Unzertrennlich von VULGAR ================================================================================ Kapitel 4: 1993 --------------- Ich hab Jahr 1991 und 1992 einfach weggelassen. Die Kapitel waren scheiße, sie waren langweilig und bringen der Story kein Stück. Vllt werden sie mal als Extras hochgeladen :-) Gazette gehört nicht mir, die Idee schon. Das hier beschriebene entspricht nicht der Wahrheit und hält sich nicht 100% an die wahrlich vorherrschende Fakten. ______________________________________ Unzertrennlich 1993 In jedem Krieg gibt es eine Zeit, die besonders bitter, besonders hart ist. Ich persönlich empfinde die Nachkriegszeit am Schlimmsten. Die Zeit, in der sich nichts bewegt, alles scheint verloren. Dein Land wurde im Krieg geschlagen, die meisten Männer sind tot und ein ein Haufen Frauen, Kinder und alte Menschen bleiben in den Trümmern zurück. Ich wäre lieber ein Teil des aktiven Krieges, würde mein Leben zwischen Mienen und Handgranaten riskieren, die Sterbenden um mich herum und ich in der Mitte, Waffe fest an mich gedrückt und mit der Möglichkeit, vielleicht doch noch etwas zu ändern. Meine Ansichten mögt ihr vielleicht für schräg oder gar wahnsinnig erachten, aber ihr habt nie den Krieg erleben müssen, ohne mitkämpfen zu können, ihr habt nie in der Nachkriegszeit versuchen müssen, die Trümmer wieder zusammen zu setzen. Als ich elf Jahre alt war, war der kalte Krieg meiner Eltern vorbei. Aus dem Schweigen und angedeuteten Konsequenzen wurde lautes Geschrei und zerbrechendes Geschirr. Meine Hoffnung, das es schnell vorbei sein würde, das es ein kurzer Blitzkrieg werden würde, wurden schnell zerstört. Es war nicht wie das Kämpfen von Panzern gegen Mistgabeln, es waren die Schläge meines Vaters gegen die hysterischen Attacken meiner Mutter. Neunzig Prozent meiner freien Zeit verbrachte ich damals bei Ruki. Wir hatten uns 1991 dazu entschlossen, nicht mehr die Namen, die uns unsere Eltern gegeben hatten zu tragen. Es war keine leichte Entscheidung, die Umsetzung noch viel schwerer. Aber es war ein deutliches Zeichen der Abgrenzung von mir zu meinen Eltern und ein deutliches Zeichen von Loyalität von Takanori. Aber nein, nicht Takanori, er war Ruki und ich Reita. Die Zeit die ich bei ihm verbrachte, lag ich in seinem Zimmer, las Mangas und aß das Essen, das seine Mutter kochte. Ab und zu habe ich auch bitterlich geweint, aber Ruki hat mir nie Vorwürfe gemacht oder mich mitleidig angesehen. Ich erinnere mich noch genau an seine warme Umarmungen, das sanfte streicheln seiner Hand auf meinem Rücken. Ich bin mir nicht sicher ob es irgendwo anders auf der Welt einen ebenso einfühlsamen elfjährigen gab. Als wäre der Krieg meiner Eltern zu Hause damals nicht schon blutig genug gewesen, musste ich die Kämpfe, das Blut noch auf weitere Gebiete verteilen. Man könnte sagen, ich sorgte für den Ausbruch eines Weltkrieges. 1993 war das Jahr, meiner erste Schlägerei. Es war unser letztes Jahr auf der Grundschule und Ruki war noch immer nicht sonderlich beliebt. Es störte weder ihn noch mich, wir waren immer zu zweit, immer zusammen. Unzertrennlich und irgendwo trotz aller Probleme glücklich. Was mich damals allerdings störte, waren die Kommentare. Japaner sind nicht das gefühlvollste Volk, aber die Kaltschnäuzigkeit und der mangelnde Intellekt meiner – ach so gebildeten und besser geborenen – Mitschüler machten mich krank. Wie man in diesem Altern schon so viele abwertenden und arroganten Wörter kennen konnte, lies mich nur erahnen, das es bei ihnen zu Hause nicht besser aussah als bei mir, doch das war irgendwo auch keine Entschuldigung. Ich kam schließlich mit Ruki auch klar und bezeichnete ihn nicht als „Missgeburt, deren Mutter sicher jede Nacht hundert Freier hat, nur um das Schulgeld zu bezahlen.