Just one moment von Rajani (No. 6 Romantic Warriors) ================================================================================ Kapitel 9: Mit Gottes Segen --------------------------- the last one :) Immer noch müde wachte Eiri am nächsten Morgen auf. Langsam öffnete er die Augen und seufzte. Dann merkte er, dass er neben Ryuchi in dessen Bett lag. Ein weiteres, schwereres Seufzen entfloh seiner Kehle. Mühsam erhob er sich auf seine Ellenbogen und strich Ryuchi über den nackten Arm. „Aufwachen...“, flüsterte er. Ryuchi murrte und kuschelte sich in seine Decke ein. Eiri ließ ihn liegen und drehte sich auf die andere Seite, wo er nach seiner Uhr griff. Ein Blick darauf jedoch versetzte ihm einen Schock. Sie hatten kaum noch Zeit, sich fertig zu machen und zur Kirche zu fahren. Hastig rollte er sich zu Ryuchi zurück, sodass er beinahe auf ihm lag. „Ryuchi! Aufstehen! Wir haben keine Zeit mehr!“, sagte er laut und sprang aus dem Bett. Ryuchi drehte sich müde um und schaute ihn an. „Was?“ Eiri knurrte. „Ich sagte, wir haben keine Zeit mehr! Um elf Uhr geht es los, es ist schon halb neun!“ „Sag das doch gleich!“, japste Ryuchi und hüpfte ebenfalls aus dem Bett, als Eiri bereits in das Bad hetzte. Dort sprang er unter die Dusche und war nach fünf Minuten schon wieder draußen. „Ryu! Nun mach schon, rein in die Dusche!“, rief er. Ayakas Bruder antwortete vom Wohnzimmer aus und platzte dann mit Eiris Anzug ins Bad. „Danke!“, quetschte dieser hervor, während er sich im Eiltempo rasierte. Ryuchi war gerade in die Dusche getreten, als er auch schon Eiris angenehmes Deo wahrnahm und sich ebenfalls in der Dusche beeilte. Als er wieder herauskam und durch das Wohnzimmer huschte um sich seinen Anzug anzuziehen, erhaschte er einen Blick auf Eiri, der bereits fertig war. Er sieht umwerfend aus! Ach... warum heiratest du meine Schwester?... Wie schön wäre es, wenn wir beide heiraten würden... „Los beeil dich, Ryu.“, holte Eiri ihn aus seinen Gedanken. „Du siehst super aus!“, entgegnete Ryuchi und verschwand hastig im Schlafzimmer, wo er seinen Anzug deponiert hatte. „Schön, ich warte nur noch darauf, zu sehen, wie gut du in deinem Anzug aussiehst...“, sagte Eiri, wobei er es eher belanglos meinte. Ryuchi hielt einen Moment vor der offenen Schranktür inne. Er schluckte schwer, legte den Kopf in den Nacken und rang darum, dass er nicht laut seufzen musste. Oder schlimmer noch, gleich losheulen würde. Er atmete tief durch, fischte den Anzug aus dem Schrank und schlüpfte hinein. Er schloss den Schrank und stand nun vor dem Spiegel. Er sah gut aus und das wusste er. Aber dennoch konnte er kein Lächeln auf sein Gesicht zwingen, so sehr er jetzt gerade auch wollte. Und da war sie dann, eine Träne. „Oh nein, nicht jetzt...“, flüsterte er, wischte sie weg und atmete noch einmal tief durch. „Ryu! Bist du endlich soweit?“, rief Eiri aus dem Wohnzimmer. „Gleich.“, kam es ziemlich leise von Ryuchi. „Ich hol dich gleich da raus, wenn du nicht bald kommst.“ Ryuchi starrte in den Spiegel und jetzt musste er doch lächeln. „Ist ja gut.“ Er wischte die Träne weg, straffte die Schultern und kam heraus. Eiri musterte ihn einen Augenblick lang. „Du siehst auch super aus. Jetzt lass uns losfahren.