Schloss Tegel von KaethchenvHeilbronn ================================================================================ Kapitel 14: XIV --------------- Nach dem Essen konnte Alexander Kleist sofort für eine Besichtigung seines Arbeitszimmers gewinnen. Der junge Leutnant kündigte sich für 14:00 Uhr an, was Alexander noch eine Viertelstunde Zeit ließ, alles in Ordnung zu bringen. Natürlich nicht alleine. „Nein, doch nicht da rüber, Robert! Hier kommt das hin.“ Der Kammerdiener seufzte und setzte den Globus also auf dem Schreibtisch ab. „Und Sie wussten wirklich nichts von Ida?“ Alexander, die Arme voller Pfauenfedern, wandte sich zu Robert herum und bestrafte ihn mit einem beleidigten Blick. „Seit wann vertraust du mir nicht mehr?“ Sofort kam Robert auf ihn zu und nahm ihm die Federn aus den Händen, wobei er ihn eindringlich ansah. „Entschuldigung. Ich meinte es nicht so. Aber…Sie müssen doch zugeben, dass das ein beachtlicher Zufall war.“ „Ja, das…schon. – Halt! Die Federn kommen da in die Vase.“ „In die Vase?!?“ „Ja, da ist kein Wasser drin.“ „Achso.“ „Wie geht es ihr denn? Caroline könnte Recht haben und sie hat sich erkältet. Es ist noch ziemlich kalt draußen, nachts.“ „Sie musste sich erst einmal hinlegen, ja.“, antwortete Robert, während er die Erde von der Fensterbank kehrte. „Sie war ein wenig…neben sich, als ich sie gefunden habe, aber kalt war ihr wohl nicht. Sie hat wenig gesprochen. Mir gegenüber hat sie jedenfalls nicht erwähnt, was sie dort draußen suchte.“ „Nun…es wird einmal wieder ihrer Tollpatschigkeit zuzuschreiben sein.“ „Sicherlich.“ Alexander nahm auf dem Stuhl hinterm Schreibtisch Platz und sah sich zufrieden im Zimmer um. „Danke, Robert.“, meinte er, „Kleist wird sicherlich gleich kommen.“ Sein Kammerdiener verneigte sich leicht. „Rufen Sie mich, wenn noch etwas sein sollte. Und Alexander“ – mit flehendem Blick sah er seinen Herrn an – „bitte tun Sie nichts Leichtsinniges.“ Der junge Baron seufzte. „Ich doch nicht.“ Es waren seit Roberts Abwesenheit keine fünf Minuten vergangen, da klopfte es an der Tür. Alexander beendete das nervöse Auf- und Ablaufen, knöpfte sich doch wieder den einen der zwei geöffneten Knöpfe am Hemd zu – die Ärmel beließ er hochgekrempelt – , bevor er die Tür öffnete. Kleist sah ihn mit Vorfreude in seinen blauen Augen an. „Bin ich zu früh?“ „Nein, nein! Kommen Sie nur herein.“ Alexander öffnete die Tür weiter und ging zur Seite, damit der junge Leutnant eintreten konnte. Hinter ihm schloss er die Tür wieder. Er hoffte inständig, dass Kleist es nicht mitbekam, dass er sie abschloss. „Ja“, fing Alexander unsicher an, „Mein bescheidenes Reich.“ Kleist nickte leicht. Er lief das Regal zur Rechten entlang, sein Blick huschte gebannt über die Bücher und die zahlreichen Gefäße, die mit Flüssigkeiten, Pflanzen und Sonstigem gefüllt waren. „Sie…“ Er drehte sich herum und lief hastig auf das Regal gegenüber zu, auf dem die kuriosesten Werkzeuge und wissenschaftlichen Instrumente lagen. „Das ist ja…!“ Begeistert nahm Kleist eine Apparatur vom Brett. Etwas, das Alexander normalerweise gar nicht sehen konnte. Hier machte er seltsamerweise eine Ausnahme. „Ein Cyanometer, ja.“, sagte er und kam auf Kleist zu. „Und damit kann man wirklich messen, wo der Himmel das intensivste Blau hat?“, fragte der junge Leutnant beeindruckt. „Ja, das kann man.