“ Mal ehrlich, wer hätte da nicht ausgeholt und zugeschlagen? Er war der einzige Fels in meiner Brandung, er war mein einzig Verbündeter, er war es, der meine Wunden leckte und mich aufbaute. Und ausgerechnet er wurde vor meinen Augen beleidigt, nicht nur er, auch seine Familie die mich so unterstützte, die mir Essen kochte, Unterschlupf selbst unter der Woche und vor wichtigen Prüfungen bot. Ich erinnere mich an das knacken der Knochen unter meiner Hand, den Schmerz der mich durchzog, weil ich damals noch nicht wusste, wie man richtig zuschlägt. Die entsetzten Schreie waren Musik in meinen Ohren, das Blut, das an meiner Haut klebte, war warm und fühlte sich so richtig an. Bis er zurück schlug. Ich lerne an diesem Tag zwei wichtige Lektionen. Erstens, mein Vater liebte mich. Er hatte nie auch nur ansatzweise so fest zugeschlagen und ich war ein Weichei, das ich mich jemals darüber beschwert hatte. Zweitens, Schlägereien machen nur Spaß, wenn man auch gewinnt. Eigentlich lernte ich drei Dinge. Das Dritte war, das man Ruki nie unterschätzen sollte. Als ich am Boden lag, kaum noch etwas mitgekriegt habe und den metaligen Geschmack meines eigenen Blutes im Mund hatte, mischte er sich ein. Er zog mich an meinem Hemd wieder nach oben, stützte mich ab und schnauzte den Typen an. Wenn mir meine Erinnerungen keinen Streich spielen, war der damals fast drei Köpfe größer als Ruki, aber der Kleine hatte keine Angst. Eher war es der andere, der unter den drohenden Worten zusammen zuckte. Ich denke, der hatte einfach Angst, das Ruki ihm in die Eier biss. Ruki, mein Verbündeter im Krieg. Er war wie Deutschland, der Italien den Arsch in Afrika rettete. Ich hatte mich überschätzt, unüberlegt gehandelt, mich vom Krieg, der anderswo herrschte, zu sehr einnebeln lassen. Als mein Gegner abgezogen war, brüllte Ruki weiter. Allerdings brüllte er mich an und ich kann mich nicht daran erinnern, das er jemals so mit mir gesprochen hatte. Er war immer sanftmütig zu mir gewesen, hatte mich unterstützt. Kritik von ihm tat weh. Während er brüllt, schleppte er mich zum Krankenhaus. Heute bin ich mir nicht sicher, ob er mich angebrüllt hatte, weil er wirklich sauer auf mich war oder weil er Angst hatte, wenn er leiser mit mir reden würde, das ich wegtreten wäre. Ich weiß noch, das nur sein lautes schreien mich wach hielt. Und mein Erstaunen darüber, wie viele Schimpfwörter er kannte. Die meisten Ausdrücke, die ich heute kenne, habe ich damals von ihm gelernt. Doch genauso laut, wie er mich angebrüllt hatte, hat er leise und verlegen vor der Krankenschwester im Eingangsbereich gestanden, die mich nur schockiert anstarrte. „Er ist die Treppe runter gefallen.“ Er war so schlecht im lügen. Er hätte auch sagen können ein Dinosaurier wäre auf mein Gesicht getreten, hätten ihm ungefähr genau so viele Leute geglaubt. Aber die Frau lächelte nur, sie hatte unheimlich lange Beine in einem kurzen weißen Kleid. Ich war fast zwölf, da achtete man auf solche Dinge. Ich weiß auch, das ihre Fingernägel manikürt waren, denn schließlich hatte sie mit diesen, meine Nase abgetastet und mir die größten Schmerzen meines Lebens zugeführt. Nicht einmal die Schläge waren so schmerzhaft, wie ihre tastenden Finger – sie erklärte mir, dass das am Adrenalin lag, das ich beim Fallen auf der Treppe empfunden hatte. Die Finger des Arztes waren auch nicht viel sanfter gewesen und sie wagten es sogar, meine Nase zu schienen und einzugipsen. Nicht mal das Glück eines glatten Bruches hatte ich haben können. Ich bin der festen Überzeugung, nicht ist hässlicher, als eine gebrochene Nase. Möge einer die Frauen verstehen, die sich freiwillig die Nase brachen, nur um ihre Form zu ändern. Ruki hatte die ganze Zeit meine Hand gehalten und ich konnte mir sicher sein, das er trotz seines Gebrülls, nicht sauer auf mich war. Dennoch konnte ich mir denken, wer wirklich sauer auf mich sein würde. Die beiden Kriegsparteien bei mir zu Hause würden mich gemeinsam zerfleische, ehe sie wieder aufeinander losgingen. Ein Hitler-Stalin-Bündnis, das nur so lange halten würde, bis sie mich zerfleischt hätten. Ich hatte Angst. Mit fast zwölf hatte ich Angst, nach Hause zu gehen. Das war schon fast traurig. Aber ich musste damals kein Wort sagen. Ruki hatte mich wortlos mit sich in die U-Bahn gezogen. Die U-Bahn, weg von dem besseren Viertel, zu seinem Wohnblock. An sich hatte der Kleine kein Wort mehr mit mir gewechselt, seitdem er mich dem Krankenhaus übergeben hatte. „Weißt du, das war das dümmste, das du jemals gemacht hast.