Die Personentombola von Weissquell (Eine kleine Shounen-Ai-Protest-FF) ================================================================================ Kapitel 2: Jungenliebe ---------------------- Das Hotelzimmer des blonden Schriftstellers ist geschmackvoll eingerichtet. Es scheint eines von den Besseren zu sein. Kaiba ist im ersten Moment etwas überrascht, dass der Beruf des Schriftstellers tatsächlich so einträglich sein soll. Nun, immerhin war dieser Mann in der Lage eine ganze Million für ihn hinzublättern, so etwas schüttelt man auch nicht so einfach aus dem Ärmel. Kaiba blickt sich um. Das Zimmer wirkt ein wenig unordentlich. Der junge Firmenchef nimmt an, dass der blonde Mann erst heute zur Veranstaltung angereist ist und trotzdem liegen hier und da Sachen auf dem Boden und auf den anderen Möbeln. Der Aschenbecher auf dem Schreibtisch quillt auch schon über und in der Luft hängt der muffige Geruch abgebrannter Zigaretten. Ein bisschen schlampig, der Gute. Sogar das Bett sieht schon zerwühlt aus. Bei diesem Gedanken wird Kaiba nun doch ein wenig unwohl zumute. Langsam möchte er doch wirklich zu gern wissen, was dieser Typ mit ihm vorhat. Kritisch mustert er den blonde Schriftsteller der gerade wie beiläufig ein Sweatshirt von einem der Stühle, um den Tisch in der Mitte des Raumes, zupft und achtlos hinter sich auf das Bett wirft. „Also?“, verschränkt Kaiba missmutig die Arme, „Bringen wir es hinter uns! Was soll ich machen?“ Nun blickt Yuki Eiri auf. Gemächlich zieht er an seiner Zigarette. Dann sagt er. „Zunächst mal setzt du dich da auf den Stuhl!“ Er weist auf den Tisch vor sich. Steif nimmt Kaiba Platz wie geheißen. Dann schlägt er die Beine übereinander und verschränkt die Arme. „Sonst noch was?“, fragt er gehässig. Argwöhnisch beobachtet er wie der junge Mann nun zu dem Nachttisch seines Bettes hinüberschlendert, sich dort einen dicken Packen Papier greift und dann schließlich auf dem Stuhl gegenüber von Kaiba Platz nimmt. Den Papierordner in seiner Hand legt er demonstrativ vor sich ab. Dann nimmt er noch einen Zug von seiner Zigarette und blickt dann zu Kaiba auf. Zunächst sagt er kein Wort sondern mustert Kaiba nur abschätzend. Es ist schwer zu deuten was er denkt. Schließlich ergreift Kaiba wieder das Wort. „Also schön, was genau soll das hier werden? Nun drückt Yuki seinen Zigarettenstummel im Aschenbecher auf dem Tisch aus, lässt eine letzte Rauchfahne entweichen und setzt sich auf. „Ich dachte mir, wir zwei sollten uns mal in aller Ruhe unterhalten“, meint er gelassen, doch Kaiba spürt den leichten Zynismus in seinen Worten.“ „Tatsächlich?“, meint er abfällig, „Und worüber?“ Lässig klopft Yuki mit der Hand auf die Mappe vor ihm auf dem Tisch. „Hierüber!“ Setos Augen verengen sich. „Was ist das?“ „Gut, dass du fragst!“, meint der junge Schriftsteller trocken. Dann lehnt er sich in seinem Stuhl zurück und schlägt ebenfalls die Beine übereinander. Dann schaut er Seto leicht spöttisch an. „Ich schätze mal, du weißt womit ich meinen Lebensunterhalt verdiene, hmm?“ „Liebesschnulzen!“, entgegnet Seto trocken. Yuki nickt. „Ja, kann man wohl so sagen. Relativ erfolgreich, wie ich nebenbei anmerken möchte.