“, antwortete er, wobei er dem anderen das Gerät sanft aus den Händen nahm, „Leider schlägt es nicht auf Ihre Augen an.“ Kleist war einen Moment erstaunt, dann lachte er nervös. Ihm war dieses Kompliment wohl unangenehm, weshalb Alexander sich besann und das Cyanometer wieder zurück ins Regal stellte. „Z-zeigen Sie mir ein paar Pflanzen unterm Mikroskop?“, bat Kleist. „Gerne.“ Gerne? Alexander genoss es. Unbedenklich konnte er Kleist vor sich auf den Stuhl setzen, ihm ein Präparat auf den Objektträger legen, sich über ihn beugen, um ihm die Linse einzustellen und ihn an der Schulter fassen, wann er wollte, ihm so nahekommen, wie er wollte… – alles natürlich nur, um auch einen Blick auf den zerlegten Käfer zu bekommen, versteht sich. Wieder einmal stellte er fest, wie gut Kleist roch. Wie leicht er sich doch einfach noch ein wenig weiter hinunterbeugen und seine Lippen in diesen hinreißenden Nacken legen könnte. Sich dort festsaugen und mit der Zunge über die salzige Haut lecken… Als seine Hand zu tief an Kleists Rücken wanderte, merkte er, dass er sich unbedingt beherrschen musste. Schleunigst richtete er sich auf und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. Der junge Leutnant sah mit einem wunderschönen Lächeln zu ihm auf. Ob er ihm denn bei seinen sexuellen Studien behilflich sein könnte. Alexander schüttelte den Kopf. „B-bei…wie?“ „Bei Ihren wissenschaftlichen Studien…?“, wiederholte Kleist, der ebenfalls aufgestanden war, ein wenig unsicher. „Se-selbstverständlich.“, meinte Alexander und fasste sich wieder. „Wenn Sie wollen, dann…Ich bräuchte noch eine zweite Meinung zu ein paar Geschmacksproben.“, bot er an und suchte aus dem Regal einige Fläschchen heraus. „Nehmen Sie doch wieder Platz.“ Kleist gehorchte. Alexander stellte die Proben auf dem Schreibtisch vor ihm ab. Daneben nahm er auf der Tischplatte Platz. „Ich…ich soll Sachen probieren, die Sie gesammelt haben?“, vergewisserte sich Kleist. „Genau. Nur wenn Sie wollen.“, entgegnete Alexander, „Und keine Angst, ich habe allesamt schon selbst probiert.“ „Dann kann mir ja nichts passieren.“ „Nein, sicher nicht.“ Kleist stand auf und setzte sich zu ihm auf den Tisch. „Gut. Ich bin bereit.“ Alexander öffnete das erste Glas. Es enthielt die gemahlenen Blätter einer Blume, die er auf dem Grund des Sees gefunden hatte. Selbst war ihm der Geschmack ein wenig bitter vorgekommen. Kleist hob ihm die Hand entgegen. Alexander lächelte ihn sanft an. „Das würde ich Ihnen nicht empfehlen. Auf den Handflächen befindet sich oft so viel Schmutz.“ Bevor Kleist seine Hand irritiert zurücknehmen konnte, drehte sie Alexander herum. Auf den Handrücken gab er ein wenig von dem weißgrünlichen Pulver. Der Leutnant sah noch einmal zu ihm auf, bevor er sich über den Handrücken leckte. Alexander begriff jetzt erst, wie vielversprechend diese wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem anderen werden würde. „Und?“, fragte er. „Ich sage Ihnen, wie es schmeckt?“, fragte Kleist. „Ja, bitte.“ „Bitter. Nicht schön.“ „Oh, das tut mir…“ Alexander schüttelte den Kopf. „Nein, das…Wenn Sie als Fachmann ein Gemälde beurteilen, dann können Sie auch nicht sagen, es sei schön oder hässlich. Verstehen Sie?“ „Oh, sicher.