Schloss Tegel von KaethchenvHeilbronn ================================================================================ Kapitel 18: XVIII ----------------- Es war still im Gang, niemand war Zeuge ihres herzlichen Abschieds, der doch nur für ein paar Minuten war. „Noch einen Kuss, Alexander.“ „Noch einen.“ Wieder fanden sich ihre Lippen unterm Türrahmen. „Nun lass mich los.“ „Gleich.“ Heinrich lachte leise, entzog sich nur widerwillig dem Griff des anderen. Alexander konnte noch seine Hand fassen, verteilte auf ihrem Rücken alle die tausend Küsse, die seinen Mund nicht mehr erreichten. „Wir sehen uns gleich beim Abendessen.“ „Hast du ein Handtuch im Zimmer? Nicht, dass du dich erkältest.“ „Ich lass mir eines bringen.“ „Noch einen Kuss.“ Heinrich fasste mit beiden Händen nach seinem Gesicht und zog ihn zu sich, küsste ihn, so ausgiebig es die Situation zuließ. „Versuch die überschwänglich gute Laune bis zum Essen loszuwerden.“, flüsterte Alexander, „Sonst machen wir uns verdächtig.“ „Sagt der, der wie ein Honigkuchenpferd grinst.“ Der Baron drückte ihm noch einen Kuss auf die Lippen, bevor er einen Schritt zurück machte. „Bis nachher.“ Heinrich schenkte ihm ein liebevolles Lächeln, schloss dann die Tür. Alexander starrte noch eine Weile an die geschlossene Tür, ein seliges Lächeln auf dem Gesicht, dann machte er sich auf den Weg zu seinem Zimmer. Er war noch nicht einmal dort, da stürmte Robert auf ihn zu. „Und?“, fragte er, sichtlich nervös. Alexanders Grinsen wurde breiter. Er wollte antworten, da unterbrach ihn sein Diener mit einem „Halt!“ und zog ihn erst einmal in sein Zimmer. „Jetzt.“ „Er hat mir das größte Glücksgefühl aller Zeiten beschert.“ Robert zog die Augenbrauen in die Höhe. „Das heißt, Sie sind gleich so weit gegangen?“ Alexander lachte, während er sich ungeduldig den Gehrock auszog. Sofort kam ihm Robert zu Hilfe. „Es…es ist einfach passiert. Der ganze Ausflug war… - einfach nur traumhaft! Und dann lagen wir zusammen im Gras und…ich weiß nicht mehr, wie es sich zugetragen hat, aber wir haben uns geküsst und…und uns umschlungen und…“ „Danke, danke, ich kann es mir grob vorstellen.“, wehrte Robert ab und machte sich an den Gürtel seines Herrn. Alexander nahm seine Hände und hielt ihn auf. Forschend sah er ihn an. „Bist du nicht auch glücklich?“ Robert wich seinem Blick aus. Er sah gequält aus. „Ich habe Angst um Sie…“ „Aber, Robert!“, entgegnete der junge Baron, „Die musst du nicht haben.“ Der Kammerdiener entzog sich plötzlich seinem Griff, biss sich auf die Unterlippe. „Was…“, fing Alexander an, „Was ist?“ Robert fuhr sich über die Stirn. „Richard ist den ganzen Nachmittag nicht im Schloss gewesen.“ Ein wenig benommen ließ sich Alexander auf sein Bett sinken. Unschlüssig sah er zu seinem Diener auf. „Du…du meinst…?“ „Ich weiß es nicht, mein Herr!“, versetzte Robert verzweifelt, „Aber es kann gut sein! Und so wie…wie Sie sich anscheinend präsentiert haben, könnte Sie jeder gesehen haben!“ „Nicht doch! Dort am See ist nie jemand.“ „Aber Richard wird dort gewesen sein!“ Alexander zögerte, aber schließlich stand er auf, ging auf Robert zu und nahm ihn in den Arm. „Es wird uns niemand gesehen haben. Bitte, mach dir keine Sorgen. Nicht deswegen. Nicht du.“ Er merkte, wie sich der andere entkrampfte und ließ ihn langsam wieder los. „Entschuldigt.