“ „Schlechter Geschmack ließ sich immer gut bezahlen“, meint Kaiba abfällig. Doch der blonde Mann scheint davon keinesfalls beleidigt zu sein. „Ich kann mich nicht beschweren“, gibt er achselzuckend zu. „Was der Erfolg allerdings zu meinem Leidwesen mit sich bringt, ist die Tatsache, dass auf einmal jeder Hans und Franz der Meinung ist, mir seine kreativen Ergüsse zusenden zu müssen, in der Hoffnung ich würde bei meinem Verleger ein gutes Wort für sie einlegen.“ Aufmerksam, wenn auch mit einer großen Portion Skepsis, lauscht Kaiba seinen Worten. „Und weiter?“, fragt er unmutig. „Nun ja“, meint Yuki nun, „Einige dieser, ich nenne es jetzt mal großzügigerweise Geschichten, befassen sich auch mit realen und prominenten Personen. Meist behandeln sie Situationen in denen sich die Autoren, mit der Person ihrer Anbetung, schon immer mal sehen wollten, oder aber mit Handlungen, die die Autoren sich schon immer mal für die betreffenden Person gewünscht haben. Im Fachjargon nennt man dieses Geschreibsel auch Fanfictions.“ Kaiba hebt eine Braue. „Ist ja schön und gut! Komm endlich zum Punkt!“ „Der Punkt ist“, hier setzt der blonde Schriftsteller sich ernst wieder auf, „dass mir praktisch täglich solche Machwerke ins Haus flattern, und dass sich alle die hier“, er klopft noch einmal auf die Mappe, „mit dir befassen.“ Setos Augen weiten sich. Ein Anflug von Ärger zieht über sein Gesicht. „Du willst mir sagen, dass dieser ganze Ordner da voller Geschichten ist, wo sich irgendwelche pubertierenden Mädels, mich als Freund angedichtet haben?“ Nun zieht ein leichtes Schmunzeln über Yukis Gesicht. „Wer redet denn davon?“, meint er amüsiert, „Die paar Geschichten wo es darum geht, hab ich gar nicht erst mitgebracht. Das hier sind alles Geschichten in denen Frauen eigentlich kaum eine Rolle spielen.“ Irritiert blickt Seto ihn an. „Was soll das jetzt wieder heißen?“ Yuki verschränkt nun sichtlich belustigt die Arme hinter dem Kopf. „Sagt dir zufällig der Begriff 'Shounen-Ai' etwas?“ Augenblicklich sackt Seto entgeistert die Kinnlade runter. „Moment!“, meint er entgeistert, „Soll das heißen, das sind Geschichten... wo man mich mit... Männern verkuppelt?“ Fassungslos starrt er den blonden Autor an. „Darauf kannst du Gift nehmen!“, entgegnet Yuki trocken, „Und nicht gerade zimperlich, will ich anmerken. Kaum zu glauben, was manche Leute für eine schmutzige Fantasie haben.“ Sprachlos starrt der junge Firmenchef ihn an. Diese Neuigkeit muss er erst mal verarbeiten. Das allerdings nutzt sein Gegenüber inzwischen schamlos aus und schlägt willkürlich den Ordner auf um ihm ein Blatt zu entnehmen. Es ist pink und hat ein paar Bleistiftherzchen am Rand. „Großer Gott!“, murmelt er kopfschüttelnd, „Die Rechtschreibung ist ja katastrophal!“ Dann beginnt er laut zu lesen. „Die Sonne brannte heiß vom Himmel, vielleicht zuheiß für diese Jahreszeit. Unter dem kühlen schattigen Baum lagerte er. Niemand war bei ihm. Seine großen Dunkelblauen augen durchdrangen die Gegend und unter dem Baum mit den Unzähligen tausend puffigen zartrose Blütenblättern, sah er plötzlich ihn. Heute war das Kirschblüten fest und Er saß einfach da unter dem Nachtbarbaum auf der Nachtbardecke, und hatte sich wohlig zurückgelehnt. Seine kastanjenbraunen Haare hingen in in den nacken und seine Asurblauen Augen waren behaglich brummend halb geschlossen. Sein Herz pochte biss zum Hals und zögernd streckte er seine hand nach ihm aus. Er konnte nichts anders. Irgendetwas zuog ihm zu ihn hin. Drängt ihn, unwiderstelich...“ Hier hält Yuki plötzlich inne. Dann urplötzlich nimmt er das Blatt Papier, knüllt es verächtlich zusammen und schmeißt es hinter sich. „Was für ein Müll!