“ Ryuchi nickte und ließ seine Hände in den Taschen verschwinden, während Eiri voranging. In der linken spürte er etwas, woran er seit dem Kauf des Anzugs keinen einzigen Gedanken mehr verschwendet hatte. Er musste erneut schlucken. Stimmt ja... Ayaka hat es nach dem Kauf da reingelegt. Ich bin ja ihr Trauzeuge... Vielen Dank für die Erinnerung, Ayaka, ich freu mich riesig... Vor allem auf das, was unsere Eltern wohl dazu sagen werden... Sie standen inzwischen vor Eiris Wagen. Ryuchi hatte, gedankenverloren, gar nicht richtig mitbekommen, wie schnell sie die Treppe hinunter gegangen waren. Eiri saß bereits auf dem Fahrersitz und schaute Ryuchi nun ungeduldig an. Hastig ging er um das Auto herum, setzte sich hinein und spürte schon beim Tür schließen, wie Eiri den Motor in Bewegung setzte. „Was ist denn los? Du bist so apathisch, seit du deinen Anzug angezogen hast.“, fragte Eiri. „Apathisch? … Es ist nichts weiter... Ayaka heiratet, das wird’s wohl sein...“, war Ryuchis Antwort. Eiri sah sich auf der Straße kurz um, ob er niemanden behinderte, dann bremste er scharf ab. „Was soll das denn jetzt? Warum bist du auf einmal so patzig? Ich habe dich nur gefragt, was mit dir los ist, weil du eben so gedankenverloren warst.“ Ryuchi warf den Kopf mit geschlossenen Augen in den Nacken, sagte aber nichts dazu. „Ryu.“ Eiri fuhr nicht weiter, er wartete auf eine Antwort. Endlich sah Ryuchi ihn wieder an. „Mein Gott, was erwartest du?! Du heiratest!“, fuhr er ihn an. „Ja! Tue ich! Was soll das jetzt?“ „Du heiratest!“ „Danke, für die Erinnerung, das weiß ich, Ryu!“, schnappte Eiri. Ryuchis Seufzen füllte den Innenraum des Autos. „Ich liebe dich! … Und du heiratest! Meine Schwester!“, sagte er endlich. „... Nicht mich...“, fügte so leise hinzu, dass Eiri es beinahe gar nicht mehr gehört hätte. „Ryuchi...“ Eiri ließ den Wagen wieder an und fuhr wortlos weiter. Bis zur Kirche waren es noch ein paar Kilometer aber Eiri hoffte inständig, dass er sie in Sekunden zurücklegen würde und keinen Unfall baute, denn seine Gedanken rasten gerade. Na wunderbar... Zwei Menschen, die mich lieben. Dazu noch Geschwister... Sie will mich heiraten, ihr Leben mit mir verbringen, der andere liebt mich genauso... Und einem von beiden breche ich gleich das Herz... Und ich weiß selber noch nicht einmal, wer es sein wird... Ayaka oder Ryuchi... Warum ich? Das Leben ist so unfair... Sie hatten die Kirche erreicht und stiegen aus. Über das Auto hinweg sahen sie sich an. Ryuchi konnte in Eiris Augen sehen, dass er sich immer noch nicht entschieden hatte. Und Eiri konnte andersherum sehen, dass Ryuchi genau das jetzt endlich von ihm erwartete. Es musste eine Entscheidung her und jetzt gab es keine Möglichkeit mehr, es vor sich her zu schieben. Eiri musste sich jetzt entscheiden. Ayaka oder Ryuchi. Ryuchi kam zu ihm herum, legte eine Hand auf seine Schulter und bedeutete ihm, ihm in die Kirche zu folgen. „Sie warten schon alle, wir sind spät dran. Ayaka heult vielleicht schon.“, sagte er, bemüht ruhig und versuchte ein wenig Humor aufkommen zu lassen. „Ich glaube, ich hab Ayaka noch nie weinen sehen...“, meinte Eiri mit einem gezwungenen Lächeln im Gesicht. Sie setzten sich in Bewegung, Ryuchis Hand immer noch auf Eiris Schulter. Oh doch, heute wird sie weinen. Ob vor Freude oder Traurigkeit, das entscheidest du, Eiri. Sie betraten die kühle Kirche. Ayaka stand bereits in ihrem Brautkleid vor dem Altar. Es war ein trägerloses, reinweißes Kleid. Bis zur Taille war es mit winzigen glitzernden Pailletten bestickt, darunter fiel es seidig in geschwungenen Falten hinab und war links an der Hüfte ein wenig gerafft und offen. Darin schimmerte es wieder von den Pailletten. Ihre Haare waren zu einem dicken Zopf geflochten, mit kleinen weißen Blüten gespickt, glitzerte und an den Seiten ringelten sich feine Locken auf ihre Schultern. Ihr Gesicht nahm einen erleichterten Ausdruck an, während sich die Leute auf den vordersten Bänken umdrehten. Ryuchi sah seine Eltern und ihren entsetzten Blick, der sofort zu Ayaka wanderte. Diese sah die beiden strafend an, denn immerhin war es ihre Entscheidung gewesen, sowohl ihren Bruder als auch ihre Eltern dabei zu haben. Eiri beeilte sich, zu Ayaka zu kommen. Er nahm ihre Hand, stellte sich neben sie und fing sich einen genervten Blick des Pfarrers ein, der ein Zuspätkommen des Bräutigams anscheinend als Frevel betrachtete. Ryuchi hingegen ließ sich auf der gegenüberliegenden Bank von seinen Eltern nieder und saß somit auf der Seite von Eiris Eltern. „Dann können wir ja anfangen, nehme ich an.