“, gab Robert kleinlaut und wohl ein wenig beschämt von sich, bevor er sich die Fliege richtete. Alexander lächelte ihn zufrieden an. „Beschaffst du mir ein Handtuch und neue Kleider?“ „Sofort, mein Herr.“ Beim Abendessen gaben sich der junge Baron und sein Leutnant die größte Mühe, sich nicht allzu oft anzustrahlen, wie zwei Frischverliebte. Dies schlug sich dann darin nieder, dass Heinrich plötzlich viel ausführlicher auf Carolines Anmerkungen einging, während Alexander das Gespräch mit seinem Bruder suchte; er wollte mehr über die neue Dampfeisenbahn erfahren. „Morgen kommen Tante und Cousine wieder zu uns, nicht?“, mischte sich die Baronesse ein, an Heinrich gewandt. „Oder haben Sie Anderes von ihnen gehört?“ „Nein, nein.“, antwortete der junge Leutnant, „Sie haben geschrieben, dass sie wohl zum Mittagessen da sein würden.“ „Sehr schön.“, meinte die Baronesse, „Haben Sie der Madame denn bereits davon berichtet, was sich in ihrer Abwesenheit bei uns abgespielt hat?“ Ferdinand lachte bei dieser Formulierung lauthals, Heinrich wurde ein wenig rot. „Verzeihen Sie mir, aber: ja, das habe ich.“, entgegnete er beschämt. „Nicht doch.“, meinte die Baronesse mit einem großzügigen Lächeln, „Das ist nur anständig, dass sie Bescheid wissen, was sie hier erwartet.“ Heinrich nickte zögerlich, bevor er sich wieder abwandte. Alexander sah ihn lächelnd an. Er war gespannt, ob er jetzt tatsächlich Ruhe vor Dorothea haben würde, da die Madame ihrer Tochter ein neues Ziel erkoren hatte: Ferdinand, den Erstgeborenen. Nun, es konnte ihm egal sein; er hatte seinen Heinrich. Dieser schlug gerade mit einem schüchternen Lächeln die Augen nieder, da Alexander ihn wohl zu lange angesehen hatte. Der junge Baron wandte sich also wieder an seinen Bruder. „Noch einmal zu den Schienen, die verlegt werden…“ Nach dem Abendessen schlug die Baronesse vor, sich im Salon einzufinden, um eine Runde Karten zu spielen. „Wieso nicht.“, meinte Wilhelm, und auch Caroline stimmte zu. „Ich…hatte eigentlich vor, mit Herrn von Kleist noch einen kleinen Spaziergang zu machen.“, teilte Alexander mit. „Oh! Das ist eine fabelhafte Idee!“, kam es sofort von Ferdinand, „Ich schließe mich an.“ Der junge Baron wusste nicht ganz, wie er hierauf reagieren sollte, da räusperte sich Heinrich. „Ich wusste nicht – also…Ich spiele gerne Karten. Lassen Sie beide sich nicht von Ihrem Spaziergang abhalten.“ Alexander warf seinem Leutnant einen prüfenden Blick zu und erkannte in dessen Augen die Absicht, ihnen beiden die heikle Situation, die sich bei einem Spaziergang zu dritt ergeben hätte, zu ersparen, wenn man bedachte, was sie eigentlich vorhatten. „Gut.“, meinte er also, „Wenn es dir nichts ausmacht, Ferdinand, dass du nun mit mir alleine Vorlieb nehmen musst.“ Sein Halbbruder grinste ihn kalt an. „Nicht im Geringsten.“ Also verabschiedeten sich die beiden von der Gesellschaft und liefen hinaus in den Garten. Auf ihrem Weg hörten sie die Grillen zirpen und die Kieselsteine unter ihren Schuhen knirschen. Alexander fühlte sich schrecklich unwohl. Das überhebliche Grinsen auf Ferdinands Gesicht wollte ihm nicht gefallen. Schweigend liefen sie um den Teich, in dem sich die rote Sonne spiegelte. Keiner von ihnen sagte ein Wort. Je länger sie stumm nebeneinanderherliefen, desto nervöser wurde Alexander. Was hatte Ferdinand mit seiner Aktion bezwecken wollen? Wollte er ihm nur einmal wieder auf die Nerven gehen? „Alexander, Alexander…“ Ferdinands Worte schnitten die Stille wie ein scharfes Messer. Er blieb stehen. Alexander drehte sich nicht zu ihm herum. Er wusste es also doch. „Mein kleines Brüderchen, wer hätte das gedacht?