Unzertrennlich von VULGAR ================================================================================ Kapitel 2: 1989 --------------- Dir en grey in fucking Europe! BAM! Immer ein Grund zum Feiern Gazette gehört nicht mir, die Idee schon. Das hier beschriebene entspricht nicht der Wahrheit und hält sich nicht 100% an die wahrlich vorherrschende Fakten. ______________________________________ Unzertrennlich 1989 Ich habe einige Erinnerungslücken. Ich bin schon stolz, das ich mich an unser erstes Treffen so gut erinnere. Er selbst, hat das vermutlich längst vergessen. Wobei andererseits bin ich mir da nicht so sicher, weil er nie etwas vergisst und mich immer wieder überrascht. Ich erinnere mich an das Jahr 1989 allerdings noch recht gut, zumindest an Teile davon. Ein Teil, war Takanoris Geburtstag. Endlich wurde auch er sieben Jahre alt. Dadurch das ich kurz vor meinem achten stand, fand ich den siebten Geburtstag natürlich nicht all zu aufregend, aber für ihn habe ich mich trotzdem gefreut. Wir haben seinen Geburtstag zu zwei gefeiert – damals hatte ich noch nicht verstanden, warum die anderen aus meiner Klasse ihn schnitten, dabei hatte ich mit meinen fast-acht doch so gut wie alles verstanden – und ich hatte ihm ein Feuerwehrauto geschenkt. Wir wollten beide zu der Zeit Feuerwehrmann werden, wenn wir groß waren. Feuer löschen, Katzen von Bäumen retten und der Held für alle Kinder sein – das klang damals total verlockend. Wer freiwillig dauernd riskierte, als Bratwürstchen zu enden, wurde von mir heute nur noch als Idiot bezeichnet. Aber so war das eben, als Kind verherrlichte man Idioten, die einem aus Kinderbüchern entgegen lachten, nur um im Laufe des Erwachsenwerdens zu bemerken, das die einzigen größeren Trottel als man selbst – weil man diesen Käse von „Polizei dein Freund und Helfer“ geglaubt hat – die eigenen Eltern waren. Diese hatten schließlich versucht einen mit gehirnwaschenden Büchern auf den Pfad der Tugend locken wollen und auf ganzer Linie versagt. Auf jeden Fall, um wieder zurück zu dem Geburtstag zu kommen, hatten wir auch zu zweit jede Menge Spaß. Takanoris Mutter hatte einen wundervollen Kuchen gebacken, mit einem roten Feuerwehrauto, wenn ich mich nicht täuschte. Selbstverständlich waren auch sieben Kerzen auf dem Kuchen. Er hatte es tatsächlich geschafft, sie alle gleichzeitig auszupusten. Ich hatte an meinem siebten Geburtstag zweimal Luft holen müssen. Ja, das wusste ich auch noch. Das war dramatisch. Ich bin sicher, jeder würde sich daran noch erinnern können, schließlich hat mich meine Schwester damit noch zwei Wochen aufgezogen und mir immer wieder gesagt, das mein Wunsch nicht in Erfüllung gehen würde. Takanori hatte auf jeden Fall über beide Ohren gegrinst. „Jetzt wird ein Wunsch wahr, oder?“ „Ja klar, wieso fragst du da so doof nach? Was hast du dir gewünscht?“ Oh, ich war so ein charmantes Kind gewesen. Doch Takanori hatte es mir nicht krumm genommen, nur die Zunge raus gestreckt. „Ha, das sag ich dir doch nicht. Wenn ich es dir sage, wird es nicht mehr wahr!“ Wer glaubt, ich hätte mich mit der Antwort zufrieden gegeben, kennt mich schlecht. Wer glaubt, das Takanori irgendwann nachgegeben hat, kennt ihn noch viel schlechter. Also lies ich das Thema ruhen, ich war schließlich schon fast acht und viel erwachsener als er. Er grinste nur schweigend vor sich hin und wir beschlossen, mit dem Feuerwehrauto zu spielen. Die Stunden vergingen – ich glaube zumindest das es Stunden waren – und selbst Takanoris großer Bruder kam, um mit uns Verstecken zu spielen. Ich hatte lange nicht so viel Spaß gehabt, wie an diesem Tag und er war viel zu schnell um. Ich erinnere mich auch noch haargenau an den Geschmack der Wiener, die wir zum Abendessen hatten, mit HotDogBrot. Das war das erste Mal, das ich etwas aß, das nicht traditionell japanisch gekocht war. Ich glaube meine Mutter weiß bis heute nicht, was ich da gegessen habe, sonst hätte ich vermutlich nie wieder zu ihm gedurft. Meine Mutter war es auch, die mich abholte. Warum enden alle wundervollen Dinge immer mit dem Auftauchen und Erscheinen der Eltern? Das verstand ich auch heute nicht. Takanori hat geweint, als ich gehen musste. Als ich ihn weinen sah, musste ich auch weinen. Ich habe gezetert, das ich da bleiben will. Meine Mutter hat nur gemeint, wir würden uns Montag doch so wie so in der Schule sehen. Sie hatte