Bloody Twins von SlytherinPrincess ================================================================================ Kapitel 14: ------------ Desmond Erschöpft lasse ich mich auf das Bett fallen. Zwar nichts das, was ein Sarg bieten könnte, aber immerhin besser als gar nichts. Ich starre an die Decke. Verdammt! Wie bin ich nur in diese beschissene Situation hineingeraten? Hätte ich doch nur nichts getrunken... Hoffentlich geht es Flora gut. Ich könnte mir niemals verzeihen, wenn sie auch noch wegen der Rede bestraft werden sollte. Plötzlich geht die Tür zu meiner Zelle auf und drei große Gestalten kommen rein, die irgendwie gefährlich aussehen. Ich schlucke. Was wollen die von mir? "Mitkommen!", fordert mich einer von ihnen auf. Ich bin so eingeschüchtert, dass ich ihnen sofort folge. Oh Mann, das geht hier ja super los. Was wird mich hier wohl sonst noch erwarten? Zögerlich sehe ich mich um. Sie führen mich durch mehrere dunkle Gänge und an zahlreichen Zellen vorbei und schließlich einige Treppen hinab, bis wir vor einer schweren Tür halt machen. Ich schlucke, als ich auch schon durch die geöffnete Tür gestoßen werde. Schmerzhaft pralle ich auf dem harten Steinboden auf, als mich auch schon zwei der drei Typen wieder auf die Beine zerren. Der dritte stellt sich vor mich und sieht mich mit hartem Blick an. "Du wirst nun das Aufnahmeritual durchstehen müssen. Wie alle Neuen." Verächtlich grinst er mich an, während er seinen beiden Schergen zunickt, die sich daraufhin an meinen Hosen zu schaffen machen. Sie werden doch nicht... Einzelne Tränen rinnen über meine Wange, als sowohl meine Jeans als auch meine Boxershorts zu Boden fallen. "Bitte... bitte nicht...", schluchze ich, denn ich weiß, was mich nun erwartet. Doch mein Bitten wird nicht erhört. Hart pressen mich die beiden Schergen bäuchlings auf einen dunklen Holztisch. Weitere Tränen rinnen über meine Wangen. Wieso passiert mir das nun schon zum zweiten Mal? Was habe ich getan, dass ich so gestraft werde? Der dritte Kerl tritt hinter mich und ich höre, wie er den Reißverschluss seiner Hose aufzieht. Ich schließe die Augen. Das kann doch alles nicht sein! Das darf nicht sein! Bitte, lass es nur einen bösen Traum sein! Doch es ist kein böser Traum, denn schon spüre ich sein Glied an mir, wie er sich langsam in mich schiebt... Ich habe das Gefühl, innerlich zerrissen zu werden... Tränen laufen über meine Wangen und ich schreie vor Schmerz, doch damit entlocke ich den anderen nur ein hämisches Lachen. Bei jedem Stoß schreie ich gequält auf. Dieser Schmerz ist grausam und kaum zu ertragen. Seine Stöße werden heftiger und schneller. Weitere Tränen verlassen meine Augen und hinterlassen rote Schlieren auf meinen Wangen. Noch einige weitere Stöße. Dann stöhnt er auf und ich spüre seinen Samen in mir. Die anderen beiden lassen mich los und ich sinke schluchzend zu Boden. Wieso haben sie mir das nur angetan? Der Schmerz zieht sich noch immer durch meinen Körper, als ich plötzlich auf die Beine gezogen und in meine Zelle zurückgeschleift werde. Hart stoßen sie mich in die Zelle und ich pralle schmerzhaft auf den Boden. Doch dieser Schmerz ist nichts gegen den, der sich von meinem Hintern aus durch meinen Körper zieht. Jede Bewegung schmerzt und ich schaffe es nur mit Mühe, mich auf das Bett zu schleppen. Der Strom meiner Tränen will nicht versiegen und noch immer wird mein Körper von tiefen Schluchzern erschüttert. Ach Flora... ich wünschte du wärst hier... Ashlee Wieso müssen wir am Wochenende eigentlich immer um dieselbe Zeit Frühstücken, denke ich genervt als mein Wecker viel zu