“ Dann blickt er wieder zu Kaiba hinüber. Sprachlos sitzt der junge Firmenchef da. Scheinbar bringt er vor Fassungslosigkeit kein Wort heraus. Kritisch beäugt Yuki ihn. Ein leichtes Schmunzeln legt sich um seine Lippen. „Tröste dich!“, ermuntert er den jungen Firmenchef, „Die meisten anderen sind besser!“ Nun scheint sich Setos Starre zu lösen. „Und das soll mich trösten?“, meint er verächtlich, „Allein schon die Tatsache, dass irgend so ein völlig überdrehtes Fangirl es fertig bringt, so etwas über mich zu schreiben, hat meines Erachtens bereits die Grenze zum guten Geschmack überschritten und sollte dringend therapiert werden.“ Mit schmalen Augen schaut der blonde Schriftsteller ihn an. Dann zückt er ohne ein Wort zu sagen ein weiteres Stück Papier aus seiner Mappe und meint: „Dann solltest du dir erst mal das hier anhören!“ Doch Seto erhebt sich ruckartig von seinem Stuhl und funkelt ihn nur eisig an. „Danke vielmals! Mein Bedarf ist für heute gedeckt!“ Damit will er sich zum Gehen wenden. Doch eine ruhige Stimme hält ihn zurück. „Wohin denn so eilig? Wir sind noch lange nicht fertig miteinander! Ich denke bei der Summe die ich für dich bezahlt habe, stehen mir wohl noch ein paar Minuten zu, oder?“ Ärgerlich dreht Seto sich zu ihm um. „Soll das jetzt die ganze Zeit so weitergehen?“ Doch statt einer Antwort deutet Yuki nur unmissverständlich auf den Stuhl ihm gegenüber. Mit verdrießlicher Miene nimmt Seto wieder darauf Platz. „Von mir aus, wie schlimm kann es schon werden?“, brummt er schlecht gelaunt. „Du würdest staunen!“, entgegnet Yuki ungerührt. Dann greift er wieder nach dem Papier vor sich und beginnt zu lesen. „Schreie drangen durch die dunklen Flure, Schreie denen nur schwer anzuhören war, ob ihnen Schmerzen zugrunde lagen, oder anderes. Möglicherweise war es auch beides, doch der braunhaarige, junge Mann schenkte ihnen keine Beachtung. Sein Interesse lag gerade an einer ganz anderen Stelle. Nämlich bei dem ledergewandten, schlanken, jungen Mann, die sich gerade an seinem besten Stück zu schaffen machte...“ „Danke, das genügt! Mir ist schon schlecht!“, unterbricht ihn Seto kategorisch. Mit einem schiefen Grinsen schaut Yuki ihn an. „Das Beste hast du doch noch gar nicht gehört“, lächelt er unverschämt, „Das geht noch richtig hart zur Sache später.“ „Keinerlei Bedarf!“, stellt Seto frostig klar. „Reg dich ab!“, meint Yuki ungeniert, „Du bist eine Person des öffentlichen Interesses, da musst du mit so was leben.“ „Wozu gibt es Anwälte?“, erwidert Kaiba kühl. Doch Eiri ignoriert ihn. Stattdessen zückt er ein weiteres Blatt. „Der hier ist gar nicht übel. Ich lese dir mal die beste Stelle vor.“ „Wenn's denn sein muss!“, schnaubt Kaiba genervt. „Nein! Wie konnte das sein? Er hatte schon wieder verloren! Ärgerlich starrte Seto Kaiba zu Boden. Warum musste das immer wieder ihm passieren? Jedes Mal das Gleiche! Da kam er auch schon wieder. Mit diesem nachsichtigen Lächeln und der kameradschaftlich ausgestreckten Hand. Wie er ihn hasste! Und trotzdem... Da war diese kleine Stimme in ihm, die sich so sehr wünschte, er könnte die Mauern um sein Herz endlich einreißen und all das hinter sich lassen, was ihn bisher davon abhielt, diese liebenswürdige, sanfte Hand zu ergreifen. Sein Herz wurde ihm schwer dabei. Wenn er ihm in seine großen, violetten Augen sah, in denen nichts