Elvea Aranel - Die Sternenprinzessin von Vanima ================================================================================ Kapitel 5: Elostirion - Das Herz von Earendil --------------------------------------------- Hallo an alle Leser, endlich ein neues Kapitel, es nähert sich so langsam dem Ende. Und mehr will ich dazu auch nicht sagen, lest einfach selbst lg Mia ********************************************************************************* Das erste, was sie am nächsten Morgen wahrnahm, als sie erwachte war, dass ihre Hand leer war. Ruckartig setzte sie sich auf und sah sich hektisch um, nur um im nächsten Moment erleichtert Samaels Gestalt auszumachen. Natürlich ist er noch da. Warum sollte er auch verschwinden? Dachte sie kopfschüttelnd und beobachtete neugierig wie er geübt zwei leicht gebogene Klingen durch die Luft wirbelte. Ich wusste gar nicht, dass er Schwerter mit sich trägt. Überlegte sie nervös und ihr fiel ein, dass sie noch nicht einmal auf das geachtet hatte, was er am Körper trug. Bin ich denn von seinem Gesicht so fasziniert, dass ich auf nichts anderes achten kann? Stirnrunzelnd sah sie an ihm hinab, über einem hellen Hemd, trug er eine dunkle Lederweste, die ihm bis auf die Oberschenkel reichte und wie sie zugeben musste, seine Muskeln perfekt zur Geltung brachte. Die ebenfalls dunklen Lederhosen steckten in hohen Stiefeln und rundeten seine Erscheinung noch zusätzlich ab. So seltsam er auch auf sie wirkte, sie konnte nicht anders als sein gutes Aussehen zu bewundern. Schluss damit, aus dem Alter in dem ich wie ein pubertierendes Teenie-Mädchen geschwärmt habe, bin ich doch längst raus. Schalt sie sich seufzend und lenkte so unbeabsichtigt Samaels Aufmerksamkeit auf sich. „Guten Morgen, Lyra.“ Langsam ließ er die beiden Schwerter sinken und schenkte ihr ein Lächeln. „Guten Morgen.“ Erwiderte sie schüchtern. „Ich habe gar nicht gemerkt, dass du Waffen dabei hast.“ Murmelte sie, während er die Klingen überkreuzt auf seinem Rücken verstaute. „Diese Wälder mögen schön sein, doch sie sind ebenso gefährlich, man kann nicht vorsichtig genug sein.“ Erklärte er schulterzuckend. „Gefährlich?“ ihr lief ein Schauer über den Rücken. „Ich schätze Míriel hat dir von Earendils Vergangenheit erzählt und von Morions Versuch die Tinwetári zu stürzen?“ fragte er nach und sie nickte kurz. „Als die Prinzessin die Angreifer zurückschlug, konnten einige der Bestien entkommen und in den Wäldern verschwinden. Ich habe dir ja bereits von den Tialf und den Gaewölfen erzählt, doch diese Wesen sind nicht die Einzigen, die nach dem Angriff in Vényanor blieben.“ Meinte er leise und sie wollte gar nicht wissen, welches Grauen noch in den Wäldern umher wanderte. „Keine Sorge mit den üblichen Kreaturen werde ich für gewöhnlich fertig.“ fügte er beruhigend hinzu, bewirkte damit allerdings eher das Gegenteil. Beim Gedanken daran wie der sicherlich geübte, doch schlanke Samael mit irgendetwas Riesigem, Bösartigem kämpfte kroch ihr die Angst in die Glieder. Hoffentlich werden wir nichts begegnen… dachte sie mit einem unguten Gefühl bei sich. Das möchte ich nicht mit ansehen müssen. „Lass uns frühstücken, wir haben noch einen weiten Weg vor uns und sollten so bald wie möglich weiter gehen.“ Riss Samael sie aus ihren Gedanken. Schweigend aßen die beiden das, was Míriel ihnen eingepackt hatte und machten sich, nachdem Lyra sich am See schnell gewaschen hatte, auf den Weg Richtung Elostirion. Samael führte währenddessen den Unterricht in Eldarin weiter, bis ihr der Kopf vor lauter fremden Worten schwirrte. „Lórien… das ist ein schönes Wort.