früh klingelt. Völlig verschlafen versuche ich ihn abzuschalten, was mir erst beim dritten Versuch gelingt. Dieses blöde Ding. Am liebsten würde ich ihn jeden Abend abschalten, aber seit dem ich so häufig in der Schule zu spät gekommen bin, hat Vater den Knopf versiegelt. Egal was ich auch versuche, es ist unmöglich dieses Siegel zu entfernen und die Weckzeiten umzustellen. Und wegwerfen brauch ich ihn gar nicht erst versuchen, das gibt nur wieder riesen Ärger… Genervt vom frühen aufstehen, ziehe ich meine Sachen an, die ich verstreut auf den Boden finde. Das sollte ich schnell aufräumen, bevor Mutter mir wieder einen unerwarteten Kontrollbesuch abstattet. Aber dazu habe ich überhaupt keine Lust. Wieso muss ich auch nur in dieser Familie leben? Immer dreht sich alles um Disziplin und Ordnung! Das passt doch gar nicht zu mir… Langsam schlendere ich nach unten. Auch wenn ich genau weiß, dass ich mich beeilen sollte. Unpünktlichkeit gibt es nämlich nicht in unserer ach so reizenden Familie! Wieso können wir nicht so sein, wie jede andere Familie auch. Wer frühstückt heute noch mit den Eltern zusammen? Jeder, den ich kenne, darf am Wochenende so lange schlafen wie er möchte. Wieso ich nicht? Das ist doch so fies. Wieso werde ich nur so bestraft? Gerade heute hätten meine Eltern doch mal eine Ausnahme machen können, die Trauerfeier war doch wohl lang genug. Aber nein, wir frühstücken natürlich wieder zur selben Zeit. Bloß keine Ausnahmen einführen, dass könnte ja Schwäche in ihrer Erziehung zeigen! Schon als ich auch nur die Tür einen kleinen Spalt öffne, dröhnt mir Vaters strenge Stimme entgegen. „Du bist eine Minute zu spät, Ashlee!“ Eine Minute. Der soll sich mal nicht so anstellen, als ob die mich schon vermisst hätten. Ihm wäre es doch ehe lieber, wenn es mich nicht gäbe oder ich genauso wie Violetta wäre! „Tut mir leid, aber die Nacht war gestern so lang.“, versuche ich ihn mit leiser Stimme ihn zu besänftigen. „Schweig!“, fährt Vater mich an. „Oder habe ich dir etwa erlaubt zu sprechen.“ Nicht schon wieder. Wieso muss ich mir das nur jeden Morgen antun? Ich weiß, dass ich beim Essen nicht reden darf, da Mutter und Vater sich ungestört unterhalten wollen. Aber wieso muss ich dann mit ihnen essen? Das hat doch gar keinen Sinn! Stillschweigend setze ich mich an meinen Platz und beginne langsam das Frühstück in mich hinein zu quälen. So früh am Morgen bekomme ich eigentlich keinen Bissen herunter. Aber ich muss, dank meiner lieben, fürsorglichen Eltern… Die gestrige Nacht scheint die beiden nicht mehr zu beschäftigen, leider. Ich hatte so sehr gehofft, dass sie sich am Frühstückstisch noch einmal darüber unterhalten. Ich habe so viele Fragen. Wie soll ich es nur anstellen Vater auszufragen? Er weiß alles über Desmond und seine Familie, da bin ich mir sicher. Nur freiwillig wird er es mir wohl kaum erzählen… Während ich in meinen Gedanken bei meinen Liebling Desmond bin, erblicke ich plötzlich die neue Ausgabe des Vampir-Journals. Mir bleibt mein Brötchen fast im Halse stecken. Das darf einfach nicht wahr sein! Wie können die ihm das nur antun? Desmond…. „Die Alucards bringen Schande über die ganze Welt! Verliert der oberste Sicherheits-Seneschall Anchoret Alucard womöglich seine Chance ein Ratsmitglied zu werden und auch noch seinen hart erkämpften Job? Wird er dies seinem Sohn jemals verzeihen können, der gestern Nacht die ganze Welt erschütterte. Wie eine Lawine ging die Meldung durchs Land. Niemand hätte damit gerechnet. Ausgerechnet der Sohn des obersten Sicherheits-Seneschalls fordert zu einer Hetzjagd gegen die Menschen