“ durchbrach seine Stimme schließlich die Stille. Zumindest erinnere ich mich an Stille, was aber nicht sein kann. Wir befanden und schließlich in einer vollen U-Bahn. „Das war noch dümmer als diese Blutbrüder-Sache von vor ein paar Jahren.“ Er starrte gedankenverloren auf die lange Narbe an seinem Daumen. „Das war richtig, richtig dumm, Reita.“ Auch das tat weh, fast mehr als sein brüllen, denn noch nie hatte er mir Vorwürfe gemacht, an meinen Taten gezweifelt. Es fühlte sich an, als hätte man mir ein Messer in den Rücken gerammt. Aber es war Krieg, wem konnte man schon trauen. Die ganze Situation zu Hause hatte mich ziemlich verbittert. An die nächsten Sekunden kann ich mich genau erinnern. Sie haben sich in mein Innerstes gefressen und meine Seele gerettet. Rukis Augen, sie hatten einen wässrigen Glanz. „Du hast mich so erschrocken, ich hatte solche Angst um dich. Beinah hätte ich mein Versprechen gebrochen und geweint.“ Er biss sich auf seine vollen Lippen, unterdrückte die Tränen in seinen Augen. Ich schloss die Augen, hatte Ruki nicht bei seinen Kampf zusehen wollen – er hätte es auch nicht gewollt – und lies meinen Kopf an seine Schulter sinken. Er hatte mich die ganze Nacht im Arm gehalten, mir beruhigend über den Rücken gestrichen, wenn ich wegen den Schmerzen und aus Angst vor der Reaktion meiner Eltern, in der Nacht aufwachte und weinte. Er hatte nicht einen Moment von mir abgelassen. Dennoch ging es mir am nächsten Morgen nicht besser. Wie auch. Dieses schreckliche Ding über meiner Nase zeigt nur zu deutlich meine Niederlage und sah auch ohne diese tiefere Bedeutung einfach nur bescheuert aus. Das sagte ich Ruki auch, doch der lächelte nur und zog mich ins Wohnzimmer und wühlte minutenlang in irgendwelchen Sachen seiner Mutter. Als er sich umdrehte, hatte er ein beängstigendes Lächeln auf dem Gesicht und als er mit einem Stofffetzen auf mich zu trat, zog ich nur skeptisch eine Augenbrauen nach oben. Schließlich band er es mir um die Nase. „Ist zwar nicht von Hugo Boss, aber so sieht man gar nichts mehr von dem komischen Verband.“ „Ja, dafür sieht man ein komisches Band um meine Nase.“ murrte ich zweifelnd. Damals war ich nicht sonderlich begeistert, konnte nicht wissen, das ich und dieses Band irgendwann Mal nur noch zusammen auftreten werden. „Die Lachen mich doch aus, wenn ich rumlaufe, wie der letzte Idiot!“ Ruki hatte nur die Augen verdreht und war im Badezimmer verschwunden, ich hörte es dort klappern und klirren und nach vielleicht fünf Minuten war er wieder herausgetreten, breit grinsend, mir schiefen, verschieden langen und breiten Streifen am Hals. Das würde er noch üben müssen und heute – 5 Jahre später – sind die Streifen perfekt. „Das ist schief und sieht mindestens so bescheuert aus, wie dieses komische Band.“ Doch auch auf diese Aussage ging Ruki nicht ein, sondern warf mir lediglich meine frisch gewaschene und Trockner trockene Schuluniform zu. Irgendwo war ich ihm dennoch dankbar. Er half mir den Beweis meiner Niederlage, das Mahnmal meiner Schande zu verbergen und lies es wie eine weitere Schnapsidee von uns beiden aussehen, machte sich selbst zur Zielscheibe Ich hatte recht behalten und mir niemals mehr gewünscht, vielleicht doch im Unrecht gewesen zu sein. Wir hatten vielleicht gerade das Schultor passiert, als die ersten Sprüche folgten. Doch nicht gegen mich, wie hätte ich so etwas glauben können. Ich war einfach noch immer kindlich naiv und hatte für einen Moment den Einfluss meines Vaters vergessen. „Hey, bringt deine Mutter nicht mehr genug Geld nach Hause? Musst du jetzt im Kohlekraftwerk arbeiten? Weißt du, waschen hilft! Oder fehlt euch sogar das Geld für Wasser? Würde erklären warum es immer so stinkt, wenn du den Raum betrittst.