Flammenhaut von ZombieOnTour ================================================================================ Kapitel 4: Jede Menge Ärger --------------------------- Als sie vorgeschlagen hatte, dass sie ihm ein wenig die Gegend zeigen könnte, hatte er nichts dagegen gehabt. Immerhin war es mit jemandem, der sich auskannte deutlich einfacher, sich in unbekannten Gefilden zurechtzufinden. Und ohne Messer war sie auch nicht mehr so furchterregend. Eigentlich schien sie ganz nett zu sein, solange sie niemanden bedrohte. Der einzige Nachteil an ihrer Erkundungstour: Sie legte ein fast schon unmenschliches Tempo vor. Zumindest in seinen Augen. Doch wenn er sich beschwerte und sie bat, etwas langsamer zu werden und auf ihn zu warten, bekam er nur als Antwort, dass er seinen faulen Städterhintern in Bewegung setzen und ihr gefälligst folgen sollte. Nun gut. Vielleicht war sie doch nicht so nett. „Ich kann langsam nicht mehr“, beschwerte sich Joel und ließ sich auf einen nahegelegenen Felsen fallen. Kurz atmete er tief durch, blickte sich dann rasch um. Als er hergefahren war, hatte er den Eindruck gehabt, dass dieses Land karg, flach und leer war. Seit er mit dem Mädchen, das sich ihm als Rabena vorgestellt hatte, unterwegs war, hatte er allerdings festgestellt, dass es hier weitaus mehr gab. Die Klippen waren fast bis an den Rand dicht mit Wald bewachsen und alles andere als eben. Das merkte er hauptsächlich dadurch, dass Rabena ihn lieber quer durch den Wald schleifte, als auf dem Weg zu bleiben, falls es hier überhaupt einen gab. „Du hast gesagt, wir gehen ans Meer, nicht dass du mich quer durch den Wald schleppst“, brummte er missmutig und sah zu ihr. „Du bist ein Waschlappen, weißt du das eigentlich? So lange sind wir noch nicht unterwegs und warte doch einfach ab“, entgegnete sie und stemmte die Hände in die Hüften. „Und jetzt komm. Ich habe keine Lust, mit dir durch den Wald zu irren, wenn es dunkel wird. Wir müssen schließlich auch wieder zurückkommen.“ Joel stöhnte auf, sackte etwas in sich zusammen. „Warum sind wir nicht direkt hinter dem Haus runter gegangen? Da müssten wir jetzt nicht hier durch den Wald irren“, stellte er fest. „Wenn du in der Lage bist, eine steile, feuchte Klippe hinunter zu klettern, ohne abzurutschen und von den Felsen im Meer aufgespießt zu werden, bitte sehr. Ich bin es nicht. Und da ich wert darauf lege, weiter zu leben, und du wahrscheinlich auch, müssen wir wohl oder übel den langen Weg in kauf nehmen. Also beweg deinen Arsch“, fauchte sie. Kaum hatte sie den Satz beendet, machte sie schon auf den Absätzen kehrt und ging weiter. „Zimtzicke“, brummte Joel und stand nun doch auf. „Das hab ich gehört!“, rief sie ihm zu, ohne einen Blick nach hinten zu werfen. Er murrte nur und folgte ihr brav. Seit sie weitergegangen waren, wurde Joel das Gefühl nicht los, dass etwas hinter ihnen war. Doch er entdeckte nichts, egal wie er oft er sich umsah. Als Rabena ihn fragte, was zum Teufel los wäre, schüttelte er nur den Kopf und sagte, es sei nichts. Sie würde ihn wahrscheinlich eh nur auslachen. Also hielt er einfach die Klappe und folgte ihr. Es dauerte nicht mehr lange und der Wald lichtete sich, bis nur noch ein paar spärliche Bäume vereinzelt ihren Weg kreuzten. Rabena winkte ihn hinter sich her und sah sich um. „Bist du jetzt zu frieden?“, fragte sie, als sie an den Klippen standen und das Mädchen auf eine nicht weit entfernte, in den Felsen geschlagene Treppe deutete. „Da können wir runter. Und zwar ohne uns die Knochen zu brechen oder aufzuspießen. Zumindest solange du nicht ausrutschst.