auf! Und das auch noch auf der Trauerfeier zum 20. Todestag seiner eigenen Mutter! Man konnte Anchoret Alucard förmlich anmerken, wie er nach Luft schnappte als die schrecklichen Worte die Gruft durchdrangen. Dementsprechend war auch seine dürftige Entschuldigung, um die Situation noch zu retten, die schon lange verloren war… Nun fragen sich alle, sollte so einer wirklich ein Ratsmitglied werden? Sollte man ihm wirklich so viel Verantwortung zutrauen? Ist er nicht etwa schon mit seiner jetzigen Position als Sicherheits-Seneschall überfordert? Wenn er nicht einmal seinen eigenen Sohn unter Kontrolle bringen kann, wie soll er dann so eine hohe Position ausführen? Darüber wird momentan heikel diskutiert. Im Laufe der Woche sollen die Entscheidungen durch den Pressesprecher des Rates der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden! Wir freuen uns schon heute über die vernichteten Kommentare! Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat der gute Herr Anchoret Alucard für immer ausgedient… Aber was wird jetzt mit seinem Sohn Desmond Alucard werden? Was für Strafen er von seinem momentan so freundlichen gesinnten Vater zu erwarten hat, ist bisher noch unbekannt. Genauso, wie es seiner Schwester ergehen wird. Hat sie womöglich auch noch etwas mit dieser schrecklichen Tat zu tun? Der Vampirrat hat etwas in dieser Richtung angedeutet, ob sich dies letztendlich bewahrheiten wird, wird sich zeigen… Das einzige was wir heute schon mit Gewissheit sagen können ist, dass Desmond Alucard bei seinem Hetzaufruf unter Alkoholeinfluss stand. Und das obwohl er noch Minderjährig ist! Wie viel Schande kommt wohl noch zum Vorschein? Bezüglich des Alkoholmissbrauchs hat der Rat schnell gehandelt, noch heute Abend wird Desmond Alucard für zwei Wochen in die Jugendarrestanstalt Dolor Crudelitas eingewiesen! Auch wenn man von vielen hört, dass zwei Wochen viel zu kurz sind….“ Wie soll er das nur überleben. Ich weiß, dass Desmond stark ist, aber wird er auch dies durchstehen? Oder täusche ich mich in ihm? Spielt er seine Stärke womöglich nur? Er tut mir so leid. Dolor Crudelitas ist das Schlimmste, was einem jugendlichen Vampir geschehen kann. Ich bin völlig verzweifelt. Am liebsten würde ich einfach losheulen. Aber ich sitze immer noch am Frühstückstisch. Und das könnte ich meinen Eltern niemals erklären… Desmond, wieso kann ich dir nicht helfen? Wieso nur? Das ist alles so fies… Während ich im Gedanken nur bei meinem Liebling bin, ertönt neben mir Mutters Stimme. „Trödel nicht schon wieder so herum Ashlee! Das gehört sich nicht! Violette macht so etwas auch nicht!“ Ich sehe Mutter und Vater erschrocken an, so sehr hat mich die Stimme aus meinen Gedanken gerissen. Die beiden sind schon fertig mit frühstücken, ihre Teller sind leer. Und ich… ich habe gerade mal einen einzigen bissen von meinem Brötchen gegessen. Kein Wunder, dass die sich jetzt wieder für mich interessieren. Schließlich wollen die beiden abräumen und ich sitze denen im Weg herum. Wieso sollte es auch anders sein? „Du hattest jetzt genug Zeit. Aber wie es aussieht hast du wohl etwas gegen unser hart verdientes Essen.“, sagt Vater hinterhältig. „Steh gefälligst auf und geh nach oben deine Hausaufgaben machen. Frühstücken fällt heute für dich aus! Selbst schuld, wenn du so herumtrödelst. Zeit ist kostbar, das haben wir dir doch wohl beigebracht. GEH!“, schreit er mich an. Wieso erschreckt mich dieses Verhalten immer wieder? Eigentlich muss ich doch daran gewöhnt sein. Es ist doch immer so… Genervt stehe ich auf und verlasse ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen die Küche. „Und trödle bei den Hausaufgaben nicht herum. In zwei Stunden sind die fertig auf meinem Schreibtisch!