recht, das war mir klar, aber ein bisschen Mitleid hätte ich da erwarten können, oder? Man hat sicher schon gemerkt, das sie nicht die Frau für Mitleid war. Heute denke ich, das liegt daran, das sie auch niemand für die Ehe mit meinem Vater bemitleidet hat. Die nächsten drei Monate sind ohne irgendwelche Erinnerungen und dann kommt mein achter Geburtstag. Ich hatte mich tierisch darauf gefreut. Es sollte der Geburtstag des Jahres werden – in dieser Altersklasse hieß das, es sollte mehr Süßes geben, als bei den Anderen. Da ich acht wurde, durfte ich acht Kinder einladen. Acht Personen zu finden, war leichter als gedacht und meine Aufregung wuchs mit jedem Tag. In meinem Kopf ging ich die Geschenke durch, die ich bekommen würde – ich war da sehr anspruchsvoll. Mit meiner Mutter hatte ich stundenlang, in ziemlich jammernder Stimme, die Abläufe durchgegangen. Wann welches meiner Lieblingsspiele gespielt wurde und wann ich meine Ruhe mit den Jungs – wer lud denn bitte in dem Alter Mädchen ein? - haben wollte und so weiter. Ich war aufgeregt und gespannt. So sehr, das ich die verweinten Augen von Takanori an dem Tag vor meiner Feier gar nicht wirklich wahrnahm. Er hatte auch kein Wort mit mir gewechselt, den ganzen Tag. Ich gebe ja zu, das ich damals ein schlechter Freund war, das ich nicht sofort darauf eingegangen bin. Aber meine Party stand kurz bevor und ich war mir sicher, wenn er nur genug Schokolade essen würde, würde er wieder glücklich werden und genau so viel wie normal mit mir quasseln. Die Antwort, warum er nicht mir mir gesprochen hatte, bekam ich am nächsten Tag. Ich hatte die halbe Nacht nicht schlafen können, weil ich unheimlich aufgeregt war. Mein Frühstück war innerhalb weniger Minuten verputzt und mein Zimmer noch ein letztes Mal aufgeräumt. Ich glaub die Stunden, bis meine Feier endlich begann, sind mir damals wie Tage vorgekommen. Schon verrückt, wie die Zeit langsamer zu gehen scheint, wenn man sich auf etwas freut. Die Tür klingelte, der erste Gast. Ich war mir sicher es wäre Takanori, schließlich war der immer pünktlich. Doch es war nur ein Junge aus der Parallelklasse. Gefreut hatte ich mich trotzdem. Sein Geschenk war riesig. An der Tür klingelte es noch sechs weitere Mal, jedes Mal lachte ich und freute mich. Doch was innere Nervosität war, habe ich an dem Tag, zum allerersten Mal an eigener Haut erfahren. Wo blieb Taka? Ist ihm etwas passiert? War er so sauer auf mich, das er nicht kam? Hätte ich gestern ihn doch darauf ansprechen sollen? Ein achtes Mal läutete es und ich hatte die Tür aufgerissen, nur um in das breit grinsende Gesicht eines meiner Mitschüler zu sehen. Den hatte ich nicht mal eingeladen, aber noch bevor ich die Tür hätte zuknallen können, bat meine Mutter ihn tatsächlich rein. In dem Moment wusste ich, das Takanori nicht mehr kommen würde. Klassenunterschiede und soziale Gruppen waren schon etwas seltsames. Meine Mutter mochte Takanori und dessen Mutter, aber Geburtstage hatten in meiner Familie nichts mit Sympathie zu tun. Sie waren dazu da, Kontakte zu knüpfen und zu festigen. Takas Familie war weder reich, noch besaß sie Einfluss in irgendwelche bedeutenden Bereiche des erfolgreichen Lebens. Es wäre dumm gewesen, sie einzuladen, unlogisch und nicht profitabel. So war also mein achter Geburtstag mein erstes geschäftliches Meeting. Wir spielten alle geplanten Spiele, wir aßen den Kuchen und das festlich zubereitete Sushi, ich packte Geschenke aus und ich lächelte den ganzen Tag, so wie meine Familie es von mir verlangt hatte. Mein Vater hatte meine Wut am Abend nicht verstanden, nur gemeint ich solle froh sein. Takanori hätte mir sicher nicht so tolle Geschenke kaufen können. Ich erinnere mich noch ziemlich genau daran, wie ich nach diesen Worten jedes einzelne meiner Geschenke zerstört habe. Den Büchern habe ich die Seiten ausgerissen, die Spielzeuge solange gegeneinander geschlagen, bis die Batterien heraus fielen, Metallteile verbogen und Schrauben überall in meinem Zimmer verteilt waren. Meine Finger waren blutig und in meinem Gesicht hatte ich blutende Kratzer, weil ich das Teeservice – wer schenkte denn bitte einem Achtjährigen ein Teeservice? - gegen die Wand geschmissen hatte und die Scherben mein Gesicht zerkratzten und ich wütend die größeren Scherben in meiner Hand zerdrückt hatte. Die ganze Zeit dabei, habe ich geweint und geschrien, meine