“ Meinte sie nach einer Ewigkeit lächelnd und prägte sich dieses Wort ebenfalls gut ein, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass dafür schon lange kein Platz mehr in ihrem Erinnerungsvermögen war. „Es bedeutet entweder Träumer oder Traumland, das hängt vom Zusammenhang ab.“ Erklärte er und lächelte ebenfalls. „Sollen wir es für heute sein lassen? Du siehst so aus als könntest du nicht noch mehr vertragen.“ Fügte er grinsend hinzu. „Es kann ja nicht jeder ein überdurchschnittlich begabter Elf sein.“ Gab sie murrend zurück, was ihn zum Lachen brachte. „Ach du schlägst dich doch ganz gut für einen Menschen.“ Zog er sie auf. „Und du bist ganz schön unhöflich für einen Elfen.“ Gab sie beleidigt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Tut mir leid, aber dein Gesicht zu sehen, war es allemal wert.“ Er kicherte belustigt. Sie war schon dabei zu einer bissigen Erwiderung anzusetzen, hielt dann aber sprachlos inne, als sie auf einmal aus dem Wald heraustraten und auf einer weiten Ebene standen. „Willkommen in Elostirion.“ Murmelte er ihr zu, während sie verblüfft all diese Pracht anstarrte. Endlos weit erstreckten sich kunstvolle Bauten in einem blütenweiß, das sie selten so schön gesehen hatte. Was für Elfen in diesen Häusern wohl leben? Fragte sie sich überwältigt und ließ ihren Blick weiterwandern. Inmitten all des Weiß thronte ein Schloss in zartem Hellblau, dessen Schönheit kaum in Worte zu fassen war. „Das ist…“ begann sie, brach allerdings doch ab und betrachtete die seltsame Form dieses Bauwerks, es hatte große Ähnlichkeit mit einem Eisberg, bei dem man die Spitze abgesägt hatte und wies so viele Zinnen, Türmchen und Balkone auf, dass Lyra gar nicht wusste, wo sie zuerst hinsehen sollte. „Das ist das Herz und die Seele Earendils, unser allergrößter Schatz.“ Erklärte Samael leise und wies auf dieses märchenhafte Schloss, bevor er sie schließlich lächelnd bei der Hand nahm und hinter sich her zog. Beim Anblick dieser Pracht überkam Lyra das seltsame Gefühl schon einmal hier gewesen zu sein. Ach Unsinn, wie sollte ich denn schon einmal hier gewesen sein? Das bilde ich mir bloß ein. Irritiert schüttelte sie den Kopf, doch mit jedem Schritt wurde dieses Gefühl stärker und ließ sich nicht länger verleugnen. Aber das kann nicht sein. Versuchte sie sich einzureden, zweifelte aber bereits selbst daran. Mühsam verdrängte sie diese Gedanken und konzentrierte sich ausschließlich auf den Weg, den Samael sie entlang führte. „Gibt es hier denn gar keine Elfen?“ stutzte sie und sah sich auf den leer gefegten Straßen um. „Ich schätze sie bereiten sich alle auf den Sternenball vor.“ Erwiderte er schulterzuckend. „Sternenball? Was ist das?“ hakte sie neugierig nach. Das klingt nach etwas Schönem. Dachte sie bei sich und lächelte. „Jedes Jahr ein Tag, vor dem Jahrestag der Befreiung durch die Prinzessin, findet der Sternenball zu ihren Ehren statt. Es soll uns an sie erinnern.“ Erklärte er leise und lächelte ebenfalls. „Elfen aus ganz Vényanor und Nényamar reisen dafür an und selbst die Feen aus den Eari Losta finden sich zu hunderten in Elostirion ein.“ Und das wegen eines Balls. Kam es ihr in den Sinn. Nein, im Gedenken an ihre Prinzessin, es scheint als wäre sie sehr beliebt gewesen. Dachte sie lächelnd und freute sich zu ihrer Verwunderung darüber. „Wir sind da.“ Riss er Lyra wieder aus ihren Gedanken und sie sah überrascht, dass sie bereits vor den hohen Toren Elostirions standen. Und hier begegneten ihnen auch die ersten Elfen seit ihrer Ankunft, zwei Elfenmänner in Uniform standen vor dem prächtigen Gebäude und musterten die Neuankömmlinge neugierig. „Was begehrt ihr?