hätte Mio sich besser ausgedrückt, wäre das Gespräch wesentlich anders ausgegangen. „Was fällt dir ein, sowas zu behaupten?!! Versuchst du etwa, mir zu imponieren und anzugeben?!“ „D-das habe ich gar nicht gemeint!! Ich wollte mich bloß…. wegen gestern revanchieren!!!“, schrie Mio beinahe aggressiv zurück. „Dass ich nicht lache! Du und helfen? Verzieh dich einfach und lass mich in Ruhe!!“ Das reichte ihr. Wie konnte er…? Außer sich vor Wut trat sie auf Chazz einen Schritt zu, bis sie plötzlich Crowlers Energie wahrnahm. Sie warf dem Jungen einen Blick voller Hass zu und begab sich zurück auf ihren Platz. Verblüfft über den abrupten „Abgang“ setzte sich Chazz an seine Aufgaben. Gerade in diesem Moment kam Crowler herein. Er wunderte sich über die angespannte Atmosphäre, machte sich aber nichts draus und setzte sich zurück an sein Pult. Mio atmete auf. Wenn sie auch nur ein kleines Bisschen überreagiert und Crowler nicht bemerkt hätte, wäre das alles ziemlich übel für sie ausgegangen. Vielleicht hätte sie nochmals eine Woche Nachsitzen aufgedrückt bekommen und im schlimmsten Fall hätte sie sogar zu Kanzler Sheppard gemusst. Dem Himmel sei Dank, dass sie Energien spüren konnte. Nach zwei Stunden war das Nachsitzen endlich beendet. Mies gelaunt packte Mio ihre Sachen und ging mit schnellen Schritten aus dem Raum heraus. Ganz in Gedanken versunken bemerkte sie nicht, wie jemand ihre Schulter berührte. Sie sah erschrocken auf und blickte in ein nur allzu bekanntes Gesicht. Schlagartig hellte sich ihre Stimmung auf. „Fujisawa! Schön, dich zu sehen! Was machst du hier noch so spät?“, fragte sie. Der Junge lächelte charmant. „Natürlich um dich abzuholen!“ Ein leichter rosafarbener Schimmer zierte ihr Gesicht. „Ach, das wäre doch gar nicht nötig gewesen… ich meine, du musstest so lange warten!“ „Keine Sorge, ich hab mir die Zeit in der Bibliothek vertrieben. Also dann“, er machte eine auffordernde Geste, „wollen wir los?“ „Klar!“ Zusammen machten sich die beiden auf und spazierten am Wald entlang. „Hach…bin ich froh, dass du hier bist! Princeton verdirbt mir jedes Mal den Tag!“ „Warum das denn?“, fragte Fujisawa interessiert. „Ich meine, ich wollte bloß fragen, ob ich ihm helfen kann! Aber er meckerte sofort wieder los!“ „Also ich hasse solche Leute! Ich finde, er ist es gar nicht wert, von dir beachtet zu werden.“ „Hm… aber…“ „Kein ‚aber‘! Kümmer dich nicht um ihn!“ „Du hast wohl recht… wie war eigentlich heute dein Unterricht….?“ Die beiden waren nun an der Unterkunft angekommen. „Also dann… vielen Dank, dass du mich begleitet hast!“, bedankte sich Mio mit fröhlicher Stimme. „Kein Problem! Ich freue mich schon auf Morgen!“ „Ja, ich auch! Nacht dann!“ „Gute Nacht, schlaf gut!“, verabschiedete sich Fujisawa und nahm den Weg zu seiner Obelisk Blue Unterkunft. Noch lange sah Mio ihm nach. Bis Chazz am Horizont erschien. Hastig machte das Mädchen kehrt und betrat ihr Zimmer. Als sie auf den Wecker sah, war es bereits zwanzig nach sechs, Alexis würde also in zehn Minuten kommen. Mio lief zum kleinen Herd und setzte einen Tee auf, schließlich gehörte es sich, seinen Gästen etwas Gutes zu trinken anzubieten. Tief atmete sie den angenehmen Duft des Tees ein. Es war perfekt, um sich vom Alltag zu erholen. Sie füllte gerade noch die beiden Tassen mit Tee voll, als es an der Tür klopfte. Sie trat dorthin und öffnete sie. Ein breites Lächeln bildete sich auf Mios Gesicht. „Hi, Mio!“ „Hey, Alexis! Schön, dass du da bist!“ Die Sliferred-Studentin trat einen Schritt zurück und ließ ihren Gast rein. „Willst du Tee? Habe gerade einen gemacht…“ „Gerne. Welche Sorte?“ „Kamillentee… ich hoffe, er schmeckt dir.“ Die beiden Mädchen setzten sich aufs Bett und tranken gemeinsam ihren Tee. „Und? Hast du morgen irgendetwas vor?“, fragte Alexis interessiert. „Naja… ich gehe mich Fujisawa morgen ins Freizeitgebäude…“, antwortete Mio verlegen. „Echt?? Mit Fujisawa?“, rief ihre Freundin erstaunt aus. „Seit wann hast du denn mit ihm etwas zu tun?“ „Eigentlich erst seit heute…“ „Fujisawa.. wie denkst du über ihn? I-ich meine, ich will jetzt nicht aufdringlich sein oder so, aber mit ihm, der wirklich sehr beliebt ist, gemeinsam shoppen zu gehen..“ Mio sah an die Decke. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich finde ihn recht sympathisch, aber ich glaube nicht, dass ich in ihn verknallt bin.“ Das war eine ziemlich eindeutige Antwort. Alexis war erstaunt, wie unbefangen Mio darüber reden konnte. Die beiden kannten sich noch nicht sehr lange, aber dass sie so vertraut miteinander umgingen, wunderte Alexis. Selbst über ihn konnte sie mit Mindy und Jasmin auf keinen Fallen reden, da die beiden sie direkt mit Fragen bombardieren und irgendwelche Verkupplungsversuche starten würden. Mio bemerkte den nachdenklichen Gesichtsausdruck der Obelisk Blue-Studentin. Daher fragte sie vorsichtig: „Alles okay? Du siehst ziemlich nachdenklich aus.“ Alexis schreckte aus ihren Gedanken auf und bemerkte Mios besorgtes Gesicht. „Danke, alles in Ordnung.“ „Hm… denkst du etwa an Jaden?“ Alexis errötete schlagartig. „W-was? N-nicht doch! Woran denkst du?“ „Ich finde aber, dass er Harrington letztens voll zur Schnecke gemacht hat. Fandest du das nicht süß?“ „S-süß? J-Jaden und ich sind nur Freunde!“ Die Schwarzhaarige seufzte. Wann würden die beiden bloß zusammenkommen? Sie beschloss, das Thema erst mal liegen zu lassen und mit Alexis über die neusten Filme zu reden. Die beiden Mädchen kamen sehr ins Gespräch und haben viel gelacht. Auf einmal sah Alexis auf die Uhr. „Was, schon so spät? Ich muss schnell los, denn bald wird der Eingang zu meiner Unterkunft zugeschlossen!“ „Da haben wir uns ja so gut unterhalten, dass wir die Zeit vergessen haben…“ Mio erhob sich von ihrem Bett. „Soll ich noch ein Stück mit dir gehen? Es ist bereits ganz schön dunkel.“ Alexis wiegte den Kopf. „Ich weiß nicht… dann müsstest du aber ein ganzes Stück alleine gehen…“ Die Studentin lächelte. „Ach, keine Sorge! Mir macht das nichts aus, ich musste schon oft durch dunkle Orte und so gehen…“ Ohne weiter darauf einzugehen, öffnete die Schwarzhaarige die Türe und forderte Alexis auf, ihr zu folgen. „Wenn du meinst….“ Während des Weges unterhielten sich die beiden noch ein wenig, um sich die Zeit zu vertreiben. Endlich erreichten sie die majestätische Mädchenunterkunft von Obelisk Blue, welche einem Märchenschloss ähnelte. „Wow, das ist echt riesig!“, kommentierte Mio das aufwendig gebaute Schloss. „Stimmt, da hat sich der Erbauer wohl viel einfallen lassen. Aber warum bist du eigentlich nicht in Obelisk Blue? Dort geht jedes Mädchen hin, egal wie gut sie ist.“ Mio zuckte mit den Schultern. „Ach, das hat etwas mit Seto Kaiba zu tun. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich in Sliferred sein soll. Er meinte, ich solle hier meine Fähigkeiten unter Beweis stellen und aus eigener Hand zu Obelisk Blue aufsteigen.“ „Seto Kaiba? Kennst du ihn etwa?“ „Ja, wir haben uns ein- bis zweimal unterhalten… er hat mir auch das Stipendium gegeben!“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Mio und machte sich auf den Weg zurück zu ihrer Unterkunft. -------- Anmerkung: An der Stelle, wo Mio Chazz "Prinz" nennt, habe ich einfach das "Prince" von seinem Namen übersetzt, deshalb auch die Anrede. Kapitel 9: Wahrheit oder Lüge? ------------------------------ Puh.. ich hab's endlich geschafft, ein neues Kapitel herauszubringen.^^ Ist zwar jetzt nicht sehr lang, aber egal.. Würde mich jedenfalls wieder sehr über Kritik, etc. freuen! :) Mattes Sonnenlicht kitzelte Mios Gesicht. Schläfrig hob sie ihre schweren Augenlider. War es etwa schon wieder morgen? Plötzlich riss sie ihre Augen auf und schlug die Bettdecke beiseite. Hatte sie wieder verschlafen? Würde sie zu spät zum Unterricht kommen? Nervös sah sie auf ihren Wecker: 6:00 Erleichtert atmete sie auf: Endlich verschlief sie mal nicht. Heute wäre es auch fatal gewesen, da die Schwarzhaarige sich mit dem Obelisk Blue Studenten Fujisawa treffen wollte. Weiteres Nachsitzen hätte also den gesamten Tag zunichte gemacht. Gähnend erhob sie sich von ihrem Bett und ging in ihr kleines Bad, um erstmals eine frische Morgendusche zu nehmen. Schnell entledigte sie sich ihrer Klamotten und ließ warmes Wasser auf ihre Haut prasseln. Mio legte den Kopf in ihren Nacken und genoss die wohltuende Wärme. Es war einfach perfekt, um wach zu werden und sich fit genug für den anstrengenden Tag zu fühlen. Nach zehn Minuten zog wickelte sie um ihre langen nassen Haare, von denen noch Wasser tropfte, ein weißes Handtuch und zog sich an. Danach setzte sie sich an ihren Schreibtisch und holte einen Packen Aufgaben heraus. Sie lächelte bitter. Wenn sie den Tag heute genießen wollte, sollte sie schon mal ein wenig abarbeiten, damit sie nicht sehr lange nachsitzen musste. Denn falls sie beim Nachsitzen den Rest schaffen würde, welchen Mio hier nicht zuende erledigen kann, könnte sie früher raus und den Abend genießen. Immerhin war eine Stunde im Freizeitgebäude ihrer Meinung nach zu wenig. Wie gut, dass sie frühzeitig aufgestanden war… Es war zwanzig nach sieben, als Mio an der Tür von Jaden und Syrus klopfte. Ohne eine Antwort abzuwarten, trat sie herein und ging zu den noch immer schlafenden Jungs. Offenbar hatte Syrus den Wecker überhört, da der Kleine immer noch schlief, obwohl er um diese Uhrzeit schon wach gewesen wäre. Mio stand gerade vor dem Bett der beiden, als sie ihre Hände vor den Mund nahm und laut schrie: „HEY, AUFWACHEN!!“ Syrus war so erschrocken, dass er benommen aus dem Bett fiel. Jaden jedoch schlief seelenruhig weiter. „Autsch!“ Der Blauhaarige rieb sich den Kopf und meckerte: „Mann, kann man auch sanfter wecken? Außerdem…“, er sah ungläubig zu Mio auf. „Was? Mio, du bist bereits wach? Dass ich das noch erleben darf!“ Das Mädchen lächelte kurz. „Naja, passiert eben manchmal. Ich muss aber jetzt schnell los, denn Fujisawa wartet auf mich. Bis dann!“ Mit schnellen Schritten verließ sie den Raum. Auf Syrus‘ Gesicht zeichnete sich ein großes Fragezeichen ab. „Fujisawa? Der von gestern? Ich verstehe bloß Bahnhof..“ Syrus erhob sich mühsam, um sich anzuziehen. Dabei fiel ihm auf, dass er total verschlafen hatte. „Hach, irgendwie ist das heute ein komischer Tag…“ Die Sonne stand schon hoch am Himmel und schien durch die Bäume hindurch. Es war einfach herrliches Wetter. Gemütlich spazierte Mio gut gelaunt den Weg zum vereinbarten Treffpunkt entlang. Jedoch stutzte sie, als auf einmal Chazz neben ihr erschien. „Ausnahmsweise mal nicht verschlafen?“, fragte dieser spöttisch. Die Studentin seufzte. Wenn der Tag mal gut angefangen hatte, musste es natürlich gewisse Personen geben, die einem die Stimmung verdarben. Sie versuchte aber, wie es ihr Fujisawa geraten hatte, nicht auf Chazz‘ Provokation einzugehen und hob deshalb nur die Schultern. Misstrauisch musterte Chazz sie. „Keine Gegenantwort?“ Na wunderbar. Konnte dieser Typ nicht wenigstens einmal die Klappe halten? Das konnte doch nicht so schwer sein… Mio schwieg ihn immer noch an, aber es nervte sie langsam, dass er immer noch neben ihr herging, so, als ob sie gute „Freunde“ wären. Der Junge rieb sich das Kinn. „Achso, verstehe. Du bist so ruhig, weil du aufgeregt bist, deinem absoluten Schwarm Fujisawa zu begegnen!“ Abrupt blieb Mio stehen. Chazz ebenfalls. Finster blickte sie zu ihm. „Woher willst du denn wissen, dass ich mich mit Fujisawa treffe?“, sagte sie endlich und ging nicht auf seine Aussage ein. „Weil ich euch gestern Abend gehört habe, wie ihr euch so qualvoll und unter Tränen verabschiedet habt“, antwortete er sarkastisch. Als Mio das hörte, wusste sie, dass sie sich nicht mehr lange zurückhalten konnte. Ja, es war für das Mädchen so gut wie unmöglich, die dummen Bemerkungen von Chazz zu ignorieren. Wie bekam er das bloß hin? Sie stemmte empört ihre Hände in die Hüfte. „Meine Privatangelegenheiten gehen dich gar nichts an! Ich hasse Leute, die Gespräche anderer belauschen, Princeton!“ Selbstverständlich hatte der Schwarzhaarige wieder einmal etwas zu erwidern: „Was kann ich denn dafür, wenn ihr so laut redet! Ich habe leider meine Ohrenstöpsel verloren! Außerdem: Dieser Fujisawa ist ein mieser und hinterhältiger Typ! Dem kann man nicht vertrauen!“ Mio wurde immer zorniger. Dass Chazz sie immer mit Beleidigungen bewarf, war schlimm genug, aber sie tat auch dasselbe. Jedoch Freunde von ihr zu beleidigen ging ja mal gar nicht. „Hör auf, ihn zu beleidigen! Fujisawa ist ein richtig netter Kerl und tausendmal vernünftiger als du!“, zischte sie ihn mit aggressivem Unterton an. Princeton beharrte immer noch auf seiner Meinung. „Pah, das glaubst doch nur du! Ich kenne den Typen seit dem Anfang des Schuljahres und ich bin mir sicher, dass er einer der schlimmsten Leute ist. Die meisten haben es nur nicht bemerkt, wie Jaden und die anderen. Viele Mädchen verfallen ihm und er macht sich das zunutze. Glaub mir, bisher hat er jede bekommen. Halt dich lieber von ihm fern.“ Dabei blickte er ihr eindringlich in die Augen. Sie erwiderte wütend seinen Blick. Langsam reichte es! Wie konnte er so etwas über Fujisawa sagen? Wer sich mit ihren Freunden anlegte, bekam es mit ihr zu tun! Das Fass kochte bei Mio vollkommen über, sie dachte nicht mehr darüber nach, was sie tat. Wütend holte sie mit ihrer Hand aus. Alles passierte wie in Zeitlupe. Bamm!! Mit voller Wucht traf der Schlag direkt auf Chazz‘ linke Wange. Er taumelte ein paar Schritte zurück. „HALT DIE KLAPPE! HALT EINFACH DIE KLAPPE, PRINCETON!“, schrie Mio außer sich vor Zorn. Sie konnte sich nicht mehr zurückhalten. Nicht bei Chazz. Sie war nicht mehr in der Lage, klar zu denken. „Es geht dich einen Scheiß an, was ich mache!! Ich glaube, du bist nur EIFERSÜCHTIG! Eifersüchtig, dass ich mit so einem netten Jungen befreundet bin!!“ Der Schwarzhaarige rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Wange. Der Schlag hatte ihn völlig überrumpelt, jedoch war er in der Lage, sich wieder zu fangen. Er lachte höhnisch auf. „Eifersüchtig? Wer würde denn auf so eine dumme Kuh wie dich eifersüchtig sein?!! Das Einzige, was du kannst, ist herumbrüllen. Ich frage mich, warum du überhaupt Freunde gefunden hast! Wahrscheinlich reden sie nur aus Mitleid mit dir. Ach nein, entschuldige, wieso bist du eigentlich auf der Akademie!?! Eine verwöhnte Ziege wie du hat hier nichts zu suchen! Verzieh dich wieder nach Hause zu deinen Eltern und heul dich bei ihnen aus! Die reden wenigstens mit dir! Komm mir bloß nie wieder unter die Augen, du bist der schlimmste Mensch, den ich je getroffen habe!!“ Mio erstarrte, als sie diese Worte hörte. Das alles war für sie wie ein tiefer Stich ins Herz. All diese Vorwürfe. Es schien für sie so, dass die Zeit stehen geblieben ist. Sie senkte ihren Kopf. Alles drehte sich um sie. Schreckliche Erinnerungen traten plötzlich auf. Ihre Mutter. Der Mensch, den sie so sehr geliebt hatte. Ihre wunderschönen blauen Augen. Ihre wunderschönen, schwarzen lange Haare. Ihre liebevolle Stimme. Und dann ihr Vater… bei seinem Bild lief es ihr kalt den Rücken runter. „Verzieh dich wieder nach Hause zu deinen Eltern und heul dich bei ihnen aus!“ Diese Worte hallten immer wieder in ihrem Kopf auf. Tränen stiegen in Mios Augen auf. Jäh traten die verschiedensten Arten von Emotionen auf: Trauer, Wut, Hass, Enttäuschung, Verzweiflung, Angst. Sie ballte ihre zitternden Hände zu Fäusten und biss sich auf die Lippen. „Du… verstehst rein gar nichts, Chazz Princeton“, sprach sie leise mit einer Stimme, die das Schweigen wie ein scharfes Messer durchschnitt. Sie versuchte mit aller Kraft, ihre Tränen zurückzuhalten. „Du verstehst es nicht, wie es ist… allein zu sein. Ohne Zuhause.“ Es war nur noch ein Flüstern. Eine sanfte Windbrise wehte ihr die Haare ins Gesicht. Sie schluchzte kurz auf, drehte sich um und rannte. Weg von demjenigen, den sie so sehr hasste. Derjenige, durch den sie wieder an die Vergangenheit denken musste. Derjenige, der so schlecht von ihr dachte. Während sie rannte, spürte sie den Wind, der an ihren nassen Tränen vorbeistrich. Hastig versuchte Mio, sie wegzuwischen, doch immer wieder kamen neue nach. ‚Wieso nur?‘, dachte sie verzweifelt, ‚Wieso muss ich an früher denken? Und wieso laufe ich wie ein kleines Kind weg? Warum musste ich unbedingt vor Chazz so schwach wirken? Warum waren seine Worte so verletzend? Warum bloß??‘ Verzweifelt blieb sie an einem Baum stehen. Erschöpft ließ sie sich nieder und starrte geradeaus. Man konnte ihren jetzigen Zustand mit einem glatten Nervenzusammenbruch vergleichen. Ihr Kopf war voll mit Fragen und schlimmen Erinnerungen. Ein Astknacken ließ sie zusammenfahren, sodass sie sich erschrocken umdrehte. Vor ihr stand ein Obelisk Blue. Es war niemand anderer als Fujisawa. Er bemerkte, dass etwas nicht mir ihr stimmte. Er setzte sich neben sie und fragte behutsam: „Mio.. Was ist passiert? Wieso weinst du?“ Die Schwarzhaarige sah betrübt auf den Boden. Wie sollte sie es sagen? Dass Princeton sie zum Weinen gebracht hatte? Jedoch.. „Dieser Fujisawa ist ein mieser und hinterhältiger Typ! Dem kann man nicht vertrauen!“ Warum hatte er das gesagt? Wollte er, dass sie sich mit Fujisawa zerstreitet? Wollte Chazz ihr schädigen? Oder hatte er andere Absichten? Was war denn die Wahrheit? „Ich… habe mich..“ Erwartungsvoll sah der Junge sie an. „..mal wieder mit ihm gestritten. Du weißt schon, Princeton.“ Wieso sollte sie Chazz glauben? Sie hassten sich und es war absehbar, dass er irgendwelche Lügen erfand, um ihr Leben schwer zu machen. Mio seufzte. „Ich weiß, du meintest, ich solle ihn einfach nicht beachten, aber er ist einfach so… so provokant, ich kann es nicht wirklich beschreiben.“ Betrübt war ihr Kopf nach unten geneigt. Fujisawa hob seine linke Hand und strich ihr leicht über ihre Wange, sodass die Schwarzhaarige leicht errötete. „Keine Sorge. Solange ich bei dir bin, wird er dich nicht länger belästigen. Okay?“ Sie nickte und sah in seine klaren, blauen und unschuldigen Augen. Und so einer sollte hinterhältig sein? Unmöglich. Gemeinsam machten sie sich zum Unterricht auf, der in zehn Minuten begann. Während sie nebeneinander hergingen, lagen viele eifersüchtige Blicke auf dem Obelisk Blue. Mio amüsierte sich darüber. „Schau bloß, wie die dich anstarren! Als ob du ein Außerirdischer oder so wärest!“ Er lachte auf. „Naja, du bist auch in letzter Zeit ziemlich berühmt geworden. Du bist bestimmt unter den beliebtesten Mädchen der Akademie.“ Verlegen kratzte sich Mio am Kopf. „Ach was! Ich bin doch erst seit ein paar Tagen hier! Wie kann man denn so schnell zu den angesagtesten Studentinnen aufsteigen?“ Der Junge lächelte sie geheimnisvoll an. Er beugte sich leicht nach vorne. Mio erstarrte plötzlich. Noch nie war sie einem Jungen so nahe gewesen. Vor allem nicht Fujisawa. Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Ohr. Sie bekam Gänsehaut. Er flüsterte verführerisch: „Für mich bist du es jedenfalls…“ Nachdem er dies gesagt hatte, wandte er sich ab und ging mit einer kurzen Geste der Verabschiedung seinen Weg zum Unterricht entlang. Noch lange starrte Mio ihm verträumt hinterher. Sie bemerkte alles um sie herum nicht, es ging nur um den schwarzhaarigen Jungen. Jedoch war sie auch zugleich nachdenklich. Fujisawa… wollte er sie als normale Freundin? Oder war sie für ihn mehr als das? Sie selbst hatte Alexis am Abend gesagt, sie empfinde nichts für ihn. Wusste er das? Nach einigen Minuten beschloss Mio, zum Klassenraum zu gehen, bevor es klingeln würde. Es waren schon fast alle Studenten dort, aber von Jaden war keine Spur. Offenbar hatte er verschlafen, denn Syrus saß an seinem Platz, ohne ihn. Die Schwarzhaarige sah sich nervös um. Princeton war noch nicht da. Jedenfalls war eine Sache klar: Sie wollte so weit wie möglich von ihm wegsitzen. Deshalb setzte sie sich in die letzte Reihe. Wenn sie neben Syrus sitzen würde, wäre Chazz bestimmt in ihrer Nähe, immerhin war er mit dem blauhaarigen Studenten befreundet. Außerdem.. wie sollte man es ausdrücken, hatte sie im Moment nicht sehr viel Lust auf ihre Freunde. Sicher, Mio wusste natürlich, dass Chazz nur Blödsinn gesprochen hatte, aber im Moment wollte das Mädchen lieber für sich alleine sein. Vor allem lief es ihr kalt den Rücken runter, wie ihr Freund sie angesehen hatte. „Für mich bist du es jedenfalls..“ Meinte er das ernst? Außerdem, was wäre, wenn er erwarten würde, sie liebe ihn? Wie würde er verdammt nochmal reagieren, wenn sie ihn kalt abblitzen lassen würde? Klar, der Junge war, wie sie Chazz gesagt hatte, ein lieber Junge. Einen besseren Kumpel konnte sich keiner vorstellen. Aber eine Beziehung mit ihm eingehen? Die Studentin schüttelte den Kopf. Nein, das klang für sie geradezu unmöglich. Zudem spukten immer noch die Worte von Princeton in ihrem Kopf herum. „Halte dich von ihm fern.“ Sie redete sich zwar ein, das sei alles eine Lüge, aber wenn doch etwas Wahres dran war… Verzweifelt legte sie ihren Kopf auf den Tisch. Während sie die ganze Zeit sich den Kopf über Fujisawa und Chazz zerbrach, kam Dr. Crowler herein. Sofort verstummten alle Schüler und stellten ihre Gespräche ein. Crowler wollte niemand zum Feind haben. Der Professor marschierte zum Pult und sah sich im Klassenraum um. Ein triumphierendes Lächeln bildete sich auf seinem schrecklich geschminkten Gesicht. „Wie es aussieht, ist Jaden Yuki wohl zu spät. Aber das war klar, dass es wieder so kommen würde. Ich habe auch nichts anderes erwartet.“ Bei seinen Worten verfinsterte sich Alexis‘ Gesicht. Sie saß in der Reihe hinter Syrus und war ganz und gar nicht über Crowlers Anmerkung zufrieden. Wie konnte er so über Jaden reden! Ihr Blick wanderte zu Mio, die mehrere Reihen weiter hinten saß. Es gab noch ein weiteres Problem neben Jadens Verspätung: Was war mit ihrer Freundin Mio bloß? Ohne sie zu begrüßen, hatte sie sich nach hinten gesetzt. Auch wirkte sie sehr durcheinander. Merkwürdig war auch, dass Chazz noch nicht da war, obwohl er immer einer der ersten war. Was ist passiert? Gerade wollte der Professor mit dem Unterricht anfangen, als sich die Tür öffnete. Alle Augen der Schüler weiteten sich erstaunt. An der Tür stand niemand anderes als der gute Chazz Princeton. Umso rätselhafter war, dass eine seiner Wangen dick gerötet war. Auch Crowler war überrascht, vor allem darüber, dass einer der besten Schüler zu spät kam. „C-Chazz, was ist passiert? W-warum bist du denn… zu spä.. ich meine, warum ist deine Wange so gerötet?“ Mios Stimmung verfinsterte sich. Wieso mussten sie ausgerechnet Crowler heute haben? Und wieso musste sie Princeton auch eine reinhauen? Es war doch klar, dass er sie verpetzen würde… dachte sie jedenfalls. „Gerade eben habe ich Miss Dorethee gesehen, die einige neue Pakete mit Karten trug. Ich habe ihr einige abgenommen und dabei nicht wirklich auf den Weg geachtet. Ich bin gestolpert und hingefallen. Sie hatte mich deshalb noch mal kurz verarztet, weil ich mich ein wenig an der Schulter verletzt habe.“ Verblüfft starrte Mio zu Chazz. Ihm Hintergrund hörte man ein paar Schüler leise lachen. Sie hatte von ihm überhaupt nicht erwartet, dass er sich so eine einfältige Ausrede einfallen lassen würde.. Da Chazz einer der Lieblingsschüler Crowler war, nickte dieser bloß mitleidig. Zwar hatte er ihn mit dieser schlechten Schülerin Mio zu Nachsitzen verurteilt, aber er hatte gesehen, dass die beiden sich nicht verstanden hatten und wollte dem Mädchen so eins auswischen. Jetzt war es jedoch etwas Anderes. „Verstehe, verstehe… nun gut, dann setz dich. Mal sehen“, er hob seinen Kopf und sah sich suchend um, „wo kannst du dich hinsetzen..? Ah, neben der da ist noch frei.“ Dabei deutete er auf Mio, dessen Name er absichtlich nicht genannt hatte. Diese zuckte unmerklich zusammen. Auch das noch! Jetzt musste sie noch neben ihm sitzen! Wie schlimm konnte der Tag denn noch werden? Gut, er hatte sie nicht an Crowler ausgeliefert, aber sie verzieh ihm wegen vorhin auf jeden Fall nicht. Niemals würde sie vergessen, wie sehr er sie beleidigt hatte. Chazz schnaubte abfällig und begab sich widerwillig auf den leeren Platz neben Mio. Sie rückte sofort einige Meter nach rechts, um so weit wie möglich von ihm entfernt zu sein. Zudem stellte sie ihre Tasche direkt zwischen sich und dem Jungen, damit eine Absperrung zwischen beiden war. Danach stützte sie mit finsterem Blick ihren Kopf auf ihre Hand und sah nach vorne zu Crowler. Bedanken würde sie sich auf keinem Fall bei Chazz. Darauf konnte er warten, bis das Ende der Welt kommen würde. Sie nahm sich vor, nie mehr ein Wort mit ihm zu wechseln. Nie mehr. Kapitel 10: Zweifel ------------------- So, endlich habe ich es geschafft, ein neues Kapitel herauszubringen.^^ Ich hoffe, es gefällt euch! Nach einer Stunde klingelte es endlich und Mio erhob sich erleichtert von ihrem Platz. Jaden war immer noch nicht zum Unterricht gekommen und würde so schnell auch nicht kommen. Vielleicht würde er zu Sport erscheinen, vielleicht aber auch nicht. Ohne auf die anderen zu warten, ging Mio betrübt aus dem Klassenraum. Während des gesamten Unterrichts hatte sie sich den Kopf über Fujisawa und, wenn sie es auch nicht zugeben wollte, über Chazz zerbrochen, statt Crowler zuzuhören. Zuerst einmal war da dieses Gerücht, welches sagte, dass der Obelisk Blue einer der schlimmsten Typen und ein Frauenaufreißer sei. Zum anderen ging es aber auch um sie selbst, beziehungsweise wieder einmal um Chazz Princeton und sie. Es hatte sie zutiefst erschüttert, wie schlimm er über sie gedacht hatte. Dass sie eine verwöhnte Ziege sei und so schnell wie möglich aus der Akademie verschwinden solle. Sie wusste nicht wieso, aber es verursachte einen Stich in ihrem Herz. Es war auf dem ersten Blick zu sehen, dass die beiden sich nicht wirklich gut verstanden haben, aber dass er so schlechte Dinge von ihr hielt… und dann noch die Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit. Das alles kam in nur einem Tag auf sie zu und bereitete dem Mädchen ziemliche Kopfschmerzen, vor allem dachte sie wirklich in jeder Sekunde an ihren Streit mir Chazz. Mio stoppte kurz, als sie die Turnhalle der Akademie erreichte. Sie hoffte sehr darauf, dass die Sportstunde sie ein wenig ablenken könnte und somit ihr Kopf frei werden würde. Schließlich konnte es den ganzen Tag nicht so wie jetzt weitergehen. Sie seufzte tief und betrat die Umkleidekabine der Mädchen. Bisher war noch niemand da, worüber sie froh war, denn Mio wollte nicht von irgendwelchen Fragen zu Fujisawa bombardiert werden. Außerdem wollte sie nicht Alexis begegnen, denn dann müsste sie ihr einiges an Erklärungen abliefern. Die Schwarzhaarige öffnete ihren Spint und zog sich ihren Sportanzug an. Er bestand aus einer Jacke, die blaue lange Ärmel und das Akademie-Logo hatte und einer genauso blauen Hose. Ihre Uniform und Alltagsschuhe verstaute sie im Schrank und begab sich nun in die große Sporthalle. Sie stutzte, als sie die riesige, polierte Halle betrat. Am Rand waren einige Sitzplätze, die wohl für Zuschauer waren, wenn ein Sporturnier oder ähnliches stattfinden würde. ‚Irgendwie gibt es hier nur pompöse Räume‘, dachte sich Mio. Seto Kaiba musste großen Wert auf die Größe der Räume gelegt haben, damit diese auf jemanden beeindruckend wirkten. Nach und nach kamen die Studenten in die Halle, um gemeinsam auf die Sportlehrerin zu warten. Noch immer hielt sich Mio von den anderen fern und stand neben ein paar Mädchen, die sie schon mal in Obelisk Blue gesehen hatte. Vom Weiten sah sie den verspäteten Jaden kommen, der sich direkt zu Alexis, Syrus und Bastion gesellte. Man konnte sehen, dass er verwundert war, Mio nicht bei seinen Freunden zu sehen. Endlich hatte das Warten ein Ende und die Lehrerin kam herein. Ihr Name war Fonda Fontaine und sie war gleichzeitig auch die Ärztin der Akademie. Sie begrüßte die Schüler, überprüfte die Anwesenheitsliste, wobei Mio bemerkte, dass Chazz trotz seiner „Verletzung“ Sport mitmachte, und veranlasste die Schüler, sich erstmals zehn Runden mit Bällen, mit denen sie dribbeln sollten, warmzulaufen. Bevor Mio losrennen wollte, kam Miss Fontaine auf sie zu. „Hallo, du bist Mio, oder?“ „Ja, ich bin die neue Studentin“, antwortete die Schwarzhaarige. „Mein Name ist Fonda Fontaine. Ich hoffe, du hast dich hier gut eingefunden. Momentan machen wir im Sportunterricht Volleyball. Kennst du die Regeln?“ Mio nickte. Wenn ihr manchmal in Domino City langweilig gewesen war, ging sie meistens zu Schulen und beobachtete dort den Sportunterricht, daher hatte sie sich nach und nach die Regeln durch Zuschauen angeeignet. Zudem hatte sie es auch auf der Schule gespielt, welche sie für ein Schuljahr in der Großstadt besucht hatte. „Gut, dann geht alles klar. Falls du dennoch Fragen hast, kannst du mich gerne ansprechen!“ Mio bedankte sich höflich und holte sich danach einen Ball, um wie die anderen sich damit warmzulaufen. Nachdem alle die Runden gelaufen waren, begann auch schon direkt die Zuteilung der Schüler in die Gruppen, in denen sich jeweils sechs Leute befinden mussten. Danach sollten sie jeweils gegeneinander antreten. „Also, in der nächsten Gruppe sind: Akina, Mindy, Jasmin, Corey, Chazz…“, Fontaine machte eine kurze Pause, „und…..Mio.“ Vor Schreck wäre die Schwarzhaarige beinahe umgefallen. „Bitte was?!“, rief sie laut durch die Halle. Erschrocken schlug sie sich hastig die Hände vor den Mund, als alle sie anstarrten. Verwundert sah die Lehrerin sie an. „Alles in Ordnung? Du siehst blass aus.“ „Äh, danke, alles okay…“, murmelte sie. Warum nur konnte das Leben nicht ein einziges Mal Gnade für sie walten? Musste wirklich alles so schiefgehen? Geknickt begab sie sich zu den anderen fünf, darunter selbstverständlich Chazz, der mit Armen verschränkt die Augen genervt geschlossen hatte. „Warum hast du denn so laut aufgeschrien, Mio?“, fragte Jasmin die Schwarzhaarige neugierig. Mit einer abwehrenden Handbewegung fuchtelte sie vor ihrem Gesicht herum. „Ach, das ist.. äh, vergiss es einfach.“ Skeptisch wurde sie von der Rothaarigen beäugt, aber sie beließ es dabei. „Au ja, ich liebe Volleyball! Gleich sind wir auch dran!“, jubelte Mindy enthusiastisch. Ihre fröhliche Einstellung machte Mio noch mehr deprimierter als sie schon vorher war. „Ja, in einer perfekten Gruppe“, grummelte die Sliferred-Studentin grimmig vor sich hin. Nachdem die ersten beiden Gruppen fertig gespielt hatten, waren jetzt sie dran. Die sechs Studenten begaben sich auf ihre Positionen, Mio stand in der Mitte und Chazz links hinter ihr. Als alle startklar waren, machte Mindy den Aufschlag und das Spiel begann. Schon anfangs achtete Mio stark darauf, Chazz nicht in die Quere zu kommen. Bis jetzt hatte es ganz gut geklappt, bis der Ball auf einmal in zwei Meter Höhe genau auf die Lücke zwischen ihr und dem Jungen zugeflogen kam. Wie auf Knopfdruck rannten beide geradewegs auf den Ball zu und hoben ihre Arme, um zu pritschen. Dann passierte es. Das Einzige, was Mio mitbekam, war ein dumpfes Geräusch eines Aufpralls an ihrer Schläfe und einige Rufe von Schülern. Danach wurde es kurz schwarz vor ihren Augen und sie nahm alles, was draußen vor sich ging, nur noch im Hintergrund wahr. Jedoch wich die Schwärze nach kurzer Zeit und sie konnte langsam wieder ihre Umgebung wahrnehmen. Sie fand sich auf dem Hallenboden wieder und hielt sich stöhnend ihren dröhnenden Kopf. Besorgt standen einige Studentinnen um sie herum, darunter auch Miss Fontaine. „Wie geht es dir, Mio? Brauchst du ein Kühlpack?“ Die Schwarzhaarige schüttelte noch ein wenig benommen den Kopf. Vorsichtig versuchte sie aufzustehen, was ihr auch gelang. Sie sah zu Chazz, der bereits auf den Beinen war und sie finster anstarrte. Sie erwiderte zornig seinen Blick und ging zurück auf ihre Position. Die Sportlehrerin berührte sanft ihre Schulter. „Ihr beide solltet euch jetzt lieber ausruhen. Es werden Auswechselspieler für euch einspringen.“ „Mhm, na gut“, gab Mio nach und begab sich auf einen der Sitzplätze am Rand. Chazz beharrte jedoch darauf, weiterzuspielen, was ihm erlaubt wurde. Aber für Mio war es gut so, denn immerhin musste sie nicht mit ihm zusammen spielen. Es war klar, dass so etwas passierte, die Frage war eben nur wann. Zudem regte es sie besonders auf, dass Chazz erstens ihr nicht aufgeholfen hatte und zweitens sich nicht nach ihr erkundigt hatte. ‚So ein Arsch‘, dachte sie sich empört über sein Verhalten. Sie versuchte, sich langsam zu beruhigen und lehnte sich gelangweilt zurück, um die anderen beim Spielen zu beobachten. Nach anderthalb Stunden, was Mio wie eine Ewigkeit vorkam, war die Sportstunde beendet. Gähnend begab sie sich zu der Umkleidekabine, wo sie auch schon von Alexis erwartet wurde. „Mio, ist alles okay mit dir?“, fragte das dunkelblonde Mädchen besorgt. Die Schwarzhaarige hob bloß die Schultern und murmelte so etwas wie „Keine Sorge“ vor sich hin. Alexis musterte sie besorgt. „Du siehst überhaupt nicht gut aus… ist denn irgendetwas passiert? Bei Dr. Crowlers Unterricht warst du auch schon so…“ Die Schwarzhaarige seufzte innerlich. Es war klar, dass ihre Freundin nachfragen würde, immerhin machte sie sich Sorgen, was auch verständlich war. Daher versuchte sie, ihr eine klare Aussage zu geben: „Ach, weißt du, heute Morgen war es einfach nur beschissen, denn…“, sie überlegte kurz, „… naja, ich hatte ziemlichen Zoff mit jemanden und ich möchte nicht wirklich darüber reden, tut mir leid. Vielleicht morgen…“ Sie setzte kurz ein gezwungenes Lächeln auf und zog sich um, damit sie zur nächsten Mathe-Vorlesung gehen konnte. Alexis Sorgen stiegen immer weiter, denn so hatte sie Mio noch nie erlebt. Sie wirkte sehr geistesabwesend und unglücklich… am besten war es, zu akzeptieren, dass sie allein sein wollte. Vielleicht wollte sie morgen mit ihr darüber reden – schließlich hatte sich Mio ihr einen Tag zuvor sehr anvertraut, oder etwa nicht? Mit leeren Augen starrte Mio mit abgestütztem Kinn nach vorne und war im Unterricht nur körperlich anwesend. Bastion, der neben ihr saß, beobachtete sie nachdenklich aus dem Augenwinkel. Normalerweise schrieb sie doch alles von der Tafel ab und hörte dem Mathelehrer aufmerksam zu – es musste also etwas passiert sein. Etwas, das selbst Mio aus der Bahn werfen würde. Nur was? Fragen wollte er sie nicht, denn es war immerhin ihre Angelegenheit und sie würde schon mit ihm darüber reden, wenn es ihn etwas anginge. Der Schwarzhaarige stellte weitere Vermutungen auf, bis es klingelte. Die ruhige Atmosphäre wurde durch Gespräche von Studenten, die sich zur nächsten Vorlesung begaben, zerstört. Sofort erhob sich die Studentin von ihrem Platz und verließ den Raum, ohne auch ein einziges Mal von Bastion Notiz zu nehmen. Wahrscheinlich hatte sie ihn auch am Anfang des Unterrichts gar nicht bemerkt, was für den Jungen am logischsten war. Die letzte Vorlesung des Tages wurde mal wieder von Crowler über das Thema „Die Alchemie und der Zusammenhang mit Duellmonsters“ gehalten. Alexis meinte, seitdem der alte Lehrer, Professor Banner, nicht mehr unterrichtete, war es mit dem untalentierten Crowler eines der schlimmsten Fächer. Dies bewahrheitete sich beim Experimentieren, als der Professor versuchte, zwei Lösungen miteinander zu vermischen. Vorsichtig kippte er das Glas mit einer grünen Substanz in ein Reagenzglas mit einer roten Lösung. Plötzlich gab es eine gewaltige Explosion, welche den gesamten Raum vibrieren ließ. Schützend hielt man sich die Hände vor das Gesicht, um nichts von der Explosionswelle abzubekommen. Einige mussten wegen des grässlichen Gestanks husten und öffneten schleunigst die Fenster. Nachdem sich die Staubwolken gelichtet hatten, sah man einen äußerst schlimm zugerichteten Crowler, dessen blondes Haar von allen Seiten abstand. Die ganze Klasse brach bei seinem Anblick in großes Gelächter aus. Zornentbrannt rief er laut: „Ruhe! Oder wollt ihr etwa alle nachsitzen?!“ Sofort verstummten die Studenten und zufrieden setzte Crowler sich auf seinem Stuhl. „Da ihr wohl alle denkt, dass ihr es besser könnt, werde ich jemanden nach vorne rufen! Mal sehen…“ Er sah sich mit einem teuflischen Grinsen in der Klasse um. „Da Jaden leider nicht in meiner Vorlesung ist, wähle ich… Mio!“ Am liebsten wäre sie auf der Stelle im Erdboden versunken. Wieso konnte Crowler sie nicht einmal in Ruhe lassen? Eigentlich hätte sie sich jetzt liebend gerne aus dem Staub gemacht, aber da sie sich noch mit Fujisawa treffen wollte, ging das leider nicht, denn Crowler würde sie heute noch mal sehen. Mio atmete vorher noch tief ein und begab sich nach vorne. Alle Blicke der Klasse lagen nun auf ihr. Sie würde sich also total blamieren, wenn sie es falsch machen würde. Als sie am Pult angekommen war, las sie sich aufmerksam die Anleitung im Schulbuch durch. Aha, die grüne Substanz sollte erst nach dem Hinzufügen von Natrium zur roten Lösung hinzugefügt werden. Die Schwarzhaarige nahm mehrere Chemikalien, vermischte sie miteinander, sodass sie nun wieder ein grünes Gemisch hatte. Sie wollte gerade das Grüne zum Roten hinzufügen, als sie auf einmal noch rechtzeitig das Dünngedruckte las, welches besagte, die rote Lösung zu erhitzen. Erleichtert atmete sie auf. Das wäre beinahe schiefgegangen. Sie stellte das Glas auf dem Tisch ab und erhitzte behutsam das Reagenzglas. Dabei wurde sie von allen gebannt beobachtet, vor allem von Crowler. Nachdem sie nun alles gemacht hatte, schüttete sie mit zittrigen Händen die grüne Substanz in die Rote. Sie wartete. Alles war ruhig. Die rote Lösung nahm einen Gelbton an. Mio verglich es mit dem Bild des Schulbuches. Erleichtert atmete sie auf: Sie hatte alles richtig gemacht. Auch die anderen hielten es für ein gutes Ergebnis und jubelten ihr zu, vor allem, dass ein Slifer Dr. Crowler übertroffen hatte. Dieser starrte verdattert auf das Pult und konnte nicht fassen, dass es Mio gelungen war, das Experiment zu vollenden. Nachdem er sich wieder einigermaßen gefasst hatte, musste er ihr wohl oder übel eine gute Note geben. „Räusper… genauso, wie ich es nicht erwar-…, genauso, wie es.. sein sollte. Da leider keine Fehler gemacht wurden, muss ich dir, zu meinem Bedauern, eine angemessene Note geben…“ Sie lächelte siegessicher in sich hinein. Damit hatte sie diesem Möchtegern-Professor ziemlich eins ausgewischt – wie sie es schon so oft getan hatte. Zudem lief der heutige Tag mal einigermaßen zurück ins Lot. Zufrieden lehnte sie sich auf ihrem Platz zurück und genoss ihren Sieg über Crowler, bis die Stunde endete. Sofort verließen die Studenten ihre Plätze, um nach dem langen Tag sich endlich ausruhen zu können. Mio blieb wieder einmal sitzen und blickte sehnsüchtig nach draußen. Zum Glück hatte sie das meiste bereits erledigt, es handelte sich nur noch um ein paar Arbeitsblätter, die die Schwarzhaarige aus ihrer Tasche herausholte. Crowler räumte in der Zeit seine Utensilien vom Pult in die Abstellkammer hinein, wo auch andere Chemikalien und Reagenzgläser aufbewahrt wurden. Während Mio die Aufgaben ausfüllte, hörte sie im Hintergrund, wie die Tür des Saales sich öffnete. Jedoch wunderte sich Mio, da es nicht der verhasste Chazz war, sondern ihr Freund Fujisawa. Erstaunt drehte sie sich zum Obelisk Blue-Studenten um. „Hey! Was verschafft mir dir Ehre, dass du zum Nachsitzen kommst?“, fragte sie neugierig. Der Junge lächelte. „Auf dich warten, natürlich. Du meintest doch heute zu mir, dass du noch wenig machen musst. Deshalb dachte ich mir, dass ich schon mal vorbeikomme.“ Auf dem Gesicht des Mädchens bildete sich ein breites Lächeln. „Super, dass du gekommen bist! Ich bin auch gleich fertig!“ Sie machte neben sich Platz, damit er sich setzen konnte. „Zeig mal.. aha, das alte Ägypten! Kommst du zurecht?“ Eifrig nickte Mio. „Jep! Auch dank Professor Steins Unterricht!“ Dr. Crowler, der gerade aus dem Abstellraum kam, staunte nicht schlecht, als er Sosuke Fujisawa in seinem Raum erblickte. „Sosuke? Was machst du hier? Kann ich dir helfen?“ Der Junge sah auf und schüttelte höflich den Kopf. „Danke, Dr. Crowler, aber ich warte auf Mio, wenn es Ihnen keine weiteren Umstände bereitet.“ Beschwichtigend hob der Lehrer seine Hände und lachte auf. „Aber nein, natürlich nicht! Mach‘ es dir ruhig gemütlich!“ Mio verdrehte die Augen. Sobald Crowler mit irgendeinem Obelisken redete, war er wie ausgewechselt. Nicht zu fassen! Sollte man nicht eigentlich als Lehrer jeden gleich behandeln? Das traf auf Crowler wohl nicht zu… der machte nur das, was er wollte. Mio fischte das letzte Aufgabenblatt aus ihrem Stapel, während Fujisawa bei bereits fertigen Blättern drüber sah, um Mio eventuell auf Fehler hinzuweisen. Nach einigen Minuten trat eine weitere Person in den Raum: Chazz Princeton. Als er Fujisawa gemeinsam mit Mio erblickte, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck. Er ging einige Stufen hinunter, um direkt neben den beiden zu stehen. „Was machst du denn hier?!“, knurrte Chazz. Ohne von Mios Blättern aufzuschauen, antwortete der Obelisk Blue lässig: „Hm? Mit wem redest du? Etwa mit dir selbst?“ Der Junge knirschte mit den Zähnen. Er sah nun zu Mio, die jetzt die letzte Frage ausfüllte. „Hey! Sag mir, warum hängst du mit ihm rum?“ Die Schwarzhaarige sortierte ihre Aufgabenblätter zu zwei ordentlichen gleich großen Stapeln. Sie würdigte Chazz keines Blickes. „Fujisawa, ich nehme an, du hast alles durchgesehen?“ Der Junge nickte. „Aber klar doch. Das hast du alles prima gemacht.“ Das Mädchen schenkte ihm ein liebevolles Lächeln. Danach marschierte an Chazz vorbei, um zu Crowler Pult zu gelangen. Dieser sah verwundert auf. „Bitte, Dr. Crowler. Da ich nun alles erledigt habe, würde ich Sie bitten, mich zu entlassen. Fujisawa würde das auch freuen.“ Dabei deutete sie auf den schwarzhaarigen Studenten, der an einer Tischreihe gelehnt stand. „Äh, also…“ Crowler wollte seinem Lieblingsschüler selbstverständlich einen Gefallen tun. Zudem hatte die Slifer-Niete alles ausgefüllt.. das war immerhin der Auftrag gewesen. Außerdem, wer weiß, was das Mädchen alles anstellen würde, wenn sie nichts zu tun hatte… Der Lehrer seufzte. „Meinetwegen… aber merk dir eins, das mache ich nur wegen Sosuke! So, und jetzt stör mich nicht!“ Er entriss ihr hastig die Blätter und korrigierte weiter seine Tests. Bevor sich Mio zum Gehen wandte, sagte er noch kurz: „Übrigens: Vergiss gefälligst nicht, morgen zum Test zu erscheinen! Sonst gibt es Nachsitzen!!“ „Okay, Dr. Crowler!“, erwiderte Mio darauf. Sie wollte so schnell wie möglich den Raum verlassen. Chazz stand noch immer fassungslos im Hörsaal herum. Fujisawa verließ als Erstes den Raum. Dabei betrachtete er Chazz mit einem diabolischen Grinsen. Dieser erwiderte seinen Blick zornig. Danach folgte Mio, die an Chazz wortlos vorbei ging. In diesem Augenblick flüsterte er, kaum hörbar: „Pass auf, wenn du mit ihm zusammen bist.“ Das Mädchen hielt abrupt inne und blieb für ein paar Sekunden neben ihm stehen. Erwartungsvoll sah Chazz sie an. Jedoch setzte sie ihren Weg fort ohne etwas zu sagen und ging durch die Tür hinaus. Er sah ihr nach und seufzte. Sie glaubte ihm also immer noch nicht… „Hach… endlich alles geschafft!“, sagte Mio erleichtert, während sie den Gang zum Freizeitgebäude entlang spazierten. „Klasse, dass du schon heute Morgen viel abgearbeitet hattest. So haben wir viel Zeit..“ „Jep! Das wird ein toller Abend!“ „Klar! Ah, schau mal“, er deutete mit dem Zeigefinger auf eine große Eingangstür, die aus massivem Glas bestand. „Hier ist der Eingang. Wie du sehen kannst, befinden sich dort hinter all die Geschäfte und Cafés. Komm!“ Er nahm sie sanft an der Hand und öffnete die Tür. Mios Augen weiteten sich. So weit das Auge reichte, sah man allerlei moderne Kleidungsgeschäfte mit der neusten Mode – jeweils für Damen und Herren. Man wusste gar nicht, in welches Geschäft man zuerst gehen sollte. Es war sehr erstaunlich, dass das alles in dieses Gebäude hineinpasste. Sie schloss die Augen und atmete den herrlichen Geruch von Kaffee und Kuchen ein. Seto Kaiba hatte wirklich an alles gedacht – man war zwar auf einer abgeschotteten Insel, aber umso mehr gute Geschäfte gab es. „Wo willst du als Erstes hin, Mio?“, holte Fujisawa sie aus ihren Schwärmereien zurück. Mio sah nachdenklich an die große Decke. Eine schwere Entscheidung. „Hm.. wollen wir erst mal uns vom harten Schultag stärken?“, schlug sie vor. „Gerne. Ich zeige dir mal eines meiner Lieblingscafés..“ Die Schwarzhaarige folgte neugierig den Jungen, welcher in ein kleines Café mit dem Namen „T-Pause“ hineintrat. Von außen wirkte es recht klein und uninteressant, aber innen war es genau das Gegenteil, da die Innenausstattung alles andere als schäbig und unprofessionell war. Die kleinen Tische, die am Fenster standen, waren aus edlem Holz verarbeitet worden. Die Stühle, in dessen Lehne hübsche Verzierungen eingearbeitet wurden, waren mit einem hochwertigen Stoff überzogen. Um viele Tische standen kleine, grüne Bonsaibäume, welche eine angenehme Atmosphäre erschufen. „Wow! Das Café muss aber ziemlich teuer sein!“, schloss Mio aus der Einrichtung. Fujisawa nickte. „Ja, deswegen sind hier fast nur Obelisk Blue.“ Da hatte er recht. Überall, wo man hinsah, saßen Jungen und Mädchen in blau gekleidet an den Tischen und tranken Kaffee oder aßen Kuchen. „Setzen wir uns hierhin!“ Der Obelisk Blue deutete mit seinem Zeigefinger auf eine kleine Ecke, wo einige Kerzen aufgestellt waren. „A-aber ich kann das doch hier gar nicht bezahlen! Ich meine, schau mal auf die Preise!“ Er lächelte mit einem vielsagenden Grinsen. „Wer hat denn gesagt, dass du bezahlen musst?“ Er führte sie elegant zum Tisch, was einige neidische Blicke der anderen auf ihn zog. Jedoch ignorierte er es gekonnt und schob einen Stuhl für Mio zurück, damit sie Platz nehmen konnte. Sie bedankte sich und setzte sich hin. Er saß ihr direkt gegenüber. „Also..“, er gab ihr die Karte, „was möchtest du haben?“ Für ein paar Minuten las sie sich alles durch. Wie sie vermutet hatte, hatte alles einen teuren Preis. Da Fujisawa sie eingeladen hatte, gehörte es sich, das Günstigste zu nehmen. „Ich wähle einen Latte-Macchiato, denke ich.“ „Bist du sicher? Oder willst du nichts anderes?“ Mio schüttelte den Kopf. „Na gut, dann wähle ich es auch.“ Er wank einem Kellner zu, um zu bestellen. Schon nach kurzer Zeit konnten sie in den Genuss des Getränks kommen. „Also ich muss echt sagen: Das Café ist zwar teuer, aber die Sachen hier sind echt köstlich!“ „Ja, deswegen habe ich es auch ausgesucht. Übrigens gibt es dieses Café weltweit. Deshalb wurde es auch hier gebaut“, erklärte Fujisawa. „Was gibt es hier sonst noch so für Cafés? Ich meine, man weiß doch, dass sich nicht jeder das leisten kann!“ „Ich habe ein oder zwei gesehen. Die sind aber nicht sehr empfehlenswert… wenn man schon die Innenausstattung sieht!“ Mio seufzte, während sie den letzten Schluck von ihrem Latte austrank. „Hier wirkt sich ja überall der Rang aus, den man hat. Aber das ist typisch Kaiba!“ Verwundet blickte Fujisawa sie an. „Kaiba? Kennst du ihn etwa persönlich?“ „Äh, naja…“, sie überlegte, was sie antworten sollte, „Kaiba ist einer der Reichsten und zugleich der Erbauer der Akademie… da kann man sich das doch schon denken!“ Zustimmend nickte der Junge. Auf einmal hörte man ein Klingeln. Verwundert blickte Mio sich um. „Ein Handy? Haben wir hier nicht die PDAs?“ „Schon, aber… ich zum Beispiel habe ein Handy.. Entschuldige mich bitte kurz, es ist bestimmt ein wichtiger Anruf.“ In diesem Moment sprang Fujisawa auf und rannte in Richtung Jungentoilette. Das Piepen des Handys ließ nach, je weiter er entfernt war. Mios verwirrter Blick blieb an der Holztür haften. Was war passiert? Wieso war er plötzlich aufgesprungen? Ein normaler Junge hatte eigentlich sein Handy ausgeschaltet, wenn er mit einem Mädchen etwas unternahm, um nicht, um es ohne sonstige Hintergedanken auszudrücken, nicht „gestört“ zu werden. Ob es ein Anruf seiner Familie war? Dann wäre er aber nicht heraus gestürmt. Zum ersten Mal empfand sie Misstrauen gegenüber dem Jungen. Irgendetwas vergab Fujisawa vor ihr. Nach kurzer Zeit kam ein ziemlich abgehetzter Obelisk Blue-Student wieder. Er wirkte angespannt und nervös. „Verzeih, Mio, aber es war wirklich wichtig gewesen“, begann er mit seiner Erklärung. Sie versuchte, ihr Misstrauen zu verbergen und setzte ein sanftes Lächeln auf. „Schon okay! Ist denn etwas Schlimmes passiert? Bei deiner Familie?“ Er kratzte sich am Kopf. „Ja, es ging um die Firma meines Vaters.. eben um Familienangelegenheiten, deshalb wollte ich auch nicht, dass jeder es mitbekam.“ ‚Das sah aber ganz anders aus, Fujisawa‘, dachte die Schwarzhaarige bezweifelnd. Sie wusste gar nicht, dass er so schlecht schauspielern konnte. Wenn es nämlich um seine Familie gegangen wäre, hätte er nicht sofort den Raum verlassen, sondern erst normal abgehoben und sich in Ruhe bei ihr entschuldigt. Oder man hätte einen Zeitpunkt mit seinen Eltern ausgemacht, wo sie hätten anrufen können. Da dies dem aber nicht entsprach, war an der Sache etwas faul. So ziemlich. Sie würde sicher herausfinden, mit wem er telefoniert hatte. Doch bis dahin musste sie ein naives und unschuldiges Mädchen spielen, das ihm jedes Wort, welches er über seine Lippen brachte, glauben würde. „Na dann… wollen wir noch ein wenig durch die Geschäfte gehen?“, schlug sie vor. „Gerne! Wohin du auch willst.“ Fujisawa bezahlte die Rechnung und machte sich mit Mio auf. Es war erst fünf Uhr, sie hatten also noch genügend Zeit. In der großen Einkaufshalle kniff das Mädchen die Augen zusammen und inspirierte bis auf das kleinste Detail jedes Geschäft. „Hm… lass uns zuerst in dieses Geschäft gehen“, sie deutete auf ein mittelgroßes Gebäude, das eine hellblaue Fassade trug. Es beinhaltete allerlei Kleidung für Damen und Herren, für jeden war also etwas dabei. „Okay, dann mal los.“ Im Geschäft befanden sich bereits einige Studenten, die in fröhlicher Stimmung waren, immerhin war am nächsten Tag schon Samstag. Begeistert sah Mio sich die Auswahl an Kleidern und Röcken an. „Wahnsinn! Hier gibt es alles – von Abendmode bis Gothic.“ Das Mädchen zuckte zusammen, als Fujisawa ihr leicht über die Haare strich. „Schön, dass es dir hier so gut gefällt“, flüsterte er in ihr Ohr. Sie zuckte zusammen. Mio drehte sich zu ihm um und sah in seine unschuldigen himmelblauen Augen, in denen sie beinahe zu versinken drohte. Mit einem knappen Räuspern wandte sich Mio wieder den Kleidern zu und fuhr ihre Shopping-Tour fort. Fujisawa sah enttäuscht nach unten, aber sie ignorierte es gekonnt. Nach einer Weile hatte sie einen Haufen Kleider beisammen, mit denen sie zu ihrem Kumpel trat, der wortlos auf einer Band platzgenommen hatte. Er blickte auf, wobei seine Augen sich weiteten. „Sag bloß, du willst das alles anprobieren?“ Er schien sich wieder gefangen zu haben. Ein schelmisches Lächeln umspielte Mios Lippen. „Aber klar doch! Was denkst du denn? Ich gehe mal eben alles anprobieren, bin gleich wieder da!“ Mit einer kurzen Handbewegung stolzierte sie in Richtung Umkleidekabine. Jedoch blieb sie vor dem Gang stehen, drehte sich um und duckte sich hinter einem Kleiderständer. Von dort aus beobachtete sie Fujisawa. Ein Licht blitzte in ihren Augen auf, als er auf einmal sein Handy herausholte und eine Nummer eintippte. Vorsichtig schlich sie sich weiter nach vorne. Ihr Herz klopfte und sie versuchte, Ruhe zu bewahren. Der Junge begann nun mit einer Konversation. Mio spitzte angestrengt die Ohren, um ein paar Fetzen mitzubekommen. „…Ich weiß, Vater, aber bitte lass mir doch ein wenig Freiheit! Ja, das ist mir klar….ich weiß, das sagte ich doch. Nein, ich meine es ernst. Ja, die Akademie ist mir wichtig. Auch das Duellieren. Hm, verstehe. Gut, in Ordnung.“ Er lehnte sich leicht zurück, während er weitertelefonierte. Mio runzelte die Stirn. Er telefonierte mit seinem Vater? Ging es dann also wirklich nur um Familienangelegenheiten? Hatte ihre Fantasie mal wieder übertrieben und sie hatte sich alles nur eingebildet? Zweifelnd erhob sie sich wieder und ging zur Umkleidekabine, um wenigstens noch ein paar Rücke anzuprobieren, denn bliebe sie zu lange weg, wäre es auffällig gewesen. Nach kurzer Zeit kam Mio lächelnd auf Fujisawa zu, der wohl bereits aufgelegt hatte. Er sah auf. „Und? Alles anprobiert?“ Das Mädchen nickte. „Jep, manche passten, aber einige waren auch viel zu weit geschnitten und in einer kleineren Größe gab es die Klamotten nicht mehr.“ Seufzend ließ sie sich neben ihm auf der Bank nieder. Er hob seine Hand und strich ihr sanft über den Rücken, jedoch verspannte sich Mio dadurch umso mehr und verkrampfte sich. „Ziemlich ärgerlich, oder? Ich finde aber, deine Figur ist perfekt.“ Grimmig verzog sie ihren Mund. „Findest du etwa Untergewicht gut? Gehörst du zu denen, die diese spargeldünnen Models mögen?“ „Aber nicht doch“, stritt der Junge schnell ab. „Das habe ich doch gar nicht behauptet. Ich meinte eben nur, dass du dir darüber keine Gedanken machen musst.“ Das Mädchen zuckte bloß mit den Schultern. Sie spürte noch immer seine Hand auf ihrem Rücken, doch entspannen konnte sie sich immer noch nicht. Es war zwar das erste Mal, dass sie einem Jungen so nah war, aber es fühlte sich so an, als ob eine Freundin ihr zärtlich über den Rücken streichen würde, nicht mehr und nicht weniger. Fujisawa stoppte und sah Mio ernst an. Sie erwiderte fraglos seinen Blick. „Ich habe gerade eben noch mal mit meinem Vater telefoniert. Ich habe ihn zurückgerufen, um das Gespräch von eben fortzuführen. Ich hoffe, das macht dir nichts aus.“ Wortlos schüttelte sie den Kopf. Er erwähnte also, dass er mit seinem Vater gesprochen hatte. Hatte er dann nichts zu verbergen? Wahrscheinlich hatte sie wirklich mit ihren heftigen Vermutungen falsch gelegen. Außerdem, Fujisawa war doch ein vernünftiger Mensch, oder? Sie erhob sich machte eine Geste, das Geschäft zu verlassen. Der Junge folgte ihr nach draußen. „Hm.. gehen wir in ein paar andere Geschäfte? Danach sehen wir weiter, okay?“, schlug Mio vor. „Einverstanden.“ Nach ungefähr einer Stunde atmete Mio tief die frische Abendluft ein. Fujisawa trat neben sie. Beide waren in mehr als vier Geschäften gewesen – von Mode bis Schmuck. Da Mio aber kein Geld ausgeben wollte, war es ihrer Meinung nach unnötig, etwas zu kaufen. Immerhin hatte sie noch genügend Kleidung und das Geld wollte sie eher für Essen ausgeben. Zwar hatte Fujisawa versucht, sie zu überreden, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche und er alles für sie bezahlen würde, aber sie hatte ihm diesen Vorschlag ohne mit der Wimper zu zucken abgeschlagen. Auf einmal merkte sie einen heißen Atem am ihren Ohr. Fujisawa hatte seinen Arm um ihre Schulter gelegt und war nun ganz nah am ihren Gesicht. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken. Es war ihr unangenehm, dass der Junge unmittelbar neben ihr stand. Sofort verspannte sie sich und hätte seinen Arm zu gerne weggeschlagen. „Ich bin froh, dass es dir so gut gefallen hat, Mio. Der Abend war wunderschön. Genauso wie du.“ Er versuchte, ihr zu schmeicheln, aber sie war alles andere als gerührt. Sie schwieg noch immer. Der Schwarzhaarige drückte sie näher an sich. Sie atmete den Duft seinen Parfums ein – es war wohl nicht sehr billig gewesen. „Hast du Lust… zu mir in die Obelisk Blue Unterkunft zu gehen?“, flüsterte er verführerisch. Unwillkürlich entfernte sie sich einige Schritte von ihm und sah zu Boden, um ihm nicht ins Gesicht sehen zu müssen. „I-ich will lieber noch ein wenig s-spazieren gehen!