als Unschuld und Arglosigkeit lag und solche brennende Warmherzigkeit, dann fiel es ihm gleich noch mal so schwer, die dargebotene Hand beiseite zu schlagen. Vielleicht gelang es ihm ja diesmal. Vielleicht konnte er diesmal seinen Hass zum Schweigen bringen. Vielleicht boten diese zarten Lippen ja mehr als nur ein scheues Lächeln. Möglicherweise waren sie ja auch zu anderen Geräuschen in der Lage als nur sanft zu sagen: Kopf hoch Kaiba! Wenn du nur fest an das Herz der Karten glaubst, wirst du beim nächsten Mal vielleicht gewinnen...“ „Warte mal!“, fällt ihm Kaiba erneut ins Wort, „Versteh ich das richtig, dass der Schreiberling da mich gerade mit Yugi zu verkuppeln versucht? Wie um alles in der Welt kommen die denn auf diese Schnapsidee?“ „Wundert dich das wirklich?“, hebt Yuki gelassen eine Braue, „Das Battelcity-Finale wurde im ganzen Land ausgestrahlt. Ihr beide wart in aller Munde. Yugi Muto ist mindestens so eine Berühmtheit wie du. Und offenbar finden ein paar Leute, dass ihr ganz gut zueinander passt.“ „Was? Ein paar?“, stößt Kaiba ungläubig hervor, „Soll das heißen, es gibt noch mehr Leute die so kranke Ideen haben?“ „Eigentlich ist das sogar eines der beliebtesten Pairings“, gibt Yuki ungerührt zurück. „Pairings?“, schnauft Kaiba entgeistert, „Was soll das jetzt wieder sein?“ „Ach, stell dich nicht dumm!“, wehrt Yuki gnadenlos ab, „Ein Pairing bezeichnet die Personen, die in dieser Geschichte zueinanderkommen. Und nebenbei bemerkt, meist auch miteinander! Es gibt sogar Namen für die einzelnen Pairings.“ „Das ist ein Witz, oder?“ Ungläubig starrt der junge Firmenchef ihn an. „Mitnichten!“, erwidert Yuki trocken, „Du und Yugi als Paar das nennt man zum Beispiel 'Rivalshipping'.“ „Ach du Schande!“, murmelt Kaiba geringschätzig. Doch der blonde Schriftsteller lässt sich davon kein bisschen aus dem Konzept bringen. „Dann gibt es noch 'Powershipping', du und Marik Ishtah. Dann noch 'Gameshipping', du und Ryuji Otogi...“ „Großer Gott!“, Seto verdreht die Augen. „Und dann natürlich noch mein persönlicher Favorit: 'Puppyshiping'!“, fügt Yuki ungeniert fort, wobei er Kaibas Protest gnadenlos überhört. „Vielleicht hast du ja eine Ahnung wer das sein könnte?“ „Ich fürchte, du wirst es mir gleich erzählen!“, meint Kaiba düster. „Hier habe ich grade eine davon“, geht Yuki über seinen Zynismus hinweg und beginnt dann zu lesen. „Wütend stand der junge Mann mit den goldblonden Haaren da und seine Augen blitzten den Braunhaarigen mit den eisigblauen Augen herausfordernd an. “Ich sagte, Nein!“ Doch der Braunhaarige zeigte sich davon gewohnt unbeeindruckt. „Ich versichere dir, du wirst genau das tun, was ich von dir verlange, Köter!“ „Soweit kommt es wohl noch!“, wetterte der schlanke Blonde, „Ich bin doch nicht dein Sklave!“ „Wenn man es genau nimmt“, meinte Kaiba verächtlich, „Dann bist du das, was dem noch am nächsten kommt. Immerhin hast du einen legalen Arbeitsvertrag als Zimmermädchen unterschrieben.“ „Als Reinigungsfachkraft!“, wetterte der Blonde. „Das läuft aufs Gleiche heraus!“, meinte der Braunhaarige verächtlich, „Außerdem, du als Fachkraft? Dass ich nicht lache!“ „Warum hast du mich dann eingestellt?“, schimpfte der Blonde. „Damit ich gleich jemanden habe, der den Dreck wegmacht, den ein Hündchen wie du in meinen Zimmern hinterlässt!“ „Mach deinen Dreck gefälligst selber weg! Du hast schließlich die ganzen Klamotten auf dem Boden verteilt.