“, bemerkte der Pfarrer und da niemand widersprach, begann er. Nachdem er eine gefühlte Ewigkeit von Liebe und Gott, Wärme, guten wie schweren Tagen gesprochen hatte, kam er endlich auf die alles entscheidende Frage zu sprechen. „So frage ich nun dich, Ayaka. Bist du gewillt, Eiri als deinen Mann zu lieben und zu ehren, bis das der Tod euch scheidet?“ „Ja.“, antwortete Ayaka mit einem Lächeln. Der Pfarrer wiederholte dieselbe Frage an Eiri gerichtet. Eiri sah ihn an, doch es kam keine Antwort. In der Stille wurde hinter ihnen auf den ersten Bänken ein Raunen und Murmeln lauter. Eiri schloss langsam die Augen, atmete tief durch. Einem von euch beiden tue ich jetzt weh... Er seufzte. Ayaka sah ihn fragend an. Ihr Blick huschte zwischen Eiri und den Gästen hin und her. Eiri... Was machst du da? Sag jetzt endlich was... „...Nein...“, sagte Eiri gerade so laut, dass es Ayaka und der Pfarrer hören konnten. Dann drehte er sich direkt zu Ayaka um, die ihn entsetzt ansah und der bereits die Tränen in die Augen stiegen. Hinter ihnen hörte Eiri Ayakas Eltern. „Hat er ja gesagt? Sieht so aus.“, flüsterte sie. Ryuchi schien seine Mutter gehört zu haben, denn Eiri konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie sein Kopf hinuntersank. „Es tut mir so Leid, Ayaka... Ich kann nicht. Die letzten Tage... Je näher dieser Tag kam...“, versuchte er zu erklären, während sein Blick durch seine eigenen Tränen verschleiert wurde. Er hörte, wie jemand aufstand und konnte gerade so durch die Tränen erkennen, das es Ryuchi war und das er auf die Türen zugehen wollte. Ayakas Tränen rannen nun wie in Strömen, doch sie schluckte, schaute scheinbar zu ihren Eltern, die völlig verwirrt dreinschauten und dann zu Eiri zurück. Sie legte ihre Hände an seine Wangen. Mit schwerem Herzen brachte sie ein schwaches Lächeln zu Stande und wischte seine Tränen beiseite. Dann sah sie den Pfarrer an. „Warten Sie einen Moment...“, bat sie, raffte ihr Kleid und ging zu den Bänken hinunter. Eiri dachte erst, sie würde zu ihren Eltern gehen, wo sie auch einen Moment stehen blieb und sie ansah. Doch dann ging sie eilig weiter und kam fast rennend hinter ihrem Bruder zum Stehen, den sie an der Schulter zurückhielt. Eiri schaute verdutzt zu. Was hat sie denn jetzt vor? Verwirrt sah er sie an, geradezu fragend. Da sprang ihre Mutter wütend auf, stürmte hinzu und fing an zu schreien. „Du! Jetzt hast du alles kaputt gemacht! Sogar die Hochzeit deiner Schwester! Ist dir denn gar nichts mehr heilig!? … Dass du es überhaupt wagst in dieses Gotteshaus zu kommen!“, fluchte sie lauthals. Ayaka warf ihrer Mutter einen bösen Blick zu, sagte aber nichts zu deren Tirade. Stattdessen nahm sie Ryuchis Hand. Sie hatte sich noch nicht einmal in Bewegung gesetzt, als ihm Tränen in die Augen schossen. Sie rang sich ein weiteres schwaches Lächeln ab und zog ihn dann mit sich zum Altar. Dort blieb sie vor Eiri stehen. „Du musst dir nichts ausdenken, Eiri.“, sagte sie und schob ihren Bruder an dessen Seite. „Du hast keine Torschusspanik oder sowas... Mein Gefühl gestern hat mich nicht getäuscht.