“, stotterte sie verlegen. Verdammt, warum viel es ihr so schwer, ihm klar ihre Meinung zu sagen? Wenn Princeton so etwas gesagt hätte, läge dieser schon tot auf dem Boden. Wieso war es bei Fujisawa so anders? Der Umgang mit Princeton war ihr im Gegensatz zu dem Obelisk Blue Studenten viel vertrauter. Warum bloß?Dem Jungen derweil hatte es die Sprache verschlagen. Für eine Weile herrschte eine unangenehme Stille. Jedoch wurde diese durch eine Umarmung von Fujisawa durchbrochen. „Natürlich können wir einen Spaziergang machen, Mio.“ Das Mädchen blieb weiterhin stumm und nickte. Sie fühlte sich immer mehr unwohler. Vor allem ihr gab die Tatsache, dass Fujisawa sie in seinem Zimmer haben wollte, besonders Bedenken. Auf der anderen Seite hätte er aber auch keine Hintergedanken haben können und sie nur in sein Zimmer einladen wollen. Ja, so musste es sein. Warum sonst war er ein Mädchenschwarm? Mio hatte wahrscheinlich mal wieder überreagiert und den Teufel an die Wand gemalt. Sie wandte sich zu ihm. „Entschuldige, Fujisawa, ich habe wohl…“, sie versuchte, die richtigen Worte zu finden. Ein zartes Lächeln umspielte die Lippen des Jungens. „Mach dir keine Gedanken. Komm, im Wald ist es besonders schön.“ Er nahm sie an der Hand und führte sie auf einem Weg, der von Bäumen gesäumt wurde, in den dunklen Wald hinein. „Ähm… i-ich d-dachte eigentlich, wir würden an der Küste spazieren gehen..“, murmelte Mio. „Ach was, den Ort, den ich dir zeigen möchte, befindet sich hier“, antwortete der Student, ohne sich zu ihr umzudrehen. Unbehagen breitete sich in dem Mädchen aus. Die Sache wurde immer unheimlicher. Sie merkte, wie sich der Griff Fujisawas um ihr Handgelenk verstärkte. Als sie nun an einer Lichtung ankamen, merkte Mio plötzlich, wie weit sie von der Akademie entfernt waren. Keine Menschenseele würde an solch einen Ort kommen. Es gab keine gut begehbaren Wege, denn diese wurden durch Büsche, lästiges Gestrüpp und Bäumen versperrt. Sie fröstelte, als eine kalte Windbrise ihr die Haare ins Gesicht wehte. Fujisawa drehte sich zu ihr um. Sie zuckte erschrocken zusammen. Sein Gesichtsausdruck war alles andere als sanft; ein diabolisches, spöttisches Grinsen umgab seine Lippen. Erst jetzt begriff Mio, dass alles so geplant gewesen war. Dass alles eine Falle war. Dass Chazz Princeton recht gehabt hatte. ------------------------- Ich habe hier auch übrigens ein Bild von Mio gezeichnet, das ihr euch hier anschauen könnt: http://aoiyou.deviantart.com/#/d32m5x0 Kapitel 11: Ruhiges Gewissen ---------------------------- Kleine Vorwarnung, das folgende Kapitel ist recht brutal, aber ich würde mich trotzdem auf Reviews freuen. Chazz starrte gelangweilt an die Decke. Er seufzte. In diesen gesamten zwei Stunden war er nicht in der Lage gewesen, sich einigermaßen richtig zu konzentrieren. Zwar hatte er die meisten Aufgaben ganz gut gelöst, sich aber oftmals verschrieben und musste immer wieder neu ansetzen, was viel Zeit gekostet hatte. Vor einigen Minuten hatte er es letztendlich doch noch geschafft und musste erst mal ein wenig verschnaufen. Vor allem schwirrte die ganze Zeit über das Bild dieses gehässigen Grinsens von diesem Ekel Fujisawa in seinem Kopf herum. Er hatte einmal gesehen, wie dieser Typ sich an ein Mädchen rangemacht hatte – gegen ihren Willen. Chazz hatte auch mitbekommen, wie er sie erpresst hatte. Dass er ihre Familie in den Ruin treiben würde, wenn sie allen davon erzählen würde. Am nächsten Tag hatte er wieder eine andere gehabt und das erpresste Mädchen hatte Chazz nicht mehr gesehen. Offenbar war sie wegen des schlimmen Drucks von der Akademie abgegangen. Er hätte es verhindern und das Geschehen bei Kanzler Sheppard melden können, aber damals war er noch ein Obelisk Blue gewesen und hatte, auch wenn er es nicht gerne zugab, seine „Ego-Phase“ gehabt. Wegen seiner Brüder wollte er um jeden Preis gewinnen und verachtete alle, die dies nicht schafften. Genauso waren jene ihm egal. Jetzt war es anders: Er war nun im schlechtesten Haus der Schule und gab sich mit Jaden Yuki ab. Chazz dachte an die neue Sliferstudentin. Sie ließ sich mit diesem Typen ein, obwohl er sie gewarnt hatte. Wieso eigentlich? Sie war es gewesen, die ihn vor der gesamten Schule regelrecht blamiert hatte. Er galt als einer der Besten und wurde „einfach mal so nebenbei“ von einem Neuankömmling besiegt. Und das in nur satte drei Runden. Generell kannte er niemanden, der so schnell ein Duell beendet hatte. Umso schlimmer also, dass sie es bei ihm, dem guten Chazz geschafft hatte. Warum also konnte er sie nicht aus seinen Gedanken verbannen? Wenn sie ihn doch so nervte und nichts von ihm hielt, dann sollte er auch seine kostbare Zeit nicht an ihr verschwenden. Okay, er gab zu, dass er es letztens ziemlich übertrieben hatte und sie heftig beleidigt hatte. Sie hatte diesen Fujisawa aber auch stark verteidigt und hatte Chazz nicht mal ein einziges Wort geglaubt. Dabei wollte er bloß ihr einen Rat geben. War ihr Schlag in sein Gesicht dafür der Dank gewesen? Außerdem, wieso ist sie weggerannt? Normalerweise wäre sie ihm erneut an die Gurgel gegangen und hätte ihn mit noch heftigeren Beleidigungen beworfen. Der Schwarzhaarige packte seine Sachen zusammen erhob sich von seinem Platz. Er nickte Crowler kurz zu und ging auf dem Flur entlang. Er blickte aus dem großen Fenster. Draußen nahm der Himmel rosane Farbtöne an, welche leicht in lila übergingen. Die helle Silhouette des Mondes zeichnete sich hinter den Wolken ab. Der Student ging die Treppen hinunter und hielt inne. Rechts von ihm war der Gang, welcher zum Freizeitgebäude führte. Es war gar nicht weit entfernt. Sollte er….? Hastig verwarf Chazz den Gedanken. Nein, das wäre doch hirnrissig. Welcher Idiot spioniert bitteschön einem Paar hinterher? Das ist mehr als bescheuert. Zudem würde sie wieder ausrasten, sofern er erwischt werden würde. Und Fujisawa würde sich bestimmt ein Erpressungsmittel ausdenken. Davon abgesehen würde das Mädchen irgendwie zurechtkommen und sich nichts gefallen lassen – so schätzte er sie jedenfalls ein. Er riskierte noch einen letzten Blick auf den Gang, dann wandte er sich ab und marschierte nach draußen. „Pah, Zeitverschwendung!“ Mio trat nervös ein paar Schritte zurück. Ihr lief es kalt den Rücken runter, als Fujisawa sie eindringlich anstarrte. Ihre Kehle war trocken. „Fujisawa..was…?“, versuchte sie krächzend über ihre Lippen zu bringen. Der Angesprochene grinste breit. Ohne ein Wort zu sagen, trat er näher auf sie zu. Das Mädchen schritt automatisch weiter zurück. Mit einer blitzschnellen Bewegung, die selbst sie nicht schnell genug erfassen konnte, wurde sie von Fujisawa gegen einen Baum gedrückt. Er umfasste mit einem starken Griff ihre Handgelenke. Sein Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt. „W-was soll das?!“, schrie sie ihn verzweifelt an. Ihre Gelenke schmerzten durch seine Hände. „Was das werden soll?“, flüsterte er. Seine Lippen kamen ihren näher und näher. Dabei glitt er mit seiner Hand langsam unter ihr schwarzes Top. Sie zuckte ängstlich zusammen. Mio war wie versteinert. Das Einzige, was sie wollte, war so weit wie möglich von ihm wegzukommen – von diesem grausamen Mistkerl. Ein Bild von Chazz Princeton tauchte vor ihr auf. Er hatte sie gewarnt. Er hatte ihr helfen wollen. Sie stattdessen... sie hatte Fujisawa geglaubt. Ihm, von dem sie geglaubt hatte, er sei ein anständiger und liebevoller Mensch. Sie atmete tief ein. Diesem Frauenaufreißer musste mal dringend das Handwerk gelegt werden. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Ehe der Junge seine Lippen auf ihre legen konnte, holte sie mit einem kräftigen Tritt aus. Er riss erschrocken seine Augen auf. Er war zu überrascht, um zu reagieren und flog stöhnend auf den Boden. Fujisawa hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht seinen Magen. Er keuchte vor Schmerz auf. Mio hatte sich in der Zeit wieder gefasst. Es war wahr: Er hatte ihr nur alles vorgespielt und sie wie eine Puppe behandelt, mit der man alles machen konnte. Es hatte sie anfangs ziemlich gehemmt, dass dieser liebenswürdige Kumpel nicht existierte, aber jetzt war sie bereit, ihm genau das alles heimzuzahlen. Sie starrte ihn hasserfüllt an und machte sich für den nächsten Angriff bereit. Sie rannte auf ihn los, holte mit ihrem Arm aus, um ihn auf den Nacken zu schlagen. Bevor ihre Hand seinen Hals erreichte, drehte sich der Junge plötzlich elegant zur Seite und holte zum Schlag aus. Mio spürte einen explodierenden Schmerz an ihrem Kopf. Sie war so überrascht gewesen, dass sie keine Zeit gehabt hatte, sich am Boden abzurollen. Daher spürte sie einen harten Aufprall auf ihrem Rücken. Benommen lag sie auf der Erde, alles war in einem Blutnebel getränkt. Das Einzige, was sie sehen konnte, was eine verschwommene, dunkle Gestalt. Mio hob ihre Hand, um sich das Blut, das an ihrem Gesicht herunterlief, abzuwischen. Noch immer pochten ihr Rücken und ihre Wange. Fluchend biss sie sich auf die Lippe. Dass so ein Schlag kommen würde, hatte sie nicht erwartet. Dazu kam, dass sie zu sehr benommen war, um den nächsten Angriff zu starten. Das Mädchen hatte keine andere Wahl, als seine Schläge zu erahnen und ihnen erstmals auszuweichen. „Wieso?! Warum tust du das, Fujisawa?!!“, fauchte sie wütend. Auf der anderen Seite hörte sie ein verrücktes Lachen. „Wenn ich doch nicht so bekommen kann, dann muss ich eben Gewalt anwenden, Süße!“ Sie zog scharf die Luft ein. „Das ist krank! Du bist sowas von behindert!! Zuerst spielst du jemand Nettes vor und dann bist du ein Mistkerl! Das ist arm, Fujisawa!“ Er lachte erneut auf. „Arm? Krank? Nur die Stärkeren überleben! Ich habe schon so viele gehabt, aber keine war besonders gut..“ Sie spürte, dass er sie intensiv anstarrte. „Jedoch hast du mich ziemlich neugierig gemacht. Vor allem, dass du so zäh bist..“ Er kam ihr näher. Inzwischen konnte Mio wieder einigermaßen gut sehen. Schützend hielt sie sich die Arme vor das Gesicht, als er mit seinem Bein nach ihr trat. Sie biss die Zähne zusammen, damit kein Laut über ihre Lippen kam, als das Bein auf ihren Arm traf. Vor ihm wollte sie sich keine Blöße geben. Sie nutzte diesen Moment, um mit der Faust auszuholen. Mio war sich sicher, dass er nicht in der Lage war, rechtzeitig zu reagieren. Jedoch täuschte sie sich. Er wich gekonnt ihrem Schlag aus und holte aus. In letzter Sekunde konnte die Schwarzhaarige noch gerade so ausweichen. Hastig schritt sie einige Schritte nach rechts, damit eine Distanz zwischen beiden geschaffen werden konnte . In diesem Augenblick fiel ein Tropfen Blut auf den Waldboden. Irritiert hielt sie sich ihre Hand an ihre Wange. Ihre Augen weiteten sich. Eine Schnittwunde. Sie blickte zu Fujisawa. In seiner linken Hand hielt er ein silbern schimmerndes Messer, das an der Spitze einen Rotton trug. „Wie ich sehe, hast du es bemerkt, huh?“ „W-wa.. aber es war doch eben noch nicht da gewesen!!“, rief sie entsetzt. „Tja, ich bin eben ein erstklassiger Kämpfer… und habe im wahrsten Sinne des Wortes ein ‚Ass im Ärmel‘.“ Ihr Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Du bist wirklich krank, Fujisawa. Aber.. deine Bewegungen habe ich schon einmal gesehen.“ Der Student lachte auf. „Karatemeister Japans? Klingelt es, meine Liebe?“ Mio starrte ihn an, ehe sie realisierte, was er gesagt hatte. „K-Karatemeister? I-ich erinnere mich.. d-du warst i-im Fernsehen…“ Verzweiflung brach in ihr aus. Zum ersten Mal fühlte sie sich hilflos. Sie war damals stolz gewesen, stark zu sein und sich wehren zu können. Die Studentin hatte an ihren Techniken gefeilt und sie perfektioniert – das hatte sie bis jetzt gedacht. Ihr Selbstvertrauen war ein für allemal gebrochen. Sie senkte ängstlich ihren Blick. Dies nutzte Fujisawa und schnellte in einem rasanten Tempo auf sie zu. Mio versuchte auszuweichen, was jedoch fehlschlug, da sie von ihm auf den Boden gerissen wurde. Sie schrie laut auf, als sie den brennenden Schmerz der Messerklinge an ihrem rechten Arm spürte, die in sie hinein gerammt wurde. Keuchend hielt sie ihre Hand an ihren blutenden Arm. Über ihre Hand lief warmes Blut, das die Erde in dunkle Rottöne tränkte. Schweißtropfen liefen an ihrem Kinn herunter. Hastig versuchte sie, Luft zu holen und den Schmerz, der höllisch brannte, zu verkraften. Doch Fujisawa ließ ihr keinen Moment zum Verschnaufen. Er holte mit seiner Faust aus und schlug ihr ins Gesicht. Das Mädchen fiel stöhnend auf den Boden; der metallische Geschmack von Blut verbreitete sich in ihrem Mund. Panik machte sich in ihr breit. Das Einzige, was Mio wollte, war weg von Fujisawa zu sein. Selbst wenn sie dort sein würde, es war besser als hier. Besser, als den ganzen Schmerz zu ertragen. Sie hielt sich ihre blutüberströmte Hand an ihr Gesicht. Erneut verschwamm alles um sie herum und sie konnte nur noch seine Schritte wahrnehmen. ‚Hör auf! Hör verdammt noch mal auf und lass mich gehen!‘, schoss es ihr verzweifelt durch den Kopf. ‚Lass mich gehen!‘ Laut aussprechen würde sie die Worte nie. Selbst wenn es so weitergehen würde, sie wollte niemals ihren Stolz verlieren. Egal, was jetzt passieren würde. Innerlich lächelte sie bitter. Wenn sie das gewusst hätte… warum musste ihr Leben so beschissen laufen? Sie hatte gehofft, vor sieben Jahren ein neues Leben anfangen zu können. Es war hart gewesen, sich durch die Großstadt durchzuschlagen, vor allem im Untergrund, sie hatte aber jedes Mal gehofft, es würde sich auszahlen. Mio dachte an ihre Freunde. Als sie hier angekommen war, hatte sie prompt Jaden kennen gelernt. Er war einfach ein klasse Kumpel, der nur offenbar nichts von Liebe verstand. Syrus war ein lieber Kerl, der zwar nicht sehr selbstbewusst war, jedoch viel in ihm steckte. Alexis… sie war ihre erste richtige Freundin. Ein liebes und selbstbewusstes Mädchen, das stets ihre Meinung vertrat. Und dann noch… sie schrie vor Schmerz auf. Das Blut klaffte stärker aus ihrer Wunde am Arm. Es war wie loderndes Feuer, das größer und größer wurde. Ihr wurde schwindelig und sie krümmte sich am Boden. Noch nie hatte sie sich so Elend und einsam gefühlt. Fujisawa stand direkt über ihr. Er hob sein Bein und trat immer weiter auf sie ein. Sie hielt ihre Augen geschlossen und ließ alles über sich ergehen. Mio war zu schwach, um noch etwas gegen ihn ausrichten zu können. Sie ächzte, als er in ihre Magengrube trat. Sie biss sich so hart auf die Lippe, dass sie blutete, um das Gefühl der Übelkeit zu unterdrücken. In diesem Moment ließ er plötzlich von ihr ab. Überrascht blieb sie erstmals liegen, da alles schmerzte. Zitternd stützte sie sich mit ihrer Hand auf dem Boden ab, um sich mit aller Kraft, die ihr noch blieb, halbwegs aufzusetzen. Der dunkle Nebel vor ihren Augen verschwand und sie war in der Lage, einigermaßen klar zu sehen. Sie schnaubte verächtlich, als sie in die Augen des Jungen blickte. Sein Gesichtsausdruck war emotionslos, jedoch trug er darauf ein spöttisches, irres Grinsen. „Na, schon genug?“, ertönte seine Stimme. Mio schwieg. Er atmete tief aus. „Na los, wenn du mir sagst, dass du mich liebst, dann verschone ich dich!“ Das Mädchen ballte wütend ihre Hände zu Fäusten. „Ich….“ Er zog erwartungsvoll eine Augenbraue hoch. „Ja?“ „…Ich habe nur eins zu sagen: FAHR ZUR HÖLLE!!“, schrie sie aus voller Kehle. Sie atmete schwer nach Luft und sah ihm fest in die Augen –jene spiegelten Zorn wider. Er holte mit seinem Messer aus, das bereits ihr Blut auf seiner Klinge trug. „Du miese, kleine…..!“ Sie kniff ängstlich ihre Augen zusammen und bereitete sich auf den endgültigen Schlag vor. Es würde sicher nur eine, nein zwei Sekunden dauern, ehe der Schmerz vergehen würde. Ganz bestimmt. In diesem Augenblick hörte sie nur noch ein dumpfes Geräusch. Nichts passierte. Verwundert öffnete sie die Augen: Fujisawa fiel stöhnend zu Boden. Hinter ihm stand eine weitere Gestalt. „Chazz!!!“ Ihre Stimme überschlug sich vor Freude und Erstaunen zugleich. Er war der letzte Mensch, den sie hier erwartet hätte. „Hm, dieser Typ konnte sich echt gut beleidigen“, murmelte er abschätzig, während er seinen Fuß lässig auf seinem Rücken abstellte. Sprachlos sah sie ihn an. In ihr herrschte ein Sturm von Gefühlen; Freude, Verwunderung, Erleichterung und Aufregung zugleich. Immerhin wurde sie von Fujisawa ziemlich schlimm zugerichtet und ausgerechnet Chazz Princeton kam ihr zur Hilfe. Dass er überhaupt vor ihr stand, wunderte sie. Mio hatte viele Fragen an ihn, außerdem wollte sie sich noch bedanken. „Wie kamst du denn hierher?“, platzte es aus ihr heraus. Mist, das wollte sie doch gar nicht fragen! Verärgert senkte sie ihren Kopf. „Zufall“, antwortete Chazz knapp, während sein Blick sie streifte. Von vorne bis unten war das Mädchen mit Blut und Blessuren übersät. Schuldgefühle machten sich in ihm breit. Er kam zwar rechtzeitig durch zwei Schüler zur Hilfe, aber er hätte das auch alles verhindern können… *Flashback: Anfang* Chazz genoss die kühle Abendluft. Sie war im Gegensatz zum stickigen Klassenraum herrlich. Er beschloss, bevor er zu seiner Unterkunft gehen würde, eine Stunde spazieren zu gehen. Immerhin war die frische Luft gesund und tat gut. Er lauschte während seines Spazierganges dem Meer, dessen Wellen an die Klippen preschten, und dem Gesang der Vögel. Während er in Gedanken versunken an einigen Bäumen vorbei marschierte, hörte er auf einmal zwei aufgeregte Jungenstimmen hinter sich. Sie sprachen so laut, dass er alles mitbekam: „Boah, dieser scheiß Fujisawa! Macht sich direkt an die süße Neue ran!“ „Ja, dieser Idiot hat aber auch Glück. Immer wieder fallen die heißesten Mädels in seine Arme.“ „Aber ich glaube, die Neue hat er noch nicht rumgekriegt. Weißte, zuerst waren die im Einkaufszentrum, wir haben’s ja gesehen.“ „Mhm, und danach sind die rausgegangen. Ich hab mich voll gewundert – die sind gar nicht in seine Unterkunft gegangen. Aber ich habe gesehen, wie der Typ sie voll angemacht hat.“ Chazz blieb abrupt stehen. Was sagte der Junge gerade? Fujisawa hatte sich an Mio rangemacht? Hatte sie das zugelassen? Er drehte sich zu den beiden um. „Hey, ihr da!“ Sie schauten verwundert auf. „Ihr habt die Neue mit Fujisawa gesehen?? Wo sind die jetzt gerade?! Antwortet!!“ Eingeschüchtert antwortete der eine: „A-also ich habe gesehen, wie F-Fujisawa sie in den Wald gezogen hat… a-aber wieso fragst du, Princeton?“ Chazz hörte ihm gar nicht mehr zu. Ohne ein Wort zu sagen rannte er in Richtung Wald. „Verdammt!“, fluchte er. Er wusste es doch! Dieser Mistkerl war unberechenbar. Er versuchte, Mio in einen Hinterhalt zu locken. Jedoch ärgerte sich der Schwarzhaarige am meisten über sich selbst. Er hätte es wissen müssen, dass Mio bei ihm nicht sicher war. Wieso ist er nicht ins Freizeitgebäude gegangen? War er dazu etwa zu stolz gewesen? Seit dem Duell der Schulen und dem Sieg gegen seine Brüder wollte er sich ändern. Er wollte nicht mehr diese Marionette sein, welche die Prinzipien seines Besitzers annahm. Chazz hatte sich vorgenommen, ein anderer Mensch zu werden und akzeptiert zu werden. War er dazu noch nicht in der Lage gewesen? Er schüttelte den Kopf. Nein, immerhin rannte er gerade seiner größten Erzfeindin nach. Wer weiß, vielleicht hatte sie dem Mistkerl eine übergebraten. Allerdings… laut den Erzählungen der Studenten ließ sie sich in den Wald hinein locken. Hatte sie so viel Vertrauen in Fujisawa, dass sie auf seinen Hinterhalt hereinfiel? Möglich war alles. Chazz wurde wieder zurück in die Realität geholt, als er plötzlich einen Schrei hörte. Moment.. diese Stimme kam ihm doch bekannt vor – das war Mio! Er beschleunigte seine Schritte und erreichte eine Lichtung. Keuchend rang er nach Luft. Er trat einige Schritte nach vorne und erstarrte: Fujisawa trat auf das auf dem Boden liegende Mädchen ein. Ihr Gesicht war blutüberströmt. Zornig formte er seine Hände zu Fäusten. Dieser Arsch! Wie konnte er jemanden so etwas antun? Das war unmenschlich und unter aller Würde – selbst ein Chazz Princeton sah das. Er bewegte sich vorsichtig zu Fujisawa, aber dessen Aufmerksamkeit war Mio gewidmet. ‚Jetzt oder nie‘, dachte sich Chazz. Er machte einen Satz nach vorne und holte aus; er schlug den Jungen ohnmächtig, sodass dieser auf den Boden fiel. *Flashback: Ende* „Ähm… Chazz..alles okay?“, fragte Mio nach. Der Angesprochene zuckte zusammen und realisierte erst jetzt, was sie gefragt hatte. Als Antwort nickte er und hockte sich neben Fujisawa und suchte etwas. Dies zog Mios Blick auf sich. Neugierig wie sie war, versuchte sie ihm zuzuschauen, was jedoch nicht gelang, da sie, als sie sich kurz abstützte, sofort auf den Boden fiel. „Autsch…“, stöhnte sie. Der Schmerz in ihrem Arm zog durch ihren ganzen Körper. Sofort spürte sie Hände auf ihren Schultern, welche sie leicht gegen einen Baum drückten. Sie sah in Chazz‘ graue Augen, welche sie mit Besorgnis und Verärgerung musterten. „Jetzt warte doch mal! Ich wollte gerade etwas um deinen Arm machen! Beweg dich also gefälligst nicht!“ Stumm nickte sie. Seit wann kümmerte sich Chazz so um sie? Das war ihr völlig neu… Der Schwarzhaarige nahm Fujisawas Messer, das er endlich gefunden hatte, und schnitt von seinem schwarzen Mantel ein Stück ab. Er nahm daraufhin ihren Arm und wickelte das Mantelstück um ihre Verletzung, damit kein Blut austreten konnte. Das Ganze beobachtete das Mädchen mit Schweigen. Ihr Herz klopfte, als sie seine warmen Hände auf ihrer Haut spürte. Bei ihm fühlte sie sich so.. .geborgen. Im Gegensatz zu Fujisawa. „So, das ist erst mal nur provisorisch. Ich kümmere mich gleich mehr darum, aber zuerst…“ Er wandte sich wieder dem Jungen zu und sah etwas neben ihm auf den Boden liegen. Er hob eine Augenbraue und blickte auf den Gegenstand, den er aufhob. „Hä?!“, entfuhr es ihm. Fragend sah Mio auf. „Was ist denn?“ Die Schwarzhaarige blickte interessiert zu Chazz‘ Hand, konnte aber nicht sehen, was genau er gefunden hatte. Chazz erhob sich und steckte es in seine Tasche. „Nicht wichtig. Ich werde jedenfalls jetzt Kanzler Sheppard über diesen Vorfall Bescheid geben. Danach sehen wir weiter.“ Aus seiner linken Tasche holte der Student sein PDA heraus, auf dem er eine Nummer eintippte. Danach begann er auch schon das Gespräch. Mio hörte ihm nicht zu, sondern war in ihren Gedanken vertieft. Chazz Princeton… der Mensch, den sie am meisten hasste – das hatte sie bis jetzt gedacht. Warum kam er ihr zur Hilfe? Und wieso hatte er sie vorher gewarnt? Das Mädchen hatte geglaubt, sie sei ihm völlig egal und er sei arrogant und interessiere sich nicht für seine Mitmenschen. Dieser Tag bewies genau das Gegenteil. Nachdenklich sah sie zum dunklen Nachthimmel, an dem die Sterne prangten. Vielleicht hatte er nur eine Fassade, die nur nach außen hin arrogant und verwöhnt erschienen ließ. War er also in Wirklichkeit ein netter Mensch? Sie schüttelte den Kopf. Das brachte nichts, darüber nachzudenken. Fakt war, dass er ihr aus der Klemme geholfen hatte und sie nicht schlimmer von Fujisawa zugerichtet wurde. Inzwischen hatte Chazz aufgelegt und sich Mio zugewandt. „Ich habe ihm alles erzählt… Was das Juristische betrifft, weiß ich nichts, denn Fujisawa ist selbstverständlich ein Jugendlicher. Der Kanzler kümmert sich um ihn und kommt hierher, den Ort habe ich ihm mitgeteilt.“ Sie nickte erneut und war immer noch geistesabwesend. Chazz kam auf sie zu und wedelte mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herum. „He, hast du mir überhaupt zugehört??“ Sie zuckte unwillkürlich zusammen. „Hä? Ähm.. ja, natürlich.“ Sein Blick ruhte weiterhin auf ihr. Er verwandelte sich in leichte Besorgnis. „Wir.. sollten gehen, ich meine…“ Als Antwort zuckte sie mit den Schultern. „Hm, ja..“, brachte sie unverständlich über ihre Lippen. Der Junge runzelte die Stirn. ‚Das hat sie wohl alles mitgenommen‘, schloss Chazz auf ihre Geistesabwesenheit. Immerhin war Mio normalerweise recht aufmerksam und genau das Gegenteil von dem, wie sie sich momentan benahm. Er kniete sich neben sie und sagte: „Na los, leg deinen Arm um mich!“ Eine kurze Stille herrschte zwischen ihnen, ehe sich ihre Augen weiteten. „Ich soll was?“ „Deinen Arm um mich legen!“, widerholte er barsch. Das Mädchen errötete. ‚Oh Mann… ich soll meinen Arm um ihn legen? Wie bin ich bloß hier hineingeraten?‘, dachte sie zweifelnd. Ob das gut gehen würde, war fraglich. Nach langen Zögern atmete sie im langen Atemzug aus und legte nervös ihren nicht verletzten Arm und Chazz‘ Nacken. Sie bekam Gänsehaut und merkte, wie ihr heiß wurde. Ihre Wangen nahmen einen kaminroten Ton an und glühten so heiß wie ein Ofen. Sie unterdrückte einen Schrei, als Chazz mit seinem rechten Arm ihre Beine hochhob und Mio auf seinen Armen trug. Am liebsten wäre sie ins Wasser gesprungen und hundert Bahnen geschwommen, um sich abzureagieren, so stark klopft ihr Herz. ‚Das ist mehr als peinlich…‘ Hoffentlich sah niemand die beiden, wünschte die Schwarzhaarige. Chazz blieb im Gegensatz zu ihr ruhig und machte sich auf den Weg zur Unterkunft. Während des Weges sprach keiner ein Wort miteinander. Die Situation selbst war für Mio schon unangenehm genug, ein Gespräch anfangen konnte sie überhaupt nicht. Dazu wäre sie nicht in der Lage gewesen, denn sie war sich sicher, dass ihre Stimme zittrig und hoch klingen würde, was umso schlimmer wäre. Endlich erreichten sie die kleine Slifer Red-Unterkunft, in dessen Zimmern Lichter brannten. Chazz stieg die Treppen hoch, wobei Mio stutzte. Statt in ihr Zimmer zu gehen, öffnete Chazz seine Tür und trat mit ihr hinein. Sein Zimmer unterschied sich sehr von den anderen: Ein großes Bett mit grünem Bettbezug nahm fast den gesamten Raum ein. Daneben stand ein Schreibtisch, auf dem ein Computer stand. Vorsichtig setzte er das Mädchen auf sein Bett ab. Sie seufzte. Mio hatte schon lange nicht mehr auf so einer weichen Matratze gelegen – sie fühlte sich wie auf einer Wolke. Erschöpft lehnte sie sich gegen die kühle Wand. Es tat gut, im Warmen zu sein und sich ausruhen zu können. „Das Bett ist so weich..“, murmelte sie. Chazz antwortete darauf nichts und kramte etwas aus seiner Schublade. „Ah, das ist es ja..“ Triumphierend hielt er ein Sprüh-was-auch-immer-Dings hoch. Mio betrachtete es skeptisch. „Was ist DAS?“ „Noch nie was von einem Desinfektionsmittel gehört?“ Sie schüttelte den Kopf. Er blickte sie sprachlos an. „Kein Witz?“ „Kein Witz“, bestätigte sie. „Und was hast du gemacht, wenn du dich verletzt hast?“ Sie starrte an die Decke. „Keine Ahnung, ich kann mich nicht erinnern, mich schlimm verletzt zu haben. Auch bei meiner Mutte-…“, sie brach abrupt Satz ab. „..auch sonst… nicht.“ Stille herrschte zwischen ihnen. Dann ergriff Chazz wieder das Wort: „Jedenfalls… desinfiziere ich eben deine Wunde, damit sie sich nicht entzündet. Danach kümmern wir uns um die Blessuren.“ Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante und hielt das Spray an ihren verletzten Arm. Inzwischen hatte sie den Stofffetzen abgelegt. Ein stechender Schmerz fuhr durch ihren Körper, als das Spray mit ihrer Verletzung in Berührung kam. Sie kniff die Augen zu und hielt sich mit ihrer Hand an etwas fest, um es halbwegs zu ertragen. Nachdem sie wieder sah, färbten sich ihre Wangen rot. Das „Etwas“, nachdem sie gegriffen hatte, war Chazz‘ Hand gewesen. Hastig ließ sie ihn los. „Ähm.. äh… das…“, stammelte sie verlegen und blickte nach unten. Chazz schüttelte belustigt den Kopf. Sie war ganz schön nervös… aber er nahm es ihr nicht übel, denn sie wurde gerade eben von einem Typen zusammen geschlagen. Was sollte man da erwarten? „Pass einfach besser auf. Ich mach eben den Verband um deinen Arm.“ Behutsam berührte seine warme Hand ihren verletzten Arm und wickelte einen weißen, sauberen Verband darum, den er aus einem Erste-Hilfe Kasten geholt hatte. Mio musste sich zusammenreißen, nicht gleich loszuschreien, da es bei jeder kleinsten Bewegung wehtat. Schlussendlich saß der Verband fest an ihrem Arm. Erleichtert atmete sie auf. Danach holte Chazz eine Salbe und Pflaster, um die anderen Verletzungen zu versorgen. Je länger es dauerte, umso nervöser wurde Mio. Allein schon die Tatsache, dass sie in seinem Zimmer war, war unangenehm genug. Dass Chazz aber noch ihre Blessuren versorgte, warf sie komplett aus der Bahn, denn: Ein Junge und ein Mädchen auf dem Bett. Der Junge ist nur ein paar Millimeter von ihr entfernt. Und er macht Salbe auf ihre Wunden, die sie an Armen und Beinen hat. Das ging doch mal gar nicht!! Wenn jemand herein kommen würde, was würde der bitteschön denken? Es sah so aus, dass sie…. Den Gedanken verscheuchte sie schnell. Jedenfalls kam ihr das alles absurd vor, sodass sie die ganze Zeit schwieg. Erst als ihr Blick nach links wanderte, hob sie verwundert eine Augenbraue. Chazz bemerkte ihren Blick und stoppte. „Du warst mal in Obelisk Blue?“, fragte sie interessiert, nachdem sie seine Uniform bis auf das kleinste Detail angeschaut hatte. „Ja, das war Anfang dieses Schuljahres gewesen“, antwortete er. Die Salbe tat er nun in seinen Kasten zurück. „Und warum bist du hier in Slifer?“, fuhr sie neugierig fort. Chazz verstaute seine Sachen zum Verarzten in seine Schublade zurück, sein Gesicht war von ihr abgewandt. Er antwortete ihr nicht. ‚Habe ich was Falsches gesagt?‘, dachte sie ängstlich. Chazz drehte sich zu ihr um. „Du willst aber auch echt alles wissen, oder? Wie lästig!“ Er seufzte und legte sich in sich bequemer Position neben sie auf sein Bett. „Ich habe die Duellakademie verlassen und bin zur Nordakademie gegangen. Nach dem Schulduell aber bin ich hier geblieben und musste von vorne anfangen.“ Er drückte seine Finger zur Faust zusammen. „Pah, obwohl der gute Chazz in ein besseres Haus gehört!“ Sie schmunzelte. Mio konnte sich schon denken, gegen wen er sich duellieren musste. Er legte sich auf die andere Seite, wodurch er ihr geradewegs ins Gesicht sah. Seine Miene war ernst. „Ach übrigens… erzähl den anderen davon nichts.“ Perplex über diesen schlagartigen Themawechsel starrte sie ihn an. Danach nickte sie, obgleich sie anderer Meinung war. Klar, es war merkwürdig, dass Chazz Mio gerettet hatte, denn beide standen auf Kriegsfuß. Bestimmt würden viele sie mit irgendwelchen sinnlosen Fragen durchlöchern. Aber andererseits war es für sie nicht schlimm, dass es die anderen wissen würden. Schließlich war es so und Punkt. Allerdings war es Chazz‘ Bitte gewesen und er hatte sie schließlich gerettet – da musste sie seine Entscheidung akzeptieren, das war mehr als gerecht. Ein Stein fiel von Chazz‘ Herzen. Froh atmete er aus. „Dann ist also alles geklärt.“ „Mhm…“ Herzhaft gähnte Mio. Letztendlich wurde sie von der Müdigkeit übermannt, welche sie bis jetzt nicht wahrgenommen hatte, aber das war nach alldem, was sie an diesem Tag erlebt hatte, mehr als verständlich. Desweiteren schmerzte nach wie vor ihre Wunde, wodurch sie sehr mitgenommen wurde. Kraftlos ließ sie sich in sein Kissen fallen. „Chazz? Kann ich vielleicht… hier bleiben? Über Nacht?“, fragte sie leise. Der Angesprochene hob gleichgültig die Schultern. „Mach, was du willst…“ Er gähnte und war ebenfalls kurz vor dem Einschlafen. „Was für ein Tag…“, murmelte er matt. Eine Antwort erhielt er nicht mehr, da Mio bereits, eng neben ihm liegend, in einen tiefen Schlaf gefallen war. Kapitel 12: Immer das Duellieren -------------------------------- Endlich! Endlich habe ich ein neues Kapitel hochgestellt.^^ Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber ich hatte viel zu tun und wusste an manchen Stellen nicht, wie ich was machen sollte. Jedenfalls bin ich recht zufrieden mit dem Kapitel und würde mich auf Reviews freuen. Übrigens bin ich dieses Mal speziell auf ein Pairing eingegangen ;-) Gemütlich spazierte Alexis an den Klippen entlang. Sie genoss die Aussicht auf das Meer, das durch das Sonnenlicht blau funkelte. Sie sah zum Himmel. Zwar ein wenig bewölkt, aber trotzdem schön. Es war Samstagmorgen, neun Uhr. Heute war der Feldtest, der eine wichtige Rolle in den Zensuren des Schuljahres spielen würde. Daher war es vonnöten, in Topform zu sein. Das Mädchen seufzte. Aber man konnte auch nur Leistungen bringen, wenn man pünktlich war. Ihre Gedanken schweiften zu Jaden. Vor ihrem geistigen Auge erschien ein lächelnder braunhaariger Junge. Er ließ ihr Herz jedes Mal höher schlagen. Sie fragte sich in letzter Zeit, warum ihr Bauch kribbelte, wann immer das Mädchen mit ihm gesprochen hatte. Zum Anfang des Schuljahres war sie an ihm interessiert gewesen, ja, aber dieses Gefühl hatte sie bis jetzt noch nie verspürt. Atticus, ihren Bruder, würde sie darauf auf keinen Fall ansprechen. Eher würde sie freiwillig bei Crowler nachsitzen. Damit Jaden genau das nicht aufgedrückt bekommen würde, hatte sie vor, ihn zu wecken. Vorher wollte sie jedoch noch an ihren Lieblingsort gehen, um ihre Gedanken im freien Lauf zu lassen. Sie lief durch einen kleinen Waldweg, durch den einzelne Sonnenstrahlen fielen. Hinterher bog sie rechts ab, um zum großen Vorsprung zu kommen, an dem Jasmin vom Affen Wheeler entführt wurde. Dort angekommen, erlebte sie eine Überraschung. „Jaden? Was machst du hier?“ An der Klippe saß ein braunhaariger Sliferstudent und blickte in die Ferne. Als er aufgerufen wurde, drehte er sich erstaunt um. Bei Alexis‘ Anblick grinste er. „Hey, Lex! Alles klar?“ Sie merkte, wie ihr Herz höher schlug. Was war los mit ihr? „J-ja und bei dir? Es wundert mich, dass du bereits wach bist.“ Alexis kam näher zu Jaden und nahm neben ihm Platz. Er schaute zum Horizont hinaus. „Ach, ich musste ein wenig nachdenken… findest du nicht auch, dass dieser Ort ein schöner Ausblick auf das Meer ist?“ Sie nickte. „Weißt du noch, als die Schattenreiter hinter uns her waren? Du hast abends auch hier gesessen und nachgedacht.“ Er lachte auf. „Haha, stimmt! Wir hatten aber auch viel um die Ohren gehabt!“ Alexis warf einen Blick von der Seite auf den Slifer Red. Seine nussbraunen Augen schimmerten im Sonnenlicht und spiegelten Wärme wider. Erneut erröteten ihre Wangen. Jaden hatte ihr immer das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit gegeben. Er war die Sonne gewesen, welche ihre schlechte Stimmung aufhellte. Sie versank völlig in ihren Gedanken und bemerkte nicht, dass Jaden ihr eine Frage gestellt hatte. „Ähm… Lex? Lex?“ Sie schrak auf. „Äh…ja?“ „Ich hatte gefragt, warum du hier auch öfters hinkommst.“ Alexis versuchte sich wieder zu fassen und antwortete: „Genau der gleiche Grund wie bei dir. Um nachzudenken. Außerdem ist es wunderbar, das Glitzern des Meeres zu sehen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Wenn man deprimiert ist, macht das alles einen viel fröhlicher.“ Zufrieden stimmte Jaden mit ihr überein. „Ja, wenn man mies drauf ist, wird man durch die Natur gleich aufgeheitert.“ Alexis spielte mit einem kleinen Stein, der neben ihr lag. Heute war Jaden irgendwie anders. Er wirkte angespannt und war im Gegensatz zu sonst sehr früh aufgestanden. Ob ihn etwas bedrückte? Das Mädchen schluckte. „Jaden… worüber…“ „Hm?“ ‚Komm schon Alexis, jetzt reiß dich zusammen! Frag ihn!‘ „Worüber… worüber denkst du nach?“ Er sah sie fragend an. „I-ich meine, es ist selten, dass du so nachdenklich bist! Normalerweise stehst du viel später auf und bist mit Syrus zusammen, aber nicht alleine. Ist etwas passiert?“ Jaden überlegte. Mit solch einer Frage hatte er nicht gerechnet, vor allem weil er selbst nicht einmal musste, warum er hier war. Er hatte einen seltsamen Traum gehabt, in dem seine Freunde in Gefahr waren – insbesondere Alexis. Für sie hatte er alles gegeben, war jedoch erfolglos und konnte sie nicht beschützen. Es war schrecklich, schwach und nicht stark genug gewesen zu sein und Angst um sie zu haben. Es hatte sich wie ein großes Loch in seinem Herzen angefühlt, seine beste Freundin zu verlieren. Als ob er in einen riesigen Abgrund fallen würde. Nachdem er verschwitzt aufgewacht war, musste er sich mehrmals vergewissern, dass alles nicht wirklich passiert war. Seine aufgewühlten Gefühle hatten ihn zu diesem Ort hingeführt. Außerdem hatte er immer wieder das Bild von Alexis in seinem Kopf. „Ach, ich habe einfach nur schlecht geschlafen.“ Schweigen herrschte zwischen den beiden. Jeder hing seinen Gedanken nach. Erst als Alexis auf die Uhr sah, sprang sie abrupt auf. „Himmel! In wenigen Minuten beginnt der Test!“ Ohne zu überlegen packte sie Jadens Handgelenk, was ihn völlig überrumpelte. „Äh, Lex, was…?“ Statt zu antworten, rannte das Mädchen mit ihm zum Hauptgebäude. Sie hatten es gerade noch rechtzeitig in die große Halle geschafft, als nun Crowler eintrat. Sofort verstummten alle. Alexis sah sich um. Die Halle wurde speziell für Tests gebaut, daher gab es mehrere Duellfelder, sodass sich mehrere Studenten gleichzeitig duellieren konnten. Ihre Leistungen wurden dann von den Lehrern ausgewertet. Alexis und Jaden erblickten Syrus in der Menge und gingen geradewegs zu ihm hin. „Jaden! Wo warst du?!“, flüsterte der Junge aufgebracht, während Crowler die Regeln mal wieder erklärte. „Sorry, Sy, aber ich war eben schon früher auf gewesen.“ „Du und früh auf?“ Jaden kratzte sich verlegen am Kopf. „Ehehe, naja…“ Die Obelisk Blue Studentin schaute sich suchend um. Nirgendwo konnte sie Mio entdecken. „Hey, Syrus, hast du Mio gesehen?“ Der Blauhaarige schüttelte den Kopf. „Leider nicht. Ich habe mehrmals an ihrer Tür geklopft, sie hat sie aber nicht geöffnet. Vielleicht hat sie verschlafen, aber ich schätze Mio so ein, dass sie sich Duelle nicht entgehen lässt, besonders diese wichtige Prüfung.“ Nachdenklich nickte das dunkelblonde Mädchen. Sie und Jaden hätten noch mal bei ihr vorbeischauen sollen, aber dazu war leider keine Zeit mehr gewesen. Ob etwas passiert war? ‚Aber nein, Mio doch nicht‘, versuchte sie sich einzureden. Jedoch ignorierte sie nicht die Tatsache, dass Fujisawa ebenfalls nicht anwesend war. Crowler weckte ihre Aufmerksamkeit, da er nun die Duellgegner festlegte. Erleichtert stellte die Studentin fest, dass sie gegen einen Obelisken antreten musste, der nicht sehr stark war. „Kommen Sie schon, Doktorchen, warum darf ich nicht gegen einen Obelisk Blue antreten?!“, hörte sie auf einmal Jaden aufgebracht rufen. Überrascht drehte sie sich um und erblickte den Sliferstudenten, der vergebens versuchte, den Lehrer zu überreden, gegen einen Obelisken anzutreten. „Nein, das ist gegen die Regeln und das erlaube ich nicht!“ „Aber waren Sie es nicht gewesen, der das Duell zwischen Chazz und mir arrangiert hatte?“, beharrte Jaden weiter. Crowlers Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Wieso konnte dieser Junge nicht die Klappe halten? Es stimmte zwar, dass er dieses Duell arrangiert hatte, um Jaden herauszuwerfen, aber jetzt war es etwas anderes. Denn so würde er dieser Niete einen Gefallen tun, was er auf keinen Fall tun würde. „Schluss, Ende der Diskussion!“, sprach er das Machtwort und ging nicht weiter auf Jaden ein. Dieser seufzte deprimiert. „Mann… ich hatte mich dabei echt auf neue Herausforderungen gefreut!“ „Dr. Crowler hat wirklich etwas gegen dich, Jaden!“, sagte plötzlich Alexis neben ihm. Er wandte sich zu ihr um. „Ja, aber nur, weil ich ihn damals vor allen Leuten geschlagen habe!“ Geknickt ließ er den Kopf hängen. „Ich hätte mich eigentlich damit abgefunden, gegen einen Slifer anzutreten, vor allem habe ich gehofft, gegen Mio anzutreten.“ Er zuckte mit den Schultern. „Naja, aber eigentlich hätte ich mich auch ganz gerne wieder mit dir duelliert, Alexis.“ Dabei sah er sie mit einem liebevollen Lächeln an. Alexis‘ Herz machte einen Hüpfer. Sie war sehr von Jadens Worten geschmeichelt und fühlte ein Kribbeln im Bauch. Sie antwortete mit leicht geröteten Wangen: „Ich auch, Jaden.“ Nach gut zwei Stunden waren die meisten Duelle vorbei, darunter auch das von Alexis. Sie wartete, bis Jaden seinen Gegner besiegte und fing ihren Freund ab, der eben noch seinen Lieblingssatz „So spielt man!“ sagte. „Auch schon fertig?“, fragte er breit grinsend. Sie zuckte mit den Schultern. „Naja, war nicht wirklich schwer.“ Beide unterhielten sich ein wenig, bis Alexis Chazz vom Weiten erblickte. Jaden folgte ihrem Blick. „Weiß er vielleicht, was mit Mio ist?“ Das Mädchen verneinte. „Nein, immerhin sind sie-“ „Egal, ich frag mal.“ Ohne eine Antwort zu erwarten, winkte er dem Schwarzhaarigen zu. Dieser hielt inne, würdigte Jaden aber keines Blickes. „Hey, Chazz, hast du vielleicht Mio gesehen?“ Bei der Nennung ihrer Namens zuckte der Junge zusammen, Jaden bemerkte das allerdings nicht und fuhr fort: „Ich meine, Duelle mag sie ziemlich, oder? Also, so wie ich sie einschätze. Deswegen wundere ich mich, dass sie nicht gekommen ist.“ Er lachte auf. „Haha, dann kriegt sie wahrscheinlich Nachsitzen bei Crowler oder so! Die arme, normalerweise hab ich das immer. Heute kam ich pünktlich, komisch, nicht? Jedenfalls habe ich gehofft, gegen Mio anzutreten, aber naja, sie…“ „Halt die Klappe, Jaden!!“, fuhr Chazz ihn unerwartet an. „Es kann dir egal sein, was mit Mio ist und lass mich in Ruhe!!“ Mit diesen Worten rauschte er achtlos an Jaden vorbei. Alexis sagte kopfschüttelnd: „Kann er nicht einmal nett sein? Unmöglich, dieses Verhalten.“ „Tja, ich weiß auch nicht, welche Laus ihm über die Leber gelaufen ist…“ „Wie wäre es“, schlug Alexis vor, „wenn wir mal nach ihr sehen? Ich denke, da wir ihre Freunde sind, sollten wir das auf jeden Fall tun. Wer weiß, ob irgendetwas passiert ist.“ „Okay! Dann los! Ich geh eben kurz zu Sy und gebe ihm Bescheid. Er muss nämlich noch auf seinen Duellpartner warten.“ Nachdem alles geklärt war, verließen die beiden die Prüfungshalle und machten sich zur roten Unterkunft auf. Chazz, der zu einem Duell musste, sah ihnen eifersüchtig hinterher. Alexis war auch zu oft mit Jaden unterwegs! Wieso gab sie sich mit diesem Einfaltspinsel ab? Er, Chazz war viel intelligenter und gehörte zur Elite! Sie hatte den Slifer ganz und gar nicht verdient. Hinzu kam, dass sie den „Krankenbesuch“ als Vorwand nehmen, um zusammen Zeit zu verbringen. Es ließ ihn vor Wut kochen. Er schüttelte den Kopf. Jetzt musste er sich erst einmal um sein Duell kümmern. Danach würde er weitersehen. „Ein herrliches Wetter!“, sagte Alexis, während sie mit Jaden den Waldweg entlang lief. Sie war ein wenig nervös, weil sie mit Jaden noch nie den Tag allein verbracht hatte. Meistens waren Syrus oder Bastion dabei, sodass die Gespräche meistens um Duellstrategien und um Schule handelten – eben etwas Alltägliches und Typisches für die Jungs. Aber jetzt, mit ihm alleine war die Situation alles andere als gewohnt. „Ja, auch klasse, dass wir uns heute duellieren konnten! Ich hasse eigentlich Prüfungen, aber wenn’s um Duelle geht, bin ich dabei!“, grinste der Braunhaarige. Wehmütig lächelte Alexis. Musste Jaden immer nur von Duellen reden? Innerlich seufzte sie. „Und hast du gesehen, wie ich mit Sparkman ihm den Rest gegeben hatte? Seine Donnerattacken waren genial!“ „Ja..“ „Und wie die Lebenspunkte so schnell auf null gesunken sind?“ „Mhm…“ Langsam verlor Alexis das Interesse. Klar, normalerweise war sie sehr in das Duellieren interessiert – deswegen war sie auf Jaden aufmerksam geworden, denn er bewies seine Fähigkeiten. Aber konnte er das nicht auf ein anderes Mal verschieben? Gerade wenn sie mal allein waren... „Naja, aber…“ Jaden kratzte sich verlegen am Kopf, „…wollen wir nicht, ähm.. deswegen.. oder auch weil du…“ Sie erreichten die Unterkunft. „Ach, vergiss es!“ Perplex sah Alexis ihn an. Was war denn auf einmal mit Jaden los gewesen? Heute war er völlig neben der Spur und war nervös. Sie hob die Schultern. Wahrscheinlich war es nichts Wichtiges, sonst hätte er mit ihr bestimmt gesprochen. „Dann lass uns gehen.“ Sie stiegen gemeinsam die Treppe hinauf und kamen an Mios Tür an. Vorsichtig klopfte Alexis an und wartete. Nichts passierte. Erneut klopfte sie an, aber die Tür öffnete sich nicht. Sie runzelte die Stirn. „Mio, ich komme jetzt rein!“ Sie öffnete die Tür für einen kleinen Spalt. Ein schmaler heller Lichtstrahl schien durch das dunkle Zimmer. „Mio?“, sagte Alexis leise und trat einen kleinen Schritt hinein. Jaden war hinter ihr. Die Blondhaarige sah zum Bett. Sie konnte im Dunkeln zwar nur schwarze Umrisse erkennen, war sich aber sicher, dass es ihre Freundin war, die schlief. Sie seufzte erleichtert. „Wollen wir sie wecken?“, flüsterte Jaden. „Hm, lassen wir sie lieber schlafen“, entschied sie. „Es würde sowieso nichts mehr ändern und außerdem sollte sie sich ausruhen, wer weiß, was gestern alles passiert ist“, flüsterte sie leise, während sie aus dem Raum ging. Jaden guckte sie verwundert an. „Was soll denn passiert sein?“ „Keine Ahnung, aber findest du es nicht auch seltsam, dass Mio nicht zur Prüfung gekommen ist? Außerdem hat Chazz ziemlich überreagiert, oder?“ „Weiß nicht, aber wenn du meinst…“ „Lass uns abwarten und nachher noch mal vorbeikommen, okay?“ Er nickte. „Na gut! Aber“, er kratzte sich am Kinn, „was sollen wir jetzt machen? Hast du ‘ne Idee, Lex?“ Ratlos zuckte sie mit den Achseln. „Dann lass uns…“ er stoppte kurz. Sollte er sie wirklich fragen? Vielleicht wollte sie lieber mit ihren Freundinnen etwas unternehmen und nicht mit ihm. Er würde sie wahrscheinlich nur langweilen, während Alexis eher ganz woanders sein würde. ‚Komm schon, Jaden, ihr seid doch nur Freunde! Was ist so schlimm daran? Ein Versuch wäre es jedenfalls wert.‘ Der Junge holte tief Luft, ehe er zu sprechen begann. „Wenn du Lust hättest, könnten wir i-ins Einkaufszentrum gehen. I-ich meine natürlich, wenn du nichts dagegen hast. Einfach so eben.“ Erstaunt sah sie ihn an. Hatte Jaden Yuki, der nur Duelle im Kopf hatte, sie um eine Shoppingtour gefragt? Das musste ein Traum sein! Niemals würde er so etwas tun! Nicht Jaden. Dieser bemerkte ihr Zögern und blickte leicht enttäuscht zu Boden. „Ich versteh schon, du willst lieber…“ „Das wäre toll!“ „..ich weiß, das war dumm, aber…“ Plötzlich hielt er inne. „Was hast du gerade gesagt?“ „Ich sagte, dass das toll wäre, wenn wir beide… ins Einkaufszentrum gehen.“ Er konnte es gar nicht fassen. Sie hatte wirklich zugestimmt! Auf seinem Gesicht bildete sich ein breites Lächeln. „Super!! Dann lass uns losgehen!!! Ich muss dir unbedingt die neusten Karten zeigen!“ „Äh, Jaden, ich dachte…“ „Na los!“ Alexis‘ Einspruch ignorierend nahm er ihre Hand und rannte los. ‚Na das kann ja toll werden‘, dachte das Mädchen sarkastisch. Es war Nachmittag. Die Sonne schien in orangenfarbenen Tönen durch die Vorhänge. Mio blinzelte vorsichtig und öffnete langsam ihre Augen. Ihre schweißnassen Haare klebten an ihren Wangen. Ihr Kopf war heiß und als sie versuchte, sich aufzusetzen, wurde alles schwarz um ihre Augen. Erschöpft ließ sie sich zurück in ihr Bett fallen; die Schwarzhaarige fühlte sich krank elend. Sie spürte ein unangenehmes Pochen an ihrem Arm. Sie brauchte einige Zeit, ehe schlagartig die schlimmen Erinnerungen von letzter Nacht in ihr Gedächtnis gerufen wurden: Fujisawa hatte sie verraten und zusammengeschlagen. Es war schrecklich. Aber wie kam sie hierher? Momentan befand sie sich in ihrem Zimmer, konnte sich allerdings nicht erinnern, wie sie hierhergekommen war. Sie schloss ihre Augen. Nein, das konnte nicht sein. „Das ist unmöglich“, flüsterte sie zu sich selbst. Bilder von Chazz Princeton schossen durch ihren Kopf. Sie konnte klar und deutlich sein Zimmer vor sich sehen und seinen besorgten Blick. „Das kann nicht sein… ich muss geträumt haben“, murmelte sie. Es war unwahrscheinlich, dass er ihr geholfen hatte. Immerhin hasste er sie. Morgens hatten sie sich sogar heftig gestritten. Aber wer sonst hätte das machen sollen? Er wusste zwischen ihr und Fujisawa Bescheid und hatte sie gewarnt. Alleine hatte sie es auf jeden Fall hierhin nicht geschafft. Wunden versorgen konnte sie gar nicht, so viel war klar. Mio seufzte. Dann war es wohl oder übel doch kein Traum gewesen. Einerseits wusste sie nicht, was passiert wäre, wenn Chazz nicht gekommen wäre, andererseits hatte sie keinen Plan, wie sie ihm in nächster Zeit gegenüber treten sollte. Vielleicht würde er sie ignorieren und ihr aus dem Weg gehen. Oder er würde sich über sie lustig machen. Die Sache war auch zu kompliziert! Sie bekam schon Kopfschmerzen vom vielen Nachdenken. Auf einmal hörte sie ein Klopfen. Ihr Herz fing an zu klopfen. War es vielleicht Chazz? Wollte er sie besuchen? Sie schluckte. „Herein!“, sagte sie mit leiser Stimme. Ihre linke Hand verkrampfte sich. Wie sollte sie ihm entgegen treten? Und wie würde Chazz zu ihr sein? Wieder ganz der alte oder so fürsorglich wie gestern Abend? Die Tür öffnete sich. Mios Herz blieb stehen. „Mio! Wie geht es dir?“, rief Alexis fröhlich. Hinter ihr kam Jaden zum Vorschein. Er grüßte Mio mit seinem typischen Lächeln. „Hey, Leute“, begrüßte sie die beiden. Sie ließ sich nichts anmerken, aber innerlich war sie enttäuscht, dass es nicht Chazz war. Verwundert über ihre Gefühle versuchte sich die Schwarzhaarige, den Jungen erstmals aus ihren Gedanken zu verbannen. Alexis trat ans Fenster und öffnete die Vorhänge. Mio blinzelte, als das Licht hinein schien. „Meine Güte, hast du lange geschlafen! Wir haben schon vier Uhr nachmittags!“ Überrascht hob Mio ihre Augenbrauen. „Bitte? Schon so spät??“ Alexis drehte sich zu ihr um. „Sag mal, warum hast du eigentlich…“ Das Mädchen erstarrte und musterte erschrocken Mio. „Mein Gott, Mio! Was zum Teufel ist mit dir passiert?!“, sagte sie aufgebracht. Jaden stand neben Alexis und war ebenso verwundert. Die Angesprochene probierte, sich aufzusetzen, was ihr jedoch nicht gelang und sie kraftlos ins Bett zurück sank. Sie hob ihren verbundenen Arm hoch. „...Das?“ Sie wollte ungern an den gestrigen Abend erinnert werden. Zudem erinnerte sie sich an Chazz‘ Worte. Er wollte nicht, dass die anderen davon wussten, dass er ihr geholfen hatte. Also musste sie sich schleunigst etwas zusammenreimen. „Naja, gestern… hatte ich eine Auseinandersetzung mit Fujisawa, nach dem Nachsitzen. Gestern war ich zu erschöpft, um jemanden von euch Bescheid zu geben.“ „Zu erschöpft? Mio, Jadens Zimmer ist nur ein paar Türen weiter!“, meinte Alexis vorwurfsvoll. „Sie hat recht. Du hättest ruhig kommen können“, schloss sich Jaden Alexis‘ Meinung an. Mio schwieg. Die Obelisk Blue-Studentin deutete auf die Blessuren ihrer Freundin. „Und was ist hiermit? Hat dir das alles… Fujisawa zugefügt?“ Sie wurde leise. Alexis wollte ungern ihre Freundin über die gestrige Nacht ausfragen. Mio nickte knapp. Dann lächelte sie gequält. „Keine Sorge, es ist aber nichts Schlimmes passiert.“ „Nichts Schlimmes? Mio, deine Verletzungen sind alles andere als harmlos!“ Alexis setzte sich auf Mios Bettkante und musterte sie besorgt. Jaden nahm auf ihrem Drehstuhl Platz. „Willst du nicht lieber zu unserer Ärztin Miss Fontaine gehen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein.“ Alexis seufzte. Warum musste Mio auch so stur sein? Aber sie sollte trotzdem ihre Entscheidung respektieren. „Na gut, dann ruh dich noch mal gut aus. Ich gehe eben noch ein kühles Tuch Wasser holen.“ Damit stand Alexis auf und ging in Mios Badezimmer. Jaden lehnte sich im Drehstuhl zurück. „Übrigens musst du dir keine Gedanken wegen der Prüfung von heute machen. Wir werden…“ Ehe er seinen Satz vollenden konnte, setzte sich Mio ruckartig auf, ohne ihren Zustand zu beachten. „Scheiße!! Ich habe total die Prüfung vergessen!“ Alexis, die ein kühles Tuch geholt hatte, eilte zu Mio, um sie mit sanfter Gewalt in ihr Bett zu drücken. „Mach dir darüber mal keine Gedanken“, munterte Jaden sie auf. „Wir werden uns darum kümmern. Dabei hab ich gehofft, dass wir gegeneinander hätten kämpfen können.“ „Pah, ich hätte lieber Chazz vermöbelt!“, maulte Mio grimmig. Alexis lächelte. „Es kommen bestimmt noch weitere Duellprüfungen.“ „Bis dahin musst du erst einmal wieder gesund werden“, meinte Jaden grinsend. Er erhob sich, Alexis ebenfalls. „Also, falls etwas ist: Nebenan kannst du jederzeit kommen. Mich kannst du über dein PDA erreichen, okay?“, schlug das Mädchen vor. Sie schritt zur Tür und drehte sich noch einmal um. „Zur Not kannst du ja auch Chazz fragen“, neckte sie und schloss die Tür hinter sich. Zurück blieb eine verdutzte Mio. Sie war sich sicher, dass ihre Freundin das nur auf Spaß gemeint hatte, aber im ersten Moment hatte die Schwarzhaarige es ernst genommen. ‚Ob er mir noch einmal helfen würde? War das gestern nur Zufall, dass er vorbeikam? Ich habe keinen blassen Schimmer.‘ Mio kuschelte sich in ihre Bettdecke ein und fiel nach kurzer Zeit in einen tiefen Schlaf. Alexis und Jaden standen derweil an der Felsenklippe, die sich unmittelbar neben der roten Unterkunft befand. Nachdem sie Mio Besuch abgestattet hatten, hatte Alexis vorgeschlagen, zur Klippe zu gehen. Selbstverständlich um über den Vorfall zu reden, der letzte Nacht passiert war. „Ich frage mich, was jetzt mit Fujisawa ist“, fragte sich Alexis, „Ich hoffe, er hat seine gerechte Strafe bekommen.“ Die Blondhaarige drehte sich zu Jaden. Die Sonne ließ ihre Haare in verschiedenen Haartönen leuchten. Der Sliferstudent sah sie lange an, ehe er sich fasste und antwortete. „Bestimmt. Aber schade, ich hätte mich mal gerne mit ihm duelliert.“ Bei diesen Worten stieg Wut in Alexis auf. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. „Sag mal, spinnst du?!! Wie kannst du immer nur ans Duellieren denken, wenn eine Freundin von uns in Gefahr war?! Kannst du nicht wenigstens einmal das Duellieren hintan stellen? Selbst heute Mittag haben dich nur die Karten interessiert! War ich dir egal?!“ Ohne ihn eines Blickes zu würdigen kehrte Alexis Jaden den Rücken zu und rannte weg. Jaden sah ihr verblüfft hinterher. „Was habe ich denn falsch gemacht?“ Sein Blick wanderte traurig zum Meer. „Ich wollte echt nicht so rücksichtslos sein… aber denke ich wirklich nur ans Duellieren?“ Der Braunhaarige dachte an den Mittag zurück, als Alexis und er im Einkaufszentrum waren. Er gab zu, dass sie nur in Kartenläden waren, aber das war doch nicht schlimm, oder? Er hatte keineswegs vorgehabt, sie zu langweilen, geschweige denn zu verletzen. Sie war seine beste Freundin und Jaden wollte etwas mit ihr unternehmen. Doch offenbar erfolglos.. Es versetzte ihm einen Stich ins Herz, als er ihre traurigen Augen sah, die sonst vor Freude funkelten. Noch lange stand Jaden an der Klippe und sah auf das Meer, bis es dämmerte und die Sonne am Horizont war. Hoffentlich war morgen alles wieder in Ordnung…. Kapitel 13: Das Aufeinandertreffen ---------------------------------- An alle wünsche ich erstmal nachträglich ein frohes neues Jahr! Ich hoffe, ihr seid gut reingekommen.^^ Viel Spaß beim Lesen. Am nächsten Morgen wachte Mio um elf Uhr auf. Sie stellte fest, dass sie am Arm so gut wie keine Schmerzen mehr spürte. Auch hatte sie glücklicherweise kein Fieber mehr. Anscheinend hatte sich das Ausruhen gestern gelohnt. Herzhaft gähnte sie und erhob sich aus ihrem Bett. Sie ging ins Bad, um sich umzuziehen und eine frische Dusche zu nehmen. Sie wickelte sich in ein trockenes Handtuch und holte ihre Anziehsachen, die aus einem dunkelblauen Top, einem weißen Rock und einer blauen Haarspange bestanden. ‚Mist, ich habe ja gar keinen frischen Verband!