“ wollte einer der beiden wissen und Samael verneigte sich knapp. „Die Tinwetári teilte uns durch ihren Berater mit, dass das Menschenmädchen unverzüglich zu ihr gebracht werden soll.“ Erwiderte er ernst, woraufhin die beiden Elfen kurz leise mit einander sprachen, während sie Lyra nachdenkliche Seitenblicke zuwarfen. „Folgt mir, ich werde euch zu ihr bringen.“ Der Ältere schenkte ihnen ein kurzes Lächeln und wies sie an ihm zu folgen. Als die Tore sich öffneten stieß Lyra einen überraschten Laut aus. Samaels Schmunzeln nahm sie nicht im Geringsten wahr, so gefangen war ihr Blick von dem was sich ihr bot. Der ganze Saal, wohl die Eingangshalle, wie sie vermutete, erstrahlte in blendendem Weiß, Türen mit verschnörkelter Inschrift führten in Räume, die sie sich nicht vorzustellen vermochte und eine Treppe breit und elegant, wie es Elfenart zu sein schien, schlängelte sich nach oben. „Die Königin erwartet euch im Thronsaal.“ Unterbrach der Elf, der sie führte, ihr Staunen. „Im Ostflügel.“ Erwiderte Lyra reflexartig und erschrak über sich selbst. Woher sollte sie das wissen? Sowohl Samael als auch der Fremde musterten sie überrascht. „Das ist richtig, der Thronsaal befindet sich im Ostflügel. Woher weißt du das?“ wollte Samael irritiert wissen. „Ich weiß es nicht, das war einfach plötzlich in meinem Kopf.“ Erwiderte sie und fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Zuerst diese Vertrautheit, die sie spürte und nun kannte sie sich auch noch hier aus, ohne jemals hier gewesen zu sein. „Darüber können wir uns später Gedanken machen, lasst die Tinwetári nicht warten.“ Warf der Elf ein wenig ungeduldig ein und führte sie nach oben. Lyra hatte nicht länger einen Blick für all die Schönheit um sie herum, sie hing ihren verworrenen Gedanken und Gefühlen nach. Nur wenige Minuten später schrak sie auf, als ihr schweigsamer Führer eine hohe Flügeltür aufstieß und ihnen bedeutete einzutreten, bevor er sie wieder hinter ihnen schloss. Lyra brauchte sich nicht umzusehen, um zu wissen wie der lange Saal aussah und zudem fesselte die Frau, die sich nun von ihrem weißen Thron erhob, sie sowieso viel zu sehr. Sie sah meerblaue Augen und rabenschwarze Haare. Eine zierliche Gestalt. Zierlich und klein. Beinahe als würde sie in den Spiegel sehen. Ohne Vorwarnung stürmten Bilder auf sie ein, die sie kannte und wiederum nicht kannte. Stöhnend sank sie zu Boden und verlor sich in fremden, vertrauten Erinnerungen… Ein glückliches Elfenpaar erschien in ihrem Blickfeld und lächelte zu ihr herab. Es waren ihre Eltern, König und Königin aller in Earendil… Im Schlossgarten traf sie sich mit ihren Freundinnen und lachte über den Streich, den sie der Küchenmagd gespielt hatten, die würde Augen machen… Ihre Mutter traurig vor einem Sarg, sie wollte nicht näher gehen, tat es aber doch und sah mit Tränen auf ihren toten Vater hinab… Alles hatte sich verändert, seit dem Anschlag und ihrem größten Verlust, die Bäume schienen weniger grün, die Luft weniger klar, die Sonne weniger warm, der Himmel weniger blau. Immerzu war ihre Mutter traurig und nichts konnte daran etwas ändern… Schreie und lautes Gebrüll drangen an ihr Ohr und jagten ihr immer wieder Angstschauer über den Rücken… Die Überlebenden waren in den Thronsaal geflüchtet und sahen nun ängstlich dabei zu, wie die provisorisch blockierten Türen unter wuchtigen Schlägen erzitterten. Lange würden sie die blutdurstigen Angreifer nicht mehr aufhalten können. Sie sah sich um, sah jedem kurz ins Gesicht, sah die Angst und die Hoffnungslosigkeit. Das konnte und wollte sie nicht zulassen! Sie stand ruckartig auf und hatte das Gesicht vor sich, das ihrem so ähnlich war. „Nein, das lasse ich nicht zu, Ilmariél.