Kurzgeschichten von AnnaBlume (Meine Sammlung von schnellgelesenen Erzählungen) ================================================================================ Kapitel 3: Der Teich des Lebens ------------------------------- Der Teich des Lebens Als vor langer Zeit an einem späten Herbstnachmittag ein Mädchen in der Burg eines Fürsten geboren wurde, nannten die glücklichen Eltern das Kind Jeunesse. Da die Tochter bald heranwachsen würde, boten sie einen Freund der Familie namens Montgomery Grey auf, der Tag und Nacht auf Jeunesse aufpassen sollte. Sie wurden nicht enttäuscht. Jeunesse und Montgomery verbrachten jede Minute miteinander, er folgte ihr auf Schritt und Tritt, und sie fand Gefallen daran. Beide hatten eine glückliche Zeit. Bis Jeunesse eines Tages ein komisches Gefühl im Magen spürte. Jedes Mal, wenn sie Montgomery ansah, konnte sie es spüren. Als sie ihn darauf ansprach, wurde er ganz rot und meinte nur, das sei Liebe. Da Montgomery nun um der Fürstentochter Herz wusste, nahm er seinen ganzen Mut zusammen und öffnete ihr das seine. Denn auch er hatte sich verliebt. Sie waren glücklich, jede Sekunde gemeinsam verbringen zu können, doch irgendwann bemerkten die Eltern von Jeunesse die Liebe zwischen ihrer Tochter und ihrem Freund. Das konnten sie nicht dulden, er war schliesslich bereits ein älterer Herr und sie erst gerade vierzehn geworden. Also schickten sie ihn fort und sperrten Jeunesse in ihre Kammer ein. Das Mädchen weinte sich stundenlang die Augen aus. Sie fühlte sich schrecklich allein ohne Montgomery. Sie war noch nie allein gewesen. Am nächsten Morgen ging in der Burg des Fürsten ein merkwürdiges Gerücht um. Es hiess, es sei ein Teich entdeckt worden, bei dessen Betreten ein Kind sich in Sekundenschnelle in einen Erwachsenen und ein Erwachsener sich in ein Kind verwandeln würde. Als dies Jeunesse zu Ohren kam, fasste sie neuen Mut. Sie schickte eine Taube los, um Montgomery mittzuteilen, was sie gehört hatte. Noch in derselben Nacht schlich sie sich aus dem Fenster und floh in die nächstgelegene Stadt, von der sie wusste, dass sich ihr geliebter Montgomery dort aufhalten würde. Als er sie im Mondesschein vor seiner Tür erkannte, wäre er vor Glück fast geplatzt. Da er den Brief erhalten hatte, brauchten sie nicht lange zu diskutieren, ehe sie noch in den Schatten der Nacht aufbrachen. Auf der Suche nach dem Teich des Lebens. Sie ritten über weite Felder und hohe Gebirge, durch dunkle Wälder und heisse Wüsten, und als sie nach zwei Wochen besagten Teich erreichten, blickten sie dem Gewässer ehrfürchtig entgegen. Sie stellten sich ans Ufer und sahen auf den Grund. Undurchsichtig schwappte das Wasser hin und her. Plötzlich sagten beide gleichzeitig: „Also los, spring rein!“ Da schauten sie sich verdutzt an. Jeunesse meinte, es sei doch glasklar, dass Montgomery in den Teich springen müsse, da sie dann noch ihr ganzes Leben vor sich hätten. Montgomery hingegen aber begründete seine Aussage damit, dass sie in seinem Alter schon alles machen könnten. So stritten sie über die Frage, ob alt oder jung, und bemerkten nicht, dass sich unter ihren Füssen langsam das Ufer löste. Mit einem lauten Platschen landeten beide im Wasser. Als sie auftauchten, sahen sich ein junger Bursche und eine ältere Dame sprachlos an. Einen Augenblick später mussten beide lachen. Da die Eltern von Jeunesse, welche vermutlich bestimmt schon im ganzen Land gesucht wurde, ihre Tochter nicht wiedererkennen würden, beschloss das Paar, ein gemeinsames Leben anzufangen und nicht auf die Blicke anderer schauen, die sich fragen würden, weswegen eine Mutter ihren Sohn so häufig küsste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)