‘, ärgerte sie sich. Erst als sie neben ihr Bett sah, hellte sich ihr Blick auf: Genau dort fand sie das, was sie brauchte. Mio lächelte. Chazz dachte wirklich gut mit, das hatte sie ihm gar nicht zugetraut. Nachdem sie den Verband gewechselt hatte, beäugte sie genauer ihre Blessuren. Ihre linke Wange war noch immer ein wenig geschwollen und an ihrem linken Bein hatte sie eine Prellung. Die anderen Verletzungen waren nach Mios Sicht nur „kleine Kratzer“. Abgesehen von ihrem Arm, um den sie den frischen Verband wickelte. Als ihr Magen knurrte, beschloss Mio, zu frühstücken, denn sie hatte einen ganzen Tag lang nichts gegessen. Sie marschierte zur ihrer Tür und legte ihre Hand auf die Türklinke, zögerte aber. Wenn sie ihr Zimmer verließe, entstände eine große Wahrscheinlichkeit, auf Chazz zu treffen. Dabei wollte sie ihm für die nächste Zeit aus dem Weg gehen. Zumal war es ihr peinlich, dass sie und Chazz... in einem Bett zusammen geschlafen haben. Die Röte stieg ihr ins Gesicht. Wie sollte sie Chazz denn so gegenüber treten? Vor allem wusste sie nicht, wie er die Situation sah. Höchstwahrscheinlich würde er sie ignorieren und so tun, als ob nichts gewesen wäre. Traurig senkte sie ihren Kopf. Dabei kamen sie doch am Abend gut miteinander aus! Aber für Chazz würde es nichts bedeuten. Ja, das war typisch für ihn. Es ging sowieso nur um ihn selbst, die anderen waren ihm egal. Vor allem sie, Mio. Für ihn war sie bloß ein unerzogenes Gör.. jedes andere Mädchen wäre ihm tausendmal wichtiger. Sie schüttelte den Kopf. Warum war sie so traurig? Sie redete von Chazz Princeton, von demjenigen, den sie von Anfang an gehasst hatte! Er konnte ihr egal sein, so wie sie es bei ihm war. Nachdem sie sich selbst beruhigt hatte, schritt sie nach draußen. Heute war wieder ein herrliches Wetter! Mio genoss die wohltuende Wärme und atmete die frische Luft ein. Ein perfekter Sonntagmorgen! Mio ging hinunter zur Kantine. Sie atmete tief durch und öffnete die Tür. Erleichtert sah sie sich um: Kein Chazz weit und breit zu sehen! Stattdessen erblickte sie Jaden und Syrus, zu denen sie sich sofort gesellte. „Guten Morgen!“ Syrus schaute auf. Auf seinem Gesicht bildete sich ein Lächeln. „Mio!! Ich bin froh, dass…“ Als er genauer hinsah, fiel der Blauhaarige beinahe vom Stuhl. „W-was.. i-ist denn mit dir passiert? D-du musst sofort zur Krankenstation!“, rief er mit hoher Stimme. Die Schwarzhaarige ging derweil an ihm vorbei und holte sich ihr Frühstück. Danach setzte sie sich seelenruhig neben ihn hin, ehe sie antwortete. „Kein Grund zur Aufregung. Sind nur ‘n paar Kratzer.“ „Kratzer?! D-das sieht alles ziemlich schrecklich aus!“ „Du siehst Gespenster“, sagte sie, während sie sich Reis in den Mund schob. „Außerdem komme ich erst in die Krankenstation, wenn ich kurz vorm Umkippen bin.“ Ihr Freund seufzte. „Unverbesserlich..“ Sein Blick wanderte besorgt zu Jaden. Mio fiel auf, dass er die ganze Zeit noch gar nichts gesagt hatte. Er hatte nicht einmal sein Essen angerührt. Der Braunhaarige blickte betrübt auf den Tisch und nahm von alldem nichts wahr. „Was ist denn mit Jaden los?“, flüsterte Mio zu Syrus. „Ich habe keine Ahnung. Gestern ging es ihm eigentlich ganz gut…“ Mio rieb sich das Kinn und dachte nach. ‚Gestern war er mit Alexis bei mir.. ob es mit ihr etwas zu tun hatte?‘ „Sag mal, Syrus, mit Jaden hattest du dich nicht gestritten, oder?“ Er schüttelte energisch den Kopf. „Auf keinen Fall! Jaden und ich hatten uns so gut wie nie gestritten!“ ‚Dann muss etwas zwischen den beiden vorgefallen sein‘, schloss Mio. Sie legte eine Hand auf seine Schulter. „Mach dir keinen Kopf! Es wird ihm die nächsten Tage bestimmt besser gehen!“ Dankbar nickte er. „ Bestimmt.“ Nach dem Frühstück machte sich die Studentin zurück in ihr Zimmer auf. In dem Moment vibrierte ihr PDA. Erstaunt sah sie nach. Na du? Ich hoffe, dir geht es wieder besser. Heute hat das Freizeitgebäude auf. Hast du Lust mit Mindy, Jasmin und mir dort hinzugehen? Alexis Mio lächelte. Natürlich würde sie kommen. Schnell tippte sie ihre Antwort ein und gab einen Treffpunkt an. Danach zog sie sich ihre Jeansjacke über, um ihren Arm und die meisten Blessuren zu bedecken, immerhin wollte sie die neugierigen Blicke der Leute vermeiden. Anschließend machte sie sich zum Treffpunkt auf. Von weitem sah sie bereits die drei Mädchen. Sie winkte ihnen zu und umarmte sie zur Begrüßung. „Wir haben uns Sorgen gemacht, weil du gestern nicht da warst“, sagte Mindy, während sie zu viert die Einkaufshalle betraten. „Meine Güte! Woher hast du diese Verletzungen in deinem Gesicht?“ „Naja…“, Mio legte sich eine Antwort zurecht, „…am Freitagabend hatte ich Auseinandersetzungen mit Fujisawa.“ „Was?!“, stieß Jasmin entsetzt aus. „Wie schrecklich…“ „Jetzt hört mal auf, Mio auszufragen, immerhin sind wir im Shoppingcenter und nicht bei einem Verhör“, sagte Alexis. Darauf lachten die Drei. „Da hast du recht. Tut uns leid, Mio, dass wir so aufdringlich waren. Also dann, wohin sollen wir zuerst gehen?“ Gemeinsam durchstöberten sie die Geschäfte und probierten die verschiedensten Klamotten an. Dabei stellte Mio fest, dass es mit ihren Freundinnen eine Menge Spaß machte, shoppen zu gehen. Bei Fujisawa herrschte die ganze Zeit über eine angespannte Stimmung und es war alles andere als entspannend. Im Moment spielten die Gedanken, die sie sonst immer bedrückt hatten keine Rolle. Es zählte einzig und allein der Spaß. „Lasst uns zum Schmuckladen gehen, ja?“, sagte Mindy. „Aber du hast doch schon genug! Lasst uns lieber in den Klamottenladen von da vorne gehen“, wandte Alexis ein. „Och nee..Jasmin, was meinst du?“ „Ich möchte mir noch eine Kette kaufen!“ „Wie wär’s wenn Mindy und Jasmin in den Schmuckladen gehen und Alexis und ich in den Klamottenladen?“, schlug Mio vor. „Okay, dann bis gleich!“ Jasmin zog Mindy mit sich. Innerhalb von ein paar Sekunden waren sie in der Menge verschwunden. „Dann mal los!“ „Warte“, sagte Alexis. Abrupt blieb Mio stehen. „Ja?“ „Also… ich bin froh, dass wir heute hier sind.“ Die Schwarzhaarige lächelte. „Ich auch. Man kann all die bedrückenden Gedanken für eine Weile vergessen.“ Alexis nickte. „Weißt du…“, begann Mio, „ich denke, du solltest dir über Jaden nicht den Kopf zerbrechen.“ Überrascht sah ihre Freundin sie an. „Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber es hat auf jeden Fall etwas mit Jaden zu tun, oder?“ Alexis blickte betrübt zu Boden. Mio ging auf sie zu und nahm sie in den Arm. „Das wird schon, da bin ich mir sicher.“ Erleichert hob Alexis den Kopf. „Danke!“ Das Mädchen wollte gerade noch etwas erwidern, als sie plötzlich eine Person von weitem erblickte. Ihre Augen weiteten sich. „Oh mein Gott!“ Wie vom Blitz getroffen rannte sie in irgendein Geschäft und versteckte sich hinter der Scheibe. Alexis sah ihr verdutzt hinterher. Was war denn jetzt auf einmal los? Sie merkte, wie sie angesprochen wurde. „Hallo, Alexis!“ Sie drehte sich um. Vor ihr stand niemand anderes als Chazz Princeton. „Äh, hallo, Chazz. Was machst du hier?“ „Ich mache Besorgungen. Hast du Lust, mitzukommen?“ „Nein, danke, ich bin mit… Mindy und Jasmin shoppen.“ Dabei deutete sie zum Schmuckladen, in dem man die beiden am Schaufenster sehen konnte. Chazz seufzte. „Na dann kann man nichts machen. Lass uns das ein anderes Mal machen, ok?“ Mit diesen Worten zog er von dannen. Sie sah ihm hinterher. Von hinten hörte Alexis, wie Mio langsam aus ihrem Versteck kam. „Mio, was sollte das? „Ist er weg?“ „Warum bist du abgehauen?“ „Er ist nicht mehr hier, oder?“ „Mio, ich habe dich was gefragt.“ „Hoffentlich taucht er nicht mehr wieder auf.“ „Mio!“ „Hm?“ „Meine Frage!“ „Achso, äh…ich bin in einen Laden gegangen?“ Alexis‘ Augen verengten sich zu Schlitzen. „Wollen wir nicht erst ins Geschäft gehen?“ Alexis schnaubte abfällig. „Eine Antwort bist du mir trotzdem schuldig.“ „Jaja, lass uns aber jetzt gehen.“ Alexis gab sich geschlagen und folgte Mio in den Laden. So schnell würde sie aber nicht davonkommen! Denn seit wann ging Mio Chazz aus dem Weg? Irgendetwas musste passiert sein, aber was? Hoffentlich würde ihre Freundin ihr bald antworten. „Haaach… was für ein klasse Tag!“ Es war vier Uhr nachmittags und die vier Freundinnen hatten ihre Shoppingtour erfolgreich vollendet. Abgesehen von dem kleinen Zwischenfall mit Chazz, wovon Alexis nach wie vor eine Antwort von Mio erwartete. „Ja, nur leider fängt die Schule morgen wieder an“, seufzte Mindy. „Glaubt ihr, wir schreiben einen Test?“, fragte Mio. „Bei Dr. Crowler denke ich schon“, vermutete Alexis. „Das bedeutet heute noch lernen…“, schloss Mio. „Willst du mit uns kommen?“, schlug Jasmin vor. „Gerne doch!“, freute sich die Slifer Red. Zusammen machten sie sich in die blaue Mädchenunterkunft auf. Bisher hatte Mio das Gebäude nur von außen gesehen, allerdings von innen überhaupt nicht. Daher konnte das Mädchen nur staunen, als sie in der Eingangshalle waren. Die Wände waren in Goldtöne getaucht und mit eindrucksvollen Gemälden ausgestattet. Man könnte meinen, sich in einem Palast zu befinden. Dasselbe galt für die Zimmer: Hochwertige Couches und edle Betten. „Ganz schön edel hier..“ „Schade, dass du hier nicht auch wohnst“, sagte Jasmin. Mio lächelte. „Vielleicht schaffe ich es nächstes Jahr, hierhin zu kommen.“ „Unbedingt, streng dich also gefälligst an!“, fügte Mindy dazu. „Abwarten..“ Die vier Mädchen machten es sich in Alexis‘ Zimmer gemütlich und setzten sich auf ihr Bett. Mindy und Jasmin lasen eine Zeitschrift, Alexis las ein Buch und Mio ging den Schulstoff noch einmal durch. Ab und zu unterhielten sie sich ein wenig, das Thema handelte jedoch zum größten Teil über Jungs. „Zane sieht am besten aus.. hach, er hat die schönsten Augen!“, schwärmte Jasmin. „Nein, Alexis‘ Bruder Atticus ist der Hübscheste der gesamten Akademie!“, erwiderte Mindy. Bei diesem Kommentar stutzte Mio, wobei sie sich für Mindys Schwärmerei überhaupt nicht interessierte. „Alexis? Du hast einen älteren Bruder?“ Die Angesprochene seufzte auf. „Ja, und er ist ein totaler Frauenheld und flirtet mit den Mädchen die ganze Zeit herum. Das macht er meistens am Strand.“ Ruckartig sah Mio von ihrem Schulbuch auf. „Was? Am Strand? Auch heute?“ Überrascht musterte Alexis sie. „Keine Ahnung, wieso?“ „Dann könnte ich ihn zu einem Duell herausfordern!“ Hinter ihr stöhnte Mindy auf. „Ach, Mio… Ich dachte, du wolltest Atticus kennen lernen.. Denkst du immer nur ans Duellieren?“ Alexis zuckte dabei zusammen. Sie hatte das alles schon einmal gehört, nämlich bei Jaden. „Uh, eigentlich nicht, aber was bringt mir das, wenn er nur herumflirtet?“ „Du bist echt ein hoffnungsloser Fall, Mio! Du hast keine Ahnung von Liebe, habe ich recht?“, stellte Jasmin fest. Die Schwarzhaarige verschränkte beleidigt die Arme vor ihrer Brust. „Das stimmt nicht!“ „Bist du etwa verliebt??“, platzte es plötzlich aus Mindy heraus. „Nein?!“, gab Mio zurück. „Sicher?“ „Ja.“ „Streitest du es nicht ab?“ „Abstreiten?! Was soll ich denn abstreiten?“ „Na dass du verliebt bist!“ „Ich sagte doch, ich bin nicht verliebt!“ „Hm… magst du nicht …vielleicht Bastion? Oder Zane?“ „Nein.. wie oft…“ „Jasmin! Lass sie doch einfach!“, nahm Alexis Mio in Schutz. „Pah, das musst du gerade sagen! Dabei bist du die Schlimmste bei deinem Jaden!“ „Jaden?! Der kann mir gestohlen bleiben!! Das Einzige, an was er denkt, ist das Duellieren! Er.. er..“, Alexis musste mit den Tränen kämpfen, „..interessiert sich nicht für mich!! Ich bin ihm vollkommen egal!!“ Auf einmal herrschte betretenes Schweigen im Raum. Man konnte das Ticken der Uhr hören. Jasmin machte sich Vorwürfe, ihre Freundin verletzt zu haben, Mindy ärgerte sich, das Thema angesprochen zu haben und Mio war sauer auf Jasmin. „Leute… vergessen wir das alles, okay?“, sagte Alexis nach einer Weile. „Alexis hat recht, es ist unnötig, darüber weiter nachzudenken“, bestätigte Mindy. Die anderen beiden nickten. Mio sah auf die Uhr. „Schon gleich fünf Uhr.. ich sollte pünktlich zum Abendessen da sein.“ Dabei musste das Mädchen unweigerlich daran denken, auf Chazz treffen zu können. „Iss doch hier!“, schlug Alexis vor. „Meinst du? Ich bin immerhin ein Slifer…“ „Macht doch nichts! Oder Leute?“ „Auf keinen Fall! Du musst unbedingt vom Essen probieren, Mio!“ „Danke, Mädels! Das werde ich!“ Um Punkt sechs gab es Abendessen. Es wurden die köstlichsten Speisen serviert, die es normalerweise nur bei fünf-Sterne Restaurants geben würde. Sie waren das Beste, was sie jemals gegessen hatte, abgesehen von damals. Sie erinnerte sich noch gut an den Koch, der zu festen Zeiten das Essen serviert hatte. Das war aber nur so lange, bis sie sechs Jahre alt wurde. Von da an hatte sich alles für sie verändert. Deshalb war es umso schöner, mal wieder etwas Richtiges in den Bauch zu bekommen, obwohl das Essen in Slifer Red ihr vollkommen ausgereicht hatte. Man musste sich eben mit dem, was man hatte, zufrieden geben. Viele der Obelisk Blue Mädchen musterten Mio, machten sich aber nichts weiter daraus und redeten normal mit ihren Freundinnen weiter. Manche kamen allerdings auch auf sie zu und führten mit ihr ein Gespräch und fragten neugierig nach, woher sie denn diese Wunden habe. Da kamen ihr Jasmin und Mindy zur Hilfe, denn es sollte immerhin nicht jeder über den Vorfall zwischen ihr und Fujisawa wissen. Alles in allem war es ein sehr entspannender und ruhiger Abend für Mio und ihre Freundinnen gewesen. Um acht Uhr machte sich das Mädchen langsam auf den Weg. „Also dann. Der Tag war wirklich klasse! Lasst uns das wiederholen, okay?“ „Klar doch!“, antworteten Jasmin und Mindy aus einem Munde. Alexis nickte ihr lächelnd zu. „Bis morgen!“ Zum Abschied umarmten sie sich und Mio machte sich auf den Weg zur roten Unterkunft. Dabei ging sie noch einmal den gesamten Tag durch. Sie konnte von Glück sahen, Chazz nicht getroffen zu haben, obwohl es im Einkaufszentrum beinahe passiert wäre. Ewig konnte sie sich jedenfalls nicht davor drücken. Hoffentlich würde das alles irgendwie gut gehen. Endlich erreichte sie ihr Zimmer und setzte sich auf ihr Bett. Sie beschloss, noch ein wenig zu lesen, ehe sie schlafen gehen würde. Am nächsten Morgen riss Mios Wecker sie aus dem Schlaf – und zwar genau eine Stunde früher als sonst. Gähnend erhob sie sich aus ihrem Bett, machte sich fertig und packte ihre Tasche. Hinterher öffnete sie vorsichtig ihre Tür und spähte nach draußen. Noch keiner da. Sie atmete erleichtert auf und ging zum Speisesaal hinunter. Alle schliefen noch, sodass Mio in aller Ruhe ihr Frühstück aß, ohne gestört zu werden. Wie immer bestand es aus grünem Tee, Reis und Misosuppe. Ihrer Meinung nach schmeckte es einwandfrei, aber die in der Kantine könnten sich auch mal etwas Neues einfallen lassen. Schließlich, mit vollem Magen, verließ sie um sieben Uhr die Unterkunft und begab sich zum Campus. Die Morgenluft war erfrischend und der Blick auf das Meer war wundervoll. Es war faszinierend, das Sonnenlicht dort reflektieren zu sehen. Das blaue Wasser funkelte in den verschiedensten Farben. Auch wenn Mio bereits seit mehreren Wochen an der Akademie war, konnte sie sich immer noch nicht am Meer satt sehen. Das lag wahrscheinlich daran, dass sie acht ganze Jahre nur dieselben grauen Häuserfassaden gewohnt war. Die Insel dagegen war das reinste Paradies. Mio erreichte das Hauptgebäude und ging vorerst in die Bibliothek, die bereits offen war. Es wäre verschwendete Zeit, schon in die Klasse zu gehen, immerhin hatte sie fast eine ganze Stunde Zeit, bis der Unterricht beginnen würde. Sie setzte sich an einen Tisch und nahm sich ein Buch, das über das alte Ägypten handelte. Seit sie die Fragen von Crowler lösen musste, fing sie an, sich für Ägypten zu interessieren. Es war sehr spannend, etwas über die Schattenduelle der Ägypter zu erfahren. Zudem handelte vieles um die Duellgeister und über die Art und Weise, wie sie beschworen wurden. Ab und zu kamen ein bis zwei Studenten aus Obelisk Blue in die Bibliothek und lasen ein paar Bücher oder sortierten die Regale neu. Interessiert sah Mio ihnen zu. Als es fünf Minuten vor Schulbeginn waren, machte sich das schwarzhaarige Mädchen zum Unterricht auf. Je später sie kam, umso geringer war die Chance, dass sie mit Chazz reden würde. Außerdem waren dann so viele Schüler im Raum, dass sie gar nicht auffallen würde. Das Mädchen betrat den Raum und setzte sich neben Bastion, der ihr einen Platz freigehalten hatte. „Morgen! Gut geschlafen?“, begrüßte sie ihn lächelnd. „Hey! Ich habe gehört, dass du bei der Prüfung nicht anwesend warst, weil du krank warst. Geht es dir wieder besser?“ „Danke, alles wie immer. Wie war dein Duell?“ Bastion grinste. „Ich habe selbstverständlich mit meinen auf das kleinste Detail berechneten Formeln gewonnen.“ „War ja klar! Aber ich könnte das nicht! Strategie allein reicht mir.“ Soeben kam der Physiklehrer herein und begann mit seinem Unterricht. Bastion und auch Mio schrieben sich die wichtigsten Informationen auf. Nach einer Stunde war der Unterricht vorbei und die beiden machten sich zur nächsten Stunde auf. Selbstverständlich hielt Mio in jeder Ecke, an der sie vorbeikamen, nach Chazz Ausschau, um ihm rechtzeitig aus dem Weg zu gehen. Der Japanisch-Unterricht ging schnell vorüber und nach einer Freistunde kam Mio erneut kurz vor Crowlers Stundenbeginn in den Klassenraum. Dieser war so voll, dass nur noch ein paar Plätze frei waren. Glücklicherweise erwischte sie einen neben Jaden. Chazz saß irgendwo anderes, jedenfalls konnte sie ihn nicht sehen. „Hey! Alles klar?“, sagte Mio. Jaden sah kurz zu ihr, blickte dann wieder stumm nach vorne. Sein Blick war trüb und alles andere als fröhlich, genauso wie gestern. „Was ist los, Jaden? Am Samstag war doch noch alles in Ordnung!“, stellte sie fest. Er schwieg. Seine Augen wanderten ein paar Reihen nach vorne zu Alexis, die sich mit Syrus unterhielt. Mio seufzte. Offenbar hatte sie sich geirrt, nichts hatte sich am Verhältnis der beiden zueinander gebessert. Am liebsten würde sie ihn fragen, was passiert war, aber es war erstmals besser, wenn sie sich heraushielt. Zudem betrat nun Crowler den Raum, sodass sie eh keine Zeit mehr dazu hatte. Zur Verwunderung Mios schrieb er ausnahmsweise keinen Test. Stattdessen führte er wie gewohnt seinen Unterricht fort und zeigte verschiedene Strategien an der Tafel. Nach zwei Stunden hatten sie endlich frei. Jedoch verließ sie nicht den Raum, sondern ging zu Alexis. „Kommst du eben mit zu Crowler? Ich wollte mit ihm die Sache mit der Prüfung abklären.“ Ihre Freundin, die ihre Sachen in ihre Tasche verstaute, nickte. Gemeinsam marschierten sie zu Crowler. Dieser sah verwundert auf. „Entschuldigung, Dr. Crowler, es geht um meine Abwesenheit an der Prüfung“, begann Mio. „Es ist nämlich so, dass…“ „Jaja, ich weiß schon Bescheid“, unterbrach er sie genervt. „Mir wurde bereits alles mitgeteilt. Du solltest demjenigen, der alles abgeklärt hat, dankbar sein!“ Die beiden Mädchen sahen sich erstaunt an. „Und jetzt entschuldigt mich!“ Mit diesen Worten packte er seine Aktentasche und verließ den Raum. „Derjenige, der alles abgeklärt hat“, flüsterte Mio leise. Sie wollte es nicht zugeben, aber sie war Chazz ganz schön dankbar. Es war offensichtlich, dass er derjenige war, der alles abgeklärt hatte, immerhin hatte er an jenem Abend mit Kanzler Sheppard gesprochen. Umso mehr war ihr bange, dem Jungen zu begegnen. Alexis verstand dagegen überhaupt nichts. „Hat irgendwer außer uns auch davon gewusst?“ Mio zuckte aus ihren Gedanken zusammen. „Keine Ahnung, ich weiß es nicht.“ Die Blondhaarige sah sie kurz an, ehe sie mit den Schultern zuckte und in Richtung Türe ging. „Dann komm! Ich will jetzt endlich den Raum verlassen.“ Die Slifer Red nickte und machte sich mit ihr auf den Weg. Dabei musste sie unentwegt an Chazz denken. Der nächste Tag verlief recht ruhig, abgesehen davon, dass Alexis Jaden die ganze Zeit ignoriert hatte. Zudem gelang es Mio, Chazz nicht über den Weg zu laufen. Wie am Montag war sie früher aufgestanden und hatte ihre Zeit in der Bibliothek verbracht. Sie war sich sicher, dass das bald ihr Stammplatz werden würde. Da sie nach dem Unterricht erneut dort hingegangen war, hatte sie völlig die Zeit vergessen. Es war bereits sechs Uhr, als sie das Hauptgebäude verließ. Hinzu kam, dass sie auf dem Weg zu ihrer Unterkunft einige Studenten von Obelisk Blue traf (sie konnte sich kaum noch an die Namen erinnern; einer hieß Raizou Mototani und der andere Taiyou…Taiyou.. Torimaki oder so ähnlich) und in einem Duell gegen beide gewonnen hatte. Desweiteren musste sie noch zu Abend essen, sodass sie erst um zehn Uhr mit den Hausaufgaben anfangen konnte. Um ein Uhr morgens schreckte sie auf und stellte fest, über ihren Sachen eingeschlafen zu sein. Dabei musste sie bis morgen für Crowler einen Aufsatz schreiben. Sie gähnte müde auf und versuchte, einigermaßen etwas Plausibles hinzuschreiben. Schließlich konnte sie um halb zwei ins Bett gehen und schlafen. Am nächsten Morgen hörte sie ein lautes Klirren und Stimmen, die durcheinander redeten. Genervt drehte sie sich auf die andere Seite um. Aber es war immer noch laut. Halbwach setzte sie sich auf und öffnete halb ihre Augen. Wieso war es am frühen Morgen denn so laut? Hatte niemand das Wort „Nachtruhe“ gehört? Sie war todmüde und gehörte zu den Leuten, die ihren Schlaf brauchten, bevor der Wecker um sechs Uhr…. Plötzlich war Mio hellwach. Sie sprang wie von der Tarantel gestochen aus ihrem Bett und blickte auf ihren Wecker. „Scheiße!! Schon halb acht?? Ich habe total verschlafen!!“, stieß sie entsetzt aus. Hastig rannte sie in ihr kleines Bad, wusch sich und zog sich an. Danach packte sie all ihre Sachen zusammen und lief in den Speisesaal. Dort herrschte ein großer Betrieb, viele Sliferstudenten hatten bereits gefrühstückt und machten sich auf den Weg zur Schule. In einer Ecke sah sie Syrus, der gerade mit frühstücken fertig war. Als er Mio sah, bildete sich auf seinem Gesicht ein Fragezeichen. „Du hier? Bist du nicht normalerweise früher auf?“ „Äh, ja, ich habe aber verschlafen.“, antwortete sie, während das Mädchen ihr Essen holte. „Soll ich auf dich warten?“ „Nein, nein geh ruhig vor, ich komme dann nach! Wo ist denn Jaden?“ „Der ist schon vorgegangen“, sagte der Blauhaarige, ehe er den Raum verließ. Wie seltsam, verschlief Jade nicht sonst? Innerhalb von ein paar Minuten verschlang Mio ihr Frühstück und machte sich auf den Weg zum Unterricht. „Wie gut, dass ich frühzeitig aufgewacht bin, sonst gäbe es noch Nachsitzen… aber zur Bibliothek konnte ich gar nicht hingehen“, murmelte sie zu sich. Um zehn vor acht erreichte sie den Campus und stieg die Treppen zum ersten Stock hinauf. Die meisten Schüler befanden sich bereits in ihren Unterrichtsräumen, sodass im Gang fast kein Schüler mehr zu sehen war. Vor ihr teilte sich der Gang nach links und rechts auf. Sie nahm links, um zum Hörsaal zu gelangen. Gerade als sie abbiegen wollte, blieb ihr Herz beinahe stehen. Sie lief direkt auf Chazz Princeton zu, der von rechts kam. Jäh blieben beide stehen. Ihre Blicke trafen sich. Mios Herz fing an zu pochen, als sie in seine grauen Augen sah. Sie drohte, sich in ihnen zu verlieren. Verlegen sahen beide zur Seite. Unbewusst verkrampften sich ihre Hände. Lange schwiegen sie sich an, bis Mio endlich zu sprechen begann: „H-Hi!“, brachte sie mit hoher Stimme über ihre Lippen. Ihre Wangen färbten sich umgehend rot. Chazz setzte ein leichtes Lächeln auf. „Hi!“ Ihr Herz pochte heftiger, je länger sie ihn ansah. Peinlich berührt sah sie zu Boden. „Wo musst du hin?“, fragte er. Sie sah perplex auf. „Äh, a-also…“ Sie hob ihren Arm und deutete nach links. „Da lang. Zu Crowler.“ Erneut lächelte er. „Hm, da muss ich auch hin.“ Er ging vor. Mio folgte ihm daraufhin. ,Oh Mann, ich benehme mich wie der letzte Idiot! Aber Chazz redet mit mir… ob das etwas Gutes zu bedeuten hat?‘ Ohne dass ein weiteres Wort gefallen war, erreichten sie den Klassenraum. Als beide zusammen eintraten, verstummte plötzlich die gesamte Klasse. Alle Blicke lagen auf ihnen. Von allen Seiten hörte man ein Flüstern. „He, ich habe gehört, dass Fujisawa Mio belästigt haben soll…“ „Hat Chazz Princeton sie etwa gerettet?“ „Ich habe gesehen, wie er abends in den Wald gelaufen ist!“ „Was hat die denn mit Chazz zu schaffen?“ „Sie sind gemeinsam in die Unterkunft gegangen!!“ „Da läuft sicher was…“ „Ich dachte, die können sich nicht leiden!“ „Princeton hat wohl den Helden gespielt.“ Hilflos musste Mio mit ansehen, wie die neusten Gerüchte unter den Schülern ausgetauscht wurden. Die Sache mit Fujisawa war das aktuellste Thema überhaupt an der Schule. Es war schrecklich, wie alle sie anstarrten als ob sie von einem anderen Stern käme. Als sie zu Chazz sah, lief es ihr kalt den Rücken runter. Er blickte kühl und abschätzig zu ihr hinunter. Seine Augen spiegelten Zorn wider. „Nein, Chazz, ich habe gar nichts…!“ „Ich dachte, du würdest dein Versprechen halten!“, zischte er ihr bissig zu. Im Hintergrund hörte man die anderen aufgeregt weiter reden. „Und was ist mit Fujisawa?!“ „Der ist mit ihr in den Wald gegangen.“ „Was da wohl passiert ist….?“ „Schau dir mal ihre Verletzungen an…“ „Sind die etwa zusammen?!“ „Bestimmt…“ Verzweifelt schüttelte Mio den Kopf. „Nein! I-ich habe wirklich nichts..“ „Und warum weiß die ganze Schule, was passiert ist?“ „D-das..“ „Ich dachte, man kann dir vertrauen!“ Verletzt blickte die Schwarzhaarige zu Boden. Was sollte sie bloß tun, damit er ihr glaubte? „Jetzt haltet endlich eure Klappe!!“ Alle verstummten und sahen zu einem braunhaarigen Junge, der aufgestanden war. Es war niemand anderes als Jaden. „Das, wovon ihr redet, ist totaler Schwachsinn!! Ihr solltet nicht alles glauben, was man euch erzählt! Mio und Chazz sind meine Freunde und sie sind diejenigen, denen ich vertraue. Also selbst wenn ihr weiter sowas erzählt, werde ich euch kein einziges Wort glauben. Es ist schließlich egal, was passiert ist. Hört auf, solche Gerüchte zu erzählen.“ Damit blickte er aufmunternd zu Mio, die seinen Blick erleichtert erwiderte. Alle verstummten und für einen Moment herrschte Totenstille. Langsam fingen leise die ersten Gespräche an und alles wurde wieder normal. Sofort setzte sich Mio zu Jaden und lehnte sich stöhnend zurück. „Ich bin dir was schuldig, Kumpel…“ „Dazu sind doch Freunde da!“ Sie wandte sich dem Sliferstudenten zu. „Danke, Jaden! Nach dem Unterricht werde ich euch alles erzählen, okay?“ So, beim nächsten Kapitel werde ich sehr auf Chazz und Mio eingehen - freut euch schon mal^^ Kapitel 14: Zweisamkeit ----------------------- Crowler betrat den Klassenraum und führte neue Karten ein, die neulich herausgekommen waren. Die Gespräche über sie und Chazz hatten sich dank Jaden eingestellt, aber Mio verfolgte den Unterricht nur halbherzig mit. Sie dachte über die Vorwürfe nach, welche Chazz ihr dargelegt hatte. Es verletzte sie, dass er ihr nicht vertraute. Wie konnte er so von ihr denken? Immerhin hatte sie es ihm am Abend versprochen und sie hatte seit sie klein war versucht, so gut wie es ging ihre Versprechen einzuhalten. Jedoch wollte er ihr nicht glauben, sondern schob ihr die Schuld in die Schuhe, obwohl sie gar nichts dafür konnte. Wie konnte jemand wie er sie gerettet haben? Und wieso hatte sie ihn sogar noch vor der Stunde begrüßt? Eigentlich hätte sie sich das auch schenken können, es hatte sowieso nichts gebracht. Sie seufzte traurig auf und wartete, bis der Unterricht vorbei war. Nach dem Klingeln stand sie auf und ging gemeinsam mit Jaden zu Alexis und Syrus. Mit einer Geste deutete sie, nach draußen zu gehen, um ungestört zu reden. Dabei traf ihr Blick den von Chazz. Seine Augen spiegelten Verachtung wider. Schwermütig wich sie ihm aus und sah zur Seite. Es war unerträglich, ihn so zu sehen. Mio dachte daran, wie fürsorglich er an jenem Abend gewesen war. Chazz hatte sich um sie gekümmert und ihre Wunden versorgt. Sein Blick war alles andere als von Verachtung erfüllt gewesen. Sie vermisste es. Die Gruppe verließ das Gebäude und stand nahe am Wald. Man hörte das Rascheln der Blätter, die sich im Wind bewegten. „Also, was ist genau passiert? Warum wissen es die anderen, aber nur wir nicht?“, fragte Alexis. Die Schwarzhaarige seufzte niedergeschlagen und lehnte sich gegen einen Baum. „Es tut mir wirklich leid, dass ich euch nichts gesagt habe. Aber ich hatte es versprochen.“ „Wem? Chazz?“ Bei der Erwähnung seines Namens fühlte sich Mio deprimierter als vorher. Immer wieder hatte sie seinen abschätzigen Blick vor Augen. „Ja…“ Die Antwort war mehr ein Flüstern gewesen. „Er… er hatte mich drum gebeten, niemandem zu sagen, dass er mich gerettet hatte.“ Die Augen ihrer Freunde weiteten sich ungläubig. Chazz hatte Mio gerettet? Er hatte sie doch gehasst… seit wann setzt er sich für sie ein? „Und… i-ich hatte es ihm eben versprochen….nichts darüber zu sagen.“ Je mehr sie sprach, umso schlechter fühlte sie sich. Sie hatte gedacht, dass beide anfangen würden, sich anzufreunden. Sie hatten sich wirklich gut verstanden und Mio hatte eine völlig andere Seite von Chazz kennen gelernt. Stattdessen wurde alles schlimmer. Eben weil er sie gerettet hatte, wurden Gerüchte herumerzählt, wo er dachte, dass sie es den anderen erzählte hätte. Hinzu kam, dass er sie nicht einmal ausreden ließ, sondern stur darauf beharrte. Wie konnte man so idiotisch sein? Für Alexis dagegen war das Puzzle gelöst. Alles fügte sich zusammen: Warum Chazz in letzter Zeit nicht in der Nähe seiner Freunde gewesen war und warum Mio ihm aus dem Weg gegangen war. Wer hätte das gedacht? „Das heißt..“, sagte sie auf einmal, „..irgendjemand muss in der Nähe gewesen sein und hat all diese Gerüchte verbreitet.“ Syrus nickte. „Aber dank Jaden haben Mio und Chazz erst mal ihre Ruhe. So schnell werden die nicht mehr über die beiden reden.“ Er sah zu Mio. „Mach dir also keine Sorgen, das wird schon!“ „Wir verstehen, dass du es ihm versprochen hast, also brauchst du dir keine Gedanken mehr darüber zu machen.“ Jaden blickte sie aufmunternd an. Dankbar nickte das Mädchen. „Ich bin froh, euch zu haben, Leute!“ Darauf lächelten die anderen. Alexis schaute dabei verstohlen zu Jaden. Es war toll von ihm gewesen, wie er die Schüler zum Schweigen gebracht hatte. Er setzt sich stets für seine Freunde ein und tut alles für sie. Ja, diese Seite mochte sie an ihm. Er wirkte sehr reif und stark. Jaden bemerkte Alexis‘ Blick und drehte sich zu ihr um. Er lächelte sie strahlend an. Sie errötete und sah peinlich berührt zur Seite. Was er wohl von ihr dachte? „Es ist gleich Zeit zum Mittagessen. Wir sollten langsam mal losgehen“, sagte Syrus. Die anderen stimmten ihm zu. „Willst du bei uns essen, Lex?“, fragte Jaden. Alexis nickte, wobei Syrus sie ungläubig ansah. „Du willst wirklich auf das leckere Obelisk Blue Essen verzichten?“ Sie kicherte. „Glaub mir, ihr seid mir viel lieber als gutes Essen!“ Gemeinsam machten sie sich zur Slifer Red Unterkunft auf. Sie aßen zu Mittag und erzählten sich viel. Mio aß jedoch nur wenig, großen Appetit hatte sie nicht. Das Mädchen dachte die ganze Zeit lang an Chazz. Hoffentlich würde sie ihm noch mal begegnen! Vielleicht hatte er lediglich überreagiert unddeshalb nichts von ihr hören wollen. Anderseits war es dumm von ihm gewesen, ihr die Gerüchte anzuhängen. Wie unverantwortlich! Eins stand jedenfalls fest: Sie musste ihn unbedingt sehen! Hoffentlich würde morgen eine Gelegenheit kommen, denn im Moment hatte sie keinen Plan, wo er sein könnte. Nach einer Weile ging Mio in ihr Zimmer hinauf und machte ihre Hausaufgaben. Dabei blieb sie unkonzentriert und machte laufend Fehler. „Himmel nochmal!“, ärgerte sie sich. So schwer konnte das nicht sein, oder? Stöhnend raufte sie sich die Haare und begann von vorne. Wie sehr sie sich lieber duellieren würde, anstatt Hausaufgaben zu machen! Aber dann würde sie wieder all diese Gerüchte zu hören bekommen…wer hatte das bloß verbreitet? Wer war um dieser Uhrzeit in der Nähe gewesen? Der nächste Morgen brach an und machte stand um ihrer gewohnten Uhrzeit auf. Es war an der Zeit, wieder in die Bibliothek zu gehen. Also machte sich die Schwarzhaarige schnell fertig, aß ihr Frühstück, schnappte sich ihre Tasche und ging zum Campus. Zu Mios Erleichterung waren keine Schüler auf dem Gang, sodass sie in Ruhe in die Bibliothek ging. Dort suchte sie sich wieder Bücher über Ägypten aus und las eine Weile. Als sie zum Fenster hinaus blickte, war die Sonne hinter einer grauen Wolkendecke verborgen. Es würde ein regnerischer Tag werden. Das Mädchen stand seufzend auf und legte das Buch in das Holzregal zurück. Danach verließ sie den Raum. Auf dem Flur herrschte reges Treiben. Die Schüler warfen ihr missbilligende Blicke zu. Einige wichen ihrem Blick aus und sahen zur Seite. Andere dagegen tuschelten unentwegt. Mio seufzte. Einfach unerträglich. Wie lange würde das noch so gehen? Die Studentin erreichte den Unterrichtssaal, der ziemlich voll war. Sie setzte sich in die fünfte Reihe neben Alexis. Während sie sich mit ihr unterhielt, spürte Mio die Blicke von Obelisk Blue Studenten, die eine Reihe hinter ihr saßen, in ihrem Nacken. Die ganze Zeit, bis der Geschichtslehrer Prof. Stein hineintrat. Er redete ganze zwei Stunden über alte Tempel in Ägypten, wobei Mio, die sich eigentlich für das Thema interessierte, in der letzten halben Stunde ihr Interesse verlor. Dieser Mann war der schlechteste Lehrer, den es je an dieser Schule gab! Naja, abgesehen von Crowler.. Schließend endete die Stunde und die meisten Schüler erwachten aus ihrem Tiefschlaf. Nach einer Freistunde hatten sie bei Crowler Unterricht. Zusammen mit ihren Freunden überstand das Mädchen den Tag. Als es nach Crowler Stunde klingelte, verließ jeder zügig den Raum. Mio erhob sich ebenso von ihrem Platz. Plötzlich erblickte sie im Getümmel ein Stück eines schwarzen Mantels. ‚Chazz‘, schoss es ihr durch den Kopf. Sofort machte sie sich auf dem Weg, ihm zu folgen. „Mio! Willst du nicht zur Cafeteria?“, hörte sie Alexis von hinten fragen. Kurz wandte die Schwarzhaarige ihren Kopf zu ihrer Freundin und antwortete knapp: „Ich komme gleich nach!“, ehe sie rasch versuchte, Chazz einzuholen. Er lief den Gang entlang, auf dem bunte Massen von Schülern umher wanderten. Bei ihrem Anblick brach augenblicklich ein Getuschel aus, das Mio jedoch ignorierte. „Chazz!!“, rief sie laut nach seinem Namen. Der Junge setzte unberührt seinen Gang fort. Ihre Hände formten sich zu Fäusten. Wieso blieb er nicht stehen? „Chazz!“, rief sie erneut. Nach wie vor schenkte er ihr kein Gehör. Zorn und Verzweiflung brachen in ihr aus. Warum hörte er ihr denn nicht zu? Und wieso ignorierte er sie? Wollte er nichts mehr mit ihr zu tun haben? Sie versuchte es ein letztes Mal. „Bleib doch endlich stehen, Chazz!! Ich will mit dir reden!!“ Der Angesprochene hielt inne und blieb stehen. Ein Hoffnungsschimmer flammte in Mio auf. Vielleicht würde sie doch in der Lage sein, ihn zu überzeugen, dass sie nichts mit den Gerüchten zu tun hatte. Sie atmete durch. „Chazz! Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, aber ich habe wirklich nichts erzählt! Bitte glaub mir!“ Er schwieg. Ungeduldig wartete Mio auf eine Antwort. Ihr Herz schlug gegen ihre Brust. „Du könntest dich wenigstens entschuldigen.“ Enttäuschung machte sich in ihr breit. Das, was sie sich erhofft hatte, wurde mit nur ein paar Worten zugrunde gerichtet. Ihr Herz verkrampfte sich. Ihr Gesichtsausdruck spiegelte Trauer wider. „Aber Chazz! Wieso glaubst du mir nicht?! Was habe ich falsch gemacht?!“ Chazz neigte seinen Kopf in ihre Richtung. Am liebsten wäre sie auf der Stelle entflohen. In seinen grauen Augen war nichts als Verachtung zu sehen. . „Wer sonst hätte von allem wissen können?! Das kannst nur du gewesen sein!!“ „Wie oft soll ich es noch sagen? Ich war es nicht!!“ „Ich dachte, du würdest dein Versprechen halten! Ich habe angefangen, dir zu vertrauen!! Ich glaubte, dass wir Freunde sein könnten!“ Dieser Satz versetzte einen Stich in Mios Herz. Dass wir Freunde sein könnten.. Warum? Wenn er dies gedacht hatte, wieso musste dann dieses Missverständnis alles ruinieren? Wieso glaubte er ihr nicht? Sie war so aufgewühlt, dass sie ihn ohne etwas zu sagen ansah. Er erwiderte verärgert ihren Blick, ehe er sich umdrehte und sie stehen ließ. Niedergeschlagen senkte sie ihren Kopf. Noch nie hatte sie sich so melancholisch wie jetzt gefühlt. Es war zum Heulen. Aber sie konnte nicht. Sie fühlte sich wie ausgetilgt. Sie war nicht fähig, sich zu bewegen. Sie starrte stur geradeaus. Viele Studenten tuschelten und redeten über die sich gerade abgespielte Szene. Einige sahen Mio kühl an. Dennoch achtete sie auf all dies nicht. Sie kehrte um, anstatt in die Cafeteria zu gehen und schritt nach draußen. Am Himmel türmten sich dunkle Wolken auf und formierten sich zu einer gigantischen grauen Masse. Die Landschaft der Insel war in dichten Nebel gehüllt. Nur noch die Silhouette des Waldes war erkennbar. Mio seufzte betrübt. Genauso, wie sie sich im Moment fühlte. Sie blickte flüchtig zum Campus, drehte sich um und spazierte am Waldweg entlang. Sie konnte nicht anders als sich ihre Beine zu vertreten. Du könntest dich wenigstens entschuldigen! Sie kniff wehmütig ihre Augen zusammen. Ich glaubte, dass wir Freunde sein könnten! Verletzend. So verletzend. Warum musste dies alles passieren? Die Sache mit Fujisawa hatte ihr bereits gereicht, die Gerüchte machten es schlimmer. Mio blieb stehen und kauerte sich auf einen Baumstumpf. Sie fröstelte und rieb sich ihre kalten Arme. Obwohl der Himmel sich weiter verdunkelte, regnete es nicht. Noch nicht. Es würde nicht lange dauern und es würde in Strömen gießen. Stöhnend erhob sie sich. Als sie wieder in der Nähe des Hauptgebäudes angekommen war, hörte sie auf einmal Schritte. „Soso, du bist also mit ihm zusammen?“ Verwirrt sah sie hinter sich und stutze: Vor ihr standen sechs männliche Obelisk Blue Schüler. Derjenige, der sie angesprochen hatte, musste ihr Anführer sein. Er war kräftig gebaut und hatte breite Schultern. Seine kurzen schwarzen Haare hingen wirr in seinem Gesicht. Mio wurde von ihm und den anderen eindringlich gemustert. „Was?“, sagte sie schnippisch. „Na mit Chazz Princeton“, erwiderte der Schwarzhaarige. Mios Gesichtsausdruck verfinsterte sich jäh. Diese bescheuerten Gerüchte! Was sollte das? „Was redest du da für einen Schwachsinn?? Ich bin nicht mit ihm zusammen und nicht mal mit ihm befreundet!“, fauchte sie. „Wer wird denn da gleich so zickig? In der Schule ist davon überall die Rede.“ „Wer hat euch das gesagt?!“ Ohne auf ihre Frage einzugehen, sagte er: „Mach mit ihm Schluss!“ Mio hob eine Augenbraue. Was sollte sie tun? „Mit ihm Schluss machen? Wozu, wenn ich nicht mit ihm zusammen bin?? Außerdem will ich wissen, wer euch diese scheiß Gerüchte erzählt hat! Sagt es mir!“, forderte sie barsch. „Hast du mich nicht gehört? Mach mit ihm Schluss!!“ „Warum?!“ „Sonst setzen wir Gewalt ein!!“, drohte er. Mio seufzte. Wollte keiner heute auf sie hören? „Können wir das nicht in einem Duell regeln?“, fragte sie unberührt. Der Anführer sah zu seinem Gefolge. Sie waren einverstanden. Der Schwarzhaarige schnaubte abfällig. „Also gut. Wenn ich gewinne, gehörst du mir, klar?!!“ „Jaja…“ Wollte er deshalb, dass sie mit Chazz „Schluss machen“ sollte? Gab es nur solche Stalker? Es stimmte nicht einmal. „Dann los!! Duell!!“ Mio: 4000 Obelisk Blue: 4000 „Ich fange an!“, rief Mio. Sie zog aus ihrer Hand eine Karte hervor und legte sie auf die Dueldisk. „Zuerst spiele ich Ufo-Schildkröte(1400/1200) im Verteidigungsmodus!“ Aus dem Erdboden erhob sich eine grüne Schildkröte, dessen Panzer von einer silbern glänzenden Metallschicht überzogen war. „Jetzt spiele ich noch eine Karte verdeckt und beende meinen Zug.“ Ihr Gegenüber lachte. „Stell dich schon mal darauf ein, meine Freundin zu werden!“ Sein Gefolge grölte laut. „Ich bin dran! Du duellierst dich hier mit der Elite! Bereite dich auf den schlimmsten Zug deines Lebens vor!“ Sie verdrehte ihre Augen. Wie konnte man bloß so viel reden? „Ich aktiviere die Zauberkarte Instantfusion von meiner Hand! Wenn ich 1000 Lebenspunkte bezahle, kann ich ein Fusionsmonster der Stufe fünf oder niedriger für diesen Zug spezialbeschwören! Los, erscheine, Dunkler Balter, der Fürchterliche!!“ Ein greller Blitz schlug auf den Boden ein. Es erhob sich eine dunkle Gestalt, dessen Antlitz jegliche Lebewesen, die ihm in die Quere kamen, in die Knie zwingen würde. Mio runzelte ihre Stirn. Fusionsmonster, die durch Instantfusion spezialbeschworen wurden, können nicht angreifen. Dies bedeutete, dass ihr Gegner sein Monster opfern würde. Sonst hätte er 1000 Lebenspunkte für nichts bezahlt. Obelisk Blue: 3000 „Also gut! Ich opfere ihn, um den Großen Maju Garzett zu rufen (0/0)!! Erscheine!!“ Sein eben beschworenes Monster löste sich in Licht auf. Seinen Platz nahm ein anderes Ungeheuer ein, das ebenso angsteinflößend aussah. Es trug eine Rüstung aus Stahl, auf der rote Blutflecken zu sehen waren. Das Monster knirschte mit den Zähnen. Auf einmal begann es, größer und größer zu werden. Seine Klauen wurden schärfer und schärfer. Mio schluckte, als sie auf seine Angriffspunkte sah: 4000. Ihr Gegner lachte. „Hahaha!! Die Angriffspunkte des Tributmonsters werden verdoppelt! Aber das war noch längst nicht alles!!“ Er hielt zwei Karten aus seiner Hand empor. „Ich spiele die Feldzauberkarte Mystische Plasma-Zone!! Jedes Monster mit dem Attribut Finsternis erhält 500 ATK mehr! Es sinken zwar die Verteidigungspunkte um 400, aber das ist nicht weiter schlimm! Außerdem rüste ich Maju Garzett mit Urknallkanone aus. Seine ATK steigen um 400.“ Er grinste gehässig. „Wenn ich ein Monster im Verteidigungsmodus angreife und seine ATK größer als die DEF des gegnerischen Monsters ist, wird die Differenz deinen Lebenspunkten zugefügt.“ Die Studentin musste beobachten, wie sein Monster immer mehr an Stärke gewann (ATK: 4900). Sie blickte ihn kühl an. „War das alles?“, fragte sie gleichgültig. Der Obelisk Blue Student war kurz vor dem Ausrasten. „Was?!! Du fragst, ob das alles war?!! Dir werde ich es zeigen!“ Er hob seinen Arm empor und deklarierte seinen Angriff. „Greif an!!“ Das Ungeheuer stieß sich vom Boden ab und rannte in einer übermenschlichen Geschwindigkeit auf Mios Schildkröte zu. „Halt! aktiviere meine Fallenkarte: Gemeinsame Wohltäterin!!“, rief sie dazwischen. „Ich ziehe zwei Karten und muss dann eine normale Monsterkarte vom Spiel entfernen.“ „Was soll das?! Willst du das Duell nur herauszögern oder wie?“, unterbrach er sie. Mio fuhr unbeirrt weiter fort. „Falls ich allerdings keine normale Monsterkarte zum Entfernen habe, muss ich mein gesamtes Blatt ablegen. Und genau das ist der Fall.“ Sie zeigte dem Jungen ihre Hand und legte alle Karten auf den Friedhof. „Na und?!! Greif jetzt an!!“, brüllte ihr Gegner. Schützend hielt sich Mio ihre Arme vor das Gesicht, ehe ein gewaltiger Schlag ihr Monster auslöschte. Es entstand eine gigantische Schockwelle, welche Mio beinahe zu Boden warf. Ihre Lebenspunkte sanken um einen immensen Betrag. Mio: 4000 --> 300 Doch statt beunruhigt zu sein, lächelte sie. „Warum lachst du?!“, fragte der schwarzhaarige Junge erbost. Wollte sie ihn etwa verhöhnen? „Weißt du, ich habe ja Karten abgelegt..“ „Und?“ „Ich aktiviere die besondere Fähigkeit von Vulkanischer Gegenschlag!“ Die Augen vom Obelisk Blue weiteten sich. Er wurde blass. „Das kann nicht sein!“ „Wenn ich Kampfschaden erhalte, kann ich diese Karte aus dem Spiel entfernen. Dann, wenn sich ein anderes Feuermonster in meinem Friedhof befindet, kann ich es aus dem Spiel entfernen, um dir den gleichen Kampfschaden zuzufügen, den ich eben erhalten habe. Du siehst, meine Fallenkarte war keinesfalls sinnlos. Denn dadurch ist meine Karte auf den Friedhof gekommen.“ Lodernde Feuerflammen erschienen wie aus dem Nichts. Sie umgaben Mios Gegner und hinderten ihn daran, zu fliehen. „Verdammt!“ Er wurde von den lodernden Flammen verschlungen. Obelisk Blue: 0 Die Hologramme lösten sich auf. Die anderen starrten Mio perplex an. Der Schwarzhaarige lag keuchend auf dem Boden. Mio ging auf ihn zu. „Sag schon: wer hat euch von den Gerüchten erzählt?“, wiederholte sie ihre Frage, die sie zuvor am Anfang gestellt hatte. „D-das kann nicht sein! Ich kann nicht verloren haben!“, murmelte der Junge. Er blickte zu ihr auf und sagte. „Sei meine Freundin!“ Als sie ihn wortlos ansah, stand er auf und wollte Mio am Handgelenk packen. Sie wich gekonnt aus und warf ihn auf den Boden. „Geh weg!“, fauchte sie. Mio funkelte ihn böse an. In diesem Moment traten die anderen Obelisk Blue Schüler auf sie zu. „Habt ihr sie nicht gehört? Ihr sollt verschwinden!“, ertönte plötzlich eine Stimme aus dem Hintergrund. Erschrocken drehten sich alle um. Mios Augen weiteten sich. Hatte er sie die ganze Zeit beobachtet? „Pr-Princeton!!“, knirschte der Anführer. „Sie hat fair gewonnen! Haut also ab!!“ „Das werden wir dir heimzahlen, Princeton!!!“, brüllte der Junge und rannte mit seinem Gefolge davon. Mio und Chazz waren alleine. Er kam zögernd auf sie zu. „Chazz, das…“, begann Mio. „Es… Es tut mir leid.“ „Was?“ „Es tut mir leid.“ Mio glaubte, sich verhört zu haben. Chazz Princeton entschuldigte sich? Bei ihr? Das konnte nicht wahr sein… es war so, als ob sie im falschen Film war. Sie starrte ihn die ganze Zeit ohne etwas zu sagen ungläubig an, bis Chazz ungeduldig wurde. „Wie lange willst du mich denn noch so anstarren??“ Mio schüttelte den Kopf. „Ist doch egal! Jedenfalls... ähm, nehme ich deine Entschuldigung an.“ „Dann ist ja alles in Ordnung.“ Sie beobachtete aus dem Augenwinkel, wie seine Mundwinkel nach oben zuckten. „Warst du die ganze Zeit da gewesen?“, fragte Mio interessiert. In diesem Augenblick spürte sie einen Regentropfen auf ihrer Haut. Ehe sie sich versah, prasselte Regen vom grauen Himmel nieder. In nur wenigen Sekunden war ihre Kleidung durchnässt und ihre Haare klitschnass. Sie klebten ihr im Gesicht. Ebenso erging es Chazz. „Schnell, unter den Baum!“, rief er laut, um den Regen zu übertönen. Zusammen stellten sie sich an einem Baum unter. Der Wind tobte und peitschte Mio um die Ohren. Sie verschränkte zitternd ihre Arme. Ihre Beine schlotterten wegen der Kälte. Chazz musterte sie amüsiert. „Was ist so lustig?!“, brummte sie genervt. „Du frierst“, stellte er fest. „Blitzmerker“, entgegnete sie und blickte in die Ferne. Mit einer kurzen Bewegung streifte er seinen Mantel ab und hielt ihn vor Mios Gesicht. Er schaute zur Seite. „Nimm.“ Sie hob eine Augenbraue. „Was soll ich damit?“ „Na was wohl?“ „Nein, ich nehme ihn nicht!“ „Wie kann man so dumm sein! Nun nimm ihn doch!“ „Nein!“ „Dann eben ni…“ „Sonst bist du derjenige, der friert!“, sagte sie und blickte Chazz direkt ins Gesicht. Ihre saphirblauen Augen trafen auf grau. „Ich will nicht, dass du wegen mir krank wirst“, fügte sie leise hinzu. Zuerst war er verwundert, lächelte aber dann. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, legte Chazz ihr seinen Mantel sanft über die Schultern. „Mach dir darüber mal keine Sorgen.“ Er schmunzelte, als sie seinen Mantel enger um sich zog und sich darin einmummelte. Beide schwiegen sich eine Zeit lang an, bis Mio zu sprechen begann. „Chazz?“ „Hm?“ „Ich wollte mich noch bei dir bedanken.“ Verblüfft sah er zu ihr hinunter. „Du hast mich vor Fujisawa gerettet, meine Wunden versorgt und noch alles bezüglich der Prüfung geregelt.“ Chazz setzte sein überhebliches Grinsen auf. „Tja, ohne mich würdest du verletzt am Boden rumliegen. Ich weiß, dass ich eine große Hilfe war.“ Sie stöhnte auf. Das war wieder sein arroganter Charakter. Sie wusste wahrhaftig nicht, wie sie Chazz als Menschen einschätzen sollte. „Ich weiß echt nicht, was ich von dir halten soll“, murmelte sie. „Wie war das?!“ „Ich sagte, ich habe keine Ahnung, was ich von dir halten soll. Einerseits bist du unausstehlich, arrogant, stur, verwöhnt, aufgeblasen und hochnäsig, andererseits liebevoll, nett, hilfsbereit und freundlich.“ Sprachlos guckte er sie an. Nach ein paar Minuten fand er seine Worte wieder. „Du bist auch nicht sehr viel besser“, erwiderte er entrüstet. „Ich höre.“ „Bestes Beispiel: Fujisawa. Du warst verängstigt, hilflos, schwach und unsicher. Aber sonst bist du aufbrausend, zickig, launisch und temperamentvoll.“ „Bin ich echt so schlimm?“ „Naja…du warst immer so gewesen, oder?“ Mio legte den Kopf in den Nacken und dachte an damals zurück. Als sie ganz klein gewesen war, war sie ein sehr fröhliches, sorgenfreies und lebendiges Mädchen gewesen. Sie hatte alles, was sie brauchte und hatte ihre Mutter gehabt. Allerdings, was zwischen den Jahren passiert war… „Nein, ich war auch mal anders gewesen.“ „Inwiefern?“ „Das hat nichts mit dir zu tun.“ Chazz stutzte. Damit hatte er nicht gerechnet. „Wieso sollte ich das nicht verstehen?“ „Weil du es nicht verstehst.“ „Warum denn?“ Sie biss sich auf die Lippe. Es ging ihn nichts an, was damals passiert war. Schließlich hatte sie angefangen, sich ein neues Leben aufzubauen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Andererseits hatte sie noch nie mit jemanden darüber geredet, keine wusste, woher sie in Wirklichkeit stammte. „Ich rede eben nicht gerne darüber, okay?“ Chazz zuckte mit den Schultern. Wieso hatte er von vornherein gefragt? Ihre Privatangelegenheiten gingen ihn überhaupt nichts an, er hatte sich eigentlich nie für die Probleme seiner Mitmenschen interessiert. Warum also bei ihr? Als er zu Mio hinübersah, bemerkte er einen Hauch von Melancholie in ihren Augen. Ja, das war noch etwas an ihrem Charakter, was ihm aufgefallen war. Obgleich sie meist fröhlich und unbeschwert wirkte, oft war Traurigkeit mit dabei gewesen. Er schüttelte den Kopf. Abermals machte er sich Gedanken über sie! „Wer hat jetzt eigentlich die Gerüchte verbreitet?“, wechselte Mio das Thema. „Es waren zwei dumme Obelisk Blue Schüler, die ihre Klappe nicht halten konnten. Ich hatte sie gefragt, was zwischen dir und Fujisawa passiert war. Daraufhin bin ich in den Wald gerannt. Diese Idioten haben dann alles rumerzählt.“ „Wie bescheuert. Übrigens so viel dazu, dass du zufällig in der Gegend warst.“ Chazz schwieg nur und antwortete nicht. Der Junge beobachtete, wie der Regen weniger wurde. Es nieselte lediglich, jedoch bedeckte der Nebel nach wie vor das Schulgelände. „Gehen wir langsam mal rein?“, schlug Mio vor. „Andernfalls erkältest du dich wirklich noch.“ Dabei stieß sie ihm freundschaftlich in die Seite. „Du denkst, ich sei so schwach? Da hast du falsch gedacht, Kleine.“ „Von wegen klein!“, sagte sie empört. „Komm jetzt, ich habe keine Lust, noch länger hier rumzustehen!“, drängte er. Zu zweit marschierten sie zügigen Schrittes zur Slifer Red Unterkunft. „Ich kann jetzt eine heiße Dusche vertragen“, sagte Chazz, während er zu seiner Zimmertür ging. „Das kannst du laut sagen.“ Mio zog Chazz‘ Mantel aus und überreichte ihn dem Jungen. „Vielen Dank für deinen Mantel, Chazz!“ Bevor sie in ihr Zimmer gehen konnte, hörte sie plötzlich: „Mioo! Chazz!!!“ Überrascht drehten sich die beiden um und sahen von weitem Jaden und Alexis. Weiter hinten folgte Syrus. „Was ist denn?“, fragte Chazz genervt, der sich am liebsten eine warme Dusche gönnen würde. „Es gibt Probleme!“, rief Jaden und erreichte die Unterkunft. „Kanzler Sheppard hat neue Hinweise zu dieser, äh... Sekte oder so gefunden! D.S.G!“ Schlagartig änderte sich Chazz‘ Gesichtsausdruck. „Was?! Sind sie etwa hier auf der Insel?“, fragte er geschockt. Er ging mit Mio die Treppe hinunter. „Wahrscheinlich schon“, bestätigte Alexis. „Kanzler Sheppard hielt es zwar für gefährlich, aber er hat und trotzdem darum gebeten, auf der Insel nach ihnen Ausschau zu halten“, sprach Syrus mit leicht verängstigter Stimme. „Dann los!“, sagte Mio. Chazz nickte gedankenverloren. Dies alles hatte nichts Gutes zu bedeuten. Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat! Seit dem Ereignis mit Fujisawa hat sich das Verhältnis zwischen Mio und Chazz geändert, hier war es eben am deutlichsten. Reviews sind erwünscht!^^ Kapitel 15: Verfolgung ---------------------- „Woher wusste der Kanzler denn von neuen Hinweisen?“, fragte Mio, während die Fünf in den Wald rannten. „Er hat nichts Genaues gesagt, nur, dass diese Typen wieder da sind“, antwortete Jaden und legte dabei einen Zahn zu. ‚Merkwürdig, dass ich nichts gespürt habe‘, grübelte Mio. Die Gruppe erreichte eine Lichtung. Der Boden wegen des Regens schlammig und lehmig. Man musste aufpassen, dass man nicht einsank. Jaden deutete nach rechts. „Mio und Chazz nehmen diese Richtung, wir die andere. Wir verständigen uns über unsere PDAs.“ Die anderen nickten und rannten los. „Und? Kannst du etwas spüren?“, erkundigte sich Chazz. Die beiden liefen nebeneinander einen engen Pfad entlang. Die Schwarzhaarige schüttelte missmutig den Kopf. „Leider nein. Selbst eure Energien kann ich kaum spüren. Warum weiß ich nicht.“ „Dann müssen wir eben Verstecken spielen“, murmelte Chazz. Mit einem Mal erschien eine schlanke Frauengestalt im roten Feuergewand. Ihre Haare fielen locker über ihre Schulter. „Feuerprinzessin!“, stieß Mio überrascht aus. Chazz musterte den Duellgeist neugierig. „Du lässt dich auch mal nach langer Zeit blicken“, sagte die Schwarzhaarige vorwurfsvoll. Feuerprinzessin lächelte leicht, wurde aber dann ernst. „Du kannst die Duellenergie nicht spüren?“, fragte sie. Mio nickte missmutig. „Hast du eine Idee?“ Die junge Frau verschränkte die Arme und überlegte. „Auch meine Sinne sind getrübt. Eine dunkle Energie herrscht über dieser Insel. Ich vermute, dass es an dieser Organisation liegt. Ich rate, abzuwarten, bis sie schwächer wird.“ Sie wandte ihren Blick knapp zu Chazz. „Ihr solltet wachsam bleiben.“ Mit diesen Worten verschwand sie und ließ Mio und Chazz wieder allein. „Es ist also wahr, dass du Duellgeister sehen kannst“, stellte der Junge fest. Mio bejahte. „Das eben war dein Duellgeist?“ „Ja, Feuerprinzessin. Wir kennen uns seit acht Jahren.“ Chazz war überrascht. „Seit acht Jahren?! Das ist ziemlich lange!“ „Wie lange kennst du denn deine Geister?“ „Ach, die? Keine Ahnung, seit einem halben Jahr oder so.“ Er lehnte sich an einen Baum. „Na klasse, wir kommen im Moment überhaupt nicht weiter.“ Mio gesellte sich neben ihn. „Hoffentlich wird das nicht allzu gefährlich…“, murmelte sie. Chazz blickte auf. „Was wird nicht allzu gefährlich?“ „Na das mit der Organisation… ich meine, was ist, wenn irgendwer entführt wird? Wie Mindy und Jasmin?“ Der Junge lachte auf. „Meine Güte, denkst du pessimistisch! Was soll denn passieren?“ Mios Blick war immer noch betrübt. „Eine dunkle Energie… das kann nichts Gutes bedeuten..“ „Ach was! Viel schlimmer ist, dass Alexis in der Zeit bei Jaden ist.“ „Ich glaube nicht, dass Jaden jemand ist, der sich einfach so an Alexis ranmacht.“ „Trotzdem… findest du nicht auch, dass sie viel Zeit miteinander verbringen?“ Mio zuckte mit den Schultern. Sie wusste, dass Chazz in Alexis verliebt war, allerdings liebte diese wiederum Jaden. Sie selbst wollte sich nicht in ihre Liebesangelegenheiten einmischen und hielt sich daher ein wenig zurück. „Dann treff dich doch mit ihr“, schlug Mio vor. „Würde ich sofort machen, aber sie möchte bestimmt nicht.“ Chazz seufzte. „Seit ich ihr meine Liebe gestanden habe, lehnt sie es stets ab, wenn ich mit ihr etwas unternehmen will. Was mache ich bloß falsch?“ „Hmm…“ Für einen Moment herrschte Stille, ehe Licht in Chazz‘ Augen aufblitzte. „Das ist es! Ich frage ihren Bruder Atticus, ob der mitkommt! Vielleicht gibt er mir Chancen, um an Alexis näher heranzukommen! Sie wird bestimmt nicht ablehnen!“ „Könntest du ausprobieren…“ Mio wunderte sich, dass das angefangene Gespräch sich in diese Richtung entwickelte. Sie hätte nicht gedacht, dass Chazz offen darüber sprechen würde. „Geht es dir eigentlich seit Fujisawa wieder besser?“, fragte Chazz. Mio blinzelte überrascht. „Ähm, ich denke schon, aber ich rede nicht gerne darüber.“ „Das kann ich verstehen. Kannst du mir trotzdem eine Frage beantworten?“ Sie nickte zögerlich. Wieso war er so ernst? „Hat er sich irgendwie komisch benommen?“ Die Schwarzhaarige schmunzelte. „Er hat sich immer merkwürdig benommen.“ „Das meine ich nicht. Hat er etwas Unauffälliges oder so getan?“ Sie hob eine Augenbraue. „Worauf willst du hinaus? Ich weiß es nicht mehr genau.