“, sagt Vater etwas lauter als sonst hinter mir her. Als ob ich die nicht schnell und sorgfältig machen würde. Denkt der etwa ich will noch mehr bestraft werden? Mein Leben noch weiter einschränken? Auch wenn das wohl kaum noch möglich ist… Wann habe ich denn schon mal etwas Freizeit… Langsam lasse ich mich auf meinem Schreibtischstuhl sinken. Wie soll ich mich nur konzentrieren? Meine Gedanken sind doch nur bei Desmond. Aber wenn ich meine Hausaufgaben nicht in zwei Stunden fertig habe… Der Gedanke lässt mich erschaudern, ich will nicht mehr… Wieso lebe ich überhaupt noch? Jeder kleine Lichtblick erlischt, ohne, dass ich jemals das große, helle Strahlen sehen kann. Wieso ist mein Leben nur so beschissen? Verzweifelt senkt sich mein Kopf auf die Schreibtischplatte. Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten… So sehr wünsche ich mir, dass Desmond mich umarmt, liebevoll ist und einfach nur für mich da ist, aber er hat momentan ganz andere Probleme… nicht nur mein Leben scheint eine Katastrophe zu sein… Was ist nur in seinem Leben alles vorgefallen? Was hat seinen Hass nur gegen die Menschen geweckt? Da kommt mir plötzlich ein genialer Gedanke, wie ich Vater zum Reden bewegen könnte. Eifrig krame ich meine Schulsachen hervor. Wenn ich meine Hausaufgaben sensationell erledige, wird sich doch wohl eine Möglichkeit ergeben Vater zu fragen. Ein Versuch ist es zumindest wert. Voller Hoffnung gehe ich fleißig an die Aufgaben… Flora Ich kann es immer noch nicht fassen. Desmond ist tatsächlich weg. Es fällt mir schwer diese Gedanken zu vergessen. Aber es geht nicht. Zu sehr hänge ich an meinem geliebten Bruder. Lange liege ich, einfach nur an die Decke starrend, in meinem Sarg. Meine Gedanken drehen sich nur um dieses eine Thema. Aber ich weiß, dass ich ihm nicht helfen kann, leider. Aber dennoch lässt es mich nicht in Ruhe. Es muss doch einfach etwas geben, irgendetwas… Alles spielt sich wie ein Film noch einmal vor meinen Augen ab. Und erst jetzt werde ich mir über meine eigenen Probleme bewusst. Sie mögen zwar nicht so schlimm sein, wie Desmonds. Aber dennoch, ich ahne, dass noch etwas auf mich zukommen wird. Vater war gestern so komisch. Und was sollte dieses „Speziell", was er gestern Abend noch mehrmals erwähnt hat? Und über was will er mit mir noch reden? Ist nicht schon alles gesagt worden? Und dann auch noch Großvater. Er wird zwar heute Abend nach Hause fahren, aber wie soll ich mich nur ihm gegenüber verhalten? Wie nur? Ich kann einfach nicht vergessen, wie brutal er zu Desmond war. Ich werde nie wieder in meinen Leben den Großvater in ihm sehen können, den ich glaubte zu kennen… Was soll ich nur machen, wenn ich ihm begegne? Ich will ihn nicht sehen! Nie wieder! Aber spätestens heute Abend bei seiner Abreise will er mich noch einmal sehen, das ist gewiss. Soll ich so tun als ob nichts gewesen wäre? Vielleicht lässt er mich dann in Ruhe. Ich möchte mich auch nicht mit ihm streiten, aber kann ich wirklich so weitermachen wie bisher? Während ich immer noch über die bevorstehende Begegnung mit Großvater nachdenke, ziehe ich mich an und mache mich auf dem Weg nach unten. Langsam schleicht sich Hunger in mir ein, schließlich habe ich schon seit Tagen nicht mehr wirklich etwas gegessen. Zu groß war die Anspannung vor der Trauerfeier. Des Weiteren durften wir auch nicht so viel essen. Wir sollten schön blass für diesen besonderen Abend aussehen. Und das kann man eben nur erreichen, wenn man