“ Mit knirschenden Schritten lief Ferdinand um ihn herum und blickte ihm selbstgefällig in die Augen. „Bist ja ein richtiger Schwerenöter. Sollst mit seiner Cousine verheiratet werden und über ihn fällst du derartig her…War’s schön, ja, so unter freiem Himmel? Richard hat mir berichtet, ihr hättet euren Spaß gehabt.“ Alexander antwortete nicht. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt. Sie zitterten. „Aber, aber, mein Brüderchen“, fuhr Ferdinand fort, „jeder von uns hat seine Laster, nicht wahr?“ „Was willst du?!“, keifte er ihn an. Der Größere hob unschuldig die Hände. „Ich? Ich will dir nur helfen.“, meinte er, „Es wäre doch tragisch, wenn plötzlich ganz Berlin über deinen klitzekleinen Makel Bescheid wüsste. Nicht auszudenken, was da los wäre…! Mama würde auf der Stelle sterben.“ Alexander schnaubte wütend. Wenn diese verdammte Kanaille noch einen Schritt weitergehen würde, dann konnte er für nichts mehr garantieren. „Sag mir, was du willst, verdammt!“ Ferdinands Blick wurde ernst. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Gut Falkenberg.“ „Pah!“ „Ich weiß, dass sich im marmornen Bildnis Wilhelms kein einziger Kratzer finden wird und dass Mama selbstverständlich ihm und seiner Familie das Schloss überlassen wird. Deshalb will ich das Gut. Und der Preis, den ich dir dafür biete, ist äußerst großzügig, meinst du nicht?“ Alexander lachte gehässig. „Niemals!“, rief er. Niemals würde er das Gut aufgeben. Er hatte es Heinrich versprochen: Sie würden dort zusammen alt werden. Ferdinand konnte es ihm nicht wegnehmen. „Sicher?“, hakte dieser erstaunt nach. „Definitiv.“ „Dein letztes Wort?“ „Ja.“ Auf Ferdinands Gesicht schlich sich ein steifes Grinsen. „Gut“, sagte er, „Wenn du dich ins Verderben stürzen willst.“ Mit einem Lachen wandte er sich um. „Weiß dein Kleist schon, dass du ein Masochist bist?“ Alexander sah ihm mit feurigem Blick nach. Er kochte vor Wut. Dann sollte er es eben herausposaunen! Niemand würde ihm jemals auch nur ein Wort glauben! Jeder Mensch mit Verstand konnte sich denken, dass Ferdinand nur seine Rache für früher suchte. Da könnte er sich alles Mögliche erdichten. Trotzdem mit einem mulmigen Gefühl im Bauch machte sich Alexander auf den Weg zurück zum Schloss. Er sorgte sich eigentlich nur um Heinrich. Solange Ferdinand ihm kein Unrecht tun würde, war alles zu erdulden. Als Alexander zur Gesellschaft stieß, lieferten sich gerade Wilhelm und Heinrich ein erbittertes Duell; Ferdinand war nirgendwo zu sehen. „Oh. Wo hast du denn deinen Bruder gelassen, Alexander?“, fragte ihn die Baronesse. „Er bat mich, ihn zu entschuldigen; er ist sich gleich hinlegen.“, log er, in Ferdinands und seinem Interesse. „So.“ Sie wandte sich wieder dem Spiel zu. Alexander nahm neben Heinrich auf dem Kanapee Platz und sah ihm in die Karten. Wenn sie im Leben auch so gute hätten, dann müssten sie sich keine Sorgen machen, auch nicht wegen Ferdinand. ------------------------ Jaja...war irgendwie klar, dass ich die Idylle mal wieder zerstören muss, oder? XP Danke für 50 Kommis! Ihr seid toll! X3 Morgen geht's übrigens mit VLE weiter... :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)