“ Mio schloss ihre Augen und versuchte, sich an den Abend zu erinnern, an dem sie mit ihm im Einkaufszentrum war. Doch so sehr sie es auch versuchte, es funktionierte nicht. Stattdessen tauchten die Bilder im Wald auf. Wie er sie geschlagen hatte. Wie hilflos sie gewesen war. Sein grässliches Lachen. Alles durchströmte sie, all das, was sie die Tage versucht hatte zu verdrängen. Mio wurde es schwindelig und sie taumelte nach hinten. Ihre Beine konnten ihrem Gewicht nicht mehr Stand halten, sodass das Mädchen zu Boden stürzte. Sie zitterte am ganzen Körper. „I-ich kann nicht… es k-klappt einfach nicht.“ Angstschweiß rann von ihrem Gesicht hinunter. Chazz kniete sich neben ihr hin. „Schon okay. Du musst nicht weiter darüber nachdenken.“ Nach einer Weile hatte sie sich langsam wieder beruhigt. Mio atmete tief aus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Tut mir leid. Ich kann mich nicht erinnern.. beziehungsweise, wenn ich es probiere, kommen die schlechten Erinnerungen hoch.“ Chazz nickte nachdenklich. Da konnte man nichts machen. Vielleicht würde sie sich später wieder erinnern. Auf einmal zuckte der Junge zusammen. Hatte er da nicht gerade etwas gehört? Er kniff seine Augen zusammen und blickte hinter sich. Mio sah ihn fragend an. „Was ist denn?“ „Ich glaube, ich habe etwas gehört.“ Er stand auf und stiefelte durch das Gestrüpp. „Warte doch!“, rief Mio und folgte ihm. Erneut raschelte es. Mio horchte auf. „Ich kann es auch hören..“ Ruckartig drehte sich Chazz nach rechts. Sein Finger deutete auf einen Pfad. „Da! Da war eben einer!! Komm!!“ Er packte das Mädchen am Handgelenk und rannte los. Vorbei an den Büschen nach links, über die großen Wurzeln der Bäume und durch das Geäst der Sträucher. Nach einer Ewigkeit, so kam es Mio vor, konnte sie endlich eine dunkle Männergestalt erkennen, die vor ihnen rannte. „Keinen Schritt weiter!“, brüllte Chazz, als er den Mann überholt hatte und sich ihm in den Weg stellte. Dieser wollte sich umdrehen, jedoch stand Mio unmittelbar hinter ihm. „Hier kommen Sie nicht mehr weg!“, knurrte sie. Der Mann fluchte. Erst jetzt konnte sie genauere Konturen erkennen. Er hatte blonde kurze Haare und trug einen schwarzen Mantel. An seinem rechten Arm trug er eine schwarz-rote Dueldisk, auf der „D.S.G“ eingraviert war. „Tss! Dann werde ich mich wohl duellieren müssen!“ „Mio! Geh da weg, ich mach das!“, befahl Chazz. „Was? Aber…“ „Halt die Klappe und sag Alexis Bescheid.“ Sie seufzte und zog sich schmollend zurück. Sie tippte eine Nummer ein. „Hey, Alexis, hier ist Mio…“ Sie beobachtete, wie beide ihre Dueldisks starteten und das Duell begannen. „Chazz!! Mio!!“, hörte das Mädchen von weitem. Sie war an einen Baum gelehnt und hatte von dort aus sich das Duell angesehen. „Alles in Ordnung?“, erkundigte sich Jaden. Mio nickte knapp und deutete auf das Duell. „Chazz duelliert sich?“, fragte Syrus. Chazz: 1100 Gegner: 3000 Chazz sah kurz zu den anderen hinüber. In diesem Duell würde er Alexis zeigen, wie gut er sich duellierte! Jedoch… sein Blick schweifte zu Mio. Sie hatte ihn ohne jegliche Mühe besiegt. Chazz hatte unbedingt auf das Duell mit diesem Typen bestanden, um Mio zu beweisen, dass er alles andere als ein schlechter Duellant war. Klar, selbstverständlich auch, um der Organisation eins auszuwischen, allerdings ging es hierbei zum größten Teil um seine Ehre. Und diese wollte und musste er wieder herstellten. Der Schwarzhaarige blickte auf das Feld. Während sich auf der Spielfeldseite seines Gegners Dunkle Furchtroute (4000/4000), Gil Garth (1800/1200) und zwei verdeckte Fallenkarten befanden, war auf seiner Seite weder ein Monster noch Zauber-oder Fallenkarten. Doch er würde in diesem Zug das Blatt wenden. Ein siegessicheres Grinsen umspielte seine Lippen. „Ich aktiviere die Zauberkarte Ojamandala! Indem ich 1000 Lebenspunkte bezahle, kann ich Ojama Gelb, Schwarz und Grün spezialbeschwören!“ Chazz: 100 „Was bringt ihm das denn?“, fragte Mio. „Wirst schon sehen“, antwortete Syrus mit einem vielsagenden Blick. „Jetzt, da alle drei auf meinem Spielfeld sind, aktiviere ich die Zauberkarte Ojama Delta Hurricane!!! Alle Karten auf Ihrer Spielfeldseite werden zerstört!!“ Ungläubig riss der Mann seine Augen auf. Die drei Ojamabrüder warfen sich in Position und machten freudig einen Salto, ehe sie sich zu einem Dreieck formatierten und über das gegnerische Feld fegten. „Wahnsinn!“, flüsterte Mio. „Jetzt aktiviere ich die Zauberkarte Tausenkraft! Die ATK und DEF aller offenen, normalen Monster der Stufe 2 werden um 1000 Punkte erhöht. Und nun…“ Er machte eine Geste zum Angriff. „Na los, greift an!!“ „Alles klar!“, riefen die kleinen Geschöpfe und attackierten Chazz‘ Gegner, sodass eine Explosion entstand. Der Mann wurde auf den Boden geschleudert und prallte mit dem Kopf auf. Gegner: 0 „Wow!“, jubelte Mio. Sie rannte auf Chazz zu und klatschte in die Hände. „Wirklich einsame Spitze!!“, lobte sie mit breitem Lächeln. Chazz errötete und sah verlegen zur Seite. Damit hatte er ganz und gar nicht gerechnet! Eher hätte er einen gelangweilten Kommentar von ihr erwartet. Stattdessen schenkte sie ihm ein fröhliches Lächeln, das ihn völlig aus der Bahn warf. Ihn, Chazz Princeton! Bevor er etwas erwidern konnte, war Mio auch schon wieder aus seinem Blickfeld verschwunden. Er seufzte. War ja klar… Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie das Mädchen auf den Mann zuging. Mio war stand neben dem Mann, der bei schwachen Bewusstsein auf dem Boden lag. Sie erschrak, als er die Augen öffnete. Das eiskalte Blau ließ Mio zu einer Salzsäule erstarren. „Bald… wird er kommen…“ Sie schluckte. „Wer wird kommen?“, fragte sie nervös. Der Mann kniff angestrengt seine Augen zusammen. Er setzte ein hämisches Grinsen auf. „Er wird dich holen… Minori.“ Er verlor sein Bewusstsein. Sie riss erschrocken ihre Augen auf. „Nein, das..“, keuchte sie. Die Schwarzhaarige wankte drei Schritte nach hinten. Sie wäre nach hinten gefallen, wenn Alexis sie nicht aufgefangen hätte. Besorgt blickte sie Mio an. „Was ist los? Hat der Kerl irgendetwas Schlimmes gesagt?“ Hastig schüttelte sie den Kopf. „Nein, nein, alles okay!!“ Sie entfernte sich von ihr und ließ sich neben einen Baum nieder. Sie starrte zu Boden und nahm ihre Umgebung nicht mehr wahr. „Das kann nicht sein…“, hauchte mit zittriger Stimme. „Woher weiß er davon? Was soll das Ganze…?“ Fieberhaft dachte sie an alles, was bereits passiert ist, nach, konnte aber zu keinem Schluss kommen. Sie war in einer Sackgasse angelangt. Eine Verwechslung war jedenfalls ausgeschlossen. Der Mann wusste, wer sie war. Das stand fest. Und er konnte das nur von einer gewissen Person erfahren haben… aber wieso jetzt, zu diesem Zeitpunkt? Das hätte doch genauso vor ein paar Jahren passieren können. Etwas musste vorgefallen sein. Ein Grund, um sie zu suchen. „Hey, alles klar? Wir wollen jetzt los“, wurde sie von ihren Gedanken herausgerissen. Perplex sah sie in ein braunes Augenpaar. „Jaden… was ist?“ „Das wollte ich dich eigentlich fragen. Weil du so nachdenklich aussiehst. Wenn aber nichts ist, können wir gerne zurückgehen. Ich habe rieeesen Hunger!!“ Sie erhob sich und klopfte sich den Schmutz von ihrer Kleidung ab. „Ist gut, ich komme. Habt ihr Kanzler Sheppard Bescheid gegeben?“ „Jep. Diesmal haben wir alles geregelt. Haha, im Gegensatz zum letzten Mal, weißt du noch?“ Mio musste trotz ihrer Sorgen lächeln. „Ja, du sagst es! Und wie Chazz ausgerastet ist!“ „Mann, der war den ganzen Tag über motzig gewesen!“ „Hast du sein Gesicht gesehen?“ Jaden kriegte sich vor Lachen nicht mehr halten. Mio stimmte leicht mit ihm ein. Chazz hob eine Augenbraue. „Wenn ihr so nett wäret, möchte ich mich gerne in meiner Unterkunft ausruhen. Ihr könnt meinetwegen hier bleiben und draußen in der Kälte übernachten“, sagte er sarkastisch. „Schon gut, schon gut! Krieg dich mal wieder ein. Schau, Jaden, das ist das, was ich meinte.“ „Ob Chazz jemals freundlich ist?“ Die beiden ernteten tödliche Blicke, sodass sie von nun an schwiegen. Gemeinsam machte sich die Gruppe zu ihren Unterkünften auf. Jeder war in seinen Gedanken versunken. Ab und zu redete Jaden mit Alexis, was Chazz wiederum eifersüchtig machte. Als es dunkel wurde, lieferten sie Alexis an der Mädchenunterkunft ab und marschierten den restlichen Weg zum Sliferred-Haus. „Endlich! Endlich ausruhen!“, stieß Chazz aus. „Meine Güte, was für ein Tag..“, murmelte Mio. Sie betrat erschöpft ihr Zimmer und legte sich auf ihr Bett. „Feuerprinzessin… du hast alles mitgehört, habe ich recht?“ Eine junge Frau, die ihr Duellgeist war, setzte sich auf Mios Bettkante. „Ja, habe ich.“ „Woher wusste dieser Typ bloß davon?“ „Nur wenige Personen wissen dies. Es kann also jeder von ihnen gewesen sein.“ Mio seufzte. „Und wenn es gerade er ist? Was dann?“ Sie schwieg. „Wir haben keine Anhaltspunkte. Jedoch muss jemand durch die Zeitschriften, welche über deine Turniere berichteten, herausgefunden haben, wo du dich befindest.“ „Aber wer wusste dann genau, wie ich aussehe? Ich meine, es gibt viele Mädchen, die schwarze Haare haben. Außerdem kann nicht jeder an die Daten der Schule kommen, es ist ein hoch-modernes Sicherheitssystem.“ „Jemand von der Schule muss es ihnen erzählt haben. Und ich habe eine Vermutung.“ „Wer?“ Feuerprinzessin schloss ihre Augen. „Fujisawa.“ Kapitel 16: Ärger gefolgt von Prüfungen --------------------------------------- Hier ist wieder ein neues Kapitel.^^ Hm, ich schreibe recht schnell in letzter Zeit.. naja, wenigstens kommt sie weiter voran. :) „Der Effekt des Antiken Antriebssoldaten ist, dass..“ Mio gähnte zum hundertsten Mal. Ihre pechschwarzen Haare standen von allen Seiten ab und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Sie hatte in der Nacht kein einziges Auge zugetan. Die ganze Zeit musste sie an diesen verdammten Typen denken. Und an Fujisawa. Wenn es stimmt, was Feuerprinzessin gesagt hat, muss er den Leuten der Organisation alles mitgeteilt haben. Doch wieso? Was brachte das alles? Sie seufzte wehmütig und legte ihren Kopf auf den Tisch. Letzte Stunde Crowler! Unerträglich. Die ganze Stunde hatte sie nicht aufgepasst. Da er aber sowieso keine Hausaufgabenüberprüfung schrieb, hatte sie…. „…und da ihr so gut aufgepasst habt, schreiben wir jetzt einen Test!“ … großes Pech. Mit einem diabolischen Grinsen teilte Crowler die Blätter aus. Als sie auf ihr Blatt starrte, war ihr gesamter Kopf leer. Sie war weder in der Lage, zu denken, noch etwas hinzuschreiben. Die ersten beiden Fragen hatte sie halbwegs beantwortet, doch je weiter sie kam, umso mehr mühte sie sich ab, wach zu bleiben. Allerdings gelang ihr dies nicht. Ohne zu merken, wie sie den Stift fallen ließ, schloss sie die Augen und schlief ein. Bamm!! Erschrocken schrak sie auf und blickte sich verwirrt um. Ihr lief es kalt den Rücken runter, als niemand anderes als Crowler höchstpersönlich vor ihr stand. Seine Faust hatte er auf dem Tisch aufgeschlagen. ‚Scheiße! Wir schreiben den Test! Oder eher… wir haben ihn geschrieben..‘ Der Professor musterte sie argwöhnisch. Mio merkte, wie die Blicke ihrer Mitschüler auf sie lagen. Au weia. „Da du anscheinend schläfst, schätze ich, dass du fertig bist. Lass mal sehen…“ Bevor sie Einspruch erheben konnte, riss der Lehrer ihr das Blatt aus der Hand. Mit lauter Stimme las er vor: „Erste Frage: Was kann man nicht tun, wenn der Gegner mit Antikem Antriebsgolem angreift? Als Antwort hat sie geschrieben: Man kann nicht aufgeben.“ Die Schüler brachen in Gelächter aus. Mio ballte ihre Hände zu Fäusten. Dieser Mistkerl! „Also wirklich! So etwas kann ich nicht dulden!“ „Ach ja?! Was sollen wir denn von Ihnen denken, wenn Sie in einen Schminkkasten gefallen sind und wie eine alte Tante aussehen?! Wissen Sie überhaupt, wie man eine Puderquaste benutzt?!“ Auf einmal realisierte sie, was sie gesagt hatte, und hielt sich die Hand vor den Mund. Die Klasse brüllte los vor Lachen und kriegte sich erst wieder ein, als Crowler erneut mit der Faust auf Mios Tisch schlug. „DAS.REICHT.JETZT.“ Mio schluckte. Sie sank wie ein Häufchen Elend in ihrem Sitz ein. „D-das.. war n-nicht s-so gemeint, i-ich…“ „Zum Direktor.“ „Nein, das können Sie mir nicht antun!“, versuchte Mio vergebens, ihn davon abzuhalten. „Keine Widerrede. So ein unverschämtes Verhalten dulde ich nicht!!“ Er packte sie am Kragen und schleifte sie zur Tür. „Neeeeein! Das können Sie nicht tun!“ Er ignorierte sie und drehte sich kurz zur Klasse um. „Und wenn jemand von euch noch ein einziges Mal in meinem Unterricht lacht, kommt er ebenfalls zum Direktor!!“ Damit verließ er den Raum. Das Einzige, was man noch hörte, war Mios Betteln um Gnade. Alexis schüttelte den Kopf. Wie konnte sie sich auch mit Dr. Crowler anlegen? Für den Rest ihres Lebens würde sie seine Hass-Schülerin sein. Jaden, der aus seinem Schlaf erwacht war, musste derweil immer noch lachen. „Dem hat sie’s aber gezeigt!“ Syrus schlug sich die Hände vor das Gesicht. „Hoffentlich kommt sie lebend wieder raus…“ Kanzler Sheppard saß mit gerunzelter Stirn über seinen Unterlagen. Rechnungen, Berichte… all dies musste er abarbeiten. Besonders kümmerte er sich um den Vorfall von gestern. Seine Schüler hatten alles erfolgreich erledigt und so schnell würde nichts passieren. Allerdings wusste er weder das Ziel der Organisation noch warum sie ausgerechnet hier war. Vielleicht wussten Jaden und seine Freunde mehr… In diesem Moment klopfte es an seiner Tür. Er sah auf und sagte: „Herein!“ Hinein trat Dr. Crowler, hinter ihm kam die Schülerin Mio hervor. Sheppards Gesicht hellte sich auf. Genau zum passenden Augenblick. „Entschuldigen Sie die Störung, Kanzler Sheppard, aber diese Schülerin hier..“ „Ich werde mit ihr reden, Dr. Crowler. Vielen Dank, dass Sie Mio hierher gebracht haben“, unterbrach der Kanzler ihn. Sprachlos blickte Crowler Kanzler Sheppard an. „Aber Kanzler Sheppard, sie..“ Kanzler Sheppard lächelte höflich. „Könnten Sie uns bitte alleine lasse?“ Der Lehrer blinzelte irritiert. Er brauchte ein paar Minuten, um sich wieder zu fassen. Als er dann den auffordernden Blick des Direktors sah, sagte er schließlich: „S-selbstverständlich! Ich werde nun gehen.“ Damit verließ er das Büro. Unmittelbar danach verbeugte sich Mio und sprach: „Entschuldigen Sie, Kanzler Sheppard, ich…“ „Wie geht es deinen Verletzungen?“ Perplex sah die Schülerin auf. „Ähm, danke, besser…“ Er nickte ernst. „Ich würde gerne mit dir sprechen.“ Mio schluckte. Zwar hatte sie Glück gehabt, keine Standpauke zu erhalten, jedoch war vielleicht dieses Thema noch unangenehmer. „Um die Organisation, richtig?“ Sie senkte ihre Stimme. Der Direktor stützte sein Kinn auf seinen Händen ab. „Wir wissen nicht viel über sie. Ihre Absichten sind unbekannt.“ Die Schwarzhaarige spannte sich innerlich an. Sollte sie es ihm sagen? Nein, sie würde ihn dann nur in Unruhe versetzen. Es würde nichts bringen, egal ob Sheppard es wusste oder nicht. Zudem hatte sie keine Ahnung, ob es wirklich wahr war oder bloß eine Vermutung war. Sie hoffte Letzteres. Außerdem, wer würde schon an die Schule kommen und sie sehen wollen? Seit mehreren Jahren lief alles gut, warum also nicht jetzt auch? Sicher, das mit Fujisawa war in der Tat merkwürdig, doch es gab keinerlei Beweise. Ohne Beweise, keine Aussage. „Wir wissen auch nicht mehr. Chazz Princeton hatte sich gestern mit einem Mitglied der Organisation duelliert, doch wir konnten leider nichts herausfinden. Auch weiß ich nicht, was es mit der Entführung von Mindy und Jasmin auf sich hatte.“ Das stimmte. Sie wusste es wirklich nicht. Der Kanzler nickte nachdenklich. „Verstehe. Mir geht es genauso. Falls du aber irgendeine Idee hast, kannst du sie mir gerne mitteilen.“ Mio zwang sich zu einem Lächeln. „Ja, das werde ich tun. Vielen Dank.“ Irgendwann mal vielleicht. Mal schauen. Das Mädchen verabschiedete sich und trat in den Flur. Sie war so in Gedanken verloren, dass sie beinahe mit jemanden zusammen gestoßen wäre. Sie zuckte zusammen. „Entschuldigung, das tut mir leid!“ Sie sah hoch und blickte in das hübsche Gesicht eines jungen Mannes. Er hatte kinnlange blaue Haare und trug einen weiß-blauen Obelisk Blue Mantel. Seine blauen Augen musterten sie neugierig. „Bist du nicht… Mio Akimiya?“ Die Schwarzhaarige nickte zögerlich. „J-Ja. Und du bist…?“ Sie hätte schwören können, ihn irgendwo einmal gesehen zu haben. Er ähnelte irgendeiner Person. Doch wem? „Zane Truesdale.“ Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen. „Z-Zane Truesdale?? D-der beste Duellant der Schule?“ Dann also Syrus‘ älterer Bruder, fügte sie in Gedanken hinzu. Er lächelte leicht. „E-es freut mich, dich kennenzulernen!“, sagte sie schüchtern. Ihre Wangen färbten sich in ein zartes Rosa. „Wir werden uns bestimmt noch mal sehen.“ Mit diesen Worten verschwand er hinter der Ecke. ‚Mann, sah der gut aus!‘, dachte sich Mio. An dieser Akademie gab es wahrhaftig alle Arten von Leuten. Von Idioten zu Genies. Sie seufzte. Wenn sie doch in Obelisk Blue wäre… „Na, hast du mit Zane geflirtet?“ Erschrocken drehte sie sich um. Alexis stand mit einem vielsagenden Lächeln vor ihr. „W-was? Nein, wir haben uns n-nur vorgestellt.“ „Du wirst ja ganz rot!“, stichelte sie weiter. „Ach, sei still!! Wo sind die anderen?“ „Draußen auf der Wiese ein wenig lernen. Naja, Jaden schläft natürlich.“ „War klar..“ „Und? Wie ist es gelaufen?“, fragte sie interessiert, während die beiden ins Freie gingen. Obwohl es gestern geregnet hatte, schien heute wieder die Sonne. Das Wetter war einfach herrlich. „Naja…“ Missmutig blickte sie zu Boden. „Ist es sehr schlimm? Du darfst doch noch auf der Akademie bleiben, oder?“, fragte Alexis ängstlich. Mio winkte ab. „Ach, nein. Ich habe überhaupt keine Strafe bekommen. Stattdessen musste ich mit Kanzler Sheppard über gestern reden.“ „Oh“, erwiderte Alexis bloß. „Geht es dir denn besser? Gestern warst du so merkwürdig. Außerdem hast du den Test verschlafen.“ Mio schlug sich die Hand gegen die Stirn. „Scheiße! Ich habe den Test total vergessen! Na super, nächstes Jahr Obelisk Blue adé.“ Sie stöhnte deprimiert auf. Inzwischen erreichten sie die Wiese. Syrus schrieb Hausaufgaben ab und Jaden lag mit ausgestreckten Armen auf dem Gras und döste. Chazz las an einem Baum gelehnt seine Notizen vom Unterricht. Als er Alexis sah, schaute er auf. „Hey, Alexis! Willst du meine Notizen haben?“ Sie lehnte dankend ab. „Tut mir leid, aber ich wollte mich mit Mio gegenseitig abfragen.“ Erst jetzt bemerkte der Junge die Schwarzhaarige. „Ach, du bist ja auch da“, sagte er desinteressiert. Sie zuckte mit den Schultern. „Dein Pech, dass ich da bin und mit Alexis lerne. Lies dir lieber deine nutzlosen Notizen durch.“ Chazz schnaubte abfällig. „Das sagt gerade die Richtige! Du warst doch diejenige, die den Test verschlafen hat!“ „Manche Leute sind manchmal eben etwas übermüdet. Dich geht das aber nichts an!“, sagte Mio schnippisch. „Schön, ich hätte auch nicht nachgefragt!“ Sie drehte sich um und zeigte ihm die kalte Schulter. Syrus hatte von den Hausaufgaben aufgeschaut und sah zwischen den Streitenden hin und her. „Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft die beiden sich gestritten haben“, murmelte er und fing wieder an der Stelle an, wo er aufgehört hatte. Alexis schüttelte lediglich den Kopf und holte ihr Schulbuch heraus. „Ich würde sagen, wir fangen bei den neuen Karten an, die eingeführt wurden“, schlug sie vor. „Meinetwegen“, antwortete Mio, die immer noch eingeschnappt war. Am nächsten Tag kam Crowler schadenfroh in die Klasse hinein. Sein Blick fiel auf Mio. „Und? Hat dir der Kanzler eine angemessene Strafe gegeben?“ Innerlich kochte sie, aber sie ließ sich nichts anmerken. „Ja, das hat er“, log sie. Sollte Crowler doch denken, was er wollte. „Gut. Übrigens gebe ich euch jetzt die Tests wieder.“ Als ihr das Blatt gegeben wurde, hätte sie sich am liebsten geweigert, es anzunehmen. Doch selbstverständlich nahm sie es an und sah auf ihre Punktzahl. 0 von 50 Punkten. Sie seufzte und steckte es schnell in ihre Tasche hinein. Eine Reihe weiter vor ihr saß Chazz, dessen Gesichtsausdruck sehr zufrieden war. Offenbar hatte er alles richtig. Als er ihren Blick bemerkte, drehte er sich mit einem zynischen Grinsen zu Mio um. „Und? Ich nehme an, du hast auch alles richtig wie ich“, sagte er spöttisch. Das Mädchen verzog ihre Lippen. „Sei still!!“ Chazz lachte schadenfroh auf. „Ich bezweifle stark, dass du die Prüfung bestehst!“ Trübselig lehnte sich das Mädchen in ihrem Sitz zurück. Wo er recht hat, hat er recht. Sie musste unbedingt in der Prüfung gut abschneiden, ansonsten würde sie bei Crowler durchfallen. Zumindest war sie in den anderen Fächern ganz gut. Weitere schlechte Noten wären sonst fatal gewesen. Der Lehrer führte in den letzten Minuten ein neues Thema ein, das nächste Woche in der Prüfung vorkommen würde. Eifrig schrieb Mio alles mit, was er sagte, um es hinterher auswendig zu lernen. Nach weiteren vier Stunden hatten die Schüler schließlich frei und konnten den Nachmittag genießen. Doch anstatt zum Strand oder sich auf die Wiese hinzulegen, ging Mio in ihr Zimmer und holte ihre Sachen zum Lernen heraus. Es gelang ihr einigermaßen voranzukommen, aber immer wieder musste sie an diese Organisation denken. Wegen diesen verdammten Typen hatte sie ihren Test bei Crowler verhauen. Schlimmer, Chazz war tausendmal besser als sie gewesen! Sie schüttelte ihren Kopf. Organisation hin oder her, im Moment zählte die Schule! Wenn sie weiterhin auf der Akademie bleiben wollte, musste sie sich auch anstrengen. Danach war genug Zeit, um darüber weiter nachzudenken. Mit neuer Kraft legte sich Mio eifrig ins Zeug und wälzte Stapel von Büchern, um sich jeweils die wichtigsten Informationen herauszuschreiben. Dabei bemerkte sie nicht, wie schnell es Abend wurde. Erst als sie auf die Uhr sah, wäre sie beinahe vom Stuhl gefallen. „Schon neun Uhr?! Meine Güte, hab ich die Zeit vergessen!“ Sie unterbrach kurz ihre Arbeit, um sich aus dem Kühlschrank der Kantine etwas zu Essen zu holen, da niemand mehr da war und das Essen bereits abgeräumt hatte. Hinterher machte sie sich wieder an die Arbeit und ging um elf Uhr ins Bett. Das Wochenende verlief ähnlich: Am Samstag nach der Schule verzog Mio sich erneut in ihr Zimmer, um zu lernen. Sie verließ es nur, um sich Essen aus der Kantine zu holen. Am Sontag war sie so sehr ins Lernen vertieft, dass sie das Klopfen an ihrer Tür überhörte. „Hier bist du also. Wir dachten schon, du wärst vom Erdboden verschwunden.“ Sie schrak auf und flog vor Schreck auf den Boden. „W-w-w-was?? Chazz?“, rief sie außer Atem. „Erschreck mich doch nicht so!!“, murrte sie. Er grinste spöttisch. „Ich kann nichts dafür, dass du schlecht hörst.“ Sie tat so, als ob sie seinen Kommentar nicht gehört hätte und setzte sich wieder auf ihren Stuhl. „Was machst du eigentlich hier?“, fragte sie skeptisch. „Ich wollte mir dein tolles Zimmer ansehen“, erwiderte er sarkastisch. „Nein wie lustig! Wenn es nichts mehr gibt, dann geh!“ „Wie freundlich.“ Erst jetzt fielen ihm die vielen Bücher und Zettel auf Mios Schreibtisch auf. „Hast du das alles über das Wochenende gemacht?“, fragte er ungläubig. Sie nickte. „Das hätte ich dir jetzt ehrlich gesagt nicht zugetraut.“ „Danke für das Kompliment.“ „Jedenfalls soll ich dir nur von Jaden und den anderen ausrichten, dass du in sein Zimmer kommen sollst.“ Sie hob eine Augenbraue. „Und warum sollst ausgerechnet du das übernehmen? Jaden hätte doch selbst kommen können.“ „Naja, ich wollte eh in mein Zimmer, also von daher… Außerdem wollte ich sehen, ob du auch brav lernst.“ Sie starrte ihn entgeistert an. „Was denkst du von mir?? Natürlich lerne ich!! Und jetzt verschwinde aus meinem Zimmer!“ Beschwichtigend hob er seine Hände. „Beruhig dich mal! Ich..“ Er brach ab. Seine Augen wanderten zu ihrem Bett. Dort stand ein Foto mit einer jungen Frau mit schwarzen Haaren. Sie trug sehr aufwendige und edle Kleider. Auf ihrem Arm war ein kleines dreijähriges Mädchen, das fast genauso wie die Frau aussah. Neugierig trat Chazz darauf zu. „Bist du das Mädchen? Wer ist das denn die Frau?“ Augenblicklich sprang Mio auf und schob den Schwarzhaarigen aus ihrem Zimmer heraus. „Verschwinde einfach und frag nicht weiter nach!“ Damit knallte sie ihm die Tür vor seiner Nase zu. Danach Mio atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Dieser Idiot! Man schnüffelt nicht in den Sachen anderer Leute herum! Vor allem dann, wenn es einen nicht angeht! Sie stieß einen Seufzer aus. Zügig packte sie ihre Sachen zusammen und marschierte zu Jaden hinüber. Bei ihm waren Alexis, Syrus und Bastion. „Ahw, Mio!“, rief Jaden, während er sich eine Hand voll Chips nahm und sich in den Mund steckte. „Du lässt dich auch mal blicken!“, sagte Syrus. „Ich habe die ganze Zeit gelernt“, antwortete sie und setzte sich neben Alexis auf das Bett. „Chazz hat dir Bescheid gegeben? Wir wollten uns nämlich einen Film anschauen“, erklärte das blondhaarige Mädchen. Mio war einverstanden, ein wenig Abwechslung konnte nicht schaden. Jedoch… „Warum ist Chazz eigentlich gegangen?“, wollte sie wissen. Jaden zuckte mit den Schultern. „Zuerst fand er es prima, dass auch Alexis kommen wollte, aber dann ist er irgendwie ausgerastet.. keine Ahnung.“ Alexis flüsterte zu Mio: „Ich erzähl dir nachher alles.“ Die Schülerin nickte. Anschließend begannen sie endlich, den Film zu schauen, er hieß: „TRON: Legacy“. Nach gut zwei Stunden und vielen Chips lehnte sich Mio gähnend zurück. „Ich hab keine Lust auf morgen! Kann nicht jemand anderes die Prüfung für mich schreiben?“, nörgelte sie. „Mach’s doch so wie ich“, schlug Jaden vor, „einfach schlafen!“ Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Auf keine Fall! Morgen kommt’s wirklich drauf an! Ich kann mir keine weiteren Patzer mehr leisten.“ Bastion stimmte mit ihr überein. „Von nichts kommt auch nichts, Jaden. Deswegen bist du auch noch in Slifer.“ „Och ja, ich finde die Farbe steht mir am besten. Ich bin mit allem zufrieden.“ „Ja, aber auch nur du, Jaden. Wenn ich doch endlich in Ra Yellow wäre…“, seufzte Syrus. „Das wird schon.“ Nach einer halben Stunde machten sich Mio, Bastion und Alexis auf den Rückweg, obwohl Mio es ja nicht sehr weit hatte. Bevor sie in ihr Zimmer ging, kam Alexis auf sie zu. „Also wegen gerade eben..“, sagte sie leise. „Ich war als Erste in Jadens Zimmer. Er meinte, ich könnte mich auf sein Bett setzen. Aber…“ Sie errötete. „Ich habe seine Dueldisk nicht gesehen, die auf dem Boden lag und bin gestolpert. Ich fiel prompt auf Jaden. In dem Moment kam Chazz rein.“ Ihr Kopf war rot wie eine Tomate. Mio prustete auf einmal los. „Oh Mann! Das hätte ich sehen müssen!“ Alexis schüttelte energisch den Kopf. „Mio! Das ist nicht lustig! Chazz hat die ganze Situation falsch verstanden! Wenn er das rumerzählt, dann…“ „Keine Sorge, der sagt schon nichts“, beruhigte die Schwarzhaarige ihre Freundin. „Chazz macht sowas nicht.“ Die Blondhaarige hob eine Augenbraue. „Seit wann setzt du dich denn für Chazz ein?“ Jetzt war Mio an der Reihe, rot zu werden. „Ich verstehe nicht, was du meinst!“ Damit lief sie in ihr Zimmer und knallte die Türe zu. Alexis amüsierte sich über ihre Reaktion. Sie setzte sich wütend an ihren Schreibtisch und tippte mit den Fingern ungeduldig auf der Holzplatte herum. Sich für ihn einsetzen? Für diesen Spinner? Niemals! Sie hatte nur eine Tatsache ausgesprochen, mehr war das nicht. Außerdem hielt er von ihr auch nicht wirklich viel! Schlimmer, er machte sich über sie lustig und unterstellte ihr, nicht genügend zu lernen! So ein Idiot. Sie schmunzelte. Zu gerne hätte sie seinen Blick gesehen, als er Alexis und Jaden aufeinander hat liegen sehen. Obwohl, abwegig war es im Grunde genommen gar nicht. Man könnte auf den ersten Blick in der tatsächlich denken, dass die beiden ein Paar waren. Vielleicht würde es bald auch so kommen. Sie seufzte, als sie auf ihre Schulbücher schaute. Erstmal kamen die Prüfungen. Mio lernte noch bis spät in den Abend. Erst als sie merkte, wie müde sie war, beschloss sie, ins Bett zu gehen. Sie schlief rasch ein. Ab und zu wälzte sie sich unruhig im Schlaf und murmelte unverständige Sätze vor sich hin. Als sie aufwachte, schien helles Licht durch ihre Vorhänge. Schläfrig richtete Mio sich auf. Mit einem Mal zuckte sie zusammen, als die Tür aufgerissen wurde. „Mio! Ah, du bist wach!“, rief Syrus. Das Mädchen ging schlaftrunken auf ihn zu. „Was gibt’s denn?“ Sie streckte gähnend ihre Arme. „Ich wollte nur schauen, ob du auch wach bist, sonst kommst du zu spät“, erklärte er mit einem vorwurfsvollen Unterton. Mio nickte müde. „Ok, danke, Sy. Ich komme gleich, geh ruhig vor.“ Nachdem sie eine eiskalte Dusche genommen und sich die Haare zum Zopf gebunden hatte, machte sie sich auf den Weg zur Schule. Sie kam gerade dann, als der Mathelehrer in den Klassenraum kam. Sie setzte sich neben Bastion. „Morgen! Gut geschlafen?“, begrüßte er sie. Mio verneinte. „Nicht wirklich. Hatte einen blöden Traum. Außerdem hab ich noch lange gelernt, weil ich die Prüfungen nicht verhauen will.“ Der Ra Yellow schüttelte den Kopf. „Gerade deshalb sollte man eben früher als sonst ins Bett gehen“, murmelte er. Dann begann die Prüfung. Glücklicherweise schlief sie nicht wie bei Crowlers Test ein und füllte alle Aufgaben zügig aus. Zusammen mit Bastion gab sie ihren Prüfungsbogen als Erstes ab. Danach kamen Japanisch und Duellstrategien an die Reihe. Ab und zu musste Mio ein wenig nachdenken, aber ansonsten bekam sie alles recht gut hin. Crowler Prüfung war auch in Ordnung gewesen, doch manche Fragen waren schwer zu beantworten. Sie war sich sicher, dass er ihr eins auswischen wollte. Tags darauf mussten die Prüfungen in Englisch und Alchemie geschrieben werden. Sie saß neben Alexis und füllte nach und nach alles aus, wobei sie in Alchemie ein paar Probleme hatte, diese jedoch mit Alexis‘ Hilfe einigermaßen lösen konnte. „Hach…“, seufzte sie erleichtert, „endlich alles hinter uns!“ „Natürlich gefolgt mit schlechten Noten“, fügte Chazz spöttisch hinzu, der neben ihr und Alexis herging. Jaden und Syrus waren in der Cafeteria. Mio versuchte, ihm gegen das Schienbein zu treten, doch er wich geschickt aus. „Von wegen! Ich will gar nicht erst deine Noten wissen!“ „Weil sie eh erstklassig sind, habe ich recht?“ „Du…!!“ „Beruhigt auch mal“, schaltete Alexis ein. „Lasst uns lieber den Tag genießen.“ Die Blondhaarige schaute nach links und lächelte: „Hallo, Zane!“ Der blauhaarige Student drehte sich um. „Hallo!“ Er blickte zu Mio, die rot wurde. „Alle Prüfungen überstanden?“ Sie nickte. „J-ja! Du selbstverständlich auch, i-immerhin bist du der b-beste Schüler!“ Er lächelte leicht. „Du scheinst dich aber auch gut zu duellieren.“ „D-danke..“, murmelte sie verlegen. Zane nickte Alexis zu und ging zu seinen Freunden von Obelisk Blue. Mio starrte ihm verträumt hinterher. Bis sie von Chazz auf den Kopf geschlagen wurde. Empört drehte sie sich um. „Sag mal spinnst du?!“ Chazz runzelte die Stirn. „Ich würde ihm nicht so auffällig hinterher starren, wenn ich du wäre.“ Sie stemmte ihre Hände in ihre Hüfte. „Na und? Zane sieht eben gut aus!“ Er schnaubte abfällig. „Kein Wunder, dass Fujisawa so ein leichtes Spiel mit dir hatte.“ Ehe sie etwas erwidern konnte, war er an ihr vorbei gelaufen. Verwirrt blickte sie ihm nach. „Was war das denn jetzt?“ Alexis wiegte den Kopf. „Ist das nicht offensichtlich?“ Mio zuckte mit den Schultern und zog Alexis zur Heißen Quelle. Nach einer Woche war es endlich soweit: Die Prüfungsergebnisse standen fest und die Sommerferien rückten immer näher. Die Studenten des ersten Jahrgangs wurden in den Hörsaal gerufen, in dem die Ergebnisse auf einer elektronischen Tafel wiedergegeben werden sollten. Mio hüpfte nervös von einem Bein auf das andere, was Chazz regelrecht aufregte und er sie daraufhin anherrschte. Man merkte, dass er ebenfalls angespannt war. Dann erschienen die Resultate: Bastion setzte ein zufriedenes Grinsen auf, da er Erster wurde, Alexis lächelte glücklich, denn sie wurde Dritte und Syrus ließ niedergeschlagen den Kopf hängen, weil er schlecht abgeschnitten hat. Chazz fand sein Ergebnis zufriedenstellend, denn er war genauso gut wie Alexis. Dann suchte er Mios Namen. Er lachte schadenfroh auf. „Haha! Hab ich’s nicht gesagt? DU bist viel schlechter als ICH!!“ Die Schwarzhaarige schenkte ihm einen so giftigen und angsteinflößenden Blick, dass er abrupt verstummte. Im Verhältnis gesehen war ihr Ergebnis in Ordnung, achtzehnter Platz, aber ob das Kaiba bzw. den guten Chazz Princeton zufrieden stellen würde, war eine andere Sache. Doch da sie im Duellieren gut war, würde Kaiba ein Auge zudrücken. Hoffentlich. Desweiteren wäre sie viel besser gewesen, wenn sie den Feldtest mitgemacht hätte. Nach den Resultaten und den darauf folgenden Unterricht saß Mio mit Syrus Jaden in seinem Zimmer herum und las Zeitschriften über die neusten Karten. In diesem Moment klopfte es an der Tür. „Ich geh schon“, sagte Mio und öffnete die Tür. Ihre Augen weiteten sich. „Z-Zane?“ Ich hoffe, es hat euch gefallen.^^ Übrigens wurde hier zum ersten Mal Mios Nachname erwähnt. Außerdem habe ich für nächstes Mal eine kleine "Überraschung". =) Kapitel 17: Das Abschlussduell ------------------------------ So, endlich ein neues Kapitel fertig.^^ Und keine Sorge, ich werde nicht das komplette Duell von Jaden und Zane beschreiben. Wichtig sind eher die Kommentare, die von den Zuschauern gemacht werden x3 Hier ist wie versprochen die Überraschung... ein AMV über Chazz und Mio!! War ganz schön viel Arbeit gewesen.^^ Mit der Testversion von Sony Vegas erstellt. http://www.youtube.com/watch?v=GJ-cY_KWqbM So exakt hab ich mir auch Mio vorgestellt. Naja, viel Spaß beim Lesen, ich hoffe, das AMV gefällt euch. Übrigens, wer will, kann mal bei meiner Oneshot vorbeischauen: http://fanfiktion.de/s/4d5983f400014bc90660714b ---------------------------------------------------------------------- Mio trat einen Schritt zur Seite und ließ Zane herein. Die drei wurden vollkommen überrascht, dass jemand wie er, der zu der Elite gehörte, in ein Zimmer von Slifer Red kam. „G-g-großer Bruder?!“, stieß Syrus erstaunt aus. „Zane, was gibt’s? Wie kommt’s, dass du aus heiterem Himmel hierher kommst?“, fragte Jaden. „Wisst ihr, ich bin schon drei Jahre an dieser Akademie. Aber ich habe noch nicht einmal diese Räume betreten. Ich freue mich, dass ich endlich einen Grund gefunden habe, mal herzukommen.“ „Einen Grund, wirklich? Welchen denn?“, wollte Jaden wissen. „Ich möchte mich mit dir am Abschlussduell duellieren, Jaden.“ Die drei fielen aus allen Wolken. „Wie im Abschlussspiel? Das ist das wichtigste Duell des Jahres!“, sagte Syrus. Der Braunhaarige war nach wie vor erstaunt. Zane legte eine Hand auf seine Schulter. „Ich erwarte dich morgen in der Duellarena.“ Damit verließ er das Zimmer. „Was auch immer die anderen sagen, dein großer Bruder ist echt ein guter Kerl“, sagte Mio. Jaden war ganz aus dem Häuschen. „Oh Mann, ich kann morgen gegen ihn antreten! Das ist der Hammer!“ „Reg dich mal ab!“, mahnte Syrus energisch. „Das Abschlussduell ist das wichtigste Duell des gesamten Schuljahres! Mein Bruder hat dich, Jaden, als Gegner ausgewählt! Du bist derjenige, der ihm gegenüber stehen wird!“ Jaden zeigte seinen Daumen. „Keine Sorge, Sy! Ich pack das schon!“ Mios Augen funkelten. „Ich kann es kaum erwarten, das Duell zu sehen! Das wird bestimmt prima!“ Am Mittag holte sich Mio einen kleinen Snack von der Cafeteria. Dabei traf sie auf Chazz. „Hey, hast du schon gehört, dass…“ „Jaja, ich weiß Bescheid“, unterbrach er sie genervt. „Was ist denn mit dir los?“, fragte sie verblüfft. „Warum hat Zane bloß jemanden wie Jaden herausgefordert?“, beschwerte er sich. „Naja, er ist eben der Beste. Das musst du eben akzeptieren, Chazz.“ Er atmete schwer aus. Er machte ein beleidigtes Gesicht. „Trotzdem!“ „Hör mal. Ich hätte auch total gerne gegen ihn gekämpft. Aber ich gönne es Jaden. Er hat immerhin diesen Kegamura besiegt und..“ „Kagemaru!“, berichtigte Chazz. „Ist egal. Jedenfalls denke ich, dass Zane seine Gegner einschätzen kann. Jaden ist derjenige, der am würdigsten ist. Punkt. Aus. Ende!“ „Du hältst aber viel von Jaden“, stellte Chazz nachdenklich fest. „Ich habe mehrere Duelle von ihm gesehen und ich finde, er spielt wirklich erstklassig.“ „Und was ist mit mir?“ „Was?“, fragte sie perplex. „Ich fragte, was mit mir ist. Spiele ich nicht auch gut genug?“ Die Frage kam so unangemeldet, dass Mio erst mal nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie räusperte sich, um ihre Sprachlosigkeit zu überspielen. „Nach den Prüfungen und deinem Duellstil zu urteilen, duellierst du dich schon ganz gut.“ „Aber nicht gut genug, um Alexis zu beeindrucken?“, hakte er weiter nach. Sie fuhr sich durch die Haare und überlegte mit Bedacht, was sie antworten sollte. Letztendlich fiel ihr ein: „Ich denke nicht, dass die Liebe des anderen vom Duellieren oder deinen Fähigkeiten abhängt. Es geht eher um deine inneren Werte. Du kannst dich also gut duellieren, aber dafür der letzte Idiot sein. Es würde dann nichts bringen.“ Sie winkte zum Abschied und setzte ihren Weg fort. Chazz ließ sie einfach stehen. Es war früher Abend. Mio ging ein wenig an der Klippe spazieren, um die Abendluft zu genießen. Dabei traf sie auf Zane. „H-hey!“, begrüßte sie ihn und marschierte auf ihn zu. Er drehte sich zu ihr um. Seine Augen waren so ernst wie immer, aber das störte Mio nicht. Es passte zu Zane. „A-auch auf einem kleinen Spaziergang?“, fragte sie. „Ja. Ich genieße gerne die Abendluft.“ Sie lächelte. „Man kann sich alles durch den Kopf g-gehen lassen, nicht wahr?“ Er nickte. „Es ist hier abends sehr ruhig. Man ist ungestört. Im Gegensatz zu mittags.“ „Ja, überall sind Schüler. Aber es ist interessant, wenn sie sich duellieren“, sagte sie. Zanes Lippen umspielte ein Lächeln. „Ich habe von Anfang an gesehen, dass du das Duellieren liebst. Genau wie ich. Es ist mein Ein und Alles.“ Sie wurde rot. „J-ja! Es ist e-einfach unbeschreiblich!“ Der junge Mann stimmte ihr zu. Danach hörte man nur noch das Meer rauschen. Sie atmete kurz durch und sagte, ohne zu stottern: „Ich freue mich schon, euch beim Duellieren morgen zuzusehen.“ „Danke.“ „Vor allem bin ich auf dein Deck gespannt. Ich habe es noch nie zuvor gesehen.“ „Na dann wirst du morgen die Gelegenheit dafür haben.“ „Au ja. Das wird spannend.“ „Das freut mich. Es gibt wenige, die so etwas schätzen.“ Das Mädchen errötete erneut. „Also dann, wie sehen uns morgen!“ Er machte eine Geste zum Abschied und machte sich auf den Weg in seine Unterkunft. „Zane!“ Der Blauhaarige hielt inne. „Viel Glück! Gegen Jaden wird es nicht einfach werden!“, rief sie ihm hinterher. Zane hob seine Hand und setzte seinen Weg fort. „Ich liebe das Duellieren genau wie du“, wiederholte sie seinen Satz leise. „Es ist mein Ein und Alles.“ Sie seufzte. Ein toller Kerl. Aber was meinte er damit? Mio beobachtete noch lange, wie die Wellen des Meeres an die Klippen prallten. Endlich war der große Tag: Das Abschlussduell zwischen Jaden Yuki und Zane Truesdale fand statt. Mio und ihre Freunde sahen sich nach Plätzen um. Die gesamte Duellarena war mit Studenten gefüllt. Alexis schaute sich ungeduldig um. „Wo ist er denn nur?“ „Wer?“, fragte Mio nach. Bevor ihre Freundin antworten konnte, hörten sie: „Leexi! Schwesterherz!“ Die Blondine stöhnte auf. „Musst du so laut durch die Halle rufen, Atticus?“ Vor ihnen stand ein braunhaariger Junge, der in Zanes Alter war. Mio musterte ihn neugierig. Er bemerkte ihren Blick. „Hey! Ich habe mich noch nicht vorgestellt, richtig? Ich bin Atticus, Alexis‘ älterer Bruder.“ Dabei setzte er sein typisches weißes Lächeln auf und zeigte seinen Daumen. Die Mädchen im Hintergrund kreischten laut. „Äh..Ich bin Mio“, begrüßte sie ihn. Offensichtlich ein ziemlicher Frauenheld, und das war ihm bewusst. Aber er schien recht nett zu sein. Die Gruppe setzte sich in die vierte Reihe, in der glücklicherweise Plätze frei waren. Mio setzte sich zwischen Chazz und Bastion. „Und, schon Jadens Siegeschancen ausgerechnet?“, fragte sie scherzhaft. Der Ra Yellow nahm ihre Frage und holte seinen Taschenrechner heraus: „Nach meinen Berechnungen stehen die Chance für Zane bei 8:2. Nichtsdestotrotz bin ich sehr gespannt.“ „Bin ich auch. Mal sehen, wie sich Jaden gegen Zane schlägt. Immerhin ist er der beste Duellant der Akademie. Und intelligent noch dazu. Er hat bestimmt schon mehrere Strategien entwickelt“, sagte Mio. „Meine Güte, sag doch gleich, dass Zane dein Traummann ist“, sagte Chazz genervt. Die Schwarzhaarige wurde augenblicklich rot wie eine Tomate und ging aufgebracht auf Chazz los. „Halt die Klappe!! Noch ein Wort und du…“ „Da kommen sie!“, verhinderte Alexis den Streit. Schlagartig verstummte die beiden und sahen zu den Studenten. „Hm, Jaden sieht anders als sonst aus…“, meinte Syrus besorgt. „Er wirkt so ernst.“ „Vielleicht ist er nervös?“, meinte Bastion. Chazz sah zu den beiden herunter. Er fragte sich nach wie vor, warum Zane ihn, Chazz Princeton, nicht als Gegner ausgewählt hatte. Er war viel besser als Jaden! Die beiden Studenten erreichten das Duellfeld. Zane und Jaden gaben sich die Hände. Crowler nahm das Mikrophon in die Hand und gab den Start. Beide starteten ihre Dueldisks und das Duell begann. Zane war als erster am Zug und beschwor direkt den Cyber End Drachen (4000/2800). Jaden konnte mittels Elementarheld Wildheart und der Zauberkarte Wilde Hälfte Zane dazu bringen, seinen Cyber End Drachen wieder in drei Cyber Drachen aufzulösen. Er setzte am Ende seines Zuges eine Karte verdeckt. „Ein raffinierter Spielzug“, kommentierte Bastion. Nun war sein an der Reihe. „Ich hole nun meine Karte zurück, die durch Dimensionskapsel aus dem Spiel entfernt habe.“ Jadens Augen weiteten sich. „Was? Das war also gar nicht Kraftbündnis?!“ „Nein. Du solltest aufhören, dich auf solch eine Weise zu duellieren. Es war nämlich die Karte aus einer anderen Dimension. Damit können wir zwei Karten vom Deck in unser Blatt holen.“ „Ich verstehe“, sagte Chazz, „Um seinen Cyber End Drachen zu beschwören, braucht Zane mindestens vier Karten. Wenn wir also annehmen, er hätte Defusion und Kraftbündnis benutzt, wären auf seiner Hand keine Karten mehr gewesen.“ „Zane versucht eben das zu vermeiden“, fügte Bastion hinzu.“ „Unglaublich“, sagte Alexis. Atticus lehnte sich zu ihr nach vorne: „Vielleicht solltest du lieber Zane die Daumen drücken, statt deinem kleinen Freund Jaden.“ Alexis verdrehte die Augen. „Jaden ist nur ein Freund!“ Mio und Chazz sahen gleichzeitig zu den beiden argwöhnisch hinüber. Im nächsten Zug griff Zane mit seinen drei Cyber Drachen Jaden direkt ein. Er aktivierte seine verdeckte Karte Entkräftigungsschild, doch Zane griff trotzdem mit seinen zwei verbliebenden Drachen an. „Jaden hat diese Runde gerade mal so überstanden..“, sagte Mio besorgt. Bastion nickte. „Und Zane hat immer noch seine drei Cyber Drachen auf dem Feld. Wenn Jaden jetzt nichts in diesem Zug macht, sieht es eng für ihn aus. Er muss diese Gefahr so schnell wie möglich neutralisieren.“ „Ja, da stimme ich dir zu“, sagte Atticus, „aber die entscheidende Frage ist, wie er das tun soll. Und noch wichtiger ist: wann.“ Syrus seufzte. „Normalerweise würde ich euch sagen, dass ihr euch keine Sorgen machen sollt, aber..“ „Was aber?“, fragte Alexis. Er drehte sich zu ihr. „Das ist nicht Jaden, der da gerade kämpft! Er genießt das Duell nicht!“ „Syrus..“ Chazz blickte angespannt zu Syrus und sah dann wieder nach vorne. Auch die nächsten Züge verliefen alles andere als gut. Obwohl Jaden mit Elementarheld Wildedge alle drei Cyber Drachen zerstören konnte, kam Zane mit Hilfe der Karte Zukunftsfusion mit seiner Lieblingskarte zurück: Der Cyber End Drache. „Dieser Jaden ist so ein Idiot“, fluchte Chazz. Mio stimmte ihm zu. „Ich muss dir ausnahmsweise mal Recht geben. Jaden macht.. wie soll ich sagen, komische Züge.“ In diesem Moment aktivierte Zane Kraftbündnis, sodass seine drei Cyber Drachen zum Cyber End Drachen verschmolzen. „Meine Güte! 8000 Angriffspunkte!“, stieß Mio überrascht aus. „Das sieht übel aus..“ „Es ist schade, Jaden Yuki, dass diese Duell so enden muss“, sagte Zane zu Jaden gewandt. „Was?“ Schweißtropen liefen ihm über das Gesicht. „Ich greife an!!“, rief Zane. Die drei Drachen öffneten jeweils ihr Maul, in dem eine gewaltige Blitzkugel gebündelt wurde. „Oh mein Gott, ich kann nicht hinsehen!“ Mio hielt sich die Augen zu. Chazz verdrehte daraufhin die Augen, fragte sich aber auch, ob das Duell an dieser Stelle vorbei sein würde. „Cyber End Drache, greif Wildedge an!“ „Ich aktiviere meine Fallenkarte Seelen Union! Ich wähle Bladedge von meinem Friedhof und übertrage seine Angriffspunkte auf mein Monster (->5200)!“ „Es ist sinnlos. Egal was du tust, gegen meinen Cyber End Drachen, der durch Kraftbündnis gestärkt wurde, nützt alles nichts! Los!“ Der Drache feuerte einen riesigen Strahl auf Jadens Monster ab. Eine riesige Explosion erschütterte das Gebäude. „Verdaammt!“, schrie Jaden, als seine Lebenspunkte sanken. Dann lächelte er. „Tut mir leid Zane, aber es ist noch nicht vorbei!“ Die Augen seinen Gegner weiteten sich. „Du hast es geschafft, meiner Attacke standzuhalten?“ Ein Raunen ging durch die Arena. Alle waren erstaunt, dass Jaden den Angriff überstanden hatte. Mit nur 100 Lebenspunkten. Mio blinzelte mehrmals. Danach rief sie empört zu Jaden zu: „Hey, jag mir demnächst nicht mehr so einen Schrecken ein!“ Der Braunhaarige Student hob kurz seine Hand, während er nach Luft rang. „Ich habe rechtzeitig Notreserve aktiviert.“ Er grinste. Er aktivierte Heldensignal und beschwor Elementarheld Bubblemann. Zane spielte noch Cyber Kirin, sodass er keinen Schaden nahm. „Was ist los? Wo ist der echte Jaden geblieben?“, fragte Zane provokant. „Was meinst du damit?! Ich habe noch nicht verloren!“, erwiderte der Slifer Red entrüstet. „Verstehst du es etwa immer noch nicht?“ Jaden sah auf. „Du gehörst normalerweise nicht zu den Leuten, die ihren Kopf benutzen.“ Plötzlich knurrte Jadens Magen. Er seufzte und setzte sich. „Oh Mann! Wegen dem vielen Denken hab ich riesen Hunger!!“ Die Zuschauer tauschten sich verwirrt über Jadens Verhalten aus. Dieser rief nach Miss Dorothy. „Haben Sie was zum Futtern für mich?“ „Was hat denn der Kerl vor? Will er jetzt was essen?!“, rief Alexis schockiert. „Hm, er ist interessant.. findest du nicht auch?“ „Ich muss doch wohl bitten!“ „Das ist seltsam, meinst du nicht auch, Chazz?“, fragte Bastion. Der Schwarzhaarige hob eine Augenbraue. „Wieso? Wir reden von Jaden. Alles, was er tut, ist irgendwie seltsam.“ „Noch ein Punkt, wo ich Chazz zustimme“, merkte Mio an. „Kann doch sein, aber wenigstens ist er wieder der Alte!“, sagte Syrus glücklich. Alle warteten amüsiert, bis Jaden zuende gegessen hatte. Anschließend wurde das Duell fortgesetzt. Mit dem alten Jaden, selbstverständlich. „Weiter geht’s!“ Jaden gelang in es in Zanes Zug durch Defusion, insgesamt vier Elemente auf dem Feld zu haben: FEUER, WASSER, ERDE und WIND. „Ich aktiviere die Fallenkarte Elementausbruch! Alle deine Karten werden zerstört!“ Lichtstrahle in vier verschiedenen Farben prasselten auf Zanes Monster nieder. Sein Feld war leer. „Alle Achtung. Jetzt muss Zane aber aufpassen. Hoffentlich kriegt er das hin“, merkte Mio nervös an. „Sag mal zu wem hältst du eigentlich?“, fragte Chazz Mio mit hochgezogenen Augenbrauen. „Das weiß ich auch nicht so recht..“, entgegnete sie ratlos, wobei Chazz den Kopf schüttelte. Sie widmeten sich wieder dem Duell. Schon nach bereits einer Runde befand sich der Cyber End Drache wieder auf Zanes Spielfeldseite. „Aber er kann noch nicht angreifen“, erklärte Bastion angespannt. Mio stimmte ihm zu. „Gut für Jaden.“ „Es hängt jetzt alles von seinem nächsten Zug ab“, sagte Chazz. Jaden beschwor nun den Elementarheld Glänzender Flügelmann. „Greif an!“ Erneut gelang es Jaden, Zanes mächtiges Monster zu zerstören. „Aber nicht nur das: Wenn mein Glänzender Flügelmann ein gegnerisches Monster zerstört, werden die Angriffspunkte von deinem Monster deinen Lebenspunkten abgezogen!“ „Das sieht schlecht für Zane aus!“, kreischte Mio hysterisch. Chazz rollte mit den Augen. „Schrei mir nicht die Ohren voll! Siehst du seine verdeckte Karte nicht?“ Die Schwarzhaarige blickte auf. „Verdeckte Karte? Ah, die hab ich gar nicht bemerkt!“ Der Junge stöhnte genervt auf. „Ich wette, du hättest sie auch übersehen, wie bei unserem Duell!“, giftete Mio ihn an. Er hob lediglich seine Hände. „Als Zuschauer bemerkt man eben eher sowas. Dein Pech.“ „Ruhe da vorne!“, wurden die beiden von einem Ra Yellow zurechtgewiesen. „Na sieh mal, man beschwert sich schon über dich!“, zischte Chazz sie leise an. „Ich? Also wirklich!“ Das Mädchen atmete tief aus und sah zu den beiden Duellanten. „Ich aktiviere Kraftbündnis!“ „Was? Das kann er doch gar nicht, wenn er keine Monster auf der Hand oder auf dem Feld hat!“, meinte Chazz. Mio rieb sich das Kinn. „Hm... Wie will Zane das nur schaffen?“ „Ich zeige dir meine Perfektion, Jaden! Mit der Karte kybernetische Fusionsunterstützung kann ich meinen Cyber End Drachen rufen!“ Abermals erschien der majestätische, dreiköpfige Metalldrache. „Außerdem spiele ich Begrenzer-Entferner! Die ATK werden verdoppelt (16000)!“ Alle rissen die Augen auf. „Krass!“, rief Mio beeindruckt. „Zane ist in der Tat ein erstklassiger Duellant!“ „Es ist vorbei! Greif an!“ „Das sehe ich anders! Ich aktiviere meine Falle Kampffusion!“, schaltete Jaden ein. „Wenn ich sie während des Kampfes einsetze, erhält mein Monster so viele Angriffspunkte hinzu wie dein Monster besitzt (20900)!“ „Falsches Timing, Jaden! Ich aktiviere ebenfalls Kampffusion!“ „Das.. das ist..“ Mio fehlten die Worte. Dieser Kampf war einfach atemberaubend. „Hah! Das war aber noch nicht alles! Ich aktiviere meine Fallenkarte Finale Fusion! Wir erhalten Kampfschaden gleich der Summe der Angriffspunkte unserer Monster!“ „Los!“ Die beiden Monster prallten aufeinander. Die Kollusion verursachte eine gewaltige Explosion. Alle hielten sich schützend ihre Augen zu. Die Arena bebte. Mio blinzelte. „Sehe… ich das richtig oder ist es…?“ Die Lebenspunkte beider Duellanten sanken auf null. Die Zuschauer brachen in Jubel aus und applaudierten den Kontrahenten. Jaden und Zane schlugen miteinander ein. „Ein gutes Duell!“ Erschöpften ließen sie sich auf den Boden fallen. Nachdem die meisten die Halle verlassen hatten, machte Zane sich zu seiner Unterkunft auf. Als er den Gang entlang lief, und all seinen Fanclubs aus dem Weg gehen musste, traf er auf Mio, welche lässig an der Wand lehnte und lächelte. Zane sah auf. „Ein erstklassiges Duell. Aber bei Duellanten wie Jaden und dir kann man das nicht anders erwarten.“ „Danke. Das kann ich gut gebrauchen.“ Sie wiegte den Kopf. „Wofür?“ „Die Profi-Liga. Ich werde dort nach ein paar Wochen bereits teilnehmen.“ „W-wirklich? Nicht schlecht!“ Sie stützte sich mit dem Fuß leicht von der Wand ab und ging neben Zane her. „Weißt du, was du nach der Schule machen wirst?“, fragte er. „Noch nicht. Vielleicht werde ich studieren gehen. Aber das hat noch seine Zeit.“ „Ich bin gespannt, was aus dir wird. Ich sehe in dir Potential.“ Abrupt hielt sie inne und errötete. „E-ehrlich? Meinst du?“ Er nickte. „Das merkt man. Du bringst es sicher noch weit. Ich treffe selten solche Duellanten wie Jaden oder dich.“ Verlegen sah sie zur Seite. „S-schade eigentlich, dass wir.. uns erst kürzlich kennen gelernt haben“, sagte Mio. Über Zanes Gesicht huschte ein Lächeln. „Ja, der Meinung bin ich auch. Ich hätte mich gerne mal mit dir duelliert.“ Die Schwarzhaarige blickte ihn an. „Ich auch. Nach alldem, was ich heute gesehen habe…“ Sie legte ihren Kopf in den Nacken und sah zum Himmel. „Wirst du die Akademie vermissen?“, fragte sie, während die beiden ihren Weg fortsetzten. „Ja. Ich war drei Jahre hier. Und… das alles werde ich nicht vergessen. Mein letztes Jahr war aber das Beste.“ „Hast du auch gegen die Schattenreiter gekämpft?“, fragte sie neugierig. Er nickte, stellte aber dann interessiert eine Frage an sie: „Was ist eigentlich mit dir? Wie bist du hierher gekommen?“ Mios Blick schweifte zum Meer. „Ich kam, wie du vielleicht schon weißt, durch ein Stipendium hierhin. Vorher habe ich noch eine High School in Domino City besucht.“ „Wohnst du dort?“ „Ja, seit acht Jahren.“ Komisch. Sie hatte noch nie so viel über sich selbst erzählt. Sogar Jaden und Alexis wussten nicht so viel. Nur dass sie durch viele Turniere das Stipendium von Kaiba erhielt. „Hast du dich gut eingelebt?“ Sie lächelte. „Hier ist es wunderbar. Meine Freunde sind wie eine …Familie für mich geworden.“ Ihre Gedanken schweiften zu ihrer Vergangenheit. Das Bild ihrer Mutter tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Mios Augen spiegelten Traurigkeit wider. „Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sich Zane besorgt. Mio versuchte, sich zusammenzureißen. „Danke, es geht wieder.“ Sie versuchte, zu lächeln. Der Blauhaarige sah sie immer noch eindringlich an. „Sicher?“ „Ja.“ Die beiden gingen durch einen schmalen Waldpfad. Die Blaue Unterkunft war in Sicht. Das Mädchen seufzte. Welch ein Jammer, dass der Spaziergang enden musste. Doch.. vielleicht würde Zane einfach weitergehen? Vielleicht würde er gar nicht in seine Unterkunft gehen? „Es ist dann Zeit zu gehen. War schön, dich kennen gelernt zu haben. Vielleicht werden wir uns irgendwann mal wiedersehen.“ Bitte geh nicht, bitte geh nicht, flehte Mio innerlich. Aber Fehlanzeige. Er drehte sich um, als Mio plötzlich fragte: „Du, Zane?“ „Ja?“ „Werden wir.. in Kontakt bleiben? Ich meine… wenn…“ Er lächelte. Dann holte er aus seiner Hosentasche einen kleinen Zettel heraus und warf ihn ihr zu. „Bis dann!“ Mit einer Geste verabschiedete er sich. Die Schwarzhaarige sah ihm nach. Ein triumphierendes Lächeln zierte ihre Lippen. Auf dem Zettel stand seine Nummer. Ein kleiner Erfolg! So konnte sie ihn auf seinem PDA erreichen. Gab es Chancen? Aber wie viele Mädchen würden noch seine Nummer haben? Sein Fanclub nicht, das stand fest. Jedenfalls wollte sie es ruhig angehen. So wie sie Zane einschätzte, mochte er keine aufdringlichen Leute. Sie schenkte dem großen, blauen Gebäude einen letzten Blick, ehe sie zurück zu Slifer Red ging. Schließlich mussten alle Sachen für morgen gepackt werden. Die Abreise näherte sich. Beim Abendessen herrschte eine lockere Stimmung. Alle freuten sich auf die Sommerferien. „Und, fahrt ihr weg?“, fragte Syrus in die Runde. Sofort setzte Chazz sein arrogantes Grinsen auf. „Die ganzen sechs Wochen bin ich auf einer erstklassigen Kreuzfahrt. 5-Sterne Essen.“ Mio verdrehte die Augen. „Wen interessiert’s, was so ein reicher, verwöhnter Snob wie du in den Ferien macht.“ „Wie war das?!! Was machst du denn bitteschön?!“ Bevor Mio etwas erwidern konnte, sagte Jaden grinsend: „Also ich fahre für eine Woche ans Meer.“ Aber danach chill ich die restlichen Wochen Zuhause rum.. das wird langweilig, wenn jeder weg ist!“ Mio sah ihn neugierig an, ignorierte dabei Chazz. „Wo wohnst du denn?“ „In Aoyama.“ „Ist doch ne Stadt im Bezirk Minato von Tokyo, oder?“, fragte sie nach. Er nickte. „Cool! Die Entfernung bis zu Domino City geht eigentlich…“ „Pah! Meine Kreuzfahrt ist immer noch das Beste!“, beharrte Chazz. „Fährst du weg, Mio?“ Das Mädchen schüttelte traurig den Kopf. „Leider nein. Dabei…“, sie blickte sehnsüchtig aus dem Fenster, „würde ich sooo gerne mal wieder nach Frankreich! Hach..vor allem die Bretagne! Und die spröde, unwegsame Küste Quiberons, Côte Sauvage. Einfach wundervoll. Oder les Alpes.. da war ich nämlich noch nie gewesen. Der Mont Blanc..