“ Flüsterte die Frau vor ihr und hielt sie am Arm zurück. „Du weißt, dass es keine andere Möglichkeit gibt.“ Erwiderte sie leise und machte sich sanft los. „Ich liebe dich, Mutter, achte gut auf unser Volk.“ Entschlossen trat sie der Tür entgegen und breitete mit geschlossenen Augen die Arme aus. Das Splittern von Holz, sagte ihr, dass die Tür geborsten war. Mit einer ruckartigen Bewegung brachte sie die Arme nach vorne und warf ihre Kraft dem Übel entgegen, das die Elfen so überfallen hatte. Alles andere ging in blendend weißem Licht unter. Zumindest fast alles. Eines konnte sie hören, jemand schrie verzweifelt ihren Namen. Zu spät, es war zu spät, um es rückgängig zu machen… Keuchend schlug Lyra die Augen auf und sah in Samaels erschrockenes Gesicht, der sie in den Armen hielt. Und noch jemand anderes beugte sich nun über sie. „Naneth.“ Murmelte Lyra seufzend und Samael schnappte überrascht nach Luft. „Ilmariél, meine Tochter, du bist zurückgekehrt.“ Erwiderte die Königin leise. „Was… was hat das zu bedeuten?“ mischte sich Samael zögerlich ein, er störte dieses anscheinende Wiedersehen nur ungern mit solch einer Frage. „In ihrem früheren Leben war sie meine Tochter.“ Erklärte die Tinwetári sanft. „Erst kurz vor ihrem Erscheinen in Earendil erzählten mir die Sterne von ihrer Rückkehr. Ich habe nicht gewusst, dass ihre Seele in einem sterblichen Körper wieder erwacht.“ Fuhr sie leise fort. „Aber, meine Königin, wie ist das möglich?“ hakte er erneut nach, er sah immer noch sehr verwirrt aus. „Lass den Titel, junger Samael und nenn mich Luthién.“ Sie lächelte leicht. „Ich weiß nicht wie das möglich ist, ich vermute, dass Ilmariéls Seele sich zufällig in die Menschenwelt verirrte.“ „Du bist also eine Prinzessin.“ Murmelte er ehrfürchtig vor sich hin und Lyra schüttelte energisch den Kopf. „Ich bin und bleibe Lyra, ich trage Ilmariéls Erinnerungen in mir, doch ich bin nicht sie.“ Wehrte sie entschieden ab. „Aber eines ist sicher, ich werde helfen, Morion erneut zurückzuschlagen.“ Fügte sie hinzu. „Nein, das wirst du nicht!“ rief Luthién laut aus und sowohl Samael als auch Lyra zuckten erschrocken zusammen. „Du wirst morgen wieder zu den Eari Losta gehen und in deine Welt zurückkehren, wo du sicher bist.“ Ihre Stimme duldete keinen Widerspruch. „Auch wenn du nur die Wiedergeburt meiner Tochter bist, so kann ich es doch nicht zulassen, dass du dein Leben gibst.“ Fuhr sie sanfter fort. „Heute Abend findet der Sternenball statt, amüsiert euch dort, ich bin sicher, dass es euch gefallen wird.“ Und mit diesen Worten rief sie dem Elfen, der die Beiden hergeführt hatte. Seufzend saß Lyra in dem Zimmer, das sie bereits aus Ilmariéls Erinnerungen kannte, es war das Zimmer der jungen Prinzessin gewesen. Ich möchte so gerne helfen, damit wieder Frieden einkehrt in diesem schönen Land. Dachte sie zum werweißwievielten Mal, sie konnte nicht genau sagen warum, aber es drängte sie ihr Schicksal anzunehmen und Morions Horden zurückzuschlagen. Das muss der Wille von Ilmariél sein, sie möchte ihr Volk beschützen. Kam es ihr in den Sinn und sie seufzte. Wenn es nach ihr ginge, wäre sie längst unterwegs zur Brücke, an der der Krieg tobte. Doch die Königin würde es sofort merken, wenn sie so plötzlich verschwand und ihr womöglich auf der Stelle jemanden hinterher schicken, der sie zurückbrachte. Ich muss abwarten und auf den Ball gehen, damit sie keinen Verdacht schöpft. Morgen, wenn sie uns zurückschickt, kann ich es erst wagen. Sorge machte ihr dabei nur, dass sie Samael irgendwie abschütteln musste, um ihn außer Gefahr zu wissen. Dies musste sie alleine tun, sie wollte nicht, dass er verletzt wurde. Bitte ihr Sterne, lasst die Königin in Unwissenheit über mein Vorhaben und steht mir bei. Sandte sie eine stumme Bitte zu den Sternen, die das Element der Prinzessin gewesen waren. Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren ungewissen Gedanken. Nach kurzem Auffordern trat eine hübsche Elfe herein, die ein langes, silbernes Kleid in den Armen trug. „Ich bin Arién, die Königin schickt mich Euch für den Ball bereitzumachen. Hier, das ist Euer Kleid, die Tinwetári selbst hat es für Euch ausgesucht.“ Und damit hielt sie Lyra den samtenen Stoff entgegen und drehte sich um, um ihr ein wenig Privatsphäre zu lassen, während sich das Mädchen umzog. Leicht als wäre es hauchdünn streifte der Stoff über ihren Körper und hüllte ihn so perfekt ein, als wäre es nur für sie gemacht worden. Überwältigt musterte sie sich im Spiegel. Bodenlang war das Kleid und in einem Silber wie sie es noch nie zuvor gesehen hatte. Schultern und Hals waren nicht bedeckt und die weiten Ärmel lagen durchsichtig, in einem hellen Grau auf ihren Armen. Über Brust und Bauch zogen sich senkrechte, gestickte Linien, die durch helle Perlen zusätzlichen Glanz bekamen. Doch mehr als alles andere fesselte sie das verworrene Muster, das sich vom Saum bis zur Hüfte hinaufzog, allerdings hauptsächlich die linke Seite bedeckte und dem Kleid das Aussehen von Sternenschimmer gab. „Ihr seid wunderschön.“ Merkte Arién lächelnd an. „Setzt Euch, dann mache ich Euch die Haare.“ Wies sie Lyra an und diese gehorchte wortlos. Sie war mit ihren Gedanken so weit entfernt, dass sie gar nicht bemerkte, dass die Elfe ihr irgendwann eine Frage stellte. „Wie bitte?“ fragte sie zerstreut nach und Arién lachte kurz auf. „Mir scheint Ihr seid mit Euren Gedanken überall nur nicht hier.“ Meinte sie und zwinkerte ihr im Spiegel zu. „Ich sagte, dass Ihr nun fertig seid. Wie findet ihr es?“ Meinte sie und Lyra betrachtete erstaunt, was Arién mit ihren Haaren gezaubert hatte. Der Zopf, den Míriel geflochten hatte war schon umwerfend gewesen, doch diese Hochsteckfrisur übertraf alles. Sie schüttelte ein wenig den Kopf, um einige lose Locken, die Arién ihr gedreht zu haben schien, hin und her tanzen zu lassen und stand schließlich auf. „Vielen Dank, es sieht wundervoll aus.“ Hauchte Lyra und lächelte. „Hier bitte, zieht die an und Eure Erscheinung ist perfekt.“ Ebenfalls lächelnd drückte Arién ihr eine Maske in die Hand, die ebenso silbern war, wie ihr Kleid. „Eine Maske?“ hakte sie erstaunt nach und musterte das, was sie in den Händen hielt. Keine Frage, es war sehr hübsch, doch es würde fast ihr halbes Gesicht bedecken. „Auf dem Sternenball werden immer Masken getragen, wusstet Ihr das nicht?“ Arién musterte sie überrascht. „Ich hatte keine Ahnung.“ Entgegnete Lyra und ließ sich beim Aufsetzen dieses Dinges helfen, es passte sich so perfekt ihrem Gesicht an, dass sie sich überrascht fragte, wer es nur für sie angefertigt hatte. Samael wird mich nicht wieder erkennen. Dachte sie bei sich und hatte selbst Schwierigkeiten, dieses Spiegelbild mit sich in Verbindung zu bringen. Er trägt ja auch eine Maske, ob ich ihn dann überhaupt direkt erkenne? Fragte sie sich in Gedanken und zuckte kurz zusammen, als Arién sie am Arm fasste. „Die Königin wird in Kürze den Ball eröffnen, wir sollten uns allmählich auf den Weg machen.