keine Nahrung und vor allem nur wenig Blut zu sich nimmt. Besonders letzteres wird schon für Vampire in unserem Alter auf Dauer schmerzhaft und ist kaum aufzuhalten. Ob sie unten wohl noch die Reste von gestern Nacht aufbewahrt haben? Voller Hoffnung mache ich mich auf den Weg Richtung Küche. Aber meine Vorfreude auf die leckeren Häppchen wird schlagartig vernichtet. Nein! Nein, das darf nicht wahr sein! Wieso? Wieso ausgerechnet jetzt? Großvater geht gerade unten durch die Eingangshalle Richtung Haustür. Wie erstarrt bleibe ich stehen. Bitte, sehe mich nicht! Bitte! Geh einfach nur zur Tür und verschwinde, denke ich bei mir. Und tatsächlich hält er schon die Klinke in der Hand ohne mich auch nur bemerkt zu haben. Doch dann, plötzlich, ich kann es immer noch nicht fassen, dreht er sich um. Wieso nur? Was hat ihn nur dazu verleitet? Gehört haben kann er mich doch gar nicht, ich habe mich doch kein bisschen bewegt! „Flora! Mein Engel! Das trifft sich gut, dass du kommst. Ich muss dir unbedingt jemanden vorstellen.", sagt er freundlich und voller Begeisterung zu mir. Jemanden vorstellen? Ich bin völlig verwirrt. Wer kann das nur sein? Meine Wut auf Großvater ist kaum noch zu spüren, zu groß ist die Anspannung und vielleicht auch die Vorfreude auf die Person, die er mir vorstellen will. Vielleicht kenne ich sie ja. Aber über wen sollte ich mich da dann schon freuen? „Er müsste jeden Moment…", beginnt Großvater während er durch die Haustür nach draußen zur Hofeinfahrt späht. „Ach, da ist er ja schon. Wusste ich doch, dass ein Motorgeräusch gehört habe." Meine Neugier steigt mehr und mehr. Langsam gehe ich die letzten Treppenstufen hinunter und gucke gebannt zur Tür. Wer mich jetzt wohl erwarten wird? „Ernesto!", begrüßt Großvater einen Mann, der deutlich jünger ist, als er. Ja, sogar noch jünger als Vater, wenn ich mich nicht täusche, müsste er auf die 30 zu gehen. Gesehen habe ich ihn noch nie und auch der Name kommt mir beim besten Willen nicht bekannt vor. Mag er wohl ein Verwandter sein? Unsere Familie ist groß, da kennt man nicht jeden. Irgendwie ganz schnuckelig sieht er schon aus, träume ich vor mich hin. „Ich habe dich schon hören kommen. Wie geht es deinen Vater. Ist er immer noch so viel am Arbeiten?", sagt Großvater freundlich und schüttelt ihn schwungvoll die Hand. „Ach, hallo! Ja, er hat es immer noch nicht übers Herz gebracht sich endlich zur Ruhe zu setzten. Aber sie kennen ihn doch.", gibt er mit scharmanter Stimme wieder. Seine Art, seine Eleganz, sie bezaubert mich. Meine Augen sind gebannt auf ihn gerichtet. „Ja, etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet", sagt Großvater scherzend. „Aber sein sie nicht so vornehm zu mir. Sie müssen mich nicht siezen. Ich habe dir doch schon lange das Du angeboten." „Das mag wohl in meiner Erziehung liegen. Ich bin es eigentlich nicht gewohnt, ältere Herrschaften zu duzen. Sie verdienen doch Respekt. Und auch den möchte ich ihnen entgegenbringen.", sagt er mit einem Augenzwinkern. „Sie Schmeichler. So sehr ich deine Umgangsformen auch zu schätzen weiß, bestehe ich auf ein DU! Unsere Familien kennen sich jetzt schon so lange, da ist es doch nur vernünftig endlich dazu überzugehen." Also doch kein Verwandter. Obwohl ich mir das doch hätte denken können. So ein gutaussehender Herr wäre mir bestimmt auf einer der zahlreichen Familienfeiern aufgefallen. Wenn er doch nur nicht so alt wäre… Er sieht zwar aus, als ob er auf die 30 in Menschenjahren zugehen würde, aber in Vampirjahren ist das eine halbe Ewigkeit, leider… „Und wer ist die reizende Dame hinter ih…dir, meine