“ Die anderen starrten sie mit großen Augen an. „Äh.. okay… und.. du scheinst Frankreich…sehr zu mögen?“ „Klar! Ein schönes Land! Vor allem hat die französische Küche Weltruf wegen ihrer außerordentlichen Qualität und Variationsbereite.“ Chazz nickte heftig. „Das stimmt! Noch nie habe ich besseres Essen als von der französischen Küche gegessen.“ Er wandte sich an Mio. „Schon einmal Seezungenfilets mit Sesamsoße oder einem Mangogratin probiert?“ Die Schwarzhaarige antwortete: „Ja, klar.“ „Hast du auch mal überbackene Weinbergschnecken mit Kräuterbutter gegessen?“ Erneut nickte sie zufrieden. „Schmeckt recht lecker.“ Jaden und Syrus verzogen angewidert ihre Gesichter. „Und Soufflé?“ „Selbstverständlich!! Das ist.. köstlich!!“ „Was ist ein Soufflé?“, fragten Jaden und Syrus gleichzeitig. Chazz hob eine Augenbraue. „Noch nie was von feinem Essen gehört??“ Während er es ihnen erklärte, lehnte sich Mio zurück und schloss ihre Augen. Wie sehr sie es doch vermisste! Dieser köstliche Geschmack… dieser Wohlstand… auf einmal überkamen sie alte Erinnerungen von ihrer Kindheit. Es war schön gewesen. Sie würde das alles niemals vergessen. „Hallo?? Erde an Mio!“ Chazz wedelte vor ihrer Nase mit seiner Hand herum. Genervt schlug sie diese mit voller Wucht weg, sodass Chazz‘ Gesicht sich leicht verzerrte. „Spinnst du??“ „War nicht so gemeint“, sagte sie hastig, „Was ist denn?“ Er hielt sich immer noch seine Hand. „Woher kennst du dich so gut damit aus? Das Essen wird eher von den Reicheren gegessen.“ Die Blicke ihrer Freunde lagen auf ihr. „Naja, ich hab dort oft eben Urlaub gemacht“, antwortete sie lässig. „Und ihr seid immer in hochwertige Restaurants gefahren?“ Chazz‘ Blick war misstrauisch. Sie schluckte. „Meine Eltern haben eben viel gespart.“ Chazz sah sie nach wie vor skeptisch an. Jaden leckte sich derweil hungrig über die Lippen. „Wenn ich an dieses Essen denke, krieg ich noch mehr Hunger!! Naja, abgesehen von diesen Schnecken..“ „Wohin fährt eigentlich Alexis?“, wechselte Mio das Thema. Syrus seufzte. „Fünf Wochen… ist die Glückliche in der Karibik.“ „Krass! Da wär ich auch mal gerne!!“ „Tja, ich kann das..“, warf Chazz arrogant ein. „Schön für dich, reicher Schnösel. Ich aber nicht.“ Die Freunde unterhielten sich noch bis es acht Uhr war. „Schon so spät? Ich muss noch Koffer packen. Bis morgen!“ Sie wandte sich an Jaden und Syrus. „Wehe, ihr stellt irgendwas an!“ „Keine Sorge, Mio, wir gehen schon nicht zur Verlassen Unterkunft oder so.“ Damit verabschiedete sie sich. Gerade als sie die Treppen hoch gehen wollte, blieb sie abrupt stehen. Ihr Blick fiel schlagartig zum Leuchtturm. „Zane und… Alexis?!“ Sie traute ihren Augen nicht. Was machte Alexis mit Zane? Etwa… „Ein Date?!“, kam es aus ihr erschrocken. Das war's^^ Freue mich auf Reviews. Kapitel 18: Sommer gefolgt von Sonnenschein? -------------------------------------------- Hier ist wieder ein neues Kapitel :) Und ich bedanke mich herzlichst an alle Reviewschreiber!! Danke für die tollen Reviews!!! Sie ging an den Klippen entlang. Tatsächlich. Alexis mit Zane. Über was redeten die beiden? Mochte Alexis nicht Jaden? Was hatte das nur zu bedeuten? „Ich glaub nicht, dass das ein Date ist“, hörte sie eine Stimme sagen. „Chazz?!“ Er stellte sich neben sie, beide Arme verschränkt. „Ich habe das auch zuerst gedacht, aber Atticus meinte, dass da wahrscheinlich nichts läuft. Es heißt sowieso, dass Zane nur ‚in das Duellieren verliebt ist‘ und…“ „Wie meinst du das, nur ‚in das Duellieren verliebt‘?“, unterbrach sie ihn ungeduldig. Ihr Herz schlug schnell gegen ihren Brustkorb. Sie erinnerte sich an das Gespräch, das sie mit Zane am Abend vor dem Abschlussduell hatte. „Na das sieht man doch. Er hat noch keine einzige Freundin. Ich hab gehört, dass am Anfang des Schuljahres ein Mädchen namens Blair Zane ihre Liebe gestanden hat. Sie kam aus der fünften Klasse der Mittelschule, glaube ich. Sie hat den ganzen Weg auf sich gebracht, um zu Zane zu kommen. Und weißt du, was er gemacht hat?“ Mio schüttelte den Kopf. „Sie ganz kalt abgewiesen. Er liebe nur das Duellieren, so hieß es.“ Für die Schwarzhaarige war es wie ein Stechen in der Brust. Sie taumelte zwei Schritte nach hinten. „Das… das stimmt nicht! Das ist nicht wahr!! Du hast dich verhört! Und außerdem… vielleicht war das Duellieren ihm wichtiger als alles andere… vielleicht hat er sich auch nicht für Mädchen interessiert…doch das hat sich bestimmt geändert!!“ „Und wieso hat er bis jetzt keine Freundin?“ Sie schüttelte energisch den Kopf. „Was weiß ich!! Aber… Zane ist nicht so!! Bestimmt!“ „Das bringt nichts.“ „Doch!! Das wird es, ich…“ Sie versuchte, ihre Worte zu finden. „Ich werde es versuchen. Bei Zane. Vielleicht habe ich wirklich Chancen. Und hör auf, mir die Hoffnung zu zerstören! Du weißt doch auch, wie es sich anfühlt! Hast DU etwa bei Alexis aufgegeben??“ Chazz erwiderte darauf nichts. „Nein? Na also! Dann.. lass mich mit deinen Klugheiten in Ruhe, okay?“ Sie lief mit schnellen Schritten davon und ließ Chazz alleine stehen. Wie sie es schon so oft getan hatte. Der Schwarzhaarige beobachtete das Spiel der Wellen. „Aufgeben…? Ich weiß es nicht“, murmelte er mit leiser Stimme. Er war sich selbst überhaupt nicht mehr über seine Gefühle im Klaren. Mio warf sich wütend auf ihr Bett und krallte ihre Finger in ihr Kissen. „Dieser blöde Chazz!! Warum muss er bei mir immer alles zerstören?“ Sie drehte sich unruhig auf die andere Seite und starrte an ihre Decke. Zane interessierte sich nicht für Mädchen. Er ließ jede abblitzen. War das wirklich so? Wenn solch ein gutaussehender Typ wie er noch keine Freundin hatte.. doch das bedeutete nichts! Sie durfte nur nicht aufgeben, jawohl! Wenn Alexis so viel Zeit mit ihm verbrachte und sie kein Date mit ihm hatte, konnte ihre Freundin ihr bestimmt ein paar hilfreiche Tipps geben. Einfach ausprobieren, dachte sich Mio. Es klappte bestimmt. Vielleicht. Sie erhob sich schwermütig von ihrem Bett und begann, ihren Koffer zu packen. Sechs Wochen würde sie hier nicht sein. Ganz schön lange. Dabei hatte sie sich hier so gut eingelebt. Sie war bei ihren Freunden. Ihrer Familie. Sie kniff ihre Augen zusammen. Wie würde sie die Wochen alleine überstehen? Sie hätte niemals gedacht, dass es so schwer werden könnte… Sie wusste, dass ihr Duellgeist bei ihr sein würde, ja, aber sie würde ihre Freunde trotzdem sehr vermissen. Sie packte ihre letzte Jacke ein und verschloss den Koffer. Alles fertig. Am nächsten Tag herrschte großer Trubel. Nach einem letzten Frühstück trafen sich die Schüler am Hafen an und warteten auf ihre Fähre, welche sie zum Hafen von Tokyo beförder würde. „Juhu, endlich Ferien!“, rief Jaden laut und stellte seine Koffer neben die von Mio. „Naja, ich wär eigentlich lieber hier“, erwiderte sie leise. „Hier? Echt?“ Sie nickte. In diesem Moment kam die Fähre. „Wieso muss ich, Chazz Princeton, meine Koffer ALLEINE zu diesem kleinen Boot schleppen?“, meckerte Chazz hinter ihr, während sie die Fähre betraten. „Also ich finde es hier sehr komfortabel“, meinte das Mädchen und suchte ihre Kabine. Sie traf dabei auf Alexis. „Ach, Alexis“, sagte Mio. Die Blondhaarige drehte sich zu ihr. „Hey, Mio. Was gibt’s?“ „Also.. kann ich gleich mal mit dir unter vier Augen reden?“, fragte sie. „Äh.. okay, einen Moment.“ Die Mädchen verstauten ihr Gepäck und gingen ans Deck. Obwohl der Himmel ein wenig bewölkt war, schien die Sonne warm auf sie hinunter. Mio lehnte sich an die Reling und hatte ihre Füße gegen das Deck gestemmt. „Ich habe gehört, du fährst in die Karibik?“, fragte die Schwarzhaarige. „Ja, für fünf Wochen.“ Alexis trat neben sie. „Aber das ist unwichtig, hab ich recht?“ Das Mädchen seufzte. „Also… gestern habe ich dich mit Zane am Leuchtturm gesehen.“ Alexis hob eine Augenbraue. „Ja?“ Mio sah ihr direkt in die Augen. „Ihr… seid doch nicht zusammen, oder?“ Einen Moment herrschte zwischen den beiden Stille, bis Alexis in Gelächter ausbrach. „Was ist so lustig?!“, fragte Mio wütend. Lachte sie ihre Freundin da gerade aus? Die Blondhaarige beruhigte sich langsam. „Tut mir leid… aber du bist so süß, wenn du eifersüchtig wirst!“ Mio blieb die Sprache weg. „E-e-e-e-e-e-eifersüchtig?!!“, stieß sie aus. Alexis nickte. „Ja, eifersüchtig.“ Die Schülerin sah zum Meer hinaus und blinzelte gegen die Sonne. „…Aber du hast nicht meine Frage beantwortet!“ Alexis lächelte. „Keine Sorge. Zane ist wie ein älterer Bruder für mich. Er war für mich da, als Atticus verschwunden war. Aber zwischen uns läuft nichts. Ehrlich.“ Mio nickte leicht. Es war eigentlich logisch, sonst würde sie nicht so sehr für Jaden schwärmen. „Und wir treffen uns eben oft am Leuchtturm. Heute war es das letzte Mal.“ Die Blondine ließ ihren Blick traurig über das Meer schweifen. „Ich finde es schade, dass er geht.“ Mio seufzte auf. „Du scheinst Zane ziemlich gut zu kennen, oder?“ Alexis bejahte. „Kannst du mir dann… sagen, worauf ich achten soll?“ „Achten? Worauf denn?“ Mios Wangen färbten sich rot. „A-also… Zane hat mir seine Nummer gegeben… und ich weiß nicht, wann ich mich melden soll.“ Ungläubig sah Alexis sie an. „Zane hat dir seine Nummer gegeben?!!“ Wer hätte gedacht, dass Mio an Zane so sehr interessiert war, dass sie seine Nummer haben wollte. „Du scheinst ihn doch ziemlich zu mögen, oder?“ Mio nickte leicht. „Ich kenne ihn aber noch nicht so gut. Deshalb… habe ich vor, ihm zu schreiben.“ Alexis legte nachdenklich einen Finger auf ihre Lippen. „Hm… dabei dachte ich, dass Chazz…“ „Was? Was ist mit diesem Snob?“ „Äh.. schon okay. Vergiss es einfach. Also was wolltest du wissen?“ „Wann ich mich melden soll und was ich schreiben soll“, sagte sie ungeduldig. „Okay… jetzt sofort auf jeden Fall noch nicht, das ist sonst zu…“ „Hey, Lex!!“ Die Mädchen drehten sich um. „Hi, Jaden“, begrüßte Alexis ihn lächelnd. Mio derweil ärgerte sich, dass sie unterbrochen wurden. „Lust, ein wenig ‚Mensch-Ärgere-Dich-Nicht‘ zu spielen?“, bot er an. Alexis blickte zu Mio. Mio blickte zu Alexis. „Äh, also… wir kommen gleich nach, ja?“ Jaden schaute verwundert. „Worum geht’s denn?“ „Ach, nichts Besonderes. Fangt ruhig an, wie gesagt, wir kommen schon noch.“ Damit ging Jaden wieder zurück. „Danke, Lex“, murmelte Mio. „Kein Problem. Es sind sowieso Syrus, Chazz und die anderen bereits da. Wir kommen ja noch nach. Naja..“, sie verschränkte ihre Arme. „Jedenfalls würde ich ihm im Laufe der Ferien schreiben. Einfach mal so fragen, wie es ihm geht.“ „Aha.. und wird er antworten?“ „Natürlich. Wir reden hier immerhin von Zane.“ „Na gut.. hoffentlich klappt das.“ Alexis sah sie aufmunternd an. „Bestimmt.“ Doch innerlich konnte es die Blondine immer noch nicht fassen, dass Mio an Zane Gefallen gefunden hat. Klar, er war ein Schulschwarm, aber das passte irgendwie nicht zu Mio. Der kühle Zane und die aufgeweckte Mio? Er war nicht ihr Typ. Aber sie wollte sich auch nicht in ihre Angelegenheiten einmischen. Ihre Freundin musste das schon selbst herausfinden. Und wenn alles schiefgehen würde, wäre sie für Mio da. Zusammen gesellten sie sich zu den anderen und spielten Mensch-Ärgere-Dich-Nicht. Dabei stellte man fest, dass Jaden und Alexis sich gegenseitig verschonten und Mio und Chazz sich regelrecht ein hartes Gefecht lieferten. „Ha!! Rausgeworfen!“, rief Mio triumphierend. In der nächsten Runde schlug allerdings Chazz zurück, sodass die Schwarzhaarige im Nachteil war. Sie wäre auf ihn losgegangen, wenn Jaden sie nicht zurückgehalten hätte. Atticus, der auch unbedingt mitmachen wollte, beobachtete die beiden aufmerksam. Das war wirklich interessant… sein Kopf begann angestrengt zu arbeiten. Die Freunde spielten die ganze Fahrt über, bis es langsam Zeit war, seine Sachen zusammenzupacken. „Och, schade…“, jammerte Mio traurig. Sie hätte so gerne noch länger mit ihnen die Zeit verbracht! Trübselig holte sie ihren Koffer und sah zu, wie das Schiff anlegte. Man sah bereits einige Eltern der Studenten, die ihre Schützlinge abholten. Ihre Hände verkrampften sich. Sie schüttelte ihren Kopf. Darüber war sie doch schon längst hinweg! Es war selbstverständlich, dass niemand auf sie warten würde. Sie hätte sich damit abfinden sollen, aber es fiel dem Mädchen nach wie vor schwer. „Ciao, Mio!!“ Alexis umarmte ihre Freundin fest. Mio wurde es warm ums Herz. Es war schön, die Nähe eines Menschen zu fühlen. Sie hoffte, der Moment würde niemals mehr aufhören. „Ich wünsch dir schöne Ferien! Vielleicht können wir nächstes Mal zusammen Urlaub machen!“ Ihre Miene hellte sich auf. „Ehrlich? Meinst du das ernst?!“ „Klar doch! Also, mach’s gut! Und alles Gute mit Zane!“ Sie winkte zum Abschied und ging zu Atticus. Dieser machte ebenfalls eine Abschiedsgeste. Das Geschwisterpaar verschwand am Horizont. Mio verabschiedete sich noch von Syrus und machte sich in die Innenstadt auf. Alleine. Mio seufzte. Sie fuhr ihre Stange ihres Koffers aus und zog ihn hinter sich her. „He, Mio!“ Sie drehte sich um. Jaden rannte auf sie zu. „Musst du auch zum Bahnhof?“, fragte er neugierig. Sie nickte überrascht. „Du auch? Wirst du nicht abgeholt?“ „Nee, meine Eltern sind arbeiten.“ Sie war also nicht die Einzige. Welch ein Glück. „Ich muss nach Domino City. Warum konnte die Fähre da nicht anlegen?“ Der Braunhaarige grinste. „Das find ich auch blöd. Denn ich muss noch bei Domino City umsteigen.“ Er legte freundschaftlich einen Arm um sie. „Lass uns zusammen gehen, kay?“ Sie lächelte breit. Jaden war das Beste, was ihr passieren konnte! Kein langweiliger Weg, den sie einsam zum Bahnhof zurücklegen musste. „Na dann los! Hast du eigentlich ’ne Idee, wann, äh, der Zug kommt?“ Er schüttelte ratlos den Kopf. „Ist aber nicht wichtig, oder? Ich meine, wir haben ja genug Zeit. Lass uns noch bei ein paar Karten- oder Zeitschriftenläden vorbeischauen.“ Seit langem lachte sie wieder sorgenfrei. „Super! Dann los!“ Zusammen machten sie eine kleine Shopping-Tour. In dem Moment fuhr eine schwarze Limousine an ihnen vorbei. Dort saß niemand anderes als Chazz Princeton. Als er aus dem Fenster sah, wäre er beinahe vom Sitz gefallen. Mio und Jaden. Das Mädchen lachte. Fröhlich. Unbeschwert. Er schluckte. Ein merkwürdiges Gefühl kam in ihm auf. Chazz konnte es nicht beschreiben. Er fühlte sich so weit von ihr entfernt. Er war in der Limousine und sie war glücklich. Bei Jaden. Und bei ihm? Obwohl er es nicht zugeben wollte; er wäre gerne bei ihr gewesen. Jaden blickte auf. „Hm? Ist das nicht Chazz? Hey, Chazz!“ Er winkte ihm freudig zu. Mio verdrehte die Augen. „War klar, dass jemand wie er persönlich vom Chauffeur abgeholt wird. Mit der besten Limousine, sodass es jeder sehen kann. Typisch.“ Jaden wandte sich zu ihr. „Habt ihr euch wieder gestritten? Was hast du eigentlich gegen ihn?“ Sie ballte ihre Hand zu einer Faust. „Alles! Er ist der arroganteste Mensch, den ich jemals gesehen habe! Der hat keine Ahnung von Moral und seinen Mitmenschen!!“ Abgesehen von jener Nacht. „Aber hat er dir nicht geholfen?“ Sie schnaubte. „Genau das ist es ja!! Ich verstehe ihn nicht. Er behandelt mich wie den letzten Dreck und dann rettet er mich. Ich hasse solche Menschen.“ Der Braunhaarige hob eine Augenbraue. „Du magst ihn nicht? Ich dachte, ihr seid Freunde?“ „Siehst du nicht, wie abfällig er mit mir redet?“ Die beiden marschierten durch eine Einkaufshalle. „Das tut er doch mit jedem. Das ist seine Art. Er ist ein guter Mensch, wirklich.“ Sie schüttelte den Kopf und murmelte so etwas wie: „Wer’s glaubt, wird selig.“ Bei dem Anblick von einem Kartenladen mit neuen Duellmonsterkarten vergaßen die beiden das Thema Chazz und rannten sofort in den Laden rein. Dort verbrachten sie eine ganze Stunde mit dem Inspirieren der Karten. Jaden und Mio kauften sich jeweils ein neues Pack, in dem die eine oder die andere Karte recht brauchbar war. Sie schlenderten noch ein wenig durch die Einkaufsmeile, kauften sich zwei Kugeln Eis und kamen letztendlich am Bahnhof an. Genau rechtzeitig konnten sie den Zug zu Domino City nehmen. Die Fahrt dauerte eine halbe Stunde. Dabei lehnte sich Mio unbewusst gegen Jadens Schulter, da sie recht müde war. Der Braunhaarige war überrascht, lächelte aber dann leicht. In der Zeit, in der das Mädchen bei ihnen war, hatten sie sich richtig gut miteinander befreundet. Er tätschelte ihr sanft über den Kopf. Neben Alexis war sie seine beste Freundin geworden. Doch wie war es mit Alexis? Bei ihr fühlte er bei jeden Berührungen ein Kribbeln im Bauch. Ganz anders als bei Mio. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Noch nie hatte Jaden Gefühle solcher Art gehabt. Das Anhalten des Zugs ließ Jaden aufschrecken. Sie waren am Ziel angekommen. Er rüttelte Mio, die eingedöst war, wach und stieg mit ihr aus dem Zug aus. Er bemerkte, wie die Schwarzhaarige auf einmal trübselig auf den Boden sah. Er legte eine Hand auf ihre Schulter. „Was ist los, Mio?“ „Weißt du… ich finde es schade, dass wir uns für sechs Wochen nicht mehr sehen. Es war total lustig mit dir und den anderen.“ Jaden runzelte die Stirn. Dann fiel ihm etwas ein: „Komm doch zu mir in den Ferien! Ab der zweiten Woche bin ich da.“ Überrascht sah sie ihn an. „Echt?? Kann ich??“ Er nickte. „Klar doch!! Wir haben ein Gästezimmer und…“ Ehe er weitersprechen konnte, fiel Mio ihm glücklich um den Hals. „Oh wie toll!! Das ist super!!“ Jaden lachte. „Kein Problem. Meld dich einfach, ja?“ Mio nickte eifrig, mit neuem Elan. „Das werde ich! Das wird super!“ Die zwei umarmten sich. Mio konnte Jadens Atem spüren. Sie genoss die Umarmung. Es war schön, die Wärme des anderen Menschen zu fühlen. Sie war froh, einen guten Freund wie Jaden zu haben, Sie mochte seinen sorglosen Lebensstil. In seiner Nähe fühlte sie sich geborgen. Sie lösten die Umarmung. „Also, mach’s gut!“ Jaden winkte ihr und machte sich zu seinem Zug auf. Sie winkte ihm, bis er von ihrer Bildfläche verschwunden war. Dann war es am Bahnhof leer. Tief atmete Mio durch. Das Mädchen würde das schon schaffen. Aber sie fragte sich immer noch, wie sie es damals aushalten konnte, alleine zu leben. Ohne Freunde. Naja, abgesehen von den Mädchen in ihrer Schule. Aber das war auch erst seit Kurzem gewesen. Sie nahm ihren Koffer und trat aus dem Bahnhof. Die vertrauten Häuser erschienen vor ihr. Aber es war nicht ihr Zuhause. Ihr Zuhause war woanders. „Alles okay?“, fragte Feuerprinzessin, die neben ihr erschien. Ihr Blick war besorgt. Mio lächelte leicht. „Keine Sorge. Es geht schon.“ Sie ging in eine abgekommene Gasse rein. Das Viertel, in dem sie wohnte, lag in der Nähe des Bahnhofsviertels. „Gut, dass mir Kaiba eine Wohnung gegen hat“, sagte sie zu Feuerprinzessin gewandt. „Ja, er hätte dir aber eine bessere geben können.“ „Besser als nichts.“ Mio kam an einem Hochhaus an, das im Grunde recht gut erhalten war. Im Gegensatz zu den anderen Bauten. Die Schwarzhaarige betrat das Gebäude und öffnete ihre Wohnungstür, welche im dritten Stock lag. Als sie ihre Wohnung betrat, war alles genauso, wie sie es vor einigen Monaten verlassen hatte. Die Vorhänge waren zugezogen, es schien kaum Licht in den Raum. Überall war Staub und Schmutz, aber das interessierte Mio nicht. Sie ließ ihren Koffer fallen und warf sich auf ihr Bett. „Hach… jetzt bin ich müde.. ich glaub, ich schlaf ne Runde. Mach’s dir gemütlich.“ Ihr Duellgeist verzog Anbetracht des Schmutzes ihr Gesicht und verschwand. Das Mädchen schloss die Augen und schlief direkt ein. Irgendwann wachte Mio am späten Nachmittag auf. Sie gähnte und streckte sich ausgiebig. Sie sah sich im Zimmer um. Ihre Wohnung bestand lediglich aus einer kleinen Küchennische, einem kleinen Raum und einem Bad. Es reichte vollkommen für eine Person aus. Sie erhob sich von ihrem Bett. Mio spürte, wie ihr Magen knurrte. Zeit, einkaufen zu gehen. Sie schnappte sich ihre Tasche und ging aus der Wohnung heraus. In der Nähe war ein Konbini* mit günstigen Angeboten. Sie kaufte dort Fertiggerichte, darunter Ramen, O-Bentos und gebratene Nudeln. Wie praktisch, dass es solche Läden gab. Denn Mio hatte überhaupt keine Ahnung von Kochen. Selbst ein einfaches Spiegelei konnte sie sich nicht machen. Ein hoffnungsloser Fall. Die Häuser warfen Schatten auf die Straße. Die untergehende Sonne tauchte die Umgebung in ein kräftiges orange. Auf einmal wurde sie von hinten angesprochen: „Wenn das mal nicht Mio ist. Wie geht’s, Shortie?“ Überrascht drehte sie sich um. „Raiden! Das ist ja eine Überraschung! Ich dachte, du wärst in England!“ Vor ihr stand ein junger Mann, der kurze violette Haare hatte. Er war ungefähr Anfang dreißig. „Lange nicht mehr gesehen. Wie läuft’s so?“, fragte er mit englischem Akzent. „Danke, ganz gut. Ich bin ja jetzt an der Duellakademie.“ Er lachte. „Das hab ich euch nicht anders erwartet. Mit deinem Talent.“ Sie lächelte. „Und was treibst du hier so?“ „Na das Übliche, oder? Meine Geschäfte.“ Sie nickte. Sie und Raiden kannten sich seit mehreren Jahren. Er war ein Trickbetrüger und hatte sich so zum Wohlstand gebracht. Im Untergrund war er überall unter dem Decknamen „Raiden“ bekannt. Seinen wahren Namen wusste niemand. Sie hatten sich dort damals in einem Duell kennengelernt. Daraufhin hatte ihr ein Dach über dem Kopf gegeben. Sie konnte in einem kleinen Raum im Untergrund wohnen. Oft war er nie da gewesen, weil er in England lebte. Doch wenigstens hatten sie Kontakt gehalten. Das war ein kleiner Trost für die siebenjährige Mio gewesen. „Du weißt gar nicht, wie froh ich bin, dass du jetzt in einer sicheren Wohnung lebst. Bei all den schrägen Gestalten im Untergrund..“ Er machte eine Geste. „Komm, ich lad dich ein. Du hast sicherlich Hunger, oder? Und ich glaube, du wärst froh, nicht dieses abgepackte Zeug essen zu müssen.“ Dabei deutete er auf ihre Einkaufstaschen. Sie hob eine Augenbraue. „Na wenn du meinst… und ja, ich habe wirklich Hunger.“ Er ließ ein Taxi kommen und fuhr mit ihr in ein Luxus-Restaurant. Das Essen schmeckte sehr köstlich. Sie unterhielten sich ein wenig über die Duellakademie. Und über die alten Zeiten. „Also damals hätte ich niemals geglaubt, dass ein kleines Mädchen mich so fertig machen würde“, gab Raiden zu. Mio lächelte. „Ich kenne noch zu gut deinen Gesichtsausdruck.“ Ihre Miene verfinsterte sich. „Und den der anderen.“ Er nickte. „Du hast dich da echt gut durchgeschlagen. Aber du warst ein ganz schönes kleines Biest.“ Sie seufzte traurig. „Das stimmt. Doch ich denke, dass die High School mir gut getan hat. Und die Duellakademie sowieso. Immerhin habe ich jetzt viele Freunde gefunden.“ Der Lilahaarige lachte auf und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Das ist gut, Shortie.“ Sie verschränkte empört ihre Arme. „Ich.bin.nicht.klein!! Warum sagen das alle?!“ Sie musste unweigerlich an Chazz denken. „Dieser Name passt einfach zu dir, mach dir nichts draus.“ Sie saßen noch im Restaurant bis in den späten Abend. Raiden sah auf die Uhr. „Schon so spät? Morgen muss ich leider wieder weg…“ Mio nickte wehmütig. „Schade, dass wir uns nur so kurz gesehen haben.“ Der junge Mann erhob sich und bezahlte die Rechnung. „Ach was! Das reichte schon genug, um zu sehen, dass es dir soweit gut geht. Und das ist das Wichtigste.“ Die Lippen der Schwarzhaarigen verzogen sich zu einem Lächeln. „Na dann.. ich wünsch dir noch viel Erfolg mit deinen Geschäften.“ Sie gingen nach draußen. „Ich lass dir noch ein Taxi holen, okay? Zu gefährlich, abends rumzulaufen. Selbst für dich.“ Das Mädchen verdrehte ihre Augen. „Du unterschätzt mich. Ich könnte dich jederzeit auf den Boden hauen und in den Würgegriff nehmen.“ Er hob eine Augenbraue. „Ach wirklich?“ „Wirklich. Ich kann Karate. Punkt.“ Ein gelbes Auto mit der Aufschrift „Taxi-Service“ fuhr an den Straßenrand. „Mach’s gut. Ich wünsche dir noch alles Gute. Pass auf dich auf.“ Sie winkte ihm. „Ich komme dich mal irgendwann besuchen, okay? In England.“ Damit trennten sich wieder ihre Wege nach einem kurzen Wiedersehen. In ihrer Wohnung schaltete Mio das Licht ein und warf ihre Einkaufstasche auf den Boden. Dabei fiel ein kleines Paket heraus. Neugierig hob sie es auf und öffnete es. Ihre Augen weiteten sich, als sie einen großen Geldpacken mit jeweils 100.000 Yen darin fand. Dort enthalten waren ebenfalls ein gelber Schlüsselanhänger, der die Form eines Blitzes hatte, und ein kleines Zettelchen. Eine kleine finanzielle Unterstützung! See you later! Raiden Sie schmunzelte. Er war einfach unverbesserlich. Typisch. Doch das Geld würde sie gut gebrauchen können. Zwar hatte sie eine Kontokarte, die sie aber noch nie verwendet hatte. Nur für Notfälle. „Wie großzügig von Raiden“, meinte Feuerprinzessin hinter Mios Schulter. „Jep. Er ist einfach super. Hoffentlich kann ich ihn mal besuchen kommen, in England.“ „Ja.“ Die junge Frau sah skeptisch zu Mios Einkaufstasche. „Mit Hilfe des Geldes könntest du an einem Kochkurs teilnehmen. Diesen fragwürdigen Fraß von dem Supermarkt würde ich niemals anrühren.“ „Das ist kein Fraß! Das ist Essen! Und nein, ich gehe in keinen Kochkurs! Ich kann das nicht.“ Damit schnappte sie sich ihr O-Bento und legte sich auf ihre Couch. Mio schaltete ihren kleinen Fernseher am. Sie seufzte auf. „Bald wird wahrscheinlich Post von Kaiba kommen. Hoffentlich unterstützt er mich weiterhin.“ „Er hat deine Statistiken erhalten… bei den Duellen hast du sehr gut abgeschnitten und in der Prüfung war dein Ergebnis akzeptabel. Ob das Seto Kaiba ausreicht?“ Mio starrte an die Decke. „Keine Ahnung.. ich hätte eigentlich viel besser sein müssen. Ich werde die Ferien nutzen, um vorzuarbeiten.“ Außerdem wollte sie einem gewissen Herrn Princeton beweisen, dass sie genauso schlau wie er war. „Wenn du es bis nach Obelisk Blue schaffst, wird er zufrieden sein.“ „Das denke ich auch. Aber bis dahin muss ich es erstmal schaffen…“ *Konbini= Supermarkt in Japan, der rund um die Uhr geöffnet hat Ich hoffe, es hat euch gefallen.^^ Beim nächsten Kapitel wird's noch interessanter, hehe.. Kapitel 19: Ein kleines Missgeschick ------------------------------------ So, hehe^^ Endlich wieder ein neues Kapitel geuploadet... ich hatte so viel mit meiner anderen Fanfiktion "Étoile Noire et Blanche" zu tun, dass ich hier ein wenig länger brauchte.^^ Jedenfalls viel Spaß! Und keine Sorge.. es ist NICHT langweilig^^ _________________________________________________ Es vergingen einige Tage und Mio langweilte sich zu Tode. Jeder ihrer Freunde war irgendwo im Urlaub und konnte seine Sorgen vergessen, während sie einsam und allein in der dunklen Wohnung hocken musste. „Hör auf, in Selbstmitleid zu versinken“, hatte Feuerprinzessin ihr darauf vorwurfsvoll gesagt. Ein wunderbarer Zuhörer. Die Schwarzhaarige ging zum Fenster und sah nach draußen. Sie seufzte und nahm sich ihr PDA zur Hand. Es war ein großer Zeitraum zwischen dem Tag, an dem sie Zanes Nummer erhalten hatte und heute. Vielleicht war es ein kleiner Versuch wert. Das Mädchen schluckte. Mit zittrigen Händen tippte sie eine kurze Nachricht auf ihrem Kommunikationsgerät ein. Tief atmete sie durch und ließ sich auf ihrer Couch nieder. Lange starrte sie auf den von ihr geschriebenen Text, bis sie, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, endlich nach langem Abwägen auf SENDEN drückte. Sofort ließ sie sich zurück fallen und raufte sich die Haare. „Hoffentlich klang das nicht zu aufdringlich!“, murmelte sie immer wieder vor sich hin. Sie wartete und wartete. Keine Antwort. Sie stand auf und ging auf und ab, wie ein Tiger im Käfig. Keine Antwort. Sie setzte sich an ihren kleinen Tisch und versuchte eine Stunde lang, sich den neuen Schulstoff einzuprägen. Keine Antwort. „Aaah, wieso schreibt er mir nicht zurück??“, fragte sie sich aufgewühlt. Nervös spielte sie mit einem Kugelschreiber herum. Auch in der Nacht wälzte sich Mio unruhig von der einen auf die andere Seite. Immer wieder fragte sie sich, ob Zane ihr jemals antworten würde. Irgendwann fiel sie in einen friedlosen Schlaf. Ein Summen. Es klang schön. Moment. Komisch, irgendetwas vibrierte. Zane! Sie riss ihre Augen auf und schnappte sich ihr PDA. Danke, mir geht es gut. Es tut mir leid, dass ich dir nicht mehr zurückgeschrieben habe, aber ich musste noch ein Duell austragen. Zane Ein glückliches Lächeln zierte Mios Lippen. Hastig tippte sie die nächste Nachricht ein: Kein Problem! Stimmt, du bist ja in der Profiliga.. wie ist es dort so? Schon nach kurzer Zeit erhielt sie eine Antwort: Anfangs ist es recht stressig, da du deine Fähigkeiten unter Beweis stellen musst. Aber bis jetzt läuft alles gut. Und was machst du so? Von jetzt an schrieben sie sich die ganzen Tage über. Zane erzählte ihr viel über das Leben in der Profi-Liga und dass er begann, sich daran zu gewöhnen. Sie schrieb ihm wiederum ein wenig über Domino City und dass es dort viele Sehenswürdigkeiten gab. Auch tauschten sie sich über die aktuellsten politischen Themen aus. Eines Tages erhielt Mio folgende Nachricht: Du fährst in den Ferien nicht weg, oder? Sie bestätigte seine Frage. Als Zane zurückschrieb, weiteten sich überrascht Mios Augen, als sie seine Nachricht las: Hm, das passt ehrlich gesagt gut. Denn ich bin morgen in Domino City. Sie konnte nicht glauben, was sie da las. Zane war in Domino City??? Das konnte noch nur ein Traum sein.. Cool! Soll ich dich herumführen? Zane schrieb: Gerne, das würde mich freuen. Mio grinste und machte Freudensprünge. Das war perfekt! Zane und sie… auf einem Date. Schnell machte sie einen Vorschlag, wann sie sich treffen würden. Sie einigten sich um 12 Uhr vor einem berühmten Café in der Innenstadt. Das Mädchen rannte fröhlich zu ihrem Kleiderschrank und suchte nach guter Kleidung. Ein Rock? Vielleicht keiner, der zu kurz war, immerhin traf sie sich mit Zane Truesdale! Sie entschied sich für einen knielangen weißen Rock und ein blaues Top. Danach kämmte sie sorgfältig ihre Haare und besah sich im Spiegel. Sie verwendete weder Parfum noch Schminke, denn ihrer Meinung nach brauchte sie das noch nicht. An vielen das das gut aus, ja, aber bei ihr? Sie schüttelte den Kopf. So wie sie jetzt war, war es in Ordnung. Eher der natürliche Typ. Und das sollte auch so bleiben. Nach einem letzten Blick auf die Uhr machte die Schwarzhaarige sich freudestrahlend auf. Das Wetter war einfach herrlich. Die warme Sonne schien auf die sonst so triste Straße. Mio hatte viel Zeit, daher beschloss sie, zu Fuß zugehen. Nach dreißig Minuten Laufen erblickte sie das Café, vor dem niemand anderes als Zane stand. Bei seinem Anblick errötete sie. Der Blauhaarige trug ein eng anliegendes, schwarzes Shirt und eine dunkle Jeans. Er sah sowas von gut aus. Sie kam winkend auf ihn zu. „H-hey, Zane!“ Der junge Mann blickte auf. „Hallo, Mio! Alles klar bei dir?“ Sie nickte lächelnd. „Jep! Und bei dir?“ „Auch.“ Er deutete zum Café. „Wollen wir zuerst etwas Kleines essen, bevor wir losgehen?“ „Klar, gerne!“ Sie setzten sich draußen an einen freien Tisch. Es kam eine junge Kellnerin, um die Bestellung aufzunehmen. Dabei blickte sie immer wieder verstohlen zu Zane hinüber, sodass Mio sich beherrschen musste, ihr nicht mal ein paar Töne zu sagen. Sie atmete tief durch und bestellte eine Eisschokolade. Zane wiederum bestellte einen schwarzen Kaffee. Mio deutete auf sein Getränk. „Trinkst du Kaffe immer schwarz?“ Zane lächelte. „Ja, immer. Ich mag ihn mit der Sahne nicht. Er ist dann viel zu süß.“ Das Mädchen lachte auf. „Stimmt, das passt auch zu dir! Ich trinke lieber was Süßes, wie Kakao oder so.“ Er nahm einen Schluck von seiner Tasse. „Warst du schon in vielen Ländern?“, fragte Mio. „Ja, in England, Italien.. aber auch in Amerika.“ Mios Augen funkelten. „Wow! Aber als Pro-Duellant reist du auch viel herum?“ „Nun, also im Moment bin ich viel in Japan unterwegs. Aber ich hoffe, dass ich auch international bekannt werde.“ Das Mädchen nickte eifrig. „Bestimmt!! So, wie du dich duellierst…“ Sie unterhielten sich noch ein wenig, bis Zane wieder die für Mio „lästige“ Kellnerin zu sich holte und bezahlte. Als die Schwarzhaarige ihre Geldtasche herausholte, winkte Zane ab. „Schon gut, ich bezahle.“ Überlegen sah Mio zu der Kellnerin hinüber, welcher das alles gar nicht gefiel. Nach dem Bezahlen gingen die beiden nach draußen. Zanes Blick schweifte über die Stadt. „Sehr schön hier. Von hier aus kann man die Kaiba Cop. sehen..“ Das Mädchen nickte. „Das stimmt! Es gibt hier sehr viele Sehenswürdigkeiten!!“ Sie überwand ihre Schüchternheit und nahm ihm am Arm. Sie zog ihn nach links. „Ich muss dir unbedingt den Ort zeigen, an dem Yugi seine Götterkarte erhielt! Komm!“ Auf dem Weg dorthin zeigte sie Zane viele gute Geschäfte und sehr gute Restaurants. Als sie am Fluss ankamen, deutete Mio an das Ufer. „Ich war hier sehr oft gewesen. Es musste aufregend sein, gegen solch eine mächtige Kreatur zu kämpfen…“ Der Blauhaarige nickte bedächtig. „Das denke ich auch. Ich kann mich noch zu gut an das Duell von Jaden mit den drei heiligen Ungeheuern erinnern.“ Mios Augen weiteten sich. „Richtig! Du warst auch mit dabei… oh Mann, das war bestimmt klasse.“ „Nun ja, es stand viel auf dem Spiel. Jaden hat glücklicherweise gewonnen.“ Das Mädchen grinste. „War auch von ihm nicht anders zu erwarten!“ Mio zeigte Zane noch weitere Orte der Stadt. „Hier ist ein Museum von einer Ausstellung über Ägypten. Ich war bisher nur einmal dort. Aber es ist wirklich interessant.“ Zane trat auf die Tür zu. „Gehen wir rein?“ „Du magst auch Ägypten?“, fragte Mio erstaunt nach. Die beiden befanden sich in der Eingangshalle. „Nun, du weißt sicherlich, dass Alexis‘ Bruder Atticus verschwunden war?“ Das Mädchen nickte. Das hatte ihr Alexis mal erzählt. „Das war damals in der Verlassenen Unterkunft passiert. Seitdem interessierte ich mich sehr für die ägyptischen Artefakte und für das Spiel der Schatten.“ Mio runzelte die Stirn. „Spiel der Schatten? Ich hab mal davon gehört, aber gibt es die echt?“ Zane nickte ernst. „Ja, ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Und selbst erlebt.“ Der Schwarzhaarigen verschlug es die Sprache. Es gab also wirklich Schattenspiele? Dabei hielt sie es nur für ein Ammenmärchen. Aber wenn selbst jemand wie Zane das sagte, musste da etwas dran sein. Die beiden sahen sich einige Hieroglyphen-Tafeln an. Es war äußerst beeindruckend, was darauf alles abgebildet war und dass die alten Ägypter auch Duellmonster spielten. Auch erfuhr man einiges über die Pharaonen. „Über Abidos musste ich letztens tausende Fragen beantworten“, merkte sie amüsiert an. Diese Berge von Arbeitsblättern würden ihr immer in Erinnerung bleiben. Nach einer Stunde verließen sie das Museum. Mio rannte fröhlich auf den großen Asphaltplatz vor, auf dem grell die Sonne prallte. Sie blieb in der Mitte stehen und drehte sich zu Zane um. „Lass uns eine kleine Pause im Park machen, ja? Hier ist gleich einer in der Nähe!“ Sie wartete, bis der Blauhaarige sie einholte und machten sich gemeinsam zum Park auf. Der schnellste und schönste Weg war eine kleine Allee, in der die Bäume Schatten warfen, sodass es angenehm war und man nicht der Hitze ausgesetzt war. Mio atmete tief ein und genoss den Sommerduft. Sie beobachtete beim Gehen einen Schmetterling, der sich auf eine rote Blüte setzte. Er war wirklich hübsch. Sie hätte so gerne ein Foto von ihm gemacht, wenn sie eine Kamera dabei gehabt hätte. Als sie den Park erreichten, waren viele Menschen dort zu sehen. Kleine Kinder spielten mit ihrem Ball und die Pärchen saßen auf einer Bank und genossen die Wärme. Manche Erwachsenen hielten auch lediglich ein kleines Schwätzchen mit Bekannten. Mio machte eine Geste zu einem Brunnen, der sich in der Mitte des Parks befand. Beide nahmen dort Platz. Das Mädchen genoss das Plätschern des Wassers, es war so beruhigend. In der Nähe stand ein Wasserautomat. „Ich gehe mal eine Erfrischung holen. Was möchtest du?“ „Hm.. eine Cola, bitte“, antwortete sie lächelnd. Nach einer Minute kam er wieder und reichte ihr das Getränk. „Dankeschön!“ Sie nahm es durstig entgegen und trank einen kräftigen Schluck. Die kühle Cola tat ihrer ausgetrockneten Kehle sehr gut. Zane setzte sich neben sie und nahm einen Schluck von seinem Wasser. Mio genoss es, mit ihm gemeinsam Zeit zu verbringen. Verstohlen sah zu ihm rüber. Eine blaue Strähne hing ihm ins Gesicht. Sie ließ Zane noch attraktiver als sonst wirken. Er war einfach… einzigartig. Plötzlich wandte er sich zu ihr. Seine blau strahlenden Augen trafen auf ihre. Sie errötete schlagartig, konnte aber ihren Blick nicht von ihm abwenden. Sie sah ihn weiterhin intensiv an. Bis sie verlegen nach unten schaute. „Ähmm… also…“ Sie schluckte. Was dachte er denn jetzt von ihr? Was sollte sie sagen? „Ich… der Tag heute mir dir… hat mir… w-w-wirklich gut gefallen, Zane…“ Was sagte sie da? Das klang wie eine Liebeserklärung!!! „…und d-du bist auch.. einer der.. der nettesten Menschen , den ich je getroffen habe… und…“ „Mio.“ „…du bist wirklich…“ „Mio.“ Sie sah verwundert auf. „Ähm..j-ja?“ „Was ist meine Lieblingsfarbe?“ Sie starrte ihn perplex an. „Bitte?“ „Was ist meine Lieblingsfarbe?“, wiederholte Zane. Mio blickte ihn verständnislos an. Was sollte das? Sie war gerade dabei, ihm zu sagen, dass sie ihn mag und dann sowas?? „Ähm.. Zane?? Ich…“ Er sah sie ernst an. „Bitte beantworte meine Frage. Was ist meine Lieblingsfarbe?“ Sie schluckte und dachte scharf nach. Seine Lieblingsfarbe… „Blau?“, sagte sie vorsichtig. Er schüttelte den Kopf. „Nein, braun“, antwortete er knapp. „Oh..“, sagte sie leicht frustriert. Nur wenn er oft blau trug, hieß es nicht, dass es seine Lieblingsfarbe war… „Und was ist mein Lieblingsessen?“, war seine nächste Frage. „…?“ Mio wusste nicht, was sie antworten sollte. Wenn sie es sich überlegte, hatte sie ihn noch nie wirklich „privat“ gesehen, also in seiner Unterkunft. „Nun, Shrimps… und welche Bücher lese ich am liebsten? Welche Filme mag ich?“ Mio schwieg. Sie wusste es nicht. Sie wusste eigentlich gar nichts über Zane. Auf einmal realisierte sie, was er ihr zu sagen versuchte. Wir kennen uns gar nicht, dachte sie sich. Sie verstand, was seine versteckte Aussage war. Mio kannte ihn einfach nicht. Sie kannte ihn nur als den „besten Duellanten der Akademie“. Sie hatten lediglich ein paar Gespräche geführt. Sie konnte ihn gar nicht „mögen“ oder gar „lieben“. „Ich verstehe“, antwortete sie mit einem traurigen Unterton. Zane lächelte leicht. „Mio… du bist ein fröhliches und intelligentes Mädchen. Aber… dahinter steckt auch ein Hauch von Traurigkeit.“ Sie schwieg. „Und ich wüsste nicht, ob ich dich jemals zum Lachen bringen könnte.“ Bei diesem Satz färbten sich ihre Wangen schlagartig rot. „Zane.. das…“ „Es gibt eine weitere Frage, die ich dir gerne stellen würde.“ Sie blickte ihn neugierig an. „Ja?“ Was würde nun kommen? „Weißt du, was ‚Liebe‘ bedeutet?“ Mio konnte nichts darauf antworten. Unter der „Liebe“, die man für seinen Mitmenschen empfand, wie sie es vorher bei Zane dachte, konnte sie sich nichts vorstellen. Nicht seit diesem Gespräch. „Liebe ist ein mächtiges Gefühl. Sie zeigt eine starke und tiefe Verbundenheit zu dem, was du liebst. Du tust alles für deine Liebe. Egal was passieren mag, nichts kann dieses Gefühl durchtrennen. Nichts auf der Welt.“ Sie starrte ihn mit großen Augen an. „So fühle ich für das Duellieren. Es bedeutet mir alles. Ich bin mir sicher, dass du deine ‚Liebe‘ auch finden wirst.“ Sie sah nachdenklich nach unten. Obwohl die Sonne schien und obwohl es heiß war, fröstelte sie. Mio fühlte sich leer. Sie wusste nicht, was sie tun oder sagen sollte. Es herrschte eine unangenehme Stille zwischen den beiden. Bis Mio sich dazu rang, etwas zu sagen: „Ich verstehe, Zane. Du hast recht. Ich weiß wohl noch nicht, wie es ist, jemanden oder etwas zu lieben. Ich danke dir.“ Glücklich, dass sie ihn verstanden hatte, nickte Zane ihr zu. „Du bist wirklich sehr reif. Es ist schön, eine Freundin wie dich zu haben.“ Sie seufzte. Wenigstens konnten sie ein gutes freundschaftliches Verhältnis aufbauen. Mio zwang sich zu einem Lächeln. „Ich bin auch froh, dich kennen gelernt zu haben Zane.“ Je länger sie ihn ansah, desto höher wuchs der Kloß in ihrem Hals. Ihre Stimme sank immer mehr. Mio warf einen Blick auf die Uhr. „Ich denke, es ist Zeit, aufzubrechen. Vielen Dank… für den wundervollen Tag.“ Sie ging auf ihn zu und umarmte ihn kurz. „Ich.. wünsche dir.. noch alles Gute, Zane. Mach’s gut.“ Sie drehte sich um. „Danke, Mio. Ich wünsche dir auch alles Gute“, erwiderte Zane. Zum Abschied hob Mio ihre Hand. Als sie aus seiner Sichtweite war, beschleunigten sich ihre Schritte, bis sie anfing zu rennen. Sie versuchte mit aller Kraft, ihre Tränen zurückzuhalten. Sie rannte und rannte, bis sie Seitenstechen bekam. Sie ignorierte die Blicke der anderen Leute, die ihr verwundert hinterher starrten. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie ihre Wohnung erreichte. Ihre Hände zitterten. Ihr Herz zog sich zusammen. Erschöpft sackte sie hinter ihrer Tür zusammen. Sie spürte eine große Welle von Traurigkeit in ihr aufkommen. Ihr wurde schwindelig. Mios zittrige Hand griff zu ihrem PDA. Sie musste reden. Sofort. Egal, wo Alexis war. Mit verschwommener Sicht suchte sie in ihrer Adressliste nach Alexis‘ Nummer. Danach drückte sie auf den Knopf. „…..….“ Sie atmete tief durch, bis abgehoben wurde. Ohne zu warten sagte sie mit verzweifelter Stimme: „Oh mein Gott! E-Es ist schrecklich! Ich…Ich fühl m-mich so scheiße! Alles ist so schlecht gelaufen!! Zane… er.. er… es hat einfach nicht geklappt… er ist nicht interessiert..“ Sie schluchzte auf. „Es ist so scheiße! Was soll ich nur tun…“ „Äh… Mio?“ Sie hielt inne. Moment. Diese. Stimme. War. Nicht. Alexis. Sie schielte auf das Display ihres PDAs. „Ach du schei….“, hauchte sie. Sie schluckte. Das durfte nicht wahr sein. Ein Schweißtropfen rannte über ihre Wange. „Äh….. ich glaube, ich hab mich verwählt?“, brachte sie mit Mühe über ihre Lippen. Sie wollte gerade auflegen, als vom anderen Ende der Leitung ertönte: „Hey, warte mal!!“ Ihr Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „WAS?!!“, fauchte sie. „Beruhig dich! Was ist denn passiert?“ „GAR NICHTS, CHAZZ PRINCETON!!!“, schrie sie in ihr PDA ein rein und warf es gegen die Wand. Die Verbindung wurde unterbrochen. Sie raufte sich verzweifelt ihre Haare. Sie war vor Scham ganz rot im Gesicht. „Wie peinlich!! Wieso Chazz? Warum vor ihm?“ Sie ließ ihren Kopf hängen. Das war klar. Jemand wie sie musste auch alles verschlimmern. Sie atmete tief aus und lehnte sich gegen ihre Wand, um wieder klare Gedanken zu fassen. ______________________ So, das war's^^ Würde mich über Kommentare freuen :) Kapitel 20: Gute Laune ---------------------- Yay!! Ich hab's geschafft, wieder ein neues Kapitel rauszubringen.^^ Tut mir an alle Leser leid, dass es solange gedauert hat, aber irgendwie hatte ich nicht so viel Elan, da ich auch nicht so viel Lust für dieses Kapitel hatte, ehrlich gesagt. Aber naja. Dafür ist es umso länger, hehe. Nun, ich schweife ab. Viel Spaß beim Lesen!! --------------------------------------------------------------------------- Nach dem Missgeschick mit Chazz brauchte Mio erst mal einige Tage, um sich wieder zu beruhigen und nicht immer an Chazz zu denken. Es war ihr peinlich, dass sie vor ihm erstens so jämmerlich klang und zweitens dass er von der Sache mit ihr und Zane wusste. Sie wollte nicht vor ihm schwach wirken! Das mit Fujisawa hatte ihr gereicht… wieso hatte sie sich auch verwählt? Mio hätte lieber abwarten sollen, bis sie einen freien Kopf hatte und DANN Alexis anrufen sollen. Sie hätte dann wenigstens die Nummer gesehen. Vor allem… sie hatte Chazz von ihrem Liebeskummer erzählt. Chazz! Chazz Princeton! Derjenige, der sowas am wenigstens verstehen würde! Wenn es um andere ging natürlich… Bestimmt war er Zuhause, nein, auf seiner Fähre, und lachte sich über ihr Verhalten ins Fäustchen. Schon die reinste Vorstellung war unerträglich. Sie hatte sich eiskalt vor ihm blamiert. Sie, Mio, die sich sonst mit ihren Emotionen beherrschen konnte! Naja, zum größten Teil eben… Es wäre so gut gewesen, mit Alexis über die Sache mit Zane zu reden. Es wäre sicherlich ein sehr langes Gespräch geworden, wo sie wenigstens gestärkt die Ferien überstehen konnte. Doch so… Das war mehr als blamabel. Wobei sie selbst sich nicht erklären konnte, warum sie dieses Gefühl empfand. Immerhin war es nur Chazz, oder? Hinzu kam, dass sie in den letzten Tagen sehr schlecht geschlafen hatte. Sie hatte Albträume von den Ereignissen vor den Ferien. Sie hatte Angst, dass etwas passieren könnte. Dass sie hier nicht mehr sicher war. Andererseits war es hier so abgekommen, dass kaum einer sie hier vermuten würde. Hoffte sie jedenfalls. Seufzend lehnte sie sich aus ihrem offenen Fenster und sah hinaus. Es herrschte draußen eine unerträgliche Hitze. Glücklicherweise hatte sie eine Klimaanlage, sodass man nicht wie ein Hähnchen im Backofen gegrillt wurde. Die Schwarzhaarige blickte in den Himmel. Wieso konnten sie und Zane nur Freunde sein? Wenn sie doch nicht so voreilig gewesen wäre, hätte der Tag mit ihm einen wesentlich besseren Verlauf genommen. Sie wären sicherlich bis zum Abend in der Stadt gewesen und hätten sich gut verstanden. Sie ärgerte sich so sehr über ihr Handeln! Die Konsequenz war, dass sie die gesamten Ferien mit Liebeskummer verbrachte. Wenn man es überhaupt so nenne konnte. Laut Zane. Sie drehte sich um und nahm sich ein kühles Getränk aus ihrem Kühlschrank. In dem Moment vibrierte ihr PDA, welches, obwohl sie es gegen die Wand geworfen hatte, noch funktionierte. Nur wer konnte es sein? Sie erwartete weder von Chazz noch von Zane einen Anruf. Ersterem würde es wohl gleichgültig sein, wie sie sich fühlte. Daher durfte sie sich keine falschen Hoffnungen machen, dass er sie anrufen würde. Mit gemischten Gefühlen hob sie ab. „Hallo?“ „Oi, Mio, wie geht’s?“, erklang eine fröhliche Stimme. Jäh veränderte sich ihre Stimmung. „Jaden!! Ach, ich bin SO froh, dich zu hören!“ „Wirklich?“, fragte er verwundert. Sie grinste. „Ja, echt. Wie geht’s dir? Wie war dein Urlaub?“ „Eigentlich cool, ich habe mich mit jeden möglichen Leuten duelliert!“ Mio lachte auf. War ja klar! „Und was machst du so, Mio?“ Das Mädchen seufzte. „Nichts Besonderes…. Ich war zwa-“ „Super!! Ich wollte nämlich fragen, ob du morgen oder so vorbeikommst!“ „Echt?? Super!!!“, meinte sie glücklich. „Meine Eltern sind nämlich wieder arbeiten und es ist verdammt langweilig! Die meisten Nachbarn von mir sind auch im Urlaub und ich will was zu tun haben!“ „Wir sind eben die Zurückgelassenen“, scherzte sie. „Haha, das stimmt, aber das wird sicherlich lustig! Du kannst im Gästezimmer schlafen. Generell müssten wir mal alle gemeinsam in den Urlaub fahren! Mit Sy, Lex, Chazz…“ Bei der Erwähnung seines Namens zuckte Mio auf. „Äh, naja, mal schauen, hehe…“ Mit Chazz gemeinsam im Urlaub?? Ob das klappen würde? Nein, am Ende würden die beiden sich noch bekriegen… „Wieso, wär doch eine lustige Idee, oder nicht?“ „Joa, eigentlich schon…“ „Mal sehen, oder wir machen eine Klassenfahrt! Das wär auch prima, die ganze Zeit nur Duellieren!“ „Du denkst wohl auch nur ans Duellieren, was?“, schmunzelte sie. „….Meinst du?“ „Ja, finde schon. Denn überall wo wir sind musst du alles mit Duellieren in Verbindung bringen! Gibt es auch was anderes?“ „Äh..also..Hm.. ich lieeebe Baseball!“ Mio lachte. „Sport ist immer toll, was?“ „Klar, und was machst du so?“ Die beiden telefonierten noch eine ganze Stunde lang, bis Jaden auffiel, dass er noch einkaufen musste. „Jedenfalls warte ich morgen dann am Bahnhof! Du musst am Domino Bahnhof Zug 4 an Gleis 5 nehmen, okay? Bei Aoyama einfach aussteigen, ich warte dann um zwei Uhr auf dich.“ „Gut! Ich freu mich schon!“, sagte sie überglücklich. „Ciao, bis morgen!“ Der Junge legte auf. Fröhlich ließ Mio ihr PDA in ihre Tasche sinken. Sie freute sich, dass endlich mal wieder Abwechslung in die öden Sommerferien kam. Vor allem wusste sie, dass es mit Jaden niemals langweilig werden würde. Gut gelaunt marschierte sie zu ihrem Kleiderschrank, holte ihre Tasche heraus und begann, das Wichtigste einzupacken. Was sie wohl machen würden? Vergnügt tanzte sie durch ihre Wohnung und überlegte, was die beiden alles unternehmen könnten. Doch so wie sie ihren Freund Jaden kannte, war dieser sehr spontan und würde sie bestimmt mir kurzfristigen Entscheidungen überfallen. Allerdings war es ihr gleich, schließlich redete man hier von Jaden. Ein wenig Spontanität konnte niemandem schaden. Nachdem sie mit ihrer gepackten Tasche zufrieden war, holte sie sich aus ihrem Kühlschrank fertigen Ramen heraus und machte sich ihn warm. Danach machte sie sich fertig und legte sich früh ins Bett. Schlaf konnte sie immerhin gut gebrauchen. Am nächsten Morgen stand sie frühzeitig auf und machte sich fertig. Ihre Vorfreude auf die nächsten Tage mit Jaden konnte man ihr ansehen. Da sie so gut wie keine Vorräte mehr hatte, trank sie lediglich ein Glas Orangensaft. Danach zog sie sich an und nahm ihre Tasche. Kurz bevor sie ihre Wohnung verließ, sah sie sich noch einmal in ihr um. Sie wusste nicht wieso, jedoch war sie froh, das Zimmer zu verlassen. Da sie sich an das Leben an der Akademie gewöhnt hatte, war die einsame und ruhige Wohnung ungewohnt für sie. Allerdings würde sie nun für mehrere Tage bei Jaden zu Besuch sein, das reichte ihr vollkommen aus. Sie schritt in den Flur hinaus und schloss die Tür hinter sich ab. Danach marschierte sie zum Bahnhof. Nach einer langwierigen und ermüdenden Zugfahrt erreichte Mio endlich die Stadt, in der Jaden wohnte: Aoyama. Aufgeregt stieg sie aus dem Zug. Um sie herum war ein großes Getümmel von Menschen. Viele Geschäftsleute beeilten sich, um den nächsten Zug zu bekommen oder Studenten verabschiedeten sich von ihren Familien und kehrten in ihr Wohnheim zurück. Eine bekannte Stimme ließ sie auffahren. „Mio!“ Überrascht drehte sie sich um. Ihre Miene erhellte sich augenblicklich. „Jaden!“ Sie rannte erfreut auf ihren Freund zu und umarmte ihn zur Begrüßung. Ihre blauen Augen funkelten glückselig, während sie den Brünetten musterte. Er trug ein schlichtes, rotes Shirt und darunter schwarze Shorts. „Na, alles klar bei dir?“ Sie strich sich verlegen eine Strähne aus dem Gesicht. „Och ja.. jedenfalls finde ich super, dass wir uns mal treffen!“ Jaden grinste und packte sie am Handgelenk. „Komm, ich zeig dir, wo ich wohne! Wir haben aber nicht viel Zeit!“ Sie hob überrascht eine Augenbraue. Was meinte er denn damit schon wieder? Der Junge bemerkte ihren Blick. „Na, ich muss dir doch unbedingt die Stadt zeigen! Vor allem die besten Imbiss-Buden!“ Sie musste auflachen. Typisch Jaden! Dachte nur ans Essen! Die beiden machten sich auf den Weg zu Jadens Haus. Der Brünette führte sie aus dem Bahnhof heraus durch kleine Straßen, die in eine ruhige Wohngegend führten. Von dem regen Treiben und Lärm des Bahnhof-Viertels war keine Spur. Alles wirkte friedlich. Endlich erreichten sie Jadens Haus. Es war genauso, wie Mio sich es ungefähr vorgestellt hatte: Ein einfaches, gemütliches, modernes Haus, in der eine gewöhnliche Familie lebte. Ein wenig beneidete sie Jaden, dass er in solch einer schönen Gegend wohnte, doch sie verwarf den Gedanken schnell. Immerhin wusste sie nicht, wie es in Jadens Familie aussah. Wer weiß, vielleicht war Jaden auch nur wegen der Nachlässigkeit seiner Eltern so schlecht in der Schule. Man steckte eben nicht mit drin. Gemeinsam betraten sie das Haus. Am Eingang zogen sie ihre Schuhe aus. Mio blickte sich neugierig um. Sie befanden sich im Flur, dessen Wand mit Bildern dekoriert war. Eine Tür führte wahrscheinlich ins Wohnzimmer. Vor ihnen erhob sich eine Treppe, die in das höhere Stockwerk führte. Für ihre Verhältnisse war es im Haus sehr sauber. Jaden machte eine Geste, nach oben zu gehen. Oben angekommen führte er sie in ihr Gästezimmer, wo sie als erstes ihre Tasche auf den Boden warf. „Ein schönes Zimmer“, kommentierte sie, während Mio sich umsah. Das Zimmer war mit einem Bett, einem Schrank, einem Regal und einem kleinen Fernseher ausgestattet. Das Licht schien hell durch ein großes Fenster. „Echt? Ich find’s eher langweilig“, erwiderte Jaden. Danach zog er sie wieder in den Flur. „Komm, ich zeige dir mein Zimmer!“ Er öffnete die Tür und Mio trat hinein. Sofort wurde sie von einem riesigen Chaos erschlagen. Überall auf dem Boden waren Karten verstreut. Ansonsten lagen unbrauchbare Zeitschriften und Kleidungsstücke herum. Rechts in der Ecke stand ein ungemachtes, dunkelblaues Bett, daneben ein Kleiderschrank, der offen war. Allerdings erhielt etwas anderes Mios Aufmerksamkeit. Sie stieß einen entzückten Pfiff aus. „Wow! Ist das klasse!“ Das Mädchen stellte sich vor Jadens Fernseher. Von ihrem Gesicht konnte man Begeisterung ablesen. „Ich…ich fass es nicht! Du… du…hast… echt eine Playstation 3 und eine Xbox 360?!!“ Jaden grinste breit. „Nicht nur das!“ Er ging zu seiner Kommode und holte aus der ersten Schublade etwas heraus. Mios Augen weiteten sich entzückt. „Nein! Sag nicht, dass das ein 3DS ist!! Ich will auch!“ Ehe Jaden sich versah, nahm sie es ihm aus der Hand (was eine schlechte Angewohnheit von ihr war) und begutachtete den Handheld. „Krass… wie unfair… ich will auch sowas haben!“, quengelte sie. Jaden schmunzelte, seine Freundin war offenbar sehr von seinen Spielekonsolen begeistert. „Wir können ja nachher ein paar Spiele ausprobieren! Hatte ich sowieso vor! Aber jetzt müssen wir gleich mal los in die Stadt!“ Sie lächelte. „Okay, warte unten auf mich, ich komme gleich!“ Nachdem sie sich auf der Toilette ein wenig frisch gemacht hat, nahm sie eine kleine Tasche mit und ging mit Jaden hinaus. Es dauerte nicht lange, bis sie sich in der Innenstadt befanden. Im Gegensatz zu Domino City kam es Mio recht klein vor, dabei war es Aoyama, eine Stadt im Bezirk von Tokyo. Während sie durch die Stadt gingen, musste sie dabei unmittelbar an ihr Treffen mit Zane erinnert, welches genau das Gegenteil wurde, was sie sich erhofft hatte. Sie schüttelte den Kopf. Es war nicht der Zeitpunkt, daran zu denken. Schließlich war sie mit Jaden unterwegs. Bei ihnen gab es keinerlei Anzeichen von Spannung. Sie war froh, sich einfach fallen zu lassen und sich zu entspannen. Als der Junge plötzlich stehen blieb, wäre sie beinahe in ihn hinein gerannt. Er breitete lächelnd seine Arme aus. „Ta-dah! Der allerbeste Oden-Laden, den ich kenne!“ Bei dem Anblick des Ladens knurrte Mios Magen. Ein zarter Rotschimmer zierte ihr Gesicht. Das kam davon, wenn man nichts zum Frühstück aß! Doch es hatte sich nicht gelohnt, den Kühlschrank mit Nahrung zu füllen, schließlich war sie für längere Zeit bei Jaden. Es wäre Verschwendung gewesen, vorher einen Großeinkauf zu machen, wenn sie doch sowieso nichts davon aß. Ihr Freund führte sie in den Laden hinein, in dem ein hoher Betrieb herrschte. Vorne stand eine Theke, vor der sich fünf kleine Hocker befanden. Die beiden nahmen darauf Platz. Eine junge Frau, die wahrscheinlich ihre Ausbildung in dem Laden machte, kam freundlich auf die Jugendlichen zu und nahm die Bestellung entgegen. Mio blickte auf das Angebot und entschied sich letztendlich für ein hausgemachtes Oden, Jaden ebenfalls. Sie musste zugeben, es schmeckte wirklich gut. Viel besser als das vom Konbini, welches sie sich von dort immer holte. Gerade als sie ihre Schüssel leer getrunken hatte, stand Jaden sofort auf. „Los, wir müssen direkt weiter in den Game-Laden!“ Sie hob abwehrend ihre Hände. „Immer mit der Ruhe! Erst einmal müssen wir bezahlen!