“ Meinte sie und führte das Mädchen durch das ihr unbekannte und zugleich bekannte Schloss, bis sie in einen Flur traten, in dem sie bereits Stimmen hören konnten, die aus einem weit geöffneten Saal drangen. Aufmunternd lächelte Arién ihr zu, als sie zögerlich stehen blieb. „Die sehen alle so wunderschön aus.“ Murmelte Lyra nervös. Dazwischen sehe ich kleines Menschenmädchen total armselig aus. Dachte sie seufzend. „Ihr seid ebenso hübsch.“ Erwiderte Arién sofort. „Redet keinen Unsinn und geht endlich hinein.“ Ungeduldig schob sie das Mädchen weiter in den weitläufigen Saal hinein und führte sie an der Wand entlang nach vorne, von wo aus man den Thron sehen konnte, der etwas erhöht nahe eines Fensters stand. Dort saß Luthién ganz in weiß gehüllt und mit offenen Haaren und lächelte den Elfen vor ihr zu. Ihr Blick streifte Lyra und ein bewundernder Ausdruck trat auf ihre Züge. Mit einem kurzen Nicken erhob sie sich schließlich und breitete die Arme aus. „Willkommen Elfen und Feen von nah und fern, heute findet unser alljährlicher Sternenball zu Ehren der Prinzessin, meiner Tochter, statt. Ich möchte keine langen Reden schwingen und eröffne hiermit die Feierlichkeiten. Lasst die Musik erklingen und Tanz unseren Abend versüßen.“ Geschmeidig ließ sie sich wieder sinken und eine Elfe begann, begleitet von einer Flöte, zu singen. Und schon begannen die ersten Paare elegant über die Tanzfläche zu schweben. „Hey du, du bist ein Mensch, oder?“ erstaunt wandte sich Lyra der Stimme zu und erschrak, als sie das Wesen vor ihr erblickte. „Was…?“ stieß sie aus und verstummte doch, stattdessen ließ sie den Blick über die kleine Gestalt wandern. Sie war nicht viel größer als ihre Hand und gertenschlank, ein hellgrünes, leichtes Kleid hüllte ihren Körper ein, passend zu den langen, ebenfalls grünen Haaren. Aber das wohl Ungewöhnlichste waren die schillernden Flügel auf ihrem Rücken, die beinahe ebenso groß waren wie das seltsame Geschöpf selbst. „Du siehst so aus, als hättest du noch nie `ne Fee gesehen.“ Meinte das kleine Wesen grinsend. „Hab ich auch nicht, um ehrlich zu sein.“ Gab Lyra etwas überrumpelt zurück. „Du kannst mich Neth nennen.“ Die Fee, die sich Neth nannte, hielt ihr ein winziges Händchen entgegen, das sie mit ihrem Zeigefinger leicht schüttelte. „Ich bin Lyra.“ Erwiderte das Mädchen lächelnd. „Was macht ein Menschenmädchen am Hofe der Elfenkönigin?“ wollte Neth neugierig wissen. „Ich bin durch Zufall nach Earendil gekommen und die Königin hat mich nach Elostirion eingeladen.“ Die Sache mit der Sternenprinzessin ließ Lyra besser aus, es war sicher nicht die beste Idee, das der kleinen Fee anzuvertrauen. Wie würde sich das aber auch anhören? Ach übrigens, ich bin die Wiedergeburt der Prinzessin, allerdings kann ich euch keine Hoffnung geben, weil meine Mutter aus meinem früheren Leben nicht begeistert davon ist, wenn ich mein Leben aufs Spiel setze. Wollen wir trotzdem Freunde werden? Sie konnte nicht anders als bei diesem Gedanken ironisch zu grinsen. Das klang wie in einem schlechten Film. „Stimmt, mein Cousin 2. Grades väterlicherseits erzählte, dass er in den Eari Losta einen Menschen gesehen hat.“ Meinte die Fee unbeschwert, ihr schien Lyras wandelnder Gesichtsausdruck nicht aufgefallen zu sein. „Allerdings redet er allerlei Blödsinn, kein Wunder, dass ihm da keiner geglaubt hat. Es konnte ja niemand ahnen, dass er einmal die Wahrheit sagt.“ Neth ließ ein glockenhelles Lachen erklingen, das auch Lyra ein Lächeln ins Gesicht zauberte, dieses kleine Wesen war auf eine niedliche, sehr offene Art einfach wundervoll. „Ich werde mal sehen, ob ich einen hübschen Feenjungen finde, mit dem ich tanzen kann.“ Meinte Neth davon flatternd, drehte sich dann aber noch einmal um. „Bis bald Lyra.