“ „Nun, soweit ich mich erinnere, warst du daran nicht völlig unbeteiligt, Jonouchi“, sagte der Braunhaarige kühl mit verschränkten Armen...“ Hier blickt Yuki einmal kurz von seinem Blatt zu Kaiba auf. Der junge Mann, erwidert seinen Blick mit ungläubiger Abscheu. „Puppy...shipping?“, fragt er langsam und Verachtung tropft von jeder Silbe. „Die dichten mir diesen Jonouchi als Liebhaber an? Unfassbar!“ „Du weißt doch, was sich neckt das liebt sich“, bemerkt Eiri gelassen, „Deinen Fans gefällt eben die Vorstellung von euch beiden zusammen. Vermutlich denken sie, dass zwei Personen die sich ständig so sehr angiften wie ihr zwei, im tiefen Inneren einfach was für einander empfinden müssen. Ist doch nett, sie wollen dich besser sehen als du bist.“ „Zu deiner Information!“, stellt Kaiba finster klar, „Ich 'gifte' diesen kleinen Versager nicht an. Dazu ist mir meine Zeit einfach zu schade. Diese Abneigung war immer schon eine einseitige Sache, weil Jonouchi einfach ein mieser Duellant und ein schlechter Verlierer ist. Mir ist er schlicht und einfach egal.“ „Deine Fans sehen das offenbar anders!“, bemerkt Yuki mit leichtem Achselzucken. „Ich möchte davon absehen, diese Personen als meine Fans zu bezeichnen“, bestimmt Seto kühl, „Im Übrigen, selbst falls ich jemals der geistigen Umnachtung anheimfallen sollte und mich aus einem irgendwie gearteten Grund plötzlich zu Männern hingezogen fühlen sollte, dann ganz bestimmt nicht zu einem der hier aufgeführten und schon gar nicht zu diesem vorlauten Bengel Jonouchi. Abgesehen davon sollte man mir doch vielleicht ein wenig mehr Stil zugestehen, dass ich nicht einfach über meinen nächstbesten Bediensteten herfalle. Ich bin sicher es gibt wesentlich dezentere Möglichkeiten.“ „Klingt, als hättest du bereits darüber nachgedacht“, stellt Yuki mit leichtem Schmunzeln fest. „Vorsicht!“, funkelt Seto gefährlich, „Du bewegst dich grad auf sehr dünnem Eis, klar?“ „Wie auch immer“, setzt Yuki beiläufig nach, während er den Ordner vor sich durchblättert, „Dies sind die Wunschvorstellungen deiner Fans und die sind da ein bisschen kreativer. Außerdem scheinen sie wirklich einen Narren an dir und Katsuya Jonouchi gefressen zu haben. Was haben wir hier? Jonouchi als dein Dienstmädchen, als dein Sexsklave, ihr beide auf einer Geburtstagsfeier, auf einer Weihnachtsfeier, im Schwimmbad, in ner Dreierbeziehung mit Yugi, beim Picknick, bei eurer Hochzeit, noch mal Dienstmädchen, du bist schwanger von ihm...“ „Was?“, ruft Kaiba entsetzt aus. Doch Yuki fährt völlig gelassen fort, „Ja, das war schon etwas schräg. Ihr beide in Ägypten, am Strand, in einem Stundenhotel, noch mal Geburtstag, Fasching, Fasching, vor deinem Kamin... Ach nein“, unterbricht er sich kurz, „Das hier ist schon Mokuba...“ „Das reicht!“ Wütend schlägt Seto mit seiner Hand auf den Tisch und reißt Yuki dabei die Mappe mit den Geschichten aus der Hand. Zornig funkelt er den blonden Schriftsteller an. „Ich hab endgültig genug davon! Mich mit meinem Bruder zu verkuppeln, ist ja wohl das Allerletzte! Wer so was verzapft, der hat sie doch nicht mehr alle! Ich werde mir das auf keinen Fall länger anhören, klar?“ Mit einer grimmigen Bewegung erhebt er sich und blitzt tödlich auf seinen Gegenüber hinab. Ein belustigtes Lächeln legt sich nun um Yukis Mundwinkel. „Du scheinst das wirklich zu genießen!