Schloss Tegel von KaethchenvHeilbronn ================================================================================ Kapitel 26: XXVI ---------------- Alexander wälzte sich regelrecht in seinem Bett umher, aber wie auch immer er es versuchte, er wollte nicht einschlafen. Stattdessen konnte er nur an seinen Heinrich denken, und musste feststellen, dass er, ganz irdisch, wie schon in seinem Brief beteuert, nicht nur seine geistige Nähe vermisste, sondern auch seine körperliche. Irgendwann gelang es ihm endlich, für ein paar Stunden die Augen zuzutun, dann jedoch weckte ihn schon wieder der erste Sonnenstrahl. Irgendetwas schien ihm beim Augenaufschlagen zu entgleiten. Bestimmt hatte er von Heinrich geträumt, den er nun im Traumland zurücklassen musste. Dem jungen Baron entwich ein Seufzen, als er sich auf den Rücken drehte und das Laken über ihn streifte. Selbstverständlich hatte er von Heinrich geträumt. Kurz zog er es in Erwägung, so aufzustehen, dann jedoch fühlte sich die Hand, die er sich auf die nackte Brust legte, so gut an, dass er sie noch ein wenig tiefer gleiten ließ. Sie hatten viel zu wenig Zeit für ihre körperlichen Bedürfnisse gehabt, immer hatte es so schnell gehen müssen, und das erste Mal am See, als sie noch Zeit gehabt hätten, hatte sie ihre Leidenschaft übermannt und es in wenigen Minuten zu Ende gebracht. Nein, das nächste Mal wollte er Heinrichs Hände auf seinem Körper spüren, genau so… Sie sollen sich Zeit nehmen, ihn erkunden, und dann darf er das Gleiche tun. Und wenn sie beide damit fertig sind, dann können sie… Alexander stöhnte auf, hob sein Becken, um seiner Hand entgegenzukommen. Ja. Ja, genau das wollte er mit ihm tun. Das Innigste, was zwei Geschöpfe miteinander tun konnten, das wollte er mit seinem Heinrich machen… „Aaah…!“ Robert schrak zusammen, als er seinen Herrn schreien hörte, und stürmte schnell ins Zimmer. Da er darin nur einen Alexander vorfand, der stöhnend und bebend im Bett lag, eine Hand unterm zerknitterten Laken, verdrehte er über seine unbegründete Sorge die Augen. „Ihnen auch einen wunderschönen Gutenmorgen.“, machte er sich bemerkbar, was Alexander lediglich atemlos zum Schmunzeln brachte, während er sich mit dem Laken sauber wischte. „Sie sollten Ihre Bettwäsche einmal selbst waschen müssen, dann würden Sie sparsamer damit umgehen.“, mahnte ihn Robert. „Du solltest einmal wissen, wie schwer es ist, seine Begierde zu unterdrücken.“ Der Kammerdiener hielt auf dem Weg zum Bad inne. Er warf seinem Herrn einen kurzen Blick zu, bevor er weiterging. „Ich lasse Ihnen ein Bad ein!“, ließ er verlauten. „Ist gut.“, kam es grummelnd von Alexander, der es sich noch einmal im Bett bequem machte. Robert erzählte ihm wohlweißlich erst, als er vollständig trocken und bekleidet war, dass ein Brief Heinrichs auf ihn in seinem Arbeitszimmer wartete. „Und das sagst du erst jetzt?!“, rief Alexander völlig außer sich und stürmte sofort los. Hastig riss er den Brief auf und begann zu lesen. Mein lieber, grausamer Alexander!, „Oh, mein…“ Wie kannst du mir nur so etwas schreiben! Ich weine und weine, und kann nicht mehr aufhören Alexander musste sich setzen. Robert sah ihn besorgt an, als er zu zittern begann, aber mit der Weile fasste sein Herr sich wieder. Nach und nach wandelte sich sein Gesichtsausdruck sogar von der anfänglichen Verzweiflung in Wohlgefallen. Ja, definitiv; was er gerade las, musste ihm sehr gefallen… Robert verließ wohlweißlich das Zimmer, nicht ohne Dorotheas Brief mitzunehmen. Das Klicken der Tür weckte Alexander aus seinem Tagtraum. Mit einem ergriffenen Lächeln beugte er sich zum Papier hinunter, um es unter Heinrichs Signatur zu küssen. Fast konnte er dabei die Lippen seines Geliebten auf seinen spüren. Dann nahm er sich Feder und Tinte und begann sofort eine Antwort zu schreiben. Nie war eine solche nämlich dringlicher gewesen. Mein herzensguter, armer Heinrich! Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich schäme, dir mit meinem letzten Brief solches Leid zugefügt zu haben! Ich gehöre geschlagen dafür, das versichere ich dir, obwohl, wie wir beide erkannt haben, das der momentan einzige Ausweg ist. – Trotzdem hätte ich es dir nicht so unvorbereitet sagen sollen. Hoffentlich ist es die Wahrheit, dass dich mein weiterer Brief ein wenig aufheitern konnte. Mich hat deiner auf ganz gewaltige Weise aufgeheitert, wenn man es so nennen will. Aber bevor ich dahin abschweife, will ich dir noch schnell berichten, wie es Mutter geht, da du dich nach ihr erkundigtest: Sie ist ganz munter, es scheint, das einzige Leid, das auf ihr liege, sei Ferdinand, der bedauerlicherweise immer noch nicht abgereist ist – und das Wohlbefinden unseres Dienstmädchens Ida, mit dem es nach ihrer Kammerzofe wohl nicht so gut bestellt ist. Näheres wollte man uns jedoch nicht mitteilen. Nun lass mich so egoistisch sein, auf mein Befinden zurückzukommen; ich musste bei mir nämlich ein Herzleiden feststellen: Jedes Mal, wenn ich deine Worte „Ich liebe dich“ las, sprang es mir fast aus der Brust. – Ach, wie liebe ich dich, mein Heinrich! Und wie schrecklich vermisse ich dich! Mein Herz, mein Geist, mein Alles, schreit nach dir. Gestern saß ich in der Bibliothek und habe ein wenig Seneca gelesen, aber die stoische Ruhe konnte ich nicht finden. Ich komme wohl zu sehr nach meinem Vater, dem Wilhelm und Mutter schon ein paar Mal heißkochendes Blut nachgesagt haben, das nun auch in meinen Adern pocht – nur für dich. Nur für dich glühe ich, nur von dir träume ich, nur nach dir, mein Aller-allerliebster, sehne ich mich! Du schriebst von meinen Händen, dass sie dir gefallen. Das freut mich, denn sie wollen dir ganz nahe sein, deinen Körper erkunden, wie zwei Entdecker einen fernen Kontinent, und dann eine Landkarte von dir erstellen, die jede Erhebung verzeichnet, jedes Tal, jeden geheimen Winkel – jedes Mal, jeden Muskel, jedes Haar! Und diese Karte werde ich studieren, tagelang, nächtelang, bis ich sie in und auswendig kann. Es fällt mir schwer, es in Worte zu fassen – in angemessene Worte, aber ich wünsche – Ich verzehre mich nach dir, Heinrich! Ich weiß, dass das, was wir bis jetzt getan haben, dass schon unsere Gefühle füreinander in den Augen der Gesellschaft Sünde ist, dennoch ! – Ich weiß nicht, ob ich dich damit ein weiteres Mal schockiere, ob ich wieder zu forsch bin, ob ich dich diesen Brief wenigstens darauf vorbereiten sollte und es dir erst Sonnabend sagen, wenn ihr endlich – endlich! wieder bei uns seid. – Nur kann ich nicht. Ich will, dass du es jetzt weißt, mein Heinrich. Ich will, dass du meinen sehnlichsten und verwerflichsten Wunsch zugleich kennenlernst, der mich in den letzten Tagen immer stärker ergriffen hat und mich nun nicht mehr loslassen will: Ich wünsche, dir so nahe zu sein, wie es sich zwei Menschen nur sein können. Ich wünsche, – bitte erschrick nicht darüber – ich wünsche, dass du mich, möglichst bald, wenn wir uns wiedersehen, in dich aufnimmst; ich will mit dir verschmelzen, mein Heinrich, ich will eins mit dir sein! Du sollst das von mir empfangen, was ich nicht willens bin, irgendeiner Frau zu geben, und ich hoffe, du wirst dies mit Freuden und Lust tun. – Verstehst du nun, wieso ich so zögerte? Du schreibst mir vom Traualtar und ich - ! Ich wünsche etwas aus so tiefstem Herzen, das uns beiden in diesem Land den Kopf kosten kann. Trotzdem wünsche ich es aber, trotzdem will ich -- Ich will dich, Heinrich, dich will ich in meinem Bett haben, in meinen Armen, dir will ich meine Liebe geben, meine Küsse, mein Innerstes, mein Leben! Darum frage ich dich hier, ob du willens bist, mir diesen sündhaften, aber sehnlichsten Wunsch meines Herzens zu erfüllen? Du würdest mir den Himmel auf Erden holen. In glühender Liebe, Dein Alexander Der junge Baron merkte jetzt erst, wie sich seine Hand um die Feder verkrampft hatte. Verzweifelt schloss er die Augen. Das konnte er so unmöglich abschicken. Er wollte den Brief packen und zerknüllen, aber auch das konnte er nicht. Mit zitternder Hand ergänzte er hastig die Worte PS: Ich muss dich wohl darum bitten, diesen Brief nach Lesen sofort zu verbrennen., bevor er ihn so schnell er konnte faltete, in den Umschlag steckte, und diesen versiegelte und adressierte. Erst als nach einigen Stunden Robert wieder zu ihm ins Arbeitszimmer kam, bemerkte Alexander, dass er ganz vergessen hatte, ein Wort über Dorothea zu verlieren. Er seufzte. Das würde wohl das Letzte sein, das Heinrich an diesem Brief empören würde… ------------------ Für diejenigen, die's noch nicht gesehen haben: Bei den FF-Illustrationen sind jetzt Doro und Heinrich zu finden :3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)