“ Ruki wurde nicht verschont und ich weiß noch, dass diese Worte noch die harmlosesten waren. Wieder hörte ich knacken unter meinen Knöcheln, aber der Schmerz blieb aus. Ich hatte dazu gelernt, ich hatte auch gelernt, das man besser solange zuschlägt, bis sich der Gegenüber nicht mehr wehren konnte. Ich hatte meine erste Schlägerei gewonnen, einen Mitschüler bis auf den Boden geprügelt und es genossen. Mein erster Sieg und sicher nicht mein letzter, ich habe nie wieder verloren. Ich hatte mich noch nie so befreit gefühlt. Meine Aggressionen, mein Wut auf meine Eltern, meine Abscheu meinen Mitschülern gegenüber, mein Hass auf mich selbst, nichts verändern zu können, das alles war weg. War einfach verschwunden und zurückgeblieben war eine tiefe Ruhe. Ruki aber, nahm es mir übel. Der Tag an dem ich einen Weg gefunden hatte, mich besser zu fühlen, war gleichzeitig der erste Tag, an dem Ruki kein Wort mir mir gewechselt hat. Wir hatten öfters gemeinsam geschwiegen, aber das erste Mal schwieg nur er. Aber es herrschte Krieg. Um mich herum, nur Streit, nur Gewalt, nur Hass, nur Ablehnung. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich würde dieses Schlachtfeld nicht unbeteiligt verlassen, nicht eines der Kinder sein, die in der Nachkriegszeit die Trümmer wegräumen würde. Ich würde mitkämpfen und mein Überleben sichern, meinen Seelenfrieden sichern. Wenn ich meine Eltern nur doch Gewalt darauf aufmerksam machen konnte, das ich und meine Schwester noch immer existierten, dann würde ich das tun. Und das hatte ich getan. Doch Rukis Hand, die meine unter der Schulbank drückte, sagte mir, das wir unzertrennlich waren. Im Krieg und in der Liebe war alles erlaubt und er würde mir beistehen. Bis zu meinem letzten Atemzug. ______________________________________ Kurze Geschichtsstunde, zum besseren Verständnis – just in case. Ich will keinem Unterstellen, das er es nicht verstanden hat! »Es war nicht wie das Kämpfen von Panzern gegen Mistgabeln« ist eine bitterböse – ich schäme mich – Anspielung auf den Blitzkrieg vom Zweiten Weltkrieg. Deutschland gegen Polen, da die Deutschen mit ihren Panzern gegen polnische Bauern mit Mistgabeln gekämpft haben – bzw sie sind einfach drüber gerollt.... Demnach war das Ganze aber auch schnell entschieden »Er war wie Deutschland, der Italien den Arsch in Afrika rettete.« Italien hatte im Zweiten Weltkrieg den Afrikafeldzug, waren aber ziemlich schnell ziemlich am Arsch – weil Italiener einfach noch nie sonderlich begabte Kriegsführer waren xD – und weil Hitler ja so Mussolini vernarrt war, sind die Deutschen zur Rettung geeilt. »Ein Hitler-Stalin-Bündnis« Hitler und Stalin hatten ein kurzzeitiges Bündnis um einige Länder – hauptsächlich Polen – gemeinsam anzugreifen. Danach waren sie aber wieder Gegner. » Ist zwar nicht von Hugo Boss« Ein ebenfalls sehr geschmackloser Witz, da die SS-Uniformen von Hugo Boss entworfen wurden. Diese Vergleiche und Metaphern vom zweiten Weltkrieg sollen eigentlich nur Reitas innere Verzweiflung, Mutlosigkeit, Resignation untermalen. Warum es 1993 ist? Lest den ersten Satz!! Ich bin beleidigt, das keiner auf meine „Ich hatte eine Kakerlake im Badezimmer“ vom letzten Kapitel eingegangen ist!! Rechtschreib- und Grammatikfehler tun mir aufrichtig Leid. Ich freue mich über Kommentare, ob gut oder schlecht, ob sie mich loben oder kritisieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)