“ Joel nickte nur, verkniff sich ein Kommentar und forderte sie auf, weiter zu gehen. Sie setzte sich gerade in Bewegung, als hinter ihnen ein lautes Krachen durch den Wald ging, das sie zusammenfahren und einen Schwarm Vögel aufschrecken ließ. Laut schimpfend flogen sie über ihre Köpfe hinweg. Rabena blickte ihnen nach, während Joel in den Wald sah. „Was zur Hölle“, murmelte er, neigte den Kopf. Hatte sich da gerade der Felsen bewegt? Nein, das war unmöglich. Felsen bewegten sich nicht so einfach. Er schüttelte den Kopf, wollte sich gerade zu Rabena umdrehen und ihr folgen, als Leben in den Steinhaufen kam. Joel starrte ihn einfach an, während sich Felsbrocken und Stein zu etwas formten, das eine humanoide Form besaß. Joel stolperte zurück, brachte kein Wort heraus. Stein bewegte sich nicht. Stein hatte sich nicht zu bewegen. Stein war leblos und tot! Auch wenn sich vor seinen Augen gerade anderes abspielte. Oder vielleicht hatte er nur in eine Pflanze gegriffen, die über die Haut einen Stoff injizierte der Halluzinationen auslöste? Oder … „Verdammt noch mal! Hör auf zu glotzen und komm!“ Rabenas Aufforderung unterbrach seinen Gedankenstrom und riss ihn aus der Starre. Nun gut, vielleicht war es auch der Schlag in die Seite, der dafür sorgte. „Was zum Teufel ist das?“, fragte er mit hoher, heiserer Stimme, deutete auf den Stein, der sich seinen Weg zu ihnen bahnte. Was unter die Füße des Kolosses geriet, wurde zertrampelt und er veranstaltete einen Höllenlärm. Das war es wohl auch gewesen, was die Vögel aufgeschreckt hatte. Statt ihm zu antworten, packte sie ihn und rannte los. Kurz stolperte er, ehe er den richtigen Laufthythmus fand und ihr folgte, hastig einen Blick zurück warf nur, um zu sehen, wie das Monstrum unaufhaltsam in ihre Richtung kam. Anfangs sah es so aus, als wollte sie die Treppe hinunter zum Kiesstrand laufen, dann machte sie jedoch plötzlich kehrt und rannte zurück in den Wald. Sie winkte ihn hinter sich her, verschwand dann im Dickicht. Noch einmal warf Joel der Kreatur einen Blick zu, überlegte einen Moment lang, ob es wirklich klug war, wieder zurück in den Wald zurennen, warf aber alle Bedenken über Bord, als er sah, wie nah ihm der Stein schon war. Rabena war verschwunden, als er seinen Blick wieder nach vorne richtete. Er musste sich rasch ducken, um nicht gegen einen tief sitzenden Ast zu rennen und sich den Weg durch das Dickicht bahnen. Nur mühsam kam er durch die Äste der kleinen, eng beieinanderstehenden Bäume, blieb mit der Kleidung immer wieder hängen. Dann endlich war er hindurch. Vor ihm tat sich ein Abhang auf und er hatte so viel Schwung, dass er es nicht mehr schaffte, zu bremsen und das Gleichgewicht zu halten. So kippte er nach vorne und rollte den Hang hinunter, kam erst nach einer gefühlten Ewigkeit zum Liegen und wäre am liebsten nicht wieder aufgestanden. Um ihn herum drehte sich alles, als er die Augen aufschlug und zum Himmel blickte. Außerdem war ihm schlecht. „Joel! Pass auf!“ Im ersten Moment klang ihr Rufen als säße er in einer Seifenblase. Nur gedämpft nahm er es wahr. „Verdammt noch mal! Steh auf!“, brüllte sie ihn an und riss an seiner Jacke. Erschrocken fuhr er zusammen, sah zu ihr auf, ehe sein Blick den Hügel hinauf fiel. Oder besser gesagt auf den zum Leben erwachten Stein, der auf ihn zu stürzte. Mit einem erstickten Aufschrei rollte Joel sich auf den Bauch und stemmte sich hoch, sprang nach vorne. Keine Sekunde zu früh, denn knapp hinter ihm krachte das Monstrum zu Boden. „Fuck“, fluchte er heiser. „Was zur Hölle ist das? Kannst du mir das endlich mal sagen.“ „Wenn du es unbedingt jetzt wissen musst, ein Felsgolem, und wenn wir nicht bald verschwinden sind, wir Mus. Also komm“, drängte Rabena ihn ungeduldig. „Ein bitte WAS“, rief er aus, sah zurück und drehte sich halb um. Der Golem war durch die harte Landung in seine Einzelteile zerfallen, setzte sich aber schon wieder zusammen und erhob sich. „Wenn das ein Scherz sein soll, dann ist es nicht witzig, überhaupt nicht witzig!“ „Sehe ich aus als würde ich Scherze machen?“, fauchte sie, fuhr herum und rannte weiter. Joel wollte ihr folgen, stolperte aber und landete auf allen Vieren. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte, traf ihn etwas so hart in die Seite, dass ihm der Atem wegblieb und er wieder auf dem Boden aufschlug. Nach Luft schnappend rollte er sich leicht gekrümmt auf die Seite, blickte auf. Der Golem hatte die steinerne Hand wieder erhoben, um erneut zuzuschlagen. Schützend riss er die Hände hoch, doch der erwartete Treffer blieb aus. Wütend brüllte die Kreatur auf. Ein Fuchs mit sandfarbenem Fell saß ihm im Nacken, kratzte und biss. Nur leider kamen weder Krallen noch Zähne durch den Stein, weswegen das Tier den Koloss eher wütender machte, als Schaden anzurichten. „Scheiße“, fluchte Joel heiser, schaffte es ungeschickt aufzustehen. Im selben Moment erwischte der Golem den Fuchs und schleuderte ihn beiseite. Das Tier jaulte kurz auf, blieb kurz benommen liegen, ehe es wieder auf die Pfoten kam, den Blick auf den Jungen gerichtet. „Lauf du Idiot!“, bellte es und Joel erschrak, als der Fuchs sprach und es auch noch Rabenas Stimme war. „Wie … was … du redest!“ Seine Stimme klingt hoch, erstickt. Die Tatsache, dass dieses Tier plötzlich redete und dann auch noch wie das Mädchen klang, verdrängte fast gänzlich, dass er immer noch in Gefahr schwebte und der Golem die Faust erneut hob. Wieder rief sie ihm etwas zu und er blickte auf, riss reflexartig die Arme hoch, schloss die Augen und wartete auf den Schlag. Statt auf Joel prallte der Hieb auf eine kaum sichtbare Wand. Nur durch die Erschütterung erzitterte die Oberfläche kurz. Leicht lila schimmernde Wellen breiteten sich aus, als hätte jemand einen Stein auf eine spiegelglatte Wasserfläche geworfen. Der Junge erschrak, verstand nicht, was vor sich ging. Der Golem begann auf den Schutz einzuprügeln, doch er blieb standhaft. Für Joel war es eine gefühlte Ewigkeit, die verging, bis der Fausthagel unterbrochen wurde. Ein Ruck ging durch die Kreatur und sie stolperte vor, zerfiel in kleine Steinchen, die auf ihn herabregneten. „Seit ihr in Ordnung?“ Es dauerte etwas, ehe ihm bewusst war, dass die Frage auch an ihn gerichtet war. Er blickte auf und sah, dass jemand den Hang hinunter kam, erkannte nicht sofort, dass es Nash war. „Soweit schon, denke ich“, antwortete der Fuchs mit Rabenas Stimme, während sich Joel mit weichen Knien und am ganzen Körper zitternd aufstand. Um nicht umzukippen, stützte er sich auf seine Oberschenkel, atmete tief durch, beruhigte sich ein wenig. Als allerdings die Füchsin auf Nash zulief und sich ihre Gestalt in die des Mädchens änderte, hätte sein Kreislauf fast endgültig schlapp gemacht. Das war alles zu viel für ihn. Erst der lebende Haufen Stein, der ihn umbringen wollte, dann eine sprechende Füchsin, die dann auch noch seine Begleiterin gewesen war. Nash nickte, wandte sich an Joel. „Und du?“, fragte er ihn, neigte prüfend den Kopf ein wenig. „In Ordnung?“, schrie der Angesprochene heiser, richtete sich auf und gestikulierte wild. „Natürlich ist alles in Ordnung! Mich hat nur etwas umbringen wollen, was es nicht geben sollte, Rabena hat sich in einen Fuchs verwandelt und ich hab das Gefühl verrückt zu werden, aber nein, alles in bester Ordnung.“ „Den Sarkasmus kannst du dir sparen“, stellte Rabena fest und verschränkte fast schon trotzig die Arme vor der Brust. Was konnte sie dafür, dass es so gekommen war? Nichts. „Warum bist du hier?“, fragte sie Nash schließlich. Er habe sie gesucht, war die Antwort, ehe er sich wieder Joel zu wandte, der sich umgedreht hatte und losgegangen war. Vielleicht war das ja alles nur ein verrückter Traum und er konnte so entkommen. Das wäre schön. Weitergehen, aufwachen und alles wäre wieder in Ordnung. Er würde in seinem Bett liegen, feststellen das alles nur ein Albtraum war und es vergessen. Allmählich wurde ihm schwarz vor Augen, während er sich den Hang hinaufkämpfte. Seine Sicht verengte sich und er hatte immer mehr das Gefühl zu schweben. Dass er zusammensackte, merkte er schon nicht mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)