Familie verflucht und gesagt, wie sehr ich es hasse – diese ganze Falschheit. Meine Mutter war entsetzt, meine große Schwester hatte geweint und sich in ihrem Zimmer unter der Bettdecke versteckt. Mein Vater den Kopf geschüttelt und vor sich hin gemurrt. Ich war mir nicht sicher was es war, was er da vor sich hinmurmelte, doch ich glaube, das es ziemlich klar nach „Dieser heulende Bastard soll mein Sohn sein“ klang. Die Ohrfeige danach, hatte mich beruhigt. Meine Mutter konnte meine Hände verbinden und ich gab meiner Schwester einen entschuldigenden Kuss. Gesprochen habe ich aber mit keinem von ihnen. Heute würde ich sagen, es war ein ziemlich peinlicher Anfall, den ich da hatte. Aber dennoch bin ich froh, das es passierte. Meine Schwester hatte solange auf meine Mutter eingeredet, bis diese schließlich bei Takas Mutter angerufen hatte und ihn für den nächsten Tag bei uns eingeladen hatte. Takanori war sehr unsicher. Er hatte seine beste Hose an und ein weißes Hemd, nur die Schuhe, die an den Seiten vom Spielen abgewetzt waren, zeigten, das er kein bisschen in unser Haus gehörte. Ich hatte bis dahin nie darauf geachtet, wie er aussah. Meistens sah ich ihn schließlich in Schuluniform. Seine kleinen Hände hatten sich um ein bunt verpacktes Geschenk gekrallte und unsicher sah er meine Mutter an. Diese lächelte nur und nahm seine Mutter mit um Tee trinken zu gehen. Bis heute frage ich mich, was Takas Mutter damals gefühlt hat. Schließlich war sie es, die einen Anruf bekommen hatte, der ihren Sohn von einer Feier auslied, auf die er sich gefreut hatte – nur weil sie nicht reich waren. Sie war es auch, die einige Tage später, wieder einen Anruf erhielt, das sie bitte ihren Sohn vorbei bringen sollte. Sie war es auch, die mit meiner Mutter Tee trinken ging, plauderte als wäre nie etwas passiert, sich mit ihr immer an schulischen Veranstaltungen unterhielt und gemeinsam Projekte wie den Kuchenbasar ins Leben riefen. Man hätte fast meinen können, sie wären Freundinnen und doch muss ihr immer viel mehr klar gewesen sein, das sie in der Gesellschaft eine Stufe unter meiner Mutter stand. Wenn ich darüber nachdenke, wird mir schlecht. Ich saß mit Taka in meinem Zimmer, er hielt das Geschenk noch immer fest umklammert. Ich starb fast vor Nervosität, weil ich unbedingt wissen wollte, was es war. „Was ist mit deinen Händen passiert?“ seine Stimme klang, jetzt wo meine Mutter weg war, nicht mehr ganz so unsicher und immerhin redete er wieder mit mir. „Ich hab die Geschenke kaputt gemacht. Habe nur Mist bekommen“ Seine Finger verkrampften sich noch mehr um das Geschenk. „Dann... dann sollte ich dir mein's besser nicht geben. Es ist wirklich nichts besonderes.“ Er lächelte verlegen und wollte das Geschenk schon hinter seinem Rücken verstecken, als ich meine guten Manieren vergaß und es mir einfach schnappte. So schnell hatte ich glaub ich noch nie Geschenkpapier aufgerissen und so sehr, hatte mich glaub ich noch nie über ein Geschenk gefreut. Es war eine Actionfigur von Astroboy. Ich war begeistert, ich bin es heute noch, wenn ich sie ansehe. Ich bin ihm um den Hals gefallen und habe mich mindestens hundertmal bedankt. Er saß nur stumm da, rot angelaufen, bis er schließlich weinte. „Das heißt, du willst noch immer mit mir befreundet sein? Das heißt, dir ist es egal das ich dir keine tollen Geschenke machen kann?“ Ich habe ihm glaub ich etwas zu fest gegen die Schulter geschlagen, denn sein Gesicht verzog sich ziemlich schmerzhaft. „Natürlich will ich mit dir befreundet sein! Außerdem war dein Geschenk so viel besser, als all die anderen Geschenke, die ich bekommen habe!“ Er lächelte, eins seiner Lächeln, in denen er seine Zähne zeigte und seine vollen Lippen noch kräftiger wirkten. Er wischte sich die Tränen aus den Augen. „Weißt du Akira, ich werde stark werden. Dann interessiert es doch keinen mehr, ob meine Familie Geld hat oder nicht. Ich werde mir deine Freunschaft schon verdienen.“ Und wie stark er geworden ist, denn ich habe ihn seit diesem Tag, nie wieder weinen sehen. ______________________________________ Prolog: 2/10 Danke für eure wundervollen Kommentare Ihr motiviert mich :-* See you next week! Rechtschreib- und Grammatikfehler tun mir aufrichtig Leid. Ich freue mich über Kommentare, ob gut oder schlecht, ob sie mich loben oder kritisieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)