“, stellt Kaiba finster fest, „Gibt es eigentlich, abgesehen von der Tatsache, dass du dich offenbar an so was aufgeilst, irgendeinen sinnvollen Grund, dass ich mir diesen ganzen abartigen Scheiß antun muss? Falls dem nicht so ist, werde ich jetzt auf der Stelle gehen!“ Für einen Moment mustern die grünen Augen des blonden Schriftstellers ihn eingehend. Dann setzt sich Yuki Eiri auf und packt seine Brille in ein Etui in seiner Brusttasche. Dann faltet er die Hände vor sich auf dem Tisch. „Also schön“, sagt er ruhig, dann erhebt auch er sich von seinem Stuhl. „Es gibt in der Tat einen Grund.“ „Und der wäre?“, meint Kaiba gereizt. Gemächlich beginnt der junge Mann die Zettel des Ordners wieder zusammenzupacken. Dabei meint er: „Ich war ein wenig überrascht, dass sich so viele dieser Fanfictions über dich, ausgerechnet mit diesem Thema befassen. Ich hab das noch bei keiner anderen Person erlebt und das hat mich ein wenig ins Grübeln gebracht.“ Nun blickt er auf. Aus seinem Blick ist nun jeder Humor verschwunden. Langsam umrundet er nun den Tisch und baut sich lässig vor Seto auf. Mit äußerster Skepsis beäugt dieser ihn. „Und letztlich bin ich zu der Überlegung gelangt, ob deine Fans womöglich etwas in dir sehen, was mir bisher entgangen ist. Du bist egoistisch, kalt berechnend, kompromisslos und unhöflich. Zumindest war das immer mein Eindruck von dir. In den vergangenen Minuten hat sich diese Meinung nicht sehr geändert. Allerdings besteht ja noch immer die Chance, dass diese Vielzahl an Geschichten nicht vollständig danebenliegen.“ Nun macht Eiri einen Schritt auf ihn zu. Entgeistert starrt Seto ihn an. Der eigenartige Blick der nun in den Augen des blonden Schriftstellers liegt, behagt ihn gar nicht. Unwillkürlich weicht er einen Schritt zurück. „Was soll das werden, bitte?“ Nun spürt er die Zimmerwand in seinem Rücken und direkt vor ihm steht Yuki Eiri und ein leichtes Schmunzeln liegt um seine Mundwinkel. „Ich überprüfe lediglich eine Theorie“, sagt er und dann packt er mit erstaunlich kräftigem Griff dessen Schulter und Arm, und ehe der junge Firmenchef recht begreift wie ihm geschieht, presst der blonde Schriftsteller seine Lippen auf die seinen. Setos Augen fliegen fassungslos auf. Das gibt’s nicht! Das passiert gerade nicht wirklich! Doch er hat auf einmal den Geschmack von Zigaretten im Mund und spürt die festen, nicht gerade zärtlichen Lippen, die gerade die seinen bearbeiten und den harten Griff um seine Schultern, der ihn unbarmherzig an die Wand presst. Im ersten Moment, kann Seto gar nicht glauben, was hier passiert, doch je klarer ihm das wird, um so mehr packt ihn auf einmal die Wut. Unwillkürlich krampfen sich seine Fäuste zusammen und dann auf einmal entlädt sich sein Ärger. Mit einem heftigen Aufbäumen stößt er den jungen Schriftsteller von sich und schon im nächsten Augenblick findet ein wütender Faustschlag sein Ziel, der Yuki Eiri mitten im Gesicht trifft und ihn unsanft zu Boden gehen lässt. Aufgebracht schnaufend steht Kaiba über ihm und er zittert am ganzen Körper vor unterdrückter Wut. „Das... wird ein Nachspiel haben, du perverser Irrer!“, keucht er empört. Ein wenig benommen sitzt Yuki Eiri da. Behutsam betastet er mit der Hand seine Nase und betrachtet wortlos seine roten Fingerspitzen. Schließlich meint er. „Offensichtlich hat sich meine Theorie nicht bestätigt.“ „Da hast du verdammt recht!