“, gab Kleist von sich, bevor er sich noch einmal über den Handrücken leckte. Er ließ die Zunge wohl ein wenig in seinem Mund herumgehen, sah dabei äußerst konzentriert aus. Alexander hätte ihn packen können und… „Feucht. Bitter, aber…nicht wie Kaffeebohnen. Nicht so trocken, es wirkt irgendwie…“ „Ja?“ Alexander sah ihn begeistert an. „Zäh.“ „Wunderbar!“ Er sprang hastig vom Tisch, um aus einer Schublade etwas zum Schreiben hervorzukramen. „Feucht und zäh. Das hatte ich noch nicht.“ Kleist sah ihn stolz an. „Trinken Sie einen Schluck von dem destillierten Wasser dort.“, forderte ihn Alexander auf, „Dann können wir weitermachen – Aber nicht zu viel! Ich will nicht, dass Sie krank werden.“ Kleist nahm also nur einen kleinen Schluck, dann setzte er sich wieder zu Alexander, der schon das nächste Glas geöffnet hatte. Kleist hob ihm den Handrücken entgegen. Der junge Baron konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Die andere Hand.“, meinte er, „Sonst vermischen sich die Stoffe.“ „Oh.“ Kleist kam auch dieser Bitte nach. Alexander fand, dieses Mal leckte er sich das Pulver noch genüsslicher von der Haut. „Hm, süß! Wunderbar lieblich.“ „Lieblich? So wie ein Wein?“ „Ja, so…so in etwa.“ Alexander notierte. Kleist nahm schon von selbst einen Schluck Wasser. „Wo…?“ Fragend hielt der junge Leutnant ihm seine Hände entgegen. „Ich…ich nehme dann immer die Arme.“, entgegnete Alexander. Kleist zögerte. „Dann…dann soll ich meinen Gehrock ausziehen und…das Hemd?“ „Wenn Sie – ja, es reicht auch, wenn Sie die Ärmel einfach hochkrempeln.“ Alexander unterbrach sich mit einem Lachen. „Oder Sie wollen, dass wir meine Arme nehmen, ich wäre schon ausgezogen.“ Vollkommen gegen seine Erwartungen sah Kleist abwägend zu ihm auf. Sollte er ergänzen, dass er das nicht ernst gemeint hatte…? „Von…von mir aus.“, kam es von Kleist, und Alexander brauchte eine Weile, um diese positive Rückmeldung zu realisieren. „J-ja! In Ordnung.“, fasste er sich schließlich wieder und gab sich alle Mühe, nicht zu zittern, als er das nächste Glas öffnete und den Inhalt unterhalb seines Handgelenks auf die Arminnenseite träufelte. „Oh, eine Flüssigkeit dieses Mal?“, stellte Kleist erstaunt fest. „Ja, als ich die Blätter gepresst – “ „Nein, es läuft herunter!“ Alexander verstummte, als Kleist plötzlich seinen Arm packte und er dessen Zunge auf seiner Haut spürte. Eifrig glitt sie zusammen mit den Lippen hin und her, versuchte die fliehenden Tropfen aufzufangen. Alexander getraute sich nicht, hinzuschauen. Erst, als Kleist von ihm abließ, blickte er ihn an. Der junge Leutnant schien tief in Gedanken zu sein, sein hinreißender Mund öffnete sich, damit die Zunge noch einmal über seine Lippen lecken konnte. „Tut mir…das…“ Alexander sah ihn fragend an. „Ihre Haut muss…muss anscheinend…irgendwie…“ Kleist blickte verzweifelt lächelnd zu ihm auf. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, wirklich. Wir…wir sollten es doch bei mir probieren. Ihre Haut, an deren…Geschmack ich nicht gewöhnt bin, verfälscht das Ergebnis.“ „Ah, das…das klingt logisch.“, bekam Alexander mit einem leichten Lächeln zusammen zustande. Doch er hielt es für gar keine gute Idee, dass Kleist sich jetzt vor ihm auszog. „Verschieben wir das Ganze doch einfach.“, schlug er halbherzig vor. Kleist nickte. „G-gut.“, meinte er. Leckte sich noch einmal über die Lippen. Die Stimmung war sehr seltsam zwischen ihnen geworden. So konnten sie doch unmöglich weiter ein paar Gräser und Insekten zusammen anschauen. „Wir sehen uns beim Abendessen?