“ Rief sie aus und war verschwunden. „Was für ein lustiges Wesen.“ Murmelte Lyra lächelnd vor sich hin. „Neth ist nicht einmal die wildeste ihrer Art.“ Bemerkte jemand hinter ihr und sie fuhr erschrocken herum. „Musstest du dich so anschleichen? Ich habe beinahe einen Herzinfarkt bekommen.“ warf sie Samael nach einem kurzen Moment der Sprachlosigkeit vor und tippte ihm vorwurfsvoll gegen die Brust. „Ich glaube du warst so tief in Gedanken versunken, dass dich selbst eine heranrasende Horde Gaewölfe hätte überraschen können.“ Erwiderte er spöttisch und lächelte. Eigentlich hätte sie jetzt beleidigt sein müssen, doch er sah wieder einmal so gut aus, dass sie ihn für einen Moment nur anstarren konnte. Er trug zu diesem festlichen Anlass eine silberne Tunika, die ihm bis auf die Oberschenkel reichte und eine dunkelgraue, eng anliegende Stoffhose, die in dazu passenden, silbernen Stiefeln steckten. Und wie auch sie selbst hatte er das Gesicht hinter einer hübschen Maske verborgen. War es Zufall, dass er in der gleichen Farbe hier aufgetaucht war, wie sie selbst? Sie vertrieb diese Gedanken und bemühte sich um einen angemessen beleidigten Gesichtsausdruck. „Bist du etwa hierher gekommen, um dich über mich lustig zu machen?“ wollte sie trotzig wissen und drehte sich schnippisch um. „Eigentlich bin ich gekommen, um dir zu sagen, dass du einfach umwerfend aussiehst und um dich um den nächsten Tanz zu bitten.“ Sanft ergriff er ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf, woraufhin sie prompt errötete. „Oh ähm… Danke… aber das ist keine gute Idee… ich kann nicht tanzen.“ Murmelte sie unwohl und er lachte leise. „Vertraust du mir?“ wollte er wissen und sie runzelte irritiert die Stirn. Warum wollte er das denn nun wissen? „Wie bitte?“ hakte sie verständnislos nach. „Sag, vertraust du mir?“ wiederholte er und kam ihrem Gesicht unglaublich nahe. „Ja natürlich.“ Gab sie schließlich zu, obwohl sie nicht wusste, was das mit ihrem eigentlichen Thema zu tun hatte. „Dann werden wir auch tanzen können, lass dich einfach von mir führen.“ Und ohne ein Wort der Widerrede zu dulden zog er sie auf die Tanzfläche und wirbelte zum Gesang der Elfe mit ihr durch den Saal. „Danke für diesen wunderschönen Abend.“ Hauchte Lyra, als Samael sie Stunden später, noch zu ihrem Zimmer begleitete. „Schön, dass es dir gefallen hat.“ Er lächelte ihr zu, ein Funkeln in den blauen Augen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals in meinem Leben so tanzen würde.“ Gestand sie lachend. „Ich sagte doch, dass es alles eine Frage der Führung ist.“ Erwiderte er schulterzuckend. „Stimmt, aber ich hätte es trotzdem nicht für möglich gehalten.“ An der Tür zu ihrem Zimmer angekommen drehte sie sich noch einmal um. „Vielen Dank für alles, Samael, ich weiß nicht wie ich dir das je vergelten kann.“ Zögerlich stellte sie sich auf Zehenspitzen und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange. „Gute Nacht.“ Schneller als er reagieren konnte, huschte sie in ihr Zimmer und ließ ihn überrascht und erfreut zugleich stehen. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht als er die Hand an seine Wange hob und sich nun ebenfalls zu seinem Zimmer begab. Doch er war sich sicher, dass er in dieser Nacht an anderes denken würde als an Schlaf… ********************************************************************************* Mias kleines Elbisch Wörterbuch^^ Ilmariél - Sternlicht-Tochter Naneth - Mutter Die Bedeutung der Namen findet ihr in den dazugehörigen Charakterbeschreibungen, sofern es euch interessiert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)