“ Jaden zuckte mit den Schultern und legte sein Geld auf die Theke. Mio tat es ihm nach und erhob sich. Nachdem sie sich verabschiedet hatten, konnten sie Jadens Wunsch nachgehen und in sein Lieblingsgeschäft gehen. Dort angekommen sah sich Mio entzückt von dem vielen Angebot um. Überall gab es Regale mit den verschiedensten Spielen. Schon immer wollte sie in so einem Laden sein! In Domino City hätte sie zwar auch eine Gelegenheit gehabt, doch was hätte es ihr gebracht? Sie hatte weder eine PS3 noch einen Nintendo DS. Von daher wäre es reine Zeitverschwendung gewesen. Allerdings war es heute etwas anderes. Sie wandte sich an Jaden, der an einem Regal rechts neben ihr die Spiele bestaunte. „Du, Jaden, kaufen wir heute ein Spiel?“ Der Brünette lächelte. „Klar, ich wollte mir heute eins holen. Ich weiß nur noch nicht, was. Aber es sollte eins sein, was mir zusammen spielen können.“ Das Mädchen sah sich um. Ihr Auge fiel auf ein Rennspiel. „Hey, wie wäre es mit ‚Need for Speed Most Wanted‘?“ Der Junge blickte über ihre Schulter. „Hm, klingt doch ganz gut! Dann lass es uns nehmen und ab nach Hause!“ Die beiden gingen zur Kasse und marschierten danach wieder zu Jadens Haus. Auf dem Weg dorthin sah Mio zum Himmel hinauf. Graue Wolken sammelten sich am Himmelszelt. Es würde bald regnen. „Ich glaube, wir sollten uns beeilen, sonst…“ Ehe sie den Satz zuende sprechen konnte, prasselte der Regen auf sie nieder. In nur wenigen Minuten war ihre Kleidung völlig durchnässt. Ihre nasse Haare tropften und klebten ihr im Gesicht. Doch glücklicherweise erreichten sie endlich Jadens Haus. Als Mio den Flur betrat, seufzte sie erleichtert. „Dieser elende Regen! Ich bin nass bis auf die Haut!“ Jaden lächelte leicht, ging aber dann ins Badezimmer und gab mit zwei Handtüchern wieder. Eines davon warf er Mio zu, die es dankbar entgegen nahm. „Ich würde sagen, dass wir uns umziehen und danach direkt das neue Spiel ausprobieren“, schlug Jaden vor. Mio nickte. Nachdem sie sich umgezogen haben, saßen beide vor Jadens Fernseher und spielten Need for Speed most Wanted. Draußen goss es immer noch in Strömen. „Nein, Jaden, nach rechts, nach rechts, nach reeeechts!!“, schrie Mio. Im letzten Moment konnte Jaden der Straßensperre der Polizei ausweichen. Er wischte sich erleichtert den Schweiß aus der Stirn. „Puh, gerade noch geschafft!“ Die Schwarzhaarige runzelte die Stirn. „Das war verdammt knapp, hörst du? Mach das nicht noch mal!“ Der Brünette grinste und reichte dem Mädchen wortlos den Controller. „Ach ja? Dann mach’s besser!“ Nachdem Mio kläglich gescheitert war, hatte sie keine Lust mehr und bat darum, „The Legend of Zelda: Ocarina of Time“ auf dem 3DS zu spielen. Ab und zu machten die beiden eine Pause, um sich Chips und andere kleine Snacks in Jadens Zimmer zu holen, um danach sofort weiterzumachen. Um vier Uhr morgens gähnte Mio laut. „Ich glaube, ich gehe ins Bett.“ Jaden nickte ihr zu, welcher ebenfalls gähnte. „Werde ich am besten auch mal machen. Wir sehen uns dann morgen!“ Sie winkte ihm kurz zu und schloss die Tür hinter sich. Im gesamten Haus war es dunkel. Für das Mädchen war es ungewohnt, in solch einem großen Gebäude zu wohnen, vor allem auch Gesellschaft zu haben. Erschöpft holte sie ihr Nachthemd aus ihrer Tasche heraus, putzte sich schnell die Zähne und legte sich ins Bett. Am folgenden Tag wurde sie von Sonnenstrahlen geweckt, die ihr Gesicht kitzelten. Von dem Regenschauer war keine Spur mehr. Langsam öffnete sie ihre schweren Augenlider. Sie drehte ihren Kopf nach rechts. Merkwürdig. Die Umgebung war so ungewohnt. In ihrer Wohnung konnte sie nicht sein… aber wo sonst? Ein lautes Poltern ließ sie zusammen zucken. Plötzlich erhob sie sich. Stimmt ja! Sie war bei Jaden zu Besuch! Wie konnte sie das nur für einen Moment vergessen haben? Sie schüttelte über sich selbst den Kopf und streckte noch einmal ihre Arme, bis sie aufstand und aus ihrem Zimmer ging. Auf dem Flur traf sie auf Jaden, der nur in einem weißen Hemd und Boxershorts bekleidet war. Ein wenig errötete sie, doch Mio konnte sich schnell wieder fangen und grüßte Jaden. Der Braunhaarige lächelte zurück, offenbar musste er sich ebenfalls ein wenig an Mios Anblick gewöhnen. Schließlich stand sie vor ihm mit zerzausten Haaren, müden Augen und einem Nachthemd, in dem er sie noch nie gesehen hatte. „Morgen… weißt du, wie viel Uhr es ist?“, fragte er sie. Mio zuckte mit den Achseln und trat in ihr Zimmer hinein, um kurz auf die Uhr zu sehen. „Woa, schon halb zwei mittags! Wir haben echt lange geschlafen!“ „Naja, ist eigentlich früh für mich, normalerweise wache ich erst um drei oder so auf.“ Mio verschlug es beinahe die Sprache. „Ehrlich?? Meine Güte, Jaden! Du verpennst ja den halben Tag!“ Dieser hob nur die Schultern. „Och ja, ich schlafe eben gerne. Aber ich hab echt einen Wahnsinns-Hunger! Lass uns Mittagessen kochen, ja?“ Bei dem Wort „kochen“ verzog Mio das Gesicht. „Öh… ich hoffe mal, du kannst kochen?“, fragte sie vorsichtig. Jaden kratzte sich am Kopf. „Naja, ich hab’s noch nie ausprobiert…“ Mio schlug sich mit ihrer Hand gegen die Stirn. „Sag mir nicht, du willst kochen, obwohl du nicht weißt, wie es geht!“ Ihr Freund lächelte verlegen. „Ein Versuch ist es wert, oder? Ich meine…. Immerhin.. also.. du bist doch da, oder?“ Das Mädchen seufzte niedergeschlagen. „Mich darfst du nicht fragen, Jaden. Ich kann nicht kochen.“ „Ach was, so schwer wird’s nicht sein! Komm!“ Nachdem die beiden sich umgezogen haben, standen sie jeweils in einer Kochschürze gekleidet in der Küche. Überall waren Tüten und Nahrungsmittel auf der Theke ausgebreitet. Jaden zog die Stirn in Falten, während er nachdachte. „Also… am besten, wir, äh, kochen Nudeln. Und dazu am besten Sahnesoße mit Champignons.“ Mio hob eine Augenbraue. „Sahnesoße? Ich weiß nicht, ist das nicht zu schwer… für den Anfang?“ Jaden machte eine abwertende Geste. „Mach dir keinen Kopf! So schwer wird’s nicht sein!“ Obwohl die Fenster weit geöffnet waren und der Qualm bereits verzogen war, herrschte eine stechende Luft in der Küche. Wenig begeistert starrten Mio und Jaden auf ihre Teller, auf denen ein nicht definierbares Etwas lag. Der Junge schluckte. Eine unangenehme Stille herrschte zwischen ihnen, bis Jaden sie durchbrach. „Naja… vielleicht hattest du recht?“ Wegen ihres missglückten Kochversuches, hatten sich die beiden eine Pizza bestellt, die sie zufrieden verspeisten. „Wie gesagt Jaden, ich bin eine Niete im Kochen. Und es lag nicht an dir, dass die Nudeln und die Soße misslungen waren“, beruhigte Mio ihn. Und es stimmte auch: Jaden hatte seine Arbeit wirklich gut gemacht und war nur kurz im Bad verschwunden, als alles schlimmer wurde. Mio hatte zu viel Öl ins das Nudelwasser gegeben und nicht auf das kochende Wasser und die Soße geachtet. Eine riesige Sauerei war entstanden. „Macht doch nichts! Nicht jeder muss kochen können.“ Nach dem Abspülen machte Jaden einen Vorschlag für den Tagesplan. Es war erst vier Uhr, sodass sie noch viel Zeit hatten. „Wollen wir Inliner fahren?“ Die Wangen von Mio färbten sich rot. „Ich würde ja gerne, aber… ich hab keine Ahnung, wie das geht.“ „Na dann lernst du es eben“, antwortete Jaden grinsend. Der Brünette hatte noch ein älteres Paar Inliner gefunden, sodass sie anfangen konnten. Dazu gingen sie in den Park und übten. Anfangs hatte Mio ein paar Probleme, doch nach und nach gewöhnte sie sich daran und hatte den Dreh raus. Während sie fuhren, fragte Mio neugierig: „Du, sag mal Jaden…“ Der Junge sah auf. „Was denn?“ „Wo sind eigentlich deine Eltern? Okay, arbeiten, aber müssten sie nicht nach Hause kommen?“ Jaden stoppte mit seinen Inliner an einem Baum, Mio schaffte es ebenfalls mit Mühe. „Mein Vater ist auf einer Geschäftsreise. Meine Mutter hingegen arbeitet seit letzter Woche in China für mehrere Monate.“ Das Mädchen hob erstaunt den Kopf. „Oh Mann, ganz schön lange weg, oder?“ Jaden hob lediglich die Schultern. „Naja, ich bin daran gewohnt. Was ist mit dir?“ Mio sah zur Seite. „Nun, bei mir… ich wohne alleine…“ Die Augen des Braunhaarigen weiteten sich. „Was?! Alleine?!“ Mio nickte zögerlich. „Aber.. ich dachte… sind deine Eltern etwa…?“ Sie winkte ab. „Schon gut. Lass uns zurück fahren, ja?“ Sie stieß sich mit der rechten Hand vom Baum ab und fuhr den Weg entlang, der aus dem Park führte. Jaden starrte ihr ungläubig hinterher. Er wusste gar nicht, dass Mio alleine wohnte! Hatte sie nicht von ihren Eltern erzählt, die mit ihr in Frankreich Urlaub gemacht haben? Waren sie also wirklich gestorben? Er seufzte. Hoffentlich würde Mio ihm bald mehr erzählen. Vielleicht brauchte sie nur ihre Zeit. Schließlich kamen Jaden und Mio wieder bei seinem Haus an und zogen ihre Inliner aus. Den Weg hatten sie schweigend verbracht. Um Mio auf andere Gedanken zu bringen, schlug Jaden vor, im Garten ein wenig Fußball zu spielen. Das Mädchen willigte freudig ein. Tatsächlich gelang es Jaden, sie ein wenig abzulenken. „Jaa, ich hab ein Tor gemacht!“, jubelte Mio glücklich. Das „Tor“ bestand aus zwei Blumentöpfen, die an einer Hecke standen. Der Brünette grinste breit. „Aber nicht mehr lange!!“ Er dribbelte gekonnt Mio aus und schoss das 2:2. Als es dämmerte, begaben sich die Jugendlichen ins Warme zurück. Schnell bereiteten sie sich ein wenig Brot zu und schauten im Wohnzimmer einen Horrorfilm. Ab und zu zuckte Mio ein wenig zusammen, beruhigte sich aber schnell. Jaden hingegen war während des Films seelenruhig eingeschlafen. Typisch für ihn! Er war die Ruhe selbst, auch bei einem Horrorfilm. Mio lehnte sich auf der Couch zurück. Sie war sich heute nicht sicher gewesen, ob sie ihn ihre Familiensituation erklären sollte. Zu gerne würde sie es. Doch sie hatte sich noch nicht bereit dafür gefühlt. Nur wie viele Jahre trug sie die Vergangenheit mit sich herum? Sollte dies bald nicht ein Ende werden? Konnte Jaden der erste sein, dem die es erzählen würde? Sie seufzte traurig. Bestimmt. Nur wäre es jetzt noch nicht der passende Zeitpunkt. Ihr Blick wanderte auf ihr PDA. Sie musste an Chazz denken. Er hatte sich ebenfalls dafür interessiert. Und beinahe hätte sie es ihm auch gesagt, doch wahrscheinlich wäre es ihm sowieso egal gewesen. Genauso wie die Sache mit Zane. Er hatte ihr gar keine Nachricht mehr geschrieben. Es war auch nicht anders zu erwarten, nach der Reaktion von ihr. Ach Unsinn! Es konnte ihr doch egal sein, ob Chazz sich um sie kümmern würde. Allerdings musste sie an jene Woche nach der Tat von Fujisawa denken. Sie hatten sich wirklich gut verstanden. Man könnte meinen, sie wären Freunde gewesen. Waren sie aber nicht. Nur wieso? Was war der Grund, warum sie mit Chazz nicht so wie mit Jaden befreundet sein konnte? „Mio?“, erklang eine schläfrige Stimme. Sie schrak aus ihren Gedanken auf und blickte in Jadens haselnussbraunen Augen. „J-Jaden? Hast du nicht geschlafen?“ Der Brünette grinste. „Doch, aber ich bin eben aufgewacht und habe gesehen, dass du gar nicht mehr auf den Film geachtet hast. Ist denn alles in Ordnung?“ „Äh…nun…“ In dem Moment blickte sie zum Fernseher. Es erschien gerade eine Szene, bei welcher der Hauptcharakter, ein junger Mann, seiner Geliebten gegenüberstand. „Akiko.“ „Natsume…“ „Ich liebe dich…“ „Ach Natsume!“ Das Liebespaar küsste sich. Mio sah gebannt zu, während Jaden gähnte. „Oh Mann, ist das langweilig!“ „Shhht“, zischte die Schwarzhaarige ihm zu. Er runzelte die Stirn. „Stellst du dir etwa gerade vor, dass …“ Ein vernichtender Blick ließ den Jungen verstummen. „Ich wusste gar nicht, dass du solche Liebesszenen magst“, setzte Jaden neu an. Mio hob ihre Schultern. Nachdem der Horrorfilm, welcher sich am Ende als Liebesfilm herausgestellt hat, zuende war, beschlossen die beiden, schlafen zu gehen. Die nächsten Tage verbrachten Mio und Jaden meistens draußen, sofern das Wetter schön war. Sie schlenderten oft durch die Stadt, wo Mio in die Schaufenster der Modegeschäfte schaute, während Jaden sich lieber die Imbiss-Buden ansah. Manchmal zog das Mädchen ihn auch in einen Buchladen, mit dem Argument „Wer nicht liest, der bleibt, dumm“, sodass Jaden sich wohl oder übel ergeben musste. Wider Mios Erwartungen hatte dieser sich den Manga „Death Note“ gekauft und meinte, da müsse man auch viel lesen. Oft waren sie aber auch an einem Baseballplatz und spielten mit anderen Jugendlichen. An einem Donnerstag, in der vierten Woche der Sommerferien, saßen beide ratlos am Küchentisch und überlegten, was sie noch alles machen könnten. Am Freitag wollten sie bowlen gehen, doch was konnten sie am Wochenende machen? „Wie wäre es mit Schwimmen?“, schlug Jaden vor. Mio wiegte nachdenklich den Kopf. „Warum nicht? Ich muss mir aber noch einen Bikini kaufen!“ Der Brünette hob abwehrend die Hände. „Aber ohne mich! Auf keinen Fall werde ich mitkommen!“ Darauf lachte die Schwarzhaarige. „Jaja, keine Sorge!“ Als sie zufrieden mit ihrem Plan waren, beschlossen sie, ein wenig in die Stadt zu gehen, da Jaden ihr einen Laden zeigen wollte. Draußen war es ein wenig bewölkt, doch es war immer noch sehr heiß. Mio trug lediglich ein dunkelblaues Top mit kurzen weißen Hotpants. Jaden trug ein dunkelgrünes T-Shirt mit einer schwarzen Hose. Zu zweit schlenderten sie durch die Straßen Aoyamas, bis Jaden vor einem Laden stehen blieb. „So, wir sind da! Der beste Musikladen in der Stadt!“, verkündete Jaden. Neugierig trat Mio hinein. Überall, wo sie hinsah, waren Regale mit den verschiedensten CDs. An den Seiten hingen Kopfhörer, womit man sich ein paar Lieder anhören konnte. Mio blieb an einem weißen Regal stehen und hielt sich nachdenklich ihre Hand an ihr Kinn. „Na, schon was entdeckt?“ Das Mädchen zuckte unmerklich zusammen und konnte gerade so einen Schrei unterdrücken. Als sie Jadens Gesicht sah, seufzte sie. „Musst du mich so erschrecken?“ Er grinste sie immer noch an. „Du bist aber echt schreckhaft!“ Erneut atmete sie tief durch und wendete sich an seine Frage. „Ich persönlich höre eigentlich am liebsten Simple Plan! Und du?“ Jaden wiegte den Kopf. „Simple Plan finde ich auch cool!“ Er senkte leicht seinen Kopf. „Ob Alexis das auch mag? Soll ich ihr eine mitbringen?“, murmelte er kaum hörbar, doch so laut, dass es Mio hören konnte. Sie setzte ein Lächeln auf, das jedoch abrupt erstarb. Alexis! An sie hatte sie gar nicht gedacht! Mio wurde es plötzlich ganz unwohl. Was würde nur passieren, wenn ihre Freundin erfahren würde, dass sie bei Jaden war? Mios Hand ballte sich zu einer Faust. Wie konnte sie nur so taktlos sein und rücksichtslos sein? Während sie sich mit Jaden vergnügte, mit dem besten Freund Alexis‘, würde jene sich Gedanken machen, wie sie ihm näher kommen würde! Und sie, Mio, würde alles zerstören! Nur, weil sie zu egoistisch war. Sie hätte Alexis vorher fragen sollen! Schuldgefühle machten sich in ihr breit. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. „Mio?“ Das Mädchen fuhr hoch. Sie blickte verunsichert Jaden an, der sie verwirrt musterte. „Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. Das Mädchen antwortete immer noch nicht. „Bist du…?“, setzte er an. Mio schüttelte hastig den Kopf. „Nein, es ist…“ Sie sah ihn entschuldigend an. „Ich… bin gleich wieder da!“ Sie drehte sich um und verschwand in der Damentoilette. Ratlos blickte der Junge ihr hinterher. Was war los mit ihr? War sie etwa… nein, das konnte nicht sein. Jaden schüttelte den Kopf. Auf keinen Fall! Sie war doch nicht… er wusste nicht, wie er es sagen sollte, aber war sie sauer, dass er Alexis eine CD kaufen würde? Dass er an sie dachte? Er wollte es nur ungern zugeben, doch als er die Liebesszene vom Horrorfilm gesehen hatte, musste er an Alexis denken. Konnte es sein, dass Mio ihn wirklich sehr mochte? Oder gar mehr als das? So verunsichert wie jetzt hatte sich der Junge lange nicht mehr gefühlt. Bei solchen Themen war er vollkommen hilflos. Nach einer Weile bemerkte er, wie Mio wiederkam. Er schüttelte den Kopf. Es war unsinnig, sich jetzt Gedanken zu machen! Aber musste Mio irgendwie wieder aufheitern… Das Mädchen hatte sich offenbar wieder beruhigt und sah Jaden auffordernd an. „Komm, willst du nicht die CD für Alexis kaufen?“ Perplex starrte der Brünette sie an. „Wie? Bist du nicht…?“ Sie sah ihn fragend an. Ob sie es nur versuchte, zu überspielen? Jaden wusste es nicht. „Äh, natürlich, bin gleich wieder da, hehe!“ Er versuchte zu lächeln, was ihm absolut misslang, und marschierte zur Kasse. Nun war Mio wiederum diejenige, die ihm konfus hinterher sah. Seit wann zwang sich Jaden dazu, zu lächeln? Irgendwie ist heute ein komischer Tag, dachte sich Mio. Um es schlimmer zu machen, versuchte Jaden, das Mädchen ein wenig abzulenken. „Komm, ich hab eine super Idee!“ Er nahm sie am Handgelenk und führte sie zu einer Bushaltestelle, an der gerade ein Bus hielt. Die Schwarzhaarige runzelte die Stirn. „Jaden, wohin fahren wir?“ Ihr Freund grinste schelmisch. „Abwarten.“ Nach fünfzehn Minuten Fahrt waren sie endlich an ihrem Ziel angekommen. Sie standen vor einem großen, offenen Tor, an dem viele Menschen Schlange standen. Dahinter hörte man lachende Stimmen und kreischende Kinder. Das konnte nur eins bedeuten… „Äh, Jaden?“ Mio sah ihn konfus an. „Sag mir nicht, dass wir….“ „Doch“, unterbrach er sie lächelnd und breitete seine Arme aus, „Wir sind im Vergnügungspark!“ Das Mädchen musste sich anstrengen, um ihre Fassung zu behalten. Das durfte doch nicht wahr sein! Sie beide in einem Vergnügungspark? Da waren doch nur Liebespaare!! „J-Jaden, das ist ja schön und gut, abe-…“ „Los, komm, wir sind dran!“ Ehe sie etwas sagen konnte, bezahlte Jaden die Eintrittskarten. Nun gab es kein Zurück mehr. Mio seufzte geschlagen. Sie fühlte sich äußerst unwohl. Normalerweise müsste Alexis an ihrer Stelle sein. Wieso hatte sie sich auch darauf eingelassen, zu Jaden zu gehen? Wenn ihre Freundin wüsste, dass sie mit ihm im Vergnügungspark wäre, dann… „Na los! Oder willst du noch Wurzeln schlagen? Auf, auf, welche Achterbahn nehmen wir?“ Sie schluckte. „A-Achterbahn?? D-das, äh, ich weiß nicht, ob…“ „Komm, so schlimm wird’s doch nicht!“ Bevor sie etwas erwidern konnte, nahm er sie an der Hand und zog sie zur Achterbahn. „Das bereust du, Jaden…“, flüsterte sie argwöhnisch. Mit wackligen Beinen ließ sie sich auf der nächstlegenden Bank nieder. Alles um sie herum drehte sich. Ihre Hand klammerte sich am Holz fest. So übel wie jetzt hatte sie sich lange nicht mehr gefühlt. „Jaden….Das wirst du mir büßen!“, meckerte sie entrüstet. Dieser hatte immer noch sein strahlendes Grinsen aufgesetzt. „Ach, wieso denn?“ Sie hielt drohend ihre Faust vor Jadens Gesicht. „Wieso?? Wieso, fragst du?? Ganz einfach: Ich HASSE Achterbahnen!!“ Er lachte auf. „Aber du warst doch noch nie auf einer gewesen!“ Ihr Blick verfinsterte sich. „Doch!! Gerad eben!! Weißt du, was du mir zugemutet hast, du Vollpfosten?“ Jaden konnte sich nicht mehr halten und brach in schallendes Gelächter aus. Die Leute um sie herum starrten die beiden verwundert an. „Hahaha! De…haha dein…Blick….haha!“ „Was?“ „Dein Blick! Wie du aussiehst, haha!“ Mio stieß Jaden leicht in die Rippen. „Autsch!“ Sie schüttelte belustigt den Kopf. Ihm konnte man einfach nicht böse sein. Dazu war er viel zu liebenswürdig! „Hach, Jaden, das ist mal wieder typisch! Naja, mir geht’s langsam besser und…“ „…Noch ’ne Achterbahn?“ Sie sah ihn kurz an. „Hm… lass mich überlegen. Nein“, antwortete sie darauf gespielt kühl. Aus diesem Grund schlenderten sie ein wenig durch die verschiedenen Stände. Am meisten war Mio von dem Schießbuden-Stand fasziniert, sodass sie sich sofort darauf stürzte und den Hauptgewinn erzielte. Mit einem breiten Lächeln hielt sie einen großen Teddybären in der Hand. Jaden wiederum schlug sich den Bauch mit Hotdogs und Pommes voll. Ansonsten gingen die beiden zu Autoscooter, das Mio wesentlich besser vertrug. Gemeinsam lenkten sie sich durch die Bahn und versuchten, so viele „Crashs“ wie möglich zu verursachen. Als es dunkel wurde, fuhren sie mit dem Bus nach Hause. Müde lehnte sich Mio in ihrem Sitz zurück. „Das war echt super, Jaden“, gab sie zu. Obwohl sie ein mulmiges Gefühl im Magen hatte, hatte sie trotzdem alles genossen. Der Braunhaarige lächelte breit. „Hehe, wusst ich’s doch!“ Zuhause angekommen machte sich Mio schnell fertig und kuschelte sich in ihr Bett ein, nachdem sie Jaden eine gute Nacht gewünscht hatte. Sofort fiel sie in einen traumlosen Schlaf. Dabei vergaß sie alle Gedanken rund um das Treffen mit Zane, Chazz und auch Alexis. ---------------------------------- Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen! Freue mich wie immer auf Reviews, vielleicht auch mal von denen, die noch keins hinterlassen haben. Verbesserungsvorschläge/Kritik nehme ich immer gerne an! Kapitel 21: Es geht wieder los!...Mit Komplikationen ---------------------------------------------------- Diesmal bin ich recht schnell voran gekommen^^ @Kacon: Darauf kannst du dich verlassen! Ich werde mir Mühe geben und hoffe, dass es mit den Beziehungen deinen Erwartungen entspricht! Ich versuche, nun noch mehr darauf einzugehen. Anfangs hatte ich es eher weniger vor, aber jetzt schon eher :D @hien_aragami: Wie gesagt, das war wohl eines der längsten Kapitel. ^^ Hm, könnte sein, dass Chazz Mio darauf anspricht... wer weiß? @fahnm: Gut, dass es dir gefallen hat :) ----------------------------------------------------- Die Tage bei Jaden vergingen wie im Fluge. Es war schon Mitte der fünften Woche und es wurde langsam Zeit, sich zu verabschieden, obwohl es weder Mio, noch Jaden danach war. Jedoch wussten beide, dass alles immer dann enden musste, wenn es am schönsten war. Also beschlossen sie, am letzten Tag ein letztes Mal in den Oden-Laden zu gehen und einen Stadt-Bummel zu machen. Beide genossen den Tag, da ein herrliches Wetter war und die Sonne hell am Himmel strahlte. Am Abend saßen sie am Flussufer und beobachteten den Sonnenuntergang, welcher ein buntes Farbenspiel am Horizont lieferte. Mio legte sich ins Gras neben Jaden. „Oh Mann! Die ganzen Tage waren super-klasse, Jaden!“ Der Brünette grinste. „Fand ich auch! Kaum zu glauben, dass du morgen wieder nach Domino City musst!“ Das Mädchen nickte traurig. „Ja, das stimmt. Aber zum Glück sehen wir uns ja bald in der Schule wieder.“ „Bin mal gespannt, wie das neue Schuljahr so wird. Ich freue mich aber, unsere Freunde wiederzusehen.“ Ein Lächeln umspielte Mios Lippen. „Ich mich auch. Das wird bestimmt klasse. Nur wird es anstrengend mit dem Lernen…“ „Ach was! Gönn dir einfach mal eine Pause und schwänze den Unterricht!“ Mio kicherte leicht. „Das sagt der Richtige! Du gönnst dir ja jeden Tag eine Pause, wie?“ Jaden zuckte mit den Schultern. „Für mich zählt sowieso nur das Duellieren. Apropos…“ Er wandte sich zu ihr. „Du schuldest mir immer noch ein Duell! Aber ein richtiges! Nicht das, was wir mit irgendwelchen Karten gemacht haben!“ Mio nickte. Sie erinnerte sich noch gut, wie sie sich vor ein paar Tagen aus den verschiedensten Karten Decks gebaut hatten. Es hatte wirklich viel Spaß gemacht. Zwar hatte sie nur zweimal gewonnen, doch trotzdem war es lustig gewesen. „Natürlich, Jaden, dein Duell bekommst du schon! Wenn der Zeitpunkt da ist…“ Noch lange lagen sie dort, bis die Sterne am Himmel zu sehen waren. Langsam erhoben sie sich und begaben sich zu Jadens Haus. Beide wollten sich immer an die ruhige Nacht erinnern, wo sie ruhig und gelassen am Ufer lagen. Tags darauf eilten beide hastig zum Bahnhof. Da Jaden verschlafen hatte und Mio vergessen hatte, sich den Wecker zu stellen, mussten sie dummerweise zum Bahnhof rennen. Dort angekommen nahm Mio zwei Stufen auf einmal und hoffte, ihren Zug noch zu bekommen. Gerade rechtzeitig erreichte sie ihren Gleis, der zurück nach Domino City führte. Der Zug war noch nicht da. Erleichtert atmete sie auf und holte nach Luft. Jaden stellte sich neben sie hin. „Na dann…“, sagte Mio. Jaden grinste sie an. „Tjaaa… das war echt toll mit dir!“ Mio lächelte. „Danke, Jaden. Ich muss dann los…“ Sie trat auf ihn zu und umarmte ihn fest. Ihr fiel es schwer, sich von ihm zu trennen. Es fühlte sich schon bald so an, dass sie sich von einem Familienmitglied trennen musste. Jaden starrte nachdenklich geradeaus, während er Mio in der Umarmung hielt. Seit dem Tag im Musikladen brannte eine Frage auf seiner Zunge. Er löste sich von ihr und sah sie ernst an. „Du, Mio… also…“ Sie sah ihn fragend an. „Ja, was ist?“ „Also..mit…mit..Alexis, warst du…warst du.. da ….?“ Seine Worte wurden von dem Zug übertönt, der am Bahnhof ankam. Mio hob hilflos ihre Hände. „Ich versteh dich nicht!“, schrie sie, damit ihre Stimme durch das laute Geräusch drang. Der Junge schüttelte den Kopf. „Ach, schon okay.“ Er winkte ihr zu, während die Schwarzhaarige in den Zug stieg. Seine Frage hatte noch Zeit. Vielleicht hatte er sich das auch alles nur eingebildet. Vielleicht aber auch nicht. Wäre denn sonst jeder andere so traurig wie Mio gewesen, sich von ihm zu verabschieden? Er wusste es nicht. Aber falls Mio mehr als Freundschaft für ihn empfinden sollte, wüsste Jaden nicht, wie er reagieren sollte. Er hatte einfach zu viel Angst, sie zu verletzen. Mio kam es wie eine Ewigkeit vor, dass sie ihre Wohnung nicht mehr gesehen hatte. Merkwürdig, dabei waren die Schultage doch viel länger als ihr Besuch bei Jaden! Sie schüttelte den Kopf und ließ sich auf ihren Bett wieder. Wie sehr sie sich doch wieder auf die Schule freute! Nun, weniger auf den Unterricht, sondern eher auf ihre Freunde. Lange dauern würde es auf jeden Fall nicht. Das Mädchen stand auf und gönnte sich erst einmal eine kühle Dusche. Nachdem sie sich frische Kleidung angezogen hatte, holte sie ihren Teddybären, den sie bei dem Vergnügungspark gewonnen hatte, aus ihrer Reisetasche heraus. Den würde sie auf jeden Fall mitnehmen. Sie holte weitere Souvenirs von Aoyama heraus und stellte sie alle auf ihren kleinen Tisch, der vor ihrem Fernseher stand. Später würde Mio alles in ihren Koffer einpacken. In ihrer Wohnung würde das alles nicht bleiben. Glücklicherweise musste sie heute nicht mehr einkaufen gehen, da Jaden ihr ein paar Leckereien mitgegeben hatte. Wenn sie an ihren Kochversuch dachte, lief es Mio immer noch kalt den Rücken runter. Sie würde sich nie wieder vor einen Herd stellen. Sie richtete ein lediglich ein Massaker mit dem armen Essen an. Sie öffnete die Verpackung mit den Reisbällchen und setzte sich an ihren Schreibtisch. Während sie lernte, aß sie nebenbei. Morgen würde sie auf jeden Fall in die Stadt gehen und Besorgungen machen. Mal sehen, was sie sonst noch machen würde. Ihre Wäsche musste sie auch noch wegbringen. Was man doch alles erledigen musste! Nach einer Stunde hatte sie genug, sodass sie sich auf ihrer Couch langweilte. Sie holte aus ihrer Tasche ein Buch hervor, das sie sich ebenfalls in Aoyama gekauft hatte. Sie vertrieb sich die Zeit mit Lesen, bis es Abend wurde. Sie aß noch eine Kleinigkeit, ehe sie sich fertig machte und sich schlafen legte. Die nächsten Tage verbrachte Mio meist in der Stadt oder war damit beschäftigt, ihr Deck ein wenig zu überarbeiten, wo ihr Duellgeist Feuerprinzessin mithalf. Ab und zu schrieb sie ein wenig mit Jaden, der sich ebenfalls langweilte. Doch manchmal saß das Mädchen auch einfach an ihrem Fenster und starrte in den Himmel. Dabei machte sie sich vor allem über Alexis und Jaden Gedanken. Besonders wusste sie noch nicht, wie sie ihrer Freundin sagen sollte, dass sie mehrere Tage bei Jaden verbracht hatte. Auch an Zane musste sie denken. Obwohl er ihr einen Korb gegeben hatte, hoffte sie, dass es ihm gut ging. So rückte das Ende der Ferien und somit der erste Schultag immer näher. Am Morgen wurde Mio unverschämt früh von ihrem Wecker aus dem Schlaf gerissen. Träge öffnete sie ihre müden Augen. Am liebsten hätte sie sich noch einmal hingelegt, doch sie wusste, dass sie aufstehen musste. So warf sie ihre Bettdecke beiseite und stand gequält auf. Wieso musste man nur zu solch einer unmenschlichen Zeit aufstehen, um eine Fähre zu bekommen? Sie konnte sich diese Frage einfach nicht erklären. Murrend begab sie sich ins Bad und nahm eine Dusche. Nachdem Mio sich abgetrocknet hatte, zog sie ihre Schuluniform an. Wie ungewohnt es doch war, wieder einer strengen Kleiderordnung zu folgen! Allerdings hoffte sie, dass sie bald in Obelisk Blue sein würde. Das war schließlich ihr neues Ziel im zweiten Schuljahr. Unschlüssig stand Mio vor ihrem Spiegel und überlegte, welche Frisur sie sich machen sollte. Sie entschied sich für einen Seitenzopf, den sie mit einem lila Haargummi befestigte. Danach warf sie einen letzten Blick auf ihr Spiegelbild und betrat wieder ihren Wohnraum, in dem ein fertiger Koffer stand. Noch einmal ging sie alles durch und hoffte, nichts vergessen zu haben. Sie atmete tief durch und trat in den Flur des Hochhauses. Nachdem sie ihre Tür abgeschlossen hatte, zog sie ihren Koffer hinter sich her und begab sich zum Bahnhof. Die Morgenröte zierte den Himmel von Domino City. Mio atmete die frische Spätsommerluft ein. Es war erst Anfang September, aber schon bald würde der Herbst anbrechen. Noch waren wenige Menschen auf den Straßen, doch bald würde ein reger Betrieb in der Großstadt herrschen. Sie genoss die friedliche Ruhe, welche sie auf dem Weg zum Bahnhof begleitete. Sie musste glücklicherweise nicht lange warten, bis ihr Zug kam. Sie stieg ein und starrte die ganze Zeit aus dem Fenster. Langsam stand die Sonne immer höher und das zarte rosa, das den Himmel bedeckte, verschwand. Als der Zug anhielt, schreckte Mio aus ihrem Tagtraum auf. Sie nahm ihren Koffer und stieg aus dem Zug aus. Am Bahnhof erkannte sie ein paar Studenten aus der Duellakademie, die sich von ihrer Familie verabschiedeten. Das Mädchen setzte ihren Weg durch die kleine Stadt fort. Der Geruch des Meeres lag in der Luft. Sie konnte das Salz förmlich auf ihren Lippen spüren. Je näher sie dem Hafen kam, umso aufgeregter wurde sie. Als sie am Horizont eine bekannte Gestalt erkannte, beschleunigten sich ihre Schritte. „Syruuus!!“ Der blauhaarige Junge drehte sich überrascht um. Als er Mio erblickte, erhellte sich seine Miene augenblicklich. „Miooo!“ Er rannte fröhlich auf sie zu. Ohne zu zögern umarmte die Schwarzhaarige ihn leicht, was ihn etwas erröten ließ. „Oh, schön, dich wiederzusehen!“ Syrus strahlte über beide Ohren. Das Mädchen erwiderte sein Lächeln. „Und, wie waren deine Ferien?“, fragte sie neugierig. Der Junge zuckte mit den Schultern. „Och, sie hätten ruhig länger sein können!“ Mio lächelte verlegen. „Meinst du, naja…“ „Wann glaubst du kommt Jaden eigentlich?“, fragte Syrus. „Keine Ahnung, aber wahrscheinlich wird er sich wieder verspäten.“ Der Blauhaarige seufzte. „Na hoffen wir mal, dass er die Fähre bekommt! Denn wie sollen wir das Jahr nur ohne ihn auskommen?“ Mio lachte auf und klopfte Syrus auf die Schulter. „Mach dir mal keine Gedanken. Zur Not kann er ja auch durch das Meer schwimmen, bis zu Insel. Ihm wird das bestimmt nichts ausmachen.“ Syrus‘ Augen wurden groß, ehe er begriff, dass sie den Satz ironisch gemeint hatte. Ihr Freund schüttelte den Kopf. „Mach mir gefälligst nicht so viel Angst“, murmelte er. In der Zwischenzeit kamen immer mehr Studenten an den Hafen. Sie alle warteten, bis die Fähre ankommen würde. Mio sah sich in der Menge um. „Siehst du irgendwo die anderen?“ „Leider nein. Aber bei diesen vielen Schülern kann man sie auch schlecht sehen“, antwortete Syrus. „Na dann müssen wir eben warten. Sonst finden wir sie bestimmt in der Fähre.“ Dabei hoffte Mio, dass sie Alexis nicht während der Fahrt zur Insel treffen würde. Sie war jetzt schon froh, dass sie dank der vielen Leute ihrer Freundin nicht begegnet war. Allerdings würde sie es nicht vermeiden können, wieder Alexis zu sehen. Sie musste sich unbedingt überlegen, wie sie ihr das Treffen mit Jaden erklären sollte. Hoffentlich würde ihre Freundin nichts Falsches denken… „Schau mal, das Schiff!“, riss Syrus sie aus ihren Gedanken. Mio drehte sich um und erblickte am Horizont eine große Fähre, die auf den Hafen zusteuerte. Sie und Syrus warteten, bis die meisten Schüler an ihnen vorbei waren, danach folgten sie den Schülerströmen. Mio blickte noch einmal über ihre Schulter. Sie kniff ihre Augen zusammen und erkannte einen kleinen schwarzen Punkt, der immer näher kam. Als sie ihn erkannte, erhellte sich ihr Gesicht. „Jaden!“ Syrus, der bereits auf die Fähre stieg, hielt inne. Seine Augen wanderten zu einem braunhaarigen Jungen. „Hey, Leute!“, begrüßte der Brünette die beiden. Syrus rannte sofort auf seinen besten Freund zu. „Jaaadeen!“ Der Junge grinste breit. „Hehe, ich habe es gerade noch geschafft! Ich dachte schon, ich bekomme die Fähre nicht mehr.“ Mio lächelte ihn sanft an. „Typisch! Naja, du bist immerhin hier, das zählt. Dann lasst uns mal losgehen.“ Zu dritt nahmen sie ihr Gepäck mit und betraten das pompöse Schiff. Mio staunte immer wieder, wie groß die Fähre doch war und wie viel Geld dort investiert wurde. Die Innenausstattung war nämlich alles andere als billig. Nachdem sie alles verstaut hatten, spazierten die drei Slifer ein wenig durch die Gänge des Schiffes. Als sie um die Ecke bogen, hielt Mio den Atem an. „Hey, Lex!“ Jaden rannte freudestrahlend auf Alexis zu. Ihre Haut war vom Aufenthalt in der Karibik leicht gebräunt. Ihre goldblonden Haare fielen locker über ihre Schultern. Als beide voreinander standen, verharrten sie einen Moment in der Position und wussten nicht recht, ob sie sich umarmen sollten oder nicht. Letztendlich verschränkte Jaden verlegen seine Hände hinter seinem Kopf und lächelte leicht. „Hallo, Jaden“, begrüßte die Blondine ihren Freund. Ihre Wangen schimmerten in einem leichten Rotton. Lange sahen die beiden sich an, ehe Alexis aus ihrer Trance erwacht und Syrus grüßte. Danach sah sie zu Mio, die jedoch plötzlich blass war. Besorgt blickte Alexis sie an. „Mio? Äh, alles okay?“ Jaden drehte sich ebenfalls zu der Schwarzhaarigen um. Ihre Augen trafen sich. Jadens Blick spiegelte Besorgnis wider. Als ob ihm etwas die ganzen restlichen Wochen Kopfzerbrechen bereitet hätte. Mio schluckte, versuchte sich aber dann wieder zu fassen. „K-Keine Sorge, alles in Ordnung, hehe! Ich..Ich bin nur ein wenig seekrank, deshalb… gehe ich mal ans Deck!“ Mit einer flüchtigen Abschiedsgeste machte sie sich davon. Alexis hob eine Augenbraue. „Aber nach draußen geht es doch in die andere Richtung…“ Jaden indessen sah seiner Freundin bedenklich hinterher. Normalerweise hätte er sich nicht viel daraus gemacht, wenn sie sich nicht schon vorher in den Ferien bei der Erwähnung von Alexis‘ Namen so komisch verhalten hätte. Immer mehr hatte er das Gefühl, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Er wusste nur noch nicht genau, was. Doch es hatte anscheinend etwas mit ihm zu tun. Nämlich dass er sich so gut mit Alexis verstand. Er seufzte. Das war zu kompliziert für ihn. Vielleicht konnte er klare Gedanken fassen, wenn er in Ruhe und allein war. Der Junge setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. „Nun, ich geh mal eben in meine Kabine, bis nachher!“ Damit drehte er sich um und ließ die anderen beiden allein. Alexis sah ihm traurig hinterher. Syrus sah zu ihr auffordernd hoch. „Na los! Willst du ihm nicht folgen?“ Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Nein, das wäre sowieso nur Zeitverschwendung. Wahrscheinlich ist er Mio gefolgt…“ Der Blauhaarige runzelte die Stirn. „Aber das hätte er doch gesagt, oder?“ Das Mädchen seufzte. „Ich weiß es nicht, Sy…Nur wie er Mio hinterher gesehen hatte…“ Die Blondhaarige konnte nur hoffen, dass sie es sich eingebildet hatte. Doch den Blick von Jaden sah sie noch zu gut vor ihrem Auge. Es versetzte einen kleinen Stich in ihr Herz. Die Besorgnis um Mio… konnte es sein, dass Jaden…? Das Mädchen vollendete den Gedanken nicht. Zu viel Angst hatte sie vor der Wahrheit. Wie würde dann nur die Freundschaft zu ihr und Jaden sein? Sie wusste es nicht. Die Fähre legte an der Akademie an. Die ganze Zeit hatte Mio in der Kabine gesessen und in die Luft gestarrt. Zu vieles ging ihr durch den Kopf. Es waren einfach zu viele Ereignisse, die sich so schnell hintereinander abgespielt haben. Zuerst der Korb von Zane, der Anruf bei Chazz, der Besuch bei Jaden und dann noch Alexis. Vielleicht sollte Mio es ihr auch besser verheimlichen. Wenn sie es nur erfahren würde.. aber andererseits, wie würde sie reagieren, wenn sie es von einem Dritten erfahren würde? Das Mädchen seufzte auf, holte ihren Koffer und marschierte zum Ausgang. Als sie aus der Fähre trat, atmete das Mädchen den Geruch der frischen Wiesen, Felder und Wälder ein. Die Luft war einfach herrlich im Gegensatz zur Großstadt. Endlich war Mio wieder Zuhause. Sie sah bereits von Weitem die Slifer-Unterkunft. Natürlich fühlte sie sich dort wohl, allerdings hoffte sie, dass sie es bis nach Obelisk Blue schaffen würde. Mio schritt durch einen kleinen Weg, während ihr Blick nach rechts schweifte. Der Leuchtturm. Sofort musste sie an Zane denken. Ob er in Alexis verliebt war? So oft wie er mit ihr Zeit verbracht hatte… Wie sehr wünschte sie sich, dass er noch ein Jahr hier sein würde! Nur hätte sich das Verhältnis zwischen ihnen geändert? Falls Zane immer noch an der Schule wäre, nachdem er ihr einen Korb gegeben hatte, wären sie immer noch Freunde? Zwar hatte er ihr gesagt, dass sie weiter gut befreundet sein würden, nur stimmte das auch? Konnte sie wissen, dass er immer noch so blieb, wie sie ihn in Erinnerung hatte? Sie hatte keine Ahnung.. sie wünschte, sie könnte die Zeit zurückdrehen und somit eine Liebeserklärung ihrerseits verhindern können. Mio seufzte wehmütig. Sie hatte nun ihren Raum erreicht. Die Tür knarrte, als sie geöffnet wurde. Die Schwarzhaarige blickte sich um. Ihr Zimmer war nach wie vor genauso, wie sie es verlassen hatte. Die Studentin schob ihren Koffer in die Ecke und warf sich auf das Bett. Plötzlich merkte sie, wie müde sie war. Der Unterricht hatte noch nicht einmal begonnen und schon war sie erschöpft. Na das konnte ja gut gehen… Nach einer Weile erhob sich das Mädchen und trat hinaus. Es war bereits später Nachmittag. Die meisten Schüler waren damit beschäftigt, ihre Sachen auszupacken. Die neuen Studenten würden aber erst morgen kommen. Wer wohl dort alles sein würde? Gab es dort neue Talente? Kaum zu glauben, dass sie nun im zweiten Schuljahr war und nicht mehr zu den „Neulingen“ gehörte. Sie lehnte sich an das Geländer und sah auf das Meer hinaus. Sie beobachtete das Spiel der Wellen. Auf einmal hörte sie Schritte. „Mio!“ Das Mädchen drehte sich um. „Jaden…“ Der Junge trat auf sie zu und stellte sich neben sie. Sein Blick war auf das Meer gerichtet, dessen blaue Farbe im Sonnenlicht schimmerte. „Alles klar bei dir?“ Die Angesprochene fuhr perplex auf. „Hä, wie? Äh, achso, n-natürlich…“ Warum hatte sie immer nur ein schlechtes Gewissen, sobald sie in Jadens Nähe war? Wieso nur? „Freust du dich auch schon auf die neuen Schüler?“, wechselte der Brünette das Thema. Mio nickte abwesend. „Natürlich…“ Schweigend standen die beiden nebeneinander. Bis sich Mio erschrocken umdrehte, als direkt hinter den beiden eine allzu bekannte Person stand. „Oh, hey, Alexis…“, sagte Jaden, nachdem ein Schweigen geherrscht hatte. Mio wurde schlecht, als sie Alexis‘ Blick sah. Er war eine Mischung aus Trauer und Schmerz. Doch sie konnte ihre Emotionen so verbergen, dass es Jaden nicht bemerkte. Dieser lächelte Alexis breit an. „Na schon mit Auspacken fertig, Lex?“ Die Blondine nickte zögernd. Sie biss sich auf die Lippe, um Ruhe zu bewahren. „Ja, das bin ich, Jaden. Aber dabei fällt mir ein, dass ich noch mal kurz zurück muss.“ Ohne Mio eines Blickes zu würdigen, rauschte sie davon. Die Schwarzhaarige unterdrückte eine Träne. So kalt und abwesend war Alexis noch nie zu ihr gewesen. Ihr Blick versetzte ihr einen Stich in den Magen. Wieso musste Mio auch alles falsch machen? Sie schüttelte den Kopf und ging zurück in ihr Zimmer, ohne sich von Jaden zu verabschieden. Demzufolge stieg seine Sorge um Mio an. Immer mehr kam er zum Schluss, dass seine Vermutung richtig war. Nur wie sollte er damit umgehen? -------------------------------------------------- Ziemlich kompliziert, was? Was wird dann noch, wenn Chazz dazu kommt? Kapitel 22: Reaktion aus Trotz ------------------------------ So, da bin ich wieder mit einem neuen Kapitel :) Irgendwie war es hart, es zu schreiben, weil ich so viele Ideen hatte und ich überlegen musste, wann folgende Dialoge etc. einsetzen sollten. Auch bedanke ich mich an meine treuen Reviewschreiber!!! @Kacon: Vielen, vielen Dank für das Kompliment!! Ich bin froh, dass es dir gefällt! Wie gesagt, erst durch deinen Kommentar ist mir bewusst geworden, dass man aus der Story noch eine Beziehungskiste herausholen kann ;) @hien_aragami: Danke^^Das stimmt, dass so gut wie jeder alles falsch versteht. Und bis es noch eine Auflösung gibt, wird es anscheinend etwas dauern. Vor allem ist DAS nicht das einzige Problem. @-VENTUS-, fahnm, Bunny94: Ich hoffe, euch gefällt das neue Kapitel ;) ----------------------------------------------------------------------------- Am nächsten Morgen erwachte Mio durch die Sonnenstrahlen, welche hell in ihr Zimmer schienen. Es war Sonntag. Müde gähnte sie und streckte ihre Arme. Die ganze Nacht hatte sie wach gelegen und über Alexis nachgedacht. Dass sich diese sonst so liebe Person so abwesend zu ihr war, konnte nur eins bedeuten: Alexis war eifersüchtig auf sie. Nur warum? Sie hatte doch nur mit Jaden am Geländer gestanden und sich unterhalten! Das sah kaum nach einem Liebespaar aus, oder? Außerdem musste Alexis wissen, dass Mio vorher in Zane verliebt war! Gestern war sie noch von Alexis‘ Verhalten geschockt und enttäuscht gewesen, aber heute spürte sie nur noch Wut und sich unverstanden. Wie konnte ihre Freundin nur so von ihr denken? Mio gab ja zu, dass sie Alexis nichts vom Besuch bei Jaden erzählt hatte, aber das konnte die Blondine noch gar nicht wissen. Und bloß weil beide am Meer gestanden haben, bedeutete das nichts, oder? Schließlich war gerade SIE mit Zane jeden Abend am Leuchtturm. Also bitte! Mio erhob sich von ihrem Bett und machte sich fertig. Gerade als sie hinunter zum Frühstück gehen wollte, kam Syrus auf sie zugerannt. „Mio, Mio! Es ist..!“ Das Mädchen blieb abrupt stehen. „Was ist los, Sy? Brennt es irgendwo? Hat sich jemand verletzt? Ist Crowler ins Meer gefallen?“ Der Blauhaarige schüttelte den Kopf. „Nein, nein! Jaden, er…er duelliert sich mit einem Neuling!!“ Mios Augen weiteten sich schlagartig. „Was, ehrlich? Wie kommt der neue Student denn dazu, Jaden herauszufordern?“ Syrus machte eine Geste und führte Mio zur Klippe. Dort wartete bereits Miss Dorothy. Als Mio hinunter schaute, erblickte sie zwei Duellanten, die sich gegenüber standen. Der eine war niemand anderes als Jaden, der andere war der Neue. Er hatte silberne, längere Haare, die ihm ins Gesicht fielen, und azurblaue Augen, die sie an ihre eigenen erinnerten. Zu ihrer Verwunderung trug er keine Schuluniform, sondern einen weißen Anzug mit einer Krawatte. „Sag mal, ist der zu fein, um Schuluniform zu tragen oder wie?“, murmelte sie. „Also duelliert sich Jaden mit einem Neuling?“, ertönte hinter ihnen eine Stimme. Die drei drehten sich überrascht um. Mios Herz setzte für einen Schlag aus. Geschockt weiteten sich ihre Augen. Alexis…. Und Chazz?! Schlimmer konnte es nicht kommen! Gerade zwei Personen, denen sie am liebsten aus dem Weg gehen wollte! Jedoch… was machte Alexis mit Chazz? Wieso waren die beiden zusammen? Normalerweise war Alexis noch nie mit ihm alleine. Als Chazz‘ Blick zu ihr hin wanderte, drehte sich das Mädchen ruckartig um. So schnell, dass sie nicht in der Lage war, in seinen Augen abzulesen, was er fühlte. Mio spürte plötzlich einen inneren Drang, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Doch der vernünftige Teil in ihr sagte, dass das einfach nur lächerlich sei, vor der Situation wegzulaufen, besonders vor Chazz. Also versuchte Mio, sich auf das Duell von Jaden und dem neuen Unbekannten zu konzentrieren. Dabei wandte sie sich kein einziges Mal um. Sie musste jetzt ruhig bleiben und durfte nicht aus der Fassung geraten. Besonders, da Alexis ebenfalls anwesend war. Hinter ihr unterhielten sich die anderen über Jaden und den neuen Studenten. Nur letztendlich war sie mit den Gedanken ganz woanders, sodass sie das Duell nur halbherzig verfolgte. Bis auf einmal ein Handy klingelte. Sie sah erschrocken auf. Der Neuling entschuldigte sich kurz und hob ab. Die anderen schüttelten den Kopf. Was war das denn für ein Duellant, der während eines wichtigen Duells an sein Handy ging? Mio empfing dies mit überhaupt keinem Verständnis. „Ja? Ja, ich duelliere mich wie abgemacht mit ihm.“ Der Junge sah zuerst Jaden, danach hinauf zur Klippe. Kam es Mio so vor oder war sein Blick auf sie gerichtet? Sie hatte das Gefühl, als ob seine blauen Augen sie durchbohren würden. Hastig blickte sie zur Seite. Ein kalter Schauer fuhr über ihren Rücken. Dieser Blick… er verunsicherte sie. Mio war so tief in Gedanken versunken, dass sie nicht bemerkte, dass das Duell vorbei war. Der seltsame Junge ging den Weg zur Klippe hinauf und verabschiedete sich mit einer Geste. Die Schwarzhaarige sah ihm mit gerunzelter Stirn hinterher. „Na, wie fandet ihr ihn?“ Jaden kam zu seinen Freunden. „Er war schon gut, oder?“ „Aber du hast ihn schon hart rangenommen!“, kommentierte Alexis. „Ah!“, rief Syrus plötzlich. Mio, die nur gleichgültig zugehört hatte, zuckte zusammen. Der Blauhaarige bückte sich vor seinen Rucksack und suchte nach etwas. Aufgeregt zeigte er seinen Freunden ein Duellmagazin. „Ich wusste es!! E-es…der Junge, es ist Aster Phoenix!!“ „Was?!“, rief Mio, die nun zum ersten Mal etwas sagte. Alle Blicke waren auf sie gerichtet. „Hm..“, überlegte Jaden, „stimmt, er meinte, dass sein Name Aster sei.“ Alexis‘ Augen weiteten sich. „Ehrlich?! Aster Phoenix ist der weltbeste Duellant in der Pro-Liga!“ Auch Chazz stutzte. „Das kann nicht sein! Aber…“, sein Blick wanderte auf das Bild des Magazins, „er sieht wirklich wie der Junge auf dem Bild aus!“ „Trotzdem, als Pro hätte er aber schon ein besseres Deck benutzen können!“ „Nun, Jaden“, meldete sich Miss Dorothy zu Wort. „Das Deck, das er benutzt hat, nun… er hat es sich heute Morgen aus restlich verbliebenen Booster-Packs gebaut.“ Jaden sah sie perplex an. „Was? Dann hatte ich ein knappes Duell bei solch einem Deck!?“ Der Brünette seufzte. „Oh Mann!“ „Tja, Jaden“, sagte Syrus aufmunternd. „So ein Idiot“, murmelte Chazz. Jaden fasste sich wieder. „Ach was! Demnächst werde ich eine Revanche haben! Und zwar mit seinem echten Deck!“ Er grinste. „Yay, darauf freu ich mich schon!“ Kurz darauf knurrte sein Magen. „Hehe, duellieren macht hungrig! Kommt, Zeit zu essen!“ Er machte eine Geste zum Slifer Red Haus, die anderen folgten ihm. Auch Mio hatte vor, sich auf den Weg zu machen. „He, Mio!“ Das Mädchen zuckte zusammen und blieb stehen. Chazz. Ihre Gedanken drehten sich. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sofort hatte sie den Tag vor Augen, an dem sie ihn angerufen hatte. Ein fataler Fehler, den sie sich jetzt immer noch nicht verzeihen konnte. Sie wendete sich von ihm ab, sodass ihr Blick auf das Meer fiel. Sie kaute auf ihrer Unterlippe. „Na, wieder von deiner tollen und teuren Kreuzfahrt zurück?“, fragte sie kühl. Chazz hob eine Augenbraue. „Nun…“, er machte eine Pause, „Naja, was ist mit dir?“ Mio schnaubte abfällig. „Das wirst du doch wohl am besten wissen, oder, Chazz?“, zischte sie zickig. Das war ihr eindeutig zu viel. Chazz überging jedoch ihre spitze Bemerkung. „Ich wollte eigentlich eher wissen, wie du die Sache mit…Za- du weißt schon, wen ich meine, verkraftet hast.“ Mio sah ihn überrascht an. Danach senkte sie ihren Kopf. Na wie wohl? Jedenfalls alles andere als gut! Doch sie sprach ihre Gedanken nicht aus. Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Naja, ich denke, ich bin drüber hinweg gekommen.“ „Wenn du meinst… du klangst nur so niedergeschlagen, deshalb…“ Er kratzte sich verlegen am Kopf. Mio winkte ab. „Ach, schon okay! Ich krieg das schon hin!“ Chazz nickte. „Na dann“, er wandte sich um und folgte Alexis. Mio sah ihm hinterher und seufzte. Sie wusste nicht, ob sie froh oder traurig sein sollte, dass er nicht weiter nachgefragt hatte. Vielleicht war es auch besser so. Sie beschloss, ebenfalls in die Cafeteria zu gehen. Am Essenstisch herrschte eine angespannte Atmosphäre. Besonders zwischen ihr und Alexis. Mio schüttelte immer noch den Kopf darüber, dass sie mit Chazz zusammen rumhing. Sie kamen zwar miteinander aus, allerdings hatte Alexis ihr immer erzählt, dass Chazz mit seinen Gefühlen ihr gegenüber nervte. Alexis‘ Reaktion war ja sowas von kindisch. Wollte sie Jaden etwa eifersüchtig machen? Nein, der würde das sicher nicht bemerken. Mio hielt plötzlich inne. Wollte sie etwa…? Nein, das konnte nicht sein. Ihr Blick wanderte zu den beiden hinüber. Alexis unterhielt sich fröhlich mit Chazz. An seinem Gesichtsausdruck konnte man ablesen, dass er leicht überrascht war, sich aber dennoch freute. Mio presste fest ihre Lippen aufeinander. Ihr Griff um ihre Essensstäbchen wurde so fest, dass ihre weißen Fingerknöchel hervor traten. So eine….! Sie fand kein passendes Wort. Augenblicklich war ihr der Appetit vergangen. Jaden, der neben ihr saß, blickte auf und deutete auf ihr Essen. „Huch, willst du nichts mehr essen?“ Sie fuhr auf und sah den Brünetten lange an, ehe sie den Kopf langsam schüttelte. Jaden hob eine Augenbraue. „Komisch, wobei das Essen doch tausendmal besser schmeckt als das, was wir bei mir – AUTSCH!“ Jaden schrie auf, als Mio ihm gegen sein Schienbein trat. Alle Blicke der anderen lagen auf ihnen. Mio rann eine Schweißperle über das Gesicht und setzte ein falsches Lächeln auf. „Ehehe… nichts passiert!“ Syrus sah die beiden noch kurz an, bis er sich wieder seinem Essen zuwendete. Erleichtert atmete Mio durch. Das war knapp! „He, was sollte das?“, flüsterte ihr Jaden zu. Sie zuckte lediglich mit den Schultern und erhob sich vom Tisch. „Bin dann schlafen“, verabschiedete sie sich knapp tonlos. Sie warf Alexis noch einen kühlen Blick zu, ehe sie nach draußen trat. Sie atmete tief durch und sog den Duft der frischen Luft ein. Hoffentlich würde Jaden nicht noch einmal in Gegenwart von Alexis und den anderen darüber sprechen! Sie durfte es einfach nicht erfahren. Und Mio musste versuchen, das mit allen Mitteln zu verhindern. Sie war sich sicher, dass es schon irgendwie funktionieren würde. Ihr Blick wanderte zum Hafen, an dem eine große Fähre anlegte. Heute kamen die neuen Studenten an der Duellakademie an. Wie sie wohl waren? Mio wusste es nicht. Doch innerlich freute sie sich bereits auf neue Herausforderungen. Diese begannen bereits am nächsten Tag. Es stellte sich heraus, dass Chazz sich gegen einen neuen Schüler duellieren sollte. Mio saß bereits in der ersten Reihe mit verschränkten Armen, als Jaden und Syrus mit, zu ihrem Missfallen, Alexis kamen. Mio begrüßte alle außer Alexis, was den anderen nicht entgangen war, und Syrus nahm neben ihr Platz. Die Stimme von dem neuen Vize-Schulleiter ertönte. „Nun, darf ich euch den adversaire vorstellen!“ Sofort erkannte Mio den französischen Dialekt, den Bonaparte sprach. Syrus neben ihr seufzte. „Warum spricht der denn auf einmal Französisch?“ Mio kicherte. „Wieso, das hört sich doch lustig an!“ Der Vize-Schulleiter war ihr ab dem ersten Moment sympathisch. „Er ist der Eliteschüler, der die Mittelschule abgeschlossen hat! ...Gokaidou Houzan!!“ Das Publikum brach in Jubel aus. Offenbar war der Junge sehr beliebt. „Hm, also ein neuer Schüler kommt direkt von der Mittelschule auf die Duellakademie und ist im ersten Jahr in Obelisk Blue?“, hakte Jaden nach. Syrus nickte. „Ja, er ist genauso wie Chazz vor einem Jahr war.“ Mio hob eine Augenbraue. „Wie Chazz vor einem Jahr?“ „Weißt du, dass er mal in Obelisk Blue war?“ Das Mädchen bejahte. Sie erinnerte sich an seine Obelisk Blue Uniform, die an seiner Zimmerwand hing. Da er auch in einer reichen Familie aufwuchs, war es offensichtlich, dass er auf die Mittelschule gehen konnte. „Jedenfalls“, setzte Syrus fort, „war er damals wirklich arrogant und behandelte jeden wie Dreck. Bis Jaden ihn besiegt hatte. Danach ist der zur Nordakademie gegangen und kam danach wieder hierher zurück, wie du sicher weißt.“ Mio runzelte die Stirn. Arrogant? Er war doch jetzt schon arrogant, oder? Sie konnte es sich schlimmer kaum vorstellen. Wobei…was meinte Syrus? Dass er andere wie Dreck behandelte? Na das tat er immer noch. Naja, bis auf ein paar Ausnahmen, wie bei der Sache mit Fujisawa. Mio seufzte innerlich. Chazz hatte einen sehr undurchsichtigen Charakter. Nie wusste sie, was er tat. Alle seine Entscheidungen waren so unberechenbar und plötzlich. Nur manchmal zeigte er seine guten Seiten, die es sowieso schon in Minderheit gab. „Nun, dann werden wir das Duell beginnen, indem Monsieur Gokaidou, unser nouveau Student, den ersten Zug macht!“ Der Junge zeigte auf Chazz. „Es ist wirklich hart zu glauben, dass jemand wie du, welcher der Beste der Mittelschule war, zu Slifer Red degradiert wurde! Da muss wohl ein Fehler in der Akademie gewesen sein!“ „Es war nicht so, dass ich degradiert wurde“, erwiderte Manjoume ruhig. „Wenn dieser blöde Jaden nicht auf meine Ebene kam, damit ich ihn besiegen konnte, musste ich eben selbst nach Slifer Red. Ich bin auf eigene Faust dorthin gegangen!!“ „W-was redet er denn da?“, fragte sich Jaden verblüfft. „Dann sollte er doch kein Duell haben, wo er nach Obelisk Blue kommt!“, meinte Syrus. „Nun, jedenfalls habe ich langsam keine Lust mehr, das fortzusetzen“, erklärte Chazz. Er deutete nun auf seinen Gegner. „Ich werde dich besiegen UND zurück nach Obelisk Blue gehen!“ Das Duell begann. Mio dachte über seine Worte nach. Also hatte Chazz ebenfalls vor, Slifer Red zu verlassen… und nun hatte er die Gelegenheit dazu, sogar noch vor ihr. Da sie sich sicher war, dass er das Duell ohne Umschweife gewinnen würde, wäre er nicht mehr länger in der Unterkunft. Sondern zurück in Obelisk Blue. Und was war mit ihr? Wann würde sie es schaffen, weiterzukommen? Wann? Diese Frage beschäftigte sie die ganze Zeit. Hatte sie jemals die Chance dazu? War sie überhaupt in der Lage, es zu schaffen? Sie schüttelte den Kopf und versuchte, sich auf das Duell zu konzentrieren. Inzwischen hatte Chazz wieder seine drei Ojamas auf dem Feld, die zuvor von Ben Kei zerstört wurden. „Ha, die Akademie hatte recht! Du gehörst wirklich zu Slifer Red! Vor allem, dass du solche Schrottkarten benutzt!“ „Schrott?“ „Ich habe von Slifer Red gehört“, sagte der Junge, „und es ist die schlimmste Unterkunft, die es hier gibt! Und alle Duellanten sind Müll!!“ Mio hatte alle Mühe, sich zurückzuhalten. Am liebsten wäre sie auf diesen Spinner zugerannt, um ihn eine gewaltige Lektion zu verpassen. Doch es war Chazz‘ Duell. „Es stimmt, dass Slifer Red die schlechteste Unterkunft ist und alle Duellanten Müll sind!“Er machte eine kurze Pause. „Aber ich habe sie alle eins gelehrt: Wir sind die Verlierer der Verlierer!“ Das Mädchen stutzte. „Äh.. okay?“, dachte sie laut. Was meinte Chazz damit? Auch Jaden und Syrus wurden wütend. „Was soll das denn bitte??“, sagte Syrus. Chazz setzte seinen Zug fort, indem er Fusion spielte und den Ojama-König beschwor. Diesen verwandelte er kurz danach in Mecha-Ojama König. Durch seine Hilfe konnte er insgesamt vier weitere kleine gelbe Metall-Ojama-Spielmarken beschwören, wodurch er die Lebenspunkte seines Gegners auf null senken konnte. „Siehst du? Das letzte Jahr war nicht umsonst!“, sagte Chazz. „Du bist niemals in der Lage, mit mir gleich zu sein, selbst in tausend Jahren nicht! Du magst der beste der Mittelschule gewesen sein, aber du bist weit unter dem Niveau eines Slifer Reds! Schau gefälligst nicht auf Slifer Red oder Müll-Karten hinab!!