“, schnaubt Kaiba erbost. Dann zupft er sich steif seinen Anzug zurecht. „Wir sind hier fertig! Alles Geld der Welt gibt dir nicht die Erlaubnis, so was mit mir zu machen!“ Ruckartig wendet er sich zur Zimmertür um. „Freu dich schon mal darauf, von meinen Anwälten zu hören!“ „Ach, bevor du gehst“, ruft ihn eine Stimme noch mal zurück, „Da wäre noch eine Sache!“ Ärgerlich dreht sich Kaiba um. „Was noch?“ Yuki Eiri hat sich wieder aufgerappelt und ist gerade dabei, sich ein Taschentuch unter die Nase zu halten. „Da ich es mir ja nun offenbar mit dir verscherzt habe, machen wir es jetzt auf die geschäftliche Tour.“ Wild funkelt Kaiba ihn an. „Was soll das jetzt wieder heißen?“ Bedächtig macht Eiri einen Schritt zum Tisch und ergreift die Mappe. Da sind einige interessante Geschichten dabei. Ich spiele mit dem Gedanken, sie in einem Sammelband zusammenfassen zu lassen.“ „Was?“, stößt Seto fassungslos aus, „Kommt ja überhaupt nicht in Frage!“ Yukis Augen bekommen nun einen gefährlichen Glanz. „Wollen doch mal sehen!“ „Dazu hast du kein Recht!“, schnaubt Seto. „Also rechtlich betrachtet“, meint Eiri ruhig, „wurden mir die Zettel zur freien Verfügung zugesandt und sind somit mein Eigentum. Solange ich die Urheber angebe, steht einer Veröffentlichung eigentlich nichts im Weg. Es sei denn...“ „Es sei denn was?“, hakt Kaiba grimmig nach. „Es sei denn, ich finde eine andere Verwendung für diese Dinger“, er wedelt kurz mit der Mappe, „Oder einen anderen Interessenten.“ Nun tritt Kaiba mit einem gefährlichen Blick näher. „Soll dass heißen, du willst mir diese schmierigen Schundfetzen verkaufen? Du hast sie wohl nicht mehr alle! Was soll ich denn mit dem Müll anfangen?“ Yuki zuckt mit den Achseln. „Mir doch egal! Schmeiß sie weg! Verbrenn sie, benutz sie als Toilettenpapier, mir wurscht! Hauptsache, du bezahlst dafür.“ „Den Teufel werd ich tun!“, ruft Kaiba wütend, „Dieser perverse Schweinkram ist keinen Yen wert. Und ich würde dir tunlichst davon abraten, das Zeug zu veröffentlichen, sonst hetzt ich dir eine Rufmordklage an den Hals, die sich gewaschen hat!“ Einen Moment lang halten sich die beiden Männer mit ihren Blicken gefangen. Schließlich dreht sich Eiri zur Seite und legt die Mappe wieder auf dem Tisch ab. „Bitte, wie du willst. Auch gut.“ Dann schaut er wieder auf und ein herablassender Zug liegt nun um seine Lippen. „Dann hätte ich noch eine Frage: Welche Geschichte möchtest du morgen lieber in der Boulevardpresse lesen, dass wir uns geküsst haben, oder dass du mich verprügelt hast?“ Wie zur Salzsäule erstarrt steht Kaiba da. Dann verfinstert sich seine Miene. „Das wagst du nicht!“ „Verlass dich drauf!“, meint Yuki trocken, ohne den Blick abzuwenden. „Mir kann das ja egal sein, die Presse zerreißt sich ja eh schon das Maul über mein Privatleben. Ob dir das allerdings so recht wäre, steht auf einem ganz anderen Blatt.“ „Du mieser, kleiner Erpresser!“, grollt Kaiba tödlich, „Wenn du das tust, bring ich dich vor Gericht! Ich werde dich so mit Schadensersatzklagen zupflastern, dass dir Hören und Sehen vergeht, und ich werde dafür sorgen, dass man dich so lange wegsperrt, dass dein schwuler, kleiner Lover dir später im Altersheim die Windeln wechseln muss, wenn du wieder rauskommst! Du legst dich hier zweifelsfrei mit dem Falschen an.