“, setzte Kleist vorsichtig an, nachdem er vom Schreibtisch heruntergestiegen war. Schnell sprang auch Alexander auf. „Ja. Selbstverständlich.“, versicherte er und begleitete Kleist zur Tür, die er unbemerkt aufschloss. „Dann bis nachher.“, verabschiedete sich Kleist mit einer leichten Verbeugung, die Alexander erwiderte. Kaum war der junge Leutnant außer Sichtweite stürmte Alexander in sein Schlafzimmer. „Robert!“ Sein Herr klang so verzweifelt, Robert brauchte nicht einmal eine Minute, bis er bei ihm war. „Was ist passiert?“, fragte er besorgt. Alexander warf sich aufs Bett, vergrub sein Gesicht im Kopfkissen. „Ich bin zu weit gegangen.“, presste er hervor. Sofort war Robert bei ihm und setzte sich auf die Bettkante. „Was?! Sie haben doch nicht etwa…?“ „Nein, ich habe ihn – ganz gleich was – von meinem Arm ablecken lassen…!“ „Und er…?“ „Er hat sich nicht beschwert! Er hätte so etwas von Anfang an nicht zulassen dürfen!“ Robert seufzte und wollte gerade etwas erwidern, da sprang Alexander auf. Hastig riss er sich das Hemd auf. „Ha-halt! Die Knöpfe! Wer näht die denn wieder…?!“ Alexander drückte ihm den Stoff gegen die Brust. „Du.“, sagte er, mit einem Blick, den Robert zur Genüge kannte. „Herr Baron, nicht…“ Alexander verhakte sich mit seinem Gürtel. „Beherrschen Sie sich.“ „Ich hab mich die letzten Tage schon genug beherrschen müssen!“, rief er, völlig in Rage, „Jetzt glotz nicht so blöd und hilf mir mit diesem gottverdammten – “ Robert sah ein, dass es nichts half, sich zu widersetzen. Mit einem Ruck landete Alexander wieder auf dem Bauch. „Liegenbleiben.“, befahl er seinem Herrn. Nur er durfte sich so etwas herausnehmen. „Seit dieser Ferdinand hier rumschleicht traue ich der Sache nicht mehr.“, murmelte er, als er die Tür von innen verschloss und den Schlüssel steckenließ. Dann zog er sich die Handschuhe aus und stieg zu Alexander aufs Bett. Der junge Baron hob sein Becken an, damit Robert ihm den Gürtel öffnen und die Hose ausziehen konnte. „Ich habe noch kein Wasser einge– “ „Kein Wasser, verdammt!“, keuchte Alexander und begann, sich an der Matratze zu reiben. „Ich weigere mich, Sie in diesem Zustand zu massieren. Meine Dienste sollen nur Ihrer– “ „Entspannung dienen, nicht meiner sexuellen Befriedigung, ich weiß!“, jammerte Alexander, „Dann unternimm etwas, dass ich mich wieder entspannen kann…!“ Robert packte ihn an der Hüfte. Alexander hielt zwangsläufig mit seinen Bewegungen inne. „Geben wir Ruhe, ja?“ Alexander grummelte etwas Unverständliches ins Kopfkissen, hielt aber auch still, als Robert ihn wieder losließ. Mit seinen langen Fingern fasste er an die Schultern des jungen Barons und begann ihn zu massieren. Alexander keuchte auf. „Sie sind schrecklich verspannt.“ „Jaah…“ „Und das nur wegen des jungen Leutnants?“ Alexander krallte die Hände ins Bettlaken. „Nur wegen ihm…“, brachte er heraus. „Nur wegen…seinen himmlisch blauen Augen…seinen vollen Lippen…hast du – Hast du seine Lippen gesehen, Robert?“ „Flüchtig.“ „Seine Lippen sind…! Ich hatte sie an meinem Arm. Nur an meinem Arm und schon… Gott, wenn ich mir vorstelle, dass sich diese Lippen um meine Männlichkeit schließen…“ Robert kniff kurz die Augen zusammen. „Ich versuche, es mir nicht vorzustellen.“ „Seine Lippen…und seine Zunge…wenn er mit seiner Zunge über meine Haut leckt…über die Brust, den Bauch…“ „Alexander.