“ Mios Augen weiteten sich bei seinen Worten. War das wirklich Chazz? Chazz Princeton? Er setzte sich doch tatsächlich für Slifer Red ein! Und das vor solch einer Menge! „Ich bin…“, er hielt seinen Zeigefinger hoch, „Ichi!“ Die anderen riefen: „Jyu!“ Alexis, Jaden und Syrus machten ebenfalls mit. Mio beobachtete verwirrt das Spektakel. „Hyaku! Sen!“ „THUNDER! THUNDER!!“ Das Publikum jubelte laut und feuerte ihn an. Ungläubig blickte sich Mio in der Duellarena um. Chazz war wirklich beliebt! Wie er die Zuschauer mit so einem Spruch in seinen Bann ziehen konnte! Das Mädchen lächelte leicht. Der Name passte zu ihm. „Thunder“, flüsterte sie leise, sodass es keiner hören konnte. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie alle Slifer Red Schüler auf Chazz zu rannten und ihn in die Luft warfen. Das Mädchen lief ebenfalls zum Duellpodium und sah den Schwarzhaarigen aufrichtig an, nachdem dieser mehr schlecht als recht auf dem Boden landete. Sein Blick wanderte kurz zu ihr. Sie trat mit ihren Händen am Rücken verschränkt auf ihn zu und grinste. „Ich hätte jetzt nicht gedacht, dass du Slifer Red so gern magst, Chazz!“ Der Junge schüttelte energisch den Kopf. „Verdammt noch mal!! Ihr liegt falsch!“ Crowler und Bonaparte traten auf Chazz zu. „Nun, du magst anscheinend Slifer Red sehr… es wäre wohl schade, wenn du die anderen verlassen müsstest!“ Seine Augen weiteten sich geschockt. Crowler wandte sich an das Publikum. „Chazz Princeton hat soeben beschlossen, doch in Slifer Red zu bleiben!!“ Die Schüler brachen in Jubel aus. „Aaah, nein, ihr liegt falsch!! Ich sagte FALSCH!!“ Doch niemand hörte ihm weiter zu, sondern applaudierte ihm. Mio lachte auf. „Hehe, schau doch mal, wie sie dich mögen!“ Der Junge grummelte mürrisch unverständliche Wörter vor sich hin. Nach dem Duell machten sich alle auf dem Weg nach draußen. Mio, die ganz hinten lief, starrte geradeaus und war tief in ihren Gedanken versunken. Alexis lief etwas abseits von den anderen. Bis sie plötzlich vor Mio stehen blieb. Abrupt hielt die Schwarzhaarige inne. Die anderen bemerkten nicht, dass die beiden im Gang stehen blieben, sondern setzten ihren Weg fort, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Es herrschte Schweigen, welches von Alexis durchbrochen wurde. „Vielleicht…sollte ich Chazz doch eine Chance geben.“ Mio erstarrte. Schlagartig war sie hellwach. „W-was?“, hauchte sie mit zittriger Stimme. Sie hoffte, sich verhört zu haben. „D-das ist doch nicht dein Ernst, oder?“ Die Blondhaarige drehte sich zu ihr um. Ihre bernsteinfarbenen Augen musterten Mio eindringlich. Mio ballte ihre Hand zu einer Faust. „Sag mal bist du vollkommen Irre geworden?!!?“, brüllte sie. Alexis sah sie kurz an, ehe sich ihr Blick verfinsterte. „Wieso?“, zischte sie scharf. „Bist du nicht mit Jaden zufrieden??“ Mio schüttelte kräftig den Kopf. „Was soll das denn?! Was meinst du damit?!“ Alexis‘ Blick wurde kühl. „Das weißt du ganz genau!!“, fauchte sie. „Er interessiert sich nur für dich! Die ganze Zeit redet er nur von dir! Die ganze Zeit DENKT er an dich!! Ich bin ihm egal!! Und wenn ich dich dann noch mit ihm sehe…“ Ihre Hand zitterte vor Wut. „…Dann will ich lieber mit jemandem zusammen sein, der mich liebt. Geliebt zu sein ist schöner, als ignoriert zu werden.“ Sie drehte sich auf dem Absatz um und stürmte davon. Mio konnte nicht klar denken. Das Einzige, was sie spürte, war ihren Zorn. „SAG MAL HAST DU SIE ALLE??!!“, schrie sie ihr hinterher. „HE, ICH REDE MIT DIR!!“ Ein letztes Mal wandte sich Alexis ihr zu. „HALT DIE KLAPPE!!! DU VERSTEHST NICHTS!!“, brüllte Alexis zurück. In ihren Augen war nichts als Hass zu sehen. Sie eilte nach draußen. Kraftlos sank Mio auf ihre Knie. Ihr gesamter Körper zitterte. Ihr Herz pochte laut gegen ihre Brust. Sie spürte einen unbändigen Hass auf Alexis. Wobei sie das Gefühl hatte, dass Chazz damit mehr zu tun hatte, als sie jemals zugeben wollte. Kapitel 23: C'est la catastrophe -------------------------------- Hallo ihr Lieben!! Ja, es gibt mich und natürlich meine Geschichte auch noch^^" Es tut mir wirklich leid, dass ich lange nichts mehr geuploadet habe... nur manchmal hat man zu viel Ideen oder es fehlt einem der Elan. @Kacon: Vielen Dank :) Ja, also irgendwie bin ich auch froh, dass alles eingebaut zu haben^^ Sonst wär es wirklich zu langweilig geworden.. wie sich das alles so ergibt^^ Und Chazz steht eben mitten in einem Zickenkrieg, Jaden natürlich auch xD @fahnm: Ja, unseren lieben Aster gibt es natürlich auch noch... und Sartorius^^ @Bunny 94: Oh ja, ganz schöner Zickenkrieg, was? Ob die beiden sich wohl vertragen werden? So, und jetzt viel Spaß :) --------------------------------------------------------------- Mio atmete auf, als es klingelte. Schnell packte sie ihre Sachen zusammen und mischte sich unter die Schülermenge. Als sie aus dem Fenster des Gangs schaute, verdüsterte sich ihre ohnehin schon schlechte Laune. Draußen türmten sich graue Wolken am Himmel. Man konnte den Wind pfeifen hören. Er fuhr durch das Blätterwerk der Bäume. Mio seufzte und legte ihre Hand auf die kühle Glasscheibe. Die letzten Tage waren unerträglich für sie gewesen. Sie würdigte Alexis keines Blickes mehr. Zwischen ihnen herrschte eisige Stille. Auch den anderen war es an dem Tag ihres Streits aufgefallen, dass sie sich regelrecht aus dem Weg gingen. Allerdings hatte sich noch keiner getraut, eine von den beiden anzusprechen. ,Also ich werde auf keinen Fall angekrochen kommen', dachte sich Mio grimmig. Sie hatte kein Verständnis für das, was Alexis tat. Es war einfach nur lächerlich. Wie konnte sie Chazz nur so ausnutzen und ihm das alles vorspielen? So eine falsche Schlange. Und sie hatte geglaubt, Alexis als „Freundin“ zu bezeichnen? Die Schwarzhaarige schüttelte verärgert den Kopf. Sie hatte sich wohl gewaltig in ihr geirrt. Sie nahm sich vor, kein weiteres Wort mit diesem falschen Stück zu wechseln. Und dann beschuldigte sie Mio noch, dass sie ein Verhältnis mit Jaden hatte! Also wirklich! Unbewusst verkrampfte sich Mios Hand. Als ob sie so etwas tun würde! Wer weiß, vielleicht hatte Alexis sie mit Zane damals angelogen? War sie damals vielleicht mit ihm zusammen gewesen? Mio wusste nicht, was sie glauben sollte. Doch mittlerweile kam sie mit Zanes Abfuhr zurecht. Sie hatte es akzeptieren müssen, dass er nichts für sie empfand. ,Aber wieso bin ich ein wenig erleichtert darüber? Wieso habe ich das Gefühl, dass es so richtig war?' Das Mädchen war sich unsicher. Immer wieder kam dieser Gedanke auf. Zurecht? Eine Stimme ließ sie auffahren. „Hey, Mio!“ Erschrocken drehte sich das schwarzhaarige Mädchen um. Sie versuchte, ein Lächeln zustande zu bringen, was ihr allerdings misslang. „Oh. Ah..Hey…Jaden.“ Der Brünette lächelte. „Was machst du hier so alleine? Hast du nicht Lust, da jetzt Unterrichtsschluss ist, draußen ein wenig mit mir und Sy rumzuhängen?“ Sie runzelte Stirn. Wirklich Lust hatte sie nicht, aber sie wusste, dass Jaden sie so oder so dazu überreden würde. ,Hoffen wir mal, dass Alexis nicht dabei ist. Ansonsten werde ich sofort wieder gehen.' Mio nickte zögerlich. „Meinetwegen“, murmelte sie. Der Wind fuhr durch ihr schwarzes, schulterlanges Haar. Immer wieder versuchte Mio ihre Strähnen aus dem Gesicht zu schieben. Obwohl sie eine Jacke anhatte, fror sie. Sie hätte sich besser einen Schal mitnehmen sollen. „Sag mal, hast du das schon mit der Slifer Red Unterkunft gehört?“ Mio blieb verwundert stehen. „Nein, was denn?“ Jaden kratzte sich am Kopf. „Naja, Syrus hat mitbekommen, dass Crowler und Bonaparte planen, sie… abzureißen.“ Wider erwarten blieb Mio völlig ruhig. „Soso… sie planen, das abzureißen?“ Der Brünette nickte. „Na wer weiß… die reden doch viel, wenn der Tag lang ist, oder?“ „Naja, aber was ist, wenn das wahr ist?“ „Hm, keine Ahnung, wie werden schon sehen.“ Sie setzten ihren Gang fort und verfielen ins Schweigen. Mio merkte nicht, wie Jaden sie von der Seite aus vorsichtig beobachtete. Seine rehbraunen Augen leuchteten nachdenklich. Auf einmal stieß Jaden Mio leicht von der Seite an. „He, schau mal!“ Er deutete mit dem Zeigefinger nach vorne. Das Mädchen hob eine Augenbraue. „Ach nein! Wenn das nicht Hassleberry ist!“ Sie beobachteten, wie ein muskulöser, dunkelhäutiger Ra Yellow Student auf die beiden zukam. „Hallo, Soldaten!“, grüßte er die beiden breit grinsend. Mio hob steif ihre Hand. „Äh..hallo!“ Sie war immer noch begeistert davon gewesen, dass er vorher andere Studenten tyrannisiert hatte und nun mit Jaden beste Freunde sein wollte. Besonders freundlich fand sie ihn auch nicht, schließlich war er einfach in Jaden, Syrus und sogar Chazz‘ –welcher die halbe Sliferred-Unterkunft umbauen ließ und Mio ihm ganz bestimmt keinen Platz zum Schlafen anbieten wollte, was sie sich jedenfalls eingeredet hatte – Zimmer hineinspaziert und hatte vor dort zu wohnen. Seitdem war Hassleberry die meiste Zeit mit Jaden und Syrus zu sehen. „Hi, Hassleberry! Alles klar?“ Der Student nickte. „Du weißt gar nicht, wie hart ich an mir arbeite!! Komm, lass uns zur Unterkunft gehen!“ Jaden hob die Schultern. „Warum nicht? Kommst du auch, Mio?“ „Äh, klar!“ Zu dritt machten sie sich zum Schlafsaal auf. Dort wartete bereits Syrus. Sein Gesicht erhellte sich kurz, doch als er Hassleberry erblickte, verfinsterte es sich schlagartig. „DU schon wieder!“, fauchte Syrus. „WAS? Hast du irgendein Problem?!“ „Ob ich ein Problem habe? Ja, es steht direkt vor mir! Verschwinde hier gefälligst! Du bist ein Ra Yellow! Das ist UNSER RAUM!!“ „Nein! Ich bin hier bei Jaden und will von ihm lernen!“ „Was, das…“ „Hey, hey, Leute, beruhigt euch mal!“ Mio schmunzelte. Wenigstens war sie nicht die Einzige, die ein Problem mit einer Person hatte. „Meine Güte, wie ihr euch anstellt!“ Syrus zuckte schlagartig zusammen. Sie drehten sich in Richtung Türe um. Lässig am Türrahmen gelehnt stand ein schwarzhaariger Junge. „Huch, äh, Chazz?“, fragte Mio verwundert. „Was machst du hier?“, erkundigte sich Syrus neugierig. Chazz grinste. „Nun, ich darf euch verkünden, dass die Princeton-Räumlichkeiten fertig gebaut wurden. Sie sind einfach perfekt, es gibt sogar eine heiße Quelle.“ Mio kam neugierig näher. „Ehrlich?“ „Cool, zeig es uns!“, meinte Jaden aufgeregt. „Nun“, er wandte sich um, „dann ko….. Alexis?“ Mio schrak unwillkürlich zusammen. Das durfte doch nicht wahr sein! Was machte sie hier? Dieses Mädchen sollte bloß nicht näher kommen! „Hey, Lex!“, grüßte Jaden. Plötzlich fiel der Blick der anderen auf ihre Tasche. „Lex, was…?“ Das Mädchen holte tief Luft. „Ich habe die Obelisk Blue Unterkunft verlassen.“ „Waaaas?“, stießen die anderen überrascht aus. Mio ließ sich stattdessen ihre Verwunderung nicht anmerken. „Kann ich deshalb bei euch bleiben?“ „Äh, klar doch!“, versicherte Jaden. „Äh….“ Sein Blick wanderte vorsichtig zu Mio. „WAS?“, zischte sie. Mio warf Jaden einen tödlichen Blick zu. ‚Wag es ja nicht‘, drohte sie in ihren Gedanken. „Öhem, naja, ich dachte…“ Seine Augen schauten zu Alexis, die verlegen zur Seite sah. Die anderen schauten zwischen ihr und Mio hin und her. Es herrschte ein verlegenes Schweigen. „Ich…also…“ Bei den nächsten Worten hatte Mio gehofft, sich verhört zu haben. „Wieso kommst du nicht zu mir, Alexis?“, schlug Chazz lächelnd vor. „Ich meine, da ich jetzt riesige Räume zum Wohnen habe…“ ,Das kann doch nicht dein Ernst sein!!', schrie Mio innerlich. Ihre Hand zitterte. Alexis bekam große Augen. „Wirklich? Darf ich?“ „Ja,klar! Kommt, ich zeige sie euch“, meinte Chazz stolz. Mio fühlte sich leer. Sie merkte nicht, wie die anderen den Raum verließen. Ihr Körper folgte ihnen automatisch, obwohl sie am liebsten sich in ihrem Zimmer eingeschlossen hätte. Sie bekam kaum mit, wie Chazz seine Räume zeigte. „Also, ich kann echt hier wohnen?“, vergewisserte sich Alexis. „Naja, Lex, du kannst auch….“, begann Jaden verlegen, seine Wangen wurde ein wenig rot „du musst nicht unbedingt zu Chazz, wir können auch…“ „Ja, natürlich, Alexis!“, unterbrach Chazz ihn hastig. „Meine Güte!!“, zischte Mio. Erst jetzt hatte sie sich wieder gefasst. Sie spürte keine Leere mehr. Sie fühlte nichts. Außer Wut. „Also wenn ihr nichts Besseres zu tun habt, kann ich auch gerne gehen!!“ Damit rannte sie wütend aus dem Raum heraus. „Unglaublich!!“ Das Mädchen trat wütend gegen ihre Zimmerwand. „Dieses Miststück!! Und dummer Chazz!!“ Sie war fühlte sich so aufgewühlt! Sie hatte keine Kontrolle mehr über ihre Gefühle. Zuerst war es Trauer, dann nahm der Zorn überhand. Es war schrecklich. Immer wieder traten Chazz und Alexis vor ihren Augen auf. Wieso akzeptierte Alexis nicht, dass es dumm war, sich auf Chazz einzulassen? Sie würde ihn nur verletzen. Und auch Jaden. Ob der Brünette es merkte oder nicht, aber sie sah seinem Blick, als Chazz Alexis vorgeschlagen hatte, bei ihm zu wohnen. Vielleicht war es wirklich nur unbewusst, aber wer konnte das schon wissen, was in seinem Kopf vorging? Mio stieß einen tiefen Seufzer aus. Es bereitete ihr Kopfschmerzen. Ihr Blick schweifte zu ihrem Fenster, das die Sicht auf das Meer frei gab. Sie beobachtete, wie einige Vögel ihre Flügel ausbreiteten und davonflogen. Wenn sie doch auch nur so frei wäre… Mio ließ sich erschöpft auf ihrem Bett nieder und legte ihren Kopf in den Nacken. Sie fühlte sich so eingeengt, eingeschlossen, gefangen. Ob jemals alles wie früher werden würde? Mio erinnerte sich, wie sie letztes Schuljahr zusammen mit Alexis und ein paar Freundinnen nach dem Unterricht Eis essen war. Sie waren alle so unbeschwert und hatten gelacht. Über einfache Themen wie Stars oder Filme hatten sie geredet. Die Zeit war schön gewesen… und gerade jetzt musste das alles aufhören? Die Schwarzhaarige schüttelte energisch den Kopf. Sie wünschte, sie könnte es verhindern. Ihr Blick wanderte zu einem Teddybär. Wehmütig lächelte sie. Ein Andenken an die Tage mit Jaden. Bei ihm hatte sie ihre Sorgen für eine Weile vergessen können. Sie strich behutsam mit ihrer Hand über das Fell des Bären. Plötzlich klopfte es an ihrer Türe. Erschrocken richtete sie sich auf. „Äh, ja?“ Die Tür öffnete sich. Mios Augen weiteten sich, als sie die Person erkannte. „Chazz?“ Wollte er nicht seine Zeit mit Alexis verbringen? Der Schwarzhaarige betrat zögerlich den Raum. „Hey“, begann er langsam, „ähm, ist alles klar?“ Ungläubig riss Mio die Augen auf. Chazz Princeton erkundigte sich nach ihr? Das war doch ein Traum! Er hatte doch seine Alexis… Das Mädchen nickte leicht. „Ja, ist schon alles okay.“ Der Junge hob eine Augenbraue. „Ach, und wieso hast du im Moment Streit mit Alexis?“ ,Seine Freundin hat ihm wohl alles erzählt.' „Ihr habt miteinander gesprochen, oder?“, stellte sie fest. Chazz schüttelte den Kopf, zu Mios Verwunderung. „Nein, gar nicht eigentlich. Aber es merkt jeder von uns. Vor allem, da du gerade eben einfach abgehauen bist.“ Sie seufzte innerlich. Was für ein Nachteil, dass Chazz so scharfsinnig war. Doch die Wahrheit konnte sie ihm nie sagen. Schließlich hatte das alles auch mit ihm etwas zu tun. Unbewusst drückte sie den Bären stärker an sich. Chazz‘ Augen sahen ihre Geste. „Was ist das für ein Bär?“, fragte er neugierig. „Ach, den hat Jaden mir geschenkt“, murmelte sie. „WAS?“, stieß Chazz erschrocken aus, sodass Mio zusammenzuckte. „Von Jaden?“ ,Verdammt', fluchte Mio, als sie ihre Worte realisierte. Jetzt war es ihr rausgerutscht. ,Moment! Wenn Chazz das dann Alexis erzählt… Dann… dann…' Schlagartig sprang Mio auf und rannte auf Chazz zu. „Bitte erzähl Alexis nichts!!!“, sagte sie panisch. Er blickte sie perplex an. „Was….?“ „Bitte, du sollst ihr nichts sagen! Sonst… sonst…. Wird sie noch wütender auf mich als sie ohnehin schon ist“, redete sich das Mädchen heraus. „Ja, aber was ist denn von vornherein zwischen euch passiert?“, hakte er nach. Die Slifer Red errötete leicht. „Naja, da gab es eben… ein paar Komplikationen. W-wegen…“ Sollte sie es Chazz sagen? Das wäre doch das Beste, wenn er die Wahrheit wüsste. Doch wie sehr es Mio wollte, sie konnte es nicht. „J-Jaden, also er…“ „Was hat der Trottel denn angestellt?“ „Er… ach, ist doch egal.“ Sie lehnte sich an die Wand. „Versprichst du mir aber, dass du ihr nichts sagst?“ Chazz zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen. Aber du musst mir auch erzählen, wann Jaden dir diesen Bären geschenkt hat.“ Mio seufzte. Selbstverständlich wollte Chazz auch eine Gegenleistung. „Jaa… also wir… in den Ferien… du weißt schon.“ Chazz runzelte nachdenklich die Stirn. „Ich… ich war nach der Sache mit Zane bei Jaden für ein paar Tage.. nichts Besonderes, schließlich…“ Sie hielt abrupt inne, als Chazz sie mit großen Augen anstarrte. „Du warst bei Jaden Zuhause?“ Mio zuckte mit den Schultern. „Ja? Und?“ Irgendwie realisierte sie langsam, wie lächerlich das alles klang. Sie war doch nur bei einem guten Freund gewesen. Aber wenn Alexis etwas davon mitbekommen würde, wäre das natürlich eine Katastrophe. Chazz fuhr sich durch die Haare. „Du warst echt bei der Niete Zuhause? War es denn schäbig?“ Mio schmunzelte leicht. „Natürlich nicht. Wir haben eben viel unternommen und so.“ Sie hob ihre Achseln. „Tss. Also mein Haus ist viel größer.“ „Wenn man es überhaupt noch ‚Haus‘ nennen kann, Chazz. ‚Villa‘ wäre wohl ein viel passenderer Begriff, findest du nicht?“ „Man kann es auch in verschiedenen Verhältnissen sehen. Für mich ist es ein Haus, für dich eine Villa, so einfach ist das.“ „Naja, muss es nicht unbedingt sein… kommt eben auf die Größe an.“ Mio wunderte sich, wie leicht es ihr fiel, mit Chazz ein Gespräch zu führen. Normalerweise hätten sie sich wieder gestritten. „Naja“, sagte dieser schließlich, „ich muss dann mal wieder zurück. Wegen Alexis, du weißt schon.“ „Ja, kein Problem“, sagte Mio freudlos. „Bis nachher…“ Sie beobachtete, wie Chazz die Tür hinter sich schloss. Danach kuschelte sie sich in ihr Bett und schloss ihre Augen. Die nächsten Wochen vergingen wie im Fluge. Es wurden bereits die ersten Tests geschrieben, wofür Mio viel lernte und damit die meiste Zeit verbrachte. Schließlich wollte sie möglichst schnell nach Obelisk Blue aufsteigen. Im Unterricht versuchte sie so gut wie es ging aufzupassen. Als sie die ersten Tests zurück bekamen, war sie über ihr Resultat sehr erfreut: 100 von 100 Punkten. Gesamtpunktzahl. Sie blickte grinsend zu Chazz. „Na, schau dir das mal an! Wer sagt hier, dass ich schlecht bin!“ Mit gespieltem Desinteresse drehte sich Chazz um, der vor ihr saß. „Pah.“ Sie sah verwundert zu ihm. „Wieso, was ist denn? Hast du schlecht abgeschnitten?“ Sie schaute über seine Schulter. Ihre Augen weiteten sich. „Waaas? Du hast sogar noch einen Bonuspunkt? Das ist unfair!“ Auf einmal bildete sich ein breites Grinsen auf Chazz‘ Gesicht. Er lachte gehässig auf. „Hahaha. Pech gehabt!“ „Und dann ziehst du so ein Gesicht! Ich hätte mich an deiner Stelle gefreut! Ich…“ Sie wurde durch die Klingel unterbrochen. „Einen Moment noch, bitte!“, rief der Professor in die Menge hinein. „Mio! Es gibt da noch etwas.“ Sie schaute verwundert auf. Die Blicke der Schüler lagen auf ihr. „Ja, Professor?“ „Du sollst bitte umgehend zu Kanzler Sheppard kommen.“ „Was, ich?“ Ihre Verwunderung wurde plötzlich zu Freude. Konnte das etwa sein… Konnte es sein, dass sie nun nach Obelisk Blue kommen würde? Dann hatten sich ihre Bemühungen also gelohnt! „Natürlich, Professor“, antwortete sie. Das Mädchen erhob sich und blickte zu Jaden und Syrus. „Sagt, wollt ihr vielleicht mitkommen?“ „Klar, wieso nicht! Dann hab ich keinen Unterricht!“, sagte Jaden direkt. Syrus nickte ebenfalls. „Wir können dich doch nicht alleine zum Kanzler gehen lassen! Außerdem haben wir gleich Crowler, von daher…“ Zu dritt erhoben sie sich. „Wartet“, hörten sie eine Stimme hinter ihnen. „Huch, Chazz, was gibt es?“, fragte Mio. „Ich will mitkommen“, sagte er knapp. Die Schwarzhaarige sah ihn ratlos an. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Meinetwegen. Wenn du willst.“ Gemeinsam verließen sie den Klassenraum und gingen durch die Gänge, um Kanzler Sheppards Büro zu erreichen. Die Schwarzhaarige hielt einen kurzen Moment inne, dann trat sie hinein. Und das was sie sah, ließ ihr Herz erstarren. Ihre Augen weiteten sich geschockt. Ihre Hand zitterte. „Toi?!?! Va te faire voir!!“ Vor ihnen stand ein Mann in einem Anzug, der Mio mehr als ähnlich sah. Kapitel 24: Ein bedeutsamer Moment ---------------------------------- Huhu :) Da bin ich wieder mit einem neuen Kapitel^^ Vielen Dank auch wieder an meine treuen Reviewschreiber, ihr spornt mich immer wieder an =D @-VENTUS-: Dankeschön^^ @fahnm: Wer weiß? Das wirst du direkt erfahren.. ;) @Bunny94: Vielen Dank fürs Lob^^ @Kacon: Hahah^^ Nja, ich hab Französisch noch zwei Jahre lang^^ Ja, gut, dass sie Chazz hat^^ Werden wir ja sehen, ob er sie im Stich lässt oder nicht... Und jetzt wirst du ja sehen, ob sich deine Vermutung, die du hast, bewahrheitet.. Und jah, tut mir echt leid^^" Übrigens, wer mal Lust hat, ein Yugioh GX Opening in Bleach-Style zu schauen (made by me): http://www.youtube.com/watch?v=yvSE4Z2dPsM _____________________________________________________________________________ Sie starrte ihn an. Alles um sie herum war verschwunden. Nur er. Dieser blondhaarige Mann im Anzug. Nur er war noch vor ihr. Seine kühlen, grauen Augen musterten sie. Gleichgültig. Plötzliche Wut keimte in ihr auf. Sie ballte ihre Hand zu einer Faust. Dieser….! Wie konnte er nur? Wie konnte er in ihrem Leben auftauchen? Wie konnte er es wagen?! „D-das ist doch…“, hörte sie jemanden hinter sich flüstern, „das ist doch Herr de Larivière! D-der… der erfolgreichste Unternehmer in Europa! Er gehört dem Adelsgeschlecht an…aber..was..“ Doch sie überhörte den Kommentar. „Tu ne m’a pas compris?! Casse-toi!! (1)”, rief sie wütend. Doch er starrte sie nur an. Sie sah ihn ungläubig an. Sie konnte es nicht fassen. Wie konnte man so emotionslos sein? „Pourquoi?!! Tu es arrivé ici pourquoi?! Dis-moi!! ... Fumier (2)“, fügte sie leise hinzu. Endlich sprach er. Doch seine Stimme war kalt. Monoton. „Das ist nicht von Belang“, sprach er auf Japanisch. Tränen traten in ihre Augen. „C-ce n’est pas vrai…!! Après tous les ans.. Sept ans!! Tu seulement dis…(3)” Ihr wurde schwindelig. Sie hielt es nicht mehr aus. Sie konnte nicht mehr. „Con!!!(4)“, kreischte sie laut und rannte aus dem Raum heraus. Tränen liefen über ihre Wangen. Sie fuhr sich mit ihrer Hand über das Gesicht, während sie rannte, doch die Tränen stoppten nicht. Das kann nicht wahr sein!! Das ist alles ein Albtraum!! Alles um sie herum verschwamm. Alles wurde schwarz. Sie stolperte in die Mädchentoilette und rannte in eine Kabine hinein. Ihre Knie gaben unter ihrem Gewicht nach. Sie fiel auf den Boden und schluchzte laut auf. Weitere Tränen tropften auf den Boden. Ihre Hände krallten sich an der Wand der Kabine fest. Sie spürte Verzweiflung. Sie wusste einfach nicht mehr, was sie tun sollte. Dieses plötzliche Erscheinen… von ihm. Es zerstörte alles. Alles, was sie sich aufgebaut hatte. In den gesamten sieben Jahren. Das alles wurde nun zunichte gemacht. Es hatte nun keinen Sinn mehr. Nichts. Der ganze Aufwand. Ihre verlorene Kindheit. Das Leben alleine. Das alles… war umsonst gewesen. Es frustrierte sie. Wieso hatte sie sich so viel Mühe überhaupt gegeben? Hätte sie nicht mit all dem rechnen müssen? Nein. Sie hatte niemals geglaubt, dass er sie suchen würde. Auch nach all den Jahren… war sie ihm gleichgültig. Nicht einen einzigen Funken hatte sie in seinen Augen gesehen. Nichts. Gar nichts. Nur Leere. Eine Woge aus Enttäuschung kam in ihr auf. Sie war ihm egal. Unwichtig. Weitere Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie schluchzte laut auf und vergrub ihren Kopf in ihren Händen. Plötzlich öffnete sich die Tür. Das Mädchen schreckte zusammen. Ihr tränenverschmiertes Gesicht sah nach oben, konnte aber nur verschwommen die Gestalt wahrnehmen. Sie blinzelte mehrmals. Dann weiteten sich ihre geröteten Augen. „Da bist du also“, sagte er. „Du…Chazz?“, krächzte sie hervor. Hastig wischte sie sich ihre Tränen aus dem Gesicht. Dass er… sie so sehen musste… Sie fühlte sich jetzt noch elender als vorher. Sie fühlte, wie er sie sanft am Handgelenk nahm. Mio sah ihn mit großen Augen an. „Ich…“ Doch er wies sie zum Schweigen an. Er legte einen Arm um sie und zog sie an ihn heran. Sie schloss ihre Augen und lehnte sich an seine warme Brust an. Sie fühlte sich geborgen und sicher. Sie schwieg und atmete wieder regelmäßiger. Mio wusste nicht, wie lange sie in dieser Position verweilten. Sie hatte langsam aufgehört zu weinen. Sie kuschelte sich weiter an Chazz. Ihr Herz pochte. Ein merkwürdiges Kribbeln machte sich in ihr breit und ihr wurde ganz heiß. Sie atmete tief durch und sah in seine Augen. Für einen Moment drohte sie, darin zu versinken. So schöne graue Augen, voller Wärme… anders als bei… Sie schüttelte den Kopf. Sie wollte daran nicht denken! Mio wollte nur an diesen Moment mit Chazz denken. Sie fühlte sich so wohl bei ihm. Sie hätte niemals zu erträumen gewagt, so nah bei ihm zu sein. Dieses Gefühl war so schön… „Geht es wieder?“, hörte sie ihn fragen. Zaghaft nickte sie. „Ein… bisschen.“ Beide schwiegen wieder. „Sag mal… du kennst diesen Mann, oder?“, fragte Mio leise. „Ja. Ich habe ihn früher einmal gesehen. Er war mal… ein wichtiger Geschäftspartner meiner Brüder.“ „Achso“, sagte sie kaum hörbar. Eine kleine Pause entstand. „Weißt du“, fing Mio wieder an, „manchmal wünsche ich mir, einfach in einer normalen Familie zu leben. Irgendwo in einem Vorort von Tokyo in einer kleinen Wohnung. Dass ich ganz normal zur Schule gehen würde. Und vielleicht sogar an die Duellakademie.“ Sie seufzte. „Aber das konnte ich nie.“ „Das kann ich verstehen“, sagte Chazz. Sie sah ihn verwirrt an. „Ehrlich?“ Er nickte. „Meine Brüder zum Beispiel haben sehr viel von mir erwartet. Weil ich ein Princeton bin. Deswegen musste ich auch überall der Beste sein.“ „Oh.“ Das hatte Mio nie gewusst. Sie wusste auch nicht, dass Chazz zwei Brüder hatte. „Seit dem Schulduell aber habe ich mich von ihnen losgerissen. Ich hatte ihnen deutlich gemacht, dass ich es nicht mehr wollte, nur eine Marionette zu sein.“ Er fuhr sich durch die Haare. „Naja, jetzt ist zwischen uns eine riesige Kluft. Wir reden eigentlich gar nicht mehr miteinander. Ich bleibe auch die Ferien deshalb auch hier, nur in den Sommerferien ging das eben nicht. “ Sie musterte ihn nachdenklich. Sie hatte immer geglaubt, dass Chazz es sehr einfach hatte und ein verwöhntes Kind war. Doch in Wirklichkeit hatte er es auch nicht leicht gehabt. Mio seufzte. „Ich finde, wir haben ziemlich viel gemeinsam“, sagte sie. Der Schwarzhaarige sah auf. „Dieser Mann…er…“, sie holte die Luft, „er ist mein Vater.“ Chazz‘ Augen weiteten sich. „Was?! De Larivière ist dein Vater?“ Sie nickte, vergrub dann ihr Gesicht in Chazz‘ Mantel, als eine Träne sich wieder ihren Weg über ihre Wange bahnte. Doch ehe Mio die Träne wegwischen konnte, kam Chazz ihr zuvor. Sanft strich er über ihre Wange. Das Mädchen errötete schlagartig. Sie blickte hastig zur Seite. Was ist mit mir los? Wieso wirft er mich so aus der Bahn? Ich habe doch ganz andere Probleme. Aber wieso kann ich sie durch ihn gerade vergessen? Sie schluckte. „E-eigentlich… heiße ich Minori Jacinthe de Larivière.“ „Minori...“, sagte Chazz ihren Namen. Sie errötete wieder. „M-meine Mama…. hat ihn mir gegeben…“ Sie versuchte, die Erinnerungen an ihre Mutter zu verdrängen. „Deine Mutter…? Also war sie die Frau auf dem Foto!“, erinnerte sich Chazz. Sie sah ihn überrascht an. „Ja, du hast recht! Aber du kannst dich wirklich noch dran erinnern?“ Er zuckte verlegen mit den Schultern. „Naja, aber nur, weil du mich aus deinem Zimmer geschmissen hast.“ Ein dünnes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, doch es verschwand im nächsten Moment. „Ja… meine Mama… Sie ist… vor sieben Jahren gestorben.“ „Gestorben?“ Sie nickte. „Ja, an einer Krankheit.“ Sie starrte gedankenversunken an die Wand. „Sie war immer so eine starke Frau gewesen… hübsch, klug, selbstbewusst…fröhlich… das Gegenteil von meinem Vater. Der hatte sich nie um mich gekümmert. Ich war ihm ziemlich egal. Aber meine Mama… sie war mein Ein und Alles. Durch sie hatte ich viele glückliche Jahre gehabt. Sie war auch diejenige gewesen, die mir das Duellieren beigebracht hat.“ Chazz hob eine Augenbraue. „Ehrlich?“ „Ja… sie hatte wirklich Talent…“ Mio seufzte. „Aber im Jahr vor ihrem Tod ging es ihr plötzlich schrecklich. Niemand kannte wirklich die Ursache. Und als sie dann starb…“ Das Mädchen schluckte einen Kloß in ihrem Hals hinunter. „Seit dem Tag hat sich… alles verändert…“ „Wieso?“ „Mein Vater… war wirklich außer sich. Ich wusste nicht wieso, aber er hat seinen ganzen Hass auf mich konzentriert. Obwohl es vorher schon schlimm war, wurde es an ihrem Todestag unerträglich…“ Sie schwieg für einen kurzen Moment. „Mein Vater hat mir dann eine Hauslehrerin gegeben… ich musste in einem kleinen Raum leben. Und manchmal griff sie nach bestimmten Mitteln, die dem Gesetz alles andere entsprachen.“ Chazz sah sie ungläubig an. „Heißt das.. du wurdest geschlagen?“ Das Mädchen nickte zögerlich. „Bei Ungehorsam, ja. Aber mein Vater… hat mir natürlich nicht zugehört. Falls ich ihn mal zu Gesicht bekomme habe. Das war sowieso höchstens einmal im Monat. Die meiste Zeit musste ich in meinem Zimmer verbringen.“ Sie senkte ihren Kopf. „Deshalb.. hab ich es nicht mehr ausgehalten. Ich bin abgehauen. Nach Japan.“ Der Junge musterte sie erstaunt. „A-alleine nach Japan?“ Sie nickte. „Meine Mama hatte dort gelebt. Sie ist Japanerin, mein Vater Franzose. Eigentlich hatte ich gehofft, dort ihre Verwandtschaft zu finden…“ Mio seufzte wehmütig auf. „Aber ich war nicht erfolgreich. Ihre Eltern waren damals vor einem Jahr gestorben.“ Eine kurze Stille legte sich zwischen die beiden. „Und…“, begann Chazz zögerlich, „wo…wo bist du dann gewesen?“ „Naja, ich musste mich irgendwie über Wasser halten. Etwas Geld hatte ich noch. Und dann hab ich jemanden kennen gelernt, der mir geholfen und mich unterstützt hat.“ „Ach…so..“, sagte Chazz leise. Er hatte nicht geahnt, wie schwer es Mio hatte. Alte Erinnerungen kamen plötzlich hoch. „Eifersüchtig? Wer würde denn auf so eine dumme Kuh wie dich eifersüchtig sein?!! Das Einzige, was du kannst, ist herumbrüllen. Ich frage mich, warum du überhaupt Freunde gefunden hast! Wahrscheinlich reden sie nur aus Mitleid mit dir. Ach nein, entschuldige, wieso bist du eigentlich auf der Akademie!?! Eine verwöhnte Ziege wie du hat hier nichts zu suchen! Verzieh dich wieder nach Hause zu deinen Eltern und heul dich bei ihnen aus! Die reden wenigstens mit dir! Komm mir bloß nie wieder unter die Augen, du bist der schlimmste Mensch, den ich je getroffen habe!!“ Er errötete leicht. „Ähm… tut mir echt leid.. du weißt schon, damals bei Fujisawa, unser Streit.“ Sie hob fragend den Kopf. „Streit?“ „Ja, also ich hatte dir ziemlich dumme Dinge an den Kopf geworfen..“ Er kratzte sich verlegen am Kopf. Das Mädchen winkte ab, wobei ein Gefühl von Wärme sich in ihr breit machte. Er hatte sich tatsächlich bei ihr für seine Worte entschuldigt, obwohl das so lange her war. „Warte mal… Fujisawa…“ Sie stand plötzlich auf, sodass Chazz beinahe nach hinten kippte. „Ja, aber natürlich!“ „Was?“, fragte dieser perplex. Sie ließ sich wieder auf dem Boden nieder. „Fujisawa war an allem schuld! Dieser Mistkerl! Und mein Vater steckte hinter all dem!“ „Du meinst D.S.G.?“, vergewisserte sich Chazz. Mio blickte ihn überrascht an. „Woher weißt du das?“ Chazz lächelte verlegen. „Ach… weißt du…Ich hatte herausgefunden, dass er… zu dieser Organisation gehörte…“ Sie runzelte verärgert die Stirn. „Wieso hast du mir nichts gesagt??“ Chazz hob seine Hände. „Tut mir ja leid! Aber ich wollte dir das ehrlich gesagt nicht sagen, du hattest mit dem Typen doch schon genug Probleme gehabt.“ Sie seufzte. Chazz hätte ihr es sagen sollen, doch sie wollte nicht wütend auf ihn sein. Jetzt, wo sie sich gerade einigermaßen verstanden, wollte sie dies nicht wieder durch einen kleinen Streit ruinieren. Sie genoss diesen Moment mit Chazz trotz ihrer momentanen Situation. „Schon gut. Aber jetzt ist natürlich alles klar…“ Sie holte noch einmal Luft. „Mein Vater hat diese Organisation hierher geschickt, nachdem er offenbar irgendwo herausgefunden hatte, dass ich hier auf der Akademie bin. Aber beim ersten Aufeinandertreffen mussten sie mich wohl noch nicht erkannt haben, schließlich gab es nirgendwo ein Bild von mir. Darum habe ich Kanzler Sheppard gebeten. Dafür haben sie Mindy und Jasmin entführt. Da sie anscheinend wussten, dass ich Duellgeister sehen kann, konnten sie die Suche etwas einschränken. Aber erfolgreich waren sie nicht. Also kam dann Fujisawa ins Spiel…“ Chazz nickte. „Jetzt setzt sich alles zusammen. Er hätte dich bestimmt zu deinem Vater gebracht, egal in welcher Verfassung du warst. Dieser Arsch.“ Mio starrte ihn verwundert an und lächelte leicht. „Ja… und.. dann kamen sie wieder, um sich zu vergewissern, dass ich es bin.“ Mio ließ ihren Kopf entmutigt hängen. „Ich war so ein Idiot… Ich wusste es, dass sie mir auf der Spur waren, aber ich wollte es nicht wahr haben.“ „Wie meinst du das?“, fragte Chazz neugierig. Die Schwarzhaarige vergrub ihren Kopf in ihren Händen. „Einer dieser Typen wusste meinen wahren Namen… der, mit dem du dich duelliert hast…“ Entgeistert starrte Chazz sie an. „WAS? Du wusstest, was sie wollten?!!“ Seine Stimme wurde lauter. Mio kauerte sich immer weiter ein. Sie musste ihre Tränen zurückhalten. „E-es tut mir wirklich leid! Ich wollte euch nicht in Gefahr bringen!“ Sie schluchzte leise auf. „Ich wollte doch nur bei euch bleiben!!“ …Und bei dir, schoss es ihr durch den Kopf. Auf einmal merkte sie, wie er einen Arm um sie legte. „Tut mir leid, ich hätte nicht so laut werden dürfen…“ Sie schluckte und wischte sich ihre Träne aus dem Gesicht. Chazz setzte zu einem Satz an. „Ich hab….Ich hab mir..mir eben nur So… Ach, vergiss es.“ Sie schaute vorsichtig zu ihm hoch. Chazz hatte seinen Blick zur Seite gewandt. Sie schmunzelte leicht, obwohl sie gern gewusst hätte, was er ihr hätte sagen wollen. Nach einer Weile richtete sie sich wieder auf. „Weißt du, wieso dein Vater gekommen ist?“, durchbrach Chazz die Stille. Das Mädchen wurde plötzlich wieder traurig. Ihre hellblauen Augen spiegelten einen Hauch von Melancholie wider. Wieso musste sie nun wieder an die Realität erinnert werden? „Ja… also ich kann es mir denken.“ „…Und?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ist schon okay.“ Sie erhob sich langsam. Mios Beine waren noch recht wackelig. Sie fühlte sich müde und erschöpft. „Man kann eh nichts mehr ändern.“ Chazz erhob sich hastig. „Wie meinst du das??“ Sie lächelte freudlos. „Danke, Chazz, dass du mir zugehört hast.“ Mio wollte gerade gehen, als Chazz sie am Handgelenk festhielt. Doch da sie die Kabinentür öffnen wollte und ihre Hand auf der Klinke ruhte, verlor sie ihr Gleichgewicht. Aus ihren Lippen entfuhr ein kleiner Schrei, ehe sie zusammen mit Chazz unsanft auf den Boden ankam. Sie spürte seine plötzliche Nähe. Als sie ihren Kopf leicht drehte, konnte sie die Konturen von Chazz‘ Gesicht sehen. Mio war so, als wäre ihr das Atmen genommen worden. So nah war sie Chazz noch nie gewesen. Sie konnte die genauen Details seines Gesichts erkennen – seine schönen onixfarbenen Augen und seine feinen Wimpern. Die leicht geöffneten Lippen. Wie sie sich anfühlen würden…? Ruckartig befreite sie sich von ihrer Position und schaute verlegen nach rechts. Ihre Wangen glühten vor Aufregung. Wie konnte sie nur so verrückt sein? Vor allem jetzt, wo sie doch andere Probleme hatte… Chazz musterte das Mädchen verwirrt. Er war ebenso wie sie mit der Situation überfordert gewesen. Wie nah sie ihm gewesen war… Er hatte direkt in ihre azurblauen Augen sehen können. Ein leichter Rotschimmer legte sich über seine Wangen. Ihm war auf einmal ganz warm. Er wollte es nicht zugeben, doch er wünschte sich, dass dieser Moment nie aufgehört hätte. Moment, was dachte er da nur? Er schüttelte den Kopf. Wieso dachte er denn gerade an sowas? Er war doch nicht mehr richtig im Kopf… Der Schwarzhaarige räusperte sich leicht, sodass Mio leicht aufschreckte. Sie hatte sich immer noch nicht ganz vom Schock erholt. „Äh…j-j-ja?“ „Was..ähm…“, stotterte Chazz. Er suchte nach Worten. Sein Verstand war wie vernebelt. „Äh….“ „Was denn?“ Mio hob eine Augenbraue. „Ach…“ Er machte eine kurze Pause. „Du weißt schon…“ „Chazz, ich glaube, ich sollte langsam gehen..“ Der Junge stand rasch auf. „Warte! Was ist denn nun mit deinem Vater? Sag es mir!“ Das Mädchen hielt inne. Sie kämpfte mit sich. Was nützte es schon, es ihm zu sagen? Er konnte doch auch nichts ändern… Aber andererseits wünschte sie sich, dass er es wusste. Denn gerade eben hatte sie sich ihm so nahe gefühlt… Und das Vertrauen zu ihm war mit einem Mal größer geworden. Sollte sie es…? Sie atmete tief aus. „Also.. wahrscheinlich will er…“, sie holte tief Luft, „Der Grund, wieso mein Vater nach mir suchen wollte, nach all den Jahren ist, weil.. er mich…“ „Ja?“, hakte Chazz ungeduldig nach. „Hach, er will mich wohl mit irgendwem verloben“, sagte sie traurig. Es herrscht eine lange Pause, ehe Chazz ihre Worte realisierte. „WAS!“, stieß er fassungslos aus. Mio senkte ihren Blick. „Ja, du hast richtig gehört.“ „D-d-der Typ spinnt doch! Wir sind doch nicht mehr im Mittelalte…“ Er hielt kurz inne. Doch. Auch heute war es noch üblich. Besonders bei Entwicklungsländern, wo die Frauen noch keine Rechte hatten oder bei reichen Familien. Bei sehr reichen. Wie wäre es eigentlich bei ihm? Wie würden seine Brüder eigentlich reagieren, wenn er mit einem Mädchen aus dem „Gemeinen Volk“ ankommen würde? Würden sie es ihm verbieten? Mio seufzte. „Naja.. dann sollte ich wohl gehen.“ „Seit wann bist du denn so pessimistisch??“, hörte sie ihn sagen. Das Mädchen wandte sich um. „Wieso? Ich kann doch eh nichts ändern!“ Chazz verschränkte seine Arme. „Wir werden schon eine Lösung finden.“ „Ach was! Das ist unmöglich.“ „Wer sagt das?“, stellte er die Gegenfrage. „Mein Vater. Er hat genug Geld. Ich kann nichts gegen tun.“ „Du hast doch überhaupt nicht nach einer Lösung gesucht!“, widersprach er wütend. „Nein. Und bringen wird es sowieso nichts.“ Damit drehte sie sich mit hängendem Kopf um. Chazz ballte seine Hand zu einer Faust. „Wenn man es nicht einmal versucht, kann man auch nichts erreichen!!“, rief er ihr noch hinterher. Das Schließen der Türe war Antwort genug. _________________________________________________________________ 1: Hast du mich nicht verstanden?! Hau ab!! 2: Warum? Warum bist du hierhin gekommen? Sag's mir!!...Mistkerl! 3: Das ist nicht wahr!! Nach all den Jahren... Sieben Jahre! Da sagst du nur... 4: Arschloch!!! Kapitel 25: Die Entscheidung ---------------------------- Huhu :) Hier bin ich wieder mit einem neuen Kapitel! Viel Spaß beim Lesen! Würde mich wieder auf viele Kommis freuen!!!^^ Ihr seid echt toll!! @Bunny94: Danke^^ Ich hoffe, dir wird das neue Kapitel gefallen^^ @fahnm: Tja, ob Chazz ihr helfen wird... werden wir sehen ;) Oh, und dankeschön für das Lob fürs Video^^ War ganz schön anstrengend gewesen XD @Kacon: Haste wohl richtig geraten :x Vielen Dank auch fürs Lob :) Mal sehen, was Chazz tut... Und danke fürs Lob wegen des Videos^^ @Lena_Chan: Dankeschön :) Freue mich immer über neue Leser :D Hoffentlich gefällt dir dieses Kapitel^^ Hm, ob Mio und Alexis wieder zusammen finden ? ----------------------------------------------------------------------------- Chazz starrte noch lange die Tür an. Verdammt. Sollte er ihr nachlaufen? Oder sie erst mal allein lassen? Er biss sich auf die Lippe. Er wusste einfach nicht, was er tun sollte. Nur wenn er ihr helfen wollte, musste sie sich auch helfen lassen. Der Junge ging unruhig in der Toilette auf und ab. Was alles nur in ein paar Minuten passiert war… Er hatte die komplette Vergangenheit von Mio erfahren. Es löste ein wohliges Gefühl in ihm aus, dass sie sich ihm anvertraut hatte. Sie war aber auch ziemlich aufgelöst gewesen. Beinahe so wie er, damals bei Schulduell… Er wusste selbst nicht, wie er es geschafft hatte, sich von seinen Brüdern loszureißen. Aber der Wille zählte. Doch wie sah es bei Mio aus? Wenn plötzlich jemand aus ihrer Familie vor der Tür stand, der vorher nichts von ihr hatte wissen wollen… wie hätte er sich gefühlt? Und wenn dann noch jemand verlangen sollte, sich dem Vater zu widersetzen… Chazz seufzte. Vielleicht hatte er auch zu viel von ihr verlangt. Also sollte er doch wohl besser abwarten. Nur wenn es dann zu spät war… Allerdings hatte er nicht viele Möglichkeiten. Außerdem… „Iiiih, was macht denn ein Junge hier??“, kreischte plötzlich ein Mädchen. Chazz schreckte abrupt auf. Er musterte sie. „Ich…“ Sein Blick wanderte zur Tür. „Oh. Scheiße.“ So schnell er konnte, rannte er aus der Toilette heraus, bevor die Obelisk Blue ihn noch verpfeifen würde. DAS konnte er nur wirklich nicht gebrauchen. Hinter der nächsten Ecke blieb er erst einmal stehen und verschränkte seine Arme. Wie würde es nun weitergehen? Mist, Mist, Mist, dachte er, … Ich sollte sie wirklich erst mal alleine lassen. Aber ich kann auch nicht abwarten und in Ruhe zusehen!! Was kann ich nur tun? Er ballte wütend seine Hand zu einer Faust. Er war doch Chazz Princeton! Ihm musste doch etwas einfallen! „Chazz!“ Er zuckte leicht zusammen und drehte sich um. Vor ihm standen Jaden und Syrus. „Da bist du ja! Du bist gerade eben einfach mit Mio verschwunden! Was ist passiert?“ „Ähh…“ Was sollte er sagen? Die Wahrheit? Mio hatte ihm nicht gesagt, dass er schweigen sollte… „Was ist denn mit Mio?“, hörten die drei eine weibliche Stimme sagen. „Alexis!“, sagte Jaden überrascht. Auch Chazz staunte nicht schlecht, fasste sich aber dann wieder. „Nun… geht am besten mal die anderen holen. Dann sag ich alles“, sagte Chazz. „Und wo ist Mio?“, hakte Alexis nach. „Eehh.. das weiß ich nicht.“ „Wie? Sie war doch bei dir?“, schaltete sich Syrus ein. „Richtig. Sie war.“ „Hast du sie etwa beleidigt?“, fragte Alexis. „Nein! Und jetzt geht. Wir treffen uns bei mir.“ Damit verschwanden die vier. Chazz runzelte die Stirn. Wieder zweifelte er, ob er das Richtige tat. Nur die anderen hatten schon das Recht zu erfahren, woher sie wirklich stammte. Schließlich sind sie ihre Freunde. Der Schwarzhaarige atmete noch einmal tief durch und machte sich auf den Weg nach draußen. Doch als er den Gang entlang lief, traf er auf einmal auf eine allzu bekannte Gestalt. Abrupt blieb Chazz stehen. Der blondhaarige Mann, der Mios Vater war, kam gerade aus dem Büro heraus. Auf seinem Gesicht zeichneten sich mehrere Falten ab. Er musste Anfang vierzig sein. Seine Augen trafen auf die von Chazz. Der Schwarzhaarige hielt seinem Blick stand und drückte seinen Rücken durch. „Soso, der Sprössling der Princeton-Familie…“ Seine Stimme strotzte nur so von Spott. Chazz musterte ihn emotionslos. Sie tauschten noch einen letzten Blick, ehe Chazz seinen Weg fortsetzte. Von ihm würde er sich auf keinen Fall einschüchtern lassen! Nicht von so einem jämmerlichen französischen Aristokraten. Mit nach vorne gerichtetem Blick erreichte Chazz das Schulgelände und ging direkt zu seiner kleinen Suite, um auf die anderen zu warten. „V-verstehe ich das richtig? Mio heißt eigentlich Minori und dieser Typ da war ihr Vater??“, fragte Jaden ungläubig. Chazz nickte, während er sich mit verschränkten Armen auf seiner Couch zurücklehnte. „Aber was will denn jemand wie er hier?“, wandte Bastion ein. „Tja…“ Das war nun die Frage. Sollte er ihnen auch von dieser Verlobung erzählen? Oder lieber nicht? Schließlich war das wiederum etwas sehr Privates… „…Ich hab leider auch keine Ahnung. Das Meiste… wusste ich eh schon, weil ich ihren Vater wegen der Firma Princeton kannte.“ Das stimmte sogar zum größten Teil. Sein Blick wanderte zu Alexis. Ihr Gesichtsausdruck zeigte Sorge. Was war überhaupt zwischen den beiden vorgefallen? Die haben sich doch mehrere Wochen eiskalt ignoriert.. Aber die Tatsache, dass Alexis sich um Mio sorgte, musste doch bedeuten, dass sie sich immer noch sehr nahe standen. Oder etwa nicht? Doch für sowas war Chazz aber kein wirklicher Spezialist. Atticus, Alexis‘ Bruder, kannte sich da mehr bei solchen Sachen aus. „Hat jemand ’ne Ahnung, wo…äh… Mio ist?“, erkundigte sich Syrus zögernd. Er beschloss, immer noch den Namen zu benutzen, mit dem sie sich ihnen vorgestellt hatte. „Nein, aber… vielleicht ist es besser, wenn sie erst mal alleine ist“, sagte Alexis. „Die beiden haben recht“, sagte Bastion. „Bis dahin sollten wir hier warten.“ Ein einstimmiges Nicken erfolgte. Klar, aber die Zeit läuft davon… hoffentlich bleibt sie nicht allzu lange weg, dachte sich Chazz nervös. Sein Blick wanderte zu Jaden. Dieser wirkte ganz schön besorgt. Er runzelte die Stirn. Was war denn mit dem los? Der Brünette schaute auf und blickte zu Chazz. Der Slifer Red warf ihm einen vielsagenden Blick zu, welchen Chazz mit einer hochgezogenen Augenbraue erwiderte. Ob der irgendwas ahnte? Dieser Einfaltspinsel? Na, also ich bezweifle das. Auf einmal erinnerte er sich an den Abend davor. Mio hatte ihm erzählt, dass sie bei Jaden war… wie standen die beiden eigentlich zueinander? Chazz wusste nur, dass Mio mal etwas von Zane wollte. Und von Jaden? Der Junge schüttelte den Kopf. Seit wann machte er sich denn darüber Gedanken? Nur… eins störte ihn: Wenn Mio doch Zane damals so gemocht hatte und nun weiß, dass ihr Vater sie mit jemanden verloben will… und das vielleicht sogar von den Ferien geahnt hat…Wieso gab sie jetzt so schnell auf? Das passte doch alles gar nicht zusammen. Chazz fasste einen Entschluss. „Ich geh mal kurz frische Luft schnappen.“ Die anderen sahen ihm verwundert hinterher, als er seinen Raum verließ. Draußen war es nun etwas frischer geworden. Chazz zog seinen schwarzen Mantel enger um sich und strich sich einige nervige Strähnen aus dem Gesicht. Er ging ein wenig geradeaus, bis er stehen blieb. Er drehte sich um. „Was ist, Jaden?“ Der Brünette kam näher. Er lächelte leicht. „Ich wollte eigentlich nur wissen, was los ist. Du benimmst dich nämlich auch komisch.“ Chazz hob eine Augenbraue. „Ach echt?“ Seit wann war der denn aufmerksam und achtete auf seine Mitmenschen? „Ja.“ Schweigen. „…Also?“ Der Brünette sah Chazz abwartend an. „Ich weiß nicht, was du meinst“, sagte Chazz kühl. „Und ich wüsste auch nicht, was es dich angehen sollte.“ Jaden verlagerte das Gewicht von einem Bein auf das andere. Er verschränkte stur seine Arme vor der Brust. „Es ist wegen Mio, richtig?“ „Wie gesagt, es ist nichts, was dich angehen sollte.“ „Und ob es mich was angeht!“ „Ach, und wieso?“, fragte Chazz herausfordernd. Weil er sich Sorgen um sie machte? Weil er ihr bester Freund war? Oder etwa … mehr? Konnte das sein? „Weil sie meine Freundin ist! Ich sorge mich um meine Freunde, klar?“ Aha, seine Freundin also… „Und wieso war sie dann die letzten Tage bei dir? Ich finde, das war schon ziemlich lange für ‚Freunde‘!“ „Was denkst du denn?! Ist doch selbstverständlich, dass Freun…“ Jaden brach ab. „Moment mal.. woher weißt du davon?“ Einen Moment lang überlegte Chazz, ob er ihm die Wahrheit sagen sollte. Dann aber entschied er sich dagegen. „Ich hab es herausgefunden.“ Das sollte für jemanden wie Jaden reichen. Doch trotzdem war es seltsam, dass die beiden so ein Geheimnis daraus machten. „Trotzdem, Chazz! Ich mache mir doch auch Sorgen! Du kannst doch jetzt nicht einfach davor abhauen!“, meinte Jaden stur. „Was soll das, ich haue nicht….“ Abhauen…Abhauen… Aber natürlich!! Chazz könnte sich für seine Blindheit umbringen! „Jaden, verschieben wir das auf ein anderes Mal! Frag Mio selbst, ich muss mal weg!“ Damit drehte er sich sofort um und rannte den Weg zurück. Hoffentlich bin ich nicht zu spät… Hoffentlich!!, dachte er panisch. Chazz nahm einen kurzen Weg über das Gebüsch, er spürte, wie die Äste über seine Haut streiften. Dann bog er rechts ab und nahm den gepflasterten Weg zum Hafen. Verschwommene Bilder von Bäumen liefen an ihm vorbei. Er achtete kaum noch auf die Umgebung. Er spürte nur noch seine Beine. Je mehr er lief, umso mehr kam er außer Atem. Chazz konnte sich nicht erinnern, jemals so viel gelaufen zu sein. Die Typen von der Olympiade müssten ihn nun sehen. Vielleicht würde ja seine Zeit sogar ins Guinness Buch der Rekorde kommen, mit dem Tempo, das er an den Tag legte. Der Junge strauchelte kurz, als er über einen Stein stolperte, konnte sich aber wieder fangen. Wie lange würde es nun dauern? Dann sah er sie. Sie stand am Hafen. Im Dunkeln konnte er sie kaum erkennen. Hastig beschleunigte er seine Schritte. „MIO!“, rief er laut. Keuchend rannte er weiter. Die Gestalt ging davon. Wollte sie also wirklich…? „Mio, warte…!“ Endlich hatte er sie erreicht. Er streckte seine Hand aus und packte sie am Handgelenk. Das Mädchen erschreckte sich und stolperte ein paar Schritte zurück. Erst jetzt hatte er eine klare Sicht auf sie. Ihre schwarzen Haare waren leicht zerzaust, aber dennoch glatt. „Ch-Chazz?“, stotterte sie verwundert. Der Junge atmete mehrmals ein und aus, ehe er ihr antworten konnte. „Gerade… noch… rechtzeitig….“, sagte er erschöpft. „Chazz, was…?“ Er verstärkte seinen Griff um ihr Handgelenk. „Mio! Du musst hier bleiben! Du darfst nicht den gleichen Fehler wie ich machen!“ Ihre Augen wurden größer. „W-wie meinst du das?“ „Du darfst nicht abhauen! Das wäre mehr als dumm, klar?!“ Die Schwarzhaarige sah ihn verwundert an, ehe sie ihn verstand. Sie lächelte. „Chazz, ich….ich werde nicht abhauen. Ehrlich.“ Jetzt, wo er extra gekommen ist, habe ich es sowieso nicht vor, fügte sie in ihren Gedanken hinzu. Diesmal war es Chazz, der verwirrt war. „Was?“ Sie deutete auf den Boden und wies ihn darauf hin, sich zu setzen. „Also… ich war schon ziemlich verzweifelt… aber ich bin nur hierhergekommen, um hier nachzudenken. Hier ist es so ruhig. Mir gefällt es hier.“ Mio blickte lächelnd zu ihm. „Genauer gesagt.. vor ein paar Stunden wollte ich schon verschwinden. Einfach weg. Aber…“ Sie erinnerte sich an das, was Chazz zu ihr gesagt hatte. Wenn man es nicht einmal versuchte, dann brachte es auch sowieso nichts. Der Junge bemerkte, wie ihre Wangen leicht rosa schimmerten. An was dachte sie gerade? Sie senkte leicht ihren Kopf. „J-jedenfalls danke, dass du gekommen bist. Ich glaube, ich hätte es bereut, wenn ich ohne ein Wort zu sagen abgehauen wäre. Und eine Lösung meines Problems wäre das auch nicht wirklich gewesen.“ Sie machte eine kurze Pause. „Nur…. Anders gedacht wünschte ich, dass ich einfach verschwinden könnte. Dass es diese Probleme einfach nicht mehr geben würde…“ Ihre Stimme wurde immer trauriger. „Mach dir darüber mal keine Sorgen“, sagte Chazz tröstend. „Es wird schon eine Lösung geben. Wir lassen uns was einfallen.“ „ ‚Wir?‘ “ Chazz wandte sich ab. „Ich.. habe es den anderen erzählt.“ „Was??“ Er zuckte mit den Schultern. „Na und? Sie sind immerhin deine Freunde, sie haben das Recht darauf.“ Wohl auch Jaden… „Aber ich habe ihnen nichts von der Verlobung erzählt.. schließlich hättest du es mir auch nicht gesagt.“ Er merkte, wie sich Mio entspannte. „Gut.. denn das sollte ich ihnen wirklich selbst sagen… Aber ich glaube nicht, dass es wirklich was hilft.“ „Mein Gott, bist du immer noch so pessimistisch?“ Beleidigt drehte das Mädchen ihren Kopf weg. Es herrschte Stille. Dann ein Seufzen. „Ach, keine Ahnung. Bisher lief alles so gut. Und dann plötzlich sowas. Da taucht er einfach so auf… ich will nicht hier weg. Die Akademie ist schließlich mein Zuhause. Nur groß was dagegen tun kann ich auch nicht…“ Sie vergrub ihren Kopf in ihren Händen. „Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll… das ist alles. Nicht mehr und nicht weniger. Ich hatte nur die kleine Hoffnung gehabt.. während der Ferien… dass er gekommen wäre, um mich zu sehen… Was aus mir geworden ist und sowas. Doch wie gesagt, es war nur ein kleiner Funken Hoffnung. Nein, eher ein Wunschtraum. Etwas, das niemals wahr werden würde.“ Chazz schluckte. Seine Brüder waren eigentlich auch seine Familie gewesen… Es war für ihn auch schlimm gewesen, zu akzeptieren, dass er nicht mehr zu ihnen gehörte. Er war anders. Und nun war er auch froh darüber, eigenständig zu sein. „Hör mal“, riss er das Mädchen aus den Gedanken, „selbst wenn er gekommen wäre, um dich zu sehen: Er ist trotzdem ein Arschloch. Und du wirst auf keinen Fall die Akademie verlassen.. das will schließlich keiner und außerde-…..“ Er stoppte. „Sie wollen nicht, dass du die Akademie verlässt… Akademie…“ Er wiederholte das Wort. Dann lächelte er. Schlagartig stand er auf und sah Mio an. „Es liegt eigentlich nur noch an dir, Mio, ob du gehen willst oder nicht.“ Entrüstet sah sie ihn an. „Ja, aber natürlich will ich hier bleiben!! Ich würde euch doch vermissen!! Das hier ist mein Zuhause! Und ich will bei euch sein!“ Chazz lächelte. „Dann verstehe ich ehrlich gesagt nicht, was du hast.“ Entgeistert blickte Mio zu ihm. Hatte Chazz einen Sprung in der Schüssel? Was war denn mit dem auf einmal los? „Chazz, würdest du bitte normales Japanisch mit mir reden?“ „Nein, du bist doch Halbfranzösin, oder?“ Sie ballte wütend ihre Hände zu einer Faust. „Meine Güte! Du stellst dich aber auch an! Ich weiß gar nicht, was mit dir los ist!“ Chazz‘ Grinsen war immer noch nicht verschwunden. „Das ist die Mio, die ich kenne.“ Schlagartig hielt das Mädchen inne. „Was…? Ich…“ Sie errötete. „W-wenn du meinst…“ Chazz lächelte und verschränkte leicht seine Arme vor der Brust. Seine grauen Augen funkelten. „Bleib einfach hier, ok?“, sagte er leise, ehe er in der Dunkelheit verschwand. Sie sah ihm hinterher. Noch immer spürte sie die Wärme seines Lächelns. Und sie merkte, dass sie niemals hier fort gehen würde. Sie wollte immer dieses Lächeln sehen…. Kapitel 26: Es war unerwartet ----------------------------- Hey Leute, sorry, dass es so lange gedauert hat mit einem neuen Kapitel.. Ich hatte einfach den Elan verloren an diese FF weiterzuschreiben, hatte aber so viel Anfragen erhalten, weiterzuschreiben. Dank euch konnte ich wieder ein neues Kapitel schreiben - vielen Dank und viel Spaß!! 26. Kapitel: Es war unerwartet Mio schlenderte gedankenverloren den Weg zurück. Alles um sie herum war in dunkle Silhouetten getaucht. Die Sterne prangten hell am dunkelblauen Himmel. Was war das denn eben?, fragte sie sich immer wieder. Da war so eine… Vertrautheit zwischen ihr und Chazz. Und diese ganze Feindseligkeit von damals war auch plötzlich verschwunden. Sie hatten so miteinander geredet, als ob sie sich schon lange kennen würden. Ein warmes Gefühl kam in Mio auf. Sie spürte, wie ihre Wangen glühten. Ihr Herz pochte und ihr Magen zog sich leicht zusammen. Ihre Hände wurden warm. Wie konnte das nur sein? Hatten sie sich nicht gehasst? Waren sie sich nicht aus dem Weg gegangen? Wieso auf einmal fühlte sie so? Hatte Chazz also in Wirklichkeit eine völlig andere Seite, die er ihr heute gezeigt hatte? Und dann noch dieses Lächeln.. Mio wollte es nicht zugeben. Sie blieb stehen und schaute auf den Boden. 'Am liebsten wäre… ich.. ihm… am liebsten hätte ich ihn fest umarmt.' Bei diesem Gedanken errötete sie noch mehr. Sein Lächeln sah aber auch wirklich süß aus… es ließ ihr Herz noch schneller pochen.. und Chazz war auch nicht gerade hässlich. Eher das komplette Gegenteil. Er sah wirklich nicht schlecht aus. Ob er schon mal eine Freundin hatte? Gab es hier an der Schule auch viele Verehrerinnen? Dann hätte er sicherlich große Auswahl… „Ach nein“, seufzte Mio. Seine große Liebe war doch Alexis. Ob er immer noch an ihr hing? Sie lebten ja quasi zusammen. Die Schwarzhaarige seufzte. Wenn doch alles nur einfacher wäre… Und ausgerechnet jetzt musste sie an Chazz denken. Sie hatte Wichtigeres zu tun. Vor allem ihr Vater… Ehe sie sich versah, stand sie plötzlich vor der Sliferunterkunft. Dort, wo ihre Freunde waren.. wie sollte sie ihnen das beibringen? Besonders, da sie ihnen alles verschwiegen hatte. „Mio!