ich natürlich.", fragt er Großvater auf einmal. Erschrocken zucke ich ein wenig zusammen. Dieser Satz lässt meine Gedanken verschwinden. „Das ist meine Enkelin Flora.", gibt Großvater wieder indem er bei Seite tritt, um den Herrn Platz zu machen. Mein Herz fängt an zu rasen. Ich sehe, wie er sich langsam auf mich zubewegt, in seiner Eleganz. So eine Bewegung habe ich noch nie gesehen, da kann nicht einmal Elliots mysteriöse Gangart mithalten. „Ich bin sehr erfreut dich kennenzulernen.", sagt er, während er sanft meine Hand nimmt und sich leicht verbeugt. Ich bin hin und weg. „Ich bin im übrigen Ernesto Lester. Ich weiß nicht, ob dein Großvater dir schon etwas über mich erzählt hat. Aber wir werden ab jetzt etwas Zeit miteinander verbringen.", sagt er mit einer zum dahin schmelzenden Stimme. Ich kann mich kaum noch konzentrieren. Was hat er nur mit dem letzten Satz gemeint? Und was soll ich jetzt sagen? Hilfe! „Ähm..." fange ich stotternd an. Was für ein Glück, dass zumindest meine Stimme gerade jetzt nicht versagt. „Nein, er hat nichts gesagt.", gebe ich von mir. Was Besseres konnte mir wohl nicht einfallen. Wie dämlich das wohl für ihn klingen mag…wie das wohl rüber gekommen ist…Als ob ich total schüchtern wäre… Ich merke, wie mein Gesicht heiß wird. Hilfe, jetzt bloß nicht rot anlaufen! Wie peinlich soll es denn noch werden? Verzweifelt versuche ich an etwas anders zu denken. „Ja, das stimmt.", höre ich Großvaters Stimme erklingen. Ich bin ihm so dankbar, dass er endlich was sagt. Ernesto wendet sich nun Großvater wieder zu und meine Panik geht etwas zurück. „Flora weiß noch nicht viel beziehungsweise fast gar nichts davon. Ich habe ihr lediglich gesagt, dass ich meinen alten Freund fragen wolle, ob nicht sein Sohn Zeit hätte." Ich verstehe nur Bahnhof. Wovon spricht er nur? „Lass uns am besten ins Wohnzimmer gehen, damit wir alles weitere besprechen können.", schlägt Großvater vor und weißt uns an ihm zu folgen. Wie versteinert bleibe ich stehen und sehe, wie Ernesto an mir vorbeigleitet. Großvater ist schon fast an der Tür und ich kann meine Beine immer noch nicht zum Gehen bewegen. Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, dreht sich Ernesto auch noch zu mir um. Und ich stehe da, wie ein einsames Mauerblümchen. „Flora, komm schon. Ich beiße schon nicht!", sagt er lachend zu mir. Oh man, wie peinlich! Am liebsten würde ich im Erdboden versinken! Aber merkwürdigerweise setzten sich jetzt auf einmal meine Füße in Bewegung. Mit jedem Schritt, den ich Ernesto näher komme, fängt mein Herz mehr und mehr an zu klopfen. Alles in mir wünscht sich gerade, dass er endlich weitergeht, aber irgendwie auch nicht. Was ist nur los mit mir? So ein Gefühl habe ich sonst doch nur immer, wenn ich Elliot ganz nahe komme, was leider viel zu selten geschieht… Im Wohnzimmer ist auch Vater, der Ernesto herzlich begrüßt, als er diesen erblickt. Auch er scheint ihn sehr gut zu kenne. Wieso ist er mir dann nur so unbekannt? Irgendwie ein merkwürdiges Gefühl mit den drein hier zu sitzen. Alle wissen, wieso wir das machen. Nur ich nicht. Mir fällt nicht einmal ein einziger lächerlicher Grund ein. Und jetzt muss Vater auch noch mit Ernesto über seine Eltern reden. Kann denn nicht endlich mal jemand mich aufklären? Wieso werde ich ab jetzt Zeit mit ihm verbringen? Ein Nachhilfelehrer? Aber Vater kann doch noch gar nichts wissen, wie wir in der Schule sind. Schließlich sind wir erst seit fast zwei Wochen dar! Vielleicht ein Ersatz für Lucern! Der wird doch morgen Abend wieder abreisen. Das könnte es sein! Der Gedanke lässt mein Herz höher