“ Eiri und Ryuchi schauten sie fragend an. „Du hast dich verliebt, in den letzten Tagen...“, sie seufzte und schob Ryuchi noch ein Stück näher an Eiri heran. „... in Ryuchi.“ Beide standen sprachlos vor ihr und sie konnte sehen, wie viel Mühe Ryuchi hatte, seine Tränen zu verbergen und es doch nicht schaffte. Sie wischte sie ihm aus dem Gesicht und lächelte ihn an. Dann wandte sie sich an den Pfarrer. Der schien ihre Gedanken lesen zu können, denn er hob abwehrend die Hände. „Oh nein, das kann ich nicht machen.“, sagte er. „Bitte.“, bat Ayaka. „Nur symbolisch. Ich weiß, dass das nicht geht.“ Der Pfarrer legte mehrmals den Kopf schief. Dann seufzte er. „Also gut, aber nur symbolisch, mehr kann ich nicht machen.“, sagte er. Von ihren Eltern war ein entsetztes Geräusch zu hören, dann sanken sie mit erstarrten Gesichtern auf die Bank zurück, als sie realisiert hatten, was da passierte. Ayaka legte ihrem Bruder und ihrem Verlobten die Hände auf die Schultern. Beide sahen sie mindestens genauso erstaunt und entsetzt an, wie Ayakas Eltern. „Ich liebe euch beide. Und ich verzeihe euch. Mein Bruder soll auch einmal glücklich sein dürfen und Eiri... Was nutzt uns beiden denn eine Ehe, wenn ich damit nicht glücklich bin und du die Nächte bei Ryuchi verbringst, obwohl du auf dem Papier verheiratet bist... So wären wir allesamt unglücklich und das möchte ich nicht. So, wie es jetzt ist, ist keiner von uns unglücklich, jedenfalls nicht lang. Ich werde es schon überwinden.“, sagte Ayaka, wischte sich eine Träne weg und ging dann zu ihren Eltern, die sie entsetzt ansahen. „Nun denn... Wenn jemand Einwände gegen diese symbolische Hochzeit hat, so möge er sich jetzt melden oder nie.“, begann der Pfarrer und kaum hatte er den Satz beendet, sprang auch schon Ryuchis Mutter auf. „Das ist unfassbar! Solch ein Frevel in einem Gotteshaus! So hat das Gott ganz sicher nicht gewollt! Die Ehe ist dem Mann und der Frau vorbehalten!“, wetterte sie. Der Pfarrer schloss einen Moment die Augen, dann sah er die Frau an, die ihn gerade angeschrien hatte. „Vor Gott sind alle gleich, auch wenn der Vatikan das bei Homosexualität etwas anders sehen mag – die Entscheidung, diese symbolische Hochzeit durchzuführen, habe ich alleine getroffen und damit kann ich gut leben. Gibt es noch weitere Einwände?“ Stumm ließ Ryuchis und Ayakas Mutter sich wieder auf die Bank sinken. Wütend schaute sie ihre Tochter an und dann ihren Mann, sagte aber nichts mehr. „Dann lassen wir das Geplänkel weg, das habt ihr beide schon gehört und ich habe nach euch noch eine Hochzeit. So frage ich nun dich...“, begann er und sah den Schwarzhaarigen vor sich fragend an. „Ryuchi.“, antwortete er. „So frage ich nun dich, Ryuchi, bist du gewillt, in guten wie in schweren Zeiten, Eiri zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod euch scheidet?“ Ryuchi senkte den Kopf mit einem Lächeln, holte Luft und schaute wieder auf. „Ja.“ „Und du Eiri, bist du gewillt, in guten wie in schweren Zeiten, Ryuchi zu lieben und zu Ehren, bis dass der Tod euch scheidet?“ Eiri warf einen Blick auf Ryuchi, der ihn mit strahlenden Augen ansah. Dann schaute er zum Pfarrer zurück. „Ja.“ Ryuchi fiel ein Stein vom Herzen, denn dieses kleine „Ja“ zeigte ihm deutlicher als alles andere, das Eiri sich in ihn verliebt hatte – in so kurzer Zeit. „Dann dürft ihr euch nun küssen.“, verkündete der Pfarrer und klappte sein Buch zu. Das ließ sich Ryuchi nicht zweimal sagen, nahm Eiris Hand und küsste ihn leidenschaftlich. „Ja!“, wiederholte er. „Ja. Wirklich.“, antwortete Eiri darauf und erwiderte den zweiten Kuss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)