“ Sie zuckte zusammen, als sie gerufen wurde. „J-Jaden…“, sagte sie zögerlich. Er strich sich verlegen durch den Kopf. „Alles klar.. bei dir? Ich hab dich, seit dieser Typ.. also dein Vater..aufgetaucht ist, nicht mehr gesehen.“ Sein Blick war sehr ernst. Die Schwarzhaarige sah zu Boden. „Tut mir echt leid, Jaden. Ich wollte dir… also euch keine Probleme oder so bereiten. Weißt du, bei mir sind alle Sicherungen durchgebrannt. Ich meine, plötzlich, mit einem Schlag, taucht deine ganze Vergangenheit auf und du durchlebst sie noch einmal – obwohl du sie vorher immer verdrängt hast. Das war einfach ein totaler Schock für mich, verstehst du?“ Ein kurzes Schweigen, dann nickte Jaden langsam. „Ich kann dich verstehen.. aber du weißt, dass du Freunde wie uns hast? Ich helfe dir wirklich gerne.“ Ehe sie sich versah, ging Jaden auf sie zu und umarmte sie fest. Ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit floss durch Mio. Sie schmiegte sich leicht an ihn. „Danke… Jaden… ich bin froh, dass ich euch habe.“ „Dafür sind Freunde ja da! Eh..“ Er setzte auf einmal ein verlegenes Lächeln auf. „…Hört sich irgendwie total komisch an, oder?“ Das Mädchen lachte leicht. „Naja, irgendwie schon. Bisschen pathetisch, oder? Aber ist doch egal.“ Sie sah ihn aufrichtig an. „Hauptsache, ich habe euch.“ Jaden lächelte kurz zurück, wurde aber dann ernst. „Mio, also…“, fing er zögernd an, „Wieso.. wieso ist dein Vater hier auf der Insel? Ich hatte Chazz getroffen und er sah auch so aus, dass er etwas wusste, hat aber nichts gesagt.“ Die Schwarzhaarige seufzte. Sie wusste, dass sie ihren Freunden, vor allem Jaden, eine Erklärung schuldig war.. „Ehm, das kann ich dir.. oder eher, euch erklären.. Wollen wir in die Unterkunft gehen?“ Jaden nickte eifrig. Sofort nahm er sie sanft am Handgelenk und zog sie zum Slifer-Gebäude. Er ließ sie los und öffnete die Türe, zur Cafeteria. Vorher waren sie noch bei Chazz gewesen, doch da dieser nicht mehr zurück kam, sind sie in den anderen Raum gegangen. Dort wurde Mio bereits von ihren Freunden erwartet. „Hey…Leute“, begrüßte sie die anderen zögernd. Als ihr Blick durch den Raum schweifte, blieb er an einer Person hängen. Alexis… was macht sie denn hier? Hatten die beiden sich nicht gestritten? Sie waren sich doch die ganze Zeit über aus dem Weg gegangen… Man sieht, dass wir trotzdem noch Freunde sind.. „Mio, wie geht es dir?“, fragte Syrus besorgt. „Wir haben.. gehört, dass…“ Sie nickte traurig „Ja, mein Vater.“ Jaden und Mio setzten sich neben Syrus. Die Schwarzhaarige knetete ihre Hände nervös und starrte auf die Tischplatte. Die anderen warteten gespannt ab, doch sie schaffte es nicht, auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen. Eine unangenehme Stille legte sich über den Raum. Bastion durchbrach als erster das Schweigen. „Wir haben.. das mit deinem Vater gehört. Du kommst also aus Frankreich?“ Das Mädchen entspannte sich ein wenig. „Ja.. Also ich.. lebte mit meinem Vater und mit meiner Mutter zusammen in Frankreich. Mein Vater war ein sehr reicher und einflussreicher Mann. Und..“, sie machte eine kleine Pause, „..genau das ist der Grund, wieso er hier ist.“ Die anderen runzelten die Stirn. „Was für einen Grund hat er denn?“ Mio kaute auf ihrer Unterlippe herum. Sie musste es ihnen sagen. Ihre Freunde mussten die Wahrheit wissen. „Er.. er will mich.. v-verloben.“ „Was?“, platzte es aus Syrus heraus. „Er will mich verloben“, wiederholte sie, dieses Mal mit einer festeren Stimme. Alle starrten sie schockiert an. Wieder herrschte Stille im Raum. Dann war es Alexis, die ihre Worte wieder fand. „W-was.. aber wieso? Und warum ist er hierhergekommen?“ „Um mich zu holen“, antwortete Mio knapp. „Er will mich zurück nach Frankreich nehmen. Dann will er mich mit irgendeinem reichen Typen verloben, damit seine tolle Firma mehr Gewinn macht.“ Sie vergrub ihren Kopf in ihren Händen. „Meine Mutter.. ist damals gestorben.“ Sie setzte ein trauriges Lächeln auf. „Seit meine Mutter starb, lief alles drunter und drüber. Mein Leben geriet außer Kontrolle. Aus diesem Grund bin ich auch von Zuhause abgehauen. Ich hasste es, dass mein Leben von meinem Vater bestimmt werden würde. Ich war so froh, dass ich hier an der Akademie war. Hier hatte ich gehofft, ein neues Leben anzufangen. Doch nun..“ Ihr Blick glitt zur Wand. Ihre Augen zeigten, dass Mio weit weg war. „Nun will er alles zerstören. Und abwarten.. wird er nicht. Wahrscheinlich wird er mich morgen mitnehmen.“ Sie lachte trocken auf. „Meine ganzen Bemühungen waren umsonst.“ „Mio! Du darfst sowas nicht sagen!“, sagte eine laute Stimme. Erschrocken blickte die Studentin auf. „A-alexis..“, murmelte sie leise. Die Blondine erhob sich von ihrem Stuhl und ging auf Mio zu. Dann nahm Alexis sie fest in den Arm. „Das wird schon. Versprochen“, flüsterte sie beruhigend zu. Ehe Mio es bemerkte, liefen ihr heiße Tränen über das Gesicht. Sie schniefte laut. Ihr Körper bebte. Alexis drückte sie fester an sich und sprach mit einer sanften Stimme beruhigende Worte zu ihr. Mio schloss ihre Augen und genoss Alexis‘ Nähe. Sie waren in der Tat beste Freundinnen. Der Streit war vergessen. Es zählte nur das das Hier und Jetzt. „D-danke“, sagte Mio leise, nachdem sie sich wieder etwas beruhigt hatte. Nun kam auch Jaden auf die beiden zu und klopfte Mio auf die Schulter. „Du brauchst keine Angst zu haben. Wir sind bei dir, egal, was passiert! Okay?“ Mio nickte leicht. Dann setzte sie ein kleines, ehrliches Lächeln auf. „Danke, Leute.“ „Komm, du solltest am besten jetzt schlafen“, warf Alexis ein. „Ja, du hast wohl recht. Jetzt, wo du’s sagst..“, gab die Schwarzhaarige zu. Die Obelisk Blue Studentin erhob sich, nahm Mios Hand und führte sie aus dem Raum heraus. Die beiden drehten sich noch zu den anderen zu und verabschiedeten sich. Hinterher führte Alexis ihre Freundin zurück zu ihrem Zimmer. Als sie jedoch vor Mios Zimmertür standen, überlegte es sich Mios Freundin anders. „Wieso schläfst du nicht bei mir? Dann bist du nicht alleine.“ Die Slifer Red Schülerin nickte lediglich. Gemeinsam betraten sie Chazz‘ Suite. Es war dunkel im Raum, offenbar war Chazz noch nicht zurück. Alexis schaltete das Licht ein und brachte Mio in ihr Zimmer. Schnell zogen sich die beiden um und kuschelten sich in das große Bett ein. Einen Moment herrschte Stille zwischen den beiden. Auch vorher hatten sie auch kaum ein Wort gewechselt. Auf einmal nahm Alexis Mios Hand und drückte sie fest. „Mio.. ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich weiß, dass ich mich total daneben benommen habe, und..“ „Schon okay“, unterbrach Mio sie. „Man kommt in der Freundschaft nicht weit, wenn man nicht bereit ist, kleine Fehler zu verzeihen. Ist also kein Problem, Lex.“ Die Blondine lächelte erleichtert. „Du bist die beste Freundin, die man haben kann… weißt du das?“ „Danke, Lex. Du auch…“ Ehe Mio es merkte, driftete sie langsam ins Land der Träume. Vor ihrem geistigen Augen sah sie eine große, grüne Wiese. Dahinter lag weit entfernt das Meer. Die Luft roch frisch nach Salz, das man auf den Lippen schmecken konnte. Zufrieden lächelte sie. Am nächsten Morgen stand Mio mit einem mulmigen Gefühl auf. Sie hatte keine Ahnung, was genau sie erwarten würde. Chazz war gestern Abend nicht mehr aufgetaucht. Hatte er eine Lösung gefunden? Oder musste sie wieder zurück zu ihrem Vater gehen? Und in einem goldenen Käfig leben? Sie wollte nicht mit irgendeinem Typen verlobt werden! „Mio?“, hörte sie Alexis hinter sich schläfrig fragen. Langsam drehte sich die Angesprochene um. „Hm?“ „Keine Sorge, alles wird gut.“ Sie konnte nur nicken, sicher war sie sich nicht. Sie wusste, dass Alexis es nur gut meinte, doch letztendlich konnten Mios Sorgen nicht genommen werden. „Komm, lass uns erst mal frühstücken“, schlug Alexis vor. Die beiden machten sich fertig und gingen nach draußen. Dabei fiel Mio auf, dass es in Chazz‘ Wohnung überall dunkel war. Wo war er nur gewesen? Fragen über Fragen flogen durch Mios Kopf, doch sie versuchte sich abzulenken und sich immer wieder Hoffnungen zu machen, dass Chazz irgendetwas getan hatte. Wie gewohnt frühstückte sie mit den anderen. Alles war wie sonst. Sie wünschte sich so sehr, dass sich daran nichts ändern würde.. Gemeinsam machten sie sich zur Schule auf. Mio wunderte es die ganze Zeit, dass von ihrem Vater nichts zu sehen war. Seltsam. Er musste hier auf der Insel sein. Denn so wie sie ihn kannte, wollte er immer seine Ziele durchsetzen, egal, wer ihm im Weg stand.. Gerade als sie das Schulgebäude betreten wollten, kam ihnen Dr. Crowler entgegen. Er war völlig abgehetzt und aufgeregt. „Mio, du sollst sofort zu Kanzler Sheppard kommen!“ Das war für die junge Duellantin wie ein heftiger Schlag ins Gesicht. Alles war verloren. Sie musste die Insel verlassen. Ihre Lippen bebten. Sie nickte leicht und ging mit zittrigen Schritten ins das Gebäude hinein. Sie merkte nicht, wie Jaden und Alexis ihr folgten. Sie hatte sich doch so gewünscht, hier bleiben zu können. Nun musste sie gehen. Am liebsten würde sie weinen und einfach verschwinden, doch sie konnte es nicht. Sie musste sich ihrem Vater stellen, und das hinnehmen, was er befahl. Fliehen konnte sie nicht mehr. An der Bürotür angekommen klopfte sie kurz an, dann trat sie ein. Es war genauso wie gestern: Sie stand an der Tür und ihr Vater am Tisch von Kanzler Sheppard. Emotionslos sah sie ihn an, ohne etwas zu sagen. Ihr Vater kam auf sie zu. Mio konnte sich schon denken, was er sagen würde. Es kam kein Zurück mehr. Ihre Beine waren wie festgefroren, sie konnte sich nicht bewegen. Plötzlich stand ihr Vater direkt neben ihr. Sie schluckte, ihre Hände zitterten wegen Nervosität. Er schien etwas sagen zu wollen, doch er blieb stumm. Seine Augen waren kühl und eisig. Er ging weiter, ohne sie zu beachten. Die Tür schloss sich hinter ihnen. „Was…“, stotterte Mio fassungslos. Aus dem Augenwinkel sah sie Jadens und Alexis‘ verwunderten Blicke. Hastig rannte sie aus dem Büro heraus, sah den schwarzen Anzug ihres Vaters, ehe sie in eine Person rannte. Fast fiel sie zu Boden, konnte sich aber gerade noch auffangen. „Chazz?“, fragte sie erschrocken. Ihr Herz hämmerte heftig gegen ihre Brust. Der Schwarzhaarige lächelte sie an. Bevor sie ihn fragte, was los war, drehte sie sich noch einmal um. Doch ihr Vater war schon verschwunden. „Was hat das alles zu bedeuten?“, fragte Jaden neugierig. „Tja“, grinste Chazz. Mio platzte beinahe vor Neugier. Aber sie fühlte sich unendlich erleichtert. Obwohl sie nicht einmal genau wusste, was passiert war.. Chazz lehnte sich gegen die Wand. „Nun sag schon, was hast du gemacht??“, wollte Mio wissen. Sie konnte einfach nicht glauben, dass es jetzt einfach so vorbei war. „Dein netter Vater wurde erpresst.“ „Bitte?“ Ihr Vater wurde erpresst? Wie denn das? Niemand konnte ihn erpressen! Außer.. „Nun sag schon!“, rief Jaden ungeduldig. „Ist ja gut“, beschwichtigte Chazz ihn. „Das haben wir alles dem Inhaber der Akademie zu verdanken: Seto Kaiba. Er ist der wichtigste Geschäftspartner von der Firma von Mios Vater.“ „Und weiter?“ „Da Mio eine gute Duellantin an der Schule ist und Kaiba ja das Stipendium für sie bezahlt, will er sie nicht einfach gehen lassen. Immerhin hat er Geld für sie investiert. Also drohte er Mios Vater damit, den Vertrag zwischen den Firmen zu kündigen. Kaiba ist dann auch natürlich in der Lage, die anderen Partnerschaftsfirmen auf seine Seite zu ziehen. Und somit wäre dann der ganze Reichtum von Mios Vater verloren.“ Mio brauchte einige Zeit, bis sie diese Worte verstanden hatte. Auf diese Idee hätte sie auch kommen können! So einfach war das.. Oder musste sie irgendetwas befürchten? Gab es irgendeinen Haken an der Sache? „Aber ich kann nicht glauben, dass mein Vater einfach so gegangen ist“, meinte Mio nachdenklich. „Naja, wenn Seto Kaiba seine Hände im Spiel hat, hat sowieso jeder verloren.“ Mio nickte bedächtig. Es kam ihr alles so unwirklich vor.. „Mensch, jetzt freu dich doch mal!“, rief Jaden durch den ganzen Flur. Er klopfte Mio heftig auf die Schulter. „Ist ja gut Jaden!“, sagte sie schnell. Auch Sheppard kam aus seinem Büro heraus. „Schön, dass du weiterhin hier bleibst, Mio.“ Er blickte sie aufrichtig an. Das Mädchen nickte ihm dankend zu. „Und jetzt ab in den Unterricht!“ Gemeinsam machten sich die vier zu Crowlers Stunde auf. Jaden und Alexis gingen vorne, Mio und Chazz hinten. Von der Seite lächelte Mio Chazz an. „Danke. Ich bin dir was schuldig.“ Der Junge hob seine Hände. „Ach was, nein. Kein Problem.“ Das Mädchen errötete und sah verlegen zur Seite. „Wenn du meinst.“ Sie war unendlich froh, dass Chazz für sie da war. Endlich konnte sie so leben, wie sie wollte. Sie blieb noch einmal kurz stehen und ließ ihren Blick durch die Fenster über die Insel gleiten. Ihr Vater war fort, und das war gut so. Kapitel 27: Ein Date?? ---------------------- Hallo zusammen! Hier ist wieder ein neues Kapitel zu Shitsui no Jidai. Viel Spaß beim Lesen! Hier ist übrigens ein Bild von Mio: http://s7.directupload.net/file/d/3271/q7ej3687_jpg.htm ------------------------------------------------------------- 27. Kapitel: Ein Date?? Es waren einige Wochen vergangen, seit Mios Vater alles in Unruhe gesetzt hatte. Das Mädchen hatte eine Weile gebraucht, bis sie wieder in den Alltag zurück fand. Das Verhältnis zu Alexis hatte sich seit diesem Vorfall soweit wieder gebessert und die beiden verstanden sich genauso wie vorher. Allerdings hatte Mio Alexis immer noch nichts von ihrem Besuch mit Jaden erzählt. Das war auch gut so, immerhin würde das nur alles wieder zerstören und unnötige Eifersucht hervorrufen. Chazz und sie verstanden sich mittlerweile gut wie Bekannte, doch das war es auch schon. Ab und zu stritten sie sich wieder, wobei Mio auch nie wusste, wieso sie sich darauf einließ. Sie wollte sich eigentlich gar nicht mit ihm streiten. Sie unternahmen viel zusammen, aber nie alleine. Dabei waren immer Alexis, welche inzwischen bei Mio wohnte, Syrus und Jaden. Sie war Chazz so dankbar, dass er ihr geholfen hatte. Und immer wieder, wenn sie ihn sah, wurde es ihr warm und ihre Wangen glühten. Sie versuchte oft, darüber zu stehen, und das alles zu ignorieren, dann fiel es ihr leichter. Sie hatte sowieso bessere Dinge zu tun, schließlich standen bald wieder die Prüfungen an.. Heute war es warm auf der Insel, obwohl es Anfang September war. Daher beschlossen alle, nach dem Unterricht an den Strand zu gehen. Nervös überlegte Mio, was sie anziehen könnte. Sie entschied sich für eine Jeans-Hotpans und ein weißes Top, als Frisur machte sie sich einen Dutt. Alexis entschied sich für ein rosa Top, was ihre Oberweite betonte, und eine weiße, kurze Hose. Gemeinsam mit ihrer Freundin machte sie sich zum Strand auf, ihr Deck und ihre Dueldisk hatte sie ebenfalls mitgenommen, falls ihr langweilig werden sollte. Die Sonne schien hoch am Horizont und ließ das Meer in blauen, funkelnden Farben glänzen. Leichter, warmer Wind strich Mio über die Haut. Es war unendlich voll am Strand, sodass es schwer war, einen guten Platz nahe am Wasser zu finden. Irgendwie hatten sie doch noch etwas gefunden und trafen kurz danach auf Jaden, Syrus und Chazz. Der Braunhaarige Slifer trug eine dunkelrote-schwarze Badehose, seine gebräunte Haut glänzte in der Sonne. Bei Chazz‘ Anblick musste Mio schlucken. Er trug ein weißes Hemd, das oben aufgeknöpft war, und dazu eine passende, schwarze Badehose. Einzelne Strähnen hingen ihm ins Gesicht und seine Haut war gar nicht so blass wie sonst, sondern schimmerte in gesunden Brauntönen. Seine Onix farbenen Augen leuchteten lebendig. Hastig drehte sich die Schwarzhaarige um, damit Chazz nicht ihre roten Wangen sehen konnte. Es war ihr einfach sowas von peinlich, immer rot zu werden, sobald sie Chazz sah. Das Schlimme war, dass sie es auch gar nicht ausblenden konnte. Das Bauchkribbeln war unerträglich und ihre Hände wurden immer warm. Wie konnte sie sich denn da noch normal gegenüber ihm verhalten? Sie wollte doch nur mit ihm befreundet sein, sich mit ihm über alles Mögliche unterhalten, nicht nur über Schule. Allerdings war das in ihrem Gefühlszustand unmöglich und sie hatte es auch die letzten Tage einfach aufgegeben. Eher arteten ihre Versuche immer in Streit aus. Frustriert breitete sie ihr Handtuch aus, setzte sich darauf und sortierte ihr Deck. Alexis quatschte inzwischen mit Jaden die ganze Zeit, Chazz war irgendwo am Wasser, um vielleicht Alexis zu beeindrucken, und Syrus unterhielt sich mit Bastion, der sich ebenfalls zu den anderen gesellt hatte. Irgendwie hatte sich Mio den Tag anders vorgestellt. Plötzlich hörte sie laute Rufe. „AAAATTICUS!!!!!!“, schrien alle Mädchen. Erschrocken zuckte Mio zusammen, vor Schreck ließ sie ihre Karten fallen, die sich über ihre Decke verstreuten. Während sie ihre Karten zusammensuchte, beobachtete Mio entsetzt, wie eine Horde von weiblichen Schülerinnen ans Meer rannte. Nämlich um eine einzige Person zu sehen, welche die Attraktivität des Strandes darstellte: Atticus Rhodes. Genervt verdrehte die Duellantin ihre Augen. Diese Vergötterung war einfach nur lächerlich, besonders da diese Mädchen sowieso keine Chance bei ihm hatten. Höchstens, um eine von vielen zu werden. Die Schwarzhaarige kannte Atticus kaum, eigentlich schien er ganz nett zu sein. Schließlich war er der Bruder von Alexis, wobei das nichts heißen konnte, Geschwister unterschieden sich manchmal extrem in ihrem Charakter. Gelangweilt betrachtete sie die unnötige Szene. „Wieso muss er nur so viel Aufsehen erregen?“, hörte Mio Alexis meckern. Das Mädchen lachte auf und wandte sich an ihre Freundin: „Das kannst du laut sagen!“ Alexis seufzte. „Ich glaube, du bist eine der wenigen, die nicht da vorne steht. Das ist immer so nervig, wenn ich mich mal kurz mit ihm unterhalten will!“ Mio nickte Alexis verständnisvoll zu. Atticus, der vom Surfen kam, setzte sein typisches, glänzendes Zahnpasta-Lächeln auf und zeigte den Daumen nach oben. „Wow, ihr seht heute alle so wunderschön aus!!“ Das Gekreische wurde unerträglich laut, sodass sich Mio ihre Ohren zuhalten musste. Die Mädchen schmolzen alle nur so daher von diesen einfachen, heuchlerischen Worten. Das Mädchen verdrehte ihre Augen. „Mein Gott, wieso fahren alle auf ihn so ab?“ Sie musste peinlich berührt an Zane, ihren alten Schwarm, zurückdenken. Da hatte sie es noch verstehen können, aber bei Attcius? Er war der typische Beachboy. Ganz anders als Zane. Sie war aber froh, über ihn hinweg gekommen zu sein. Es wäre wirklich nichts aus den beiden geworden. Denn bei Zane konnte sie nicht sie selbst sein, hatte sich so sehr verstellt. Bei Chazz… Hastig schüttelte sie ihren Kopf. Schon wieder dachte sie an ihn! Dabei wollte sie lediglich den Strandtag genießen.. Auf einmal merkte sie, wie sie beobachtete wurde. Entgeistert sah sie auf. Die Menge teilte sich, um Atticus Platz zu machen. Dieser kam näher und näher. Völlig unvorbereitet starrte Mio ihn an. Was wollte der denn von ihr? Auch Alexis, Jaden und die anderen beobachteten das Geschehen verwirrt. Atticus grinste sie an. Mio Akimiya. Er hatte sie beim Abschlussduell gesehen. Auch da ließ sie ihn kalt. Eine der einzigen Mädchen, die nicht auf ihn standen. Er fasste sich ans Kinn. Hm, das musste man schnell ändern.. Keine entkam seinem Charme. Mio wusste derweil gar nichts mehr. Eine Zeit lang hatte Atticus einfach vor ihr gestanden und sie geheimnisvoll angestarrt. Chazz hatte alles von der Ferne aus gesehen. Was ging denn da ab? Schnell schob er die ganzen Leute zur Seite, um weiter nach vorne zu kommen. Erschrocken riss er seine Augen auf. Peinlich berührt klatschte er seine Hand gegen sein Gesicht. Atticus machte sich tatsächlich an Mio ran?? Wieso das? Das hätte er Atticus niemals zugetraut, dass er wirklich jede haben will! Er war manchmal so peinlich! „Äh… kann ich dir helfen?“, brachte Mio mühsam heraus. Inzwischen hatten sich alle um sie herum versammelt. Wie sie es hasste, im Mittelpunkt zu stehen! „Hast du Lust, mit mir auf ein Date zu gehen?“ „WAS?“, stieß Mio geschockt aus. Ein Date?? Mit Atticus Rhodes?? Nie im Leben! Erstens war er Alexis‘ Bruder! Okay, er sah wirklich nicht schlecht aus, so wie seine nassen Haare in der Sonne glänzten und der Surfanzug seine Muskeln betonten. Dennoch, sie stand einfach nicht auf ihn!! „Sorry, nein?“ Dass er sie sowas unbefangen fragte.. Traurig blickte Atticus sie an. „Wieso denn nicht?“ Super, jetzt fragte er auch noch nach! „Weil ich dich nicht kenne!“ „Dann lernst du mich eben kennen!“ Wie konnte jemand nur so hartnäckig sein! „Atticus..“, sagte seine Schwester Alexis mahnend, doch er ignorierte sie einfach. „Na komm, du hast nichts zu verlieren!“ Energisch schüttelte sie ihren Kopf. „Ich will aber nicht!“ „Was ist denn an mir nicht so toll? Ich bin sportlich, bin gut in der Schule, kann mich gut duellieren..“ „Dann beweis es mir!“ Die Idee war Mio ganz spontan gekommen, ohne dass sie groß darüber weiter nachgedacht hatte. „Wir duellieren uns einfach!“ Losgeworden wäre sie ihn garantiert nicht. Atticus lächelte. „Hmmm, eine gute Idee!“ Inzwischen war Mio aufgestanden. „Wenn ich verliere, dann kriegst du eben dein Date mit mir! Wenn ich gewinne..“ „..das entscheide ich dann“, unterbrach Atticus sie. „Hä?“, fragte sie perplex. Was brachte das? „Keine Sorge, kein Date mit mir. Versprochen.“ Was waren das denn für Bedingungen?? Konnte sie ihm vertrauen? Aber einen Rückzieher konnte sie auch nicht machen, das wäre sonst feige. Aus dem Augenwinkel sah sie Chazz. Sofort errötete sie. Oh Nein! Wieso musste er ausgerechnet hier sein?? Wenn sie verlieren würde, müsste sie mit Atticus ein Date haben. Dann wäre alles gelaufen.. Sie schluckte. Sie musste einfach nur gewinnen! Irgendwie.. Beide Kontrahenten schlugen ein. Schnell schnappte sie sich ihre Dueldisk und ihr Deck. „Mio? Ist das wirklich eine gute Idee?“, wurde sie von Alexis gefragt. Das Mädchen seufzte. Sie spürte die eifersüchtigen Blicke der anderen Mädchen auf sich ruhen. „Hätte es denn eine andere Lösung gegeben? Ich denke, dass Duell ist das Einfachste. Ich verliere einfach nicht.“ Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Du musst nicht, Mio! Ich kann mit Atticus reden!“ Die Duellantin schüttelte den Kopf. „Nein, nein, ist schon okay. Ich habe mich darauf eingelassen und führe das schon zuende.“ „Mio hat recht“, meinte Jaden. Verwundert hob Mio eine Augenbraue. „Ein Duell ist eh immer das Beste.“ Hatte er sich auf das Date bezogen oder hatte Jaden das nur so gesagt, eben weil sowas immer von Jaden kommt? Das schwarzhaarige Mädchen war sich dabei nicht ganz sicher, allerdings hatte sie jetzt anderes zu tun, als darüber weiter nachzudenken. Ein letztes Mal lächelte sie ihren Freunden zu und stellte sich dem Duell mit Atticus. Die Situation war sowas von seltsam. Schließlich konnten die Mädchen Atticus nicht anfeuern, denn dann würden sie ja dieses Date zwischen ihnen unterstützen. Daher hörte man nur Gemurmel aus den Mengen und das Einschalten der Dueldisks. Mio sah noch mal kurz zu Chazz, der irgendwie emotionslos das Geschehen beobachtete. Enttäuscht drehte sie sich zu Atticus um. Offenbar war es Chazz gleichgültig, wenn sie verlieren würde. Schade. Ich dachte, dass es ihn vielleicht ein wenig stören würde.. Da habe ich mich wohl geirrt. Letztlich konnte ihr die Wette also egal sein. Das Einzige, was sie wollte, war, ihre Ehre zu bewahren. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn ihr also Atticus gesagt hätte, dass sie mit ihm auf ein Date müsste, wenn sie gewinnen, würde, wäre es ihr jetzt auch egal gewesen. Denn Chazz interessierte es ja nicht die Bohne. Sie bedeutete ihm also nichts. Resigniert seufzte sie. Na dann los.. „Duell!“, riefen beide. Mio: 4000 Atticus: 4000 „Ich fange an“, meinte Atticus. „Na dann los“, meinte Mio genervt. Dieses Duell war so unnötig.. Wieso hatte Alexis so einen verrückten Bruder?? „Okay!“ Er setzte sein typisches Grinsen auf. „Ich spiele Armageddon-Ritter(1400/1200) im Angriffsmodus! Seine besondere Fähigkeit erlaubt mir, wenn er beschworen wird, ein FINSTERNIS-Monster auf den Friedhof zu legen!“ Mio runzelte die Stirn. Er verwendete ein FINSTERNIS-Deck? Irgendwie passte das gar nicht zu seinem sonnigen Gemüt. Aber das hieß umso mehr, dass sie aufpassen musste. „Das war’s, du bist dran.“ Mio zog ihre Karte vom Deck. „Ich spiele Flamvell-Feuerhund (1900/200)!“ Ein großer, schwarzer Feuerhund erhob sich auf dem Feld. Aus seinem Maul sprossen Feuerfunken. „Los, greif Armageddon-Ritter an!“ Der Feuerhund fletschte die Zähne, sprang auf Atticus‘ Monster zu und zermalmte es. Atticus: 3500 Dieser blieb ruhig und konzentriert. „Durch Flamvell-Feuerhund kann ich ein Monster mit 200 oder weniger DEF von meinem Deck spezialbeschwören. Ich wähle den Kobold der tobenden Flammen (100/200)!“ Ein kleiner, fröhlicher Kobold erschien auf dem Spielfeld. „Mit ihm greife ich dich jetzt auch noch an, los!“ Das kleine Monster sprang hoch empor und schlug Atticus auf den Kopf. Atticus: 3400 Durch die besondere Fähigkeit des Kobolds hatte dieser nun eine ATK von 1100. „Ich spiele noch eine Karte verdeckt, dann bist du dran.“ Bevor Atticus seine Karte zog, starrte er lange auf Mios verdeckte Karte. Sein Blick war sehr nachdenklich. Konnte er etwa ahnen, was sich dahinter verbarg? Mio wurde durch ihn sehr verunsichert. Endlich begann er seinen Zug. „Ich spiele Trugdrachen (1600/600) im Angriffsmodus!“ Ein goldener, kleiner Drache mit rubinroten Augen trat auf das Kampffeld. Der Drache musterte Mios Monster abfällig. Bevor die Schwarzhaarige noch weiter nachdenken konnte, griff Atticus auch schon an. Sie wollte ihre Fallenkarte aktivierten, doch sie funktionierte nicht. Verwirrt musste sie ansehen, wie ihr Kobold vom Spielfeld gefegt wurde. Mio: 3500 „Was.. Wieso..?“ Atticus lächelte. „Die besondere Fähigkeit meines Trugbild-Drachen ist es, dass während der Battle Phase keine Fallenkarten aktiviert werden dürfen. Schade, schade!“ Grimmig sah sie ihn an. Deshalb hatte er nachdenklich auf ihre Fallenkarte geschaut.. Er war wirklich nicht schlecht! „So, ich spiele noch eine Karte verdeckt, dann beende ich meinen Zug!“ Mio zog die nächste Karte von ihrem Deck. Dann hob sie ihre Hand. „Jetzt aktiviere ich erst mal meine Fallenkarte Schwerkraftbindung! Monster der Stufe 4 oder höher können nicht angreifen.“ Damit hatte sie erstmals ihre Sicherheit. „Und nun spiele ich Ultimatives Baseballkind (500/1000) im Angriffsmodus!!“ Ein kleines Kind mit einer roten Baseballkappe und einem roten Trikot hopste auf das Spielfeld. Mio lächelte. „Die besondere Fähigkeit von ihm ist es, dass es 1000 Punkte zusätzlich für jedes FEUER-Monster erhält! Es hat nun 1500 Punkte.“ „Trotzdem noch zu wenig.“ „Denkst DU. Ich aktiviere den Effekt von Baby Flamvell! Wenn ich diese Karte von meiner Hand auf den Friedhof lege, kann ich die ATK eines offenen Feuermonsters um 400 Punkte ansteigen lassen. Mein Baseballkind hat jetzt 1900 Punkte!“ Die Duellantin machte eine rasche Handbewegung. „Los, greif Trugbilddrachen an!“ Das kleine Monster holte mit seinem Baseballschläger aus, rannte auf den Drachen zu und schlug fest zu, sodass eine große Explosion entstand. Atticus: 3100 „Das war’s soweit. Ich spiele noch eine Karte verdeckt.“ Ihr Gegner grinste nur breit. „Vielen Dank, dass du die Karte auf den Friedhof geschickt hast.“ Mio runzelte die Stirn. „Wieso?“ Atticus zog rasch seine nächste Karte, dann begann er seinen Zug. „Ich habe genau drei FINSTERNIS-Monster auf meinem Friedhof! Jetzt ist es Zeit, ihn zu beschwören!“ Die Schwarzhaarige ahnte, was er vorhatte.. Der Boden bebte. Der Sand wurde aufgewirbelt. Auf dem Spielfeld erschien plötzlich ein riesiger Drache, dessen Panzer mit schwarzem Metall bedeckt war. Er schimmerte im Licht, sodass sein Antlitz aufleuchtete. Seine violetten Augen ließen ihn furchteinflößend wirken. „Tadah, mein Finsterer Bewaffneter Drache (2800/1000)!“ Mio schluckte. Eine mächtige Karte.. „Jetzt aktiviere ich den Effekt von meinem Drachen! Ich entferne insgesamt drei meiner FINSTERNIS-Karten, um eins deiner Monster und zwei deiner Fallenkarten zu zerstören!“ „Stopp, vorher aktiviere ich noch meine Zauberkarte Notreserve!“ Mio zerstörte Schwerkraftbindung und erhielt 1000 Lebenspunkte, aber nur, um sich für den nächsten Angriff bereit zu machen. Mio: 3500 -> 4500 „Tja, dann zerstöre ich eben deine beiden Monster!“ Ehe sich Mio versah, waren Ultimatives Baseballkind und ihr Flamvell-Feuerhund mit einem Windstoß vom Spielfeld gefegt. „Jetzt aktiviere ich Ruf der Gejagten! Ich hole meinen Trugbilddrache wieder!“ Das Mädchen biss sich auf die Lippen. Sie kniff ihre Augen zusammen, als die beiden Drachen sie direkt angriffen. Schützend hielt sie sich ihre Arme vor das Gesicht, konnte sich kaum auf dem Boden halten. „Verdammt!“ Mio: 4500 -> 100 Die Spannung im Publikum war groß. Viele wurden unruhig. Mio sank frustriert auf den Sandboden. Atticus war wirklich gut! Er war nicht umsonst ein Obelisk Blue! Würde sie gegen ihn verlieren?? Dann müsste sie mit ihm auf ein Date gehen. Dabei wollte sie das gar nicht! Er war Alexis‘ Bruder! Wieso kam er nur auf solche Ideen? Und Chazz.. Sie kniff ihre Augen zusammen. Plötzlich war es ihr doch nicht mehr so egal, mit Atticus ein Date zu haben. Aber er war so ein guter Duellant.. Würde sie verlieren? „Los, Mio, du schaffst das schon“, rief auf einmal eine bekannte Stimme. Verwundert öffnete sie ihre Augen und sah auf. „Chazz..“, sagte sie leise. Ihre Wangen färbten sich rot. Chazz unterstützte sie!! Er unterstützte sie tatsächlich!! Obwohl es draußen bereits so warm war, wurde ihr noch wärmer. Sie freute sich so. Er glaubte an sie! Langsam erhob sie sich wieder, ihr Blick war entschlossen. Sie nickte Chazz lächelnd zu und wandte sich dann an Atticus. „So, ich bin dran!“ Sie zog ihre Karte. Das Mädchen grinste. „Atticus, mit diesem Zug werde ich es beenden!“ Diesen ließ das kalt. Nachdenklich schaute er zwischen den beiden hin und her. Mio und Chazz.. Dem Jungen war es offenbar nicht egal, wenn Mio das Duell verlor. Interessant. Er, Meister der Liebe, aber auch Meister der Verkupplung von Liebespaaren, roch den Braten. Oh ja, er wusste sehr wohl, was da zwischen den beiden lief. Ihm war jetzt das Date mit ihr vollkommen gleich. Sie streckte ihren Arm aus. „Ich spiele zuerst Törichtes Begräbnis! Ich lege ein Monster von meinem Deck auf den Friedhof. Ich wähle Flamvell Grunika (1700/200).“ Sie legte die Karte auf den Friedhof. „Jetzt spiele ich Wiederaufleben! Ich kann so viele FEUER Monster mit 200 DEF wie möglich von meinem Friedhof spezialbeschwören! Ich wähle Kobold der tobenden Flammen, Baby Flamvell, Flamvell Feuerhund und Flamvell Grunika!“ Vier Feuermonster erschienen auf dem Feld. Mio wendete mit einer Karte das Blatt. „Jetzt spiele ich noch Geschmolzene Zerstörung!“ Die Umgebung veränderte sich. Der Strand veränderte sich in eine feuerrote Landschaft. Hinter dem Mädchen erschien ein gewaltiger Vulkan, aus dem glühende Lava floss. „Feuermonster erhalten 500 ATK mehr! Ihre Verteidigung sinkt aber dafür um 400.“ Die Stärke ihrer Monster nahm immer mehr zu. Aber Mio setzte noch einen drauf. „Zuletzt spiele ich Flamvell Bogenschützen (1000/200).“ Die ATK des Monsters erhöhte sich um 500 Punkte wegen der Spielfeldzauberkarte. „So, jetzt aktiviere ich den Effekt von Flamvell-Bogenschütze! Ich kann ein Pyro Monster opfern, damit die ATK aller Flamvell-Monster um 800 bis zur End Phase ansteigt! Ich opfere dafür meinen Kobold!“ Ihr kleines Monster verschwand vom Spielfeld, dafür wurden die Feuermonster stärker und stärker. Sie würde gewinnen. Doch Atticus grinste breit, was Mio zögern ließ. Diese hatte ihren Zug perfekt vorbereitet und wollte gerade angreifen. „Weißt du was, Mio? Ich hatte ja gesagt, wenn du gewinnst, dann darf ich mir was aussuchen.“ Verwirrt hielt das Mädchen inne. Was kam jetzt? „Und?“ Sie versuchte, gelangweilt zu klingen. Atticus streckte seinen Arm hoch in die Luft, dann zeigte er in einer schnellen Bewegung auf Chazz. „WENN DU GEWINNST, DANN HAST DU EIN DATE MIT CHAZZ!!“ „W-w-w-was?!!“, stotterten beide Beteiligten entsetzt. Mio wurde plötzlich ganz blass. Ein Date mit Chazz? Wieso kam Atticus auf so eine Idee? „Atticus, was..“, schaltete sich nun auch Chazz ein. Mio traute sich gar nicht, sich zu ihm umzudrehen, um dann nur einen abweisenden Blick zu kassieren. Verzweifelt sah sie auf den Boden. Würde sie nun ihren Angriff ausführen, würde sie gewinnen. Es gab kein Zurück mehr. Außer, sie würde jetzt aufgeben. Dann würde sie aber mit Atticus ein Date haben! Was war schlimmer? Atticus oder Chazz? Sie kniff ihre Augen zusammen. Dann drehte sie sich zu Chazz um. Ihre Entscheidung war getroffen. Kapitel 28: Dumm gelaufen ------------------------- Hallo zusammen!! Hier ist endlich wieder ein neues Kapitel!! Viel Spaß! 28. Kapitel: Dumm gelaufen Mio hatte ihre Entscheidung getroffen. Traurig blickte sie zu Chazz. „Tut mir leid..“, hauchte sie leise. Dann griff sie an. Sofort sanken die Lebenspunkte von Atticus auf 0. Jubel von der einen Seite der Mädchen. Aber Eifersucht von der anderen Seite. Denn Mio hatte kein Date mit Atticus. Aber mit Chazz Princeton. Und der war auch bei einigen Mädchen beliebt. „Hahaha, ist das nicht wunderbar?“, jubelte Atticus fröhlich. Er ging auf Mio und Chazz zu und schlang seine Arme um die beiden. „Sooo, ihr müsst schön ins Café gehen und euch brav unterhalten, ja? Und danach kommt ein romantischer Spaziergang!“ Verlegen starrte Mio auf den Boden. Das tat ihr alles so leid! Sie wollte das Chazz wirklich nicht antun! Und was, wenn er immer noch auf Alexis stand? Dann war es ja eine Qual für ihn! Am liebsten würde das Mädchen in Tränen ausbrechen. Es war einfach zum Heulen. „Na wenn es sein muss..“, knurrte Chazz genervt. Ohne Mio eines Blickes zu würdigen, sagte er nur: „Morgen um drei am Café Zucchero.“ Dann war er weg. Und ließ Mio alleine zurück. Sofort kam Alexis zu ihr. „Mio! Ist alles okay?“ Das Mädchen brachte kein Wort heraus. Chazz‘ abweisende Worte versetzten ihr einen Stich. „Atticus!! Wieso kommst du immer nur auf solche bescheuerten Ideen?? Hast du die beiden mal gefragt, wie sie darüber denken? Du kannst nicht einfach über andere Leute entscheiden!!“ Ihr Bruder hob abwehrend seine Hände. „Hey, hey, hey! Chill mal, ich wollte nur helfen!!“ „Schon gut, Lex“, sagte Mio leise. „Das ist es ja nicht einmal. Das ist es nicht mal..“ Mit hängendem Kopf trottete sie zur Unterkunft und ließ ihre Freunde zurück. Alexis schüttelte den Kopf. „Atticus! Du machst doch alles nur noch schlimmer als besser!!“ „Wieso denn? Die beiden stehen doch voll aufeinander!“ Jaden, der vorher still zugehört hatte, wiegte seinen Kopf. „Wie aufeinander stehen? Meinst du, Mio mag Chazz?“ Atticus nickte grinsend. „Genau, und Chazz mag Mio!“ Der Sliferstudent runzelte die Stirn. Er war total verwirrt. Irgendwie hatte er stets gedacht, dass Mio ihn, Jaden, mag. Aber offenbar hatte er sich zum Glück geirrt. Eine Welle von Erleichterung überfiel ihn. Wenigstens musste er sich damit nicht mehr auseinandersetzen. Doch es war seltsam, er hatte sich noch nie über solche Themen Gedanken gemacht. Früher war das Schlimmste, was ihm Sorgen bereitet hatte, ob er genug zu Essen hatte. Alexis war immer noch nicht überzeugt. „Ich habe irgendwie das Gefühl, dass dein Plan nach hinten losgeht, Atticus.“ Denn das Mädchen konnte nicht wirklich glauben, dass Mio auf Chazz stand. Die beiden hatten sich doch immer nur gestritten. Aber falls Mio doch Chazz mögen würde, hatte Alexis Gewissensbisse – schließlich hatte sie in Chazz‘ Suite gewohnt.. sowas kam ziemlich komisch rüber. Doch mochte Mio nicht eigentlich Jaden? Das war ja auch der Grund, wieso sie so eifersüchtig geworden war. Sie schüttelte den Kopf. Vielleicht waren das alles auch nur Hirngespinste von Atticus. Vielleicht würden die beiden sich morgen nur treffen, ein wenig quatschen, und alles andere sein lassen. Sich lediglich als Freunde treffen und unterhalten. Aber konnte das nicht dann wiederum heißen, dass Mio doch auf Jaden stand? „Na ich bin wirklich mal gespannt“, meinte Alexis. „Ja, und wir werden sie auch schön beobachten, ob sie die Abmachung auch einhalten!“ Das blondhaarige Mädchen glaubte, sich verhört zu haben. „Was?? Du willst, dass wir sie stalken? Bist du verrückt?“ „Nein, wie gesagt, ich will sehen, ob sie sich an die Abmachung halten. Naja, aber ich will natürlich auch wissen, wie es läuft. Ich hol euch morgen ab!“ Er hob seine Hand zum Abschied und ging mit seinen Mädchen zurück ans Meer. Alexis runzelte die Stirn. Auch Jaden hielt nicht viel davon. Das konnte nur nicht gut werden.. Mio lag inzwischen auf ihrem Bett und hatte ihr Gesicht tief im Kissen vergraben. Einzelne Tränen rannen ihre Wangen hinunter. Wieso war Chazz nur so abweisend zu ihr? Sie hatte sich doch bei ihm entschuldigt.. Sie konnte dieses Date morgen einfach nicht durchstehen! Könnte sie nicht zu Chazz gehen, ihm sagen, dass sie sich gar nicht treffen mussten, da das sowieso nur eine dumme Idee von Atticus war? Das wäre sogar die beste Lösung. Doch andererseits traute sie sich überhaupt nicht, heute dem Schwarzhaarigen ins Gesicht zu sehen. Dieser wäre sicher wütend auf sie. Und die Enttäuschung wäre zu groß. Aber ein zwanghaftes Date, was war das schon? Man traf sich, wenn man sich sehr gern hatte. Jedoch schien das nun ziemlich einseitig zu sein.. Traurig mummelte sich das Mädchen in ihre Decke ein, wollte alles um sich herum vergessen. Wie sehr wünschte sie sich, dass schon Übermorgen wäre.. Am nächsten Tag wachte Mio völlig ausgelaugt auf. Sie hatte gestern gar nicht mehr gehört, wie Alexis rein kam. Offenbar war diese auch schon wieder weg, denn sie war nicht in Mios Zimmer. Die junge Duellantin seufzte resigniert. Wenigstens war heute Samstag, sodass sie Chazz nicht in der Schule sehen musste. Das wäre ja noch schöner gewesen! Vor allem wären da auch diese eifersüchtigen Tanten.. dabei lief gar nichts zwischen ihr und Chazz, da würde auch nie was laufen. Langsam stand Mio auf und begann sich erst mal fertig für das Frühstück zu machen. Die Kantine in Slifer Red war recht leer, sodass sie in Ruhe essen konnte. Da es sowieso schon recht spät war, beschloss sie, sich fertig zu machen und besonders sich um ihre Haare zu kümmern. Sie reichten ihr im Moment knapp bis zu den Schultern, in den Ferien war sie beim Friseur gewesen. Mio schnappte sich ein Glätteisen und begann, sich die Haare zu glätten. Auf das Schminken verzichtete sie, das würde sonst wirklich zu extrem rüberkommen. Glatte Haare reichten, das war ja noch normal. Danach suchte sie nach einem passenden Outfit. Das Mädchen wollte wirklich nicht zu aufgestylt wirken.. Letztlich entschied sie sich für eine rote Röhrenjeans, ein weißes Top und eine dunkelblaue Strickjacke. Die Ärmel krempelte sie hoch, sodass es lässig wirkte. Zu gerne hätte sie ein Kleid angezogen, aber dann wäre das in der Tat ein Date und kein Treffen. Wobei, ursprünglich sollte das ein Date sein, aber als ob sie und Chazz sich darauf einlassen würden.. Schlecht gelaunt betrachtete sie sich im Spiegel. Alles war okay, aber die Tatsache, dass sie sich gleich mit Chazz treffen würde, war natürlich nicht so toll.. Seufzend machte sie sich auf den Weg zum Freizeitgebäude. Irgendwie hatte sie das Gefühl beobachtet zu werden, aber sie täuschte sich bestimmt. War vielleicht die Müdigkeit.. Ihr Herz schlug immer schneller, je näher sie dem Café kam. Was, wenn Chazz gar nicht dort auf sie warten würde? Was, wenn er gar keine Lust auf dieses Treffen hatte? Panik stieg in ihr auf, vielleicht war es doch besser, wieder zurückzugehen.. Aber dann erblickte sie sein schwarzes Haar und machte nicht mehr kehrt. Chazz stand lässig an der Wand gelehnt. Er trug ein schwarzes Hemd und eine dunkelgraueJeans. Tief atmete Mio durch. Okay, es ist KEIN Date. Es ist NUR ein Treffen. Unter Freunden. „Hey, Chazz.“ Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf und versuchte, normal wie immer zu wirken. Er zuckte leicht zusammen, war er etwa so tief in Gedanken versunken gewesen? „Oh, hey. Gehen wir rein?“ Sie nickte ihm zu. „Ja, klar.“ Das Café war schlicht eingerichtet, aber es wirkte dennoch recht nobel. Zum Glück waren die Preise nicht zu teuer. Mio hatte extra genug Geld mitgenommen, denn es wäre so peinlich gewesen, wenn Chazz für sie hätte bezahlen müssen. Doch sie traute ihm zu, dass er das Geld von ihr zurückverlangt hätte, mit Zinsen. Sie setzten sich an einen Tisch, der am Fenster stand. Man konnte nach draußen auf das Meer schauen. Mio bestellte sich einen Eiskaffee, Chazz einen Latte Macchiato. Die Schwarzhaarige schluckte kurz, ehe sie sagte: „Du, Chazz? Ich denke, wir wissen beide, dass das einfach nur ein Treffen unter Freunden ist und kein Date.“ Der Junge sah sie verblüfft an. „..Ja, klar, davon bin ich ja auch ausgegangen.“ Mio lächelte krampfhaft. „Dann ist ja gut. Tut mir auch leid, wegen dem Duell. Aber ich hatte wirklich keine Lust, mit Atticus auf ein Date zu gehen.“ „Dann lieber mit mir?“, entgegnete Chazz grinsend. Mio ballte ihre Hände zu Fäusten, um nicht rot zu werden. „Nein, in erster Linie ging es mir natürlich darum, das Duell zu gewinnen.“ „Hm, das hat sich gerade eben aber noch anders angehört. Denn du hast gesagt, kein Date mit Atticus haben zu wollen, also wolltest du deshalb gewinnen. Schließlich hattest du am Ende die Auswahl.“ Das Mädchen schluckte einen dicken Kloß in ihrem Hals hinunter. Ihr gefiel nicht, in welche Richtung das Gespräch ging. „Oha, das läuft ja nicht gut“, sagte Atticus. Alexis verdrehte die Augen. „Wieso sind wir eigentlich hier? Das ist so kindisch!“ „Wieso bin ich eigentlich dabei?“, fragte Syrus. „Psst“, erwiderte Jaden. Die vier saßen in einer versteckten Ecke im Café und beobachteten die beiden. Was sie sagten, konnten sie natürlich nicht verstehen, aber die Gesichtsausdrücke von Mio und Chazz verrieten genug. „Leute, ich hab keine Lust mehr“, sagte Alexis. „Ich auch nicht“, meinten Jaden und Syrus. „Och Leute“, seufzte Atticus. „Nein, ich finde das nervig. Ich warte draußen.“ Alexis stand unbemerkt auf und nahm den Hinterausgang des Cafés. Schließlich folgten ihr auch die anderen, auch Atticus, der alleine nicht zurückbleiben wollte. Aber dem Mädchen gingen einfach nicht Mios traurige Augen aus dem Kopf.. „Aber was hat das denn damit zutun? Im Endeffekt zählt doch nur, dass wir hier sitzen und uns die Zeit vertreiben.“ „Wieso müssen? Du kannst jederzeit gehen“, erwiderte Chazz. Mio verzog ihr Gesicht. Wieso war er nur so abweisend? Wieso war er so kalt zu ihr? „Warum gehst du dann nicht, Chazz?“, fragte sie kühl. „Weil es sich nicht so gehört.“ „So? Es ist also deine Pflicht, hier zu sitzen?“ Sie formte ihre Finger stärker zur Faust und merkte, wie die Fingernägel sich in ihre Haut bohrten. „Gib es doch zu, wenn Alexis hier wäre, würdest du auf dem Boden kriechen und sie anhimmeln.“ „Bitte was?“ Diesmal war Chazz derjenige, der sie völlig überrumpelt anstarrte. Mio setzte ein falsches, selbstgefälliges Lächeln auf. „Aber tut mir leid, deine Angebetete ist leider nicht hier. Du hast ja sowieso nicht genug Mumm, um sie zu fragen!“ „Was unterstellst du mir?!“ Mio stand abrupt auf, sodass der Stuhl laut krachend auf den Boden fiel. „Hör endlich auf, andere wie Dreck zu behandeln, okay?! Nur weil du in Alexis verknallt bist, muss das nicht heißen, auf andere hinab zusehen! Okay, du willst sie lieber hier haben, ich hab schon verstanden! Dann hör aber auf, dich so scheiße mir gegenüber zu verhalten! Ich kann sowas echt nicht ab. Und glaub mir, Atticus wäre mir wirklich lieber gewesen. Wenn es nicht um meine Ehre gegangen wäre, dann hätte ich für ihn verloren!“ Wütend knallte sie ihr Geld auf den Tisch und ging aus dem Café heraus. Sie ließ einen fassungslosen Chazz zurück. Draußen angekommen bemerkte sie die anderen nicht, sondern rannte zur Unterkunft zurück. Sie weinte, aber nicht aus Traurigkeit. Sondern nur aus purer Wut. Kapitel 29: Sie versteht ihn nicht ---------------------------------- Kapitel 29: Sie versteht ihn nicht   Chazz rückte einfach nicht mit der Sprache raus. Egal wie oft Alexis und die anderen ihn fragten, was denn beim „Date“ passiert war, sagte er nichts. Bei Mio trauten sie sich schon gar nicht, nachzufragen, denn wenn allein der Name „Chazz“ fiel, verengten sich wütend ihre Augen und sie presste ihre Lippen fest aufeinander. Für Atticus war eines klar: Chazz hatte alles versaut. Aber das Problem war wiederum, dass dieser nichts sagte. Und so konnten alle nur Vermutungen anstellen und letztlich wurde das Thema tot geschwiegen. Doch alle fragten sich, wieso Mio und Chazz sich ignorierten, wenn sie sich beim Vorfall mit Mios Vater so gut verstanden hatten.. Jaden blickte sowieso bei nichts mehr durch. Er versuchte nur viel mit Mio zu machen, um sie aufzuheitern. Oft war es dann so, dass sie mal wieder glücklich lachte, aber Alexis zeigte ihm dann die kalte Schulter, was ihn wiederum verletzte. Er hatte Mio wie eine Schwester richtig gerne, und wollte ihr helfen, schließlich hatte es an Chazz gelegen, dass sie so unglücklich war. Doch Alexis wollte er auch nicht verlieren, immerhin war da jedes Mal dieses Bauchkribbeln, was er sich nicht erklären konnte.. Die Spannung war sehr groß zwischen allen, jeder reagierte gereizt oder sagte nichts. Atticus war für eine Aussprache, doch wer würde sich daran schon halten? Eines Tages kam Syrus aufgeregt, der inzwischen in Ra Yellow war, zu den anderen in die Slifer Red Kantine gelaufen: „Leute, heute Abend duelliert sich mein Bruder gegen Aster Phoenix!!!“, kreischte er laut. Mio zuckte zusammen. Zane duellierte sich? Sie hatte ihn so lange nicht mehr gesehen. Ab und zu hatten sie mal geschrieben, besonders nach diesem „Date“ mit Chazz. Sie mochte Zane als Freund total gerne und er half ihr, sich abzulenken. Die Sache mit Chazz saß tief in ihr. Wie konnte man nur so ein gefühlskalter Mensch sein? Er hatte sich nicht einmal bei ihr entschuldigt. Daher ignorierte sie ihn eiskalt, obwohl sie ihn immer noch so sehr mochte. Es fiel ihr schwer, aber so war es wirklich das Beste. Sie konnte sich gar nicht mehr vorstellen, dass er derjenige gewesen war, der ihr mit ihrem Vater geholfen hatte. Eigentlich hätte es Jaden sein müssen, nicht Chazz. Denn Jaden kümmerte sich wenigstens um sie.. Am Abend trafen sich alle Schüler aus der Schule im großen Saal, um sich das Duell anzuschauen. Mio hatte sich weit weg von Chazz weggesetzt. „Ich bin echt auf das Duell gespannt“, meinte Bastion. „Hm“, sagte Chazz spöttisch, „ein Pro, der nicht mal Jaden schlagen konnte, hat wohl kaum Chancen gegen Zane.“ „Er hat recht, stimmt’s, Jaden?“, meinte Syrus. „Äh, j-ja, klar.“ Mio schaute nachdenklich auf den Fernseher. Aster hatte damals nur ein Amateur-Deck benutzt..aber wieder einmal sah man, wie abfällig Chazz von anderen Leuten sprach! Nicht, dass sie auf Asters Seite war, aber sie glaubte sehr wohl, dass er stark war. Dasselbe schien auch Jaden zu denken, denn er war ebenfalls sehr nachdenklich. Vor dem Duell war erstmals viel Show mit spektakulären Effekten, um dann die Duellanten vorzustellen. Zane sah noch genauso aus wie früher, dennoch wirkte er schon sehr erwachsen, was er während seiner Schulzeit aber auch schon war. Aster Phoenix dagegen erinnerte Mio an einen kleinen, arroganten Schnösel. Die Fans jubelten laut und auch die Schüler im Saal feuerten Zane an. Das, was Mio aber wunderte, war, dass Aster Elementarhelden wie Jaden verwendete. Aber die Fusionen waren völlig andere.. Statt Flammenflügelmann erschien Elementarheld Phoenix Enforcer. Jaden kapierte mal wieder nichts, was alle anderen aufregte. Dieser Junge war einfach eine Nummer für sich! Seitdem Aster die Fusion ausgespielt hatte, dominierte er das Duell. Obwohl Zane immer wieder zu gewinnen schien, wendete Aster das Blatt. Mio konnte über seine Fähigkeiten nur staunen. Dass selbst Zane, DER Zane, Probleme gegen ihn hatte… es war kaum zu glauben. Das Niveau war jenseits Mios Vorstellungskraft. Dabei hatte sie immer gedacht, sich gut duellieren zu können.. Doch das war wirklich eine Nummer zu hoch. Die Turniere, bei denen sie gespielt hatte, waren im Vergleich dazu Kinderkram. Geschockt mussten alle mit ansehen, wie Aster Phoenix mit nur einer Fallenkarte Zane besiegte. Nur wie hatte dieser die Fallenkarte übersehen können?? Das war ein Anfängerfehler! Im großen Saal herrschte Schweigen. Alle waren von Zanes Niederlage betroffen – immerhin war er der stärkste Duellant der Schule gewesen! Besonders nahm das alles Syrus mit. Aber auch Mio starrte traurig auf den Fernseher. Dann erschien auf einmal ein Interview mit Aster Phoenix. Mio bekam beinahe Aggressionen, wie konnte ein Duellant nur so arrogant sein und seinen Gegner nicht würdigen? Das war unglaublich! „Ich fordere Jaden Yuki heraus, der das gleiche Deck mit Elementarhelden hat! Morgen komme ich an die Akademie! Dann werden wir sehen, wer es verdient, das Heldendeck zu benutzen.“ Geschockt sahen alle zu Jaden. Der Pro-Duellant Aster Phoenix forderte Jaden heraus? Aber wieso gerade ihn? Jaden hingegen war völlig außer sich. Für ihn war es eine Ehre, gegen einen Pro-Duellanten zu kämpfen. Seine Hände kribbelten vor Aufregung. Mio runzelte besorgt die Stirn. Wie konnte man nur so naiv sein?? Aster war ein Profi, Jaden hingegen.. Gut, er hatte mit Zane mithalten können, aber wenn selbst ER verloren hatte.. In Gedanken versunken begab sie sich in ihre Unterkunft. Alexis war noch bei Jaden, Syrus und den anderen. Müde warf sie sich auf ihr Bett. Dieser verzogene Bengel.. Er verbarg irgendetwas. Aster war so mysteriös, niemand konnte ihn durchschauen. Er war jünger als sie, doch trotzdem so stark. Was war sein Ziel? Und wieso wollte er sich ausgerechnet mit Jaden duellieren? Wieso kam er an die amateurhafte Akademie? Da war irgendetwas faul, Mio konnte nur noch nicht sagen, was. Plötzlich hörte sie draußen ein lautes Geräusch. Was war das? Eine Explosion? Rasch rannte sie aus ihrer Zimmertür nach draußen. Nichts war zu sehen. Rechts erblickte sie lediglich das dunkle, schwarze Meer. Fröstelnd schlang sie ihre Arme um sich. Aus ihrem Zimmer holte sie sich eine grüne Sportjacke und zog sie sich über. Gedankenverloren schlenderte die junge Duellantin den Weg entlang. Die kühle, frische Luft tat gut. Ihr Kopf wurde etwas freier, dennoch machte sie sich Sorgen. Sie hatte ein sehr schlechtes Gefühl bei allem, das fing alles mit Zane an, der Asters verdeckte Karte übersehen hatte. Im Moment schienen die Ereignisse sich nur so zu überschlagen und das konnte nichts Gutes bedeuten.. Auf einmal hörte Mio Schritte. Eine Person kam aus dem Wald heraus und lief ihr entgegen. Der Blick des Mädchens verfinsterte sich. „Aster Phoenix.“ Die silbernen Haare und das blasse Gesicht des jungen Duellanten schimmerten im Mondlicht. „Ach, dich kenne ich doch. Du gehörst doch zu Jaden Yukis Leuten.“ Mio nickte und starrte ihn böse an. Der Junge hob eine Augenbraue. „Was ist?“ „Ich mag dich nicht“, sagte Mio kalt. Falls Aster überrascht war, zeigte er es nicht. Der Profi-Duellant setzte nur ein Grinsen auf. „So?“ „Irgendetwas geht hier vor. Und du hast damit was zutun, ich weiß nur noch nicht, was. Aber das werde ich auch noch herausfinden.“ „Das werden wir ja sehen.“ Ein letztes Mal sahen sich die beiden an. Blau traf auf Blau. Dann gingen sie wieder getrennte Wege. „Was war hier denn los?“, fragte eine bekannte Stimme. Überrascht drehte sich Mio um. „Was hast du mit Aster Phoenix besprochen?“, fragte Chazz Princeton. Sie überlegte, ob sie ihm überhaupt antworten sollte, aber dann entschied sie sich dafür. „Nichts Besonderes. Er verbirgt nur etwas.“ Mio trat an die Felsenklippe und ließ ihren Blick über das Meer schweifen. Der Wind strich ihr durch die Haare. Beide schwiegen. Mio liebte Chazz‘ Nähe, obwohl sie ihn für das, was er ihr beim „Date“ angetan hatte, hasste. Doch Gefühle konnte man nicht einfach abstellen. „..Eigentlich wollte ich nur sagen, dass morgen früh Jadens Duell gegen Phoenix stattfindet.“ Mio unterdrückte ihre Überraschung und nickte nur teilnahmslos, sie wollte vor ihm nicht ihre Gefühle zeigen. Aster duellierte sich nochmals mit Jaden – aber nun mit seinem richtigen Deck. Die Schwarzhaarige schwieg, wieso sollte sie auch mit Chazz reden? Sie fixierte ihren Blick auf das tobende, dunkle Meer. Wie sie das Rauschen liebte. Sie wartete, bis Chazz wieder ging, aber er stand immer noch neben ihr. Er trug einen dicken, warmen Pullover und hatte seine Arme verschränkt. Auf einmal wandte er seinen Blick zu ihr. „Hat dich das mit Zane eigentlich stark mitgenommen?“ Das Mädchen hob verblüfft eine Augenbraue. „Natürlich hat mich das mitgenommen.“ „Hm, achso.“ Er machte eine kurze Pause. „Ich glaube, jedem erging das.“ „Klar, wir reden schließlich von Zane“, sagte Mio trocken. Sie verstand nicht, wieso Chazz mit ihr auf einmal sprach. Sie hatten sich doch keines Blickes gewürdigt. „Na denn“, sagte Mio. „Ich denke, ich gehe mal.“ Sie wollte sich umdrehen, doch auf einmal packte Chazz sie am Arm. Mio bekam Gänsehaut. Ihre Hände wurden ganz warm. Sie wollte einen Schritt zurückgehen, doch ihre Beine bewegten sich nicht. Chazz fuhr sich nervös durch die Haare. Irrte sie sich, oder waren seine Wangen rot? Im Dunkeln konnte sie das nicht so gut erkennen.. vielleicht war es auch nur Einbildung.. „Ähm, also.. wegen..“ „Was ist?“ Sie versuchte, gefasst zu klingen. „Es… Also mir t..“ Er blickte ihr lange in die Augen. Dann seufzte er hoffnungslos. „Ach, ist schon okay.“ Enttäuscht schauten Mios blaue Augen zu Chazz. Der Schwarzhaarige wandte sein Gesicht ab. Eine unangenehme Stille herrschte zwischen ihnen. Doch dann hob Chazz seine Hand und strich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Bei der Berührung zuckte sie zusammen. Ihre wurde ganz heiß. Sie konnte sich nicht rühren. „Wir… sehen uns morgen, oder?“ „J-Ja klar“, brachte das Mädchen mit Mühe hinaus. Chazz lächelte. „Okay, dann bis morgen! Man sieht sich!“ Zum Abschied hob er die Hand und drehte sich schnell um. Dann verschwand er im Wald. Und alles um sie herum war dunkel. Schwach sank Mio auf den Boden. Ihr Herz pochte wie verrückt. Sein Grinsen… Unbewusst fühlte sie sich an den Kopf. Seine Hand war so weich, so warm.. es war so unbeschreiblich.. ihre Wangen glühten. Was sollte sie nun tun? Er hatte sich nicht entschuldigt, zumindest nicht verbal, aber zeigte seine Geste nicht alles? Dass es ihm leid tat? Aber war er nicht zu feige, um sich wenigstens richtig zu entschuldigen? Das Mädchen schüttelte den Kopf. Vielleicht sollte sie auch einfach nur bis morgen abwarten. Mal sehen, wie es dann zwischen ihr und Chazz laufen würde. Nur wenigstens konnte sie jetzt wieder mit ihm reden. Aber fühlte er also mehr für sie? Ein Hoffnungsschimmer regte sich in Mio. Wenn es ihm mit dem Date nicht egal war, dann musste sie ihm etwas bedeuten. Das hoffte sie zumindest. Mit einem leisen Seufzen schaute sie in den Himmel und war auf den nächsten Tag gespannt. Dennoch hatte sie wegen Aster ein schlechtes Gefühl und machte sich unheimliche Sorgen um Jaden.. Hoffentlich passierte ihm nichts.       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)