schlagen. Das wäre einfach wunderbar, aber dann müsste ich mich ja benehmen… ach was, jetzt übertreibe ich… „Ich möchte jetzt nicht unhöflich erscheinen, aber vielleicht sollten wir uns jetzt dem eigentlichen Grund zuwenden, weshalb ich hier bin. Sie, ach ich meine du musst wissen, dass ich gleich noch einen Termin habe.", sagt Ernesto nun zu Vater. „Natürlich, gewiss. Ich muss in einer Stunde auch wieder los zu einer Konferenz. Und mein Vater macht sich heute Abend noch mit Lucern, einem Freund von mir, wieder auf nach Hause.", entgegnet Vater. Lucern fährt heute schon wieder? Sollte er nicht erst morgen fahren? Bestimmt fährt er heute schon damit er Großvater mitnehmen kann. Das hat Vater bestimmt veranlasst. Der Gedanke erheitert mich, Lucern mochte ich ehe nie wirklich. Auch wenn er sich manchmal sehr loyal verhalten hat. Ernesto wäre da schon wesentlich besser als Aufpasser, schwärme ich vor mir hin. „Flora!", wendet sich Großvater an mich. „Ich habe dir doch versprochen, dass ich meine Fehler wieder gut machen will. Daher wollte ich auch mit meinem besten Freund reden, ob nicht sein Sohn Ernesto dir helfen kann. Und er hat tatsächlich Zeit. Ist das nicht wunderbar.", sagt er freudestrahlend und guckt mich so an, als ob er eine Zustimmung erwarten würde. „Ja, das ist es.", sage ich krampfhaft und hasse mich im gleichen Moment, als meine Worte erklingen. Etwas Einfallsreicheres hätte es diesmal echt sein können. Aber ich weiß immer noch nicht worum es hier geht. Habe ich etwas verpasst? An so ein Gespräch mit Großvater erinnre ich mich beim besten Willen nicht mehr. „Und dein Vater hält es auch für eine gute Idee. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich nicht ganz seiner Idee folge, es vielleicht auch einmal mit deinem Bruder zu versuchen. Bei dem ist doch schon alles verloren. Aber dir wird es bestimmt gut tun. Und ich will einfach nur das Beste für dich! Und Ernesto ist einfach der Beste. Das wirst du sehen.", verkündet er irgendwie feierlich, was mir allerdings auch nicht wirklich hilft. Ob ich einfach nachfragen sollte? Aber wie? Da stell ich mich doch bestimmt wieder so blöd an. „Jetzt übertreib mal nicht. So gut bin ich nun auch schon wieder nicht.", sagt Ernesto charmant. „Mal nicht so bescheiden! Wir wissen doch wohl alle, dass sie der Beste auf ihrem Gebiet sind!", mischt Vater sich ein. „Da muss ich meinem Sohn wirklich Recht geben. Du wirst Flora bestimmt sehr gut helfen. Und das hat die Kleine auch bitter nötig. Vor allem weil sich mein Sohn nicht davon abbringen lässt sie mit ihrem verzogenen Bruder in das Camp Sanguinea Lacrima zu schicken!", schaut er Vater vorwurfsvoll an. „Ich habe dir schon mehrfach gesagt, dass mir keine andere Wahl bleibt. Ich muss die beiden dort hinschicken. Du weißt genau, dass die Anweisung vom Rat kommt. Sie sind von Floras Unschuld nicht mehr überzeugt und wollen sie trotz Beweismangel dort hinschicken. Und gegen den Befehl des Rates kann man sich nicht wehren.", gibt Vater streng zurück. „Ich weiß.", sagt Großvater enttäuscht. Ich habe heute noch mal mit dem Rat gesprochen, da lässt sich einfach nichts machen. Deshalb habe ich auch sofort Ernesto angerufen, damit er sich endlich um die Kleine kümmert. Sonst geht sie uns in dem Camp noch zu Grunde.", erzählt er niedergeschlagen. Was? Sanguinea Lacrime? Das darf nicht wahr sein! Ich habe schon viel von diesem Camp gehört. Es ist ein Teil vom berühmt berüchtigten Vampir Internat. Nur noch viel, viel schlimmer. Der Rat kann uns nicht dahinschicken. Die haben doch gar keine Beweise, dass ich in der Sache mit drin