“ Einen Moment lang blickt Eiri den aufgebrachten Firmenchef mit einer unergründlichen Miene an. Doch dann sagt er: „Du hast es noch nicht kapiert, oder? Von mir aus, kannst du so viel Staub aufwirbeln wie du willst, aber dadurch zerrst du diese Angelegenheit nur noch mehr ins Rampenlicht. Und eines sage ich dir: Wenn ich eh nichts mehr zu verlieren habe, könnte ich auf die Idee kommen noch ganz andere Sachen zu behaupten, als nur, dass wir uns geküsst haben.“ Für einen Moment bleibt Kaiba glatt die Spucke weg, als er bemüht ist, die auftauchenden Bilder aus seinem Kopf zu verdrängen. Doch Eiri redet schon weiter. „Sieh es ein! Ganz gleich was du tust, es kommt auf jeden Fall an die Öffentlichkeit. Und ich habe hier den Beweis dafür, dass es genügend Leute gibt, die diesen Gerüchten Glauben schenken werden. Das wird dir ewig anhängen. Und je mehr du es abstreitest, um so überzeugter werden sie innerlich davon sein. Es ist wie die Büchse der Pandora, einmal geöffnet, gibt’s kein Halten mehr. Ich glaub allerdings ehrlich gesagt nicht, dass dir das recht ist.“ „Du hast mich geküsst!“, funkelt Kaiba brodelnd. „Glaubst du wirklich, das spielt eine Rolle?“, entgegnet Yuki ungerührt. „Aber ich bin ja kein Unmensch. Ich denke, ich werde diese Angelegenheit für mich behalten. Für ein kleines Entgegenkommen deinerseits.“ „Mieser Erpresser!“, grollt Kaiba, „Also sag schon, was willst du für den Schund haben?“ Yuki überlegt kurz. „Na mal sehen. Wie viel hatte ich gleich noch für dich bezahlt? Leg noch mal die selbe Summe obendrauf und wir sind im Geschäft!“ „Was? Zwei Millionen? Dafür? Bist du irre?“, platzt Kaiba ungehalten heraus. „Nun mach nicht so einen Aufstand“, meint Yuki abfällig, „So was zahlst du doch aus der Portokasse. Das ist doch keine unbescheidene Summe für deinen guten Ruf.“ Wütend zückt Seto sein Scheckheft und energisch kritzelt er etwas hinein. Dann rupft er unsanft einen Zettel heraus und drückt ihn dem blonden Schriftsteller grob in die Hand, woraufhin dieser dem wutschnaubenden Firmenchef lächelnd die Mappe überreicht. „Es war mir ein Vergnügen, mit dir Geschäfte zu machen!“ „Das Vergnügen liegt ganz auf deiner Seite!“, grollt Seto tödlich, „Damit das klar ist, das war das erste und letzte Mal! Ich will von dir nie wieder etwas sehen, oder hören, hab ich mich verständlich ausgedrückt?“ „Durchaus!“, kommt die gelassene Antwort. Nach diesen Worten dreht sich Kaiba energisch um und schon wenige Augenblicke später ist er wütend aus dem Zimmer gerauscht. Vernehmlich schlägt die Tür hinter ihm zu und in dem Hotelzimmer kehrt wieder Ruhe ein. Einen Moment lang steht Yuki Eiri schweigend da. Dann seufzt er schwer und schüttelt leicht den Kopf. Vorsichtig kontrolliert er das Taschentuch an seiner Nase, die Blutung hat inzwischen aufgehört. Beiläufig steckt er das Taschentuch wieder in die Tasche und holt stattdessen eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug heraus. Gedankenverloren steckt er sich eine an und pafft ein paar Züge. Dann schlendert er zum Fenster des Zimmers und bückt sich zu dem kleinen, zusammengeknüllten, rosa Zettel hinunter und hebt ihn auf. Behutsam glättet er das Papier. Kopfschüttelnd überfliegt er die Zeilen in krakeliger Handschrift. „Meine Güte, was für ein Schund!“, murmelt er, dann faltet er es zweimal zusammen und schiebt es in die Hosentasche. Er streckt sich noch einmal, dann geht er hinüber zur Zimmertür, öffnet sie, tritt hinaus in den Flur und dann fällt die Tür hinter ihm ins Schloss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)