“ „N-nicht aufhören, bitte…!“ „Dann halten Sie still.“ „N-nnein…kann nicht…Oh, Gott, Heinrich…Ich will ihn küssen. Am ganzen Körper…!“ Robert seufzte. Es war zwecklos. So hatte er seinen Herrn noch nie erlebt. Also verfestigte er seine Griffe. Seine Finger mussten blaue Flecke an den braunen Schultern hinterlassen. „Was tun Sie, wenn er jetzt genauso wie Sie in seinem Zimmer liegt. Auf dem Bett. Und Ihren Namen schreit. Unaufhaltsam.“ Alexander stöhnte nur noch. „Ihr Name entweicht diesen vollen Lippen, immer wieder, weil sie doch nichts anderes zu tun haben. Viel lieber würden sie Sie küssen. Ihren Körper verwöhnen. An jeder Stelle.“ Alexanders Bewegungen wurden immer heftiger. „Und stellen Sie sich vor, wie seine blauen Augen leuchten, wie sie funkeln, wenn er Ihren Namen ein letztes Mal ruft…“ Robert hielt inne. „Bis er so wie Sie das Laken beschmutzt. Wissen Sie, was für eine Arbeit Sie einem machen können?!“ Alexander lächelte nur selig. Völlig außer Atem, aber selig. „Ich wünschte, es wäre so, Robert.“, flüsterte er. Er hörte, wie sein Kammerdiener wohl kurz lachte, und spürte, wie er ihm durch die Haare fuhr. „Ich lasse das Wasser ein.“ „Bitte.“ Zum Abendessen erschien Alexander wieder vollkommen beherrscht und ausgeglichen. Er bemerkte ein wenig erstaunt, dass sowohl Ferdinand als auch seine Mutter nicht anwesend waren. – Bei Ferdinand nicht sonderlich fragwürdig, seine Mutter jedoch war bis jetzt nie zu spät irgendwo erschienen. „Ist etwas mit Mama?“, fragte Alexander seinen Bruder, als sie zusammen mit Caroline und Herrn von Kleist an der Tafel Platz nahmen. Wilhelm konnte gerade darüber Auskunft geben, dass er auch nichts Näheres wusste, aber soeben nach ihr schauen wollte, da öffnete sich schwungvoll die Tür und Ferdinand betrat den Raum. „Ich komme von unserer Mutter.“, sagte er, bevor er sich mit leidvollem Gesichtsausdruck setzte. „Ihr geht es…nein, ihr geht es gar nicht gut.“ Alexander bedachte seinen Halbbruder mit einem skeptischen Blick. Er konnte nicht einschätzen, ob dies wieder eine von seinen Hochstapelleien war, oder einmal die ganze Wahrheit. „Ich saß jetzt bestimmt eine Stunde an ihrem Bett, aber sie ist nicht dazu zu bewegen, am Abendessen teilzunehmen.“, meinte er, sich selbst anscheinend bemitleidend. „Ist sie denn aber versorgt?“, wollte Wilhelm wissen. „Ihre Kammerzofe hat ihr etwas gebracht und ist jetzt bei ihr, ja.“, entgegnete Ferdinand. Alexander schnaubte. Als man ihn daraufhin fragend oder mahnend ansah, reagierte er nicht. Dieser Halunke! Wie ein Heuchler war er bestimmt am Bett seiner Mutter gesessen, um ihr zu zeigen, was für ein lieber und verantwortungsbewusster und – nein. Um ihr zu zeigen, dass er der einzige liebe, verantwortungsbewusste und um sie besorgte ihrer Söhne war. Alexander bekam trotz Kleists angenehmer Anwesenheit fast nichts hinunter. Er hatte noch nicht einmal den Kopf dafür, mit seinem Gegenüber sonderlich ins Gespräch zu kommen oder ihn gar in Gedanken anzuhimmeln für irgendetwas, das er gerade tat. Wenn, dann passierte das gerade unbewusst, denn vorrangig war Alexander mit seinem Denken bei seiner Mutter. Er beschloss, gleich nach dem Essen sie aufzusuchen, auch wenn sie ihn dann für genauso begierig auf ihr Erbe halten sollte, wie Ferdinand es war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)