hänge. Aber Desmond. Ich könnte ihn auch nicht alleine dort hingehen lassen. Er ist doch jetzt schon alleine. Hilfe! Wieso nur? Das hat Vater bestimmt mit dem „Speziell" gemeint. „Nein…", gebe ich stöhnend von mir. Erst Bruchteile später merke ich, dass ich dieses „nein" soeben laut gesagt habe. Alle gucken mich an, erst jetzt wird ihnen klar, dass ich auch noch da bin. Zu mindestens Vater und Großvater. Ernesto scheint mich schon die ganze Zeit zu beobachten… „Ach, Liebling!", wendet sich Vater mir behutsam zu. „Das wollte ich dir gestern schon erzählen, aber da stand es noch nicht sicher fest. Ich wollte dich nicht beunruhigen, erst recht nicht, wenn das alles sich nicht bewahrheiten sollte. Aber heute ganz früh am Morgen kam dann eben doch die Nachricht vom Rat, dass du und Desmond für vier Wochen in das Camp geschickt werdet. Wir konnten es wirklich nicht mehr verhindern.", sagt er behutsam. Er ist wieder so wie gestern Abend. Aber das interessiert mich gerade nicht mehr. Mich beschäftigt nur eine einzige Frage… „Wann?", frage ich mit erstickter Stimme. Es ist so grausam. Das können die uns doch nicht antun! „In den Herbstferien und dann eben noch zwei Wochen, in denen ihr eigentlich das Schulpraktikum machen solltet. Dafür habe wir auch schon die Bescheinigungen, also alle werden denken, dass ihr wirklich beim Praktikum seid." Mein Hals fühlt sich an, als ob sich dort ein riesiger Kloß befindet. „Das ist in vier Wochen!", sage ich geschockt. „Ja, leider. Und es führt kein Weg dran vorbei." „Aber Ernesto wird dich dort ein paar Mal besuchen kommen. Das wird dir helfen. Du kannst über alles mit ihm reden. Das mag jetzt wahrscheinlich nur ein schwacher Trost für dich sein, aber Ernesto ist wirklich der beste Psychiater den man sich vorstellen kann. Mit ihm wirst du die Zeit bestimmt besser überstehen. Da bin ich mir sicher. Er wird dir auch helfen über die anderen Qualen hinwegzukommen, weshalb ich ihn eigentlich bestellt habe.", versucht Großvater mich zu beruhigen. Psychiater! Scheiße! Plötzlich fällt mir alles wieder ein. Das Gespräch in der Gruft. Das hatte ich schon längst wieder aus meinem Gedächtnis verbannt! Ich hätte nie gedacht, dass er das wirklich macht… Ich will mit niemanden über meine Probleme reden! Und wie soll der mich schon im Camp unterstützen? Als ob mir das was hilft, ihm all das zu erzählen, womit die uns da quälen werden… Ich bin so in meinen Gedanken versunken, dass ich gar nicht bemerkt habe, dass Ernesto sich von seinem Platz erhoben hat und zu mir rüber gekommen ist. Er kniet neben der Sofagarnitur, auf der ich am Rand Platz genommen hatte. Als er vorsichtig meine Hand in seine nimmt, zucke ich erschrocken zusammen. „Flora! Ich weiß, wie du dich jetzt fühlen musst. Aber ich kann dir wirklich helfen. Du weißt überhaupt nicht, wie gut es einem tut über seine Probleme zu reden. Für alles gibt es eine Lösung." Natürlich, der spinnt doch! Aber er ist so süß! Es ist so ein schönes Gefühl, wenn er meine Hand nimmt… „Dein Großvater hat mir schon viel von dir erzählt. Du hattest es wirklich nicht einfach in deinem Leben und es ist viel schief gegangen. Vieles belastet dich noch heute. Gemeinsam können wir das aufarbeiten. Du wirst sehen, dass es dir dann wesentlich besser gehen wird." Na, klar… als ob ich ihm alles über meine Vergangenheit erzählen würde…für wen hält der sich… „Also, wollen wir es gemeinsam versuchen?", fragt er mich mit einer dahinschmelzenden Stimme. Pah, niemals! Niemals werde ich ihm alles erzählen! Aber wieso nicke ich dann??? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)